Boten der Götterdämmerung von abgemeldet (Der Drache) ================================================================================ Kapitel 2: Kapitel 1 -------------------- Kapitel 1 Es war heiß. Brütend heiß. Aber eigentlich sollte mich das nicht wundern. Schließlich brannte die Sonne unentwegt auf diese Insel herab, die Insel der Söldner, die nicht nur wegen der Hitze berühmt berüchtigt war. Zwar hatte ich meine dunkelgrüne Reiserobe an, die der einheimischen Kleidung recht ähnlich war, aber darunter trug ich meine Mondefeurüstung und die Stiefel. Selbst meinen Elfenmantel hatte ich anbehalten. Unnötig zu sagen, dass mir wirklich warm war, oder? Deshalb zog ich den Elfenumhang aus und stopfte ihn gereizt in meinen Reisesack. Was zuviel war, war zuviel. Und die Menschenmenge machte die Hitze auch nicht besser. Hier in der Arena waren alle dicht aneinandergepackt. Ich sah mich noch einmal genauer um. Die Arena bestand aus einem großen elliptischen Kampfplatz mit Sandboden, unter dem Falltüren versteckt waren, aus denen manchmal überraschend neue Gegner sprangen. An den schmaleren Enden des Ovals erhoben sich die großen Torbögen, aus denen die Kämpfer traten. Um die Arena herum erhoben sich die Tribünen Stufe um Stufe, immer weiter hinauf. Alles war aus goldgelbem Sandstein errichtet, der in der Sonne zu glühen schien. Einheimische in langen Gewändern saßen neben Fremden von verschiedenster Herkunft, oft erkennbar an ihren Trachten, von denen sie sich trotz der Hitze nicht trennten, so unpassend sie auch manchmal gekleidet schienen. Alle kamen, um sich die Kämpfe anzusehen. Die Einheimischen zum Vergnügen, die Fremden, um passende Kämpfer zu finden für das, was getan werden musste. Die Sonne brannte ohne Unterschied auf alle herab. Überall hing der Geruch von Schweiß und Staub in der Luft. Kam der wahrlich spärlich gesäte Wind von der Arena, trug er den rostigen Geruch des Blutes mit sich. Wie viele hatten hier schon gekämpft, um ihr Können zu beweisen? Gedankenverloren sah ich mich auf den Rängen um. Überall drängten sich die Zuschauer dicht an dicht und nur die beiden im Schatten liegenden Tribünen blieben davon verschont. Dafür wurde gesorgt, denn die Tribünen waren den reichsten und bedeutendsten Gästen vorbehalten. In der einen Tribüne saßen mehrere in Seidengewänder gehüllte Männer mit Turbanen. Einer von ihnen wurde ständig von Dienern umschwärmt und gab Anweisungen. Die andere Tribüne war bei weitem interessanter, denn sie war umringt von Elfenrittern in voller Mithrilrüstung. Obwohl die Elfen so klein waren, sahen sie in ihren Rüstungen beeindruckend genug aus, um andere von der Tribüne fernzuhalten. Mal abgesehen davon, dass man sehr mächtig, sehr mutig oder sehr dumm sein muss, um so hochgestellte Elfen anzugreifen. Ich denke, ich muss nicht erklären, was damit gemeint ist, nicht wahr? Woher sie wohl kamen... meine Gedanken schweiften zu meiner Mutter mit ihren leuchtend grünen Augen. Schon fast zwei Jahre reiste ich umher und hatte noch immer keine Spur von ihr entdeckt. Ob ich sie je finden würde? Eine Berührung an meiner Hand schreckte mich aus meinen Gedanken. Gwenyfwheyr. Sie war dem Lauf meiner Gedanken über unser Band gefolgt. Ich konnte ihre Besorgnis spüren. Sanft legte ich ihr meine Hand auf den Kopf, blickte in ihre goldenen Augen und versicherte ihr über unser Band, das alles in Ordnung war. Sie blinkte beruhigt und legte ihren Kopf wieder auf meinen Schoß. Ich fuhr fort, ihr goldenes Fell mit den schwarzen Flecken zu streicheln. Meine Tiergefährtin war wirklich ein wunderschöner Gepard. Die meisten Druiden hatten Wölfe, Vögel oder andere Tiere des Waldes als Gefährten, aber ich hatte Gwen unterwegs getroffen und seitdem waren wir ein unzertrennliches, wenn auch außergewöhnliches Paar. Hatte ich gesagt, dass die Tribünen der einzige Ort waren, an dem kein Gedränge herrschte? Das war nicht ganz richtig, denn in einem gewissen Abstand um uns beide herum herrschte Leere. Die meisten warfen Gwen immer wieder unruhige Blicke zu. Wir waren wirklich ein seltsames Gespann: eine kleine junge Halbelfe mit olivfarbener Haut und grünen Augen, die schwarzen Locken zu links zu einem Zopf gebunden, abgesehen von dem Skimitar völlig harmlos aussehend und ein Gepard, größer und muskulöser als diese Raubkatzen eigentlich waren. Viele sahen in ihr eine reißende Bestie, aber ich weiß es besser. Sicher, Gwen war ein wildes und gefährliches Tier, aber sie besaß ein fürsorgliches Wesen und aus ihren Augen strahlte Intelligenz. Ich hatte allerdings nichts dagegen, dass wir so viel Freiraum bekamen. Ich konnte Gwens Belustigung spüren und wusste, dass sie genauso dachte. Inzwischen war ein neuer Kampf angekündigt worden. „Heute werden wir etwas ganz besonderes zu sehen bekommen: Levathi, der geflügelte Wemic wird einem Athach entgegentreten...“ Dieser Ankündigung folgte eine ganze Reihe weiteres Gerede, dem ich keine Beachtung schenkte. „Diesen Kampf sehen wir uns noch an, dann gehen wir uns ein Quartier suchen.“ teilte ich Gwen mit. Wir hatten uns sofort nach unserer Ankunft umgesehen und waren in der Arena gelandet. Der Tag war zwar noch jung, aber ich wollte lieber vorsorgen. Obwohl es eigentlich keine Rolle spielte, denn ich verbrachte einen großen Teil meiner Nächte im Freien. Mein Blick wurde von Bewegungen wieder auf die Arena gelenkt. Levathi hatte sie gerade betreten. Sein Unterkörper war der eines silbernen Löwen, doch da wo bei einem Löwen der Kopf gewesen wäre, erhob sich der Oberkörper eines gut durchtrainierten Menschen. Was das anging, sah er aus, wie die meisten Wemics, doch was ihn unterschied, waren die weißen Flügel, die an den „Schultern“ des Löwenkörpers saßen. Gelangweilt schaute er sich um und ließ sich einfach, ohne den Jubel der Menge zu beachten, mitten in der Arena nieder. Dort begann er gemütlich, sein Fell zu putzen, wie eine Katze auf einem Ast. Er schien sich keine Gedanken um den bevorstehenden Kampf zu machen. Jetzt betrat sein Gegner die Arena. Der trollähnliche Athach war fast zwei Meter groß und schien in grobe Felle gekleidet zu sein. Seine drei Arme hingen einfach herunter. Mit einem davon trug er eine große Keule. Der Gestank, den er verbreitete, wehte bis zu uns herauf. Ich konnte sehen wie Levathi das Gesicht verzog, als er sich langsam erhob. Ohne weiter abzuwarten, bis sein Gegner zu ihm kam, erhob sich der Wemic mit seinen weißen Flügeln in die Lüfte. Wie aus dem Nichts zog er zwei Scherensuvayas hervor und versetzte seinem Gegner zwei gewaltige Schläge, noch bevor der Athach überhaupt reagieren konnte. Während der Athach brüllend seine Keule schwang, drehte Levathi eine elegante Runde um die Arena und näherte sich seinem Gegner erneut von vorne. Der folgende Schlagabtausch war kaum zu sehen, so schnell wurde er durchgeführt, doch das Ergebnis war offensichtlich. Der Athach sackte zusammen und stand nicht wieder auf. Tosender Jubel brandete auf und der Kommentator erging sich in Lobeshymnen, doch Levathi verließ vollkommen uninteressiert die Arena und verschwand durch den Torbogen durch den er gekommen war. Ich gab Gwen ein Signal und wir standen gemeinsam auf, um die Zuschauerränge zu verlassen. Wortlos bewegten wir uns durch die Reihen der zurückweichenden Zuschauer und verschwanden im Inneren des Baus. Die Gänge und Treppen führten in einen Hauptraum, der sich wiederum zur Stadt hin öffnete. Überall standen Stände, an denen aller möglicher Ramsch oder Lebensmittel verkauft wurden. Da bemerkte ich auf der anderen Seite der Halle einen Gang, der mir vorher nicht aufgefallen war. Meine Neugierde machte sich bemerkbar. Es war mal wieder so weit. Es gibt Zeiten (oder Situationen), da kann ich meine Neugierde einfach nicht aufhalten und muss den Dingen auf den Grund gehen. So stolpere ich immer wieder in die unmöglichsten Situationen. Man könnte fast sagen, dass Neugierde meine größte Schwäche und meine größte Stärke ist. Also folgte ich diesem Gang. Er führte tiefer unter die Oberfläche, als ich angenommen hatte. Bald stand ich vor einer großen rot lackierten Tür, über der in großen Lettern „Roter Salon“ geschrieben stand. Das machte mich nur um so neugieriger. Was mochte das wohl bedeuten? Plötzlich hörte ich hinter mir ein Geräusch. Es konnte nichts bedrohliches sein, sonst hätte Gwen mich gewarnt. Dennoch drehte ich mich vorsichtig um- und stand vor einer Wand. So schien es mir jedenfalls auf den ersten Blick. Als ich den Kopf hob, sah ich, was da wirklich vor mir stand. Er war ein über zwei Meter großer Minotaurus. Teils wirkte er wie ein großer muskelbepackter Mensch, doch seine Beine endeten in Hufen und sein Kopf war der eines Stieres mit glänzend weißen, leicht geschwungenen Hörnern. Sein Fell war schwarz wie die Nacht und er sah mich ruhig an. Ich bemerkte, dass er über seinem Lederharnisch einen Köcher mit einem Bogen trug. Das war ungewöhnlich. Minotauren waren eher dafür bekannt, mit Äxten zu kämpfen. „Gehst du raus oder rein?“ fragte er mich mit einer tiefen, brummenden Stimme. Im ersten Moment wusste ich nicht, was er meinte. Aber dann erinnerte ich mich an die Tür. Meine Antwort war mehr Instinkt als Überlegung. „Rein.“ sagte ich. Mit diesem einen Wort handelte ich mir das irrsinnigste Abenteuer meines Lebens ein... „Dann tritt ein.“ forderte der Minotaurus auf und öffnete die rote Tür. Dahinter lag ein gigantischer Raum, der mindestens so groß war wie die Arenafläche draußen. Das Dunkel des Raumes wurde erhellt von Feuern, die in regelmäßigen Abständen in großen, im Boden verankerten Schalen brannten. Am anderen Ende des Raumes fiel Licht durch ein Fenster, das in die Arena zeigte. Von dort aus konnten die Söldner den Kämpfen zusehen, ohne auf die Tribünen zu müssen. Auf der linken Seite war ein großer Schießstand aufgebaut, mit vielen Strohpuppen und Zielscheiben zum Üben. Überall im Raum erhoben sich Stimmen. Kämpfer der verschiedensten Klassen und Rassen standen beieinander und unterhielten sich, sahen einander beim Kämpfen zu oder beschäftigten sich mit Glücksspielen. Dazwischen lief eine Vielzahl livrierter Diener umher, um Botschaften zu überbringen, oder diesem oder jenem Kämpfer ein Angebot zu überbringen. Auf der anderen Seite des Raumes waren mehrere Ringe aufgebaut, in denen die Krieger probeweise gegeneinander antreten konnten. Von dort kam ein Riese von einem Mann auf uns zu (aus meiner Perspektive; er war noch ein gutes Stück kleiner als der Minotaurus). Er trug eine leichte Rüstung aus Leder und an seiner Seite hing ein breites Kurzschwert. Seine Arme und sein Gesicht waren übersät von Narben. Eine davon zog sich von seiner Glatze über das linke Auge. „Ich bin hier der Leiter der Arena und hab´ was die Krieger angeht das Kommando.“ erklärte er schroff, während er uns Neuankömmlinge begutachtete. „Und was wollt ihr hier?“ „Mein Name ist Mox von Ammarindar.“ stellte der Minotaurus sich vor. „Ich bin hier, um um Söldner zu werden.“ „Gut. Und was willst du hier, Mädel? Das ist keine Puppenstube.“ Ich weiß bis heute nicht, warum ich es tat -jeder andere hätte vielleicht behauptet, sich verlaufen zu haben- aber ich antwortete prompt: „Das gleiche wie er.“ Er musterte mich eingehend von Kopf bis Fuß und sah sich auch Gwen genau an. „Dann wirst du in der Arena beweisen müssen, was du drauf hast. Das hier ist jedenfalls kein Spielplatz für kleine Mädchen und ihre Katzen. Geht zu dem Schreiberling da hinten und tragt euch ein.“ Er blickte Mox von Ammarindar und mich noch einmal an und stapfte dann wortlos davon. Ich sah ihm kurz hinterher und folgte dann kurz entschlossen dem Minotauren, der mittlerweile an einer Art Tresen stand, hinter dem sich Regale voller Schriftrollen und Büchern türmten. Manche der Fächer waren ziemlich verstaubt und ein Regal war so morsch, dass ein Nieser es zum Einsturz hätte bringen können. Hinter dem Tresen lief ein dünner kleiner Mann umher, der ständig mit seiner Feder oder den Schriftrollen hantierte. Ich näherte mich ihm, um ihn anzusprechen. „Verzeihung.“ meinte ich höflich „ich soll mich hier einschreiben.“ Er zuckte kurz zusammen und sah mich etwas durcheinander an. „Wie? Oh, ja ja, natürlich“ antwortete er und reichte mir ein Formular. „Füllt das hier aus und wartet, bis man Euch aufruft.“ Sprachs und verschwand hinter einem der Regale. Das Formular war ein wildes Durcheinander verschiedenster Fragen. Das man Namen, Rasse, Beruf, Waffen und Magiekenntnisse angeben sollte verstand ich, aber es gab auch skurrile Fragen wie „Ist ihre Waffe mythischen Ursprungs?“ oder „Waren sie schon einmal Opfer magischer Experimente?“. Da war die Frage „Haben sie schon einmal gegen einen Drachen gekämpft?“ verständlicher. Als ich den Bogen fertig ausgefüllt hatte, kam der Schreiber zurück und warf einen Blick auf die Antworten. „Ah, ihr seid also eine Druidin. Dann ist das wohl Euer Tiergefährte? Nettes Kätzchen.“ Gwen fauchte ihn an. Sie hasst es, so genannt zu werden. Der Schreiber wich bleich zurück, während ich mir keine Mühe gab, mir das Grinsen zu verkneifen. „Ein nettes Kätzchen bin ich also, ja? Soll das nette Kätzchen mal zeigen, wie scharf seine Krallen sind?“ zischte Gwen ihn an. Ja, sie kann sprechen. Sie ist so klug wie ein Mensch (oft sogar weiser) und sie kann sprechen. Sie verdankt diese Fähigkeit einem bestimmten Zauber, den wir Druiden beherrschen. Es gibt nicht viele Druiden, die den Zauber des Erwachens benutzen, aber ich habe es getan. „Man w-wird Euch dann aufrufen, wenn es soweit ist.“ stotterte er und zog sich zurück. Ich kraulte Gwen kurz hinter den Ohren und machte mich auf die Suche nach einer leeren Bank, die ich auch bald fand. Dort setzte Gwen sich wie immer neben mich und legte ihren Kopf auf meinen Schoß, während ich mir das Treiben im Roten Salon ansah und meine Gedanken schweifen ließ. Noch immer übten viele Söldner den Kampf, reinigten ihre Waffen oder erzählten sich Geschichten von ihren Erlebnissen. Es waren aber auch ein paar darunter, die teils heftig aussehende Wunden versorgten. „Wenigstens wissen wir jetzt warum es „Roter Salon“ heißt.“ murmelte ich leise. Gwen schnurrte nur leise zur Antwort. Dabei hatte ich damit gerechnet, dass sie die Gelegenheit nutzen würde, um mich für verrückt zu erklären. Bald entdeckte ich auch den geflügelten Wemik, der vorhin in der Arena gekämpft hatte. Er war gerade dabei, sein Fell zu säubern. Dabei erinnerte er stark an Gwen und so ziemlich jede Katze. Mit der Zunge leckte er über sein Fell und räkelte sich wie eine Katze, die gerade einen Teller voller Milch bekommen hat. Erst jetzt bemerkte ich, dass auf einer Art Vorsprung direkt neben ihm eine Elfe saß. Sie war sehr zierlich, kleiner noch als ich, mit nachtschwarzen Haaren und Haut weiß wie Porzellan. In ihren feinen Kleidern wirkte sie grazil und zerbrechlich und an diesem Ort irgendwie fehl am Platz. Sie war unzweifelhaft eine Hochelfe. Was machte wohl ausgerechnet eine Hochelfe hier? Das machte mich neugierig. Die Elfen, die ich kannte waren alle Waldelfen oder der eine oder andere Wildelf. Beide hielten nicht besonders viel von den Hochelfen. Sie sagten, Hochelfen seien notorisch hochmütig und trügen die Nasen so hoch, dass sie nicht mehr sähen, was sich auf der Erde zutrage. Ich wäre zu gerne zu ihr gegangen, um mir ein eigenes Urteil über die Hochelfen zu bilden, aber da machte ich mir keine Illusionen. Halbelfen werden von den meisten Elfen zwar toleriert, aber nicht wirklich gemocht. Also ließ ich es bleiben. Seufzend wandte ich den Blick ab. Am Schießstand entdeckte ich Mox, der gerade dabei war, sein Talent mit dem Bogen unter Beweis zu stellen. Er schoß aus größtmöglicher Entfernung auf die Ziele und traf jedes Mal genau die Mitte der Zielscheibe, oder besser gesagt, seine Pfeile durchschlugen die Mitte der Scheiben, die dann in Stücken zu Boden fielen. Die Pfeile selbst steckten tief in der Wand hinter der Scheibe. Nach drei Schüssen wandte Mox sich brummend ab, ließ sich auf einer Bank nieder und begann, seine Axt zu schärfen. In diesem Moment fiel ein Schatten auf mich. Es war der Arenaleiter. „In zehn Minuten bist du dran, Mädel. Wenn draußen der Gong schlägt, gehst du die Rampe rauf und durch die Tür in die Arena.“ Er zeigte auf eine Rampe neben dem Fenster, genau gegenüber der Eingangstür. „Dann kämpfst du. Und strengdich an, die Leute wollen was sehen. Noch Fragen?“ „Wer wird mein Gegner sein?“ „Das wirst du dann schon sehen.“ lachte er und ging. Gwen hob langsam mit der ihr eigenen Eleganz den Kopf. „Bist du sicher, dass du das tun willst?“ „Was, kämpfen? Du weißt, dass das kein Problem sein wird.“ „Unter anderem kämpfen...“ „Du meinst, weil ich eigentlich loszog, um alles über die Natur zu lernen? Das werde ich ja trotzdem. Und abgesehen davon, dass wir uns so oder so irgendwie Gold verdienen müssen, ob es mir passt oder nicht, habe ich das Gefühl, dass das hier richtig ist. Ich glaube, ich muss hier sein. Nenn es Instinkt, wenn du willst.“ „Dem kann ich nichts entgegensetzen.“ „Was für ein Schaden soll auch daraus entstehen?“ Gwen schnaubte daraufhin nur, statt zu antworten. Als ich mich erneut umsah, verließen Mox, der Wemic und die Hochelfe gerade in Begleitung eines Menschen den Salon. Nach einer Weile ertönte der Gong. „Na dann...“ sagte ich leichthin und ging auf die Rampe zu. Gwen folgte mir still. Bald durchschritt ich die Tür in die Arena. Das Licht draußen blendete. Ich war noch das Halbdunkel des Roten Salons gewohnt. Nachdem ich nach ein paar Sekunden wieder richtig sehen konnte, trat ich gemeinsam mit Gwen hinaus in die Arena. Von hier aus wirkte alles anders. Man sah nicht die einzelnen Zuschauer, sondern nur die Menge, die sich auf den meterhohen Tribünen bewegte. Mich zu meiner Freundin drehend, sagte ich: „Ich glaube, das hier mache ich allein, wenn es dir recht ist, nur zuzusehen. Oder willst du auch kämpfen?“ „Ich hab dich schon länger nicht mehr kämpfen sehen. Du brauchst Übung.“ erklärte sie und legte sich entspannt neben mir hin. Das tat sie oft: Fragen, die sie für unwichtig hielt ignorieren und eine ironische Bemerkung machen. Aber das war eines der Dinge, die ich so an ihr liebte. Ich konnte nicht anders als lachen.Von oben ertönte die Stimme des Kommentators, der alles beschreiben und maßlos übertreiben würde, wie er es bei den anderen Kämpfen getan hatte. „Der nächste Kampf wird einer der außergewöhnlichsten Kämpfe der Saison, so außergewöhnlich wie die Kämpferin, die hier vor uns steht: Thalanee Holimion, Druidin aus den westlichen Wäldern, eine magisch begabte Kriegerin der Natur!“ Er wurde mit jeder Übertreibung schlimmer. Gwen fand es lustig, ich allerdings gar nicht. Fast überkam mich der Wunsch, vor Scham im Erdboden zu versinken. Wie ich so was hasste! „Und hier ist ihr Gegner! Der härteste Brocken, den die Arena zu bieten hat: Grolm, die steinerne Riesenechse, die ihre Gegner zermalmt!“ Das Tor gegenüber öffnete sich und heraus trat eines der größten Wesen, die ich bisher gesehen hatte. Es war mindestens drei Meter hoch und fünf Meter lang. Auf den ersten Blick sah es aus wie ein Haufen Steine. Bei näherem Hinsehen erkannte ich, dass dieses Wesen so etwas war wie eine riesige Echse, deren ganze Haut, egal ob an den Beinen am Kopf oder am Rücken, aus Stein war. Mit meinem Skimitar allein konnte ich unmöglich gewinnen. Er war zwar scharf, aber so scharf auch wieder nicht. Aber ich hatte mir ja sowieso ein paar Überraschungen zurecht gelegt. Es sollte ja schließlich eine Show sein. Während das Wesen langsam immer näher kam und anfing, zu grollen, blieb ich einfach ruhig stehen. Meinen Skimitar ließ ich in der Scheide. Den würde ich nicht brauchen. Der Kommentator hatte wieder angefangen, zu reden, doch ich blendete seinen nervenden Wortschwall aus. Langsam hob ich die Hände und presste die Handflächen aufeinander. Zeit, die neuen Zauber auszuprobieren. Leise den Zauberspruch murmelnd hob ich die Hände und ließ der Magie ihren Lauf. Innerhalb von Sekunden begann der Himmel sich zu verdunkeln. Schatten fielen auf die gesamte Arena mit ihren Tribünen, über der sich ein Kreis aus Wolken bildete, der anfing, rot zu glühen. Mit einem Mal durchschlug ein riesiger Komet die Wolkendecke und fiel meinem Fingerzeig folgend direkt auf meinen Gegner herab. Der Krach war ohrenbetäubend und der Einschlag wirbelte so viel Staub auf, dass für einen Moment nichts mehr zu sehen war. Erst als der sich gelegt hatte, sah ich meinen Gegner wieder, begraben unter einem großen Haufen zerbrochenen Himmelsgesteins. In der Arena herrschte Stille. Aber nur für kurze Zeit, denn die Echse grub sich langsam aus dem Schutthaufen heraus und kam brüllend auf mich zu. Hatte er denn noch nicht genug? Ich wusste, mein Komet war nicht stark genug, ihn zu töten, darauf hatte ich geachtet, denn ich töte nicht, wenn es sich vermeiden lässt. Vor allem, wenn mein Gegenüber mir nicht wirklich böses will. Aber ich hatte gehofft, dass er KO wäre, das hätte beeindruckender gewirkt. Aber man konnte nicht alles haben. Seine Verletzungen hatten das Wesen erzürnt: trotz seiner Steinhaut hatte es sich Prellungen und Schnittwunden eingehandelt, vielleicht auch einen Bruch. Jetzt musste ich mir was einfallen lassen, wenn ich nicht gezwungen sein wollte, es zu töten. Erneut konzentrierte ich mich auf meine Magie. „Lass mich dir ein wenig Kühlung für deine Wunden verschaffen!“ rief ich laut und erhob die rechte Hand. Der Zauber, den ich dieses Mal wirkte, war von ganz anderer Art. Die Luft begann, sich zu bewegen und schnell wurde es merklich kälter. In der Luft um meinen Gegner bildeten sich Frost und Eis und nur eine Sekunde später war er fest von Eis eingeschlossen, unfähig sich zu bewegen. Noch immer regte sich der Kommentator nicht. Er brauchte wohl einen kleinen Schubs, um den Kampf zu beenden. Die Hand wieder senkend bewegte ich mich gemütlich auf die Eisfigur zu und zog im Gehen den Skimitar. Vor dem Block hielt ich den Skimitar an die ungeschützte Kehle des Wesens und wartete. Als der Jubel aufbrandete, schien der Kommentator seine Stimme wiedergefunden zu haben. „Ein eindeutiger Sieg für die Dame in grün! Doch wir möchten die Siegerin bitten, ihren Gegner zu verschonen. Wir brauchen ihn noch.“ Keine Übertreibungen. Ich war angenehm überrascht. Wortlos steckte ich meinen Skimitar wieder ein und wandte mich zur Tür um. Alles hatte wunderbar funktioniert: die Show war eindrucksvoll (einigermaßen), ich hatte gewonnen und meinen Gegenspieler nicht töten müssen. Besser hätte es fast nicht laufen können. Gwen sah mir meine gute Laune an und ließ es sich nicht nehmen eine ironische Bemerkung zu machen: „Na, das war mal ein schwerer Brocken, Thalanee. Mit dem bist du grad noch fertig geworden was?“ In diesem Moment konnte ich nicht anders, ich kniete mich vor sie und umarmte sie lächelnd. „Ich hab dich auch lieb, Gwen!“ Sie schnurrte zur Antwort und sprang glücklich um mich herum, als wir gemeinsam in den Roten Salon zurückkehrten. „Scheinst hier doch richtig zu sein, Mädel.“ begrüßte mich der Arenaleiter und ging gleich wieder seiner Wege. Ich kümmerte mich nicht weiter um das ganze Drumherum und setzte mich wieder auf die Bank, auf der ich vorher schon gewartet hatte. Eine Weile saß ich einfach nur da. „Da kommt einer.“ flüsterte Gwen mir zu. Der Mensch, der sich uns näherte, war eindeutig kein Diener oder Bote, daran ließen seine kostbaren bodenlangen Seidengewänder keinen Zweifel. Sowohl das Gewand als auch die Robe, die er darüber trug, waren reich bestickt und auch der Turban war aus feinem Stoff. Er war relativ groß, mit braun gebrannter Haut und einem gepflegten Äußeren. Ich erkannte in ihm den Mann, den ich auf einer der Tribünen gesehen hatte, als er von Dienern umschwärmt worden war. „Seid gegrüßt, Thalanee Holimion! Darf ich Euch kurz stören?“ Was würde es schaden, ihn anzuhören? „ Mein Name ist Hassan Al Abban, ich bin der Wesir des Reiches Crotoa. Mein Auftrag ist es, Helden zu finden, die einen Feind unseres Reiches für uns besiegen. Eben sah ich Euch in der Arena kämpfen und ich glaube, dass Ihr zu denen gehört, die sich für diese Aufgabe eignen.“ Das machte mich doch neugierig, auch, wenn ich nicht wusste, was ich von diesem Wesir halten sollte. „Um was für einen Gegner handelt es sich denn?“ fragte ich daher vorsichtig. „Es ist ein Drache, der sich im Norden unseres geschätzten Landes breit gemacht hat. Seit langer Zeit terrorisiert dieser Drache schon die Umgegend und unterdrückt die Wüstenstämme. Auch die Handelsstraße nach Norden ist nun versperrt.“ „Ich nehme an, es wurden schon Versuche unternommen, den Drachen zu vertreiben?“ „In der Tat, doch auch unseren Besten gelang es nicht sich dem Drachen zu nähern. Ich muss auch zugeben, dass schon eine andere Gruppe von mutigen Abenteurern auszog, um sich dem Drachen zu stellen, doch sie starben, da sie nicht stark genug waren. Aus diesem Grunde bin ich hier. Ich habe auch schon zwei andere Abenteurer, die willens sind, den Auftrag anzunehmen.“ „Wer sind sie?“ Das war etwas, das ich wissen wollte, bevor ich zustimmen würde. „Ich denke, Ihr kennt sie, wenn auch nur dem Namen nach. Der eine ist der geflügelte Wemic Levathi, der andere der Minotaurus Mox von Ammarindar.“ Wenn das mal kein Zufall war... Der Wesir sah mich an. Er spürte wohl, dass ich kurz davor war, anzunehmen. „Vielleicht sollte ich noch sagen, dass eine angemessene Belohnung wartet. Der Drache hat einen großen Hort angelegt, der mit Ausnahme einiger wichtiger Erbstücke des Herrscherhauses den Drachentötern gehören soll.“ „Der Drache lebt nördlich der Wüste, sagt ihr?“ Was kümmerte mich der Drachenhort. Mit Gold konnte ich nichts anfangen, aber in diesem Teil der Welt war ich noch nicht gewesen. Vielleicht würde ich sogar Hinweise auf den Verbleib meiner Mutter finden, obwohl das eher unwahrscheinlich war. „Ja. Er lebt in einer großen Höhle mitten in einem Berg.“ Er schien verwundert, dass ich nicht näher auf den Hort des Drachen einging. Ich hatte mich schon entschieden. Ich hatte keine Ahnung, wohin diese Entscheidung mich führen würde, aber ich antwortete trotzdem: „Ich nehme an.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)