X-Men von Odme (the lost story) ================================================================================ Kapitel 3: Eine Spur in Bayville -------------------------------- Lautlos glitt der X-Jet durch die oberste Wolkendecke, und reflektierte die warmen Sonnenstrahlen. Die X-Men saßen angeschnallt in ihren Sitzen, während Scott als Pilot die Maschine flog. Neben ihm Jean als Copilot. "Noch zwei Meilen.", sagte Jean. "Warum fliegen wir mit dem Jet?", fragte Iceman. "Die Stadt soll doch angeblich so nahe sein." "Nun, wir hätten auch den Bus nehmen können!", scherzte Cyclops. "..Nee!", sagte Logan. "Zu schlechte Verbindung hier!" Rouge verdrehte kopfschüttelnd die Augen und grinste halbherzig. "So, haltet euch fest, wir gehen runter!", erwähnte Scott. Die Maschine rüttelte, als Cyclops den Steuerknüppel langsam nach vorne drückte und die Insassen klammerten sich an ihren Armlehnen fest. Unmittelbar vor der gesagten Kleinstadt Bayville landete der nicht ganz so unauffällige X-Jet auf der Lichtung innerhalb eines kleinen Wäldchens und Scott legte alle Hebel um und schaltete die Turbinen aus, bzw. die Tarnung an. "Also gut!", sagte Jean und schnallte sich los, während sie im Aufstehen in die Runde sah. "Wir gehen in Richtung Nord-Westen durch den Wald, dann sind wir in ca. zehn Minuten im Wohnviertel." "Alles klar!", sagte Bobby, alle anderen nickten und begaben sich zur Heckklappe; außer Kurt. Er zögerte. "Ich... Ich denke, ich bleibe besser hier!“, schlug er mit einem bedenklichen Blick vor. "Wacheschieben?" Sie sahen ihn in sein verschmitztes Lächeln, welches verriet, dass er lieber sein Äußeres vor der Öffentlichkeit verstecken wollte. Logan klopfte ihm etwas unsanft auf den Rücken, dass er leicht nach vorne stolperte und husten musste. "Hier spricht Gott!", brummte Logan mit verstellter, tiefer Stimme und ging an ihm vorbei. "Schwing deinen Schwanz da raus!" Rouge grinste und sah Kurt an, der wiederum Logan anfunkelte, weil dieser ihn verarscht hatte, und reichte ihm einen Mantel mit Schirmmütze. "Wird schon!", sagte sie aufmunternd. Der Weg durch den lichten Wald war schnell hinter sich gebracht und die Gruppe sah schon die ersten Familienhäuser, die mit schmückend leuchtenden Lichterketten und anderen Dekorationen die Weihnachtszeit ankündigten. Sie wechselten die Straßenseite und Wolverine steckte sich unter einer großen, bunten Tanne eine Zigarre an und sah am Baum hinauf. Zeitgleich musste er an seine jetzige Situation denken und dass er zu Heiligabend immer alles andere, außer zu Feiern, zu tun hatte. "Oh du Fröhliche...", murrte er lustlos. Kurt folgte, unter der Schirmmütze und weit ins Gesicht gezogenem Kragen, seinem Blick aber teilte Logans Gedanken nicht. Nur noch zwei Wochen, bis zum Fest der Liebe und er betete im Stillen, dass diese Zeit nicht durch Krieg und Aufregung verschwendet wurde. "Wir bilden am Besten zweier Gruppen!", sagte Scott selbstsicher. "Und wer hat dir das Kommando übertragen?", fragte Logan schnippisch. "Seit dem du wieder von Kneipe zu Kneipe ziehst!", konterte Cyclops gelassen und fügte die Gruppeneinteilung hinzu. "Ich und Jean gehen die Straße nach Norden und fragen die Bewohner, ob ihnen letzte Nacht etwas letzte Nacht seltsam vorgekommen ist! Rouge und Kurt, ihr geht nach Westen, und der Rest-" "Der dreckige Rest?", fragte Logan und sah Cyclops an, als wenn er fragte, ob er nicht etwas vergessen hätte. "...Nach Süden!", beendete Scott den Satz und vergaß Wolverines Zwischenkommentar. "Wenn ihr etwas gefunden habt, kontaktiert die anderen per Funk!" "Ok!", sagten alle fast gleichzeitig und trennten sich. Kurt zog den Kopf ein und versteckte sich so gut, wie er nur konnte hinter seinem Mantelkragen. Er blieb immer verborgen vor der Gartenforte, eines jeden Hauses stehen, während Rouge an der Haustür klingelte und fragte, ob man letzte Nacht nicht etwas Ungewöhnliches mitbekommen hätte. Aber die Leute waren hier Fremden gegenüber sehr misstrauisch und schlugen Rouge entweder die Tür vor der Nase zu, verneinten ihre Fragen, wimmelten sie kommentarlos ab oder machten ihr gar nicht erst auf. Kurt sah sich um und hauchte entnervt in seine Hände, bevor er sie wieder tief in die Manteltaschen steckte. Schon das 45ste Haus und noch immer nicht schlauer geworden!, dachte er. "Heilige Maria!", murmelte er und zog ein genervtes Gesicht. "Komm schon Rouge! Es kann doch nicht sein, dass man hier nichts über die Fledermaus weiß!" Sie tätschelte dem Haushund den Kopf und schloss seufzend die Gartenforte hinter sich. "Sie haben alle Angst.", sagte sie schließlich. "Hast du bemerkt, dass sie alle in ihren Häusern hocken? Noch nicht einmal Spuren von im Schnee spielenden Kindern sind zu sehen!" Kurt schüttelte den Kopf. "Sie schließen sie im Haus ein. Kinder müssen doch raus gehen können!" "Vielleicht haben die anderen schon etwas gefunden.", überlegte sie. "Glaube ich nicht!", erwiderte er. "Komm!", sagte Rouge, um sich selber aufzurappeln und zog ihn am Ärmel. "Wir versuchen es einfach weiter!" Sie gingen über die Straße, zum nächsten Haus gegenüber und während Rouge an der Haustür klingelte, hörte Kurt die quietschenden Bremsen eines Busses und hohe Kinderstimmen. Nur drei stiegen aus. Kurt lächelte. Ein kleines blondes Mädchen stieg auf ein Einrad und fuhr damit trudelnd über die Straße. Ziemlich gefährlich, so mitten auf der Straße, dachte er, als genau in diesem Augenblick ein schwarzer, zu schnell fahrender Kombibus um die Ecke bog. Alles ging schnell! Die Kinder riefen, die Bremsen des schwarzen Fahrzeuges kreischten und doch zerquetschte es krachend das Einrad unter seinen Reifen. Nur zwei Rauchwolken verpufften in der Luft. Das blonde Mädchen hatte sich in Rauch aufgelöst und eine Schirmmütze fiel auf den Bürgersteig. Rouge rannte sofort auf die Straße, um zu sehen, was geschehen war. "Nightcrawler?", rief sie ihn und noch einmal lauter, nachdem sie seine Mütze aufgelesen hatte. Er stand in irgendeinem Vorgarten in der Nähe, mit dem verwirrten Kind im Arm, welches noch nicht so ganz realisierte, wie sie so schnell nach Hause gekommen war. "Du bist ja blau!", sagte sie und ihr Blick traf sich mit dem von Kurt. "Ist das so?", fragte er, als dieser bemerkte, dass seine Tarnung aufgeflogen war. Aber das Mädchen war nicht im Geringsten ängstlich. "Und schnell!", fügte sie nur hinzu. Eine Tür wurde aufgerissen und eine Frau rief: "Kassy!", und rannte in Hausschuhen zu ihnen. Sie nahm das Mädchen aus Kurts Armen. "Oh Kassy! Hast du dir was getan?!" Er stand nur regungslos daneben und sah zu, wie die mögliche Mutter der Kleinen sie an sich drückte. Dann wand sie sich an ihn und er zuckte leicht zusammen. Er machte sich schon auf alles gefasst, als Mutant verschrien und davongejagt zu werden. Und nun schwang auch noch ungeschickt seine Rute unter dem Mantel hervor, er fühlte sich ertappt. "Ich habe alles mit angesehen! Vielen Dank!", sagte die Mutter erleichtert, aber Kurt hatte nicht ganz mitbekommen, was sie gesagt hatte und schien sich in der Zwischenzeit einige Sachen zusammen gereimt zu haben, was er ihr sagen könnte. "Bitte entschuldigen Sie!! Wird nicht wieder vorkommen und ich werde ihre Tochter nie wieder – bitte, was haben sie gerade gesagt?" Rouge eilte währenddessen zu ihnen. "Nightcrawler, ist alles o.k.?" "Ach, sie gehört zu dir? Das wusste ich nicht!", sagte die Frau freundlich und setzte Kassy auf dem Boden ab. "Ich bin Joanne Cather. Kommt doch erst mal rein. Ist etwas kalt hier!" Es stellte sich heraus, dass die kleine Familie Cather eine der wenigen Menschen war, die weder Hass noch Angst für die Mutanten hegten. Mrs. Cathers Gastfreundschaft kam den beiden X-Men gerade recht und sie nahmen alle im Wohnzimmer Platz. "Die Menschheit ist dumm!", sagte Joanne und schenkte für alle Tee ein. Kurt und Rouge saßen nebeneinander und sahen sich in dem recht ordentlichen Haushalt um. Familienportraits standen auf einer Kommode, auf denen Kurts Blick hängen blieb. Die Älteren zeigten eine Junge Frau, die Joanne Cather sehr ähnlich sah und weitere einen Jungen, mal alleine, mal mit Kassy. "Mein Sohn Robin.", erzählte Joanne kurzfristig, als diese Kurts Blicke deutete, während Kasse mit großem Lächeln neben ihm auf das Sofa hopste und ihn mit ihren großen, blauen Augen betrachtete. "Nun. Ihr seid auf der Suche nach etwas?", fragte Mrs. Cather. "So ist es!", sagte Kurt und Rouge nickte zustimmend. "Haben Sie letzte Nacht etwas Merkwürdiges oder ... Ungewöhnliches bemerkt?", fragte sie und fuhr eine ihrer weißen Haarsträhnen hinters Ohr. "In wie fern, ungewöhnlich?", fragte Joanne mit einem klugen Funkeln in den Augen. Rouge und Kurt sahen einander kurz an, bevor er mit einem mal sagte: "In Form einer monströsen Fledermaus!", es lag wieder diese Entschlossenheit in seiner Stimme. Joanne hielt mit bedacht inne und nippte seelenruhig an ihrem Tee. "Ja.", sagte sie schließlich. "Diese große Fledermaus aus den Nachrichten hat uns gestern Nacht meinen Exmann umgebracht!" Lautloses Entsetzen spiegelte sich in den Gesichtern der X-Men wieder und bevor jemand etwas sagen konnte fuhr die zweifache Mutter fort. "Randy war sein Name. Er war en Ex-Soldat und kein besonders guter Vater! Für Kassy, ja. Aber, als mein Sohn Robin besondere Kräfte entwickelte, änderte er sich schlagartig!" "Hat er Robin geschlagen?", fragte Rouge zurückhaltend. "An mich wagte er nie Hand anzulegen, da er mich als temperamentvoll kannte. Nur Robin war ihm schon immer ein Dorn im Auge gewesen!", bestätigte sie Rouges Vermutung und fuhr dann wieder fort. "Im Gegensatz zu mir, hasste er Mutanten. Er hatte große Angst vor ihnen, da er wohl einmal ihre Macht zu spüren bekommen hatte. Jedenfalls wurde er gewalttätig und misshandelte Robin, wenn ich mal nicht zuhause war. Ich trennte mich von ihm und zeigte ihn an. Da er schon vorbestraft war, bekam er ein paar Jährchen Knast! Wir sind dann aus seinem Haus ausgezogen und haben uns hier eingenistet." Kassy wurde langweilig und begutachtete in der Zwischenzeit Kurts Teufelsschwanz und versuchte ihn zu fangen, als dieser sich bewegte. Joanne schmunzelte und erzählte weiter. "Er muss irgendwie ausgebrochen sein und hat uns aufgespürt! Wollte sich an uns wegen seinem Unglück rächen und dann kam diese Fledermausbestie.", Joanne lächelte und schien sich nicht darum zu kümmern, dass ihr Exmann tot war. "Sie hat uns das Leben gerettet!" "Wer hätte das Gedacht?", fragte sich Rouge laut. "Wo ist Ihr Sohn jetzt?" "Robin müsste noch schlafen. Ich habe ihn heute vom Unterricht befreien lassen.", antwortete sie, wollte noch etwas anderes erzählen, doch dann sah sie ihren Sohn an der Wand angelehnt, der den Besuch kalt betrachtete. Seine Augen lagen auf Kurts Aussehen. "Oh, Schätzchen. Wie geht es dir jetzt?", fragte seine Mutter und die X-Men folgten ihrem Blick. Robin hatte rostbraunes, längeres Haar und schwarze Augen. Ein Pfeilchen färbte seine Wange bläulich. "Super, Mom!", murrte er nicht gerade begeistert und verschwand wieder. "Robin, warte!", rief Joanne und eilte ihm hinterher. Kurt ließ den Kopf hängen. "Schon gut!", sagte Rouge, legte ihm eine Hand auf die Schulter und folgte Mrs. Cather. Der 17-Jährige war in sein Zimmer geflüchtet und hatte sich in seinen Drehstuhl gesetzt. Die Tür stand weit offen und seine Mutter stand neben ihm, mit einer Hand auf seinem Arm. Sie fing Rouges Blick auf und ging an ihre Seite. "Könnte ich für einen Augenblick mit ihm alleine reden, Mrs. Cather?", fragte sie. Joanne nickte und entfernte sich. * "Siehst du immer so aus?", fragte Kassy und strahlte Kurt weiterhin an. "Seit dem ich zurückdenken kann!", antwortete dieser lächelnd. "Wie alt bist du?", fragte Kassy weiter. "29." "Warum redest du so komisch?" Kurt lachte auf. "Tue ich das?" "Ja! Warum denn?" "Weil ich aus Deutschland komme!" "Kenn ich nicht! Wo ist das?" "Weit, weit weg! Auf der anderes Seite der Welt!", antwortete er. "Vermisst du nicht deine Eltern?", fragte Kassy und machte Anstalten auf seinen Schoss zu klettern. "Nein. Also, ich habe sie nie kennen gelernt." "Warum?" Kurt hielt inne. Weil ich ein Mutant bin haben sie mich wohl weg gegeben!, das konnte er nicht sagen. Das würde sie noch nicht verstehen. Und er hatte sich nie so wirklich Gedanken darum gemacht, wer nun seine wirklichen Eltern waren. Zumal er sich nicht darum geschert hatte. Seine Zieheltern, damals im Münchner Zirkus, waren wohl die besten Eltern, die man nur haben konnte. Seine wahre Familie waren jetzt aber die X-Men. Immer noch wartete Kassy auf seine Antwort und sah ihn in sein nachdenkliches Gesicht. "Was hast du?", rüttelte sie ihn wach, aber er schüttelte nur den Kopf. "Mommy sagt, dass Daddy Robin nicht wollte, weil sein Daddy ein Mutant war!", erzählte Kassy nun. "War er denn nicht sein Vater?", wunderte sich Kurt. Kassy schüttelte den Kopf. "Robins Daddy war schon in den Himmel gekommen, bevor ich geboren war! Und mein Daddy hat Robins Daddy auch immer beleidigt! Gut, dass dieser Freak tot ist! Hat er immer gesagt!" "So?", Kurt dachte nach. Menschen konnten wirklich grausam sein. Armer Robin. Plötzlich fing etwas an zu piepen und Kurt sah an sich hinunter, bevor er einen Knopf auf seiner Armbanduhr drückte. "Ja?", sprach er in die Uhr. "Cyclops hier. Habt ihr etwas gefunden?", hörte er Scotts Stimme. Er sah auf den Wohnzimmertisch und zuckte mit den Brauen. "Ja, doch! So einiges. Tee, Kekse und geblümte Untertassen.." "...Hab ganz vergessen zu lachen.", murrte Scott. "Dafür haben wir keine Zeit, du Wochenendkomiker!" "Gut, Spaß beiseite!", sagte Kurt. "Ich und Rouge sind zurzeit bei einer Familie, die-" "Wer ist das??", fragte Kassy neugierig mit ihrer hohen Kinderstimme. "Freunde von uns!" "Sind deine Freunde auch Mutanten??" "..Wir kommen zu euch, Nightcrawler!", sagte Scott sofort. "Wo befindet ihr euch?" "Öhm..-" "Hartstraße!", rief Kassy, die ein Ohr an Kurts Uhr hielt. "Nr.75!". "Ihr habts gehört!", sagte Kurt hinterher. Scott machte eine Pause. "Ja, alles klar. Wir sind bald bei euch!" * Robin saß die ganze Zeit nur mit verschränkten Armen in seinem Stuhl und starrte Rouge an, die sich in seinem Zimmer stumm umsah. "Warum seid ihr hier?", fragte er plötzlich und seine Stimme war wohl härter, als die eines alten Veteranen. "Wir sind hier, um zu helfen!", antwortete Rouge wahrheitsgemäß. "Ihr könnt mir viel erzählen!", gab Robin zurück. "Meine Mutter hat euch doch schon genug über uns erzählt, warum sollte ich-" "Weil diese Fledermausbestie, die deinen Stiefvater getötet hat, eigentlich eine verstörte, junge Frau ist, die mehr Angst vor ihrer Mutation, als vor dem Tod hat!", unterbrach sie ihn mit klarer, durchgreifender Stimme. Rouge seufzte, als sie weiterhin nur Härte in seinem Blick erkannte und setzte sich auf sein Bett. Nach ein paar Minuten zog sie schließlich einen ihrer Lederhandschuhe aus und sah ihn an. Sein Blick war, außer etwas Verwunderung, unverändert. "Wenn ich dich jetzt berühren würde, würde ich durch meine Haut, deine Erinnerungen, Ängste und Lebensenergie, sowie deine Mutantenkräfte absorbieren!", erzählte sie ihm kurzer Hand. "Warum tust du es denn nicht?", fragte er sie kalt. "Dann hättest du, was du wissen willst!" "Weil ich gelernt habe meine Kräfte für gute Sachen einzusetzen! Ohne Ausnahme!" "Das ist... Verrückt!", sagte er. "Als ich so alt war, wie du, hatte ich große Probleme mit meiner Gabe. Ich konnte niemanden berühren, den ich liebte. Küssen und alles andere war tabu und ist es heute noch!" "O.k! Nähere Details will ich nicht wissen!", Robin hob die Hände. "Auf jeden fall habe ich Freunde gefunden, die mir geholfen haben, diese schweren Zeiten durchzustehen! Wir X-Men wollen nur helfen!" Nun herrschte Stille. Sie sahen sich in die Augen. Rouge hatte gehofft, Robin würde ihr nun etwas über sich erzählen, was vorerst nicht der Fall zu sein schien. Doch dann holte er unverhofft Luft. "Ich war ungefähr 13 oder 14. Da verschwand plötzlich mein Spiegelbild. Es war einfach weg. Von einer Sekunde zur anderen.", fing er an von sich aus zu erzählen und das Eis in seinem Blick schien für kurze Zeit zu tauen. "Ich hatte keine Angst davor, da ich wusste, dass mein Vater auch Mutant war." "Randy war auch ein Mutant?", fragte Rouge mit gerunzelter Stirn. Robin schüttelte aber wiederum den Kopf, drehte sich seinem Schreibtisch zu und zog eine Schublade auf, um darin zu wühlen. "Randy war nicht mein Vater!". Er holte einen älteren Umschlag hervor, zog ein Foto heraus und gab es ihr. "Das ist mein Vater!" Rouge nahm das Foto in die Hand. Es zeigte einen jungen Mann, der neben einem 3-Jährirgen Jungen auf einem Dreirad stand. Seine Harre hatten, dieselbe Farbe, wie Robins und seine Augen glühten rot auf schwarzem Hintergrund. Ein kleiner Kinnbart zierte sein gut aussehendes Gesicht. "Er nannte sich immer Gambit.", fügte er hinzu. Gambit?, Rouge kannte diesen Mann. Sie hatte schon mal von ihm gehört und ihn irgendwo ein Bild von ihm gesehen. Aber sie hätte niemals gedacht, dass er eine Familie hatte. "Seinen richtigen Namen kennt nicht einmal Mom, sagt sie.", meinte Robin. "Ich glaube ihr nicht! Ich bin verdammt noch mal sein Sohn. Sie sollte eigentlich mehr über ihn wissen!" Rouge sagte nichts mehr und sah nur auf das Foto. Ihre Erinnerungen an ihn waren dunkel, aber sie wusste, dass es damals in den Nachrichten hieß, dass ein Mutant namens Gambit bei einem Anschlag ums Leben gekommen war. Seine Leiche jedoch wurde nie gefunden. Robin starrte sie mit seinen kalten Augen an, als wollte er ihre Gedanken aufsaugen. "Randy lauerte uns in unserer Einfahrt auf.", fingt er plötzlich an zu erzählen und sie spitzte die Ohren. "Wir kamen von einem Familienausflug zurück, da kam er plötzlich aus dem Schatten und bedrohte uns mit einer Waffe. Er wollte uns einen nach dem anderen erschießen, bis ..." "Bis die Fledermaus kam?" Er nickte und sagte: "Sie fiel einfach vom Himmel. Randy konnte noch nicht einmal richtig reagieren, ich schätze er hatte einfach Angst. Mehr noch, als vor mir... Aber weißt du was?" Sie schüttelte den Kopf. "Ihre Augen werde ich nie vergessen." Rouge musste ungläubig lächelnd. "Wenn’s nur das ist?", erwiderte sie. "Ich mein sie hat vor euren Augen Kassy’ s Vater umgebracht!". „Nein.“, sagte er. „Wie sie es tat, konnten wir nicht sehen. Sie hat ihn ins Gebüsch gestoßen. Aber was ich jedenfalls sehen konnte, war, dass sie einen seinen Pistolenarm noch im Maul hatte, als sie wieder davonflog.“ Einen Arm. Rouge dachte daran, dass sie ihn bis zum Handgelenk gefressen haben muss, und ihr wurde etwas flau im Magen. „Kann ich dir eine Frage stellen?“ „Sicher doch!“, sie nickte. „Du sagtest, diese Fledermaus sei eine Mutantenfrau.“, fing er an und als sie wieder nickte fügte er zaghaft hinzu. „Ich möchte sie kennen lernen. Und auch auf eure Schule gehen.“ Und in diesem Moment stand er auf und zog zwei fertig gepackte Reisekoffer unter dem Bett hervor. Rouge musste lachen. „Hast du gehofft, dass wir zu euch kommen?“ „Meine Mutter hat sich vor ein paar Tagen mit Professor Charles Xavier in Kontakt gesetzt und mich in der Mutant High angemeldet!“, Er schmunzelte leicht, wenn aber nur kurz. „Na dann?“, sagte Rouge und deutete zur Tür. „Bist du dann bereit wieder mit ins Wohnzimmer zu kommen?“ Er legte als Zustimmung nur kurz den Kopf schief und folgte ihr mit den beiden Koffern beladen. Kurt schlürfte gerade an seinem Tee, während Kassy in einen Keks biss. Joanne Cather war nicht im Wohnzimmer. Er sah Rouge fragend an, ob alles geregelt war und erblickte gerade Robins Koffer. „Konnte sie dich überreden?“, fragte er ihn etwas verwundert. „Nein!“, antwortete er grinsend. „Ich sie!“ „Rouge?“, Kurt wand sich nach einer Weile, in der sie sich neben ihn gesetzt hatte und Robin wieder an der Wand lehnte, an sie. „Cyclops und die anderen stoßen bald zu uns!“ „Die Armen!“, sagte sie grinsend und nicht ohne Schadenfreude. „Ob sie sich viele Blasen gelaufen haben?“ Nightcrawler konnte sich seinen höhnischen Gesichtsausdruck nicht verkneifen, als er sich vorstellte, dass Cyclops und die anderen ca. 100 Hauser in dieser Kälte abklapperten. „Wie viele von euren Leuten sind denn noch in Bayville unterwegs?“, fragte Robin. „Vier.“, antwortete Rouge. „Und die trauen sich alle in so einem Outfit auf die Straße?“ Sie schmunzelte, aber Kurt sah ihn an, als wolle er damit sagen: Ich mag ihn nicht! „Und, wie seid ihr hierher gekommen?“ „Mit einen Jet.“, antwortete Kurt gelassen, doch Robin sah ihn mit gehobenen Brauen an. „Du willst mich auf den Arm nehmen!“ „Öh, Nein?“, Kurt schüttelte den Kopf. „Robin, was ich dich schon die ganze Zeit fragen wollte.“, erwähnte Rouge. „Was für eine Fähigkeit hast du?“ Er seufzte und dachte einen Augenblick nach, was er wohl antworten sollte. „Schwer zu sagen!“, versuchte er einen Faden zu finden. „Ich kann durch Spiegel gehen. Für mich sind sie Tore in eine Welt voller Fenster! Wenn ich in einen hineingehe habe ich die Möglichkeit aus allen anderen wieder heraus zukommen oder einfach nur durch zuschauen, verstehst du?“ „Nicht wirklich.“, gab sie zu. „Ich wandere durch Spiegel, sagen wir’s so.“, fügte er hinzu. „Ungefähr so, wie ich teleportiere!“, warf Kurt ein. „Interessant!“ Ein Teleporter?, dachte sich Robin und betrachtete Kurt eine Weile. Wenn weiter nichts ist? In diesem Moment klingelte es an der Haustür. Scott hatte immer noch Zweifel. Er hatte schon sehr früh angefangen den Glauben daran zu verlieren, dass es noch Menschen gab, die freiwillig Mutanten in ihr Haus ließen oder ihnen Tee anboten. „Jetzt zieh nicht so ein Gesicht!“, sagte Jean. „Wenn du weiter die Stirn runzelst, wie Wolverine, knallt man uns wieder die Tür vor der Nase zu!“, mutmaßte Iceman und erntete einen Fußtritt von Logan. „Au!“ Eine dunkelblonde, hübsche Frau machte ihnen auf und musterte jeden ausgiebig. Joanne erkannte das X-Emblem auf deren Uniform und nickte. „Kommen Sie rein!“, sagte sie schließlich und ließ sie hinein. „Herr Wagner und Miss Rouge sitzen im Wohnzimmer!“ „Herr Wagner.“, höhnte Logan und grinste Bobby an, der es sich auch nicht verkneifen konnte. Und da fanden sie ihn tatsächlich mit Rouge neben sich und einem kleinen Mädchen auf dem Schoß auf der Couch sitzend und stellte mit zufriedenem Blick seine Teetasse auf den Untersetzer. Kassy sprang auf, um den Besuch, wie ein junger Hund zu begrüßen. Vor Scott machte sie schließlich halt. „Kannst du damit durch Wände sehen?“, fragte sie neugierig und sah mit ihren großen, blauen Augen auf seine ungewöhnliche Laserbrille. Er schmunzelte. „Setzten Sie sich doch!“, bot ihnen Joanne freundlich an, doch Scott schlug ab. „Nein, danke!“, sagte dieser. „Wir gehen sowieso gleich wieder und nehmen die zwei Spaßvögel mit!“ „Hey!“, beschwerte sich Kurt auf Deutsch. „Du bist nur sauer, weil du dir die Haksen wund gelaufen hast, ohne etwas gefunden zu haben!“ „Du bist so unfair!“, jammerte Scott, da er ihn nicht verstanden hatte. „Aber wo du sowieso schlauer bist als wir, kannst du auch gleich erzählen, was ihr herausgefunden habt.“ Bevor Kurt etwas antworten konnte, fing Robin an zu reden. „Ums kurz zu machen, die Fledermaus hat meinen Stiefvater umgebracht, der uns eigentlich umlegen wollte und eh aus dem Knast ausgebrochen ist! Klar? Also, alles in Ordnung, geregelt! Können wir jetzt gehen?“ „Robin!“, ermahnte ihn seine Mutter und funkelte ihn an. Alle starrten ihn an und eine peinliche Stille ging um. „..Gut, ähm.. “, fing Logan an und wand sich an Joanne. „Was haben die Koffer zu bedeuten?“ „Nun, ich habe Robin in der Mutant High angemeldet, schon vor einigen Tagen.“, erklärte sie. „Heute sollte er ankommen!“ „Was für ein Zufall!“ „Ja, nicht wahr?“, murrte Robin desinteressiert. „Können wir dann?“ Wieder warfen alle ihre sprachlosen Blicke auf ihn. „Robin!!“, seine Mutter bewarf ihn wieder mit einem typischen Blick, als bekäme er Hausarrest. „Ist schon in Ordnung, Mrs.“, meinte Jean. „Ich denke, wir können ihn ruhig mitnehmen! Was meinst du, Cyclops?“ „Lässt sich machen!“, antwortete er knapp und warf einen Blick auf ihn. Seine selbstgefällige Art erinnerte ihn etwas an jemanden, den er zu Anfang auch nicht so ganz leiden konnte. „Dann lasst uns gehen! Vielleicht hat Storm schon etwas herausgefunden.“ Kurt kippte den Rest seines Tees hinunter und stand zusammen mit Rouge auf. Joanne nahm ihren Sohn herzlich in die Arme und wünschte ihm viel Glück. Noch einmal ermahnte sie ihn, als sie sagte, er solle nicht immer seine beste Seite zeigen und geleitete die X-Men zur Tür. Kassy zupfte Kurt am Ärmel und gab ihm einen Abschiedskuss auf die Wange, als sich dieser zu ihr hinunter hockte. „Kommst du uns wieder mal besuchen?“, fragte sie etwas traurig. „Ganz sicher!“, antwortete er schmunzelnd, richtete sich auf, tarnte sich wieder, wie vorher und folgte den anderen zur Tür raus. Es war schon ein seltsamer Anblick, als sechs schwarz gekleidete Personen in der Begleitung eines mit Koffern beladenen Teenagers das 75ste Haus der Hartstraße verließen und den Bürgersteig hinunter eilten. Manch ein neugieriger Nachbar würde wohl daran gedacht haben, dass das Jugendamt in der Familie Cather endlich eingegriffen hat, doch ihre Uniform war mehr, als gewöhnlich geworden. Genau, wie Scarlet, sagte Robin gar nichts, als er den X-Men folgte und alle misstrauischen Blicke ignorierten. Bereits hinter den ersten paar Baumreihen erkannte man die Lichtung, auf der ihr nun getarnter Jet gelandet war. Robin blieb a Waldrand stehen und sah sich um. War nicht die Rede von einem Jet gewesen? Er wand sich an Rouge, die ihn nur anlächelte und auf Cyclops deutete, der einen Knopf auf seiner Armbanduhr drückte. Ein Zischen hing in der Luft. Dampf wurde aus dem Nichts gedrückt und da stand er plötzlich. „Darf ich vorstellen? Der SR-77 Blackbird!“, erklärte sie stolz und klopfte ihm auf die Schulter. Er kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wie ein gewaltiger Vogel, aus schwarzem Stahl ruhte der X-Jet auf der Lichtung. „Wow!“, hauchte er und hing zu Scott, der gerade die Heckklappe herunterfuhr. „Und damit fliegt ihr immer?“. „Oft!“, antwortete Scott wortkarg und stieg ein. Robin und die X-Men folgten ihm. „Hey! Sind alle so nett, wie du?“, rief Robin ihm schnippisch hinterher und hielt Scotts uneinschätzbarem Blick stand. Logan grinste den Jungen an und setzte sich, als er Scotts Mine bemerkte. „Ich werde gleich den Professor kontaktieren!“, sagte Jean und setzte sich ebenfalls. „Warte, bis wir in der Luft sind.“, erwiderte Scott. „Dann haben wir besseren Kontakt.“ Robin schnallte sich schon mal an und betrachtete dann die Innenausstattung. „Wir starten!“, sagte Scott und auf einmal fing der Blackbird an zu rütteln. Robin blickte aus dem Fenster. „Sag mal, Nightcrawler.“, hörte er Iceman plötzlich sagen und Robin sah in sein grinsendes Gesicht. „Wie machst du das immer, mit den Frauen?“ „Sie fliegen nun mal auf ihn, je jünger sie sind!“, gab Logan lachend zum Besten. „Muss wohl mein Charme sein, Wolverine!“, scherzte Kurt und fuhr sich durchs Haar. „Sag mal, Kleiner!“, Logan sah Robin auf einmal an. „Wie sollen wir dich nennen?“ „Ganz einfach!“, antwortete er und sah ihn kalt an. „Herr des Lacht - noch - einmal – über – meine – Schwester – und – ihr – seid - tot!“ „Das war eindeutig!“, murmelte Logan und lehnte sich zurück. „Nennt mich Mirrorwalker.“, hörte man ihn in der Stille sagen. Jean setzte sich in Zwischenzeit mit der Mutant High in Verbindung und empfing nun ein Signal. „Professor, hören Sie mich?“, fragte sie. „Ja. Laut und deutlich!“, antwortete Charles am anderen Ende der Leitung. „Gut, wir haben so einiges in Erfahrung bringen können und bringen gleich einen neuen Schüler mit!“ „Ah, der junge Robin Cather, nicht wahr? Seine Mutter rief mich vor einigen Minuten an.“ Robin horchte auf. „Professor? Konnte Storm mit Scarlet reden? Hat sie irgendetwas herausgefunden?“, fragte Jean. „Oh, ja!“, antwortete der Professor und Jean sah Scott kurz an. Robin reckte den Hals und wirklich jeder im Jet hörte genau zu. „Wir vermuten, dass die unverhoffte Verwandlung durch ein Duftmittel hervorgerufen sein könnte. Wir sind uns allerdings nicht sicher.“, erzählte Professor X. „Ein Duftmittel?“, sagte Jean verwundert. „Ja, in Form einer kleinen Phiole.“, fügte Charles Xavier hinzu. „Ein normales Raumparfüm mit Lavendelduft. Ich würde es gut heißen, wenn du die Flüssigkeit untersuchen würdest, Jean!“ „Das werde sich ganz sicher!“, versprach Jean einverstanden. „Also gut, an alle. Wir sehen uns später!“, verabschiedete sich Professor X. „Vielen Dank!“, sagte Scarlet, als Henry McCoy ihr eine frische Kräuterbrühe hinstellte. „War die Phiole noch da?“ „Ja! Ororo hat sie in Dr. Greys Labor gebracht. Sie wird sie sicher untersuchen!“, antwortete er freundlich und setzte sich an den Küchentisch ihr gegenüber. „Sind Sie hier schon lange hier, Mr. McCoy?“, fragte sie und nippte an ihrer Brühe. „Würde ich nicht sagen!“, sagte er. „Erst so an die zwei oder drei Jahre.“ „Und fühlen Sie sich hier wohl?“ „Sehr! Wie in einer ständig wachsenden Familie!“, er lächelte mit seinen warmherzigen Augen. „Und deswegen, Scarlet, brauchst du mich nicht zu siezen. Du gehörtest schon zu uns, als du in den Jet gestiegen bist!“ Sie lächelte aufgemuntert und sah auf ihre Hände. Henry McCoy war ein großer, blauer Mutant in Affengestalt, aber sehr intelligent und gutmütig. Ihm war es sofort gelungen, ihr die Angst zu nehmen, sich aus Jeans Labor zu trauen um sich mit ihm in die Küche zu setzten und sich mit ihm über alles Mögliche zu unterhalten. „Wie viele Schüler leben hier schon?“, fragte sie weiter. Aber Henry, alias Beast, fing leise an zu lachen, als er antwortete: „Oh, das würde ich wissen, wenn ich sie täglich durchzählen würde. Ich sage einfach mal, Viele!“ Sie sah in sein Tiergesicht und in seine menschlichen Züge. Beinahe musste sie auch lachen, doch versuchte es zu verstecken, welches ihm nicht entfiel. „Warum so zurückhaltend?“, fragte er sie. Scarlet aber schüttelte nur den Kopf und wich seinem Blick aus. Weil ich nichts zum Lachen haben sollte!, wollte sie ihm antworten, doch hatte diese Worte schnell hinunter geschluckt. Für eine Weile herrschte wieder Stille, als wenn Henry auf ihre Antwort wartete, doch dann erwähnte er: „Immer, wenn du Kurt siehst, spiegelt dein Gesicht Glück und gleichzeitig Leid wieder.“ Sie sah erschrocken auf. Wie konnte er davon wissen? Sie brachte kein Wort heraus. „Keine Panik!“, beruhigte er sie, als hätte er in ihrem Gesichtsausdruck ihre Ängste gelesen. „Niemand erzählt es hier herum! Ich bekomme nur mit, wie du ihn immer ansiehst, das ist alles.“ Sie seufzte. „So etwas fasziniert mich! Auf eine traurige Weise, natürlich.“, fügte er hinzu und sah ihr in die Augen. „So einen Blick habe ich noch nie zuvor gesehen.“ „Als ich heute Nacht von den anderen gefunden wurde, sah ich nur Kurts angewiderten Blick!“, erzählte sie ihm schwermütig. „Er denkt sicher von mir, ich sei ein Monster. Deswegen möchte ich nicht, dass er zuviel von mir weiß!“ Henry tätschelte tröstend ihre Hand. „Ich glaube, dass nicht einmal du genug über dich weißt!“, meinte er ruhig. „Ich brauchte dir nur kurz in die Augen zu sehen und wusste sofort, was in dir vorging! Der Professor und Jean wissen es übrigens auch.“ „Sicherlich!“, jauchzte sie. „Ich denke einfach zu laut!“ „Sie würden dir aber auch dasselbe raten, wie ich jetzt: Gehe zu ihm, wenn er zurück ist! Dann fühlst du dich viel besser.“, versuchte er sie zu überzeugen. Aber sie senkte seufzend den Kopf und erwiderte: „Dazu bin ich nicht mutig genug.“ Arme Frau!, dachte Henry ohne eine weitere Regung. In diesem Moment marschierten Snake und Arty in die Küche. Sie grüßten Henry freundlich, Arty warf nur einen flüchtigen Blick auf Scarlet und öffnete den Kühlschrank, während sich Selita an ihn lehnte. Diese schien Scarlet, wie eine Kobra anzustarren. Mr. McCoy entging nicht, wie unter ihrem Blick förmlich zusammenschrumpfte. „Sir?“, spracht Arty ihn in einer zaghaften Drehung an. „Ich habe meinen Aufsatz noch nicht fertig, könnte ich einen Zeitaufschub bekommen?“ Henry dachte einen Moment lang nach. „Wenn du mir dann eine Seite mehr verfasst, könnten zwei Tage drin sein, denke ich!“, antwortete er freundlich. „Ja, natürlich!“, strahlte Arty. „Danke sehr!“ Sie nickte zufrieden und sah Snake an, die immer noch in dieser lässigen Pose Scarlet bedenklich anstarrte. Man konnte nicht sagen, welcher der beiden Blicke bohrender war, als Scarlet anfing Snakes stand zu halten. Der lauernde Schlangenblick oder die giftgrünen Augen. Arty rollte entnervt die Augen, befeuchtete ihren Zeigefinger und stupste Selita damit auf die Nasenspitze. „Jetzt komm!“, sagte Arty, als Snake sie wirr ansah. „Du hast Peter doch zur Revanche gefordert!“ „Oh, ja!“, erwiderte sie sofort und das, mit Feuer. „Der wird sich wundern! Dieses Mal schlage ich ihn!“ „Wie auch immer..“, hörte man Arty noch sagen, als die beiden die Küche verließen. „Ah! Snake will wohl wieder gegen Colossus Basketball spielen!“, sagte Henry und stand auf. „Das lasse ich mir nicht entgehen!“ Scarlet sah ihn fragend an und zögerte erst etwas ihm zu folgen. „Seit Snake hier ist, wird es nie langweilig!“, erzählte er ihr auf dem Weg zur Basketballhalle irgendwo im Schulgebäude. „Sie hat immer Zeit gefunden Streit oder Wetten anzuzetteln oder eben jemanden herauszufordern und im Letzteren immer gewonnen, bis...“ „Bis, was?“, forderte Scarlet ihn auf weiterzuerzählen. „Bis sie eines Tages Peter Rasputin beim Basketballspielen beobachtet haben muss.“ „Waren Sie..“, sie räusperte sich. „Warst du nicht dabei gewesen?“ „Nein.“, antwortete er. „Ich habe nur gehört, dass Snake ihm irgendwann mal mitten im Spiel den Ball abgenommen und einen Korb geworfen hat!“ „Eine offensichtliche Herausforderung gibt es wohl nicht!“, sagte Scarlet, als sie die Halle betraten. Das Spielfeld war dicht umzingelt. Es waren mehr Schüler da, als Scarlet gedacht hatte. Sie alle saßen auf den Zuschauertribünen oder tummelten sich am Feldrand. Einige hatten Digicams oder Fotoapparate dabei, um dieses Duell festhalten zu können. Kann ja doch ganz spannend werden!, dachte sie, als sie die aufgeregten Stimmen hörte. Henry knuffte ihr sanft in den Arm und deutete auf Snake und Arty, die dicht am Spielfeld standen und sich unterhielten. Snake lockerte ihre Handgelenke, band sich ein Tuch in Tarnfarben um die Stirn und knackte mit dem Nacken. Plötzlich wanden sich fast alle Köpfe in eine Richtung, als ein kräftig gebauter, junger Mann das Spielfeld betrat. Zwei ernste Blicke begegneten sich und Snake und Colossus trafen sich an der Mittellinie. Nun erkannte man gut den gewaltigen Größenunterschied der beiden. Snake war im Gegensatz zum muskelbepackten, durchtrainierten Peter eher klein und einfach nur schmal. „Sie ist klar im Vorteil!“, dachte Scarlet laut. „Los Peter!“, hörte man nun viele Schüler rufen. „Zeig ihr, wer hier die Hosen an hat!“ Und als Antwort feuerten andere Snake im Chor an, darunter Arty. „Snake, zeig Frauenpower! Zieh ihm die Hosen aus!!“ Doch von all dem Getöse nahmen Snake und Colossus am wenigsten Notiz. „Tu uns beiden den Gefallen!“, sagte Peter auf Selita herab. „Erspar uns deine weitere Niederlage!“ „Es gibt immer ein erstes Mal, kleiner!“, konterte sie sofort uns starrte ihn weiterhin an. „Aber nur eines!“ Die Spannung stieg mit den heißen Anfeuerungen. Dann flogen zwei Baaskettbälle auf das Feld, die sie aus der Luft fingen, und fürs erste auf dem Boden dribbeln ließen. „Lady ’s First!”, mutmaßte Snake grinsend und überlies ihm den Vortritt. Er prellte den Ball weiter, ohne den Blick von ihr abzuwenden und trat einen Schritt zur Seite. Was harmlos anfing steigerte sich zu einem Spannenden Duell, als Peter auf einmal auf einen Korb zupreschte. Snake jagte ihm auch schon schnell hinterher, darauf achtend, ihren Ball nicht zu verlieren. Es wurde die ganze Zeit nur unter einem Korb gespielt. Scarlet versuchte den Sinn der Regeln zu verstehen, denn diese zwei Sportfans spielten nach ihren Eigenen. Snake trickste ihn mit einer Finte aus, indem sie einen Wurf antäuschte, sich aber dann in die andere Richtung um ihn herum zu drehen. Snake warf und sah ihren Ball hinterher, um dann mitzubekommen, dass Colossus Ball ihren aus der Bahn blockte. Er hatte ihn seinen ebenfalls geworfen und fing ihn wieder auf. Sie gönnten sich keine Pause. Es ging weiter. Jetzt kam Peter wieder zum Zug und hastete auf sie zu. Er drohte sie zu überrennen, doch sie machte in der letzten Sekunde einen Satz zur Seite, warf ihren Ball gegen seinen, sodass er die Kontrolle über ihn verlor. Er rollte ins Aus. Sie sah ihn keuchend an und prellte ihren Ball von einer Hand zur anderen, als sie ihn wieder gefangen hatte - er zeigte kein Bisschen Schwäche. Ein Schüler warf Colossus wieder seinen Ball zu und der Spaß konnte weitergehen. Ein kurzer Augenblick und Snake hetzte zum Korb, Peter hinterher. Aber sie war schneller, sprang und versengte ihren Ball im Netz. Der erste Korb war gefallen und Snake las ihren Ball mit selbstsicherem Blick auf. So siegessicher. Peter ließ sich nicht beeindrucken und warf ebenfalls. Einen Wimpernschlag später, donnerte Snake ihren Ball auf den Boden – der Knall ließ Scarlet zusammenzucken – sprang auf seinen Ball zu und fing ihn ab. Was sie nicht sah, war, dass der Andere bei ihrer Landung in der Hocke im Korb hinter ihr versank. Die Menge tobte. War das nun Absicht? Balltausch? Sie sah etwas überfordert über ihre Schulter, zu Colossus. Er zuckte mit den Schultern. Sie sah Hilfe suchend zu den Schülern und hob die Arme. „Danke sehr!“, hörte Scarlet Peter sagen. Der Punkt ging an ihn. Snake rümpfte die Nase und murrte. Henry lachte neben Scarlet auf. „Das ist ja was!“, freute er sich und wand sich dann an sie. „Ich sehe dir an, du findest dich mit den Regeln nicht zurecht.“ „Wie kommen sie darauf?“, fragte sie mit gehobenen Augenbrauen. „Also! Zwei Spieler, zwei Bälle, ein Korb. Die Regeln sind, dass ein jeweiliger Spieler den Ball den anderen nur mit seinem eigenen berühren darf, wenn er diesen in seinem Besitz hat. Ist dies nicht der Fall, hat er die Möglichkeit dem Gegenspieler seinen Ball wegzunehmen!“ „Leuchtet mir ein!“, warf Scarlet ein. „Wer hat sich bloß diese Regeln ausgedacht?" Henry zeigte halb lächelnd, halb grinsend auf Snake. „Und was Snake eben tat, war ein Ballabtausch!“, fügte er noch hinzu. „Sie hat ihren Ball in die Luft geworfen, um Peters zu fangen, damit er keinen Korb werfen kann. Doch das ist-“ „Total in die Hose gegangen!“, sagte Ororo und gesellte sich zu ihnen. „Ach, auch hier? Du hast was verpasst!“, meinte Henry und lächelte sie an. Viel sagend, wie Scarlet fand. Ein Raunen ging durch die Schülermenge, als Snake samt ihren Ball durch Peters Beine durchrutschte und dann mit etwas roten Wangen feststellen musste, dass sich ihre Haut von ihrem Unterarm gelöst hatte. Scarlet legte den Kopf schief, bis ihr einfiel: Snake, bedeutet Schlange. Häutungen! Selita riss ihren Hautfetzen ab und grinste ertappt. Die nächsten paar Körbe, die geworfen wurden, bekam Scarlet nur halbherzig mit. Mehr interessierte sie, wie Henry und Ororo sich ab und zu verschwitze Blicke zuwarfen. Sie begab sich in den Hintergrund, verhakte die Hände hinter dem Rücken und verließ die Halle. Diese Lautstärke, die da drinnen herrschte, war sie nicht gewöhnt. Nicht, dass es ihr in den Ohren wehtat, es war ihr einfach zu laut. Sie rüttelte an ihren Ohrmuscheln, bis es knackte und sie wieder etwas hören konnte. Aber nicht irgendetwas! Den X-Jet! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)