Bomb Run von KateFromHighburyPark (Eine US-Bomberbesatzung im 2. Weltkrieg) ================================================================================ Kapitel 9: München ------------------ Davis schmiss seine mit Schaffell gefütterte Mütze wütend auf den Boden und fluchte laut. Dabei warf er solch böse Blicke um sich, dass seinen Männern angst und bange wurde. Lieber eine Ladung Krauts, auf die sie schießen konnte, als ein wütender Skipper. Gorsky warf Davis einen schiefen Blick zu. Es war nie ein gutes Zeichen, wenn er wütend war. Denn Davis war selten wütend, aber wenn er es mal war, dann ging es meistens rund. Oder er baute mit Lilly solch eine Landung, dass einem schlecht werden konnte. Gunny, Chase und Don standen neben den beiden. Chase rauchte und Gunny hatte sich eine Pfeife angesteckt. Sie warteten auf den Rest ihrer Mannschaft, denn bei den Besprechungen wurden die Bordschützen nicht gebraucht. Nur die ‚wichtigen’ Leute, die für die Bomben, den Funk, das Flugzeug und die Navigation zuständig waren. „Das ist absolut lebensmüde“, schimpfte Davis, hob seine Mütze wieder auf und setzte sie sich auf sein dunkles Haar. Dann starrte er Gorsky an. „Oder?!“ „Was soll ich denn dazu sagen? Ich bin nur der Bombenschütze.“ Gorsky hob abwehrend die Hände. „Ich muss tun, was man mir sagt, “ fügte er spöttisch hinzu. „Sag’ dass es Mist ist!“ „Klar, ist es Mist. Das ist es eh meistens. Aber immerhin reicht der Geleitschutz bis hin und zurück. Und wenn die’s schaffen, schaffen wir’s auch.“ Davis grummelte. Danny, Curtis und Matt schlenderten auf die beiden zu. Alle drei hielten Kippen in den Fingern oder zwischen den Lippen. Davis grummelte noch einmal, dann drehte er sich um und hielt nach dem LKW Ausschau, der sie zu ihrem Flugzeug bringen sollte. „Was hat denn der Skip?“ fragte Matt, als Davis in Richtung Frühstückssaal, für seinen letzen Kaffee vor dem Flug, verschwand. „Hat er einen Lieber-John-Brief von seiner Lilly gekriegt?“ Gorsky warf ihm einen Blick zu, der alles sagte. „Was hat er dann?“ Gorsky zuckte die Schultern und sah woanders hin. Er hasste Matts dummes Gefrage. Der Kerl war einfach zu neugierig. „Sag’. Dem alten Matt kannst du’s doch sagen.“ Matt legte einen Arm um Gorskys Schulter. Gorsky schüttelte ihn unwillig ab, dann blickte er die drei Schützen vor sich an. „Wir fliegen nach München.“ „München?!“ stieß Danny entsetzt hervor. „Oh, man, “ stöhnte Matt. „Da sind wir geliefert, Leute. Schreibt euer Testament.“ Gorsky ignorierte ihn: „Der Skip meint, dass es ein viel zu weiter Flug über Feindesland ist.“ „Ist das nicht jeder Flug?“ knurrte Chase. „Und viel zu weit ist es auch. Die spinnen doch alle. Sollen es die Kerle machen, die in Italien stationiert sind. Nicht wir.“ „München ist in Süddeutschland, oder?“ fragte Curtis. Gorsky nickte. „Das ist ein verdammter Haufen Meilen zu fliegen…“ Verge rannte auf die Gruppe zu. Er schien ziemlich gehetzt, und Thomps, auf den alle warteten, war auch nicht bei ihm. „Hat jemand von euch Thompsy-Boy gesehen?“ rief er schon von weitem. Danny und Curtis sahen sich an. „Haben wir?“ Danny schüttelte den Kopf. „Seit gestern Abend nicht mehr.“ Verge kam schlitternd zum Stehen und verschnaufte erstmal. Dann blickte er Gunny an. „Thomps war gestern mit dir unterwegs, oder?“ Gunny nickte. „Wir waren im Dorf. Aber danach hat er sich zu seiner Freundin verabschiedet.“ „Die mit dem schönen Hinterteil?“ „Och, Matt. Fällt dir immer das bei Frauen zuerst auf?“ „Das und die Brüste.“ Matt grinste. „Das ist wohl der Grund, wieso wir eine halbnackte Frau auf unser Flugzeug gemalt bekommen haben“, sagte Gorsky und seufzte. „Das ist ein stinknormales Pin-Up Girl“, verteidigte sich Matt. „So was hat jeder.“ „Schon, aber der Skipper war trotzdem sauer, weil das Flugzeug nach seiner Freundin benannt ist und die will er, verständlicherweise, nicht nackt auf seinem Bomber haben.“ „Der Skip soll sich mal nicht so haben“, sagte Matt leise. „Verdammt“, rief Thomps, als sein Blick auf seine Armbanduhr fiel. Viertel nach sieben. Sie flogen heute um acht. Nur gut, dass er nicht zu den Besprechungen erscheinen musste, denn sonst wäre er geliefert gewesen. Er schlug die Bettdecke zurück und sprang aus dem Bett. Sophie regte sich leise, wachte aber nicht auf. Er zog schnell seine Kleidung an, drehte sich dann noch mal zu ihr und strich ihr sanft über die Wange. Auf dem Nachttisch lag ein Bleistift, aus seiner Tasche nahm er einen Fetzen Papier, der schon einige Waschgänge darin mitgemacht zu haben schien. Er kritzelte ihr hastig eine Nachricht auf den Zettel und legte ihn zu ihr auf den Matratzenrand, dann war er zur Tür hinaus. Während er zum Flugplatz lief, versuchte er sein Erscheinungsbild, die Uniformjacke und den Kragen, soweit zu richten, dass er angemessen aussah. Obwohl es über Feindesland niemanden scherte, wie seine Krawatte gebunden war. Gestern Nachmittag war er mit Gunny im Dorf spazieren gegangen und sie hatten einige Pubs besucht. Dabei war er Sophie über den Weg gelaufen, die gerade Dienstschluss gehabt hatte, und er hatte Gunny klar gemacht, dass er jetzt ohne ihn auskommen müsse. Sie flögen morgen um acht Uhr, hatte Gunny ihm noch nachgerufen. Dann hatte Sophie ihn mit zu ihrer Wohnung genommen. Ihre Vermieterin war auch dagewesen, aber sie kannte Thomps mittlerweile von dessen regelmäßigen Besuchen. Sie hatte den beiden Tee angeboten, danach Abendessen. Dann waren beide in Sophies Zimmer verschwunden. Der große Bomberverband brummte langsam nach Süden. Über sanften Wolkenfeldern und unter einem stahlblauen Himmel. Das Grollen der Motoren war weithin hörbar und dicke weiße Streifen zogen sich von den Motoren weg in den Himmel. Kondensstreifen. Sie befanden sich auf knapp neuntausend Metern. Gorsky blickte nach links und rechts und konnte das Ende des weitgestreckten Verbandes nicht ausmachen. Vor ihm zogen zwei P-51 Mustangs vorbei, die Piloten winkten ihm zu. Er winkte zurück und grinste. Wenigstens waren sie nicht ganz schutzlos, wie das letzte Mal in Schweinfurt, als es ein Verständigungsproblem mit den Begleitjägerstaffeln gegeben hatte. Die beiden Mustangs hatten rot bemalte Schnauzen und Hecks. Dazu hatte die eine einen gelben Schriftzug, ‚Proud Princess’, auf der Cowling. Die beiden flogen so nahe vorbei, dass Gorsky all diese Details sehen konnte. Auch die Gesichter der Piloten hinter den Sauerstoffmasken. Die beiden Maschinen, die von je einem starken Rolls-Royce-Merlin Motor angetrieben wurden, machten eine scharfe Kurve zur Seite und verschwanden. Dafür tauchte jetzt links neben ihm die Hecksektion eines anderen Bombers auf. Viel zu nahe. „Skipper!“ „Schon gesehen, Frank.“ Lilly wurde sanft nach rechts gezogen und die fremde Hecksektion nahm wieder einen gebührenden Abstand ein. „Das ist Thunderbird“, sagte Curtis. „Grünschnäbel. Ihr zweiter Einsatz.“ „Nur gut, dass wir schon zwölf haben.“ „Zwölf, wenn wir diesen hier packen. “ „Mensch! Sei nicht so pessimistisch, Chase. Das steht dir nicht.“ „Was ihm so steht, musst du schon seine Papiertüten fragen...“ „Klappe, Danny! Kümmer’ dich lieber um die Jäger.“ „Keine da. Ich seh’ nur den Bombenschützen von Twist’n Turn, der mir zuwinkt.“ Danny kniff die Augen zusammen. Der Himmel war klar, aber es war verdammt kalt. Er musste immer wieder seine Sauerstoffmaske zurecht schieben, die durch den Schweiß an seinem Gesicht festzukleben schien. „Schaut mal nach rechts, Jungs“, sagte Thomps plötzlich. „Verflixte Krauts in rauen Mengen.“ „Und was hattest du denn gestern in rauen Mengen?“ feixte Matt. „Halt die Klappe“, schimpfte Thomps. „Du bist doch selber auch nicht besser.“ „Ruhe!“ donnerte Davis durch die Bordsprechanlage und Thomps und Matt hielten die Luft an. „Mensch, Skip“, sagte Verge nach einer Weile. „Das hat in meinen Ohren grad so gescheppert, dass ich gedacht habe, Matt hat einen fahren lassen…“ Sie waren irgendwo im Luftraum über der schwäbischen Alb, als die ersten Jäger kamen. Es waren nicht die ersten des Einsatzes, nur die ersten, die es geschafft hatten so weit in den Verband einzudringen. Die Mustangs und P-47 Thunderbolts warfen ihre Zusatztanks ab und stürzten sich wie wütende Hornissen auf die deutschen Messerschmitts und Focke-Wulfs. „Diese schnittigen Jäger“, seufzte Thomps. „Was würde ich dafür geben, einmal einen zu fliegen.“ „Du kannst eh nicht fliegen, lass da lieber den Skipper ran.“ „Habt ihr diese Explosion gesehen?“ stieß Danny erregt hervor. „Da sind gerade zwei zusammengeknallt.“ Auf vier Uhr baute sich eine turmhohe Rauchsäule auf und verkohlte Teile regneten vom Himmel. Von den Flugzeugen und deren Männern war nichts mehr übrig geblieben außer Rauch und Staub. „Eine Messerschmitt ist in eine B-17 aus dem unteren Verband reingeflogen“, sagte Danny. „Direkt von oben in die rechte Tragfläche. Daher die Explosion.“ „Soll ich’s ins Logbuch eintragen, Skip?“ fragte Don. „Kann nie schaden“, antwortete Davis. „Ich vermute, keine Fallschirme?“ „Nichts.“ „Zehn Minuten zum Ziel.“ Dann: „Zwei Minuten zum Ziel. Skip, soll’ der Bombenschütze übernehmen?“ „Ich übernehme“, tönte Gorsky und hing über dem Zielgerät, den Finger am Abwurfknopf. Einen Flugplatz, sie sollten Flugplatz nördlich von München bombardieren. Oberschleißheim hieß er. Angeblich lagen dort mehrere deutsche Nachtjagdstaffeln. Gorsky war seinerseits froh, dass sie nicht nachts fliegen mussten. Das machten die Briten. Es war jetzt im Prinzip ein Bomben auf Deutschland rund um die Uhr geworden. Die deutschen Nachtjagdstaffeln besaßen zudem ein neues Radar in ihren Nachtjägern, das die Bomber schnell erfasste und den Piloten dann direkt unter das Flugzeug führte. Und sie hatten in ihren Messerschmitt Me-110 Nachtjägern Bordkanonen, die schräg nach oben feuerten. Sie nannten es ‚Schräge Musik’. Deshalb lotste das Radar sie unter das Flugzeug. Wenn der Pilot dann noch direkt den Bombenschacht traf, war der Bomber in wenigen Sekunden ein riesiger flackernder Feuerball. Die Männer hatten meist keine Chance. Gorsky seufzte noch einmal. Gut, dass sie nicht nachts flogen. Tagsüber sah man wenigstens, wenn die Jäger kamen. Gegen die Flak konnte man nichts tun, aber gegen die Jäger. Da konnte man wenigstens zurückschießen. Kurz darauf zog unter seinem Visier die breite Graspiste des Flugplatzes vorbei, dann die grauen Dächer der Hangars und Gebäude. Gorsky drückte den Knopf. „Bomben los!“ Plötzlich erbebte das Flugzeug unter Geschützrückstößen. Matt und Thomps feuerten auf eine Messerschmitt, die von neun Uhr direkt auf sie zuflog. Matt konnte den Piloten hinter der schmalen Frontscheibe sehen. Er trug auch eine Sauerstoffmaske, Matt konnte sogar die hinter dem Visier zusammengekniffenen Augen erkennen. „Jäger von neun Uhr!“ schrie er, dann krachte es ohrenbetäubend. Er spürte etwas Heißes an seiner Wange entlangschrammen und die Sauerstoffmaske fiel an einer Seite herab. Dann durchschlug etwas vor ihm den Boden, er erkannte im Bruchteil einer Sekunde den Himmel und ein paar weiße Wolken, und er wurde zurückgeschleudert. „Scheiße! Treffer im Rumpf!“ hörte er Curtis noch schreien, dann wurde es dunkel um ihn herum. Schwarz, alles schwarz. Er konnte nichts sehen. Nichts hören. Aber in seinen Ohren schepperte und lärmte es. Wo kam der Lärm her? Wo war er? Dann riss er panisch die Augen auf und holte tief Luft. Doch er bekam keine. Ihm fiel es wieder ein, er war in diesem verdammten Bomber. Auf neuntausend Metern. Kein Sauerstoff über fünftausend Metern. Er wurde panisch. Die Angst schob sich in seine Kehle und ließ ihn losbrüllen. Plötzlich schob ihm eine Hand die Sauerstoffmaske über den Mund und er zog dankbar die trockene Luft aus der Sauerstoffflasche in seine Lungen. Zwei Paar Hände packten ihn und stellten ihn wieder auf die Beine. Seine Knie zitterten, so stark, dass er es sogar durch den dicken Schaffellanzug erkennen konnte. Er roch Verbranntes und drehte sich zu seinem MG um. Er stutze. Sein MG war nicht mehr da. Stattdessen prangte ein Loch im Rumpf. Ein großes, schwarz gerändertes, Loch. „W-was ist passiert?“ stotterte er und blickte zu Curtis. „Jäger“, sagte Don nur und ging zurück zur Funkkabine. Curtis haute ihm auf die Schulter. „Wir sind schon auf dem Heimweg, Alter.“ „War ich bewusstlos?“ fragte Matt verwundert. „Mindestens fünf Minuten. Ich konnte nicht von meinem Geschütz weg, Don hatte auch zu tun. Erst jetzt konnten wir nachsehen.“ Er blickte Matt prüfend an. „Alles klar? Keine Schrammen?“ Matt sah an sich herunter. „Ich kann nichts sehen. Nur meine Knie zittern.“ „Kein Wunder“, sagte Curtis, stellte sich wieder an sein MG und behielt den Himmel im Auge. „Die Maschine ist instabil“, murmelte Gunny und behielt besorgt das Instrumentenbrett im Auge. Sie zeigten jedoch noch keine Anzeichen, dass die Maschine stark beschädigt war. Aber das Flugwerk der Maschine zitterte. Einen Sturzflug abzufangen würde sie nicht überleben, sie würde auseinanderbrechen. „Keine Sorge“, sagte Davis, doch er fand sich selbst nicht sehr überzeugend. „Die kriegen wir schon nach Hause. Ist ja nicht das erste Mal, dass wir Treffer abbekommen haben.“ „Schon, aber dieses Mal haben wir ein dickes Lock im Rumpf.“ Davis starrte ihn an. „Wir schaffen es nach Hause. Keine Widerrede.“ Gunny wandte seinen Blick nach vorne und sah Gorsky in der Astrokuppel stehen. Er blickte nach rechts, wo Twist’n Turn schief wie ein Scheunentor am Himmel hing. Ihr linker äußerer Motor spuckte dicke schwarze Rauchschwaden und sie verlor stetig an Höhe. Gunny erkannte mit einem Blick, dass die Luftschraube noch nicht auf Segelstellung stand. Davis blickte ebenfalls hinüber und erkannte dasselbe. „Don, lass mich über Intercom sprechen.“ Don blickte fassungslos auf seinen Funktisch. Über Intercom hieß, Davis brach die Funkstille. Und das mitten über Feindterritorium. Das feindliche Radar würde sie orten können und ihnen die Jäger auf den Hals hetzen, die würden sie dann vom Himmel schießen. Er sah hinüber zu Twist’n Turn, dann wieder auf seine Funktabellen. „Don?!“ „Können wir ihnen nicht Morsesignale schicken?“ Davis dachte nach. „Versuch’s.“ Don griff unter seinen Tisch und beförderte seine Tasche zutage. Dann holte er die Morsetaschenlampe heraus. Er ging zur Luke, die zu Twist’n Turn hinüberschaute und hob die Lampe hoch. Dann funkte er langsam Davis’ Anweisungen. Er konnte es selbst nicht glauben, als von drüben die Bestätigung kam. Doch die Maschine verlor weiter an Höhe. Nach ein paar Minuten begann der linke Innenbordmotor erst weißen Dampf zu spucken, der immer grauer wurde, dann züngelten Flämmchen aus der Verkleidung. Der Pilot drückte den Feuerlöschknopf und hatte damit sogar Erfolg. Doch nun flog die Maschine mit nur noch zwei Motoren und hatte mindestens die Hälfte ihrer Geschwindigkeit eingebüßt. Davis stöpselte sein Mikrophon aus und bedeutete Gunny das gleiche zu tun. Dann griff er nach dem Motorenregler. „Wir bleiben bei ihnen. Allein sind sie schutzlos.“ Gunny sah ihn an, als habe er nicht mehr alle Tassen im Schrank. „Zu zweit sind wir genauso schutzlos. Das ist komplett verrückt.“ Davis grinste, Gunny erkannte es an den Falten, die die Sauerstoffmaske warf. „Aber sie sind nicht allein.“ „Die Jäger werden sich wie Bluthunde auf uns stürzen.“ Davis kniff die Augen zusammen und zog den Regler zurück. Lilly wurde langsamer, sie bockte widerstrebend, als ahne sie, was ihr Skipper da oben im Cockpit machen wollte. Dann drückte Davis die Steuersäule nach vorn, um so weit zu sinken, dass sie neben Twist’n Turn lagen. Gunny legte seine Hand auf Davis’ Hand, die noch auf dem auf dem Regler lag. „Du bringst uns alle in Lebensgefahr.“ „Die anderen sind mehr in Gefahr als wir. Das ist erst ihr zweiter Einsatz.“ „Wir können nichts dagegen tun. Uns können wir retten.“ „Und ob!“ fauchte Davis. „Wenn wir sie allein lassen…“ Gunny schnitt ihm das Wort ab. „Wir sind ebenfalls beschädigt, was wenn die Maschine über der Nordsee wieder instabil wird. Oder der Rumpf bricht?“ Davis schnaufte. Er wusste, dass das was er vorhatte verrückt war. Aber er konnte diese zehn Männer, die erst vor knapp drei Wochen nach Europa gekommen waren, nicht einfach schutzlos über Belgien hängen lassen. Schon jetzt war ihnen der große Verband über fünf Kilometer voraus. Immer wieder blickte der Pilot von Twist’n Turn zu ihnen hinüber. So als könne er es nicht fassen, dass sie als einzige dageblieben waren. „Wenn wir jetzt normal weiterfliegen, können wir wieder zum Verband aufschließen“, hörte er Gunny sagen. Doch für Davis war es bereits entschieden. Sie würden bleiben. Er stöpselte sein Mikrophon wieder ein. „Hier Pilot. Wir bleiben bei Twist’n Turn. Haltet Ausschau nach Jägern.“ Gunny stöhnte und blickte zur Seite. Matt und Curtis sahen sich ebenfalls entsetzt an. Chase holte eine Papiertüte unter dem Tisch hervor und beugte sich darüber und Gorsky zeigte Davis in der Astrokuppel den Vogel. Verge seufzte und lud sein Geschütz wieder durch. Ebenso wie Thomps im oberen Geschützturm, der das Gespräch zwischen Gunny und Davis alles andere als begeistert mitverfolgt hatte. Don legte seinen Kopf auf den Funktisch und betete zu Gott, er möge sie über die verdammte Nordsee kommen lassen. Doch sie waren erst über dem besetzten Belgien. Unter ihnen schlängelte sich die Maas hindurch. Bald darauf lag rechts von ihnen Brüssel, wo sie sehen konnte, wie der große Bomberverband von der Flak beschossen wurde. „Wie weit zur Nordsee?“ „Ein paar Minuten noch. Wir können Brüssel umgehen und dann direkt auf die Nordsee zuhalten.“ „Gut, gib’ mir den Kurs.“ Twist’n Turn hing wie ein Schützling, der seine Mutter brauchte, an ihnen und folgte jeder ihrer Bewegungen. Dem Kurswechsel auch. Gorsky, der sich auf den Bauch gelegt hatte und durch die Plexiglasscheibe spähte, beobachtete unter sich die Landschaft und meldete: „Wir sind über der Nordsee. Nicht mehr lang, Jungs.“ „Na, hoffentlich. Ich hab Hummeln im Hintern. Dieses Gegurke geht mir auf den Sack, “ maulte Matt. „Nicht mal ein Schießeisen hab’ ich mehr.“ „Seht ihr Jäger?“ fragte Verge. „Keine. Als ob sie wegen zweier Flugzeuge kein Aufhebens mehr machen wollen.“ „Die werden uns auch kaum über die Nordsee folgen...“ „Twist’n Turn verliert wieder an Höhe,” hörte Davis Thomps sagen. Er seufzte. Der rechte innere Motor hatte gerade eben sein letztes Husten ausgespuckt. Jetzt flogen die armen Teufel auf einem Motor, der jeden Moment ebenfalls seine letzten Atemzüge tun konnte. Davis hatte genug und bat Don auf Intercom umzuschalten. „Liberty Lilly an Twist’n Turn.” “Wir hören.” “Wir werden euch nach Manston lotsen. Da gibt’s eine Landebahn. Es sind…“ „…circa zehn Minuten, “ vervollständigte Chase den Satz. „Ihr habt es gehört. Zehn Minuten und ihr habt’s geschafft. Nicht aufgeben, Jungs,“ sagte Danny ermunternd. Twist’n Turn legte eine saubere Landung in Manston hin. Kurz vor dem Platz begann der letzte Motor noch Rauch zu spucken. Doch der Pilot, er hieß Brendan Moore, ignorierte ihn, denn er war so gut wie am Boden. Sein Fahrwerk ließ sich widerstandslos ausfahren und als die Reifen quietschen, als sie den Boden berührten, hätte er beinahe erleichtert aufgeheult. Davis behielt seine Anzeigen scharf im Auge, sie zeigten weiter keine Regungen, deshalb flog er das letzte Stück nach Donthorpe und machte keine Landung in Manston. Dort hätten sie nur wieder ewig warten müssen, auf ihre Reparatur und darauf, dass man sie endlich nach Hause brachte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)