Digimon Alpha Generation von Alaiya (Sieben Jahre nach Tamers) ================================================================================ Episode 32: Die bittere Wahrheit -------------------------------- Ausbildung ist stressig, aber ich habe es endlich einmal geschafft, ein neues Kapitel zu produzieren ^-^ Nicht viel Kampf, nicht viel Action, aber viel Charakterentwicklung - ich hoffe es gefällt euch! ★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★ Episode 32: Die bittere Wahrheit „Card Scan!“ Das Digivice leuchtete auf, während Denrei die Karte unter dem Scanner durchzog. „Attack PlugIn A!“ Coredramon legte den Kopf zurück und in seiner Kehle bildete sich ein heißer, blauer Feuerball, ehe ein Inferno auf das Metal Empire Digimon, das ihnen im abendlichen Zwielicht des Parks gegenüberstand, niederging. Sie hatten das Sealsdramon bereits zu Boden gekämpft und der Flammenatem Coredramons es nun vollkommen auslöschte. „Super!“, jubelte Denrei und stieß triumphierend mit der Faust in die Luft, während um sie herum die Straßenlampen bereits brannten und der Himmel nur noch im Westen einen leichten Rotviolettton hatte. Denrei sah auf sein Handy. Es war beinahe acht Uhr am Abend. Er seufzte. Eigentlich hätte er wieder in der Abendschule sein müssen, denn es war Dienstag, doch nachdem sie Sealsdramon durch den Park verfolgt hatten, hatte er diese verpasst. Ihm war es egal, doch nun wurde ihm klar, dass er sich beeilen sollte nach Hause zu kommen, bevor sein Vater kam. Immerhin wusste er nicht, ob sein Abendschullehrer Goshoyama anrufen würde, wie er es in den letzten eineinhalb Monaten schon zwei Mal getan hatte, da Denrei in dieser Zeit tatsächlich nur einmal zur Abendschule gegangen war. Er wollte keinen unnötigen Ärger mit seinem Vater, der im Moment noch auf der Arbeit war und wohl erst gegen neun nach Hause kam. Also blieb ihm noch genug Zeit den Anrufsbeantworter zu bereinigen. „Coredramon“, rief er zu dem großen Digimon hinauf. „Es tut mir leid, ich muss gehen.“ „Aber…“ Das Digimon versuchte sich klein zu machen, war es so groß auch nicht gerade unauffällig. „Es tut mir wirklich leid“, meinte der Junge. „Aber ich will nicht mehr Ärger als Nötig mit meinem Vater haben. Ich will nicht, dass er dich mir wegnimmt…“ „Den…“, murmelte das Digimon traurig, was irgendwo albern wirkte, da es beinahe fünf Meter hoch war. „Wir sehen uns morgen schon wieder“, erwiderte Denrei und lächelte. „Ich bringe dir dann auch Hamburger mit.“ „Ich mag Hamburger!“, freute sich das Digimon, woraufhin der Junge nickte und eine Hand auf das Knie des großen blauen Drachen legte. „Ich weiß.“ Damit wandte er sich ab und lief ein Stück davon, auch wenn er wusste, dass es seinem Partner nicht gefiel. Auch ihm war irgendwie nicht wohl dabei, das große Adultdigimon allein zu lassen. „Bitte, versteck dich!“ „Ja, werde ich“, antwortete Coredramon und senkte den Kopf. Dann rannte der Junge auch schon davon, um vor seinem Vater zuhause zu sein. Im Moment vertrug er sich relativ gut mit ihm und hatte demnach mehr Freiheiten als zuvor, die er nicht unbedingt riskieren wollte. Während Denrei nach Hause lief, machte Coredramon sich ebenfalls auf den Weg zu seinen vermeidlichen Zuhause, der Hütte, in der einst Guilmon gelebt hatte, um sich zu verstecken. Das andere Reptiliendigimon, das seit seiner Rückkehr in die reale Welt auch einige Nächte in der Hütte verbracht hatte, um Coronamon, Lunamon und Dracomon Gesellschaft zu leisten und zu spielen, was es obwohl es schon sehr lange in der realen Welt war offenbar sehr gerne tat. Allgemein schien es schwer zu unterscheiden, welches Digimon nun kindlicher war, denn Dracomon und Guilmon ähnelten sich in vielen Punkten und auch die Zwillinge machten ihnen Konkurrenz. „Man, wie siehst du denn aus?“, meinte Impmon, als Coredramon sich ins Gras neben der Hütte niederließ um dort darauf zu warten, dass es zurück zu Dracomon digitieren konnte. „Ziemlich trübe“, stimmte Coronamon zu. „Willst du mit mir spielen, Culu?“, fragte Culumon und landete auf dem Kopf des Drachendigimon, das jedoch nur müde seufzte. Daraufhin sprang Impmon vom dem Betonhäuschen und lief auf das Drachendigimon zu. „Hey, du Häuflein Elend, du wurdest was gefragt!“ Dabei spielte es mit einer Flamme, die es zwischen seinen Fingern hin- und herspringen ließ. „Habe keine Lust zu spielen“, erwiderte Coredramon. „Denrei musste schnell gehen… Und hat mich wieder allein gelassen.“ „Culu…“ Das weiße Digimon auf seinem Kopf zog seine Ohren ein, da die traurige Stimmung seines recht neuen Freundes es scheinbar selbst traurig machte. Nun mischte sich auch das letzte anwesende Digimon ein. „Aber Denrei wird doch morgen Nachmittag wiederkommen“, meinte Lunamon und versuchte Coredramon damit aufzuheitern. „Ja“, gab dieses zu, seufzte dann jedoch erneut sehr schwer. „Aber bis dahin ist es noch so lang…“ Nun ließ auch Lunamon den Kopf hängen. „Kinder“, meinte Impmon abfällig. „Für euch ist es eh Zeit zu schlafen. Ich geh und hab ein bisschen Spaß!“ Damit sprang es in das nächste Gebüsch. Coronamon sah zwischen der Stelle, wo es verschwunden war und der Gruppe um Coredramon. Dann lief es Impmon hinterher. „Warte auf mich! Ich komme mit!“ Es war fünf vor halb neun, als Denrei an der Appartementtür stand und den Schlüssel aus seinem Schulrucksack fischte. Doch als er aufschließen wollte, musste er feststellen, dass die Tür bereits offen war und irgendwie ahnte er bereits, dass dies nichts Gutes zu bedeuten hatte. Damit lag er nicht falsch. Als er in die kleine Wohnung kam, saß sein Vater auf der Rand des Sofas und sah ihn mit einem Blick an, der dem Jungen klar machte, dass er wusste, dass Denrei nicht bei der Abendschule gewesen war. „Wo kommst du her?“, fragte der ältere Mann nun und musterte seinen Sohn. „Aus der Abendschule“, log dieser viel zu schnell und hastig und ließ seinen Rucksack fallen. „Goshoyama-sensei hat mich vorhin angerufen. Du warst nicht da, hat er gesagt. Oder hat er etwa gelogen?“ Die Stimme des Mannes zitterte etwas, wahrscheinlich vor kontrollierter Wut. „Ich…“ Denrei wünschte sich, im Park geblieben zu sein. „Ich hab es nicht geschafft.“ „Und wieso nicht?“, fragte Yuki Nobu und musterte seinen Sohn weiter, wobei sein Blick jedoch sagte, dass ihm das Warum eigentlich egal war. Das war auch Denrei klar. Trotzdem setzte er zu einer Erklärung an: „Ich war im Park um den Digimon essen zu bringen und wir wurden von einem Wilden angegriffen… Es hätte vielleicht auch Menschen angegriffen.“ „Und deswegen warst du schon wieder nicht in der Abendschule“, schloss sein Vater. „Wann warst du das letzte Mal dort?“ Denrei überlegte, was er antworten sollte, denn die Wahrheit war nicht gerade angenehm und würde dem erwachsenen Mann garantiert nicht gefallen. „Goshoyama-sensei sagte, du seihst seit über einem Monat nicht mehr gekommen“, antwortete dieser nun selbst auf seine Frage. „Naja, ich…“ Verzweifelt suche Denrei nach einer Ausrede, die ihm jedoch einfach nicht einfallen würde. So wütend hatte er seinen Vater schon lange nicht mehr gesehen, weshalb er sich umso mehr an einen anderen Ort wünschte, möglichst weit weg von diesem. „Denrei!“ Yuki Nobu machte einen Schritt auf seinen Sohn zu. „Seit diesen… Ereignissen“, begann er mit wütender und immer lauter werdender Stimme. „Hab ich dir ziemlich viel durchgehen lassen, aber du scheinst nicht einmal annährend so etwas wie Dankbarkeit zu zeigen.“ Anstatt etwas zu erwidern schwieg der Junge einfach. Eine Antwort hätte ohnehin keinen Sinn – das wusste er bereits aus Erfahrung. „Ist dir denn vollkommen egal, ob deine Noten schlecht sind?“, fragte der Vater. „Ja“, murmelte Denrei. Für einen Augenblick herrschte Stille. „Was?“, fragte Yuki Nobu dann. „Ja, es ist mir egal“, meinte Denrei leise und versuchte dagegen anzukämpfen, dass Tränen in seinen Augen standen. Er war ein Junge und beinahe erwachsen, er durfte nicht einfach so losheulen. Schon gar nicht vor seinem Vater. „Ich hab es dir schon so oft gesagt. Mich interessiert die Schule nicht. Ich will nicht studieren!“ „Und was willst du dann machen?“, hakte der Vater nach. Unschlüssig sah der Junge zu Boden. „Ich weiß es noch nicht…“ „Du brauchst den Abschluss.“ Yuki Nobus Stimme klang eindringlich und er machte noch einen weiteren Schritt auf Denrei zu. „Egal was du machen willst, brauchst du einen Abschluss. Zumal es nicht mehr all zu lang ist, bis das Schuljahr zuende ist. Kannst du dich zumindest nicht so lange noch anstrengen?“ „Aber die Digimon…“, setzte Denrei an, wenngleich er wusste, dass dies eigentlich nur eine Ausrede war. Es ging nicht um die Digimon, die in die reale Welt kamen, sondern um seine Freunde und die Digimon, die schon hier waren. Dracomon, Coronamon, Lunamon… Er hatte Spaß daran, mit ihnen zu spielen. Außerdem: Wieso sollte er in die Schule gehen? Ryou hatte keinen vernünftigen Abschluss und auch Takato war einige Zeit in der Digiwelt gewesen, anstatt zur Schule zu gehen. Wie sehr er sie im Augenblick doch darum beneidete. „Die Digimon helfen dir auch nicht, wenn du einen Job suchst oder versuchst auf einer Uni angenommen zu werden“, rügte der Vater den Jungen und stand nun direkt vor ihm, während Denrei den Blick weiter gen Boden richtete und somit nur auf den Bauch seines Vaters starrte. „Willst du so enden wie deine Mutter?“ „Was weiß ich?“, fragte er nun. „Ich kenne meine Mutter ja nicht einmal!“ Er ballte die Hände zu einer Faust und dachte an den Zettel, den er von Shuichon auf der Rückfahrt von Osaka bekommen hatte. Davon hatte er seinem Vater bisher auch noch nichts erzählt und er ahnte, dass es so auch besser war. Auch sein Vater zögerte. „Das hat seinen Grund“, sagte er dann jedoch mit eisiger Stimme. „Es ist besser für dich, glaub mir. Frag nicht danach…“ Damit wandte er sich ab und ging in das offene Wohnzimmer zurück. „Geh bitte nächste Woche zur Abendschule…“ Für einen Moment überlegte er, einfach in sein Zimmer oder wieder nach draußen zu gehen, doch dann – nicht ganz gewollt – kamen die Worte über seine zitternden Lippen. „Ayakawa…“, flüsterte er. „Ayakawa Masako…“ Sein Vater sah auf. „Was?“ „Ayakawa Masako…“, wiederholte Denrei. „Das ist ihr Name, nicht?“ „Woher weißt du das?“ Nun stand der Arzt wieder auf und machte ein paar Schritte in die Richtung seines Sohnes. Sein Gesicht war verwirrt. „Dann stimmt es alles…“, murmelte der Junge. „Shuichon hat mir die Adresse gegeben. Aber ich…“ Er vollendete den Satz nicht. Er hatte eigentlich nicht glauben können, dass die Adresse stimmte, nachdem er solange nichts über seine Mutter gewusst hatte. Vielleicht auch ein Grund, warum es bisher noch nicht versucht hatte, sie zu besuchen. Nun aber nahm er seinen Rucksack, während sein Vater einen weiteren Schritt in seine Richtung machte. „Was hast du vor, Denrei?“ „Ich will wissen, wer sie ist“, murmelte der Junge und drehte sich auf dem Absatz um, ehe er die Tür aufmachte und auf den Balkon, der zu der Treppe am Rand des Gebäudes führte, zu rennen. Es war schon spät, aber er wollte es wissen und er wollte jetzt nicht zu hause bleiben. Vielleicht war es sinnlos, es zu probieren, aber irgendwo wünschte er sich, zumindest so etwas ähnliches, wie eine Familie zu haben. Zumindest seine Familie – soweit es sie gab – zu kennen… „… I appreciate the trust brought to me in this matters…“ „Mr. President, you promised during the election promotion phase to override the plague of this monsters, which destroyed the White House and killed our last president.“ „And so I’ll do. The military is still mobilizing for the war, we are up to wage.“ „The past matters about this monsters showed us, that it will be difficult to finde weapons, which can harm this monsters. Have you found a sollution to this problem? Have you found an effective weapon, which can harm that monsters?“ „This is a confidential informaion, which I can not talk about. But the people can have faith into our soldiers.“ „So we will…“ Etwas unsicher lief Denrei durch die Straßen von Kabuki-cho, dem Viertel, in dem seine Mutter laut Shuichons Angaben lebte. Das Viertel war als Vergnügungsviertel, wie Golden Gai, bekannt und lag auch in der Nähe von diesem, unterschied sich jedoch in einigen Punkten von ihm. Vor allem dadurch, dass es in Golden Gai in erster Linie Bars, Restaurants, Spielhallen und solche Läden gab, in denen man für etwas Geld den Abend in angenehmer Gesellschaft verbringen konnte. Natürlich gab es auch hier Host Clubs, doch diese wirkten in der anderen Umgebung unangenehm auf den Jungen, da es in diesem Teil Shinjukus auch noch andere Etablissements gab, in denen Mann für Geld mehr als nur Gesellschaft bekam. Der Junge wurde rot und ging weiter, wobei er versuchte niemanden anzusehen. Einige leicht bekleidete Mädchen liefen an ihm vorbei und Denrei ahnte, dass sie nicht in diesen Etablissements arbeiteten. In der Schule war öfter davon geredet worden – Schülerinnen, teilweise jünger als er, die sich hier ‚Geld verdienten’. Wenn sie jemand verpetzte, würden sie von der Schule geworfen werden und, wenn sie Pech hatten, sogar ein strafrechtliches Verfahren bekommen. Auch ein Grund, warum er nicht wollte, dass man ihn hier sah. Schon gar nicht so, stellte er fest, denn er hatte noch immer seine Schuluniform an. Wenn man ihn hier sah, könnte man es falsch verstehen – auf die eine oder andere Art. Wieso lebte seine Mutter hier? Er lief an weiteren Läden vorbei, die gewisse Arten von Bekleidung verkauften, kam auch an Bars vorbei, in die man in seinem Alter wahrscheinlich noch nicht einmal gelassen wurde, und sah weitere Mädchen, die teilweise ebenfalls ihre Schuluniformen trugen. Vielleicht sollte er zurückgehen... Doch dann würde es wahrscheinlich einen weiteren Streit mit seinem Vater geben. Etwas, worauf er einfach keine Lust hatte. Außerdem wollte er es wissen. Er wollte sie sehen, seine Mutter... Also lief er weiter und bog schließlich in eine Seitengasse ein, die mit dem Straßennamen der Adresse beschildert war. Nun musste er nur noch das richtige Haus finden. Auch in dieser Gasse, gab es Bars und die Clubs, die hier waren, wirkten noch unangenehmer auf den Jungen und ließen ihn sich erneut fragen, ob es nicht doch besser war, umzukehren. Vielleicht sollte er die Nacht bei den Lees verbringen. Doch er fand das richtige Haus nach kurzer Zeit. Im Erdgeschoss war eine Bar oder zumindest ein Laden, der sich als solche bezeichnete, wenngleich die Aufmachung des Schriftzugs über der Tür und die Musik, die von ihnen kam, ihn anderes vermuten ließen. Neben dem Eingang führte eine Stählerne Treppe – ähnlich einer Feuerleiter – zu einem ebenfalls aus gelochtem Stahl oder Blech – teilweise schon verrostet – Balkon führte, an dem wiederum eine Tür war, die in das Haus führte. Wahrscheinlich lebte seine Mutter da. Er schluckte und versuchte das unangenehme Gefühl zu bekämpfen, dass ihn beschlich, wusste er doch nicht einmal, wie seine Mutter aussah. Hatte sein Vater vielleicht doch Recht gehabt? Unsicher ging er die Treppe hinauf. Es war später Vormittag, als Keith auf ein Klingeln hin an die Tür des Hauses ging, in dem sein Vater lebte, den er aktuell besuchte. In den letzten Jahren hatte sich Rob McCoy immer weiter zurückgezogen, weshalb der Besuch seinen Sohn verwunderte, doch vielleicht war es auch nur ein Packet, was mit einem Postunternehmen zugestellt wurde. Vielleicht brauchten sie eine Unterschrift... Als er die Tür öffnete, war er jedoch überrascht. Draußen stand ein Mann in Militäruniform, der von zwei Soldaten, die sogar Waffen bei sich führten, begleitet wurde. Keith ahnte, dass dies nichts Gutes zu bedeuten hatte und ihm vielen die Interviews mit den neuen Präsidenten ein, die aktuell so oft im Fernsehen liefen. Er dachte an die Digimon, die das Militär vernichten wollte. „Are you Mr. Rob McCoy?“, fragte der Offizier oder Kommandeur, der vor den beiden Soldaten stand. „No, I am Keith McCoy – his son“, erwiderte er unsicher und sich dessen bewusst, dass es wahrscheinlich eine schlechte Idee war zu lügen. „Is there anything I can do for you?“ „We want to speak to your father“, gab der kräftig gebaute Mann starr zurück. „So, please, let us in.“ Keith tat, wie ihm geheißen, doch wohl war ihm dabei nicht. Sein Vater war, wie so oft, im Arbeitszimmer, versunken über alte Forschungsschriften und seinen Computer. Es gab an der Tür keine Klingel und sie war auch nicht abgeschlossen, weswegen Denrei nach kurzem Überlegen einfach eintrat und in einen Flur trat, von dem mehrere Zimmer- oder Appartementtüren abgingen, fast so, wie in einem Hotel. Eine der Türen öffnete sich nun und eine Frau mit zerzausten, blondgefärbten Haaren sah hinaus und ihn an. Ihre Bewegungen ließen vermuten, dass sie etwas betrunken war, als sie ein Stück auf den Flur hinaustrat, obwohl sie nicht mit mehr, als einer Art dünnen Nachthemd bekleidet war. „Entschuldigen Sie“, murmelte Denrei unvermittelt und wollte irgendwoanders hin, wenngleich die Frage wohin blieb. „Hey, Kleiner, was machst du hier?“, fragte sie und auch die Stimme verriet, dass sie etwas getrunken hatte. „Suchst du etwas? Bist du nicht ein wenig zu jung, um dich hier herumzutreiben?“ Sie lachte kurz und er hatte keine Ahnung worüber. „Äh“, begann er stotternd. „Ja, ich suche tatsächlich etwas... Jemanden...“ Vielleicht wäre es besser, sich einfach umzudrehen und wegzurennen. „Meine...“ Er brach ab. „Ich suche Ayakawa-san... Ayakawa Masako...“ Die vermeidliche Blondine musterte ihn. „Was willst du von Masako, Knirps?“ „Ich will nur mit ihr reden... Sie...“ Er wollte es der fremden nicht sagen. „Masako arbeitet um diese Uhrzeit. Sie ist unten.“ Sie deutete auf den Fußboden und Denrei war klar, dass sie die Bar meinte. „Wenn der Kerl fragt, sagt Mikan hätte dich geschickt.“ Noch einmal musterte sie. „Wenngleich ich mich frage, was so ein Zwerg von ihr will.“ Sie zog die Augenbrauen hoch. „Und jetzt geh schon. Das hier ist kein Kinderspielplatz.“ Damit ging sie wieder zu der Tür, aus der sie gekommen war. Auch Denrei beeilte sich, wieder nach draußen zu kommen. Ihm war nun noch unwohler, als zuvor und ihm war eigentlich klar, dass es wirklich das Beste wäre, die Sache so auf sich beruhen zu lassen, was ihn jedoch nicht davon abhielt, sich vorsichtig dem Eingang der Bar näherte. Er machte die Tür auf und ein Geruch, der eine Mischung aus Rauch, Sake, Parfum und Schweiß war, schlug ihm zusammen mit der Musik entgegen. Er konnte kaum etwas sehen, da hinter der Tür noch ein Vorhang, der halb geschlossen war hing. Kaum hatte er diesen zur Seite geschoben, bemerkte er einen Mann neben sich, der ihn musterte. „Hey, Kleiner, was willst du hier? Du bist noch nicht erwachsen, eh?“, begrüßte er ihn ähnlich, wie die Frau oben zuvor. Erneut brachte Denrei nicht mehr als ein „Äh“ heraus, ehe er sich zusammenriss. „Ich suche Ayakawa Masako. Mikan hat mich geschickt.“ Misstrauisch musterte der Mann ihn, der für einen Japaner sogar recht groß war. „Sie arbeitet.“ „Ich weiß“, erwiderte Denrei. „Aber ich... Ich muss mit ihr reden. Es ist wichtig.“ Der Mann schwieg, doch schließlich zuckte er mit den Schultern. „Ich hoffe für dich, Kleiner, dass es wirklich wichtig ist. Masako mag es nicht, bei der Arbeit gestört zu werden. Und der Chef noch weniger... Wenn Mikan dich geschickt hat... Was will ein Kind wie du hier?“ „Ich will wirklich nur mit ihr reden.“ Denrei bemerkte, dass seine Worte fast flehend klangen. „Nur für einen Moment.“ Erneut schwieg der Mann. „Na gut, ich werde sie holen. Warte draußen. Kann nicht garantieren, dass sie kommt.“ Dann wartete er, bis Denrei wieder vor die Tür getreten war, was dieser nur allzu gern machte. Er fühlte sich hier wirklich nicht wohl. Draußen merkte man bei Nacht bereits, dass der Sommer vorbei war. In der Bar war es schon an der Tür auf eine schwüle Art sehr warm gewesen, weshalb der Junge nun, als er vor die Tür trat, fröstelte. Er lehnte sich unsicher an die Wand und vergrub die Hände in den Taschen seiner Schuluniformjacke. Sein Digivice lag in der rechten Tasche und gab ihm etwas Mut, wenngleich es nichts daran ändern konnte, dass ein klammes Gefühl sich weiter in seinem Bauch breitmachte. Er wusste, was es bedeutete, wenn seine Mutter in dieser Bar arbeitete. Dies wurde auch bestätigt, als eine Frau, kaum mehr bekleidet als die Blondine im Flur, aus der Tür trat. Ihr schulterfreier, roter Dress bedeckte nur das aller notwendigste und eine Krawatte hing lose um den nackten Hals. Zwischen ihren Lippen steckte eine Zigarette. Sie verschränkte die Arme und musterte ihn kühl, als sie in die Gasse trat. „Bist du der Knirps, der unbedingt mit mir reden wollte?“, fragte sie herablassend. Auch er musterte sie. Ihr Haar schien rotbraun zu sein, wie seines, soweit er im Licht der Lampe über dem Bareingang erkennen konnte. „Sind Sie Ayakawa Masako?“, erwiderte er vorsichtig. „Ja, das bin ich.“ Ihre Stimme klang gereizt. Denrei schätzte sie auf nicht viel älter als dreißig, wenngleich sich Falten unter ihren Augen gebildet hatten. „Ich“, setzte er unsicher an. Was sollte er ihr eigentlich sagen? „Sie...“ „Komm zur Sache, Zwerg“, meinte sie. „Kennen Sie Yuki Nobu?“, fragte er schließlich. „Wieso willst du das wissen?“, erwiderte sie und sah ihn weiter voller Herablassung an. „Es...“, stotterte er. „Er ist mein Vater“, brachte er dann schließlich hervor. „Und ich glaube, dass Sie meine Mutter sind.“ Daraufhin sah sie ihn eine Weile an, bis ein humorloses Lachen ihrer Kehle entrann. „Der Yuki Nobu? Ehemaliger Medizinstudent?“ „Ja“, antwortete Denrei vorsichtig. „Ich glaube schon.“ Sie schnaufte verächtlich und sah ihn an. „Hat er dir meinen Namen gegeben?“ Schnell schüttelte der Junge den Kopf. „Nein... Ich habe ihn selbst herausgefunden.“ Das war eigentlich nur die halbe Wahrheit, aber es sollte reichen. „He, Knirps, ich will dich nicht desillusionieren, aber egal was du dir erhofft hast, du hast dir deinen Weg umsonst gemacht“, meinte sie. Denrei konnte nicht anders, als dass ein wenig Hoffnung in ihm aufkeimte. „Heißt das, Sie sind nicht meine Mutter?“ Hatte sein Vater also doch gelogen? „Hmm?“ Erneut sah sie ihn an. „Doch, ich schätze schon – biologisch. Dein Vater war damals ein Freier von mir.“ „Was heißt das?“ „Er kam fast einmal die Woche zu mir. Dummkopf... Ich glaube, er hatte sich verliebt. Redete davon, dass ich das nicht machen müsse, wenn er einmal Arzt wäre. Halt ein Idiot, wie so viele.“ „Und ich...“, setzte Denrei an. „Ein Unfall“, erwiderte die Frau nur. „Keine Absicht. Ich wollte dich abtreiben lassen, aber er hat mich angefleht, mich dafür bezahlt es nicht zu tun.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Es hat Monate gedauert, bis ich meinen Körper soweit wieder in Form hatte.“ Denrei schluckte. Er hatte einen Frosch im Hals. „Ich... verstehe...“ Das war eigentlich ebenfalls eine Lüge, aber das einzige, was ihm darauf zu sagen einfiel. „Tut mir ja leid, Kleiner“, meinte sie nur. „Aber ich hab keine Lust Familienglück zu spielen. Ich brauche keine Kinder. Es wäre besser gewesen, du wärst nicht gekommen.“ Und wieso hatte sie ihn dann nicht einfach angelogen? Sie hätte doch sagen können, dass sie seinen Vater nicht kannte! Denrei merkte, dass er zitterte, als er sich von der Wand abstieß. „Es ist okay“, murmelte er. „Es tut mir leid, dass ich Sie gestört habe... Mu... Ayakawa-san.“ Damit wandte er sich von ihr ab und rannte, so schnell er konnte aus der Straße hinaus. Nur möglichst weit weg von hier... Tränen liefen über seine Wangen. Dabei war er doch keine Heulsuse. Er war ein Junge und beinahe erwachsen. Wieso hatte sie denn nicht gelogen? „What do you want from me?“ Vorsichtig sah Dolphin zu den drei Militärvertretern auf, die in seinen Arbeitsraum kamen, während Keith an der Tür zurückblieb, mit einem Blick, der verriet, dass er es bereute, die Männer eingelassen zu haben. „Are you Rob McCoy?“, fragte der Offizier erneut. Dolphin nickte. „That’s my name, yes.“ „We need your help, Mr. McCoy“, erwiderte der andere Mann, der scheinbar ein paar Jahre jünger war als Dolphin. „You where the leader, of the Wild Bunch project in 1984, am I right?“ Der Informatiker schluckte. „You are.“ Es war keine gute Idee, jemanden anzulügen, der die Wahrheit ohnehin wusste und von zwei bewaffneten Männern begleitet wurde. „We are currently working on a weapon to get rid of this monsters you and your former colleagues brought into the network.“ Dolphin war bereits klar, was man von ihm wollte. Genau so, wie er wusste, dass man kein Nein akzeptieren würde. „We would appreciate your help, since nobody should know more about this monsters, then you and your colleagues.“ Der Offizier sah ihn an und eine Wahnung schien in dem Blick zu liegen. „So, please, come with us. That monsters have grown to a real danger for human kind and our world. Their world has to be erased, before a new danger can grow out of it.“ „Alice”, hörte der Forscher seinen Sohn murmeln. Dolphin erinnerte sich daran, dass ein gewisser Yamaki Mitsuo ähnliche Worte verwendet hatte, als er ihn uns seine ehemaligen Mitstudenten davon überzeugte, sich an der Entwicklung Chaggais zu beteiligen. „What if I won’t?“ Der größere Mann sah ihn an. „We won’t accept a ‚No’.“ Wie Dolphin es sich gedacht hatte. „Please, give me a minute“, erwiderte er. „There are things, you may need in this house.“ Dinge, die möglichst schnell verschwinden sollten, wenn er nur wüsste wie. „One of my soldiers will accompany you”, erwiderte der Offizier. „Das habe ich mir schon gedacht”, murmelte Dolphin auf japanisch, davon ausgehend, dass der Mann es nicht verstand und stand auf, ehe er von einem der Soldaten gefolgt den Raum verließ. „They are no normal monsters“, murmelte Keith, der noch immer an der Tür zum Arbeitszimmer seines Vaters stand. „They are Digimon...“ Denrei saß einmal mehr neben Dracomon, das sich außerordentlich gefreut hatte seinen Partner an diesem Tag doch noch einmal wieder zu sehen, in der Hütte, während Lunamon, Coronamon und Culumon ihnen gegenüber auf dem Boden lagen und beinahe schliefen. Noch immer liefen Tränen über die Wangen des Jungen, was dessen Partner mit Bedauern aufnahm. „Denrei“, murmelte das Digimon. „Den...“ Mittlerweile war es halb elf und vollkommen dunkel. Wieso hatte sie nicht gelogen?, fragte sich Denrei erneut. Wieso hatte er seinem Vater nicht geglaubt? Er wollte nicht nach Hause zurück. Er wollte nicht zugeben, dass sein Vater recht gehabt hatte. Er wollte auch nicht mit Shuichon oder Shoji darüber reden. Sie würden es nicht verstehen. Eng hatte er die Beine an den Körper herangezogen, während er hier saß. Seine Arme waren um die Beine geschlungen und sein Digivice lag in der rechten Hand. Er war ein Tamer, ein Digimon Tamer, aber die meisten Menschen verstanden nicht einmal was das hieß. Er wollte nicht am nächsten Tag wieder in die Schule. Wie schon vor ein paar Monaten machte sich ein Gefühl in ihm breit – ein Gedanke: Er gehörte nicht in diese Welt. Er wollte wieder in der Digiwelt sein! Mit einem Mal stand er auf. „Komm mit, Dracomon“, meinte er leise und mit heiserer Stimme. „Wohin?“, fragte das Digimon, doch der Junge antwortete nicht, sondern stürmte aus der kleinen Hütte hinaus ins Freie. Nach kurzem Zögern folgte ihm Dracomon. Denrei wusste nicht, ob es funktionieren würde, aber ihm war ein Gedanke gekommen, ein verzweifelter Gedanke. Konnte es sein, dass der Datastream, der vor dem Governmentbuilding erschienen war, die Welten verband? Seit er da war, waren immer mehr Digimon in dieser Welt erschienen. Vor allem immer mehr, die nicht zur Gruppe der Nightmare Soldiers gehörte. Er lief aus dem Park heraus und auf den Vorplatz des Gebäudes, in dem auch die Hypnoszentrale lag. Die Säule aus Licht war beinahe zehn Meter breit und rund und wenn man genau hinsaß, konnte man die Zahlen und Zeichen erkennen, die sich in ihr hinauf und herunter bewegten. Wie in der Digiwelt... „Aber Denrei, was hast du vor?“, jammerte Dracomon. „Wo gehen wir hin?“ „In die Digiwelt“, murmelte der Junge. Hinter ihm erklangen die Stimme der Digizwillinge. „Wartet auf uns!“, riefen sie, während Culumon ein „Macht das nicht, Culu“ hinterherschickte. Doch Denrei achtete gar nicht auf sie. Er lief einfach los, merkte, dass Dracomon ihm folgte, und sprang. Es war ein Gefühl, wie ein elektrischer Schlag und dann wurde alles dunkel... ★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★ Anmerkungen: *Sealsdramon: Dies ist ein MetalEmpire Digimon auf dem Adultlevel. Es ist relativ klein, daher eher wendig, und vom Typus Virus. *Kabuki-cho: Ein Unterviertel von Shinjuku, relativ am nordwestlichen Rand gelegen. Es ist allgemein als das Rotlichtviertel des Stadtteils bekannt. ☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆ So, das war's erst einmal mit dem Kapitel. Hoffe es hat euch gefallen! Wir gehen jetzt eigentlich Übergangslos ins nächste Arc herüber :D Um es noch anzumerken: Natürlich hat Denreis Mutter auch ihre Geschichte. Ich weiß allerdings nicht, in wie weit ich diese noch hineinbringen kann. Ich werde es aber versuchen. Die hohe Jugendprostitutionsrate in den großen Städten Japans ist eins der ersten Gesellschaftsprobleme des Landes, von dem ich erfahren habe, da wir in der Schule darüber gesprochen haben ^^" Daher habe ich es versucht auch hier mit hineinzubringen. Allgemein ist der Umgang von Japanern mit Prostitution allerdings ein anderer als hier, weil Japan im Mittelalter halt nicht katholisch war. Soll heißen: Es wird offener und weniger verklemmt damit umgegangen. Nur als kleine Randanmerkung ^^" Und jetzt noch als kleine Eigenwerbung: Es gibt nun einen DAG Fanfic Wettbewerb, bei den ihr Karotaler gewinnen könnt. Aufgabe ist es einen Oneshot zu schreiben ^-^ Schaut ihn euch doch einmal an: http://animexx.onlinewelten.com/wettbewerbe/wettbewerb.php?id=34415 Freue mich über Teilnehmer! Und das war's dann wirklich für heute! Bis zum nächsten Kapitel! ★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★ Ten years after the broadcast of "Digimon Adventure"... Facing what lies beyond another door, a new story will come to life. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)