Wichtig is aufm Platz! von abranka ================================================================================ Kapitel 4: IV. Wenn Fußball großkariert ist ------------------------------------------- Neue Saison, neue Liga. Neue Mitspieler und – neue Trikots. „Ach du Scheiße!“ Der Kapitän bringt auf den Punkt, was sie alle denken, als der Trainer mit einem breiten Grinsen ihre neue Arbeitskluft vor ihnen präsentiert. „Dat is nich dein Ernst!“ Der Killer schüttelt den Kopf, als ihm sein Trikot mit der Rückennummer vier und dem klangvollen Namen Killnakowski zugeworfen wird. Rot und weiß sind sie. Aber das sind halt die Vereinsfarben, daran führt kein Weg vorbei. Aber... „Warum zur Hölle großkariert?“, poltert Mike los und schüttelt den Kopf. „Da krieg ich ja Augenkrebs, wenn ich meine Verteidiger sehe!“ Er hat gut reden, dabei darf er als Torwart in einem simplen Dunkelblau antreten und muss die rot-weiß-karierten Trikots nicht tragen. „Designervorschlag vom Management. Damit der Name Karos auch endlich mal wieder Sinn macht.“ Knieschewski grinst breit. „So schlimm?“ „Scheiße, Hölle is das!“ Wie immer nimmt der Killer kein Blatt vor dem Mund und bringt sie dadurch alle zum Lachen. „Was machst das schon, wie du aussiehst? Kommt doch eh nur darauf an, wie du spielst.“ Raphael grinst den vorlauten Verteidiger an und zieht das neue Trikot über. „Boah, das sieht scheiße aus!“ Der Killer gibt noch immer nicht auf. „Wie’n Bonbon.“ „Oh, findest du mich so süß?“, erwidert Raphael augenzwinkernd und hat sofort die Lacher auf seiner Seite, während der gebürtige Pole schmollt. Augustin Zindzhi, ihre neue Nummer neun nach Paolos Wechsel, streift sich jetzt auch sein Trikot über. Raphael kann den Südafrikaner noch immer nicht ansehen, ohne an den kleinen Italiener denken zu müssen. Er fehlt ihm. Sie haben immer zusammen herumgehangen, geflachst und die besten Pässe zusammengespielt. Er hat keine Ahnung, ob das mit Augustin auch so klappen wird. Jeder Spieler ist anders. Und besonders die Stürmer haben ihre eigene Art. Frühstarter, lange Warter, Alleingänger... Das alles muss er noch rausbekommen, um mit dem Neuen solche Kombinationen spielen zu können. Genauso mit Julian Treschke, ihrer neuen Nummer elf. Mit dem wird er sich im Mittelfeld zusammentun dürfen. Er ist schon neugierig, wie das so wird. Wirkt ein wenig zurückhaltend, aber das passt schon. Irgendwie werden sie zurechtkommen. Vielleicht sollten sie heute im Training zusammenarbeiten, um sich schon mal kennenzulernen... „Raphael, du machst heut Passspiel mit Julian. Ihr müsst euch kennenlernen“, entscheidet da auch schon Knie, als wenn er seine Gedanken gelesen hätte. „Spielt die Neuen ein, lernt sie kennen.“ Und dabei haben sie mit gerade einmal zwei Neulingen wirklich nicht viele. Mehr konnte sich der Verein ja nicht leisten. Die Kasse ist halt leer. Aber trotzdem ist die Abstimmung wichtig. Wenn sie jetzt ins Team integriert werden, dann läuft hinterher alles viel runder. Viel, viel runder. Julian ist vom 1. FC Köln gekommen. Und der ist wiederum in der zweiten Liga geblieben. Er will auch Erstligaluft schnuppern, so wie sie alle. „Hab von deinem Spiel letzte Saison gehört“, sagte er zur Begrüßung, während er den Ball locker um seine Füße tanzen lässt. „Von welchem?“, gibt Raphael lachend zurück. „Ich hab viele gemacht.“ Er hat fast jedes Spiel mitgenommen, nur einmal musste er wegen eines grippalen Infekts aussetzen. „Na, das Saisonfinale. Das war doch dein Spiel.“ Unter den blonden Haarsträhnen blitzen zwei grüne Augen zu Raphael hinüber und sorgen dafür, dass ihm einen Augenblick lang heiß und kalt zugleich wird. Schöne Augen. Und ein faszinierender Blick. „Ach das. Nicht so wild.“ Er winkt ab, doch das Grinsen auf Raphaels Gesicht sagt alles. „Hey, nicht blöd rumgrinsen, Raffe! Spielen!“ Dennis saust lachend an ihnen beiden vorbei, kickt den Ball hinüber zu Augustin, der ihn glatt annimmt. Der dunkelhäutige Afrikaner sticht in ihrer Mannschaft richtig hervor, besonders mit den langen Beinen, an denen Raphaels Augen kurz hängen bleiben. Sicher ein toller Sprinter... Der Ball erwischt ihn unsanft am Knie. „Träumer!“ Julian grinst ihn breit an. „Hat er so schöne Beine, dass du Augen nicht mehr wegbekommst?“ „Hä? Quatsch!“ Die Nummer zwölf schüttelt den Kopf. „Hab nur geschaut, wie er läuft. Wie willste denn vernünftig passen, wenn de nich weiß, wie die andern so laufen und spielen?“ Damit gibt er den Ball locker zurück, genau so, dass Julian ihn perfekt im leichten Trab annehmen kann. Dessen Augenbraue wandert nach oben. „Das heißt...“ „Wenn ich kann, studier ich die andern. Wenn man ein Spiel aufziehen will, is das doch nur logisch.“ „Scheiße, bist du etwa eins von diesen Genies? Ein Zidane oder so?“ Locker laufen sie nebeneinander her und spielen sich den Ball zu. Langsam, nicht in solch einem Tempowahnsinn wie Dennis und Augustin oder der Killer und der Greif. Sie lernen sich erst einmal kennen, schätzen sich ab, ehe sie anfangen, das Tempo zu steigern. „Das müssen andere entscheiden. Ich spiele nur Fußball.“ Raphael schüttelt leicht den Kopf. Er vergleicht sich nicht. Klar, natürlich ist es toll, wenn jemand mit so etwas kommt, aber er zieht diese Vergleiche nie von sich aus. Ist er denn verrückt? Damit würde er sich doch nur Fesseln anlegen und ihm reichen die, die er ohnehin schon hat. Er kann nicht auch noch auf dem Platz das Gefühl einer Gefängnistür in seiner Nähe gebrauchen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)