Just friends von Feuerlotus (Seltsame Wege geht die Liebe) ================================================================================ Kapitel 2: Stadtbummel ---------------------- 2. Kapitel: Stadtbummel Die Gitarre rauscht mir in den Ohren. Kann einfach nicht aufhören zu spielen. Warum bin ich so sauer? Was war das nur vorhin? Versuche mich besser auf den Takt meines Liedes zu konzentrieren. Aber immer wieder weichen meine Gedanken ab. Was hatte Gina damit gemeint, mir würde die Freundschaft viel bedeuten? Mein Gott hat sie gemerkt wie schön ich’s fand als sie sich an mich gelehnt hat? Warum eigentlich? Sie hat mich doch nur ein bisschen unterstützen wollen. Diese blauen Augen genau vor meinen. Mein. Gott! Was. Ist. Nur. Los. Mit. Dir. Vera? “VERA! HEY! VERAAA!” meine Mutter zieht den Stecker des Gitarren-Verstärkers. “Bist du bekloppt!? Wir haben schon halb neun und du machst hier so’n Krach! Lass den Blödsinn!” Langsam schaue ich hoch. “Ja, ja”, murmel ich vor mich hin. Klapp! die Tür zu. Ich lasse mich zurückfallen. Das Gewicht meiner Gitarre auf meinen Bauch. Den einen Arm unter meinem Kopf, der andere spielt an den Gitarrensaiten rum. Gina… Pip piep! Pi piep! Hä der Wecker, wir haben doch Wochenende? Hm. Oh, mein Handy! Ich krame unter meinem Kissen rum. Ah, da ist es ja! “Hallo?” “Vera? Wo bleibst du denn? Der Zug kommt in 10 Minuten.” “WAS!”, ein kurzer Blick auf meinen Wecker. “Scheiße! Total verpennt! Ich komme!” “Schaffst du das denn noch?” “Keine Ahnung… wenn ich noch nicht da bin steigt noch nicht ein, ja?” “Ist gut…” Tuut, tuut. Ich springe auf. Wühle in meinem Schrank und habe mich in Rekordzeit umgezogen. Ein kurzer Blick auf die Uhr. Zähneputzen muss ausfallen. Zieh mir die Chucks über. Schnürsenkel müssen offen bleiben. Haste aus der Tür. Halt! Meine Jacke! Noch mal an die Garderobe. Wieder aus der Tür raus. Schmeiße sie hinter mir zu während ich mir im laufen die Jacke anziehe. Völlig außer Atem komme ich am Bahngleis an. Gina und Nina winken mich ran. Sie machen die Zugtür noch mal auf und steigen ein. Ein Sprung und ich bin im Zug. Ich komme auf den Boden auf und muss eine Ausfallschritt machen um nicht umzufallen. Krach! “Au!” Dank meiner offenen Schnürsenkel doch noch der Länge nach aufgeschlagen. Rechts und links von mir zwei weitere Paar Chucks. Ich stemme mich hoch und schaue in die lachenden Gesichter von Gina und Nina. Ich fahre die Lippen mit meiner Zunge nach. “Wenigstens bin ich noch rechtzeitig!” Jetzt prusten die beiden erst richtig los. Schmollend stecke ich mir die Kopfhörer meines Mp3-Players in die Ohren. Ich sehe die beiden noch ein paar Witze über mein Missgeschick reißen. Komisch. Irgendwie kann ich gar nicht richtig böse sein. Stimme schließlich in das Gelächter ein. Nehme wieder einen Stöpsel aus meinem Ohr und alles ist vergeben. Dank meiner Abhetzterei kommen wir sogar noch pünktlich zum Film. Gina sitzt in der Mitte und hält das Popkorn, Nina links und ich Rechts. Gespannt schauen wir auf den Film, Rush Hour 3. Immer wieder stoßen meine und Ginas Hände aneinander. Beim sechsten oder siebten Mal grinsen wir uns von der Seite an. So schönes Lächeln. Mein lächeln verschwindet blitzartig und ich schaue wieder auf die Leimwand. Sehe aber nichts. Sag mal was ist los mit mir? Sie lächelt so schön? Pah! Gedankenverloren stopfe ich weiter Popkorn in meinen Mund. Alle lachen. Worüber? Ach, genau der Film! Wieder stoßen unsere Hände zusammen. Mein Atem geht flacher. Schaue Gina wieder von der Seite an. Sie guckt zu mir rüber und zieht eine Augenbraue hoch. Ich mache eine Wegwerfende Handbewegung. Schon gut. Den Rest des Filmes kriege ich nur noch halb mit. Ich glaub den muss ich mir noch mal ansehen. Wir gehen eingehakt über den Marktplatz. “… und wie der immer wieder das Seil losgelassen hat!” “Jaah, und das Mädel hat dann immer so komisch geguckt!” Lachen. Keine Ahnung was damit gemeint war. Ich lache trotzdem mit. Ob es mitlerweile echt klingt? Habe schließlich langsam übung darin zu lachen wenn mir gar nicht danach ist... Muss ja nicht immer jeder gleich wissen was in mir vorgeht. “Hey, gehen wir noch zum McDonald? Ich hab Hunger.” “Dir kann das fettige Zeug ja nichts anhaben Vera”, sagt Gina und guckt an sich runter. “Ha, aber dir oder wie? Du bist doch nicht dick!” “Ich bin auch für McDonald, du bist überstimmt Gina!” Also ziehen Nina und ich Gina hinter uns her, an die kleine Theke. Mampfend quatschen die beiden noch was über den Film. Ich mustere Gina. Was regt die sich denn auf? Wo soll die denn Fett sein? Ist doch ne schöne Figur. Flacher Bauch, schöne Beine, passende Brüste. “Hey, Vera?” “Hm-hm” “Von was träumst du denn?” “Hey, Nina von WEM wäre wohl eher die richtige Frage!” Beide grinsen mich wieder an. “Was ist denn jetzt?”, setzte ich an. “Ha! Siehst du ich hab richtig gelegen!” “Wer ist denn der Glückliche?” “Verrat ich nicht!”, grinse zurück. “Ne, mal im ernst, was war?” “Gina wollte nur wissen ob wir noch in den Clockhouse gehen.” “Meinst du im ernst das die noch was haben, was Gina noch nicht hat?” Als wenn die nen Clockhouse bräuchte um in ihren Klamotten gut auszusehen, der steht doch alles! “Hey! So viele Klamotten hab ich nun auch wieder nicht. Aber ich hab gehört die hätten neue Krawatten da, und auf die stehst DU doch so!” “Ja, ist ja gut. Kein Problem, gehen wir halt in den Clockhouse.” “Guck mal, wie gefällt dir das?” “Och, Nina du weißt doch das ich kein Rosa mag!”, murmel ich vor mich hin. “Pink ist doch gar nicht soo anders!” “Ja, aber trotzdem cooler!” “Hey, ihr Zwei, dann einigt euch doch auf ne andere Farbe. Was ist mit dem Türkisen da?” “Schon besser!” “Ach komm. Das Rosane ist schöner!” “Nimm doch das Rote”, schlage ich vor. “Hm. Ich glaub ich nehm beide!” “Tss. Dann eben so.” “Du scheinst es ja nicht mehr nötig zu haben dich schön zu machen!”, plappert Nina. “Was? Wieso?” “Sonst hättest du doch nicht so verträumt geguckt, vorhin!” “Ach komm schon. Da ist nichts.” “Vera, steh doch zu deinem Freund!”, grinst Gina von der Seite, beladen mit Tops und Röcken. Ich probiere vor dem Spiegel die nächste Krawatte aus. Ich seufze. “Da ist wirklich keiner, Leute. Wenn’s soweit ist sag ich euch als erstes bescheid, versprochen!” “Sehen wir ja dann.” Gina legt mir von hinten eine andere Krawatte um. “Die sieht viel besser bei dir aus!” “Meinst du?” “Ja. Oder hat der Karofreak plötzlich was gegen Sternchen?” “Karofreak?” “Jaah, guck dich doch mal an.” Ich schaue an mir Runter. Karierte Stulpen. Karierte Krawatte. Schottenrock. Chucks mit Karomuster. Auf meinen Füßen bleibt mein Blick kurz stehen. Ich kriege leicht rote Wangen. “Na und?” Ich blicke wieder hoch und sehe neben meinem Gesicht direkt das von Gina, die schon wieder losprustet. Bis grade hatte ich gar nicht gemerkt wie nah sie mir war. Ich werde noch roter im Gesicht. Als Gina sich endlich wieder eingekriegt hat schlurfen wir zur Kasse. Gina mit fünf Tops, einem Rock und zwei Haarreifen. Nina ein T-Shirt und zwei paar Ohrringe und ebenfalls ein Top. Und ich schlurfe am Schluss. Nur mit der Sternchen-Krawatte in der Hand. “Sag mal. Warum kauft ihr euch im Winter eigentlich Tops?” “Weil die da halt billiger sind!”, meint Nina. “Außerdem könnten die im Sommer ja schon aus dem Programm genommen sein”, ergänzt Gina. “Aber euch gefällt nach einem halben Jahr doch gar nicht mehr was ihr da gekauft habt. Und dann schmeißt ihr es wieder weg und hattet es vielleicht gar nicht an!” Irgendwie geht es mir nicht in den Kopf wie manche so verschwenderisch mit ihren Klamotten umgehen können. “Das, Vera, ist das Privileg der Frauen!”, erklärt Gina während ihre Sachen über den Scanner gezogen werden. “Was? Huch ist das ein tolles T-Shirt. Einmal getragen und dann, Mensch dieser alte Fetzten! Wie kann man so was nur tragen? Tss.” “Ach komm schon. Gönn uns doch mal was, du Geizkragen.” “Wahrscheinlich färben die Schottenmuster ab”, mischt sich Nina ein. Ich ziehe eine Schnute, bin ich wirklich so schlimm? “Ach was. Naja solange ihr nicht MEIN Geld verprasst.” “Nö, keine Sorge. Nur Papis!” Wieder wird gelacht. Arme Papis, ja ja. Im Zug, auf dem Rückweg sitzen wir in einem Vierer. Gina hat ihren Kopf gegen meine Schulter gelehnt. Lächelnd schaue ich zu wie ihre Augen immer kleiner werden. Mit klopfenden Herzen streiche ich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. “Wenn das so weitergeht, bist du gleich eingeschlafen”, sage ich um sie ein bisschen Aufzuziehen. Sie behauptet immer von sich, dass sie während einer Fahrt, ob mit Bus, Zug oder Auto, nicht schlafen kann. “Hm! Ach quatsch!”, dann plötzlich wieder wach geworden: “Apropos schlafen! Ich wollte euch schon die ganze Zeit fragen ob ihr nicht heute Nacht bei mir pennen wollt. Schlafzeug haben wir ja da!” “Wenn ich ne Dusche krieg gerne. Ich hatte ja heute keine Zeit, ich musste ja zum Zug sprinten!” Die beiden lassen ein kurzes Kichern hören. Gina setzt sich wieder richtig auf und ich vermisse das Gewicht an meiner Schulter. “Das war aber auch zu komisch, wie du dann auch noch auf die Fr…” “Ja, Nina. Erinnere mich nicht dran. Sonst tut’s wieder weh!” “Aber immerhin warst du anschließend wach, oder?” “Jedenfalls wacher als vorher. Ich ruf mal eben meine Mom an. Wenn die mitkriegt das ich ohne was zu sagen bei dir penne, kriegt die wieder einen Anfall.” “Ist gut. Und du Nina. Willst du nicht auch anrufen?” “Oh, klar! Ähm, kann ich dein Handy benutzen? Meine Karte ist leer.” “Gut, wer schläft mit im Bett und wer geht auf die Couch?”, fragt Gina. “Ich geh auf das Sofa, da hab ich wenigstens Platz um mich langzumachen!”, ergreift Nina sofort das Wort. “Meinetwegen. Äh, hast du einen Schlafanzug für mich? Dann könnte ich nämlich schon mal duschen gehen.” Gina schlurft zum Schrank. “Hm, der müsste dir eigentlich passen. Mach aber nicht zu lange, ich will auch noch ins Bad.” “Kein Problem. Bin gleich wieder da!” Ich schlüpfe durch die Tür im Badezimmer und schließe sie hinter mir. Kein Schlüssel? Seit wann das denn? Naja auch egal. Ich drehe die Dusche an. Eine ganze Nacht in Ginas direkter Nähe! Ich gehe unter die Dusche. Das Wasser läuft meinen Rücken und Bauch runter. Ich schließe die Augen, während ich das Shampoo auf meinem Kopf verteile. Ich habe schon ewig nicht mehr mit Gina in einem Bett geschlafen. Das letzte Mal, war an Ninas 13. Geburtstag. Fand ich es damals auch so schön? Ich freue mich richtig darauf, dabei pennen wir doch einfach nur. Ich reibe mich gründlich mit Duschgel ein. Nichts könnte peinlicher sein, als gleich auch noch unangenehm zu riechen. Gina hat immer so einen angenehmen Geruch nach Blüten. Wann ist mir das eigentlich aufgefallen? Vorhin im Zug, als sie an meiner Schulter lehnte? Ich drehe das Wasser aus und trockne mich gründlich ab, schlüpfe anschließend in den Schlafanzug. Er ist mir etwas zu groß. Er riecht angenehm nach Waschpulver und nach… Ja, was? Gina. Eindeutig dieser Blütengeruch. “Das Bad ist wieder frei”, sage ich während ich Ginas Zimmer betrete. Ich setze mich zu ihr auf das Bett. “Gut. In fünf Minuten bin ich wieder da!” Die Quatscherei wurde immer weniger, und Ninas Atem immer ruhiger, während meiner immer flacher geht. Ich liege auf der Seite und Ginas Stirn ruht an meinen Schulterblättern. Ich glaube sie ist auch eingeschlafen. Ich höre sie seufzen, dann rückt sie im Schlaf etwas näher. Mein Herz pocht so laut das ich glaube sie müsste gleich davon aufwachen. Jetzt spüre ich ihre Zehen an meinen Waden und ihr Duft steigt wieder in meine Nase. Ich schließe die Augen und versuch mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Habe ich langsam das Geld für eine neue Gitarre zusammen? Nach dem heutigen Tag wohl eher nicht. Ich hab schon wieder viel zu viel ausgegeben. Soll ich morgen die Sternchenkrawatte anziehen. Gina fand sie doch so toll. Was würde ich dafür geben, einmal in ihren Kopf zu schauen. Vielleicht kann sie mich ja gar nicht so gut leiden wie sie immer behauptet… Ach quatsch! Wieso sollte sie mich nicht leiden können? Sie hat meine Freundschaft mit Kah gerettet und außerdem übernachten wir im gleichen Bett! Jemand der einen nicht leiden kann, schläft nie mit ihm in einen Bett! Der Körper hinter mir schien völlig entspannt zu sein. Natürlich vertraut sie mir! Sonst wäre sie nicht so schnell eingeschlafen. Was mache ich eigentlich hier? Das ist doch nur eine Übernachtung wie jede andere auch. Da kann der Atem in meinem Nacken auch nichts dran ändern. Plötzlich laufe ich rot an. So nah waren wir uns ewig nicht mehr! Damals kannten wir uns ja noch nicht mal so wirklich. Sie war erst seit gut zwei Wochen in unserer Klasse, vorher hatte ich sie nur schon mal bei Nina gesehen. Das rattern wird weniger in meinem Kopf. Verstanden haben wir uns aber von Anfang an. Während mein Kopf immer schwerer wird erinnere ich mich mehr an unsere erste Begegnung. Zwei Teenager die sich schon für erwachsene Frauen hielten. Was wir alles für scheiß angestellt haben! Schließlich dämmere ich doch weg. Träume wieder von der ersten Zeit als sie in unsere Klasse kam. Damals strahlten ihre Augen einen kristallblauen Blitz aus, der jeden warnte mit ihr Späße zu treiben. Kaum eine Woche später war sie ein volles Mitglied unserer Clique. Wir haben alle möglichen Cafés probiert und schließlich unser Lieblingscafé gefunden. Als erwachsene Frau geht man in Anständige Cafés, auch wenn wir den Geschmack eines richtigen Kaffees noch nicht ausstehen konnten. Gina und ich sitzen im Café und warten auf irgendjemanden. Die Zeit zieht sich hin und ich lege meine Hand auf ihre. Sie blickt mich an und ich beuge mich langsam vor. Ich schließe meine Augen. Ich fahre langsam mit meinen Fingern ihren Arm hoch. Ich komme ihren Gesicht mit meinem immer näher und dann öffne ich leicht meine Lippen… Halt! Das haben wir doch nie gemacht! Ein Zischen entfährt meinen Lungen. Was hatte ich in dem Traum gemacht? Was war passiert? Ich bin doch davon Aufgewacht. Ich kämpfe noch einen Moment mit meiner Müdigkeit. Ich will doch wissen was ich da für einen Blödsinn geträumt habe! Dann übermannt mich der Schlaf doch. Und diesmal ist es ein ruhiger, traumloser schlaf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)