Die Magie der Musik 3 von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Die Magie der Musik 3 Kapitel 1 „Jana, nicht ausspucken“, stöhnte Daniel frustriert auf und fummelte ihr das Stückchen Brot vom Lätzchen. „Salami scheint sie tatsächlich nicht wirklich zu mögen“, murmelte er vor sich hin und warf Dustin einen bösen Blick zu, der amüsiert vor sich hin kicherte. Seine Tochter schien auch langsam verstanden zu haben, dass alle kleinen Brötstückchen auf ihrem Brett mit Salami belegt waren und bekam nun einen ihrer Wutanfälle. Seufzend nahm Daniel sie aus ihrem Hochstuhl. Er kannte das schon und hatte aus seinen Büchern über Kindererziehung auch gelesen, dass es normal war, doch es war eben auch anstrengend. Nichtsdestotrotz hatte er Jana extrem lieb gewonnen und wenn sie sich nicht anstellte wie jetzt, war sie einfach nur ein süßer Engel. „Na, kriegt der Papi wieder die Krise?“, lachte Dustin bei Daniels verzweifeltem Blick und stibitzte sich eines der Salamischnittchen von Jana. Taki sah aus großen Augen zu, wie Jana in Daniels Armen strampelte. Er hatte sie schon als seine kleine Schwester ins Herz geschlossen, aber wenn sie so mürrisch war, machte sie ihm auf gewisse Art Angst. „Gib sie mir“, meinte Serdall leise und hob sie sich auf den Schoß. Sie beruhigte sich minimal, als Serdall ihr einen Kuss auf die Schläfe gab. Er schob die Salami von einem der Schnittchen und gab Jana das blanke Butterbrot, was sie nach einem skeptischen Blick doch noch aß. Lächelnd strich Serdall ihr beruhigend über den Bauch und bei Daniels mürrischem Blick zuckte er entschuldigend mit den Schultern. Daniel hatte zwar schon den größten Teil seiner Vaterrolle fabelhaft gemeistert, aber manchmal fehlte es ihm immer noch an Erfahrung und Geduld. Überhaupt ging es derzeit ziemlich lebhaft in ihrem Haus zu. Innerlich seufzend dachte Serdall daran, wie Jana ihre ersten Schritte im Wohnzimmer gemacht und dabei die erste Vase umgerissen hatte. Nun, jetzt war das Haus kindersicher. Die Treppe hatte ein Gitter vor, damit sie nicht selbst nach oben ging und vielleicht herunterfiel. Hier in der Küche stand der Hochstuhl, im Schlafzimmer immer noch das Kinderbettchen. Noch so ein Punkt, der ihr Leben nicht ganz so einfach machte. Zumindest eine ruhige Nacht mit Daniel, wo sie mal wieder nur Sex hatten, war in den letzten Monaten total ausgefallen. Leise seufzend strich Serdall Jana über die glatten schwarzen Haare, gab ihr noch ein Schnittchen und sah dann zu Daniel. Es war Sonntag, aber sein Freund hatte derzeit seine vorlesungsfreie Zeit, schien allerdings dennoch ziemlich geschafft zu sein. Nun, er hatte ja auch gerade erst seine Klausuren hinter sich und Serdall und Yoshiko hatten sich die meiste Zeit um Jana gekümmert, aber Serdall war sich sicher, dass Daniel mal eine kleine Pause von Uni und Kind brauchte. „Ruhe“, grummelte Daniel noch auf Dustins dumme Bemerkung hin und aß dann die Salami auf, die Serdall auf Janas Brett gestapelt hatte. „Papi kriegt nie die Krise, Papi ist nur etwas müde und seine Tochter hat mal wieder gerade ihren eigenen Kopf.“ Daniel aß die letzten Bissen von seinem eigenen Brot auf und streckte sich dann gähnend. Der Schlaf war in letzter Zeit etwas kurz gekommen. Erst einmal waren da seine Klausuren gewesen, für die er hatte lernen müssen und dann schlief Jana oft noch nicht durch, beziehungsweise wachte sie sehr früh auf. Zumindest für seine Verhältnisse. Serdall musste wohl denken, dass es mitten in der Nacht war. Ohnehin hatte ihm sein Freund in der letzten Zeit ziemlich geholfen. Daniel hatte deswegen fast ein schlechtes Gewissen. Er hatte ein Kind adoptieren wollen, er hatte gesagt, dass er sich darum kümmern würde und wer umsorgte die Kleine? In letzter Zeit hauptsächlich Serdall und Yoshiko. Nun gut, seit einer Woche war er auch wieder häufiger für Jana da, aber die Zeit davor eben nicht und das ging ihm doch etwas gegen den Strich. Vor allem wenn er sah, dass sie sich bei Serdall etwas wohler zu fühlen schien und Serdall auch wusste, wie er sich um Jana kümmern musste. Daniel wollte es am liebsten nicht zugeben, aber ab und an war er doch ein kleines bisschen eifersüchtig. Serdall zog skeptisch eine Augenbraue nach oben, bei Daniels Worten und dem Gesicht, was er gerade machte. Jana aß gerade ihr letztes Brot und Serdall lobte sie leise, bevor er sie Daniel wiedergab. „Hier, dein Papa“, erklärte er ihr und lächelnd streckte Jana die Arme aus, um Daniel an der Nase zu ziehen. „Papa!“, rief sie und Serdall überließ sie dann Daniel. Er brachte schnell seinen Teller in die Spüle. „Taki? Magst du Schach spielen?“, fragte er seinen Sohn, der immer noch fasziniert Jana zusah. „Ja“, meinte er leise und ließ sich von Serdall an die Hand nehmen. Im Wohnzimmer hatten sie sich in einer Ecke einen echten Schachtisch hingestellt und sie setzten sich nun gegenüber, um ihre alte Partie fortzuführen. Serdall musste aufpassen. Er wollte, dass weder Daniel noch Taki irgendwie eifersüchtig wegen Jana waren. In letzter Zeit hatte er aber genau das Gefühl. Taki war noch ziemlich fasziniert von Jana, aber er fühlte sich nicht benachteiligt, soweit Serdall das erfahren konnte. Nur Daniel schien das Gefühl zu haben, wegen ihm etwas zu verpassen. Seufzend setzte Serdall einen der Bauern. Daniel hatte Jana währenddessen Mund und Hände abgewischt und setzte sie jetzt in ihre Spielecke im Wohnzimmer. Sie nahm sich gleich das Bilderbuch mit den Tieren vom Bauernhof, in das sie in letzter Zeit vernarrt war und kletterte zwischen Daniels Beine. Lächelnd nahm er ihr das Buch ab und klappte es auf. Er fragte Jana nach den einzelnen Tieren, die sie ihm begeistert zeigte. Daniel warf einen Blick zu Serdall und Taki, die schon seit gestern an ein und derselben Schachpartie saßen. Der Kleine schien eine Leidenschaft für dieses Spiel entwickelt zu haben und ließ sich von Serdall jeden seiner Fehler lang und breit erklären, damit er ihn kein zweites Mal machte. Erstaunlicherweise merkte sich Taki scheinbar tatsächlich fast alles, was Serdall ihm sagte und war in der letzten Zeit schon ziemlich gut geworden, trotz seines jungen Alters. Daniels Blick blieb auf Serdall hängen, während Jana ihm jetzt alle Tiere, die auf den beiden neuen Seiten abgebildet waren, aufzählte. Er hatte das Gefühl, dass Serdall in letzter Zeit etwas kurz kam, auch wenn der sich dazu noch nicht wirklich negativ geäußert hatte. Allerdings waren die letzten zwei Monate seit Weihnachten extrem stressig gewesen und da war für viel traute Zweisamkeit kein Platz mehr gewesen. Zwar hatte ihre Beziehung sich jetzt wieder gut eingependelt, aber die gemeinsamen Stunden, von denen sie vor all den Krisen scheinbar unendlich viele gehabt hatten, waren jetzt auf ein derbes Minimum reduziert wurden. Nur die Abende, nachdem Jana im Bett war, hatten sie für ein wenig Kuscheln und Zärtlichkeit. So war es auch heute. Um kurz nach halb acht nahm Daniel Jana auf den Arm und ging mit ihr nach oben. Er machte sie bettfertig und legte sich dann mit ihr zuerst in Serdalls und sein Bett, um noch ein wenig mit ihr zu kuscheln und ihr anschließend noch eine Gutenachtgeschichte vorzulesen. Wie zum Glück so gut wie immer fielen Jana ziemlich schnell die Augen zu und Daniel legte sie in ihr Bettchen, bevor er wieder zu Serdall und den anderen nach unten ging. Serdall setzte Taki in dem Moment Schachmatt, als Daniel durch die Tür schritt. Ziemlich nachdenklich sah Taki auf das Brett und Serdall sagte ihm, was an den letzten drei Zügen falsch gewesen war. Taki nickte verstehend und biss sich leicht auf die Unterlippe, ehe er lächelnd aufsah. In seinen Augen stand die Freude über dieses Spiel und auch sah Serdall darin, dass er es beim nächsten Mal besser machen würde. „Schluss für heute“, murmelte Serdall nach einem Blick auf die Uhr. Schnell stellten sie die Figuren schon für das nächste Spiel bereit, ehe Serdall seinem Sohn noch einen Kuss auf die Stirn gab und Taki sich dann zu Dustin, Daniel und Ethan vor den Fernseher setzte. Kurzentschlossen stand Serdall auf und ging ebenfalls zu ihnen, aber um sich Daniels Hand zu schnappen und ihn mit sich zu ziehen. Heute hatten sie eher getrennt als zusammen verbracht und Serdall würde sich jetzt das holen, was eh schon zu kurz kam. Im Flur drückte er Daniel gegen die nächste Wand und schob sich eng gegen ihn. „Alles okay? Du siehst müde aus“, flüsterte er und strich mit einer Hand liebevoll eine Strähne aus dem blassen Gesicht. Daniel lehnte seine Wange gegen Serdalls sanfte Finger und schloss genießerisch seufzend die Augen. Serdalls Nähe tat nach dem stressigen Tag einfach nur gut. Es war schon ziemlich gewöhnungsbedürftig, einfach in den Alltag eines Kleinkindes geworfen zu werden, aber Daniel machte sich ganz gut, wie er fand. Trotzdem kam Serdall eindeutig zu kurz. „Ich bin ein wenig müde“, bestätigte Daniel seinen Freund. Grinsend hauchte er ihm einen Kuss auf die Lippen. „Allerdings nicht zu müde für dich.“ „Schön“, erwiderte Serdall leise und sah trotzdem forschend in Daniels Augen, die fest den Blick erwiderten. „Lass uns in dein Zimmer gehen“, flüsterte Serdall und küsste Daniels Lippen noch einmal, um dann seine Hand federleicht in Daniels gleiten zu lassen. Zusammen erklommen sie die Stufen bis in die dritte Etage, vorbei an ihrem gemeinsamen Schlafzimmer, in dem Jana schon ruhig schlummerte, bis zur nächsten Tür. Serdall umschlang Daniel von hinten mit den Armen, sobald die Tür zugefallen war. Sofort fanden seine Lippen die Haut am bloßen Hals und küssten sich zu der empfindlichen Stelle hinterm Ohr. Stöhnend umklammerte Daniel Serdalls Schultern und kippte den Kopf zur Seite. Seit den zwei Monaten, in denen sie nicht mehr wirklich regelmäßig Sex hatten, war er für Serdalls Liebkosungen noch empfindlicher geworden. „Vielleicht sollten wir Jana einfach umquartieren“, raunte er, als er sich von Serdall zu seinem Bett drängen ließ und seine Hände schon den flachen Bauch entlangwandern ließ. „Denn immerhin ist es hier nebeneinander doch etwas eng und wozu haben wir das Babyfon? Wenn etwas sein sollte, hören wir das auch einen Raum weiter.“ „Ja, außerdem ist noch mein Arbeitszimmer in der ersten Etage“, hauchte Serdall leise, während er ungeduldig Daniels Hose von dessen Beinen schob. „Wie gern ich sie auch habe, sie stört unser Liebesleben enorm“, gestand er leise und schubste Daniel aufs Bett, bevor er sich selbst das Shirt über den Kopf zog. Himmel, was war das überhaupt für ein Zustand? Er wurde schon selbst ungeduldig. „Da scheint es einer kaum mehr erwarten zu können“, grinste Daniel, als Serdall ihn auch von dem Rest seiner Kleidung befreite. Nun gut, wenn er ehrlich mit sich war, wollte auch er Serdall so schnell wie möglich spüren, aber warum den Triumph nicht auskosten, wenn er schon mal die Gelegenheit dazu hatte? „Nein“, gestand Serdall und ließ seine eigene Hose auf seine Knöchel rutschen und schob sie von seinen Beinen. Serdall rollte bei Daniels bezeichnendem Blick auf seinen Unterleib die Augen. Gut, er war schon ziemlich heiß, aber war das ein Wunder? Nach all den Angelegenheiten, die sich nur um die Kinder drehten, kamen die Dinge für die ‚Erwachsenen‘ extrem zu kurz. Nackt schlüpfte Serdall zu Daniel und schob sich über ihn, ehe er ihn forsch zu küssen begann. Daniel schlang seine langen Beine um Serdall und keuchte erregt auf, als sich ihre Körper komplett berührten. Er erwiderte den verlangenden Kuss und langte mit seiner Hand in die Nachttischschublade, um alles Nötige herauszuholen. In weiser Voraussicht hatten sie in den letzten Wochen auch hier Gleitgel und Kondome drapiert. Noch ein letztes Mal knabberte Daniel an Serdalls Unterlippe, bevor sie sich ihre Liebe auch erneut auf körperliche Art und Weise zeigten. Einige Zeit später zog Serdall sichernd die Arme um Daniel und die Decke um sie noch ein wenig höher. Seufzend schloss er kurz die Augen, während er fahrig über Daniels schweißnassen Rücken strich. „Also wird dein Zimmer das Kinderzimmer?“, lächelte er plötzlich und hauchte einen Kuss auf Daniels Lippen. Dann hätten sie wenigstens in der Nacht ihre Freiheit wieder, wie es eigentlich schon immer gewesen war. Am Tage kam man ja zu kaum was, besonders durch Taki und Jana. „Ja, denke mal“, meinte Daniel befriedigt und zufrieden und blinzelte von Serdalls Brust zu ihm hinauf. „Ich meine, so als Grundidee war ein eigenes Zimmer schon nicht schlecht, falls ich wirklich mal Abstand gebraucht hätte, aber eigentlich bin ich fast nie hier außer zum Lernen und wir haben noch viele andere Räume, wo ich mich zurückziehen könnte. Außerdem braucht Jana ohnehin irgendwann auch ihr eigenes Zimmer und warum nicht schon jetzt?“ Serdall nickte erleichtert. Das würde vieles schöner werden lassen und auch einiges entspannter. Seufzend strich er mit seinem Kinn leicht über Daniels Haarschopf, nachdem Daniel seinen Kopf wieder ganz auf Serdalls Brust gelegt hatte. Jana hatte wirklich einen entscheidenden Einschnitt in ihr Leben gemacht, aber Daniel war glücklich. Serdall lächelte. Auch wenn es anstrengend war und Jana eben noch ziemlich klein war, war Daniel in ihrer Nähe zufrieden und schien innerlich auch ziemlich ausgeglichener zu sein und verantwortungsbewusster. „Wollen wir es noch streichen und neue Möbel besorgen?“ „Klar“, erwiderte Daniel begeistert. „Am liebsten ganz kitschig in rosa. Man kann es ja wieder neu renovieren, wenn Jana größer ist. Und dann kann auch nach oben eine Spielecke, am besten hinten links in die Ecke. Nach rechts dann das Bett und davor ein kleiner Tisch. Der Teppich vielleicht weiß. Auf jeden Fall hell, sodass er zum Rosa passt.“ Lächelnd stellte Daniel sich das neue Zimmer schon bildlich vor. Jetzt, wo er Zeit hatte, konnte er bestimmt auch selbst einiges mit anpacken und dann so gestalten, wie er es auch wollte. Serdall lachte leise, über Daniels Schilderungen. „Alles was du willst, Prinzesschen“, meinte er gutmütig und strich Daniel durch die Haare. Das Zimmer würde dann der kleinen Jana wirklich gefallen. Sie würden sie einfach mitnehmen und vielleicht konnte sie schon bei dem Farbton mitentscheiden. „Lass uns rübergehen. Zu lang sollten wir Jana nicht allein lassen, auch wenn sie schläft.“ „Ja, du hast recht“, sagte Daniel nickend. „Außerdem wäre duschen wohl nicht schlecht.“ Er stand auf und zog Serdall mit sich auf die Füße. „Ach, und wenn du rosa nicht magst, bin ich auch mit hellgelb einverstanden“, fügte er noch seinen letzten Gedankengängen hinzu. „Mir ist das total egal. Was dir für Jana am besten gefällt“, erklärte Serdall grinsend und schnell gingen sie duschen. Müde nahm Serdall Daniel in den Arm, als der schläfrig zu ihm ins Bett und unter seine Bettdecke kroch. Morgen würden sie also die Zimmer umräumen. Nach fast zwei Monaten war das wirklich eine sehr gute Idee. „Vielleicht kann dir deine Mutter noch ein paar Ratschläge geben. Sie fühlt sich doch als Oma sehr verpflichtet“, lachte Serdall leise und erinnerte sich dennoch etwas leidlich daran, dass Frau Erhard jeden zweiten Tag vor der Tür stand, um sich mit um Jana zu kümmern. „Gute Idee“, murmelte Daniel schon ziemlich müde. „Außerdem hat meine Mutter doch einen etwas besseren Geschmack als ich, wenn es um die Zusammenstellung von Farben und irgendwelchen Möbeln geht.“ Daniel kuschelte sich noch etwas mehr an Serdall und fuhr mit den Fingern die leichten Brustmuskeln nach. „Na dann brauch ich ja nicht mitzukommen“, offenbarte Serdall nun den wahren Grund dafür, dass er Daniels Mutter angeführt hatte. Er wollte nicht in irgendeinen Baumarkt und stundenlang irgendetwas aussuchen. Das war nie wirklich sein Fall gewesen. Lieber per Katalog, aber nicht stundenlang das Richtige suchen. „Ich geb dir meine Geldkarte, ja? Dann suchst du was Schönes für die Kleine aus“, seufzte Serdall und versuchte nicht die Augen zu öffnen, da er wusste, wie Daniel ihn jetzt anguckte. Zuerst war Daniel etwas stutzig und leicht enttäuscht, dass Serdall nicht mitkommen und für Janas Zimmer einkaufen wollte, doch dann zuckte er nur für sich mit den Schultern. Das war eben Serdall. Er blieb lieber zuhause, wenn er die Möglichkeit hatte und Daniel war auch nicht alleine, sondern in Begleitung seiner Mutter. Es war schon lange her, dass sie mal einen Einkaufsbummel gemacht hatten. Grinsend rollte er sich ein wenig mehr auf Serdall. „Du gibst mir deine Geldkarte, ja? So ganz klischeehaft?“, fragte Daniel amüsiert. „Und du bist dir sicher, dass ich damit keinen Unsinn mache?“ Serdall öffnete ein Auge, wobei seine Augenbraue in die Höhe ging. „Ich gebe sie dir, ja, aber ich vertraue deinem Verantwortungsbewusstsein und deiner Mutter, dass du mir nicht durchbrennst“, drohte er leise und ließ eine Hand auf Daniels Hintern gleiten, um ihn noch ein kleines Stück nach oben zu schieben, sodass er einen Kuss auf Daniels Lippen hauchen konnte. „Du würdest mein Konto nicht leerräumen und auch nicht durchbrennen, oder Daniel?“ Daniel tat einen Moment so, als würde er überlegen. Er fragte sich tatsächlich, wie viel Geld wohl auf Serdalls Konto sein würde. Wohl kein überdimensionaler Betrag. Das Meiste würde auf irgendeinem Konto in der Schweiz liegen oder so, aber wenig wäre es wohl auch nicht, falls wirklich mal etwas sein sollte. „Nun, vielleicht verfalle ich in einen Kaufrausch“, meinte er dann langsam, „aber durchbrennen würde ich wohl nicht. Wohin denn auch und was soll ich da denn ohne dich?“ „Du verfällst in einen was?“, fragte Serdall skeptisch. Die Seite kannte er nicht an Daniel. Normal war er eher zurückhaltend wenn es um Geldangelegenheiten ging. Serdall kniff Daniel in die Nase. „Von mir aus kannst du dir alles kaufen, was du magst, solange es kein Ferrari ist, dann wäre dieses Konto nicht mehr gedeckt“, murmelte er leise. Schließlich gingen da nur die Zinsen von seinem angelegten Geld ein. Zumindest von dem einen Teil. „Kaufrausch“, murmelte Serdall kopfschüttelnd. Zum Glück war er noch nie richtig mit Daniel einkaufen gegangen. „Naja, ein Auto will ich nicht haben“, murrte Daniel. „Aber wenn ich mit meiner Mutter einkaufe, dann gehen wir so richtig shoppen. Mit Klamotten und allem und wenn ich da einfach mal zuschlagen könnte, wäre das schon schön. Normalerweise habe ich mir immer ein paar Teile gekauft, eben das, was mein Konto hergegeben hat. Außerdem ist da jetzt noch Jana, die auch noch nicht so viele Sachen hat. Neue Möbel für sie, vielleicht noch ein bisschen Spielzeug. So viel ist in den zwei Monaten nicht zusammen gekommen.“ Serdall war überrascht. Er ließ es sich zwar nicht anmerken, aber das war wirklich das erste Mal, dass Daniel wirklich akzeptierte, dass er genug Geld für sie beide hatte und Daniel es auch nutzen wollte. Irgendwie glücklich darüber schlang Serdall die Arme um Daniel und hauchte einen Kuss auf die roten Lippen. „In Ordnung. Meinetwegen frische deinen ganzen Kleiderschrank auf“, murmelte er an Daniels Lippen. „Nur lass mich ausschlafen, ja?“ Seit Daniel nämlich frei hatte, lockte Daniel ihn ziemlich effektiv aus dem Bett, um mit ihm zusammen mit Jana spazieren zu gehen. „Gut, das ist ein fairer Tausch, finde ich“, erwiderte Daniel grinsend. Glücklich kuschelte er sich wieder an Serdall und schloss die Augen. „Ach, und du hättest gar nicht so entgeistert zu gucken brauchen“, nuschelte er noch. „Ich habe dir doch gesagt, dass ich vor allem über diese Sache nachgedacht und sie auch aus deiner Sicht beleuchtet habe.“ Das stimmte. Daniel hatte eingesehen, dass er durch seine sture Borniertheit vor allem in dieser Geldsache ihrer Beziehung einen ganz schönen Dämpfer gegeben hatte und das auch ein maßgeblicher Aspekt für ihre Streits gewesen war. Aus diesem Grund hatte er seine Prinzipien überdacht und war eigentlich auch ganz glücklich darüber, dass er nicht mehr so arg darauf achten musste, dass sein Kontostand in den schwarzen Zahlen blieb. Serdall rollte mit den Augen. Daniel entging fast nichts mehr, seit sie so viele Krisen endlich bewältigt hatten. „Ich bin froh“, sagte er ehrlich, „dass du es endlich einsiehst und wir uns darüber keine Gedanken mehr machen. Das Geld ist da und vergammelt sonst.“ Naja, vergammeln würde es nicht, aber es würde sich immer mehr ansammeln, da es ja nicht für übermäßigen Luxus ausgegeben wurde, er es aber auch nicht spenden wollte. Ihm egal, was andere davon hielten, es war sein Vermögen und sein Sohn sollte auch noch etwas davon haben und Daniel konnte sagen was er wollte, er mochte diesen Luxus den sie hatten auch. „Jaa, ich weiß“, murmelte Daniel noch lang gezogen und zupfte dann an der Decke, damit sie auch so, wie er es mochte, genau mit seinem Kinn abschloss. „Ach, ich lasse dich zwar ausschlafen, aber wenn du wach bist, musst du dich dann wohl den Tag um Jana kümmern. Ich werde meine Mutter vormittags anrufen und wir werden dann wohl so gegen Mittag los und erst abends wieder da sein.“ „Kein Problem, ich spiel ihr was auf der Geige vor“, gähnte Serdall und schob seine Finger auf Daniels Rückenmitte, um sie da ineinander zu verschränken. Glücklicherweise schien Jana es echt zu mögen, wenn er geigte. Und sie wollte auch selbst spielen, aber Daniel hatte ihm noch nicht erlaubt ihr eine Kindergeige zu kaufen, weil sie dann zu viel Krach machen würde. Serdall wäre das in diesem Punkt ziemlich egal. Er wollte Jana später einmal Geige beibringen, nur musste er Daniel noch davon überzeugen. Klar würden es zu Anfang eher schiefe Töne sein, die sie zustande brachte, aber jeder fing einmal klein an. Seine Augen fielen ihm schon zu. Träge dachte er nur noch dran, wie grausam es sein musste stundenlang durch irgendwelche Geschäfte zu laufen, aber das war ihm egal. Er war froh, dass er nicht mitmusste. ------------------------------------- „Serdall?“, rief Daniel gute zwanzig Stunden später von der Haustür in den Raum hinein. „Kannst du mir bitte mit tragen helfen? Ich will nicht alles allein holen und meine Mutter habe ich schon zuhause abgesetzt.“ Verwirrt blickte Serdall von Jana auf, die ihm gerade eines ihrer Bücher vor die Nase hielt. „Taki, pass mal bitte auf Jana auf, ja?“ Nickend löste sich Taki von seinem Videospiel und setzte sich zu der Kleinen, um mit ihr zu spielen. „Himmel!“, rief Serdall und starrte in den Kofferraum und auf die Rückbank von Daniels kleinem Wagen. „Hast du den Laden ausgeräumt?“, lachte er im nächsten Moment, ehe er Daniel kurz vom Kofferraum wegzog, um ihn leidenschaftlich zu küssen. Dann machte er sich erst daran, Daniel beim Tragen zu helfen. Verwirrt folgte Daniel ihm. War Serdall jetzt strahlend glücklich, weil er tatsächlich seiner Kaufwut nachgegeben hatte? Irgendwie etwas seltsam. „Naja, da wir in unzähligen Läden waren, würde ich mal sagen, dass ich ‚den‘ Laden wohl nicht leergekauft habe. Wohl eher einige Sachen aus vielen Läden, wenn man genau ist“, meinte Daniel wirklich nachdenklich. „In den Tüten im Kofferraum sind hauptsächlich Klamotten, die auf der Rückbank beinhalten diverse Sachen, viele Dekoartikel, ein wenig neues Geschirr, Töpfe und so weiter und dann…“ Daniel räusperte sich verlegen. „Nun, nachher kommt noch ein Möbeltransporter vorbei.“ Serdall zog verwirrt eine Augenbraue nach oben. Wozu brauchten sie neue…Töpfe? Und Geschirr? Hatten sie davon nicht genug? Serdall enthielt sich eines Kommentars, nur vermerkte er sich, dass er Daniel nicht zu oft sein Karte gab, ansonsten würde der Junge das ganze Haus zustellen mit Dingen, die sie nicht brauchten. Daniel kam wohl sehr nach seiner Mutter in der Hinsicht oder ließ sich viel von ihr aufschwatzen. Interessiert lugte Serdall in die Taschen, die er gerade im Schlafzimmer vor den Kleiderschrank gestellt hatte. Nachdenklich hob er eines der Shirts heraus und zog wieder eine Augenbraue nach oben. Nicht wegen der dunklen Farbe oder der gelben Aufschrift, nur… hatte Daniel wirklich so einen kleinen Oberkörper? War er wirklich so schmal? „Sind die nicht ein paar Nummern zu klein?“ „Nö, nicht wirklich“, beschwichtigte Daniel seinen Freund und zog kurzerhand eines der Shirts über. Es saß ziemlich eng, aber war noch nicht das Schlimmste, was sich Daniel zugelegt hatte. Er hatte seine weiten langen Dinger langsam satt und wollte etwas tragen, das auch mal zeigte, was er zu bieten hatte. Nicht, dass er es darauf anlegte, dass ihm irgendwer hinterher sah, aber er wusste nicht, warum er seinen Körper verstecken sollte. „Siehst du? Passt“, sagte er noch zu Serdall, bevor er einen Stapel neuer Muskelshirts für den Sommer in seinen Schrank räumte und gleich ein paar Sachen aussortierte. Sichtlich sprachlos starrte Serdall Daniel an. Passt? Das war eine zweite Haut. Kopfschüttelnd hielt Serdall Daniel davon ab, noch einen Stapel in den Schrank zu befördern und zog ihn eng gegen sich. „Ich sehe, dass du echt heiß aussiehst“, flüsterte Serdall leise und ließ seine Hände über Daniels Seiten gleiten, über den weichen Stoff, über die Rippen hinab zum Bauch. „Aber das andere ist bauchfrei, nicht wahr? Das ziehst du bitte nicht an“, meinte er ernst und löste sich von Daniel. „Was?“, fragte Daniel leise lachend. „Serdall, entschuldige, aber ich entscheide dann doch selbst, was ich anziehe und was nicht. Außerdem sieht es nicht besonders schlimm aus und ich werde damit auch nicht jeden Tag rumlaufen, sondern eher zu bestimmten Gelegenheiten. Trotzdem danke für das Kompliment.“ Kopfschüttelnd räumte Daniel schnell durch einige weitere Tüten. „Ich mein das ernst, Daniel“, zischte Serdall und setzte sich aufs Bett. Diese engen Shirts ließ er gerade noch durchgehen. Daniel war darin echt schön anzusehen, aber bauchfrei und wusste der Teufel noch was würde Serdall nicht zustimmen. Nicht, wenn er Daniel so sehen musste und andere ihn auch sahen. Was musste Daniel anderen seine Haut zeigen, wenn er ihn hatte? Das war mehr provokativ als alles andere. „Du hast es doch noch gar nicht gesehen“, begehrte Daniel auf. Er riss sich sein Shirt vom Leib und zog sich eines der bauchfreien an. Sie waren so geschnitten, dass der Stoff fast mit der Hose abschloss wenn er normal stand und nur einen Streifen Haut zeigte, wenn er sich viel bewegte und generell nichts wirklich Schlimmes. Zumindest hatte es noch bei weitem anrüchigere Sachen gegeben, die Daniel mit Rücksicht auf Serdall extra schon hängen lassen hatte. Serdall zog bezeichnend eine Augenbraue nach oben, bevor er mit den Augen rollte. Sollte Daniel doch seinen Willen haben. „Okay, ist gut. Zieh an was du magst“, gab er nach und hauchte Daniel einen Kuss auf die Lippen, ehe er sich zur Tür wandte. „Ich schau lieber mal nach Jana und Taki“, meinte er und ging wieder nach unten. Ein Blick ins Wohnzimmer zeigte ihm Taki, wie er lachend mit Jana und den Bauklötzen spielte. Nun, Taki baute auf und Jana schmiss eher alles wieder um. Seufzend ging Serdall nach draußen, um den Rest der Sachen zu holen, die Daniel gekauft hatte und dann den Wagen zuzuschließen. Er würde nichts gegen die Sachen sagen. So extrem wie er gedacht hatte war es zwar nicht, aber für ihn selbst war es eindeutig nichts. Aber wenn sich Daniel damit wohlfühlte, sollte er es doch anziehen. Daniel kam die Treppe herunter. Er war hin und her gerissen. Einerseits gefielen ihm seine neuen Sachen, aber andererseits fand Serdall sie eben nicht so prickelnd. Nun, momentan war es ohnehin noch zu kalt für kurze Shirts und seine neuen Pullover waren zwar etwas enger geschnitten, allerdings alle sehr lang, also wohl kein Streitpunkt. Seufzend ging er in die Küche, wo Serdall die restlichen Tüten abgestellt hatte. „Was machen wir denn mit dem alten Zeug?“, fragte Daniel, als Serdall zur Tür herein kam. „Wir haben altes Geschirr, das könnte man vielleicht für irgendeinen Polterabend aufheben. Keine Ahnung. Dann noch Kleidung, Deko, alte Möbel. Eigentlich könnte man sich fast mal auf einen Flohmarkt stellen oder die Sachen im Second Hand Laden vorbeibringen.“ „Du weißt schon, dass ich dir nur Erlaubnis für Janas Zimmer gegeben habe? Wozu brauchen wir neues Geschirr und neue Töpfe? Weißt du, dass das was wir haben echtes Porzellan aus China ist? Und du willst das echt für einen Polterabend zurückstellen?“ Kopfschüttelnd lehnte sich Serdall an den Tresen. Was hatte Daniel vor? Das ganze Haus umräumen? „Ich dachte du kaufst Klamotten und Dinge für Janas Zimmer, nicht aber für das ganze Haus.“ „Schön, dass das echtes Porzellan aus China ist, aber es sieht nicht unbedingt schön aus und außerdem ist im Laufe der Zeit ohnehin einiges zu Bruch gegangen. Jetzt, wo wir so viele Leute im Haus sind, können wir teilweise noch nicht mal mehr alle vom selben Geschirr essen, weil einfach nicht mehr genug Teller da sind. Also bauchten wir mal was Neues und es ist nicht so, als hätte ich wieder irgendwas Teures gekauft. Ich weiß sowieso nicht, warum du für alles Markenartikel brauchst. Schön finde ich die ohnehin nicht, weswegen ich auch gleich neue Barhocker besorgt habe, auch wenn die alten wahrscheinlich aus Mahagoni sind“, knurrte Daniel. „Gut“, knurrte Serdall wirklich missgestimmt. „Warum kaufen wir nicht gleich ein ganz neues Haus? Ist doch auch ziemlich abgenutzt nach den neun Jahren, in denen ich hier wohne“, knurrte Serdall wütend und verschränkte die Arme. „Wozu überhaupt alte Dinge ersetzen, wenn man den ganzen Schuppen gleich abreißen könnte, mit seinen ganzen Markenartikeln! Ist doch alles eh viel zu hässlich.“ Stinksauer drehte sich Serdall um. Das war definitiv zu viel für ihn. Wollte Daniel vielleicht noch pinke Gardinen im Wohnzimmer anbringen, weil die anderen ihm zu langweilig waren? Es war noch nicht mal das, was ihn störte, eher Daniels Arroganz über seinen Kopf hinweg zu entscheiden, dass er eben die alten Sachen ersetzte. Ein Anruf, eine kleine Frage wäre nicht zu viel gewesen, wenn er schon in seinem Kaufrausch war. Aber sowas war nur dreist. Schnaubend sah Daniel ihm nach. Serdall machte mal wieder aus einer Mücke einen Elefanten. Es war ja nicht so, als hätte er tausende von Sachen gekauft, sondern im Großen und Ganzen eben nur das Geschirr, die Barhocker und dann nur noch ein paar zusätzliche Sachen zum Hinstellen, weil in einigen Regalen vor allem im Wohnzimmer ein paar leere Plätze waren. Doch langsam dämmerte es Daniel, dass er mal wieder zu viel gemacht hatte. Serdall hatte schon recht, dass eigentlich nur Janas Zimmer ausgemacht war. Außerdem hatte er seine Erklärung, warum er noch andere Sachen gekauft hatte, wohl etwas rabiat rübergebracht und nicht gerade einfühlsam. Immerhin hatte Serdall wohl zumindest ausgesucht, was er hier an Möbeln und Gegenständen im Haus haben wollte, auch wenn er wohl nicht alles selbst eingerichtet hatte, sondern das von einem Fachmann hatte machen lassen. Trotzdem war es sein Geschmack und Daniel hatte sich einfach darüber hinweggesetzt. Und schon wieder war er an einem Streit Schuld. Leicht verzweifelt fuhr Daniel sich durch die Haare und lief aus der Küche, um Serdall zu suchen. Er fand ihn im Schlafzimmer und mit extrem schlechten Gewissen lehnte Daniel sich in die Tür. „Es tut mir Leid“, murmelte Daniel niedergeschlagen. „Ich habe von allen Sachen noch die Quittung, ich kann sie also gut wieder zurückbringen.“ Serdall drehte sich in der offenen Balkontür um, in der er gestanden hatte und schloss sie wieder hinter sich. „Warum solltest du? Gefallen sie dir jetzt auf einmal nicht mehr, oder wie?“, zischte er ziemlich sauer und strich mit einem Finger über den Rand des kleinen Kinderbettchens, in dem Janas Kuscheltiere sich tummelten. Taki hatte ihr sogar auch eins geschenkt, was ihr mit am liebsten war. Eine kleine graue Robbe. Serdall hatte sie für Taki auf einem Rummel gewonnen, als er gerade fünf geworden war. Seufzend sah Serdall zu Daniel. Daniel zog den Kopf ein wenig weiter zwischen seine Schultern und sah schuldbewusst auf seine Fußspitzen. „Doch, sie gefallen mir noch“, meinte er leise. „Aber ich bin scheinbar mal wieder etwas über das Ziel hinausgeschossen. Ich meine, du hast mir zwar deine Karte gegeben, aber trotzdem nicht den Freifahrtsschein für alles. Es war ausgemacht, dass ich für Jana einkaufen gehe, aber nicht mehr. Außerdem war ich vorhin auch etwas krass drauf.“ „Geschirr und Töpfe und der ganze Dekorationskram, okay, aber die Barhocker bleiben wo sie sind“, erklärte Serdall nun und ging auf Daniel zu. „Die Möbel sind wirklich teuer gewesen und sie gefallen mir immer noch. Und auch, weil sie Erinnerungen für mich haben. Klar kann man alles ersetzen, aber noch ist nichts kaputt und wenn würde ich es erst reparieren lassen. Ich mag die Sachen“, erklärte er nun besänftigter und legte seine Hände auf Daniels Hüften. „Ja“, murmelte Daniel leise und sein Blick haftete immer noch in unteren Regionen. „Aber wenigstens irgendwie gepolstert müssen sie werden denn wirklich bequem sind sie nicht.“ „Dann setz dich einfach nicht drauf, nachdem wir Sex hatten“, lachte Serdall nun. „So unbequem sind die nämlich nicht, Prinzesschen.“ Daniels Augen schnappten nach oben. Als er in Serdalls Gesicht sah, schnaubte er auf. „Haha“, murrte er, allerdings konnte Daniel das Grinsen, das sich langsam auf seinem Gesicht breit machte, auch nicht mehr zurückhalten. Seufzend lehnte er sich an Serdall. „Na gut, die Hocker lasse ich also wieder zurückgehen, ansonsten kommt nur noch das ganze Zeug für Janas Zimmer und eine schöne Figur für den Fleck im Flur, falls du dich noch an ihn erinnerst.“ Schlagartig bildete sich eine leichte Röte auf Serdalls Wangen und er biss sich auf die Unterlippe. „Ja“, meinte er leise und grinste schief. „An den kann ich mich noch gut erinnern“, hauchte er lasziv und schlang die Arme um Daniel. Eng gegen ihn gelehnt sah er Daniel in die himmelblauen Augen. „Sogar sehr lebhaft kann ich mich daran erinnern“, flüsterte er, wobei seine Lippen schon Daniels streiften. „Ehe du noch irgendwas planst“, hauchte Daniel und achtete darauf, dass seine Lippen ebenfalls immer wieder leicht Serdalls berührten, „darf ich dich daran erinnern, dass unten im Wohnzimmer zwei Kinder ganz allein und auf sich gestellt sitzen.“ Serdall warf genervt die Hände in die Luft und entfernt sich ein wenig von Daniel. „Ist gut“, murmelte er und strich sich fahrig durch die Haare. Er hatte sie schneiden lassen. Sie waren nur noch halb so lang wie zu Weihnachten und er fühlte sich auch damit viel wohler. „Ich geh dann mal nach den Kindern sehen“, schnaubte Serdall. Wenigstens ein Kuss hätte er sich gewünscht. Mürrisch verließ er das Schlafzimmer und ging zu Jana und Taki, die sich wirklich ziemlich gut amüsiert hatten mit ihren Bausteinen. Seufzend ging Daniel ihm nach. Dass sie nicht mehr einfach wann und wo sie wollten irgendwelche langwierigeren Zärtlichkeiten austauschen konnten, passte ihnen beiden nicht so richtig, aber Serdall schien es sogar noch mehr mitzunehmen als Daniel selbst, was seiner Meinung nach etwas seltsam war. Normalerweise war Serdall der Geduldigere, aber in letzter Zeit merkte man mal, dass er das nur war wenn er wusste, dass er früher oder später bekam, was er wollte. Serdall baute zusammen mit den beiden Kindern gerade einen großen Turm. Noch hielt er Jana davon ab ihn kaputt zu machen, aber als sie fertig waren zwinkerte er Taki kurz zu, worauf der einen Schritt zurück ging und ließ dann Jana los, die sogleich wacklig auf den Turm zulief und ihm einen Tritt versetzte, wobei sie selbst auf dem Hosenboden landete. „Oh jetzt hast du ihn kaputt gemacht“, lachte Serdall und hob sie hoch, um sie sich auf den Arm zu nehmen. Glücklich grinste sie ihn an „Paputt gematt“, meinte sie leise. „Ja, kaputt gemacht“, korrigierte Serdall sie lächelnd, um sie dann wieder auf die Erde zu setzen. Lächelnd ging Daniel auf sie zu. Es war wunderschön zu sehen, wie gut Jana schon in die gesamte Familie aufgenommen worden war. Er nahm sie auf den Arm und sah dann zu Taki, der sich in der Zwischenzeit zu Mücke und Kimba gesellt hatte, die träge auf ihren Kissen lagen. „Ich mache sie dann mal bettfertig und lege sie hin“, meinte Daniel dann an Serdall gewandt. „Nein“, kam es entschlossen von Jana. Daniel sah sie amüsiert an. „Doch, Süße. Irgendwann ist mal Schluss und spätestens wenn du im Bett liegst, fallen dir sowieso die Augen zu.“ „Nein“, erwiderte Jana erneut. „Doch, doch“, sagte Daniel abschließend und ging dann mit ihr zusammen die Treppen hinauf. Serdall sah den beiden lächelnd hinterher, ehe er sich daran machte, all die Bauklötze zurück in Janas Spielkiste zu befördern und ein wenig Ordnung im Wohnzimmer zu schaffen. Kurz beobachtete Serdall Taki, wie er mit Kimba und Mücke kabbelte. Die beiden Hündinnen waren mittlerweile ziemlich riesig. Zum Glück waren sie wirklich liebe Tiere. Taki war gerade dabei mit ihnen wieder Sitz und Platz zu üben. Irgendwie wurde Taki nie müde mit den Hunden zu spielen. Besonders Mücke, seinen eigenen Hund, schien er als beste Freundin zu sehen. Manchmal erwischte Serdall ihn noch, wie er Mücke mit zu sich ins Zimmer nahm. Da drückte er auch ein Auge zu. Alles konnte und wollte er Taki nicht verbieten, da er ja auch sonst wirklich artig war. Es klingelte an der Haustür. Serdall ging und öffnete die Tür und sah sich einem stämmigen Mann gegenüber, der eine Schirmmütze auf dem dicken Schädel trug. „Eine Lieferung für Daniel Erhard vom Möbelhaus Kautz“, erklärte der Mann unaufgefordert. Serdall nickte und ging mit dem Mann nach draußen. Noch war das Zimmer nicht fertig und sie würden die Möbel erst einmal in der Garage unterbringen. Serdall grinste in sich hinein. Es würde lustig werden Daniel dabei zuzusehen, wie er die Sachen zusammenbaute. Er würde sich da dezent zurückhalten, das war sicher. Einige Zeit später kam Daniel wieder nach unten. Wie erwartet war Jana wieder sehr schnell eingeschlafen und allein für diese Fähigkeit vergötterte er seine Tochter noch mehr. Wenn er daran dachte, was Corinna, eine Bekannte vom Spielplatz, den er mit Jana oft besuchte, ihm über ihren Sohn erzählte, dass der Kleine teilweise über eine Stunde herumschrie, bevor er irgendwann mal endlich einschlief, da hatte er es mit Jana echt gut getroffen. Daniel ging zu Serdall, der wieder im Wohnzimmer auf der Couch saß und lehnte sich genießend an ihn. Diese Abendstunden waren die entspannendsten am Tag und es war wundervoll, dass Serdall immer da war und sie gemeinsam mit ihm verbrachte. „Waren das die Leute mit den Möbeln, als es vorhin geklingelt hat?“, wollte er wissen. „Ja. Ich hab alles in die Garage bringen lassen. Aber die Barhocker haben sie wieder mitgenommen“, erklärte Serdall und strich Daniel liebevoll durch die schwarzen Haare, ehe er ihm einen leichten Kuss auf die Wange gab. Taki war auch schon nach oben gegangen, da morgen wieder Schule war. Serdall würde nachher noch einmal kurz in sein Zimmer sehen. „Wann willst du mit dem Zimmer anfangen?“ Daniel zuckte mit den Schultern. „Ich denke morgen. Also zumindest schon mal ausräumen und vielleicht die Tapete abreißen. Die neue Tapete habe ich schon mitgebracht. Die steht noch in einer Tüte in der Küche. Nur der Teppich müsste noch gekauft werden, aber bis dahin ist noch etwas Zeit. Erst einmal muss die neue Tapete dran sein.“ „Du willst tapezieren?“, fragte Serdall überrascht und löste sich kurz von Daniel, um zum Barschrank zu gehen und sich ein Glas Scotch einzuschenken. Er setzte sich zurück zu Daniel und seine linke Augenbraue wanderte amüsiert in die Höhe, während er an seinem Glas nippte. Sein Blick verriet, dass er das Daniel keineswegs zutraute. Beleidigt streckte Daniel ihm die Zunge heraus. „Klar tapeziere ich. Ich habe Zeit und mit meinem Opa hatte ich früher auch immer tapeziert. Gut, da war ich noch jünger und habe die Tapete nur eingestrichen, aber so schwer kann das ja nicht sein. Wozu gibt es das Internet, wo man die beste Technik nachlesen kann? Außerdem liegen bei uns zuhause noch die ganzen nötigen Utensilien herum. Also warum sollte ich das irgendwen anders machen lassen?“ Serdall sparte sich den Kommentar mit den Blasen und den Knicken in der Tapete, die entstehen könnten und den möglicherweise schief angeklebten Bahnen. Vielleicht schaffte Daniel es ja wirklich. Serdall seufzte. Nur weil er selbst überhaupt keine Ahnung von handwerklichen Dingen hatte und sich darum auch nicht sonderlich scherte, konnte Daniel vielleicht ja doch tapezieren. „Wie gesagt, du kannst mit Janas Zimmer tun und lassen was du willst“, lächelte Serdall und beugte sich zu Daniel, um ihm einen Kuss auf die Lippen zu hauchen. „Trotzdem wird es bestimmt lustig dir zuzusehen“, wisperte Serdall grinsend an Daniels Lippen, ehe er wieder seinen Scotch trank und sich an Daniels beleidigten Blick ergötzte. „Du wirst ausgeschlossen“, legte Daniel fest. „Vielleicht lasse ich dich mal rein, wenn ich fertig bin, vielleicht wird das Zimmer ja auch Serdall freie Zone.“ Grummelnd tigerte er kurz in die Küche, um sich einen warmen Kakao zu machen und ging dann wieder zu Serdall zurück. Sowas, da wurde ihm einfach jegliches handwerkliche Geschick abgesprochen. Zumindest im Möbel aufbauen war er allerdings ziemlich gut, wie es mit dem Tapezieren war, würde er noch sehen. „Dann wird es eine Serdall freie Zone“, wiederholte Serdall schulterzuckend. Warum war Daniel denn gleich wieder so zickig? Es war nun mal Tatsache, dass er nicht jeden Tag tapezierte. Überhaupt, in den Jahren, in denen sie zusammen waren, hatte Daniel das nicht einmal. Da war es doch nur natürlich, dass Serdall bezweifelte, dass Daniel tapezieren konnte. „Gut“, meinte Daniel eingeschnappt, seufzte dann allerdings auf. „Was machen wir hier eigentlich?“, murmelte er und lehnte sich wieder an Serdall, nachdem er seine Tasse auf dem Tisch abgestellt hatte. „Du darfst dich um die Kleine kümmern, während ich versuche ihr Zimmer herzurichten. Ich werde platzen vor Stolz, wenn ich erst einmal mit allem fertig bin mit der Gewissheit, dass ich es ganz allein gemacht habe. Naja, vielleicht auch ein wenig mit Dustin und Ethan, aber garantiert ohne total fremde Hilfe.“ Serdall stellte sein Glas auch noch fort und zog Daniel in eine Umarmung. Er war wirklich gespannt, ob Daniel es so wie er es sich vorstellte schaffen würde. „Ich drück die Daumen, dass du es hinbekommst. Mit meiner Hilfe kannst du ja nicht rechnen. Ich würde wohl eher ein Chaos erschaffen“, lächelte er verlegen und sah Daniel in die himmelblauen Augen. „Und ich bezweifele, dass Dustin von sowas Ahnung hat.“ „Uh, dann bleibt es wohl tatsächlich alles an mir hängen“, stöhnte Daniel frustriert. „Aber ich habe mir das selbst eingebrockt. Die Möbel gehen auch schnell, nur auf das Ausräumen und Tapete abreißen freue ich mich schon“, meinte er ironisch. Kurz knabberte Daniel an Serdalls Ohr, an das er aus seiner momentanen Position super herankam, dann ließ er den Kopf wieder auf dessen Schulter sinken. Serdall seufzte innerlich. Irgendwie war das Ganze nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte. Nie hätte er gedacht, dass Jana ihnen sozusagen die letzten Freiheiten rauben würde und sie nun so ziemlich verbannt hier unten im Wohnzimmer herumsitzen würden, dazu verdammt erledigt zu sein von einem anstrengenden Tag. Zumindest traf das auf Daniel zu, der immer ein wenig mit den Kräften am Ende war, wenn sie abends hier saßen. Nun etwas bedrückt setzte sich Serdall auf Daniels Schoß und umarmte ihn fest, nur um seine Nähe zu spüren. Die Tage waren immer viel zu lebhaft. Sie waren so viele Leute im Haus und wenn Daniels Familie zu Besuch war, war es noch schlimmer, fast unerträglich für Serdall. Er war lieber für die Ruhe, für die Stille, wenn das Haus einmal leer war. Diese Zeit hatte er sonst immer am Vormittag gehabt, wenn alle aus dem Haus waren, aber jetzt mit Jana und Yoshiko war er fast nie allein und das machte ihm schon zu schaffen. „Du wolltest es so“, murmelte Serdall noch auf Daniels Worte bezogen. „Es würde einen Anruf kosten und du hättest diese Anstrengungen nicht.“ „Ja, aber es wäre nicht dasselbe“, erwiderte Daniel. „Es ist schon etwas anderes, ob ich das Zimmer allein renoviere und einrichte oder ob ich das irgendwelche Handwerker und einen Innenarchitekten machen lasse. Ignoriere mein meckern einfach. Ich muss nur jemandem mein Leid klagen und mal klarstellen, wie arm ich doch dran bin.“ Leise lachend schlang Daniel die Arme um Serdall und küsste ihn kurz. Es bedeutete ihm wirklich viel, dass er Janas Zimmer mit seinen eigenen Händen für sie wohnlich machte. Irgendwie machte es ihn stolz, dass er jetzt schon aktiv etwas für seine Tochter tun konnte, außer sie eben normal zu versorgen. Mit beiden Händen durch Daniels Haare streichend, sah Serdall ihn nachdenklich an. Er teilte Daniels Ansichten in diesem Gebiet so ziemlich gar nicht. „Es wäre trotzdem schöner, wenn du deine Energien für andere Dinge aufsparen würdest. Mal ehrlich, du bist in der letzten Zeit schon ziemlich fertig und weißt kaum, wie du es schaffen sollst. Da willst du in deiner Freizeit auch noch ein Zimmer renovieren?“ Nicht begeistert lehnte Serdall seine Stirn an Daniels. Er könnte sich schöneres vorstellen, als nachts neben einem total erschöpften Daniel zu liegen. Die nächsten Tage würde das nämlich der Fall sein. „Es ist ja nicht für lange“, meinte Daniel zuversichtlich. „Wenn ich etwas Freiraum habe und du dich um Jana kümmern würdest, bin ich bestimmt in vier Tagen fertig. Dann ist alles wieder normal und ich habe etwas, von dem ich behaupten kann, dass es mein Werk ist.“ Serdall nickte schweigend. Ihm gefiel es zwar nicht, aber wenn Daniel es unbedingt wollte, dann sollte er eben dieses Zimmer renovieren. Sich darüber zu streiten wäre unsinnig. Seufzend lehnte er sich vollends gegen Daniel und vergrub sein Gesicht an seinem Hals. Wann war er wirklich mal wieder mit Daniel ein wenig für sich gewesen? Nicht mit der Heimlichtuerei in Daniels Zimmer. Wenn Serdall ehrlich zu sich war, war diese Situation wirklich schlimm für ihn. Jetzt, wo er Daniels Nähe spürte, den lieblichen Duft seines Parfüms in der Nase hatte und seine warmen Hände an seinem Rücken fühlte, wurde ihm klar, dass er ihn vermisste. Auch wenn Daniel da war, war er es irgendwie auch nicht. Serdall konnte es nicht richtig beschreiben, da es nur eines dieser unbemerkten Gefühle war, doch jetzt kam es langsam zu Tage. Jana stand irgendwo zwischen ihnen und hielt sie auf bittersüße Art und Weise auf Distanz. „Ich liebe dich“, hauchte Serdall, nach einer Weile, leise und küsste Daniel. Er hatte das Gefühl, dass er diese Worte schon ewig nicht mehr gesagt hatte. Lächelnd erwiderte Daniel das sanfte Zungenspiel und schob seine Hände unter Serdalls Pullover, um die weiche Haut zu liebkosen. Obwohl seine Tage momentan doch recht stressig waren, war er seit langem wirklich zufrieden. Zumindest fast. Jedenfalls war er viel ausgeglichener als früher. Er hatte jemanden, um den er sich den ganzen Tag kümmern konnte, der seine Pflege brauchte und der ihn auch forderte. Gut, Serdall verlangte all das auch von ihm, aber es war natürlich doch etwas ganz Anderes, ob er sich um Serdall oder um Jana kümmerte. Außerdem war er abends zwar müde, aber im positiven Sinne müde. Einzelner Wehrmutstropfen war eben die fehlende Zärtlichkeit mit Serdall, aber abends hatten sie normalerweise meistens die Gelegenheit dazu und die wollte Daniel jetzt auch nicht verstreichen lassen. Schlagartig wurde Serdall warm. Er wollte Daniel. In ihm war die ständige Sehnsucht nach ihm, doch er hielt sich selber zurück. Daniel war müde, das sah man ihm an und er würde total erschöpft sein, wenn Serdall das fordern würde, was er eigentlich wollte. Schief lächelnd löste sich Serdall von Daniel und strich kurz mit den Fingerrücken über seine Wange, ehe er aufstand und sich wieder neben ihm sinken ließ. „Lass uns noch die Nachrichten schauen und dann ins Bett gehen“, sagte er laut, während er wieder einen Arm um Daniel legte und mit dem anderen nach der Fernbedienung langte, um den Plasmafernseher anzustellen. Ziemlich verwirrt sah Daniel Serdall an. Es war schon lange her, seit sein Freund ihn das letzte Mal abgewiesen hatte. Vor allem seit Jana bei ihnen war, nutzten sie eigentlich die sich ihnen bietenden Gelegenheiten, um miteinander zu schlafen oder zumindest diverse Zärtlichkeiten auszutauschen. Dass Serdall jetzt nein sagte, konnte Daniel eigentlich überhaupt nicht nachvollziehen. Vielleicht war er einfach zu müde? Immerhin hatte er den ganzen Tag lang auf Jana aufpassen müssen, während Daniel mit seiner Mutter einkaufen war. Dann noch die kleine Meinungsverschiedenheit von vorhin. Daniel stutzte kurz. War das der Grund? Hing der kleine Streit Serdall noch in den Knochen? Er schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich war Serdall einfach nicht in der Stimmung und das war es. Er machte sich wohl mal wieder viel zu viele Gedanken. Seufzend kuschelte Daniel sich einfach an Serdall und ließ seinen Blick auf den Fernseher wandern. Die Nachrichten rauschten an Serdall vorbei. Wenn man ihn fragen würde, was besprochen worden war, hätte er es nicht wirklich sagen können. Seine Konzentration hatte sich auf Daniel gelegt. Auf die leisen Atemzüge, die sanft seine Haut am Hals kitzelten. Die wohlige und beruhigende Wärme, die Daniel verströmte, dieses verzehrende Gefühl, das Serdall neuerdings in seiner Nähe hatte. All dies machte ihn nervös und ließ ihn neben sich stehen. Als Daniel nach der Fernbedienung griff, um das Gerät abzustellen, bemerkte Serdall erst, dass er die Nachrichten nicht verfolgt, sondern verpasst hatte. Seufzend verschränkte Serdall seine Hand mit Daniels, um mit ihm zusammen nach oben zu gehen. Diese ganze Situation nahm ihn mit. Er wollte so nicht leben, wollte nicht all die Menschen um sich haben und dass Daniel nicht an jedem Abend müde war. Aber was konnte er tun? Daniel wollte sich um Jana kümmern, am liebsten in jeder Minute. Serdall wusste, dass er da nicht einschreiten durfte. Er hatte Daniel zu diesem Kind verholfen und durfte sich jetzt auch nicht beschweren. Daniel liebte Jana und Serdall tat das auch. Aber nicht, wenn dafür sein Liebesleben mit Daniel nahezu scheiterte. Serdall wollte nicht mehr nur dann mit Daniel schlafen, wenn sie mal ihre Ruhe hatten, Daniel trotzdem irgendwo ausgelaugt war und Serdall schon davor ein schlechtes Gewissen bekam. Sich ausziehend beobachtete Serdall Daniel etwas verstohlen. Sein Freund stöhnte erleichtert, als er endlich im Bett lag und Serdall nach dem Zähneputzen auch zu ihm kam, um ihn in die Arme zu schließen. Ende Kapitel 1 Anmerkung Hier sind wir wieder, nun angelangt beim definitiv letzten Teil von "Die Magie der Musik". Dreizehn Kapitel werden es wohl sein, die allerdings allesamt recht lang sind. Vielleicht, aber auch wirklich nur vielleicht kommt nach diesem Teil noch einmal ein Epilog, allerdings schreiben wir gerade schon an einer neuen Story und werden uns wohl eher darauf konzentrieren, so zwischen Studium und Party. ;) Also dann viel Spaß beim Lesen! Kapitel 2: ----------- Kapitel 2 Hustend wedelte Daniel mit dem Arm in der Staubwolke herum, die ihm beim Abreißen der Tapetenbahn entgegengekommen war. Da hatte wohl jemand beim Verputzen der Wand nicht sauber gearbeitet, denn von porösen Wänden konnte es bei dem neuen Haus garantiert nicht kommen. Seufzend strich er die letzte Tapetenbahn mit Wasser ein und räumte in der Zeit, die sie zum Einwirken brauchte, den Müll in einen der vielen im Zimmer stehenden gelben Säcke. Leicht geschafft aber glücklich sah er sich im Zimmer um. Heute Morgen hatte er mit Ethans Hilfe alle Möbel in den Flur geschafft. Anschließend hatte er gleich mit Tapete abreißen begonnen und noch diese eine Bahn und er war fertig. Den Teppich hatte er auch schon draußen, was allerdings die schnellste Arbeit war. Und heute am späten Nachmittag würde er sich dann ans Tapezieren machen. Zumindest an den Anfang. Freudig grinsend zog Daniel auch das letzte Stück Tapete von der Wand. „Na, du bist ja schon richtig weit“, grinste Dustin und lehnte sich in den Türrahmen, um Daniel lässig entgegenzublicken. Er war gerade von der Schule gekommen und hatte es sich nicht nehmen lassen in die dritte Etage zu kommen, um Daniel bei der Arbeit zuzusehen. Er grinste noch breiter, da er die Tapetenrollen im Flur gesehen hatte. Daniel hatte wirklich rosafarbene gewählt. Irgendwie war das zum Quieken. „Und, ist der Papa schon erschöpft?“ „Ach, geht eigentlich“, meinte Daniel und stopfte die letzte Tapetenbahn in den letzten Sack und verschnürte ihn. „Die Tapete ging super ab. Deswegen bin ich auch schon so weit. Ich hätte gedacht, dass ich den ganzen Tag zum Abreißen brauche, aber ich kann heute sogar schon anfangen. Wenn du magst kannst du die Wände abbürsten, dann hole ich den Tapeziertisch in der Zeit hoch.“ „Was krieg ich denn dafür?“, entgegnete Dustin grinsend und versperrte Daniel den Weg. „Überhaupt, warum machst du das selbst? Ist Al plötzlich zu knauserig, oder wie? Übrigens sollst du erst mal essen kommen. Yoshiko droht, dich eigenhändig runterzuholen, wenn du nicht in drei Sekunden unten bist.“ „Dann brauche ich mich wohl nicht mehr zu beeilen, da ich es in den drei Sekunden nicht mehr schaffen werde und scheinbar dann schon tot bin“, erwiderte Daniel nüchtern und streckte Dustin frech die Zunge raus. Allerdings machte er sich trotzdem auf den Weg nach unten. Er wollte Yoshiko und die Anderen auch nicht warten lassen. Außerdem hatte er sich eigentlich denken können, dass Dustin nichts ohne Gegenleistung tat. Grummelnd zog er sich ein Stück feuchte Tapete vom Finger. „Was willst du denn dafür haben, dass du mal fünf Minuten die Bürste schwingst?“, fragte Daniel. „Ach, und wegen deiner zweiten Frage: Ich mache es selbst, weil ich Janas Zimmer selbst gestalten möchte und da eine ganz andere Atmosphäre im Zimmer herrscht, wenn ich weiß, dass ich es selbst gemacht habe.“ „Hm, ich würde sagen du hast recht. Und ich helf dir auch so, solang es nicht stundenlang dauert. Schließlich hab ich auch noch die ganzen Arbeiten zu kontrollieren“, seufzte Dustin und vergrub die Hände in den Hosentaschen. Plötzlich lachte er und bückte sich im Flur nach einer der Tapetenrollen. „Da sind ja sogar weiße Herzen drauf“, kicherte er und besah sich das Modellfoto auf der Verpackung. „Wie süß!“ „Warum hört sich das bei dir nur so ironisch an?“, fragte Daniel mit hochgezogener Augenbraue. Er mochte die Tapete. Vor allem passte sie wunderbar zu den weißen Möbeln mit den rosa Einschüben, die er gekauft hatte. Nun gut, es gehörte von vorneherein alles zusammen. Er hatte im Möbelhaus diese Kinderzimmereinrichtung gesehen und sich sofort in sie verliebt. Von daher war es klar, dass alles zusammenpasste und es sah tatsächlich süß aus, wenn es aufgebaut war. Genau richtig für Jana. Und wenn sie ein paar Jahre älter war, konnte man nochmal neu tapezieren. Für immer konnte man die Tapeten ohnehin nicht dran lassen. „Weil du dir das einbildest“, lachte Dustin und legte die Rolle zurück, um Daniel dann ins Gesicht zu grinsen. „Aber es ist wirklich zu kitschig, wie du dich als Papi aufopferst. Ehrlich, Serdall sieht so aus, als ober sexuell unbefriedigt wär und du rennst ständig mit Augenringen durch die Gegend und scheinst nur noch Augen für Jana zu haben. Verkehrte Welt. Ich fühl mich irgendwie daran erinnert, wie Serdall mit Taki umgegangen ist, als Taki in Janas Alter war“, kicherte er. „Serdall ist garantiert nicht sexuell unbefriedigt, wenn er noch dazu in der Lage ist, mich zurückzuweisen“, grummelte Daniel. „Außerdem ist Serdall garantiert schlimmer als Vater bei Taki als ich bei Jana.“ Seine Augen weiteten sich leicht, als er daran dachte, wie extrem Serdall ab und an war. „Nein, ich bin garantiert nicht so schlimm“, wiederholte Daniel schockiert. „Nicht?“, fragte Dustin verblüfft und kratzte sich überlegend an der Stirn. „Okay, Serdall hätte für Taki wirklich nicht selbst das Zimmer renoviert, aber nur weil er dazu viel zu untalentiert ist und es dann nur schrecklich ausgesehen hätte. Nun, Serdall war aber wirklich nicht so schlimm wie du zurzeit“, gestand Dustin leise und lächelte Daniel schief an. „Schließlich war damals noch Louise da und er hatte noch nicht die höllische Angst irgendjemanden von den beiden zu verlieren. Das ist erst danach gekommen, nachdem er es am eigenen Leib erfahren hat. Aber sag mir mal, wie oft ihr beiden jetzt in den letzten Wochen, wo Jana da ist, ausgegangen seid. Und wenn es nur in ein Restaurant war, wann wart ihr das letzte Mal?“ Fragend sah Dustin in Daniels erschrocken nachdenkliches Gesicht. „Er ist mit Louise trotzdem jedes zweite Wochenende weg“, schob Dustin nach. „Und ich hab mich um Taki gekümmert.“ Daniel lehnte sich im Flur an die Wand und fuhr sich mit schlechtem Gewissen durch die Haare. Er musste zugeben, dass es tatsächlich ziemlich lange her war, seit er und Serdall was unternommen hatten. Nicht, dass sie vor Weihnachten und Janas Adoption viel gemacht hatten, aber sie waren zumindest zuhause zusammen gewesen und hatten eigentlich beschlossen, öfter wegzugehen. Stattdessen verbrachte Daniel jetzt jeden Tag der Woche von morgens bis abends mit seiner Tochter und wenn nicht dann stürzte er sich in irgendwelche anderen Arbeiten wie seine Klausuren oder eben jetzt die Renovierung von Janas neuem Zimmer. Vielleicht war Serdall deswegen gestern so abweisend gewesen? Aber warum sagte er ihm denn nichts? „Man, wenn ich mich teilen könnte, würde ich mir jetzt in den Arsch treten, weil ich mal wieder so vollkommen blind war“, murmelte Daniel frustriert. „Naja, noch ist es nicht zu spät, oder? Anscheinend ist es Serdall noch nicht zu viel, aber ich würde mich an seiner Stelle schon längst beschwert haben“, gestand Dustin und legte den Kopf leicht schräg. „Wie oft habt ihr eigentlich jetzt noch Sex?“, fragte Dustin ernst. „Selten“, gestand Daniel seufzend. „Jetzt wieder öfter, aber während ich meine Klausuren hatte, war so gut wie gar nichts. Momentan ungefähr alle zwei Tage, aber trotzdem kein Vergleich zu früher. Wahrscheinlich mute ich mir wirklich einfach zu viel zu. Ich bin immer bei Jana, wenn ich nichts Dringendes zu tun habe. Aber es wird besser werden, wenn sie nächstes Jahr in den Kindergarten geht. Allerdings ist der normalerweise auch nur bis mittags und das ist genau meine Zeit in der Uni. Also doch keine Erleichterung.“ Langsam fiel Daniel wirklich mal auf, was er sich zugemutet hatte. Generell bewältigte er die Situation eigentlich ziemlich gut, zumindest ging es Jana eigentlich super, nur kam sein Liebesleben dadurch viel zu kurz und das konnte auf die Dauer auch nicht so bleiben. Vor allem da er Serdall eigentlich zugesagt hatte, als sie das erste Mal über eine anstehende Adoption gesprochen hatten, dass er sich nicht um die Kleine kümmern musste und jetzt hatte er sie vor allem während Daniel lernen musste fast die ganze Zeit bei sich gehabt. Er musste sich auf gewisse Art und Weise auch ziemlich verschaukelt vorkommen. „Verstehe“, murmelte Dustin und schien zu überlegen. Es war wirklich bemerkenswert, dass sich Daniel und Serdall trotzdem noch nicht irgendwie in den Haaren lagen, bei dieser Situation. Auch von Daniel hatte er eigentlich anderes erwartet. Dass er sich eher den Sex von Serdall holte, da er ja eigentlich noch ziemlich jung und schon immer ungeduldig gewesen war. „Naja, solange Serdall sich nicht wirklich beschwert, brennt es ja noch nicht. Trotzdem, ich wollte dich nur einmal darauf hinweisen“, erklärte sich Dustin. „Was auch gut so gewesen ist“, meinte Daniel und stieß sich von der Wand ab, um endlich nach unten zum Essen zu gehen. „Man, ich war so in der ganzen neuen Situation und der ganzen Arbeit gefangen, dass ich mal wieder überhaupt nichts mitbekommen habe“, seufzte er ziemlich fassungslos. Wie oft traten solche Situationen noch ein, in denen er praktisch blind durchs Leben rannte? Gemeinsam betraten sie die Küche, wo Serdall, Taki, Ethan, Jana und Yoshiko schon zusammen am Tisch saßen und wirklich nur noch auf sie zu warten schienen. Daniel setzte sich neben Dustin auf die noch freien Plätze und sah Serdall kurz schuldbewusst an, bevor er sich sein Essen auftat. Recht gemütlich saßen sie dennoch beisammen und aßen, doch Serdall schien irgendwie in Unruhe. Sie waren jetzt zu siebt an diesem Tisch und er fühlte sich schlichtweg eingeengt. Auch, weil er vorhin in der Zeitung etwas Interessantes gelesen hatte. Es war ein Bericht über einen Wettbewerb gewesen, für Violinisten aller Altersklassen. Aus unerfindlichen Gründen hatte er das dringende Bedürfnis daran teilzunehmen. Er war schon ewig nicht mehr für andere Leute spielen gewesen. Kein einziger Auftritt in den letzten zwei Monaten. Dann noch die ganze Situation in diesem Haus und es brannte in ihm regelrecht, auf irgendeiner Bühne zu stehen und angemessene Beachtung zu erfahren. Er wollte seine Geige spielen und im Rampenlicht stehen. Es war eine schiere Ewigkeit her, dass er auf einer richtigen Bühne gestanden hatte. Und jetzt, wo er glaubte hier unterzugehen, wollte er es unbedingt. Er wollte an diesem Wettbewerb teilnehmen. Auch wenn er dafür das Wochenende von Daniel getrennt war. Der Wettbewerb war international und fand in einem Hotel statt, das für die beiden Tage alle Musiker aufnahm. Seine Anmeldung würde fast zu spät sein, doch er würde sich schon irgendwie in diesen Wettbewerb bekommen, das war nicht das Problem. Das Problem war vielleicht Daniel. Würde er ihn dafür gehen lassen? Serdall stellte erschrocken fest, dass Daniel sagen konnte, was er wollte, er würde trotzdem daran teilnehmen. Daniel sah in dem Moment auf und lächelte Serdall entschuldigend an. An ihm nagte immer noch das schlechte Gewissen, dass er so egoistisch gewesen war und mal wieder nicht darüber nachgedacht hatte, dass Serdall unter der Situation gerade wohl mehr litt als er selbst, da er eben keine Ablenkung in Form einer immer beschäftigt werden wollenden neunzehn Monate alten Tochter hatte. Zufrieden und satt stöhnte Dustin plötzlich und schob den Teller von sich. „Vielen Dank, Yoshiko. Es hat wunderbar geschmeckt“, merkte er zwinkernd an. „Daniel? Ich geh schon einmal hoch und bürste die Wände ab, okay? Dann kannst du dich noch einen Moment ausruhen.“ „Darf ich mitkommen?“, fragte Taki Dustin, als der schon aufgestanden war. „Klar, du darfst sogar bürsten“, kicherte Dustin und die beiden gingen nach oben. Serdall half Yoshiko, ebenso wie Ethan, den Tisch abzuräumen, während Daniel sich wieder kurz mit Jana beschäftigte und ihr von ihrem Zimmer erzählte. Seufzend hob Serdall sie aus ihrem Hochstuhl, nachdem Daniel ihr Hände und Gesicht saubergewischt hatte. „Ich werde mit ihr noch eine Runde spazieren gehen, okay? Sie war heut die ganze Zeit drinnen.“ „Ja, ist in Ordnung“, antwortete Daniel und ging dann mit einem letzten Blick in die Küche nach oben. Er würde heute Abend in Ruhe mit Serdall reden, wenn Jana im Bett war. Jetzt war es zu stressig und Serdall hatte zugestimmt, sich die nächsten Tage um die Kleine zu kümmern, sodass Daniel jetzt eigentlich kein schlechtes Gewissen haben brauchte, dass er sich nicht selbst um seine Tochter kümmerte. Mit seinem gefassten Entschluss ging Daniel mitsamt Tapeziertisch und den anderen notwendigen Utensilien nach oben in Janas neues Zimmer. Er nahm sich das Rollmaß, suchte sich eine Ecke aus und maß die erste Bahn ab. Genau zwei Stunden war Serdall mit Jana unterwegs, bevor er wieder mit ihr heimkam. Er verstaute den Kinderwagen in der Garage und ging, mit Jana auf dem Arm, ins Haus. Sie war mal wieder dabei ihn an den Haaren zu ziehen, als er sich vor sie hinkniete, um ihr die Schuhe zu öffnen und die Jacke und Mütze auszuziehen. „Jana“, murrte er leise und sie lachte vergnügt, weil er dabei ziemlich brummte. Lachend schnappte er sie sich, nach dem er sich selbst soweit ausgezogen hatte und wirbelte sie durch die Luft. „Soll ich der kleinen Dame etwas auf der Geige vorspielen?“, fragte er laut, während er sie immer noch in die Luft stemmte. „Nein!“, meinte sie ernst und Serdall zog ein gespielt gekränktes Gesicht. „Nicht? Aber ich möchte so gerne“, meinte er halblaut und zog sie wieder an seine Brust, während er zum Regal schritt, auf dem sein Geigenkasten lag. Jana schien jetzt zu verstehen und streckte die Arme danach aus. „Geige!“, rief sie und Serdall lächelte. Das verstand sie also doch eher. Er setzte sie in ihren Laufstall in der Ecke und holte dann seine Geige, um sich vor sie zu setzen. Kurz spannte er geübt den Bogen und vermerkte für sich, dass er die Haare demnächst wieder mit Kolophonium einreiben musste. „So, Madame Jana“, meinte er lächelnd, als sie ihm gespannt gegenübersaß und schon vorfreudig in die Hände klatschte. Serdall saß im Schneidersitz und atmete einmal tief durch, bevor er die Augen schloss und versuchte eine Melodie zu finden. Es gelang ihm leicht, da er Jana und Daniel im Kopf hatte und so eine federleichte, liebevolle und herzliche Melodie anzustimmen begann. Kurz nachdem er angefangen hatte zu spielen, kam Daniel allerdings ins Wohnzimmer. In seinen Haaren klebte etwas getrockneter Kleister und seine Kleidung sah nicht viel besser aus. Mit leidlicher Miene lehnte er sich in den Türrahmen und warf Dustin, der kichernd hinter ihm stand, einen vernichtenden Blick zu. „Die Wände oben sind irgendwie schief“, grummelte er zwischen zusammengebissenen Zähnen, als Serdall seine Geige wieder abgesetzt hatte. „Die sind gerade“, hielt Serdall ernst dagegen und stand auf, um seine Geige wieder wegzulegen. Irgendwie war ihm jetzt nicht mehr nach spielen zumute. Er hob kurz Jana auf seinen Arm und ging dann zu Daniel, der in seinen Augen ziemlich schmutzig wirkte. Dustin kicherte, trotz Serdalls etwas genervtem Blick. „Also schief ist doch nicht schlecht. Jana wird eben ein echt fesches Zimmer bekommen, mit schief wirkenden Wänden. Richtig à la Pisa!“ Serdall zischte Dustin leise an, da diese Kommentare total unangebracht waren. „Halt einfach den Mund, Dustin“, knurrte er und sah dann Daniel in die himmelblauen Augen. „Und was nun? Die Wände sind nicht schief, du hast die Bahnen schräg angebracht. Gut, soll ich also die Fachmänner kommen lassen, oder nicht?“ Daniel kniff irgendwie getroffen die Lippen zusammen. Er wusste nicht, was er sich von Serdall erwartet hatte, doch nicht diese total egal Haltung. Scheinbar hatte er nur darauf gewartet, dass Daniel angekrochen kam, schon vorher gewusst, dass er es sowieso nicht schaffen würde. Dabei hatte Daniel noch nicht einmal eine Ahnung, was er falsch gemacht hatte. Die Bahn sah ziemlich gerade aus, also warum hatte sich ein scheinbar schiefer Trend immer weiter fortgesetzt, sodass sie zum Schluss eine ziemlich schiefe Lücke zwischen der letzten Bahn an der einen Wand und der Ecke zur anderen, noch nicht tapezierten Wand hatten? „Bitte, ruf sie an“, meinte Daniel mit einer gespielt gleichgültigen Handbewegung. „Ich hatte meinen Versuch, ich habe es nicht hinbekommen, also sind jetzt wohl die Profis an der Reihe.“ Dustin zog überrascht die Augenbrauen hoch, während Serdall schon zum Telefon ging und sich das Telefonbuch griff. „Was ist denn jetzt kaputt?“, fragte er perplex und sah Daniel nicht verstehend an. „Er blafft dich an und du gibst einfach nach? Serdall war gemein zu dir, Daniel“, knurrte er leise und sah seinen Schwager kurz über die Schulter an, als der schon mit einer Firma sprach. „Schließlich liegt dir echt viel an dem Zimmer.“ „Was soll ich machen?“, wollte Daniel leicht grantig wissen. „Ich schaffe es nun mal nicht allein. Gerade weil mir etwas an dem Zimmer liegt, sollte wenigstens die Tapete nicht schief sein. Teppich kann ich verlegen und Möbel aufbauen, aber zum Tapezieren bin ich eben nicht in der Lage. Und scheinbar ist die Situation momentan für ihn tatsächlich ziemlich scheiße, sonst würde er auch kapieren, worum es mir geht.“ Fahrig strich sich Dustin durch die blonden Haare und seufzte. Das fing ja mal wieder gut mit den beiden an. „Ihr solltet echt reden, bevor es wieder Krach gibt“, merkte Dustin an und wandte sich dann um. Den beiden musste man echt einen gehörigen Arschtritt geben. Serdall und Daniel waren manchmal total schwierig. Serdall legte im nächsten Moment auf und sah dann zu Daniel. „Du solltest dich vielleicht duschen und ausruhen. Du bist blass im Gesicht“, meinte Serdall ernst und wandte sich dann Jana zu, die ihn am Ohr zog. Daniel schüttelte den Kopf und schnaubte leicht. Ja, sie sollten tatsächlich reden. Wenn Serdall, der sonst immer merkte, wenn mit ihm etwas nicht stimmte, mehrmals infolge seine empathischen Fähigkeiten eingebüßt zu haben schien, dann war ein Gespräch wohl unvermeidlich. Denn das Letzte, was Daniel machen wollte, wenn er schon nicht tapezieren würde, war wenigstens zu helfen oder zuzuschauen. „Wann kommen die Leute eigentlich?“, fragte er Serdall. „Morgen, halb neun“, erwiderte Serdall und ging auf Daniel zu, der immer noch im Türrahmen lehnte und ziemlich fertig aussah. „Hey, ruh dich endlich aus, okay? Ich will nicht, dass du dich noch total verausgabst“, meinte er leise und hauchte ein Kuss auf Daniels Lippen. Er schlängelte seine rechte in Daniels linke Hand und zog ihn mit sich nach oben und ließ sich nicht davon stören, dass Jana Gefallen daran fand, ihn an den Haaren zu zupfen. „Und jetzt ab unter die Dusche“, kommandierte Serdall Daniel, als sie im Schlafzimmer angekommen waren. „Okay“, seufzte Daniel und zog sich aus. Wenn Serdall so lieb war, konnte er ihm eigentlich gar nicht böse sein. Er machte sich eben nur Sorgen. Nur mussten sie wirklich nachher über die paar Missverständnisse reden. Bevor Daniel sich ins Badzimmer verzog, ging er noch einmal zu Serdall und lehnte sich an die Seite, in der sein Freund Jana nicht im Arm hielt. „Sag mal“, raunte Daniel leise in Serdalls Ohr, „meinst du, dass Yoshiko sich danach mal um Jana kümmern würde und sie auch ins Bett bringt? Ich möchte mal wieder etwas Zeit nur mit dir haben.“ Serdall biss sich auf die Unterlippe. Daniel sah nicht wirklich so aus, als ob er dafür noch genug Energie hatte. „Daniel, ich mein es ernst. Du siehst wirklich nicht gesund um die Nase herum aus. Schlaf doch einfach mal ein wenig, ja? Ich mache mir langsam Sorgen um dich“, erklärte Serdall leise und strich mit einer Hand über Daniels Stirn. „Mir geht es gut“, beschwerte Daniel sich. „Wir haben gestern Abend schon nichts gemacht, außer Nachrichten zu sehen und das Ausräumen des Zimmers und so weiter war zwar anstrengend, aber ich bin einundzwanzig und nicht einundachtzig. Ich verkrafte das, auch ohne danach total geschwächt zusammenzubrechen. Lass uns eine halbe Stunde ausruhen und ich bin wie neu.“ Immer noch nicht wirklich überzeugt runzelte Serdall die Stirn. Er war sich nicht sicher, ob eine halbe Stunde ausruhen wirklich den Defizit der letzten zwei Monate wettmachen würde. „Geh erst einmal duschen, danach sehen wir weiter.“ Sich geschlagen geben nickte Daniel. Das war zwar kein ja, aber auch kein nein. Wenn es sein musste, würde er sich irgendwelchen Abdeckstift ins Gesicht schmieren, um jede Spur von Müdigkeit zu retuschieren. Vielleicht sah er müde aus und er war bestimmt auch nicht ganz so fit wie vor Weihnachten, aber es war wirklich okay. Er stieg unter die Dusche und genoss das warme Wasser, das auf seinen Rücken prasselte. Serdall ging währenddessen einmal kurz in Janas zukünftiges Zimmer und musste sich ein Schmunzeln verkneifen, während er mit Jana nah an die rosa Tapete heranging. Vergnügt schlug Jana gegen die Wand und lachte. „Dir gefällt sie, was? Die hat ja auch dein Papa ausgesucht“, erklärte er ihr, während sie sich interessiert umsah. Ein paar Augenblicke später kehrte Serdall mit ihr ins Schlafzimmer zurück und legte sich mit Jana aufs Bett, um mit ihr zu spielen und ihre Körperteile zu benennen. Daran fand sie Gefallen und wusste auch fast immer, was gemeint war. Daniel kam nach dem Duschen mit um die Hüfte geschlungenem Handtuch aus dem Badezimmer, die Haare noch feucht, sodass einzelne Tropfen auf seinen nackten Oberkörper fielen. Er setzte sich zu Serdall und Jana aufs Bett und sah ihnen eine Zeit lang zu. „Und, hast du dich entschieden?“, fragte er Serdall. Serdall sah nur kurz zu Daniel und seine Wangen wurden allein bei dem Gedanken an Sex rot, dazu Daniels halbnackter, wirklich ansehnlicher Auftritt, machten es ihm wirklich schwer sich zu beherrschen. Er sah zurück zu Jana und spielte versucht ungerührt mit ihr weiter. „Kommt drauf an, wie du dich fühlst, Dan. Ehrlich, ich bin wirklich der Meinung, dass du nach deinen Klausuren und dem Stress mit Jana eine Auszeit brauchst. Keine Angst, ich bin dir deswegen auch nicht böse oder so“, versuchte er Daniel irgendwie umzustimmen, wobei er seine Augen weiterhin auf dem kleinen Mädchen behielt, um nicht auf falsche Gedanken zu kommen. Erschöpft, allerdings nicht vom Körperlichen her, sondern einfach nur dieses Gesprächsthema leid, ließ Daniel sich zur Seite kippen, sodass er nun ebenfalls auf dem Bett lag. „Serdall, ich bin kein kleines Kind mehr. Wenn ich nicht mehr kann, dann sage ich bescheid und schlage nicht im Gegenteil irgendwas vor. Das hört sich fast so an, als hättest du einfach keine Lust mit mir zu schlafen und würdest irgendwelche Ausreden suchen, um das zu vermeiden. Was meinst du überhaupt mit Auszeit? Zwei Wochen lang kein Sex und ja nichts Anderes, was mich etwas anstrengen könnte? Du hast es auch geschafft, dich um ein Kind zu kümmern und bist daran nicht eingegangen.“ Serdall nickte. Gut, Daniel wollte es also und Serdall würde es akzeptieren. Nun, was hieß akzeptieren? Er wollte es auch, aber er hatte schlichtweg Angst, dass es Daniel zu viel wurde. Seufzend erhob er sich und hob sich Jana auf den Arm. „Hier oder wollen wir wegfahren? Dann bring ich Jana gleich zu Yoshiko“, gab er nun nach und präsentierte Daniel seine deutlich roten Wangen, damit der sah, dass er keineswegs keine Lust hatte mit ihm zu schlafen. „Nun, wenn du schon so fragst, dann lass uns wegfahren“, grinste Daniel, der sich königlich darüber amüsierte, dass Serdall die Hitze in den Kopf gestiegen war. Er konnte ihm erzählen, was er wollte, aber sein Körper hatte ihn noch immer verraten. „Wenn Yoshiko bis morgen früh auf Jana aufpassen würde, wäre das echt klasse. Wir machen uns eine schöne Nacht und wenn wir wiederkommen, sind die Tapezierer weg und ich kann mich schon ans Teppich verlegen machen. Aber bis dahin liegt noch eine heiße Nacht vor uns“, hauchte er nahe an Serdalls Gesicht und fuhr einmal kurz mit der Zunge die Unterlippe entlang. Jener stöhnte unterdrückt und schnappte nach Daniels Mund, um ihn kurz innig zu küssen, diese vorwitzige Zunge einen Moment lang zu schmecken, bevor er sich hastig löste. „Zieh dich an, ich rede solange mit Yoshiko“, erklärte er etwas aufgeregt und knallrot im Gesicht. Eine ganze Nacht mit Daniel! Wie sehr er das vermisst hatte, wie sehr er sich jetzt schon darauf freute. Eilig lief er mit Jana die Treppen herunter und fand Yoshiko in der Küche, da sie gerade dabei war, das Abendessen zu machen. Er erklärte ihr, dass er mit Daniel wegmusste und sie ganz dringend Jana nehmen müsse. Ihr wissender Blick in Serdalls Gesicht, ließ Serdall die Augen rollen und ihr Jana in die Arme drücken, da sie schlussendlich doch zustimmte. Serdall fegte wieder nach oben zu Daniel, der sich gerade einen Pullover über den Kopf zog. Schon jetzt ungeduldig fasste Serdall nach ihm, um ihn mit den Armen zu umschlingen und einen forschen Kuss zu fordern. Keuchend ließ Daniel sich auf den Kuss ein und tat seinen Teil dazu bei, um das Feuer, das schon jetzt in ihnen beiden brannte, immer weiter anzuheizen. „Ich liebe es, wenn du so bist“, stöhnte er leise und vergrub eine Hand in Serdalls Haaren, um ihn erneut in einen Kuss zu verwickeln. „Wir können auch jetzt hier“, schlug er atemlos vor und drängte Serdall zum Bett. „Einfach Janas Bett raus und in irgendein anderes Zimmer und wir müssen gar nicht erst wegfahren.“ „Zu umständlich“, keuchte Serdall, packte Daniel bei der Hand, schnappte sich Kondome und Gleitgel aus dem Nachtschrank, versenkte das Zeug kompliziert in seine und Daniels Hosentaschen, ehe sie zusammen nach unten liefen. Er griff nur nach Daniels und seinem Mantel, dem Haus- und Autoschlüssel und schlüpfte nachlässig in seine Schuhe, ehe er Daniel schon weiterzog und ihn ins Auto verfrachtete. Wenn sie daheim blieben, würde Daniel hundertprozentig nach Jana sehen wollen und das würde in einem Hotel eben nicht sein. Da konnten sie sich ganz auf sich selbst konzentrieren. Die Reifen quietschten leicht auf den nassen Steinen der Einfahrt, als er rückwärts heraus fuhr und das in einem beachtlichen Tempo. An jeder Ampel beugte sich Serdall zu Daniel, um ihn küssen, um ihn zu spüren, auch wenn jedes Mal hinter ihnen jemand hupte, weil die Ampel schon lange auf grün gesprungen war. Als sie endlich im Hotel ankamen, war Serdall froh, dass er einen langen Mantel trug, unter dem man seine Erregung nicht sehen konnte, die sich langsam aber sicher in seiner Hose abzeichnete. Sie checkten in einer Suite ein und kaum, dass die Tür hinter ihnen zu war, drückte Serdall Daniel dagegen, um ihn verlangend zu küssen. Der wusste schon gar nicht mehr, wohin mit seinen ganzen Emotionen. Es war so unendlich lange her, dass sie eine richtig leidenschaftliche Nacht erlebt hatten. Mal ab und an ein wenig Sex, aber das war nichts im Vergleich zu dem, was sie früher alles angestellt hatten. Daniel riss Serdall praktisch schon seine Sachen vom Leib und dachte noch mit seinen letzten funktionierenden Gehirnzellen daran, noch schnell in die Hosentasche zu greifen und die Kondome zu holen, damit sie nachher nicht noch einmal aufstehen mussten. Anschließend drängte Daniel seinen schon nackten Freund zum Bett, der auch nicht untätig geblieben war und ihn auch einer beachtlichen Menge seiner Kleidung beraubt hatte. Serdall japste erregt, als ihre nackten Leiber aufeinander trafen. Daniel schmiss die Kondome neben sie und Serdall packte das Gleitgel dazu, bevor er sich über Daniels flache Brust küsste, kurz an den rosa Brustwarzen knabberte und schon mit den Händen Daniels Beine spreizte und dessen Penis massierte. Sein ganzer Körper glühte, er schien innerlich nur aus einer sengenden Hitze zu bestehen, deren Zunder Daniel war. Serdall versuchte sich etwas zurückzunehmen, bevor er noch total hemmungslos über Daniel herfiel. Dennoch langte er schon nach dem Gleitgel, um Daniel kurz vorzubereiten. „Von vorne oder hinten?“, keuchte Serdall Daniel leise zu und sah ihm kurz in die lustverhangen Augen. Eine heiße Welle der Erregung schoss durch Daniel und er stöhnte zittrig auf. Er war so anders und einfach nur vollkommen krass, wenn Serdall so war. Allein deswegen sollte Daniel ihn ab und an mal an die kurze Leine legen, allerdings wollte er sich das selbst nicht antun. „Erst von hinten“, meinte er deswegen abgehackt und rollte sich schon mal auf den Bauch. „Und wage es ja nicht, es wieder hinauszuzögern. Mach es hart.“ Serdall rollte die Augen. Daniel war schon immer irgendwie versaut gewesen, aber solche Sprüche zu bringen, war schon lange nicht mehr vorgekommen bei ihm. Kopfschüttelnd und grinsend präparierte Serdall sein Glied. Er hielt einen Moment inne, betrachtete Daniels schöne Rückansicht, strich über Daniels Taille, den Po, die Oberschenkel und bis hin zu den Kniekehlen und zurück zu den Hüften. Rau packte er Daniel dort und zog ihn in Position. Vorsorglich schmierte Serdall sein Glied noch mit Gleitgel ein, bevor er langsam in Daniel eindrang und ihm eine kleine Gewöhnungsphase gewährte. Alsbald begann er zuzustoßen, so wie es Daniel sich gewünscht hatte und so wie es ihm selbst gerade sehr angenehm war. Lustvoll aufstöhnend spreizte Daniel seine Beine noch etwas weiter. Einmal um besseren Halt zu bekommen, andererseits, um Serdall mehr Bewegungsspielraum zu geben. Er kam den Bewegungen entgegen und verdrehte stöhnend die Augen. Wie er das vermisst hatte, diesen hemmungslosen Sex ohne Rücksicht auf den Schlaf eines Kindes oder irgendwelche Mitbewohner, die vielleicht etwas von einem wollten oder auch einfach nur zuhören konnten. Keuchend verbiss sich Daniel im Laken und krallte seine Hände ins Kopfkissen. Schweiß perlte Serdall von der Stirn, während er sein Becken weiter rhythmisch bewegte und in Daniel versank. Himmel, normal war es nicht sein Fall dieser Art von Sex zu frönen, aber gerade ging es wirklich einfach nur darum, die eigentliche Enthaltsamkeit der letzten Monate zu kompensieren. Klar, sie hatten Sex gehabt, aber immer viel zu heimlich und zu kurz. Das hier war anders. Serdall spürte wie in all seinen Venen und Arterien das Blut hindurch jagte und ihm immer heißer wurde. Mit einer Hand drückte er leicht Daniels Kreuz durch, um den Winkel seiner Stöße geringfügig zu verändern. Heiser schrie Daniel auf, als Serdall seine Prostata jetzt voll und direkt reizte. Er langte mit seiner Hand nach dem Bettgestell und hielt sich sichernd daran fest, bevor er sein Becken jetzt noch härter gegen Serdalls schnellen ließ. Die Spannung, die sich in ihm aufbaute, wurde fast unerträglich und kurze Zeit später schrie Daniel befreit seinen Orgasmus hinaus. Serdall keuchte kurz unterdrückt, als er hart gequetscht wurde und sich nun auch ergab und sich die besagte Klippe hinunterstürzte. Erschöpft glitt Serdall aus Daniel heraus und sank neben ihm nieder, um einfach nur diesem Orgasmus nachzufühlen und den Emotionen in ihm zu lauschen, die sanft durch seine Nerven tanzten. Daniel robbte entkräftet zu ihm und schob sich nah an Serdall heran, wollte jetzt nicht von ihm getrennt, sondern so nah wie möglich sein. Lächelnd schloss er die Augen und hätte jetzt fast schon einschlafen können, weigerte sich aber strikt dagegen. Er war zwar fürs Erste befriedigt, aber das sollte nicht das Letzte gewesen sein, was heute Abend hier stattfand. Serdall sah auf Daniel zufriedenes, aber schläfrig wirkendes Gesicht und griff nach dessen Kinn. „Ich hoffe du weißt, dass es heute ganz sicher keinen Schlaf gibt“, erklärte Serdall leise und rollte sich schon mit Daniel herum, um sich gleich wieder zwischen seine Beine zu schieben. Unachtsam zog er das Kondom von seinem eigenen Penis und schmiss es verknotet aus dem Bett. „Und ich denke, dass wir sowas ab jetzt öfters machen“, hauchte er an Daniels Lippen und schloss die Finger um Daniels wieder schlaffes Glied. „Ach, wer hat denn vorhin noch gesagt, dass ich mich ausruhen und schonen soll? Ich meine mich zu erinnern, dass du das warst“, neckte Daniel und versuchte Serdalls Finger in seinem Schritt vorerst noch auszublenden. „Aber es ist ja nicht so, als würde ich es nicht auch begrüßen, ab und an mal wegzukommen und solche Nächte mit dir wieder zu erleben. Wobei sie die nächsten Male wohl nicht so heiß werden, weil nicht ganz so viel enthaltsame Zeit dazwischen liegen wird. Hoffentlich.“ Bezeichnend zog Serdall eine Augenbraue nach oben, bevor er seine Hände aus Daniels untere Regionen nahm und nach seinen Händen griff, um sie mit seinen zu verschränken. Einen Moment lang blieb sein Blick an der hellen Narbe am linken Handgelenk hängen, die nur zu gut von ihren Schwierigkeiten des letzten Jahres zeugte. Serdall wollte, dass nie wieder so etwas wie damals geschah, dass sie so oft getrennt waren, sich so sehr stritten und sich trotzdem über alles liebten. „Weißt du, wenn wir gerade bei dem Thema sind…“ Serdall atmete einmal tief durch. „Ich hab mich in der letzten Zeit ziemlich vernachlässigt gefühlt“, gab er zu und senkte verlegen seinen Blick auf Daniels Bauch, betrachtete dort interessiert dessen Nabel. Es war ihm peinlich, dass er es einerseits erst jetzt sagte und andererseits, dass er es überhaupt sagte, da Daniel ja von nun an sowieso öfter mit ihm so etwas machen wollte. Daniel sah ebenfalls unangenehm berührt zur Seite. Dustin hatte mal wieder recht gehabt und er selbst war mal wieder vollkommen blind durchs Leben gelaufen. Seufzend verwob er seine Finger in Serdalls Haaren und bewegte dessen Kopf vorsichtig so, dass er ihn ansehen musste. „Ich weiß“, meinte Daniel leise und schuldbewusst. „Das ist mir jetzt auch aufgefallen, auch wenn ich gestehen muss, dass ich es mal wieder nicht ohne Hilfe kapiert habe, aber es ist doch noch in meinen Schädel reingegangen. Deswegen wollte ich diesen Abend auch unbedingt für uns allein haben.“ Serdall nickte. Also hatte Dustin sich wieder eingemischt. Sein Schwager hatte zum Glück das richtige Gespür und schien auch Serdall zu verstehen und auch auf sie aufzupassen. Serdall würde sich noch einmal bei ihm dafür bedanken. Ohne Dustin wäre wohl vieles nicht soweit gekommen, wie es jetzt war und Serdall hätte wohl nur wieder geschwiegen, bis es erneut zu spät gewesen war, bis er es nicht mehr ausgehalten hätte. Seufzend bettete er seinen Kopf auf Daniels Brust und schloss die Augen. Es wäre furchtbar, wenn sie sich wieder irgendwie streiten würden und das schlimmere Ausmaße hätte. „Ich muss dir noch etwas erzählen“, murmelte Serdall leise und richtete sich in soweit auf, dass er Daniel ins Gesicht sehen konnte. „Am nächsten Wochenende musst du dich allein um Jana kümmern. Ich möchte an einem Wettbewerb für Violinisten teilnehmen.“ „Ahja“, meinte Daniel verwirrt. Erstaunt sah er Serdall an. Das war mal etwas ganz Neues. Serdall trat freiwillig bei einem Wettbewerb auf? Gut, ab und an sprang er mal für ein Konzert bei einem Orchester ein, spielte mal in kleinem Rahmen bei einer Familienfeier, wenn er darum gebeten wurde, aber er war zumindest unter Fachleuten und in der Umgebung bekannt, er musst sich nicht beweisen. Allerdings schien ihn jetzt etwas an dem öffentlichen Auftritt anzuziehen und Daniel wäre der Letzte, der Serdall an sein Haus fesseln würde, so selten, wie sein Freund es freiwillig verließ. „Kein Problem, ich kümmere mich um Jana“, erwiderte Daniel schließlich. „Immerhin ist sie ja auch meine Tochter und es war nett genug von dir, dass du sie immer umsorgst, wenn ich keine Zeit habe, was in den letzten Wochen leider häufiger vorgekommen ist. Ich würde dich auch sehr gerne begleiten, allerdings will ich Jana nicht schon wieder Yoshiko aufbürden und wenn ich es richtig verstanden habe, fährt sie am Wochenende ohnehin mit Robin weg. Aber ich drück dir die Daumen, so viel ist sicher. Falls du das überhaupt nötig hast.“ Grinsend sah Daniel zu Serdall hinauf. Serdall lächelte zurück. Er wollte sich damit selbst endlich genügend Anerkennung verschaffen. Hatte keine Lust mehr, sich ständig um Jana, Taki, oder Daniel zu kümmern und dabei selbst total zu kurz zu kommen, so wie es in den letzten Tagen der Fall gewesen war. „Ich möchte einfach mal wieder richtig meine Geige spielen können, wieder das Gefühl haben, dass ich besonders bin“, erklärte er sich leise und wurde leicht rot um die Nase. Es klang vielleicht arrogant und egozentrisch, aber Daniel wollte er wenigstens den Grund wissen lassen. „Angemeldet bin ich auch schon, seit heute Nachmittag“, schob er nach. „Freitagmorgen ist die Einführungsveranstaltung.“ Leicht zog Daniel die Augenbraue nach oben. Es war ja schön, dass Serdall ihm so früh Bescheid sagte, dass und warum er das Wochenende nicht da war, aber er hätte gerne schon vor der Anmeldung gewusst, was Serdall vorhatte. Vielleicht war aber auch einfach keine Zeit gewesen, darüber zu reden. Die letzten Tage waren mit Renovierung und Einkauf schon ziemlich vollgepackt gewesen. Lächelnd strich Daniel Serdall eine freche Ponysträhne aus der Stirn. „Meinen Segen hast du“, gab Daniel schmunzelnd bekannt. „Wobei du ohnehin nicht meine Erlaubnis brauchst, um dich irgendwo einzuschreiben. Aber es ist doch schön, wenn du mal wieder irgendwo spielst, wo man deine Musik auch schätzt. Bei uns zuhause hören dir zwar auch alle gern zu, aber es ist eher so Begleitmusik und auch irgendwie Alltag geworden. Außerdem wäre es auch Verschwendung, wenn du dein Talent nicht nutzen würdest.“ Glücklich küsste Serdall Daniel auf den Mund. Ja, es wäre wirklich mal wieder schön, Applaus für sein Talent zu bekommen. Nicht, dass er das ewig wollte, aber nur jetzt brauchte er das gerade und er war aufgeregt, allein wenn er daran dachte. Ihm kribbelten schon jetzt die Finger. „Naja, ich will es nicht nutzen. Also es geht mir nicht um Geld oder um das Gewinnen, sondern einfach um das Spielen und die Beachtung. Natürlich will ich keine Lobhuldigungen oder sowas“, Serdall verzog angewidert das Gesicht, während seine Hände über Daniels Oberschenkel wanderten. „Ich will einfach die Atmosphäre genießen, die Ernsthaftigkeit der anderen Violinisten spüren, die Rivalität und einmal mehr mir beweisen, dass ich gut bin. Für mich ist das auch das erste Mal, dass ich an sowas teilnehme“, gestand er leise und lächelte schief. Und er gestand sich selbst ein, dass es ihm mal gut tun würde, nicht den ganzen Trubel daheim zu haben. Klar, er liebte Daniel, Taki und Jana, aber momentan wurde ihm das einfach zu viel. Selbst daheim hatte er keine Ruhe mehr. Es würde zwar nicht besser werden bei diesem Wettbewerb, aber er würde wenigstens mal wieder nur seine Geige und sich haben. „Ich verstehe“, nickte Daniel und er meinte es wirklich so. Serdall liebte seine Geige und es war nun einmal nicht dasselbe, ob man zuhause vor sich hin geigte oder vor einem großen Publikum, das die persönliche Leistung zu schätzen wusste. Daniel schlang seine Arme um Serdall und drehte sich mit ihm einmal herum. Von oben herab sah er seinen Freund jetzt mit leicht schiefgelegtem Kopf an. „So“, meinte Daniel lang gezogen, „und da ich dich jetzt am Wochenende entbehren muss und ich die nächsten Tage erst einmal Janas Zimmer fertig machen werde und wir nicht zu so viel kommen werden, möchte ich jetzt ganz viel noch nachholen und schon vorträglich machen“, grinste er. „Nun“, erwiderte Serdall lächelnd und schlang die langen Beine um Daniels Hüfte. „Das ist genau das, was mir auch vorschwebte“, grinste er und zog Daniel zu einem verzehrenden Kuss zu sich. Erneut rollte sich Serdall mit Daniel herum und schnappte nach einer kleinen Rauferei seine Hände und brachte sein Gesicht nahe an Daniels. „Hm, ich bin jetzt für langsamen und verrücktmachenden Sex“, hauchte er verschmitzt lächelnd, was Daniel ein frustriertes Gesicht machen ließ. Serdall lachte in sich hinein. Daniel mochte es zwar lieber schnell, aber Serdall wusste nur zu gut, dass es ihm anders auch gefiel. Außerdem hatten sie eine ganze Nacht, da konnten sie wirklich alles tun, was sie wollten. „Serdall, kommst du?“, fragte Daniel am nächsten Tag gegen Mittag und lief schon aufgescheucht vor der Tür der Suite auf und ab. Gut, er stakste eher etwas auf und ab, aber was wollte man nach einer solchen Nacht auch anderes erwarten? Da war es auch kein Wunder, dass sogar er heute bis vor einer halben Stunde geschlafen hatte. Serdall hätte wahrscheinlich noch bis zum Nachmittag durchgeschlafen, wenn Daniel ihn nicht geweckt hätte, doch er wollte jetzt unbedingt los. Die Leute, die kamen um zu tapezieren, waren bestimmt schon fertig wenn man mal bedachte, mit wie vielen Leuten sie laut Serdall kommen wollten. Da konnte bestimmt jeder in einer Ecke anfangen und der Raum war schnell fertig. Daniel wollte sich das Ergebnis ansehen und dann musste er auch schon den Teppich kaufen gehen, sonst konnte er nicht weitermachen. Allerdings konnten seine Pläne alle nicht in die Tat umgesetzt werden, wenn Serdall nicht endlich mal in die Socken kam. „Ja“, murrte Serdall gähnend und suchte seine Unterhose, die seltsamerweise unter dem Bett lag. Knurrend bückte er sich und holte sie vor, um sich nun endlich anzuziehen. Als Daniel zum fünften Mal orientierungslos an ihm vorbeilief reichte es Serdall. Er packte Daniel im Nacken und zog ihn zu sich, um ihn forsch auf die roten Lippen zu küssen. „Es wird toll aussehen und wir können gleich auf dem Rückweg einen Teppich kaufen fahren, okay?“, sagte er nachdrücklich und sah Daniel grinsend in die Augen. Es war immer zu niedlich, wenn sein Freund so o-beinig durch die Gegend lief, aber wenn er nervös war, machte das Serdall unruhig. „Du gehst mit mir freiwillig einkaufen?“, fragte Daniel ungläubig. „Wo ist der Haken? Oder womit habe ich das verdient?“, wollte er wissen. Mit hochgezogener Augenbraue sah er dabei zu, wie Serdall nun auch in seine Schuhe und seinen Mantel schlüpfte. Es war schon seltsam. Eigentlich drückte Serdall sich um alles, was mit Shopping zu tun hatte, nach Daniels Kaufrausch letztens wohl noch mehr. Trotzdem bot er jetzt seine Hilfe an? „Weil ich unglaublich gut befriedigt wurde letzte Nacht und ich aufpassen möchte, dass du nicht wieder sinnloses Zeug kaufst“, gestand Serdall grinsend. Wer wusste denn schon, ob Daniel nicht noch einen Teppich für irgendein anderes Zimmer kaufte, der Serdall nicht gefallen würde. „Außerdem, Teppich zu kaufen geht schnell“, erklärte er und hauchte Daniel schmunzelnd einen Kuss auf die skeptisch verzogenen Lippen. „Übernimmst du also die Rolle meines Wachhundes“, grummelte Daniel und schnappte sich seine Jacke, bevor sie die Suite in Richtung Auto verließen. Wobei, Serdall hatte eigentlich jedes Recht, ihn nicht wieder allein loszuschicken. Er hatte das letzte Mal dann doch ziemlich übertrieben. „Ja, übernehme ich“, summte Serdall und ließ die Zentralverriegelung des Wagens aufschnappen. Jetzt war er gut gelaunt, was wohl überwiegend an der teuflisch guten Nacht lag und daran, dass Daniel gerade so süß schmollte. Bevor er den Wagen jedoch startete, schlang er erneut die Arme um Daniels Nacken und küsste ihn liebevoll. „Es ist nicht nur, weil du das letzte Mal viel zu viel gekauft hast. Ich möchte dir beim Aussuchen helfen und wenigstens da dabei sein und dir zur Seite stehen“, erklärte er leise. Er wollte nicht, dass sich Daniel noch wegen letztens schuldig fühlen musste. Das war besprochen und gut. „Das hast du süß gesagt“, lachte Daniel leise. „Lieb von dir.“ Er fand es wirklich super von Serdall, dass er ihn begleitete. Ganz alleine wollte Daniel eigentlich auch nicht gehen, ganz davon abgesehen, dass der Teppich zu zweit ohnehin einfacher ins Auto zu bekommen war. Wobei… Serdall würde den Teppich wohl nicht hochstemmen wollen, von daher mussten sie sowieso jemanden vom Personal dazu abbestellen, aber trotzdem war es um ein Vielfaches schöner mit Serdall durch die Gänge zu gehen, als alleine. Lächelnd drückte Serdall noch einen Kuss auf Daniels Lippen, ehe er den Motor startet und in die Stadt fuhr. Er kannte da einen guten Laden, der zwar teuer war, aber für ihren Geschmack bestimmt das richtige hatte. Serdall hielt auf einem der Behindertenparkplätze, da ansonsten alles belegt schien. Bei Daniels bösem Blick zuckte Serdall mit den Schultern und ging schon einmal voran in das Teppichhaus. Kopfschüttelnd schnappte Daniel sich noch schnell einen Einkaufswagen und stiefelte Serdall dann hinterher. Nun, in diesem Geschäft hätte er auch nicht mehr kaufen können als Teppich, denn das schien das Einzige zu sein, was es hier gab. Von daher fiel Serdalls Aufgabe als Wachhund schon mal weg und es blieb nur noch die nette Begleitperson. Sie streiften etwas an den verschiedenen Bodenbelägen entlang, als Daniel auf einmal große Augen bekam. „Die da“, hauchte er und zeigte auf eine weiche, flauschige, weiße Auslegware in ein paar Metern Entfernung. Serdalls Augenbraue wanderte in die Höhe und er folgte Daniels Blick, auf das strahlendweiße Material. Zusammen gingen sie auf die Rolle zu und Serdall ließ es sich nicht nehmen, einmal darüber zu streichen. Mit dem Rosa würde das wirklich großartig aussehen. „Der ist wirklich schön“, gestand er. „Hast du die Maße für Janas Zimmer im Kopf?“ „Ja“, erwiderte Daniel strahlend. Genau sowas hatte er sich vorgestellt. Er konnte noch gar nicht glauben, dass sie es tatsächlich fast auf Anhieb gefunden hatten. „Diese fünf Meter hier in der Breite sind optimal. Vier Meter wäre zu wenig. Dann müssen wir uns noch fünfeinhalb Meter abschneiden lassen und das war es.“ Lächelnd fuhr er ebenfalls einmal über das weiche Material. Serdall musste leise lachen. Daniel war wirklich total begeistert. Schnell winkte Serdall einen der Angestellten heran und der schnitt ihnen das Stück zu. Wie von Daniel vermutet ließ Serdall es nicht zu, dass sie selber die Auslegware schleppten, sondern beauftragte das Personal, sie schon einmal zu seinem Wagen zu bringen. Er gab Daniel den Wagenschlüssel, damit er zusammen mit den Männern zum Auto ging, während er die Rechnung beglich. Man musste die Rückbank umklappen und schaffte es irgendwie, die Auslegware ordentlich zu verstauen. Als Serdall kam, wurde gerade der Kofferraum nach unten bis auf den Teppich geklappt. Er gab ihnen ein kleines Trinkgeld und riss den Strafzettel von seiner Frontscheibe ab, der unter seinem Scheibenwischer klemmte. Seufzend setzte er sich in den Wagen und steckte den Zettel ins Portemonnaie. Den würde er später begleichen. Sie fuhren zurück nach Hause und Serdall kommandierte Dustin und Ethan ab, damit sie Daniel tragen halfen. Schließlich konnten sie wenigstens das tun, wenn sie so billig bei ihm lebten. Staunend blieb Daniel erst einmal im Zimmer stehen, als sie den Teppich abgelegt hatten. Die Tapete, richtig angebracht und nicht mehr schief, sah wirklich schön aus. Glücklicherweise war die Decke schon vorher weiß gewesen, sodass daran nichts mehr gemacht werden brauchte. Jetzt noch der weiße Teppich und die Möbel und es wäre perfekt. Dustin und Ethan verkrümelten sich schnell wieder und Daniel schnappte sich das Teppichmesser und machte sich an die Arbeit. Ein paar Stunden später war er fertig, der Teppich richtig geschnitten und die Leisten, die sie noch mit gekauft hatten, verlegt. Glücklich ging Daniel zu Serdalls ins Wohnzimmer. „Wo sind denn Dustin und Ethan schon wieder? Wenn wir schon mal die ersten Möbel hochtragen und ich mit aufbauen anfange, bin ich bestimmt schon morgen fertig.“ „Moment“, meinte Serdall und hielt Jana kurz fest, um sein Handy zu schnappen, das neben ihm lag und Dustin anzurufen. Höchstwahrscheinlich hatten sie sich wieder in ihr Zimmer verbarrikadiert und waren eifrig bei der Sache. „Ja“, fauchte Dustin ziemlich atemlos ins Telefon und Serdall grinste Daniel süffisant an. „Zieht euch an und helft Daniel bitte mit, die Möbel hochzutragen. Sonst überlege ich mir die mittlere Etage, ohne euer Wissen, räumen zu lassen“, erklärte Serdall und Dustin begann heftig zu fluchen und legte im nächsten Augenblick auf. „Sie sind gleich unten“, meinte Serdall amüsiert und kitzelte Jana, da sie auch telefonieren wollte. „Serdall“, stöhnte Daniel kopfschüttelnd und setzt sich auf die Couch. „Diese halbe Stunde hätte ich auch noch warten können. Dafür hättest du nicht…“ Er brach ab. Das war echt gemein gewesen. Serdall selbst wäre wohl auch ziemlich angefressen, wenn ihn irgendwer mitten beim Sex stören würde, aber selbst hatte er keine Skrupel, Dustin und Ethan einfach so zu unterbrechen. Serdall zuckte nur mit den Schultern. Er saß mit Jana auf dem Boden und jetzt legte er sich zurück und hielt sie lächelnd über sich, um sie immer ein wenig hochfliegen zu lassen. „Mal ehrlich, die treiben es ständig. Ein bisschen Arbeit tut ihnen mal gut. Und du glaubst doch wohl selber nicht, dass die beiden in einer halben Stunde fertig gewesen wären“, meinte Serdall und rieb grinsend seine Nase gegen Janas, ehe er sie wieder von sich in die Luft drückte. „Außerdem wirst du so schneller fertig.“ „Möglich“, meinte Daniel schulterzuckend. „Aber wenn man durch das Telefon hört, dass sie miteinander schlafen, werden sie wohl mittendrin gewesen sein und dann sind sie sehr wohl in einer halben Stunde fertig. Zumindest machen sie dann mal kurz Pause und du würdest nicht in einer blöden Situation stören. Aber jetzt ist es wohl ohnehin egal“, fügte er noch hinzu, als Dustin und Ethan die Treppe hinunter kamen, Dustin um ein Vielfaches finsterer dreinblickend als sein Freund. Entschuldigend sah Daniel ihnen entgegen. „Serdall, du bist so ein Arsch manchmal“, zischte Dustin auch gleich und Ethan strich ihm beruhigend über den Rücken. „Nicht vor Jana, Dustin“, knurrte Serdall und sah mit eisigem Blick zu ihm. Seufzend schüttelte der Blonde den Kopf. Serdall war mal wieder auf seiner komischen Tour, da brauchte er ihn nicht zu provozieren. „Na komm Daniel, ich möchte so schnell wie möglich da weitermachen, wo ich aufgehört habe“, murrte er und küsste Ethan noch einmal auf den rotgeschwollenen Mund. Daniel nickte und gemeinsam gingen sie nach draußen in die Garage. „Entschuldigt“, murmelte Daniel, als sie sich als erstes den Weg zum Bett bahnten, da das ganz hinten in der Ecke stehen würde. „Ich hätte wohl am besten selbst zu euch kommen sollen, wenn ihr nicht gerade beschäftigt gewesen wärt.“ „Schon okay“, murmelte Dustin und kratzte sich am Kopf. „Serdall hat das natürlich gleich wieder ausgenutzt, der Blödmann. Mal ehrlich, manchmal hab ich das Gefühl, er wäre durch und durch böse“, meinte er ernst und fasste an die eine Seite des Kinderbettkartons an und Daniel und Ethan übernahmen die andere. „Aber andererseits ist das ja nur hin und wieder seine Art. Vielleicht ist es auch nur sein bizarrer Sinn für Humor.“ „Ich würde fast letzteres vermuten“, murmelte Daniel. Serdall war in der Hinsicht, vor allem wenn es um Dustin ging, etwas zu fies veranlagt. Wahrscheinlich verschaffte ihm das tatsächlich in irgendeiner morbiden Art und Weise Genugtuung. Irgendwie war das doch fast zum Schmunzeln, wenn man so darüber nachdachte. Dustin grummelte nur Unverständliches und sie machten sich an die Arbeit, nachdem sie den Karton mit dem Bett so hingestellt hatten, wie Daniel es wollte. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie die ganzen Sachen nach oben geschafft hatten und sobald das letzte Teil oben angekommen war, gaben Dustin und Ethan Fersengeld und verschwanden wieder in die zweite Etage. Serdall kam mit Jana nach oben, als Daniel schon an dem ersten Möbelstück saß und die Bedienungsanleitung las. „Und du willst das wirklich alles allein zusammenbauen?“, fragte er und sah sich im Zimmer um. Die Tapete und die Auslegware waren wirklich genau richtig für ein Mädchenzimmer. Jana mutierte zur kleinen Prinzessin, wenn man es so sah. Serdall musste bei dem Gedanken lächeln. „Klar“, antwortete Daniel überzeugt. „Im Möbelzusammenbauen bin ich eigentlich ziemlich gut. Zumindest habe ich bei uns zuhause so ziemlich alles zusammengeschraubt. Ich bin da ja sozusagen der Mann im Haus, zumindest als ich ausgezogen bin, war ich es noch. Zwar wird es trotzdem etwas dauern, aber morgen gegen Nachmittag bin ich wohl mit allem hier fertig.“ Daniel sah sich im Zimmer um. Mit seinen dreiundzwanzig Quadratmetern war der Raum ziemlich groß, vor allem mit den kleinen Möbeln für Jana, aber er hatte ziemlich viele Sachen gekauft, beispielsweise kleine Sessel oder auch eine total süße Minicouch, sodass es nicht zu leer wirken würde. Die rosa Lampe hing schon an der Decke und der Rest würde folgen. Serdall setzte sich zusammen mit Jana neben Daniel. „Ich kann dir ja ein wenig Gesellschaft leisten“, meinte Serdall und sah von da an dabei zu, wie Daniel begann alles zusammenzubauen. Nebenbei beschäftigte er sich mit der kleinen Jana und las für Daniel die Bedienungsanleitung. Die erste Kommode war nach einer guten Stunde zusammengebaut und Jana klatschte begeistert in die Hände. „Toll, was dein Papa alles kann, was?“, lachte Serdall und hauchte einen Kuss auf Daniels, von der Anstrengung leicht gerötete Wange. „Klar, ich bin eben der Größte“, lachte Daniel leise, nahm Jana kurz auf den Arm und zeigte ihr die ganzen Schubladen. Er zuckte leicht mit der Nase, als ihm ein unangenehmer Geruch in die Nase stieg. Daniel hob Jana hoch und roch an ihrer Windel, bevor er aufseufzte. „Wickelst du sie oder soll ich?“, fragte er Serdall. „Ich mach schon. Bau du weiter die Möbel auf“, murmelte Serdall und nahm ihm Jana wieder ab, um kurz ins Badezimmer zu gehen, wo Janas Wickeltisch stand und ihr eine neue Windel anzulegen. Wie schön es auch mit einem Kind war, Serdall war froh gewesen, als Taki endlich weitestgehend selbstständig auf den Topf gegangen war. „Du kleiner Hosenscheißer“, murrte Serdall und machte sie sauber, ehe er wieder zurück zu Daniel ging. „So, frisch gewickelt und wieder bereit zum Zugucken“, lachte er und küsste Daniel, der gerade etwas nachdenklich eine neue Anleitung betrachtete. „Ich habe ihr hier jetzt ein Gitterbett in passender Farbe gekauft, das man angeblich ganz leicht in ein normales Bett umwandeln kann, wenn Jana in ein bis zwei Jahren soweit ist, aber ich habe den Mechanismus noch nicht so richtig verstanden. Aber erst einmal baue ich es am besten auf. Dann kann ich es immer noch versuchen.“ Gesagt getan. Frischen Mutes und mit einer frisch duftenden Tochter und einem nach der letzten Nacht wieder frischen und gut gelaunten Freund machte Daniel sich daran, ein paar weitere Möbel aufzubauen. Daniel schaffte es erst bis zum nächsten Abend das Zimmer fertig zu stellen und alle Möbel komplett aufzubauen. Er war gerade dabei Jana ins Bett zu bringen, während Serdall mal wieder Geige spielte. Er spielte sooft er konnte die ganze Woche über, um für den Wettbewerb genügend in Form zu sein. Ende Kapitel 2 Kapitel 3: ----------- Kapitel 3 Serdall war am Donnerstagabend mehr aufgeregt als ruhig und kontrollierte seine Geige seit gut einer Stunde. Er stimmte sie, überprüfte die Bogenhaare und rieb sie mit Kolophonium ein, damit sie genug Haftreibung hatten und putzte das Holz der Geige auf Hochglanz. Er wusste auch nicht woher diese Unruhe kam. Sie war einfach da. Es ging um nichts, trotzdem war er aufgeregt. Er würde Daniel, Taki und Jana von Freitagabend bis Sonntagnachmittag nicht sehen. Ihm war unwohl sie allein zu lassen, aber er sehnte sich auch nach diesen Auftritten. Sich zur Ruhe zwingend legte Serdall seine Geige ordentlich zurück auf ihr Regal und ging nach oben. Daniel war noch bei Jana im Zimmer und las ihr etwas vor. Serdall lehnte sich seufzend in den Türrahmen und beobachtete die beiden eine Weile unbemerkt. Als Jana schließlich langsam die Augen zufielen, beendete Daniel die Geschichte und zog die Decke noch ein Stück höher, bevor er seiner Tochter einen Kuss auf die Stirn gab, sich kurz streckte und dann in Richtung Tür umdrehte. Als er Serdall dort stehen sah, lächelte er. Leise ging Daniel auf ihn zu, schloss die Tür hinter ihnen und legte seine Arme um Serdalls Hüfte. „Na, aufgeregt?“, fragte er. „Irgendwie schon“, antwortete Serdall und vergrub seine Stirn in Daniels Halsbeuge. „Meinst du echt, ich kann euch für die paar Tage allein lassen, ohne dass ihr irgendetwas anstellt?“ Er schob Daniel während er sprach in ihr Schlafzimmer und schmiss die Tür mit den Fuß hinter sich zu, ehe er Daniel weiter zum Bett dirigierte. Seit Jana aus dem Zimmer war, lief wenigstens hier wieder alles in geordneten Bahnen. „Als ob ich nur auf diese Gelegenheit warten würde, um das Haus abzufackeln oder die Treppe runterzuspringen und mir irgendwas zu brechen“, grummelte Daniel, während er sich auf dem Bett niederließ und Serdall über sich zog. „Außerdem bin ich ja nicht mit Taki und Jana ganz allein, sondern Ethan, Yoshiko und Dustin sind auch noch da.“ Daniel stutzte. Yoshiko war in letzter Zeit mehr bei Robin als hier und Ethan und vor allem Dustin waren wohl nicht die zwei Personen, die Serdall seine Zweifel nehmen würden. Erst jetzt fiel Daniel auf, dass er sich nicht nur um Jana, sondern auch um Taki kümmern musste. „Gerade deswegen hab ich mehr Sorge als alles Andere“, murmelte Serdall. „Du rufst mich an, falls was ist. Dann bin ich so schnell wie möglich hier. Alle wichtigen Telefonnummern wie Kinderarzt, Krankenhaus und so weiter sind im Flur an der Wand. Aber das weißt du ja“, sprach Serdall und schien etwas gehetzt, ehe er sich seufzend auf Daniel legte und die Arme um ihn schlang. „Himmel, ich hab einfach Angst um euch.“ „Ich weiß“, seufzte Daniel. Serdall war ohnehin immer die Glucke vom Dienst, vor allem bei Taki, aber eben auch bei ihm selbst. Jetzt war das erste Mal, dass Serdall es war, der wegfuhr. Kein Wunder, dass ihm das selbst nicht so ganz geheuer war. „Es wird schon nichts passieren. Und wenn doch: Ich bin schon groß. Ich werde das auch ohne dich schaffen und wie du schon gesagt hast, hängen im Flur alle wichtigen Informationen, die man brauchen könnte.“ Trotzdem war Serdall nicht sehr überzeugt. Er hoffte inständig, dass den Dreien nichts geschah, dass sie wohlbehalten blieben. Aber er konnte es nicht ändern. Auch wenn er Angst hatte, da war immer noch diese starke Sehnsucht danach, wieder richtig ernsthaft zu spielen. Tief durchatmend schloss Serdall die Augen und hauchte einen Kuss auf Daniels Hals. „Ich bin am Sonntag so schnell wie möglich wieder da. Und Dustin werde ich auch noch zur Seite nehmen, um ihn darum zu bitten, dass er ein Auge auf euch hat“, eröffnete Serdall. „Toll, jetzt vertraust du Dustin schon mehr als mir, wenn es um die Aufgabe geht, auf sich selbst aufzupassen. Wer ist denn der Chaot, er oder ich?“, murmelte Daniel. Gut, vier Augen sahen mehr als zwei, aber dass Dustin als sein Kindermädchen abbestellt wurde, passte ihm irgendwie gar nicht. Traute Serdall ihm denn noch nicht mal zu, zwei Tage auf sich allein aufzupassen? Tat er das nicht auch normalerweise, selbst wenn Serdall hier war? „Ich vertraue ihm nicht mehr als dir. Aber er ist erwachsener, auch wenn er sich immer so kindisch stellt und das weißt du. Auch wenn er manchmal ziemlichen Mist baut, kann er sehr verantwortungsbewusst sein, besonders wenn ich ihm drohe, ihn und Ethan rauszuwerfen“, lächelte Serdall und strich unter Daniels Pullover, um sanft über dessen Seiten zu wandern. „Und jetzt“, murmelte Serdall und zog Daniel seinen Pullover plötzlich über den Kopf. „Lass uns noch ein wenig vorarbeiten.“ Daniel ersparte sich jeglichen Kommentar, da Serdall wirklich Recht hatte und dem eigentlich ohnehin nichts mehr hinzuzufügen war und konzentrierte sich lieber darauf, noch etwas der am Wochenende verloren gehenden Zeit jetzt schon aufzuholen. Am nächsten Tag kurz vor sechs Uhr stand Serdall fertig im Schlafzimmer und blickte auf seine Armbanduhr. Dann sah er wieder genervt auf seinen Schrank. Er hatte seinen Smoking gefunden und schon aufs Bett gelegt, aber irgendwie war er damit nicht zufrieden. Kopfschüttelnd ließ Serdall das Handtuch von seinen Hüften fallen, da er gerade frisch geduscht hatte. So in Gedanken gefangen begann er erst die Socken anzuziehen, was Daniel mit einem tiefen Schnurren quittierte. Augenrollend zog Serdall seine Boxershort an und schlüpfte dann in den Smoking. „Man, ich komm zu spät“, murmelte er zu sich, was eigentlich gar nicht stimmte. Er machte sich selbst nur Panik. Er war immer noch nicht sicher, ob er wirklich gehen sollte. „Hilf mir mal bitte mit den Manschetten“, murmelte Serdall und hielt Daniel seinen Arm hin und in der anderen Hand die silbernen Manschettenknöpfe. Daniel, noch in Shorts, erhob sich vom Bett und stand dann etwas ratlos vor Serdall. „Ich habe keine Ahnung, was ich mit den Dingern machen soll“, gestand er. „Aber ich binde dir die Schuhe zu, wenn du magst. Es war mal amüsant, Serdall derart fertig mit den Nerven zu erleben. Dabei hatte er sogar extra betont, dass es keine große Sache war und er das nur aus Spaß an der Freude machte. Wer’s glaubt. Serdall bedeutete dieser Wettbewerb nämlich doch ganz schön viel, aber scheinbar wollte er das nicht zugeben. „Du sollst den Hemdärmel damit zumachen. Es hat da keinen Knopf, siehst du?“ Serdall wedelte mit seinem Hemdärmel vor Daniel herum und zeigte ihm beide Löcher am Saum. „Da sollst du den Manschettenknopf befestigen, sodass das obere Teil vom Körper weg zeigt“, erklärte er geduldig und hielt Daniel wieder die beiden Manschetten hin, sonst würde Daniel wohl ungebildet bleiben. Daniel tat, was Serdall ihm gesagt hatte, auch wenn Serdall ihm noch einmal genau sagen musste, wie der Schmuck befestigt werden musste. Serdall knöpfte nun erst das Hemd an der Brust zu und ließ die oberen beiden Knöpfe offen. Danach griff er zu seinem Jackett und warf es sich über. „Wo ist meine Tasche?“, fragte er sich umblickend und entdeckte sie neben dem Kleiderschrank. Er nickte. „Hab ich irgendetwas vergessen? Sehe ich gut aus?“ „Deine Schönheit ist atemberaubend und die Scheinwerfer werden sich die ganze Zeit nur auf dich richten und deine Konkurrenz alt aussehen lassen, sowie dem Publikum den Atem rauben“, meinte Daniel ernst. Obwohl Daniel nicht lachte, schüttelte Serdall den Kopf. „So wollte ich das gar nicht wissen. Ich wollte nur wissen, ob ich irgendwo dreckig bin oder Hundehaare am Jackett habe“, murrte er. Solche Komplimente brauchte er von Daniel nicht und sie wirkten auch irgendwie unangebracht. Im nächsten Moment allerdings grinste Daniel ihn breit an. „Hast du mir das gerade abgekauft?“, wollte er wissen. „Ich meine, nicht dass ich dich hässlich finden würde, du siehst wirklich gut aus, das stimmt schon, allerdings war das dann eben doch etwas kitschig für meine Verhältnisse.“ Glucksend umrundete er Serdall einmal und blieb dann wieder vor ihm stehen. „Aber nein, keine Hundehaare, kein Dreck, keine Falten. Alles perfekt. Ob es allerdings nach der Autofahrt immer noch so ist, wirst du wohl selbst kontrollieren müssen.“ Serdall gab Daniel einen Klaps auf den Hinterkopf. „Du sollst nicht so frech sein“, murrte Serdall etwas genervt und seufzte. Er war gerade wirklich nicht zum Spaßen aufgelegt und das sah man ihm auch an. Sich umwendend ging Serdall und nahm die kleine Reisetasche auf und ging die Treppen hinunter. Er war sich zwar nicht sicher, ob Daniel ihm folgen würde, aber er würde es schon sehen, wenn er unten angekommen war. Daniel folgte ihm allerdings, sich etwas missgestimmt den Hinterkopf reibend. In seinem Geist machte er sich eine gedankliche Notiz, dass man einen Serdall im Stress und mit scheinbar flatternden Nerven nicht reizen durfte. Noch nicht einmal ein klitzekleines Bisschen. Seufzend blieb Daniel hinter Serdall im Flur stehen. Tja, das war es dann also. Das erste Mal, dass Serdall für ein paar Tage allein dieses Haus verließ. Irgendwie eine seltsame Situation. „Pass auf dich auf und leg dich nicht wieder mit irgendwelchen Leuten an, wie damals im Restaurant mit dem Uni-Kammerorchester“, flüsterte er. Serdall rollte mit den Augen. „Das war eine ganz andere Situation. Ich würde disqualifiziert werden, wenn ich das diesmal täte“, erklärte er, während er noch einmal ins Wohnzimmer ging, um seine Geige zu holen und dann zu Daniel in den Flur zurückkam. Schnell schlüpfte Serdall in die schwarzglänzenden Lackhalbschuhe und band sie zu, ehe er sich aufrichtete und sich den Mantel nur über die Schultern warf. „Pass du lieber auf Taki, Jana und dich selbst auf. Wenn ich zurückkomme und irgendwas nicht stimmt, werde ich echt sauer“, drohte er leise, strich aber Daniel einmal über die Haare. „Und bitte lauf nicht so halbnackt rum, wenn ich nicht da bin“, meinte er ernst und sah bezeichnend auf Daniels einziges Kleidungsstück am Leib, die Boxershorts. Man musste doch niemanden provozieren und er hatte immer noch irgendwo Angst, dass Daniel irgendwann wieder ein Ausrutscher passierte. „Ich laufe normalerweise auch nicht halb nackt rum, wenn du da bist. Allerdings gehe ich jetzt nochmal für ein paar Stunden ins Bett, also warum anziehen?“, erwiderte Daniel seufzend. Es war ja schön, dass Serdall sich Sorgen um ihn machte, allerdings benahm er sich gerade wie seine Mutter früher, kurz bevor er auf Klassenfahrt gefahren war oder sie ohne ihn und Charline in den Urlaub. Serdall seufzte. Daniel hätte sich auch für die paar Minuten etwas überziehen können. Kopfschüttelnd beugte sich Serdall zu ihm und küsste ihn kurz. „Bis Sonntag“, meinte er leise und wollte sich schon umwenden. Wenn er jetzt noch eine längere Szene einlegte, würde ihm Daniel noch einen Tritt geben, damit er endlich losfuhr, da er scheinbar auch schon genervt war. Daniel allerdings hielt ihn am Ärmel fest, drehte Serdall zu sich herum und küsste ihn fordernd. Als sie sich wieder voneinander lösten, sah Daniel ihn zufrieden an. „Du wolltest doch nicht ohne einen letzten richtigen Kuss gehen?“, fragte er tadelnd. „Also tschüss dann. Und wehe du kommst ohne die Siegestrophäe wieder. Dann gibt es eine Woche keinen Sex, also streng dich an.“ „Pah, du willst doch nur das Preisgeld“, lachte Serdall nun und hauchte noch einen Kuss auf Daniels Lippen. Ja, er würde sich anstrengen und hoffentlich auch gewinnen. Obwohl er leise Zweifel in der Hinsicht hatte. Er war nicht der einzige gute Violinist auf dieser Welt und spielte nicht professionell. Wie also sollte er gegen Leute gewinnen, deren einziges Ziel war, sich auf solche Wettbewerbe vorzubereiten? Serdall würde erst im Hotelzimmer die Stücke einstudieren, was sich später sicher als schwerer Fehler herausstellen würde, aber es war ihm egal. Er würde das schon irgendwie meistern. „Aber ich streng mich an“, meinte er noch halblaut und umarmte Daniel noch einmal fest. „Das will ich doch hoffen“, murmelte Daniel noch an Serdalls Schulter und drückte ihn dann von sich weg. „Und jetzt geh“, meinte er etwas erstickt, „sonst fange ich noch an zu heulen, obwohl das absolut lächerlich ist. Wir sehen uns zwei Tage nicht und du bist in der Zeit wahrscheinlich sogar noch so beschäftigt, dass du noch nicht einmal Zeit hast, an mich zu denken.“ „Ich denke immer nur an dich“, flüsterte Serdall und verschränkte noch einmal verliebt blickend seine Hand mit Daniels. „Schließlich liebe ich dich über alles“, sagte er, ehe er seine Lippen erneut auf Daniels legte. Kurz küsste Daniel zurück, bevor er Serdall erneut auf Abstand hielt. „So, geh jetzt. Sonst kommst du nie los“, meinte er verkrampft lächelnd. Serdall zog eine Augenbraue nach oben. „Warum sagst du nicht, dass du mich auch lieb hast?“, murmelte Serdall beleidigt. Schon beim letzten Mal war das irgendwie untergegangen und Serdall wollte es wenigstens jetzt hören, auch wenn es Daniel womöglich mal wieder kitschig fand. Seufzend sah Daniel ihm in die Augen. „Ich liebe dich“, flüsterte er leise und wischte sich im nächsten Moment verstohlen die Tränen vom Gesicht, die sich trotz seines Versuches, sie zu unterdrücken, aus seinen Augen gelöst hatten. Sich räuspernd sah er von Serdall weg. „Deswegen nicht“, antwortete er verspätet auf Serdalls Frage. „Du bist so süß, Prinzesschen“, erwiderte Serdall und drückte Daniel noch einmal fest an sich. Noch ein Kuss wurde auf Daniels Lippen gehaucht, ehe Serdall endlich nach seiner Tasche und seinem Geigenkoffer griff. „Bis Sonntag. Ich ruf dich an, sobald ich auf meinem Zimmer bin“, meinte er noch, bevor er sich umdrehte und schon zu seinem Wagen ging, um die Sachen im Kofferraum zu verstauen. Daniel wartete noch, bis Serdall vom Hof gefahren und außer Sichtweite war, dann ging er zurück ins Schlafzimmer und legte sich auf das so verlassen wirkende Bett. Seltsam. Er wusste, dass Serdall in zwei Tagen wiederkommen würde. Es war keine beziehungstechnische Trennung, sondern einfach, weil Serdall mit seiner Geige auftreten würde und trotz allem fühlte er sich jetzt schon einsam. Seit wann war er so süchtig nach ihm geworden, dass er noch nicht einmal zwei Tage ohne Serdall aushielt? Kopfschüttelnd legte Daniel sich hin und schloss die Augen. Wenige Minuten später war er wieder eingeschlafen. Die Nachmittagssonne schien nur schwach und ließ die Zikadillenstraße trist wirken. Kaum ein Auto fuhr um diese Uhrzeit durch das Nobelviertel, bis auf einige Luxuswagen. Gerade, als die Sonne von dunklen, aschgrauen Wolken verhangen wurde, hielt ein Taxi vor der griechischen Villa. Die hintere Tür des Wagens ging auf und lange, schlanke Beine schoben sich heraus. Eine blonde, hübsche Frau stieg heraus. Eine Sonnenbrille hielt ihre Haare am Kopf zurück und aus ihrem Gesicht. Sie trug nur einen knielangen Rock und eine adrett wirkende, weiße Bluse, darüber ein hellblauer Mantel, jedoch nicht zugeknöpft. Der Taxifahrer half ihr bei ihrem riesigen Reisekoffer und brachte sie noch bis zur Tür. Sie bezahlte ihn und er ging mit einem netten Lächeln davon. Abschätzig zogen sich ihre sturmgrauen Augen zu schmalen Schlitzen, als sie mit einer behandschuhten Hand den Klingelknopf drückte. Ein junger, schwarzhaariger Mann mit einem Kind auf dem Arm öffnete ihr. „Guten Tag“, sagte sie mit starkem, englischem Akzent. „Ich möchte zu Dustin Canter.“ Erstaunt sah Daniel sie an. „Sie sind Dustins Mutter, oder?“, fragte er fasziniert. „Die Ähnlichkeit ist echt verblüffend. Dustin ist gerade nicht da. Heute ist noch Besprechung in der Schule, aber er wird bestimmt in der nächsten Stunde wiederkommen. Wenn Sie möchten, können sie solange auf ihn warten“, bot er lächelnd an. „Ich bin Grace Canter, ja. Es ist sehr nett, dass Sie mich hereinbitten“, meinte sie und strich dem kleinen Mädchen auf dem Arm des Mannes lächelnd über die Wange. „Was für ein süßer Engel. Können Sie mir vielleicht bei meinem Gepäck helfen?“, fragte sie entschuldigend lächelnd und deutete auf den großen Koffer. „Natürlich. Wenn Sie dann solange Jana nehmen würden? Momentan ist sie nicht zu bändigen und wenn ich sie einfach absetze, wenn die Tür offen ist, dann ist sie schneller verschwunden als ich gucken kann“, lachte Daniel leise. Er gab Jana Frau Canter, nachdem diese auf seine Bitte hin genickt hatte und er schnappte sich den schweren Koffer. Gemeinsam gingen sie ins Haus und Daniel führte Dustins Mutter ins Wohnzimmer, nachdem er den Koffer erst einmal im Flur zwischengelagert hatte. „Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?“, wollte Daniel wissen. „Etwas Gebäck ist auch noch da, wenn ich mich nicht irre.“ „Das wäre wunderbar!“, rief sie verzückt und strich Jana über die schwarzen Haare. „Aber ich weiß gar nicht wer sie sind. Und wo sind Serdall und mein kleiner Enkel Taki? Ich hatte gehofft, dass sie daheim wären“, erklärte sie nachdenklich und sah sich mit gerunzelter Stirn im Wohnzimmer um, wo überall Kinderspielzeug verstreut lag. „Entschuldigung, ich hatte mich gar nicht vorgestellt. Ich bin Daniel Erhard. Serdall und ich sind zusammen. Er ist übrigens gerade bei einem Wettbewerb und kommt erst am Sonntag wieder. Taki ist bei einem Freund, kommt aber heute Abend wieder nachhause.“ Mit diesen Worten verschwand Daniel in der Küche, um Kaffee und die letzten Kekse zu holen. Seltsam, dass Dustin nie von seiner Mutter erzählt hatte. Eigentlich generell nie von seiner Verwandtschaft, wenn man Louise mal außen vor ließ. Daniel hatte gedacht, dass es etwas damit zu tun hatte, dass alle in Amerika lebten, aber auch zu Festtagen schrieb er keine Karte oder rief mal an. Jetzt auf einmal mit dessen Mutter konfrontiert zu sein, brachte ihn irgendwie etwas aus dem Konzept. Allerdings schien sie ziemlich nett zu sein und Kinder gern zu haben. Von daher würde er bestimmt gut mit ihr auskommen, bis Dustin wieder da war. Daniel ging zurück ins Wohnzimmer und stellte das Kaffeegeschirr vor Frau Canter ab. Frau Canter war plötzlich kreidebleich im Gesicht und setzte Jana mit zitternden Fingern auf den Boden. „Entschuldigens Sie, aber haben Sie wirklich gerade gesagt, dass… dass“, sie holte einmal tief Luft, wobei sie die Augen schloss, „dass sie mit Serdall zusammen sind?“ „Ja“, meinte Daniel lächelnd. Scheinbar gab es noch jemanden, der es neben Dustin erst nicht glauben konnte, dass Serdall tatsächlich nochmal jemanden so nah an sich herangelassen hatte. Lag wohl in der Familie. „Es hat etwas gedauert, bis ich ihn soweit hatte, dass er seine verstorbene Frau endlich mal loslässt, aber jetzt sind wir schon seit zwei Jahren zusammen und wenn man einige Tiefpunkte außer Acht lässt, auch ziemlich glücklich“, fügte er noch hinzu. Frau Canter gab einen erstickten Laut von sich, ehe sie ihre Hände zum Gebet faltete. „Oh dear Lord, lass das nicht wahr sein!“, rief sie fassungslos. „Wie kannst du es wagen den anständigen Serdall zu verschwulen!“ Sie griff nach einem Teller und warf ihn nach Daniel, doch er verfehlte ihn und traf stattdessen das Glas der Schrankwand, welches scheppernd zu Bruch ging. „Du Ausgeburt der Hölle kommst gleich nach meinem nichtsnutzigen Sohn! Er hat Louise geliebt! Sicherlich hat Dustin Serdall dazu überredet, dieser widerliche Hurenbock! Das lass ich nicht zu!“, kreischte sie und wurde puterrot im Gesicht. „Ich werde dieses Haus nicht vorher verlassen, bis ich mit meinem Schwiegersohn gesprochen habe. Diese gotteslästerlichen Verhältnisse kann ich nicht zulassen!“ Fassungslos starrte Daniel sie an. Das Erste, was er tat, war ihr seine Tochter abzunehmen, die erschrocken zu weinen angefangen hatte und zwei Schritte zurückzutreten. Er brauchte eine Zeit lang, um zu verarbeiten, was gerade passiert war. Dass Frau Canter Homosexuelle zu hassen schien, war wohl offensichtlich, stellte sich nur die Frage, warum. Immerhin war ihr Sohn ebenfalls schwul. Setzte man sich da nicht mehr mit dem Thema auseinander? Warum war sie überhaupt gekommen, wenn sie mit Dustin anscheinend absolut nichts anfangen konnte? „Hören Sie, ich glaube, es wäre doch besser, wenn sie sich in ein Hotel einmieten und dort warten, bis Serdall wieder da ist“, meinte Daniel ruhiger und beherrschter, als er sich gerade fühlte. „Sie haben mir gar nichts zu sagen, Sie widerlicher Abschaum! Lesen Sie lieber die Bibel und beten Sie zu Gott, dass er Ihnen gnädig sein wird. Ich werde nicht eher gehen, bis ich meinen armen Schwiegersohn und meinen Enkel zu Gesicht bekommen habe“, erklärte sie fest und verschränkte die Arme, um zu verdeutlichen, dass sie nicht eher weichen würde, bis sie Serdall und Taki gesehen hatte. Im nächsten Moment hörte man, wie ein Schlüssel in die Haustür geschoben wurde und jemand in den Flur trat. „Bin wieder da!“, rief Dustin in den Flur und zog sich die dicke Jacke aus. Daniel unterdrückte einen Seufzer der Erleichterung, warf noch einen letzten Blick auf Dustins Mutter und ging dann zu ihm in den Flur. Zumindest eine Frage hatte sich geklärt, nämlich warum Frau Canter eine Abneigung gegen Homosexuelle hatte. Scheinbar war sie streng katholisch oder mormonisch oder was auch immer die in Amerika waren. Kopfschüttelnd ging er durch die Tür. Dustin tat ihm wirklich leid. Mit so einer Mutter gestraft zu sein, die einen nicht so akzeptierte, wie man war, war sicherlich hart. Bestimmt hatte er deswegen nie etwas von ihr erzählt, hatte mit ihr abgeschlossen. Jetzt stand sie auf einmal allerdings vor der Tür. „Da ist jemand für dich im Wohnzimmer“, teilte Daniel Dustin ernst mit, während er immer noch ziemlich erfolglos versuchte, Jana zu beruhigen. Außerdem dachte er schon über eine Methode nach, Serdall möglichst schonend beizubringen, dass eines seiner Wohnzimmermöbel wohl eine Rundumerneuerung brauchte. Zumindest eine neue Glasscheibe. Stirnrunzelnd ging Dustin kurz zur Tür zum Wohnzimmer und seine Augen weiteten sich. Bevor die Frau ihn bemerken konnte, wich er wieder vom Türrahmen weg und lehnte sich kurzatmig und geschockt an die angrenzende Wand. „Scheiße! Kannst du mir nicht sagen, dass meine Mutter da drinnen ist?“, zischte Dustin wütend und strich sich verzweifelt durch die Haare. Er konnte es nicht fassen. Was machte sie hier? „Mist, Mist, Mist“, fluchte er haltlos und griff wieder nach seiner Jacke. „Ich hau ab“, meinte er halblaut und zog sich an. Das tat er sich sicherlich nicht freiwillig an. „Stopp!“, fauchte Daniel. Wütend und eine Spur ungläubig sah er Dustin an. „Du lässt mich bestimmt nicht mit ihr alleine. Meinst du, ich will die ganze Zeit auf ihr sitzen bleiben? Die rührt sich nicht einen Zentimeter, bis sie mit dir und Serdall gesprochen hat.“ Daniel stockte kurz. „Was leider heißt, dass sie bis Sonntagnachmittag auf jeden Fall hierbleiben wird. Es wird sich um etwas Wichtiges handeln, ansonsten wäre sie garantiert nicht hierher gekommen.“ „Ja, wahrscheinlich hat sie einen Weg gefunden, wie man mich exorzieren und den Teufel aus mir treiben kann. Vorzugsweise mit brutalen Mitteln“, knurrte Dustin und hängte seine Jacke wieder an die Garderobe, schlüpfte aus seinen Schuhen und sah dann vorsichtig ins Wohnzimmer. Aber nur, um dann schnell vorbei zu laufen und sich in die Küche zu verziehen. Er holte sich erst einmal einen Saft aus dem Kühlschrank und schenkte sich ein Glas ein. Daniel war ihm gefolgt und setzte sich nun zusammen mit Jana auf einen der Küchenstühle. Erschöpft lehnte er sich zurück. Diese Begegnung mit Dustins Mutter hatte ihn dann doch ganz schön mitgenommen. Sie war zwar bislang nur sehr kurz, doch dafür umso ereignisreicher gewesen. Erst war sie total nett und freundlich, dann erfuhr sie, dass er schwul war und wurde zur wahren Furie. Wenigstens hatte Jana sich beruhigt, ansonsten wäre Daniel wohl aus Stress den Balkon runtergesprungen. „Ich kann mir lebhaft vorstellen, warum dein Verhältnis zu deiner Mutter so schlecht ist“, meinte Daniel nach einer Zeit des Schweigens leise. „War sie schon immer so? Bist du deswegen nach Deutschland gekommen? Allerdings sprichst du für so eine Kurzschlusshandlung zu gut deutsch.“ Dustin verdrehte die Augen. „Ja, sie war schon immer eines dieser Gottesanhängerinnen und hat mich gehasst. Aber erst nachdem sie erfahren hat, dass ich mit dem Coach vom Footballteam gevögelt habe“, murrte Dustin. Er schüttelte bei der Erinnerung an seine Zeit in Kalifornien den Kopf. „Und jetzt ist sie womöglich gekommen, um mir den verdorbenen Kopf von meinem versündeten Körper zu schlagen oder so ein Mist.“ „Du hast was?“, fragte Daniel ungläubig. Er wusste zwar, dass Dustin eine sehr ereignisreich Vergangenheit hatte was sein Liebesleben betraf, war eine Zeit lang auch dabei und auch Teil dessen gewesen, aber irgendwo musste man doch Grenzen setzen, oder? Wobei, wenn Daniel es auf die Schiene trieb konnte er sich selbst genauso in die Sparte stecken. Immerhin hatte er auch mit seinem Lehrer rumgemacht. Wo war da der Unterschied mit seinem Footballcoach so schlafen? Seufzend schüttelte er innerlich den Kopf. Das war jetzt eigentlich gerade nicht wirklich das Thema. „Nun, ich denke jedenfalls nicht, dass deine Mutter einfach von heute auf morgen entschieden hat, dich vielleicht doch noch mal zu bekehren. Vor allem reist man dafür nicht extra aus den USA hier an.“ „Na und?“, sagte Dustin eine Spur zu bissig. Er wollte seine Mutter nicht sehen. Er hasste es sie überhaupt als seine Mutter zu bezeichnen. Diese Frau verabscheute ihn und war höchstwahrscheinlich nur wegen Taki hier. Nicht aber wegen ihm. „Auch wenn sie nicht so aussieht, sie ist brutal und ich verachte sie. Ich bin nicht umsonst nach Deutschland geschickt wurden.“ Dustin schloss kurz angestrengt die Augen und schüttelte den Kopf. Er wollte sich daran nicht erinnern und gut. „Ich nehme mir für die Tage, wo sie hier ist, ein Hotelzimmer. Warte einfach auf Serdall, der wird sie schon irgendwie wieder wegbekommen.“ „Dustin, bei allem, was du mit ihr durchgemacht hast und mir jetzt scheinbar nicht erzählen willst, du bist erwachsen. Es ist nicht so, als wärst du nicht alt genug, dich deinen Problemen zu stellen. Außerdem habe ich keine Lust zwei Tage mit ihr allein zu bleiben, vor allem nicht mit Taki und Jana noch an meiner Seite. Sie meinte Geschirr nach mir schmeißen zu müssen, nur weil ich schwul bin. Ich will gar nicht wissen was noch kommt, wenn ich mit ihr die ganze Zeit hier eingesperrt bin“, knurrte Daniel. Dustin strich sich fahrig durch die blonden Haare und seufzte frustriert auf, ehe er sich zu Daniel an den Küchentisch setzte. Wieso musste sie jetzt hier auftauchen? „Ich hab einfach keine Lust mich mit ihr auseinanderzusetzen“, gestand er. „Sie hat immer noch dieselbe starre Einstellung wie vor fünfzehn Jahren“, seufzte Dustin und strich sich kurz über die Augen. Er war jetzt fast dreißig und ihr Anblick machte ihm immer noch auf unbestimmte Art und Weise Angst. Kein Wunder, dachte er sich bitter. Bei der Mutter hätte wohl jeder Angst, egal wie alt man war. Sich raffend erhob sich Dustin. „Es ist wohl wirklich besser ich rede mit ihr und frage was sie will“, murmelte er halblaut zu Daniel und machte sich auf den Weg ins Wohnzimmer. „Ja, ich denke auch“, meinte Daniel und ging Dustin hinterher. Zumindest mentalen Beistand wollte er ihm leisten. „Ich habe nämlich auch keine Lust, mich mit deiner Mutter auseinanderzusetzen“, fügte er noch hinzu, kurz bevor sie das Wohnzimmer betraten. Bevor Dustin überhaupt etwas sagen konnte, schmiss Grace Canter eine Tasse nach ihm und traf diesmal, nämlich Dustin direkt am Kopf. Dustin strauchelte leicht und hielt sich dann benommen am Türrahmen fest. Seine Hand ruckte sogleich zu der Stelle, an der er getroffen worden war. Blut klebte an seinen Fingern, als er sie sich vor Augen hielt. „Genauso wie früher, was Grace?“, zischte Dustin und fasste sich wieder, trotz des pochenden Schmerzes an seiner Stirn. „Wie lange wolltest du mich denn noch warten lassen? Denkst du ich bin blöd und hör dich nicht, wenn du im Flur stehst?“, fauchte sie und sah wütend auf Dustin. „Nicht einen Funken Anstand hast du, du perverses Monster“, schrie sie, sodass Dustin die Ohren klingelten. „Himmel, was willst du überhaupt hier?“, erwiderte Dustin nur. Das Beste war, wenn er ihre Beschimpfungen ignorierte. „Dein Vater ist tot. Seit letzter Woche schon, aber darum geht es nicht. Der Mistkerl hat das Haus auf deinen Namen geschrieben. Ich will, dass du es mir überschreibst. Du hast das Haus nicht verdient“, knurrte sie. Fassungslos schüttelte Dustin den Kopf. „Das kann nicht sein“, murmelte er ungläubig und schien plötzlich aller Kraft beraubt. „Doch kann es“, fauchte Grace. „Dein Vater, Gott hab ihn selig, ist letzte Woche gestorben. Ich will das Haus, Dustin.“ Kopfschüttelnd wandte sich Dustin um und ging langsam den Flur entlang. Er konnte das einfach nicht begreifen. Sein Vater war tot. Ungläubig starrte Daniel Frau Canter an. Wie konnte man nur so sein? So scheinbar vollkommen kalt und gleichgültig, sowohl dem eigenen Ehemann als auch dem Sohn gegenüber. Irgendwie angewidert drehte Daniel sich um und eilte Dustin hinterher, der den Weg nach oben eingeschlagen hatte. Jana in seinem Arm weinte wieder, doch Daniel ignorierte sie vorerst. Momentan schien ihm Dustin irgendwie wichtiger zu sein. „Hey“, meinte Daniel leise, als er Dustin eingeholt hatte. „Alles okay?“ Die Frage war sowohl mit Blick auf Dustins blutende Wunde an der Stirn, als auch auf den Tod seines Vaters bezogen. Allerdings kümmerte sich Daniel lieber zuerst einmal um das offensichtliche und zog Dustin in das nächste Badezimmer, wo er einen feuchten Waschlappen auf die Wunde drückte. „Ja geht schon“, murmelte Dustin abwesend und löste Daniels Finger ab, um selbst den Lappen zu halten. Er ließ sich auf einem der Toilettendeckel nieder und seufzte tief und noch einmal, bevor er die Augen schloss und seinen Kopf mit der anderen Hand stützte. „Ich glaub jetzt solltest du verstehen, warum ich meine Mutter hasse, oder?“, murmelte er. Es schockte ihn, dass sein Vater tot war, aber er hatte solange keinen Kontakt zu seiner Familie gehabt, dass mehr Gefühle nicht drin waren. Es schmerzte nicht, weil er kaum mit ihnen zu tun gehabt hatte, obwohl sein Vater nicht so wie seine Mutter gewesen war. Er hatte ihn wenigstens noch human behandelt. „Himmel, sie hätte nicht herkommen müssen. Ich hätte ihr das Haus auch so gegeben“, knurrte er leise und seufzte dann aber wieder leise. „Du solltest es aus purem Trotz einfach verkaufen“, knurrte Daniel und setzte sich mit Jana auf dem Schoß auf den Rand der Badewanne. Zum Glück hatte die Kleine sich wieder gefangen. Der Hall hier im Bad wäre bei ihrem Weinen ziemlich unerträglich gewesen. „Deine Wunde scheint zum Glück nicht schlimm zu sein. Nichts, was man nicht mit einem Pflaster in den Griff bekommen würde“, murmelte er. „Und ja, ich verstehe, warum du sie nicht leiden kannst.“ „Wenn ich es ihr nicht überschreibe, quartiert sie sich hier ein, bis ich es tue“, knurrte Dustin und stand auf, um die die kleine Wunde an seiner Stirn im Spiegel zu betrachten. „Diese alte Hexe würde nicht zögern mich niederzuschlagen, wenn sie die Gelegenheit dazu hätte“, meinte er fluchend und schmiss dann den Lappen einfach ins Waschbecken, da die Wunde nicht mehr blutete. „Und ich dachte, ich wäre sie für immer losgewesen.“ Daniel schnappte sich ein Handtuch, legte es in die Wanne und setzte Jana darauf, ehe er ihr Ethans Quietscheentchen in die Hand drückte, das er mal irgendwann als Scherz von Dustin bekommen hatte. „Ich verstehe sowieso nicht was es bringt, irgendwelche Sachen durch die Gegend zu schmeißen“, seufzte Daniel und kramte in den Schränken nach einem Pflaster. Mit roten Wangen räumte er einen Dildo aus dem Weg und schnappte sich dann leicht räuspernd die Packung. Er verklebte Dustins Wunde und ließ die restlichen Pflaster dann lieber auf dem Waschbecken liegen. „Sie verletzen gut, wie du siehst. Das ist der Grund“, murmelte Dustin zynisch und versuchte mal klar über die Sache nachzudenken. „Ich überschreib ihr das Haus, sie wird in Frieden sterben und mich wohl auch enterben. Das ist mir eigentlich total egal, weil ich eh nichts von ihr haben will und auch nichts, wonach sie ihre Klauen ausstreckt.“ „Naja, einen Pflichtanteil bekommst du“, murmelte Daniel und seufzte dann. Er setzte sich wieder auf den Wannenrand und fuhr Jana durch die Haare, die durchaus Gefallen an der Ente gefunden zu haben schien. „Meinst du, dass sie tatsächlich einfach geht, wenn sie das Haus hat? Das hätte sie mit einem Anruf auf einfacher haben können“, merkte Daniel noch an. „Daniel, ich hab keine Ahnung warum sie unbedingt herkommen musste. Wahrscheinlich ist es ihr in Kalifornien ohne meinen Vater zu langweilig geworden, oder was auch immer“, seufzte er mit den Nerven am Ende. „Aber eins ist klar, ich gehe da nicht mehr runter, bis Serdall da ist“, bestand er. Vor Serdall hatte sie wenigstens noch Respekt und sein Schwager wusste auch, was diese Frau ihm jahrelang angetan hatte. „Toll, dann darf ich mich also wirklich mit ihr rumschlagen“, murrte Daniel. „Aber okay, ich weiß ja, für wen ich das mache.“ Seufzend schloss er die Augen. Für ihn war Frau Canter wenigstens eine Fremde, aber wenn die eigene Mutter einen beschimpfte, dann war das garantiert um einiges schlimmer. Er nahm Jana wieder auf den Arm und ging dann Richtung Badezimmertür. „Daniel, ehrlich. Mit ihr ist nicht zu spaßen, besonders wenn sie weiß, dass du schwul bist“, meinte Dustin und sprang auf, um ihn festzuhalten. „Entweder wird sie versuchen dir den Teufel auszutreiben oder aber sich an Jana vergreifen. Das muss man nicht provozieren. Lass sie einfach im Wohnzimmer bleiben. Das wird sie erst mal nicht verlassen und wenn weiß sie wo alles ist. Schließlich war sie auch hier, als Serdall und Louise eingezogen sind.“ Daniel machte etwas harsch seinen Arm wieder frei und funkelte Dustin angriffslustig an. „Im Gegensatz zu ihr wohne ich hier“, zischte Daniel. „Und ich werde wohl noch das Recht haben, meiner Tochter jetzt ihr Abendbrot zu machen, ohne dass deine Mutter mich in irgendeiner Art und Weise angreift. Wenn sie es doch tun sollte, ruf ich die Polizei und lasse sie rausschmeißen. Da ist es mir vollkommen egal, ob sie mit dir blutsverwandt ist. Wegen ihr lasse ich mir mein Leben oder das von Jana garantiert nicht einschränken.“ Dustin seufzte resigniert. Daniel hatte ja recht, trotzdem war seine Mutter mit allen Wassern gewaschen. Er würde ihr wirklich alles zutrauen. „Bitte Daniel, unterschätz sie nicht. Sie kommt eigentlich aus der Provinz und scheut sich vor nichts“, sagte er aufgebracht, doch er sah es Daniel an, das er ihm mit diesen Übertreibungen auf den Geist ging. „Ich unterschätze sie nicht“, grummelte Daniel. „Ich will nur einfach hier weiterleben wie bisher, ohne mir durch ihr Auftauchen riesige Schranken in mein Leben setzten zu lassen. Man, ich kenne die Frau erst seit kurzer Zeit und kann sie schon auf den Tod nicht ausstehen.“ Daniel seufzte resigniert und ging dann aus dem Badezimmer. „Außerdem werde ich ihre Nähe auch nicht suchen, sondern einfach meine Wege gehen und hoffen, dass sie sie nicht kreuzt“, fügte er noch an Dustin gewandt zu und ging dann den Flur entlang. Dustin lief ihm hinterher, nur um sicherzugehen, dass seine Mutter Daniel wirklich in Ruhe ließ. Als sie am Wohnzimmer vorbeikamen sah Dustin wie sie telefonierte, doch er ignorierte das. Solange diese Frau sie in Ruhe ließ, war es okay. Er zog die Küchentür hinter ihnen und zu und seufzte entnervt. „Echt, warum ist Serdall dann nicht da, wenn man ihm am dringendsten braucht?“ „Weil er endlich mal dazu übergegangen ist, etwas mit seinem Talent anzufangen“, murmelte Daniel, während er mit dem Kopf im Kühlschrank nach der Leberwurst suchte. „Aber ich glaube nicht, dass deine Mutter so gut auf ihn zu sprechen ist. Bis vorhin vielleicht schon, aber jetzt weiß sie, dass er auch zu einem homosexuellen Leben übergegangen ist“, merkte er an. Dustin riss die Augen auf. „Das ist nicht dein Ernst! Du hast ihr gesagt, dass er schwul ist? Ach du heilige…“ Er begann aufgeregt auf und ab zu gehen. Das war eine totale Katastrophe. Serdall war ihr Schwiegersohn! Kein Wunder, dass sie gleich mit Teller und Tassen warf. Fertig mit den Nerven ließ sich Dustin nach seiner zehnten Runde um den Tisch kraftlos auf einen der Stühle fallen. Ethan würde auch bald von seiner Fotosession wiederkommen. Sein Freund arbeitete gerade nebenberuflich für eine kleine Zeitung und da war er heute für ein Fest engagiert worden, um dort ein paar Momente mit der Kamera einzufangen. Dustin würde ausflippen, wenn Grace seinem Ethan was antat. Und Ethan würde ziemlich gekränkt sein, wenn er eine ihrer Beleidigungen zu hören bekam. In der Hinsicht war er zutiefst empfindlich. „Wie hätte ich denn ahnen sollen, dass sie so gegen Homosexuelle hetzt?“, fragte Daniel etwas pikiert, als Dustin endlich irgendwann zur Ruhe gekommen war. Jana sah sie aus ihrem Hochstuhl interessiert an. Verstehen, worum es in ihrem Gespräch ging, würde sie aber wohl nicht. „Sie war total nett bis ich ihr gesagt habe, dass ich schwul bin. Sie hatte halt gefragt, wer ich sei. Ich habe mich bis jetzt noch nie selbst verleugnet und keinen Grund gesehen, warum ich es genau vor dieser Frau tun sollte.“ Mit etwas mehr Kraft als eigentlich notwendig schmierte Daniel Jana ihr Brot und fluchte leise, als er mit seinem Messer ein Loch hineinstach. „Ja, tut mir leid“, murmelte Dustin halblaut. „Hätte ich gewusst, dass sie kommt, hätte ich dich gewarnt. Aber ich hab im Leben nicht dran gedacht, dass ich sie jemals wiedersehe. Um ehrlich zu sein bin ich schockiert darüber“, gab er zu und rieb sich schwach über die Nasenwurzel. Er hasste seine Mutter. Sie hatte ihm das Leben zur Hölle gemacht und war darauf noch stolz gewesen. Aber darüber wollte er jetzt nicht mehr nachdenken. Er würde ihr das Haus geben und gut war es. Was sollte er auch damit? Er wollte nie mehr nach Kalifornien zurück. „Warum ist deine Mutter eigentlich noch hier? Du hast ihr doch das Haus zugesichert“, fragte Daniel, als hätte er Dustins Gedanken gelesen. Mit einem leichten Lächelnd legte er das Brett mit dem kleingeschnitten Brot auf Janas Tischchen, die schon hungrig ihre Finger danach ausstreckte. „Nun, sie wird es sich nicht nehmen lassen auf Serdall zu warten und ihn dann zur Schnecke zu machen. Also kannst du dich darauf einstellen, dass Serdall mal wieder Schuldgefühle wegen Louise bekommt, wenn sie mit ihm fertig ist“, seufzte Dustin und holte sich einen Apfel aus der Obstschale vom Thekentisch und setzte sich wieder. Daniel fühlte, wie das letzte Bisschen seiner noch erhaltenen guten Laune schwand. Er war sich sicher, dass sie dieses Thema endlich durch hatten, doch wenn jemand kam, der es wieder anschnitt, war es eigentlich unmöglich zu verhindern, dass Serdall mal wieder darüber nachdachte. Es ging Daniel gar nicht mal darum, dass ihrer Beziehung dadurch Schaden zugefügt werden konnte. Über diese Phase waren sie eigentlich schon lange hinweg. Das Problem war, dass es Serdalls Gemütszustand absolut nicht zuträglich wäre. Frustriert seufzte Daniel auf. „Daniel“, murmelte Dustin und legte eine Hand auf die von dem Schwarzhaarigen, die das Messer hielt. „Er wird dir keine Vorwürfe machen und ich weiß auch nicht, aber ich habe das Gefühl, dass er selbst in der Hinsicht nicht so schwach ist, wie wir denken. Womöglich wird er meiner Mutter etwas anderes erzählen. Aber er war immer Louise zuliebe sehr zuvorkommend zu ihr und Louise sah ihrer Mutter sehr ähnlich. Ich hoffe wirklich, dass das keine alten Wunden aufreißt.“ „Ich auch“, seufzte Daniel und fuhr sich mit der Hand einmal durch das Gesicht. „Bis eben dachte ich noch, dass Serdall höchstens angepisst sein wird, aber nicht mehr, dass die Sache mit Louise abgehakt ist, auch wenn ihre Mutter vor der Tür steht und mit ihm darüber sprechen wird. Allerdings macht die Tatsache, dass deine Mutter ihr so ähnlich sieht, das Ganze doch etwas komplizierter, als ich gedacht habe.“ Daniel legte das Messer aus der Hand, bevor er noch irgendwen damit erstach, so angespannt und verkrampft wie er es gerade hielt. Es war ihm bis jetzt nicht aufgefallen, aber die Ähnlichkeit war da, wenn er sich die paar Fotos, die er von Louise gesehen hatte, wieder ins Gedächtnis rief. Würde das Serdall einen Stich geben? Ihn vielleicht tatsächlich wieder an die Vergangenheit erinnern? Daniel hätte jetzt pauschal erst einmal nein gesagt, allerdings war er sich in dieser Sache noch nie wirklich sicher gewesen. „Leider“, murmelte Dustin. Aber er vertraute Serdall irgendwie auch. Serdall wusste, dass Frau Canter eben nicht Louise war, dass sie einen geradezu abartigen Charakter hatte und wirklich nichts mit ihrer Tochter gemein hatte, außer vielleicht das schöne Gesicht. Das Haustelefon begann zu klingeln und Dustin stand auf, um es zu holen, auch wenn er dafür in die Höhle des Löwen ging. Ohne auf seine Mutter zu achten schnappte er sich das schnurlose Gerät und kehrte damit zurück. Nach einer kurzen Weile legte er wieder auf. „Das war Taki. Er hat gefragt, ob er bei seinem Freund übernachten darf. Ich hab erst mal ja gesagt, ist wohl besser so“, gestand Dustin und setzte sich zurück an den Tisch. „Ja, und es ist ohnehin Wochenende. Selbst wenn wir keinen unerwarteten Besuch bekommen hätten, wäre mir kein Grund eingefallen, warum Taki nicht dort übernachten sollte. Außer vielleicht die fehlenden Schlafsachen, aber bislang wusste er sich auch immer zu helfen.“ Kurz streckte Daniel sich und wischte Jana dann einmal kurz über den leberwurstbeschmierten Mund, bevor er sich wieder an Dustin wandte. „Was machst du eigentlich wegen Ethan? Ich glaube, wenn deine Mutter euch hier irgendwo sieht, fällt sie noch in Ohnmacht.“ „Ja, ich würde Ethan am liebsten irgendwo anders unterbringen, damit sie ihn nicht beschimpfen kann. Er ist wirklich sehr sensibel, wenn es darum geht. Ich möchte nicht, dass sie ihn irgendwie verletzt“, knurrte Dustin nun wütend. Wenn es um seinen Engländer ging, würde er sie schon das Laufen lehren. Er hoffte, dass sie so schnell wie möglich wieder verschwand, sobald sie Serdall des Hauses verwiesen hatte. „Dustin“, fing Daniel zögernd an. „Vielleicht wäre es doch ganz gut, wenn du mit Ethan bis Sonntag verschwinden würdest. Ich glaube, dass es noch stressiger werden wird, als es ohnehin schon ist, wenn deine Mutter euch beide im Doppelpack zu Gesicht bekommt oder noch besser, wenn sie euch nachts oder so hört. Serdall kommt übermorgen schon wieder und solange deine Mutter ihre eigenen Wege geht, habe ich kein Problem damit.“ Mit fragend hochgezogenen Augenbrauen sah Daniel Dustin an. Es wäre wohl wirklich die beste Lösung wenn Dustin, wie er ohnehin schon vorgehabt hatte, das Wochenende in einem Hotel verbrachte. Seine Mutter hatte ihn gerade einmal eine Minute gesehen und schon hatte Dustin ein Pflaster auf der Stirn kleben. Man hörte es im Wohnzimmer Scheppern und Dustin seufzte tief. „Ich glaube nicht, dass ich dich mit diesem Monster allein lassen kann“, meinte er entschieden und begann eine Nummer mit dem Telefon zu wählen. „Ethan sollte jedoch besser nicht herkommen.“ Er rief seinen Engländer an und erklärte die Situation. Dustin hatte einmal alles über sich erzählt und Ethan wusste, warum es so wichtig war, dass er jetzt nicht herkam. „Und, was hat er gesagt?“, wollte Daniel wissen, nachdem Dustin aufgelegt hatte. Es hörte sich fast so an, als ob Ethan nicht viel Erklärungsbedarf auf Grund dieser Situation hatte. Jedenfalls hatten sie die Angelegenheit schnell am Telefon geklärt. Aber es war wohl verständlich, dass er als Dustins Freund auch alles über dessen Vergangenheit wusste. „Nun, er hat es eingesehen“, sagte Dustin halblaut und sah einen Moment verträumt auf das Telefon. Allein wenn er Ethans unschuldig klingende Stimme hörte, wurde ihm warm und er bekam das Bedürfnis, ihn wieder bei sich zu haben. Kopfschüttelnd legte er den Hörer beiseite und sah dann zu Daniel. „Willst du Serdall nicht Bescheid sagen, was hier los ist? Ich glaube es würde ihn ziemlich aufregen, wenn er herkommt und du ihn nicht informiert hast.“ „Ja, ich glaube auch“, seufzte Daniel und gab Jana ihr Trinken. „Ich fürchte bloß, dass er auf Grund der letzten Vorkommnisse hier vielleicht seinen Wettbewerb sausen lässt und das will ich auch nicht. Allerdings ist mir das dann doch lieber, als wenn er wütend auf mich ist.“ Dustin runzelte nachdenklich die Stirn. Es würde Serdall zur Weißglut bringen, dass Grace die Einrichtung demolierte und Daniel und ihn beschimpfte, doch würde er deswegen gleich hereilen? „Naja, aber was sollen wir mit ihr machen? Rauswerfen lässt sie sich nicht und ruhig bleibt sie auch nicht, wenn wir sie hierlassen.“ „Wir könnten sie im Wohnzimmer einsperren und ignorieren“, schlug Daniel vor. „So demoliert sie wenigstens nur einen Raum.“ Sein aufgesetztes Lächeln schwand und er stützte frustriert das Kinn in die Hand. Irgendwie waren alle möglichen Alternativen gerade ziemlich bescheuert. „Egal was wir machen, es bringt nicht viel“, bestätigte Dustin ihm und erhob sich dann. „Ruf du jetzt Serdall an und frag ihn, was wir tun sollen. Ich versuche derweil noch einmal mit ihr zu reden. Vielleicht kriegt sie sich ein“, murmelte Dustin und straffte sich, um dann in Richtung Wohnzimmer zu gehen. Sofort begann Frau Canter zu keifen, als sie Dustin sah und wieder mit Gegenständen zu werfen. Seufzend schnappte Daniel sich das Telefon, das Dustin auf dem Tisch liegengelassen hatte und wählte Serdalls Handynummer. Jana hatte inzwischen aus Langeweile angefangen, ihre letzten beiden Häppchen Leberwurstbrot über ihr Tischchen zu verteilen, doch Daniel kümmerte sich jetzt gerade nicht darum. Gleich, wenn er fertig war mit telefonieren, aber erst einmal wollte er das hinter sich gebracht haben. Es dauerte ein wenig bis Serdall heranging und sich etwas verwirrt meldete. „Hey Dan, alles in Ordnung? Ich bin gleich dran mit meinem vorletzten Solo“, meinte er und man hörte, wie die Sohlen seiner Lackschuhe auf einem harten Boden wiederhallten. Daniels Herz machte einen kleinen, entsetzten Hüpfer. Er hätte nicht erwartet, dass er stören würde. „Entschuldige, ich dachte, ich erwische dich in einem entspannten Moment. Du hast dich bis jetzt noch gar nicht gemeldet und ich wollte einfach mal hören, wie es dir geht und wie es läuft. Rufst du an, wenn du etwas Luft hast?“ „Du störst nie, aber es ist nur gerade ungünstig, weil ich auf dem Weg zur Bühne bin“, lächelte Serdall. „Und es tut mir leid, dass ich mich noch nicht gemeldet habe, aber bisher läuft ein Auftritt nach dem anderen und immerzu wollen irgendwelche Leute meine Hand schütteln. Ich vermisse dich wahnsinnig, Prinzesschen“, seufzte Serdall halblaut und blieb plötzlich stehen. „Ich komme nach Hause, sobald ich den letzten Auftritt hatte, okay?“ „Okay. Komm schnell“, murmelte Daniel und seufzte schwer. „Ich vermisse dich“, setzte er noch im nächsten Moment nach, damit Serdall nicht schon jetzt anfing, Fragen zu stellen. Das verschoben sie am besten auf die Zeit nach dem Auftritt. „Daniel, ist irgendetwas? Du hörst dich seltsam an. Geht es Jana und Taki gut?“ Serdall begann sich Sorgen zu machen. Er war zwar erst ein paar Stunden weg, doch Daniel schien irgendetwas zu bedrücken und nicht sagen zu wollen. „Wenn du willst, komme ich auch gleich zurück, du musst es nur sagen. So wichtig ist das Ganze auch nicht.“ „Taki und Jana geht es gut“, sagte Daniel schnell. Stimmte ja auch. Taki hatte von all dem hier noch gar keine Ahnung und Jana war bislang auch noch nicht betroffen. Außerdem würde Daniel es abgrundtief schrecklich finden, wenn Serdall früher wiederkam, nur weil er sich mit Dustin nicht gegen eine einzelne Frau durchsetzen konnte. „Bring du deine Vorführung zu Ende und dann reden wir, okay?“, fügte Daniel noch an. Serdall schien nicht zufrieden mit dem Ausgang dieses Gesprächs, aber jemand rief ihn auf, sich zur Bühne zu begeben. „Gut. Ich denke morgen Abend schaffe ich es schon daheim zu sein.“ Er wollte die Preisverleihung sowieso nicht miterleben, die am folgenden Vormittag stattfand. „Bis dann, Prinzesschen und pass auf dich auf“, sagte er schnell. „Klar“, schaffte Daniel noch zu erwidern, bevor Serdall aufgelegt hatte. Seufzend platzierte er das Telefon wieder auf dem Tisch, wischte Jana Mund und Hände ab, räumte das Geschirr weg und nahm seine Tochter dann auf den Arm, um vorsichtig um die Ecke zum Wohnzimmer zu schauen. „Du kannst das Haus haben, verdammt nochmal!“, rief Dustin jetzt und hielt das Silbertablett aus dem vordersten Regalschrank vor sich und wehrte so einen Tasse ab, die seine Mutter auf ihn warf. „Du sollst nicht in meiner Gegenwart fluchen, du perverser Abschaum! Und das Haus gehört sowieso mir. Dein Vater hatte zum Schluss eh einen Knall gehabt!“, kreischte sie und warf einen Löffel, der scheppernd am Metall abprallte. „Und was willst du dann noch hier? Du kannst zurück nach Kalifornien. Serdall legt keinen Wert auf dich!“, erwiderte Dustin laut und duckte sich leicht, als seine Mutter eine Vase warf. „Woher willst du das wissen? Du hast ihn doch infiziert mit dieser Pest, dieser Krankheit! Verbrennen sollte man dich! Wegsperren!“ „Hallo?“, machte Daniel sich laut bemerkbar. Frau Canter hielt in ihren Beschimpfungen und inne und schmiss vorerst keine ihrer Sachen mehr durch das Wohnzimmer in Richtung Dustin. „Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie diese Angelegenheit Ihrem Alter gemäß regeln und nicht unsere gesamte Einrichtung demolieren. Außerdem sind Kinder in diesem Haus, die Ihr Geschrei eventuell auch nicht so prickelnd finden.“ Schnaubend schüttelte er den Kopf. Selbst wenn er versuchte, die Abneigung von Dustins Mutter zu verstehen, was er nicht tat, wie auch, war es trotzdem einfach lächerlich und kindisch, wie sie sich aufführte. Doch bevor Daniel reagieren konnte, schmiss Frau Canter eine der Fernbedienungen gegen seinen Oberschenkel. „Ich soll mich anständig verhalten? Du hast mir gar nichts zu sagen! Im Fegefeuer wirst du brennen, du Sünder! Gotteslästerer! Von wem hast du dieses Kind geklaut? Welche arme Mutter weint um dieses liebe Mädchen, na?“, kreischte sie und wieder flog etwas, doch Dustin stellte sich schützend vor Daniel und Jana und der Teller traf ihn in den Rücken. Sein Gesicht verzog sich im Schmerz, während er Daniel aus dem Wohnzimmer schob und die Tür hinter sich schloss, was Frau Canters Beschimpfungen nur minimal dämpfte. „Alles okay?“, fragte Daniel über Janas Weinen hinweg. Er hätte sie für die paar Minuten, die er weg war, in der Küche lassen sollen. Es war klar, dass Frau Canter nicht ruhig bleiben würde und Jana war mal wieder vollkommen erschrocken, als auf einmal etwas auf sie und ihren Vater geschmissen wurde. „Sie ist verrückt“, meinte Daniel kopfschüttelnd. Dustin rieb sich ächzend über die Stelle, an der er getroffen worden war. „Geht so“, meinte er halblaut und strich Jana dann mitfühlend über den Kopf und über die Wange, um sie ein wenig zu beruhigen. „Sie war schon immer so. Naja, früher konnte sie mich noch niederringen, heute schmeißt sie eben mit Gegenständen, um mich zu verletzten und alle anderen, die so sind wie ich“, seufzte er halblaut, zog ein frisches Taschentuch aus seiner Hosentasche und trocknete Janas Wangen. Daniel nickte mitfühlend, nahm Dustin das Taschentuch ab und schob ihn wieder in Richtung Küche. „Wir sollten das kühlen“, sagte er entschlossen. „So halten wir wenigstens den blauen Fleck etwas in Grenzen und du siehst nicht so aus, als ob du gerade aus dem Boxring gestiegen wärst oder so. Sind noch irgendwelche Stellen betroffen?“ Er drückte Dustin Jana in die Hand und holte eine kalte Kompresse aus dem Gefrierfach heraus. Jana fest an sich drückend, zischte Dustin leise, als Daniel die rote Stelle kühlte und die Kompresse dagegen drückte. „Ach, ansonsten nur ein paar Treffer an den Beinen. Das ist alles halb so wild. Das, was wirklich schmerzt, ist innendrin“, seufzte er traurig. Er hätte nicht gedacht, dass es ihn immer noch so mitnehmen würde, dass seine Mutter ihn hasste, aber jetzt merkte er wieder, dass es ihn doch nicht kalt ließ. Besonders da sein Vater gestorben war und sie immer noch nur den Abschaum in Dustin sah. Er stellte fest, dass er irgendwo in sich doch noch eine leise Hoffnung gehabt hatte, dass sie ihm irgendwann einmal verzieh, doch jetzt schien sie ihn wirklich nur noch zu hassen und nirgends in ihm ihren Sohn zu sehen. „Hey“, meinte Daniel leise und umschloss Dustins Gesicht mit den Händen. „Sie ist es nicht wert, dass du ihr so nachtrauerst. Also nicht ihr, sondern der Mutter-Sohn-Beziehung. Außerdem habt ihr euch die letzten Jahre ohnehin nicht gesehen und du hast hier neue Menschen gefunden, die das doch um Längen wett machen, oder nicht? Sag jetzt nichts Falsches, ansonsten erzähle ich das Ethan“, fügte Daniel noch mit einem kleinen Lächeln hinzu. „Ja, stimmt“, meinte Dustin leise und senkte die Lider. „Trotzdem tut es schon weh, wenn die eigene Mutter einem nur noch Verachtung entgegenbringt und mein Vater gerade gestorben ist. Sie ist die einzige Verwandtschaft, die ich jetzt noch habe und sie hasst mich“, seufzte er und ließ sich von Daniel in eine Umarmung ziehen, wobei Jana zischen ihnen nun leise lachte. Dustin lächelte schief und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Die Kleine war wirklich ein Sonnenschein. „Wollen wir nicht irgendein Kartenspiel oben spielen oder zusammen Fernsehen? Ich mag jetzt nicht allein sein.“ „Okay“, stimmte Daniel zu. „Ich bringe nur noch Jana ins Bett und komm anschließend nach. Dann haben wir wirklich etwas Zeit für uns. Und hey“, meinte er noch schnell, als Dustin sich schon lösen wollte, „mach dir nicht zu viele trübsinnige Gedanken darüber. Übermorgen reist deine Mutter wieder ab, du hast deinen Ethan zurück und lebst dein Leben einfach so weiter, wie es bislang war.“ Daniel hauchte Dustin noch einen kleinen Kuss auf die Lippen. Er spürte, dass er das jetzt einfach brauchte. Dustins Augen weiteten sich leicht und er lächelte dann ehrlich. Wenn Serdall davon erfahren würde, würde wohl die Hölle losbrechen, aber Dustin war nicht geneigte es ihm zu erzählen. So etwas war nun wirklich nicht sehr schlimm. Sie gingen nach oben. Dustin bog in der zweiten Etage in sein Zimmer, während Daniel weiter nach oben ging. Er wartete darauf, dass Daniel wiederkam und setzte sich auf das kleine Sofa in der Ecke, auf dem man gut zum Fernseher blicken konnte. Dustin wurde sich bewusst, dass er und Daniel schon ewig nicht mehr allein beisammen gesessen hatten und Dustin war froh, dass der Schwarzhaarige jetzt bei ihm bleiben würde. In diesem Moment entsann er sich an die Zeit, in der er mit Daniel zusammen gewesen war. Wo das Ganze auf und ab zwischen Serdall begonnen hatte. Unweigerlich musste Dustin lächeln. Das war damals echt nur Chaos gewesen. Als Daniel schließlich reinkam hatte Dustin schon irgendeinen Film aus ihren diversen Pay-TV Kanälen eingeschaltet. Daniel setzte sich ebenfalls auf das Sofa und lehnte sich leicht gähnend an Dustin. Nachdem er Jana ins Bett gebracht hatte, war er selbst auch immer kurz müde, bis seine Lebensgeister wieder zu ihm zurückgekehrt waren. „Und deine Mutter darf im Wohnzimmer übernachten?“, fragte Daniel, während er träge auf den Fernsehbildschirm starrte. Dustin legte wie von selbst einen Arm um Daniel und zappte weiter durch das Programm. „Was heißt darf?“, murrte er. „Sie nistet sich doch einfach ein“, knurrte er und blieb zufrieden auf einem Kanal hängen, der direkt für Schwule ausgelegt war und den er eigentlich immer mit Ethan ansah. „Hauptsache sie ist wirklich bald weg von hier und lässt mich endlich in Ruhe.“ „Ja, schon. Halt mich für vollkommen verrückt, aber trotz der ganzen Scheiße, die sie hier schon angestellt hat, finde ich es doch etwas zu krass, sie einfach dort unten schlafen zu lassen. Immerhin ist sie schon älter, auch wenn sie das durch ihr, nun, Temperament gut kaschiert.“ Seufzend ruckelte Daniel sich noch ein wenig zurecht und griff nach der Wolldecke am Ende des Sofas. Interessiert sah er sich kurz die Liebesromanze über ein schwules Pärchen an. „Ich wusste gar nicht, dass wir sowas hier empfangen können“, murmelte er. Dustin ließ die Sache über seine Mutter unkommentiert. Egal wie alt diese Schreckschraube war, er wünschte ihr die Pest an den Hals. Nun, indirekt hatte sie die ja schon, in Form ihres Sohnes. Er seufzte. Dustin beschloss, dass er das Thema jetzt beiseite schob. „Wir empfangen auch noch viel bessere Sachen“, grinste er im nächsten Moment und schaltete um. Augenblicklich sahen sie zwei Männern beim Sex zu. „Das läuft den ganzen Tag, wenn man es abonniert hat“, erklärte er grinsend und legte leicht den Kopf schief. Erstaunt riss Daniel die Augen auf und setzte sich ein kleines Stück aufrechter hin. Er hatte noch nie einen Schwulenporno gesehen. Interessiert sah er dem augenscheinlich älteren der beiden Männer dabei zu, wie er den Jüngeren über der Sofalehne hart nahm. „Da kann man noch was lernen“, meinte Daniel mit leicht trockner Kehle. Diese Bilder ließen ihn nicht kalt, allerdings war es wirklich mal eine neue Erfahrung, sich sowas anzusehen. Dustin biss sich auf die Lippe. Das konnte doch jetzt nicht Daniels Ernst sein. „Sag jetzt nicht, du hast dir noch nie sowas angeguckt? Himmel, was machen Serdall und du denn sonst?“, fragte er perplex und zog eine Augenbraue nach oben, als er beobachtete wie Daniel langsam rot im Gesicht wurde. Dustins Herz begann schneller zu schlagen. Daniel war schon immer attraktiv gewesen, aber im Moment war er wieder einmal unwiderstehlich. Klar, sie waren Freunde, aber man durfte nie vergessen, dass sie einmal viel Sex miteinander gehabt hatten und das war bis heute noch sehr präsent in Dustins Kopf. „Wir machen Sex, aber wir gucken keinen Sex“, erwiderte Daniel kopfschüttelnd und sah dabei zu, wie der jüngere Kerl seinen Lover jetzt zum Schluss mit einem Blowjob abfertigte. Etwas peinlich berührt stelle er fest, wie seine Hose doch langsam ziemlich eng wurde und sich ein erwartungsvolles Kribbeln in seinem Bauch breit machte. Er wusste gar nicht, dass er auf sowas stand. Irgendwie war das leicht pervers, oder? „Ich meine, bislang haben wir es auch so ganz gut hinbekommen und brauchte nichts zur Einstimmung“, fügte er noch an. Leise lachend wandte Daniel sich Dustin zu und wurde schlagartig ruhig. Dustins Blick war so durchdringend, die Art so bekannt. „Das ist keine gute Idee“, flüsterte Daniel heiser. „Du hast recht“, erwiderte Dustin rau und seine Hand legte sich automatisch an Daniels Wange. Langsam beugte er sich vor. Daniels Geruch war so vertraut, das Gefühl von seiner Haut so angenehm und die Wärme, die er ausstrahlte, ungemein anziehend. Es war alles so bekannt und Dustin wusste, was dies alles bedeutete. Millimeter vor Daniels Lippen stoppte er und sah ihm in die himmelblauen Augen. Eine leise Frage, Verlangen und Lust konnte man in Dustins Blick lesen, als er seine andere Hand in Daniels Nacken schob. „Eine ganz schlechte Idee“, meinte er noch leise, bevor sich ihrer Münder heiß trafen. Ende Kapitel 3 Kapitel 4: ----------- Kapitel 4 Keuchend drängte Daniel sich Dustin entgegen. Im Hintergrund drang leises Stöhnen aus der Richtung des Fernsehers. Das war auch das Einzige, was sich zu dem Zeitpunkt in Daniels Gedanken absetzen konnte. Ansonsten war alles wie leergefegt. Er stöhnte auf, als sich Dustin über ihn schob und sich ihre durch das kurze TV-Erlebnis schon leicht erigierten Glieder aneinander rieben. Seufzend ließ Daniel seine Hände durch Dustins Haare fahren. Dustin wusste, dass es falsch war, was sie hier taten, doch er verdrängte diesen Gedanken. Gerade weil es verboten war, war es gut. Seine Finger schoben sich unter Daniels Pullover, während sich ihre Zungen umtanzten. Hitze stieg in ihm auf, während er hart über Daniels Brustwarzen rieb und Daniel leicht zu stöhnen begann. Er schob den Pullover über Daniels Kopf, löste dann ihren Kuss, um sich dann über den Brustkorb in Richtung Unterleib zu küssen. Eilig öffnete er die Hose und begann Daniels Penis mit den Mund zu verwöhnen, ohne auf sein alarmiertes Gewissen zu hören. Es war wie damals. Es ging einfach um Sex. Sex zum Trost. Erregt krallte Daniel sich in die Polster und hisste leicht auf, als Dustin genau den richtigen Punkt fand und ihn ausgiebig mit seiner Zunge umspielte. In Sachen Sex war er so begabt wie Serdall mit seiner Geige und er wusste, wie er seine Partner zu behandeln hatte, um sie willig zu machen und zum Stöhnen zu bringen. Schnaufend zog Daniel ihn hoch und entfernte gleich Dustins Pullover, bevor er ihn in einen harten Kuss verwickelte. Wie sooft bei diesen Gelegenheiten schaltete sich die Region seines Gewissens scheinbar einfach ab und ließ ihn sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren und nicht an Serdall denken. Ganz hinten in seinen Gedanken pochte etwas, sein Magen war ein wenig verkrampft, doch es fiel Daniel im Moment nur allzu leicht, diese Anzeichen auszublenden. Ihre Küsse hallten schmatzend nach, genauso wie das leise Gestöhne. Dustin beeilte sich damit, Daniel die Hose von den Beinen zu ziehen. Sie sprachen nicht miteinander. Jedes Wort wäre unnötig. Dustin kannte Daniel in und auswendig und er fand jede süße Stelle, die Daniel nahezu schreien ließ. Dustin sprang plötzlich auf, riss Daniel mit sich und schubste ihn regelrecht hart aufs Bett, ehe er sich wieder über ihn schob, zwei Finger in Daniels Mund führte, damit er sie mit Speichel benetzte. Während Daniel das tat, saugte sich Dustin an seiner Halsbeuge fest und rieb sich leicht gegen ihn. Einen Moment später entzog er seine nassen Finger und führte sie zwischen Daniels Beine, um ihn nahezu um den Verstand zu bringen, da er geschickt die Prostata reizte. Daniel kam fast gar nicht zum Einatmen, während er immer neue Lustbekundungen von sich gab. Stöhnend drängte er sich Dustins Finger entgegen, bis der sie ihm entzog, um sich selbst auf das Kommende vorzubereiten. Daniel drehte sich mit glühenden Wangen auf den Bauch und gab dem Zug von Dustins Händen nach, die ihn sanft aber bestimmt in eine leicht kniende Position zogen. Dustin große Hände drückten Daniels Pobacken ein wenig auseinander, er rieb sein Glied durch den Spalt, bevor er mit einem langsamen Stoß in Daniel versank. Er schnurrte zufrieden und küsste Daniel kurz auf die Wirbelsäule. Er wartete bis zu dem minimal bemerkbaren Punkt, der signalisierte, dass Daniel bereit war. Diese leichte Entspannung, die gerade eintrat, war das Signal für Dustin und er begann einen atemberaubend schnellen Rhythmus einzuschlagen, bei dem er Daniel aber immer voll ausmaß. Erregt schrie Daniel auf und verdrehte genüsslich die Augen. „Genau so“, zischte er zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hervor und krallte sich ins Bettlaken. Er senkte sein Becken ein Stück hinab, sodass Dustin jetzt mit jedem Stoß seine Prostata traf. Mit rasendem Herzschlag und leicht rasselndem Atem kam Daniel Dustin leidenschaftlich entgegen. Nicht lange und er spürte wie sein Orgasmus sich aufbaute, doch Dustin schien das zu spüren und zog sich aus ihm zurück. Frustriert ließ Daniel sein Gesicht auf die Matratze sinken und wurde im nächsten Moment herumgedreht, bevor sich Dustin wieder über ihn schob. Daniel verwob seine Finger in den blonden Haaren und fuhr fahrig hindurch, während seine Zunge sich mit Dustins duellierte und das harte Glied ihn wieder ausfüllte. „Oh Dan“, seufzte Dustin genüsslich, griff Daniel bei den Schultern, hob ihn an, um dann im Sitzen mit Daniel weiterzumachen. Daniel rollte sich auf Dustins Oberschenkel auf und ab, während Dustin ihn fest am Po griff. Er kam Daniel hart entgegen, während der sich an seine Schultern klammerte. Langsam ließ sich Dustin zurückgleiten, legte sich auf den Rücken und ließ Daniel einen Moment die Chance, sich nach seinem Gefallen auf ihn zu bewegen und bot ihm damit freie Hand. Schelmisch grinste er jedoch im nächsten Moment und packte Daniel hart am Penis, da der so aussah, als ob er kurz vorm Kommen gewesen wäre. „Nicht so schnell“, seufzte Dustin grinsend auf Daniels frustriertes Stöhnen hin und schubste ihn von sich. Er befahl Daniel sich auf Seite zu legen und spreizte eines der Beine nach oben, legte es sich über die Schulter, während er sich dazwischen kniete und erneut in Daniel eindrang. Daniel wusste gar nicht wohin mit seinen Gefühlen. In dieser Position war er weitestgehend handlungsunfähig und er vergrub seinen Kopf stöhnend im Kissen, während all seine Sinne sich auf Dustins Glied in sich konzentrierten. „Dustin“, keuchte er außer Atem und griff mit einer Hand dessen Becken, um ihn erneut in einen harten Rhythmus zu dirigieren. Viel länger konnte er nicht mehr. Dieses andauernde Hinauszögern seines Höhepunktes hatte ihn komplett zittrig, nervös und bis in die Zehenspitzen erregt zurückgelassen. Er öffnete seine Augen einen Spalt breit und verfolgte kurz das Geschehen auf dem Fernsehschirm, wo sich jetzt zwei andere Männer leidenschaftlich liebten. Grinsend kam Dustin Daniels Wunsch nach und erhöhte sein Tempo, sodass das Geräusch von klatschender Haut im Raum laut wurde, zusammen mit Daniels befreitem Stöhnen. Nun zögerte Dustin nichts mehr heraus. Er drängte Daniel zu einem explosionsartigen Orgasmus, den er schreiend bekundete. Ein paar lange Stöße später kam auch Dustin und sank dann atemlos und schweißnass neben Daniel in die Kissen, wobei er aus ihm herausglitt. „Himmel“, hauchte er schwer und starrte fassungslos und immer noch von den Gefühlen übermannt an die Decke. „Hmhm“, kam es genuschelt von Daniel, der noch immer mit einem Spalt breit geöffneten Augen auf dem Bett lag. Matt fühlte er den letzten Ausläufern seines Hohepunktes nach und atmete dann einmal tief durch. Das eben war in höchstem Maße befriedigend gewesen. Da kamen die Erinnerungen wieder hoch, warum er sich ausgerechnet von Dustin hatte entjungfern lassen und warum er sich mit seinem, damals noch Lehrer, überhaupt eingelassen hatte. Der Kerl strahlte Sex aus. Er war Sex. Befreit aufseufzend drehte Daniel sich auf den Rücken und sorgte somit dafür, dass sich Dustins und sein Arm berührten. Mit abflauenden Hochgefühlen kamen langsam die Zweifel und das schlechte Gewissen. Wo eben noch schummriges Wohlbefinden gewesen war, machte sich jetzt nackte Panik breit. Zittrig atmete Daniel ein und kniff die Augen zusammen. „Scheiße“, fluchte er leise. „Das war einfach nur eine total beschissene Aktion.“ Schwach setzte er sich auf und fuhr sich mit zitternder Hand durch die Haare. Langsam wurde ihm bewusst, in was er sich gerade wieder reingeritten hatte. Endgültig reingeritten, denn dieses Mal gab es garantiert kein Zurück mehr. Das hatte Serdall ihm das letzte Mal nur allzu deutlich gemacht. Verzweifelt zog Daniel die Beine an und legte sein Kinn auf die Knie. „Scheiße“, fluchte er erneut, über seine eigene Dummheit entsetzt. Wie hatte es soweit kommen können? Nur wegen dem Porno im Fernsehen, der vertrackten Situation mit Dustins Mutter und der Anziehung, die ohnehin schon immer zwischen ihnen bestanden hatte und immer noch bestand? Daniel stellte leidlich fest, dass das für ihn durchaus reichte, um eben mit Dustin zu schlafen. Von diesem Gedanken getroffen schloss er wieder die Augen. Allerdings hörte er so das Stöhnen im Fernsehen noch lauter als vorher und stand wütend und entnervt auf, um die Fernbedienung zu holen und den Ausschalter härter als nötig zu betätigen. Mit gemischten Gefühlen sah Dustin dabei zu, wie sich Daniel auf den Bettrand setzte und den Kopf in die Hände grub. Ermattet seufzte er. Er war müde. Todmüde und wollte einfach nur die Augen schließen und gar nicht darüber nachdenken, was sie gerade Ethan und Serdall angetan hatten. „Müssen wir es ihnen erzählen?“, fragte er halblaut in den Raum und wusste die Antwort schon selbst. Es würde rauskommen und es würde mächtig Ärger geben. Daniel war eine zu ehrliche Haut, um es Serdall zu verschweigen, auch wenn es wohl diesmal zum totalen Aus zwischen den beiden kommen würde. Daniel hatte sich wohl schon genug geleistet. Dustin wusste nicht wie Ethan reagieren würde. Er hatte keine Ahnung, aber er war sich irgendwie sicher, dass es sich wieder einrenken würde, da es nun mal Daniel gewesen war, mit dem er geschlafen hatte und nicht mit jemand wildfremdes. Ethan wusste darum, was sie irgendwo verband und naja… Dustin erinnerte sich schweren Herzens auch an einige Eifersüchteleien. „Ich kann nicht für dich sprechen“, meinte Daniel leise und blickte mit feuchten Augen zu Dustin auf. „Ich kann es allerdings Serdall nicht verschweigen. Er weiß ohnehin sofort, wenn er mich ansieht, dass etwas nicht in Ordnung ist und ich will nicht, dass er es zufällig oder erst auf Nachfrage erfährt. Wobei es eigentlich egal ist, weil es das gewesen sein wird.“ Schwer atmete Daniel ein und versuchte das Zittern zu unterdrücken, das sich den Weg durch seinen Körper bahnte. Er hatte eigentlich kein Recht dazu, sich so bemitleidenswert zu fühlen, denn immerhin hatte er sich auf die Sache mit Dustin eingelassen. Erneut. Unschlüssig biss sich Dustin auf die Lippe. Also würde er es Ethan sagen müssen. Es würde unweigerlich rauskommen, wenn Serdall sich von Daniel trennte, gerade aus dem Grund, dass er mit Dustin geschlafen hatte. Was hatten sie da nur wieder angerichtet? „Mist“, fluchte Dustin leise und fiel zurück in die klammen Kissen. Es roch nach Sex. Das ganze Zimmer war stickig und heiß. Gepeinigt schloss er die Augen. Das würde Serdall Daniel nie verzeihen und ihm auch nicht. Dustin runzelte die Stirn. Warum war er nur so selbstsicher, dass Ethan ihn deswegen nicht verlassen würde? Warum fühlte er sich so absolut sicher, dass es mit einem Streit gegessen wäre? Irgendwie hatte er es einfach im Blut. Nur Daniel traf es am schlimmsten. „Du musst es ihm verschweigen“, hielt Dustin nun dagegen und richtete sich auf. „Willst du ihn echt verlieren? Himmel, lüg doch einfach um euer beider Willen!“, zischte Dustin. „Das kann ich nicht!“, rief Daniel aufgebracht. „Warum sollte ich auch? Serdall hat jedes Recht, jetzt alles hier zu beenden. Es würde immer so weitergehen. Scheinbar ist Treue ein Wort, das nicht in meinem Vokabular vorkommt. Außerdem merkt er es wie gesagt sowieso. Selbst vorhin am Telefon, als ich mit keiner Silbe erwähnt habe, dass hier irgendwas los ist, hat er mich gefragt, was ich habe. Wie soll ich ihm da irgendwas verheimlichen, wenn er Auge in Auge vor mir steht?“ Verzweifelt und mit tränennassem Gesicht wandte Daniel sich ab und lief im Zimmer auf und ab. „Vielleicht sollte ich jetzt schon ausziehen, dann erspare ich mir am Sonntag das packen“, meinte er ironisch. Kopfschüttelnd erhob sich Dustin und zog sich erst einmal Shorts und Hose an, ehe er sich kraftlos und müde auf dem Sofa niederließ und Daniel bei seinem Weg durch das Zimmer zusah. „Warte erst einmal ab, was er sagt. Mensch, vielleicht…“ Dustin strich sich nun über das Gesicht. Es gab kein vielleicht. Serdall würde austicken und Daniel wohl wirklich rauswerfen und Dustin mit dazu. „Ich sammele wohl besser auch gleich meine Sachen zusammen, zischte er am Ende und seufzte leise. „Das tut mir alles so leid. Es war meine Schuld. Ich hab dich geküsst. Hätte ich mich nur zusammengerissen!“ „Wenn du es so betrachten willst, war es meine Schuld, weil ich dich zuerst in der Küche geküsst hatte“, erwiderte Daniel emotionslos. Es brachte nichts, jetzt noch irgendwem die Schuld zuzuweisen. Sie waren beide wohl gleichermaßen daran beteiligt. Außerdem war es egal, von wem es ausgegangen war, das Ergebnis war letzen Endes ohnehin dasselbe. „Wir können ja eine WG gründen“, fügte Daniel noch an. „Großartig“, grummelte Dustin und warf leise schreiend die Hände in die Luft. Was waren sie eigentlich für triebgesteuerte Idioten? Sie wussten doch zu gut, dass Serdall ausflippen würde. „Und was nun? Was willst du tun? Was ist mit Jana? Du kannst nicht ausziehen. Allein wirst du nie klarkommen“, merkte Dustin an und sah Daniel fragend an. Wenn sie jetzt einmal vom schlimmsten Fall ausgingen, in dem Serdall Daniel des Hauses verwies, was würde er machen? Seufzend setzte sich Daniel wieder auf das Bett. Darüber hatte er auch schon kurz nachgedacht. „Ich werde sie mit zu meiner Mutter nehmen“, sagte Daniel entschlossen. Allerdings nahm sein Gesicht dann einen nachdenklichen Ausdruck an. „Eigentlich will ich sie nicht hergeben. Wirklich nicht. Allerdings weiß ich nicht, wie es bei meiner Mutter momentan finanziell aussieht. Ich habe noch das Geld, um für sie ein Zimmer einzurichten, aber das war es so ziemlich. Ob Serdall da noch irgendwie hilft, kann ich gar nicht einschätzen. Irgendwie will ich das auch nicht. Wäre noch die Möglichkeit Jana hier zu lassen, aber wozu? Serdall wollte eigentlich nie ein Adoptivkind. Es ist wohl wirklich alles noch komplizierter, als ich ohnehin schon gedacht habe.“ Dustin konnte nur nicken. Er wusste nicht wirklich, wie Serdall zu Jana stand, doch er war sich sicher, dass sie ihm nicht so wichtig war wie Taki oder Daniel. „Wenn du irgendetwas brauchst, wende dich an mich. Ich bin schließlich mit schuld an dem ganzen Mist“, murmelte Dustin und stand dann auf, um ein Fenster zu öffnen und endlich zu lüften. „Irgendwie hoff ich trotzdem noch, dass Serdall nicht gleich so extrem reagiert. Immerhin ist es nichts Neues, oder?“, meinte er ironisch und starrte einen Moment aus dem Fenster, hinauf in den sternenklaren Himmel. „Klasse Kommentar“, murmelte Daniel, musste sich allerdings erneut eingestehen, dass es wahr war. Er ging zu Dustin ans Fenster, nachdem er in seine Hose geschlüpft war. So ganz nackt fühlte er sich gerade noch beschissener als ohnehin schon. Er nahm einen tiefen Atemzug der frischen Nachtluft. „Ich glaube, ich werde dann mal schlafen gehen“, murmelte er. „Ja, wir zerbrechen uns sonst nur die Köpfe“, seufzte Dustin. „Ich glaube, ich fahre gleich zu Ethan und beichte ihm den Mist“, meinte er halblaut und suchte sich seinen Pullover, um ihn überzuziehen. Ethan würde wohl toben, aber Dustin hoffte inständig, dass er ihn beschwichtigen konnte. „Hoffentlich ist er nicht all zu sauer.“ „Ich drücke dir die Daumen“, meinte Daniel leise. „Allerdings war es dein erster Ausrutscher, was ich bei aller Liebe nie von dir erwartet hätte, dass du so standhaft bleibst, dann war es nicht irgendwer, sondern ich war es und ich glaube nicht, dass Ethan dich einfach so vor die Tür setzt. Dafür liebt er dich viel zu sehr und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er dich einfach so verlässt.“ „Ja“, seufzte Dustin. „Mich trifft es besser als dich“, meinte er traurig und nahm Daniel in die Arme. Wieso waren sie nur so zwei Hitzköpfe? Dann wäre das nie passiert. „Ich mache mich zumindest schon einmal darauf gefasst von Serdall angeschossen zu werden. Allein beim letzten Mal hat er mir ein blaues Auge verpasst. Da habe ich dich aber nur geküsst“, grummelte er mit leidlicher Miene. Langsam war er sich sicher, dass Serdall sich mit seiner Mutter zusammentun würde oder so etwas in der Art. „Wenn er dich versucht anzuschießen, werfe ich mich davor. Dann ist es wenigstens vorbei“, murmelte Daniel leise. Seufzend stützte er seinen Kopf in die Hände. „Vergiss, was ich gesagt habe. Ich habe irgendwie die Angewohnheit, mich in solchen Situationen selbst zu bemitleiden.“ „Leg dich schlafen, Daniel. Ich fahre jetzt zu Ethan“, murmelte Dustin und schob Daniel zur Tür. Er überging somit Daniels Kommentar und entschied für sich, Serdall zu erklären, dass es seine Schuld gewesen wäre. In einer ruhigen Minute würde er seinen Schwager schon erwischen. Ob er das heil überstehen würde, war eine andere Geschichte. „Gib dein Bestes“, meinte Daniel und umarmte Dustin aufmunternd. „Und zieh dir was an, bevor du zu Ethan gehst. Zu provokativ muss es auch nicht sein.“ Noch einmal lächelte Daniel ihn aufmunternd an und ging dann eine Etage höher. Kurz sah Dustin Daniel nach. Das würde wieder einmal eine harte Zeit werden. Es war gerade einmal Anfang Februar. Im Dezember waren Daniel und Serdall das letzte Mal richtig auseinander gewesen. Das würde wohl erneut kommen. Wieder eine Zeit, in der Serdall unerträglich sein würde, in der er Ethan und ihn schikanieren und alle um sich herum hassen würde. „Besser ich zieh von allein aus“, seufzte Dustin und zog diesen Gedanken wirklich in Erwägung. Alles war besser, als Serdall erneut so zu erleben. Nachdenklich verließ er das Haus und fuhr zu dem Hotel, in dem sich Ethan einquartiert hatte. Daniel blieb währenddessen kurz in der Tür stehen und sah ins Schlafzimmer. Er verbot sich die Gedanken, die sich gerade in seinem Kopf breit machen wollten und legte sich einfach unter die Bettdecke. Er hatte nicht die Energie, jetzt noch irgendetwas zu machen. Müde schloss er die Augen und versuchte einzuschlafen, was ihm allerdings partout nicht gelingen wollte. Er war schon fast froh, als sein Handy irgendwann piepste und seine Aufmerksamkeit forderte. Gegen das Handylicht anblinzelnd las Daniel die eingegangene SMS, nachdem er Serdalls verpasste Anrufe weggeklickt hatte. Den hatte er total vergessen. Wahrscheinlich hatte er angerufen, während er mit Dustin im Bett war. Seufzend öffnete Daniel die Nachricht. Dustin war gerade bei mir. Ich hatte echt gedacht wir wären Freunde, aber scheinbar habe ich mich da geirrt. Wenn ich mit jemandem befreundet bin, steige ich nicht mit dessen ‚Freund‘ ins Bett. Ich habe Dustin vielleicht verziehen, aber dir werde ich das zumindest vorerst nicht. Daniel schluckte an dem Klos, der sich in seinem Hals gebildet hatte. Es tat weh, dass Ethan sich von ihm abwandte, aber es war begründet. Wenigstens hatte Dustin ihn scheinbar irgendwie beruhigen können. Es wäre furchtbar für ihn gewesen, wenn er zum Teil am Zerbrechen dieser Beziehung schuld gewesen wäre. Doch wenigstens etwas erleichtert legte Daniel sich wieder hin und schlief schließlich endlich ein. „Dan? Dan, wach auf“, flehte Taki verzweifelt klingend und schneller, als er es von sich für möglich gehalten hatte, nachdem er vielleicht gerade mal vier Stunden geschlafen hatte, war Daniel aus dem Schlaf gefahren. „Was ist los?“, wollte er alarmiert wissen. Taki schüttelte verwirrt den Kopf. „Ich weiß es nicht. Überall liegt Müll.“ „Müll?“, fragte Daniel irritiert und stand auf, die zerknitterte Jeans vom Vortag noch immer an den Beinen. Jana weinte im Nebenzimmer und er fragte sich, warum er sich nicht schon eher gehört hatte. Wahrscheinlich hatte er einfach zu fest geschlafen. Am besten er nahm sie die nächste Nacht wieder zu sich rüber. Als er in den Flur trat, blieb ihm die Spucke weg. Taki hatte recht. Der ganze Boden war voll mit schmutzigen Tellern, diversen Verpackungen und anderen Hinterlassenschaften. „Was ist denn hier passiert?“, murmelte er entsetzt, während er sich in Richtung von Janas Zimmer wandte. An der Haustür wurde geklingelt. Laut und nachdrücklich. Mit einem zufriedenen Ausdruck im Gesicht öffnete Frau Canter die Haustür, wobei sie lauter Dreck und Mülltüten wegschieben musste. „Guten Tag. Mein Name ist Irene Weiß“, erklärte die großgewachsene Frau in adrettem Kostüm. Sie strich sich eine graumelierte Strähne aus der Stirn. „Ah, ich bin Frau Canter. Ich habe Sie angerufen. Er ist oben. Das kleine Mädchen weint wieder laut und der Junge ist auch bei ihm“, meinte Grace zu der Frau und den beiden Männern, die sie begleiteten. Abschätzig wurde der ganze Schmutz begutachtet, genauso die beschmierten Wände. Die Beamten rümpften die Nase, als sie den widerlichen Gestank wahrnahmen. Selbst gebrauchte Windeln lagen in diesem Chaos. „Was für ein Zustand“, keuchte Frau Weiß und sie eilten nach oben. „Wer sind sie denn?“, fragte Daniel immer noch ziemlich geschockt von der ganzen Unordnung, die sich hier breitgemacht hatte, während er scheinbar im Land der Träume geweilt hatte. Er hatte Jana auf dem Arm, die noch immer weinte. Kein Wunder, bei all dem Stress hier. Außerdem hatte sie bestimmt Hunger. „Guten Tag, ich bin Irene Weiß. Das Jugendamt wurde über die schlechten Verhältnisse in diesem Haus informiert.“ Frau Weiß faltete ein Blatt auseinander und hielt es dem jungen Mann vor die Nase. „Da Jana Erhardt adoptiert ist, müssen wir in dieser schlimmen Situation eingreifen. Wir nehmen die Kleine vorerst mit und den Jungen auch. Wie man mir berichtet hat, ist der Vater außer Haus. Taki Agamie, darf ich annehmen“, meinte sie und sah auf den schwarzen Lockenschopf, der sich an Daniels Bein klammerte. Ein Nicken und die beiden Männer stürmten auf Daniel zu. Taki wurde auf den Arm genommen und begann augenblicklich zu weinen und nach Daniel zu rufen. „Lassen Sie ihn los!“, rief Daniel wütend, als der erste Schock vorbei war und er sich gefangen hatte und wich mehrere Schritte zurück, als weitere Hände nach Jana griffen. „Hier in diesem Haus gibt es keine schlechten Verhältnisse“, fauchte er aufgebracht. „Ich habe keine Ahnung, was sie“, er nickte in Richtung von Dustins Mutter, die zufrieden grinsend etwas weiter im Hintergrund stand, „Ihnen erzählt oder hier gemacht hat, aber ich habe diverse Freunde, die bezeugen können, dass das hier ein sauberes Haus ist. Wozu haben wir sonst eine Putzfrau?“ „Das würde ich auch gerne wissen“, erwiderte Frau Weiß zynisch und nahm Taki nun an sich, damit Daniel nun Jana entzogen werden konnte. „Sie können sich beim Jugendamt melden, wenn die Verhältnisse in diesem Haus besser sind. Bis dahin nehmen wir die beiden Kleinen in Obhut. Wehren sie sich jetzt dagegen, schalten wir die Polizei ein, da sie sich gegen eine einstweilieg Verfügung stellen“, erklärte Frau Weiß und übergab Taki wieder ihrem Kollegen. Jana und Taki wurden von den beiden nach unten getragen. „Hier ist meine Nummer. Melden Sie sich, wenn hier wieder Ordnung herrscht und Sie in der Lage sind, sich um Jana zu kümmern. Das gilt auch für Herrn Agamie. Guten Tag.“ Frau Weiß machte kehrt, nachdem sie Daniel ihre Visitenkarte in die Hand gedrückt hatte und bahnte sich dann einen Weg durch die Müllberge. „Ich bin in der Lage, mich um Jana zu kümmern!“, schrie Daniel aufgebracht und stakste den Leuten hinterher. „Ich habe es bislang bestens geschafft oder sieht sie verwahrlost oder unterernährt aus? Genauso wie Taki. Fragen Sie ihn doch, wie es ihm hier geht, bevor Sie ihn mitnehmen und vorschnell urteilen. Sie hat doch das ganze Chaos hier veranstaltet“, meinte Daniel hysterisch und deutete auf Frau Canter. Frau Weiß drehte sich auf der Treppe zu Daniel um. „Herr Erhardt. Das ist vorerst reine Formalität. Zum Schutze der Kinder nehmen wir sie mit. Wenn Sie nachhaltig bewiesen haben, dass Sie sich um Ihr Kind kümmern können, werden wir dafür sorgen, dass sie zu Ihnen zurückkehrt. Ich bitte Sie um Verständnis und melden Sie sich am Montag beim Jugendamt. Dort erfahren Sie alles weitere“, erklärte sie ruhig und freundlich, ehe sie wieder kehrt machte und letztendlich nach unten ging, ohne auf Daniels Wüten zu achten. Frau Weiß zog vorsorglich die Tür hinter sich zu und stieg zu ihren Kollegen in den Wagen. Fassungslos blieb Daniel im vollkommen zugemüllten Flur stehen. Das war ein schlechter Scherz. So verkorkst konnte sein Leben auf einmal gar nicht sein. Montag? Bis dahin waren es noch zwei Tage. Jana bekam hoffentlich noch nicht so viel mit, aber Taki musste vollkommen fertig sein. Wütend wandte er sich zu Frau Canter um und blitzte sie in Rage an. „Das haben Sie ja klasse hinbekommen. Was haben Sie sich überhaupt dabei gedacht. Gut, dann bin ich eben schwul, aber Jana geht es gut bei mir. Genauso wie es Taki nirgendwo besser gehen kann als bei Serdall. Denken Sie vielleicht auch mal an das Wohl der Kinder?“ „Ja, ich denke an das Wohl der Kinder, sonst hätte ich das nicht getan“, meinte sie und machte auf dem Absatz kehrt, um wieder nach unten zu gehen. „Leute wie Sie haben Kinder nicht verdient. Sie sind ein Geschenk Gottes an Menschen, die auch welche zeugen können“, rief sie ihm zu und ging zufrieden ins Wohnzimmer. Daniel eilte ihr wutschnaubend nach. „Serdall hat Taki gezeugt, falls Sie das vergessen haben“, schrie er sie an. „Er ist Ihr Enkel und Sie schieben ihn in irgendein Heim oder zu Pflegeeltern ab, die mit ihm überhaupt nichts zu tun haben. Und Jana hätte kein besseres zuhause als dieses hier finden können, wo sie ihr Leben lang finanziell abgesichert ist. Da ist es egal, ob ihre Eltern homo- oder heterosexuell sind. Wenigstens hat sie hier wirklich eine Zukunft.“ Grace lachte laut auf. „Eine Zukunft? Zwischen diesen ganzen Perversen? Sie hat eine normale Familie verdient, nicht solch Abschaum wie dich. Und Taki genauso. Gott wird die beiden behüten, aber für dich hat er nur die Hölle geöffnet. Die Kleinen sind sicherlich glücklich, endlich von euch miserablen Menschen fort zu sein.“ „Sah Taki glücklich aus?“, fragte Daniel bedrohlich leise. „Oder Jana? Haben sie aus Glück geweint und nach mir gerufen?“ Kopfschüttelnd drehte er sich um. Es hatte keinen Sinn, mit ihr darüber zu reden. Sie hatte ihre Ansichten seit Jahrzehnten, sie würde sie nicht so schnell verlieren. Wichtiger war jetzt, hier erst einmal ein wenig Ordnung reinzubringen. Am ganzen Körper zitternd begann Daniel als erstes die Mülltüten, die überall lagen, nach draußen in die Tonne zu bringen. Wie hatte Dustins Mutter das tun können? Die beiden waren Serdalls und seine Kinder. Sie gehörten hierher. Würde er die Chance haben, sie wiederzubekommen? Serdall würde es schaffen, da war sich Daniel fast sicher. Er würde Frau Canter rauswerfen und dann seine Kontakte und sein Geld spielen lassen und Taki schnell nach Hause holen. Würde er dasselbe bei Jana machen? Nachdem Daniel in mit Dustin betrogen hatte? Außerdem war Jana erst seit gut zwei Monaten hier. Tief durchatmend versuchte Daniel sich zu beruhigen und sich mit dem Aufräumen abzulenken. Es war spät geworden. Das Motorengeräusch hallte in der Einfahrt laut wider, störte die nächtliche Stille, bis zu dem Moment, in dem das Geräusch erstarb. Die Wagentür klappte, als Serdall ausstieg. Ein zufriedener Zug war um seine Augen herum, während er zur Haustür ging, dabei seine Geige in der Hand. In der nächsten Sekunde verdrehte er die Augen und machte wieder kehrt. Er hatte seine Tasche vergessen. Er holte sie aus dem Wagen und ging dann ins Haus, schloss die Tür hinter sich ab. Es brannte kein Licht, doch als er den Schalter betätigte und Helligkeit den Flur flutete, bekam er einen schweren Schock. Er stellte langsam seine Tasche und seinen Geigenkoffer ab. Was war mit den Wänden geschehen? „Was in drei Teufels Namen“, zischte er und eilte dann die Treppen nach oben in die dritte Etage. Sogleich sah er ins Kinderzimmer, das verlassen war. Wo war Taki? „Daniel!“, rief Serdall aufgebracht und riss dir Tür zum Schlafzimmer auf. Überall im Haus stank es widerlich und die Tatsache, dass etwas nicht stimmte, beunruhigte Serdall. „Serdall“, antwortete Daniel erschrocken und kam aus dem Badezimmer. „Was machst du denn schon hier.“ Etwas Besseres war ihm im Moment nicht eingefallen. Er hatte mit Serdall erst morgen gerechnet. Nach dem ganzen Trubel seit gestern Abend auch noch die Konfrontation mit ihm, er wusste nicht, ob er das durchstehen würde. Doch er hatte ohnehin keine andere Wahl, deswegen trat er ganz aus dem Bad heraus. „Ich hab dir doch gesagt, dass ich heute Abend wiederkomme“, murmelte Serdall und fasste Daniel ins Auge. Sofort fiel sein Blick auf den Knutschfleck am Hals. „Was ist hier los? Wo ist Taki?“, zischte Serdall nun angespannt und sah sich misstrauisch im Raum um. „Warum sieht das Haus aus, als ob Wilde hier hausen würden.“ „Weil es stimmt. Zumindest eine Wilde“, murmelte Daniel, fuhr sich mit der Hand fahrig durch die Haare und setzte sich aufs Bett. „Dustins Mutter ist gestern angekommen. Sein Vater ist gestorben und sie will unbedingt das Haus haben. Taki…“ Daniel stockte kurz. Er schloss die Augen und atmete tief durch. „Das Jugendamt hat ihn mitgenommen. Jana auch. Dustins Mutter hat nachts das ganze Haus mit Müll zugestellt, alles beschmiert und dann dort angerufen. Ich konnte nichts machen.“ Serdalls Hände ballten sich zu Fäusten. Er war nicht mehr als achtundvierzig Stunden aus dem Haus und schon war alles verdreckt, sein Sohn weg und… „Und mit wem hast du gevögelt?“, fauchte er nun wütend. Es konnte doch nur besser werden. Er sah es Daniel an. Er kannte diesen Blick. Diese Furcht darin und die Unsicherheit, sowie die Schuld, die ihm geradezu auf die Stirn gemeißelt war. Taki würde er zurückholen. Das Jugendamt würde ihn nicht foltern oder Ähnliches. Jetzt brachte es sowieso nichts wild loszulaufen, um seinen Sohn zu holen. „Dustin. Gestern Abend“, antwortete Daniel leise und schloss in Erwartung von Serdalls Reaktion die Augen. Es hatte keinen Sinn zu leugnen. Serdall hatte es ihm ohnehin angesehen. Allein schon auf Grund des Knutschfleckes keine große Leistung, aber auch wenn Daniel einen Rollkragenpullover angehabt hätte, wäre es Serdall nicht verborgen geblieben. Dafür kannte er ihn zu gut. „Ich gehe Grace rauswerfen“, zischte Serdall nun. In ihm breitete sich altbekannte Kälte aus, als er sich umdrehte, um nach unten zu gehen und sogleich ins Wohnzimmer zu steuern. Er schaltete gnadenlos das Licht an. Grace Canter lag auf dem Sofa, wachte erschrocken auf und sah zu ihm. Serdall beschloss für sich, erst einmal dieses Übel loszuwerden. Er hatte diese Frau noch nie gemocht und er fragte sich, wieso sie überhaupt hier war. Sie hatte ihm ausdrücklich gesagt, dass sie ihn hasste. Dass er Louise auf dem Gewissen hatte und dafür in die finsterste Ecke der Hölle kam, gleich neben dem niedrigsten Abschaum der Erde. Was auch immer das war, aber Serdall vermutete, dass sie diesen Platz damals schon für Dustin bereithielt. Ohne mit der Wimper zu zucken und auf sie einzugehen, ging er auf ihren Koffer zu, stopfte all ihre Dinge darein und zog ihn zur Haustür. Er trat ihn hinaus, sodass er scheppernd aufging und sich der Inhalt halb auf dem Gehweg verteilte. Er packte Grace am Arm. „Serdall! Das kannst du mir nicht antun, ich bin deine Schwiegermutter. Ich wollte nur das Beste für Taki! Diese Verhältnisse sind widerwärtig!“ Serdall sah ihr emotionslos ins Gesicht. Er wusste, dass Daniel mittlerweile im Flur stand, sich das Schauspiel ansah, doch das störte ihn nicht. „Eine Mutter, die ihren Sohn wochenlang in den Keller sperrt und nahezu verhungern lässt, nur um ihm einen imaginären Teufel auszutreiben, ist widerlich. Du hast kein Recht über andere Eltern zu urteilen und das weißt du ganz genau. Geh zurück nach Kalifornien, bevor ich dich erschieße“, sagte er kalt und mit dem furchterregenden Unterton eines Yakuzas. Er schubste sie die kleine Treppe vor der Tür hinab und warf die Tür danach zu. Serdall ignorierte Daniel, der versteinert am Treppenabsatz stand und ging ins Wohnzimmer. Glas knirschte unter seinen Hausschuhen, als er auf den Barschrank zuging, um sich seine Scotchflasche zu holen und sich ein Glas einzuschenken. Langsam trat Daniel hinter Serdalls ins Wohnzimmer. Er war ihm zu still. Serdall war ihm definitiv zu still. Eben bei Grace war er aus sich rausgegangen und Daniel hoffte fast, dass er es bei ihm auch so tat. Das war zumindest besser, als hier schweigend im Wohnzimmer zu stehen. Er ignorierte die Gänsehaut, die sich seinen Rücken hinab zog und ging ganz in den Raum rein. „Das war ja eine schnelle Aktion“, murmelte er. „Hätten wir dich mal eher nach Hause beordert, dann wären Taki und Jana jetzt noch hier.“ „Hättet ihr dann auch nicht miteinander geschlafen?“, fragte Serdall nun wütend und stürzte das volle Glas in einem Zug herunter, ehe er sich zu Daniel umdrehte. Er genoss das leicht brennende Gefühl des Alkohols, das im krassen Gegensatz zur stechenden Kälte stand, die sein Herz gefangen hielt. Er schüttelte kurz fassungslos den Kopf und wandte sich um. Daniel war es langsam wirklich nicht mehr wert. Serdall bemühte sich nicht darum, sich ein Glas vollzuschenken, sondern setzte jetzt die Flasche an. Nur um sich selbst zu beruhigen, damit er Daniel nicht ein Messer ins Herz rammte, dafür, dass er mit seiner Liebe spielte. „Und nun?“, fragte er kalt und wandte nur halb den Kopf zu Daniel. Er sah auf den Boden, nicht in der Lage Daniel anzusehen. „Ich glaube, das habe ich am wenigsten zu entscheiden“, murmelte Daniel und starrte genauso wie Serdall nach unten. „Nur“, er hob seinen Blick und sah Serdall jetzt doch an, „bitte hilf mir Jana zurückzubekommen.“ Er wusste, dass diese Bitte ziemlich dreist war. Als ob er das Recht hatte, irgendwas von Serdall zu verlangen. Nur wenn ihre Beziehung zerbrach, und Daniel befürchtete, dass sie das würde, hätte er wenigstens etwas, das ihn an Serdall erinnern würde. Außerdem hatte er Jana in der kurzen Zeit schon viel zu lieb gewonnen. Er wollte sie einfach nicht mehr hergeben. Genauso wie Serdall, aber das lag garantiert nicht mehr in seiner Macht. Serdall schien einen Moment völlig reglos zu sein, doch in seinem Inneren tobte alles durcheinander. Befürchtungen, Ängste, Wut, Hass, Liebe und unbändige Ohnmacht dieser Situation gegenüber. Daniel erklärte sich nicht. Konfrontierte ihn einfach mit vollendeten Tatsachen. Entschuldigte sich nicht. Liebt mich nicht, führte Serdall die Kette in Gedanken weiter und er spürte, wie sich langsam seine Kehle zuschnürte, die ersten Tränen sich hochkämpfen wollten. Erneut setzte Serdall die Flasche an die Lippen, hieß den baldigen Nebel in seinem Kopf willkommen. Er stellte die Flasche in den Schrank zurück und drehte sich dann um. Sofort trafen sich seine und Daniels Augen. Er hielt den Blickkontakt aufrecht, als er auf Daniel zuging und kurz vor ihm stehen blieb. „Du betrügst mich, sobald ich dir den Rücken zukehre und hast nicht mehr für mich übrig, als die Bitte, dass ich dir Jana zurückhole? Gut, du hast nichts in dieser Hinsicht mehr zu entscheiden. Dann entscheide ich.“ Serdall packte Daniel an der Kehle und rammte ihn gegen die Wand. „Ich will wissen warum“, fauchte er leise und ließ seinen Griff an Daniels Hals leicht locker. „Bist du einfach so notgeil oder bist du mich leid?“ Schlaff ließ Daniel seine Hände an der Wand hinunter hängen und sah Serdall traurig an. Warum. Diese Frage hatte er sich seit gestern auch schon oft gestellt. Das Problem war nur… „Ich weiß es nicht“, antwortete er schwach. „Ich weiß es nicht. Von deinen beiden Alternativen würde ich wohl die erste wählen und die letzte mit Entschiedenheit verneinen.“ Er ersparte es sich und Serdall, das Geschehen in Dustins Zimmer in den Einzelheiten wiederzugeben. Das Einzige, was es bringen würde, wäre wohl Serdall noch mehr zu verletzen und eventuell seinen Hass auf Dustin anzufachen. Ein beklemmendes Gefühl machte sich in Serdall breit, zog sich durch seine Eingeweide und schien ihn nur all zu gut verdeutlichen, dass er mit dieser Antwort unzufrieden war. Er ließ von Daniel ab und ging einen Schritt zurück. „Und Dustin hat womöglich alle deine Gelüste zufrieden gestellt. Wie immer, wenn du mit jemand anderem als mir schläfst. Meinst du nicht auch, dass unsere Beziehung langsam lächerlich ist?“, fragte er ernst und sah Daniel fortwährend in die Augen. „Was bin ich eigentlich für dich? Bin ich nur in deinem verdammten Kopf, wenn ich bei dir bin? Aber sobald ich nicht in der Nähe bin, fickst du mit dem Nächstbesten?“ Serdall versuchte ruhig zu bleiben, nicht vollkommen zornig zu werden. Es war nur Sex. Daniel war schon einmal mit Dustin zusammen gewesen. Die Eifersucht, die deswegen in Serdall brannte, versuchte er niederzuringen. „Es waren nur zwei Tage, Daniel. Zwei Tage und nur eine Nacht ohne mich. Und wir hatten keinerlei Streit. Ich dachte du wärst glücklich und zufrieden mit mir. Ich versteh das nicht“, gab er halblaut zu und wandte sich nun ab, um zur Terrassentür zu gehen und frische Luft in das immer noch stinkende Zimmer zu lassen. „Ich weiß“, murmelte Daniel und folgte Serdalls Bewegungen mit den Augen. Sein Magen hatte sich zu einem Klumpen geformt, der den Anschein machte, sich nie mehr lösen zu wollen. Er wusste, wohin das Gespräch führte. Führen musste. Sie hatten das schon einmal durch. Welcher Mensch, der bei klarem Verstand war, machte eigentlich mehrmals denselben Fehler? Daniel zupfte kurz nervös an dem Saum seines Pullovers. „Ich kann dir nicht erklären, wie das mit Dustin und mir gekommen ist. Wir haben gar nicht darüber nachgedacht, miteinander zu schlafen. Das hatte nichts mit Rationalität zu tun und vor allem nicht im Geringsten etwas mit Liebe. Es gibt nur eine Person, die ich liebe und das bist du.“ Daniel wusste, dass diese Bemerkung gemein war. Vor allem war sie unangebracht. Serdall konnte sich dafür auch nichts kaufen und damit auch nicht die Vergangenheit ändern. Serdall lachte unglücklich auf und rieb sich mit einer Hand über die nun nassen Augen. „Was bringt mir das, wenn du mich dafür immer wieder betrügst und meine Liebe mit den Füßen trittst?“, fragte er mit heiserer Stimme. Allmählich begannen die Wälle in ihm zu brechen und Verzweiflung sich in ihm breit zu machen. Er liebte Daniel über alles, aber warum wurde er deswegen immer wieder von ihm verletzt? „Daniel, sag mir was ich machen soll“, meinte er halblaut und drehte sich zu ihm um. „Wenn ich mich von dir trenne, gehe ich ein, wenn nicht verletzt du mich solange, bis ich dich nicht mehr lieben kann“, flüsterte er und rieb sich über die Augen. Serdall fiel in sich zusammen und hockte sich im nächsten Moment auf den Boden, eine Hand auf seinen schmerzenden Magen gepresst, der sich augenblicklich zusammenkrampfte. Kraftlos rutschte Serdall gegen die Glastür und sah zu Daniel auf. „Was soll ich deiner Meinung nach tun? Was würdest du in meiner Situation tun?“, fragte er laut und sah Daniel unglücklich an. Langsam und zögernd ging Daniel auf ihn zu, hockte sich zu Serdall hinunter und nahm dessen Hände in seine. Unbehaglich spielte er mit den schlanken Fingern. „Ich weiß nicht, was ich in deiner Situation tun würde“, meinte er ruhig. „Weil du mich nie betrügen würdest.“ Mit einem leidvollen Lächeln sah er Serdalls ins Gesicht. „Einerseits will ich dich nicht verlieren, andererseits nicht weiter verletzen. Aber ich könnte verstehen, wenn du mich verlässt. Ehrlich gesagt habe ich damit gerechnet und es wäre mir fast lieber gewesen, wenn du mich zur Tür hinaus prügelst, als dass wir jetzt dieses Gespräch führen.“ Serdall lächelte schmerzlich. Er könnte Daniel nicht wehtun. Nie. Egal wie sehr er von ihm verletzt wurde, da war einfach nur tiefe Liebe für Daniel, die ihn absolut hoffnungslos machte. Einen Moment lang formte sich der Gedanke in seinem Kopf, Daniel auch einmal zu betrügen, nur um ihm zu zeigen, was für ein ekelhafter Schmerz dadurch hervorgerufen wurde. Er verwarf diese Idee. Er würde einfach nie mit jemand anderem zusammen sein können, als mit Daniel. „Wenn ich dich verlasse, kann ich mir gleich einen Kopfschuss geben“, zischte Serdall und ließ seinen Kopf auf seine Knie fallen, während er seine Finger an Daniels klammerte. Es war nicht so schlimm wie beim letzten Mal, als Daniel ihn betrogen hatte. Er kannte Dustin, wusste, dass Daniel manchmal noch einen längeren Blick als nötig auf Dustin warf und sie gute Freunde waren. Aber er hatte sich einfach in Sicherheit gewiegt, weil er gedacht hatte, dass Dustin sich zusammenreißen würde, da er Ethan treu war. Ein Fehler wie man sah. Serdall zog im nächsten Moment seine Finger zu sich und erhob sich wieder. „Ich bin müde und möchte ins Bett gehen. Vorerst belassen wir es einfach dabei. Ich hab einfach keine Kraft mich jetzt damit auseinander zu setzen“, gab er leise zu und sah auf Daniel. „Montag versuche ich Jana und Taki zurückzuholen. Das ist jetzt wichtiger.“ „Okay“, meinte Daniel leise. „Ich…“, er stockte kurz. „Soll ich hier schlafen?“ Er könnte verstehen, wenn Serdall seine Nähe jetzt nicht ertragen konnte. Daniel wünschte sich nichts mehr, als nach all dem Trubel der letzten Tage neben ihm einzuschlafen, doch wieder einmal dachte er, dass er dazu keinerlei Recht hatte nach dem, was er Serdall erneut angetan hatte. Warum er es immer wieder tat, obwohl es ihnen beiden danach so schlecht ging, konnte Daniel nicht sagen und er würde sich dafür am liebsten selbst irgendwas anhängen. Serdall sah sich einmal in dem verwüsteten Wohnzimmer um. Überall lagen Scherben und es sah im Allgemeinen wirklich widerlich aus, einfach unwohnlich. „Nein. Komm mit hoch“, murmelte Serdall und ging voran. Auch wenn Daniel ihn mal wieder betrogen hatte, hatte er keine Lust, jetzt Daniels Nähe zu missen. Auch wenn innerlich eine alte Wunde aufgerissen worden war, war er sich sicher, dass sie wieder heilen würde. Er wollte diese ganze Sache einfach übergehen. Es würde nichts an seinen Gefühlen ändern. Wenn er sich von Daniel trennte, schmerzte das mehr, als zu ertragen, dass der ihm untreu gewesen war. „Nun komm schon“, murrte Serdall bei Daniels zweifelndem Blick und zog ihn bei der Hand mit sich. Mit geteilten Gefühlen folgte Daniel ihm. Einerseits war er froh, dass Serdall ihn in seiner Nähe duldete. Was ihn irritierte war aber auch genau diese Tatsache. Bislang war Serdall verständlicherweise immer ziemlich ausgerastet. Dass er jetzt so ruhig blieb war ungewöhnlich und verunsicherte Daniel auch irgendwie. Er erwartete den großen Knall und wusste nicht, ob er noch irgendwann kommen würde oder innerlich in Serdall stattfand. Im Schlafzimmer angekommen zog Daniel sich um, während Serdall ins Badezimmer ging. Daniel rutschte unter die Decke und wartete auf ihn, bis sich Serdall nach einiger Zeit auch zu ihm gesellte. Etwas unbehaglich rutschte Daniel ein Stück näher heran und kuschelte sich an die warme Brust. Als Serdall nichts sagte atmete er kurz erleichtert auf und schloss kurz die Augen. „Wie war eigentlich der Wettbewerb“, fragte er teils auch echter Neugierte, teils um einfach ein neues, anderes Thema anzuschneiden. „Nett“, murmelte Serdall und sah über Daniels Haarschopf hinweg. Er versuchte das bittere Gefühl in sich zu unterdrücken, was die Nähe zu Daniel hervorrief. „Ich weiß nicht, ob ich gewonnen habe. Bin einfach vor der Preisverleihung gegangen“, meinte er noch halblaut und zog Daniel enger an sich. Obwohl er sich schlecht fühlte, wollte er Daniel nicht von sich schieben. Es war paradox. Einerseits tat es weh, andererseits war es unerträglich, Daniel jetzt loszulassen. Er wusste nicht, was er wegen dieser Sache mit Dustin tun sollte, doch er war sich sicher, dass er es nicht einfach so belassen konnte. Es würde wieder an ihm nagen, wie damals. Seufzend schloss Serdall die Augen und verdrängte diese Gedanken. Er wollte Daniel nicht schon wieder verlieren. „Bekommst du das Ergebnis dann mitgeteilt?“, wollte Daniel leise wissen und ließ seine Finger unbewusst über Serdalls Oberkörper tänzeln. Es war so eine vertraute Situation und doch ganz anders als sonst. Daniel genoss es, mit Serdall hier so zu liegen, doch er fragte sich, warum er ihn nicht einfach aus dem Haus jagte oder ähnliches. Serdall tat fast so, als wäre überhaupt nichts passiert. „Um ehrlich zu sein, das Ergebnis interessiert mich nicht besonders. Es ging mir einfach um das Spielen vor den ganzen Menschen“, seufzte Serdall und versuchte Daniels warme Finger auf seiner Brust zu ignorieren. Wieder seufzte Serdall leise. Daniels Berührungen hatten ihn noch nie kalt gelassen, doch jetzt war das absolut unangebracht. „Würdest du bitte aufhören? Ich möchte das jetzt nicht“, meinte er leise und schob Daniels Finger von seiner Brust auf seinen Rücken. Umarmen war in Ordnung, aber alles, was darüber hinaus ging, war gerade zu viel für Serdall. „Natürlich, entschuldige“, murmelte Daniel leicht unbehaglich. Er hatte das gar nicht so richtig wahrgenommen. Still lag er jetzt auf Serdall und hörte dem kräftigen Herzschlag unter sich zu. Müde war er irgendwie kein bisschen, trotz der großen Putzaktion, die so ziemlich den ganzen Tag gedauert hatte. Dustins Mutter musste die ganze Nacht durchgearbeitet haben, um so viel Chaos anzurichten. Es würde jetzt noch etwas Zeit brauchen, bis der Geruch draußen war und dann musste wohl auch neu tapeziert werden. Zumindest der Flur. Seufzend dachte Daniel über Serdall nach. Er war bestimmt glücklich nachhause gekommen, euphorisch von seinen Auftritten und endlich mal wieder musikalisch ausgelastet und dann schlug ihm alles hier entgegen. Dustins Mutter da, Taki und Jana weg, er und Dustin zusammen fremdgegangen. Das hatte sich wohl keiner so vorgestellt. „Es tut mir leid“, sagte Daniel für Serdall wohl gerade etwas zusammenhanglos. Serdall seufzte leise. Er vermutete, dass Daniel jetzt nicht mehr die Berührungen meinte, sondern all das Andere, was geschehen war. „Irgendwie kann ich das nicht glauben“, murmelte er mehr zu sich selbst, als zu Daniel. Daniel hatte ihn betrogen und das Erste, was ihm wichtig gewesen war, war Jana. Serdall tat es weh, so darüber zu denken, doch so empfand er es nun mal. Er verstand es sowieso noch nicht, was geschehen war. Konnte immer noch nicht wirklich glauben, dass es wieder passiert war. „Es ist aber so“, gab Daniel schwach zurück. „Wie könnte es mir auch nicht leidtun. Wir wissen beide, dass es dir jetzt scheiße geht und dass es das Letzte ist, was ich wieder getan habe.“ Schwer schluckte Daniel an dem Klos, der sich wieder in seiner Kehle gebildet hatte. Super, anstatt sich zu entschuldigen, hätte er gar nicht erst handeln sollen, dann hätte er jetzt auch nichts, was einer Entschuldigung bedurfte. Aber er machte lieber erst einmal wieder und dachte später darüber nach. Serdall seufzte leise. Ja, er war sich bewusst, dass Daniel wieder nur Mist gebaut hatte… „Ich weiß es nicht“, murmelte er leise. „Mir geht es bescheiden, ja, aber irgendwie bin ich diesen Schmerz schon gewohnt, nicht wahr? Ist nur die Frage, wie oft sich das jetzt noch wiederholen wird, wie oft du mich wieder betrügst. Meinst du, du schaffst es endlich mal, nur bei mir zu bleiben? Ich weiß, dass du Dustin attraktiv findest, dass du ihn sehr gut leiden kannst und dir der Sex mit ihm gefallen hat. Ich weiß das und trotzdem habe ich dich mit ihm allein gelassen, weil ich dir vertraut habe. Ein Fehler, wie man sieht.“ Es war wohl seine eigene Schuld. Er war zu gutgläubig gewesen, hatte fest geglaubt, dass Dustin sich geändert hatte, aber das war nicht der Fall gewesen. Musste er Daniel denn wirklich ständig überwachen, damit er treu blieb? „Scheinbar“, meinte Daniel leise und seufzte dann. „Ich würde jetzt spontan sagen, dass ich es auf jeden Fall schaffe, dir treu zu bleiben. Ich denke mir wieder, dass ich nicht will, dass sich das jemals wiederholt. Allerdings habe ich das jedes Mal gedacht. Es wäre also irgendwie gelogen, wenn ich das behaupten würde. Deswegen ist alles, was ich sagen und versprechen kann, dass ich versuchen werde, dass das nie wieder vorkommt.“ Serdall schloss die Augen. Das war nun mal die Realität. Diese Beziehung hatte kaum etwas Romantisches mehr an sich und Serdall glaubte langsam, dass es nur noch darum ging, wie er Daniel bei sich behalten konnte, ohne selbst dabei einzugehen. Was sonst war hier noch zwischen ihnen? Kaum waren sie zusammen, beging Daniel den nächsten Fehler, kaum waren sie glücklich, folgte ein Unglück. Mittlerweile war sich Serdall sicher, verflucht zu sein, verflucht, dass seine Liebe zum Scheitern verurteil war. Schon bei Louise war sie gescheitert, weil sie gestorben war und jetzt das mit Daniel. Serdall hatte das starke Verlangen sich jetzt zu verkriechen, wegzugehen, einfach fort von alldem, was ihn so dermaßen enttäuschte. Weg von Daniel. Hatte es überhaupt noch Sinn weiterzumachen? Wie oft würde er es ertragen können, dass Daniel ihn betrog? Wie oft? Was fehlte Daniel bei Serdall denn nur, dass er mit anderen schlafen musste? Serdall wusste einfach nicht mehr weiter. Er hatte sich geändert. Für Daniel. Hatte so ziemlich alles für ihn getan und es reichte immer noch nicht. Er würde erst einmal die Kinder wiederholen und dann sehen, was zu tun war. Eins war für ihn sicher: Fortführen konnte er diese Beziehung so nicht. „Was meinst du, wie lange es dauert, bis du mit dem Nächsten schläfst? Nur so rein zur Information, dann kann ich mich mental darauf vorbereiten“, zischte Serdall reichlich zynisch auf Daniels Worte hin und drehte ihm dann den Rücken zu, um ihn einfach nicht mehr sehen zu müssen. Gepeinigt kniff Daniel kurz die Lippen zusammen. Serdall war wütend und enttäuscht und das aus einem guten Grund. Trotzdem ließ er sich die Frage mal durch den Kopf gehen. Wie lange würde es dauern? Kam es noch einmal vor? Leider konnte sich Daniel in diesem Punkt nicht sicher sein. Dustin und er hatten miteinander geschlafen, weil die Anziehung immer noch dagewesen war. Beim ersten Mal wusste Dustin eben, dass er schwul war und fand ihn attraktiv. Genauso wie Kai und David auch seinem Äußeren nicht abgeneigt waren. Nachdenklich starrte Daniel einen Moment lang hinaus zu den Straßenlaternen und stand dann auf. Seine Schritte lenkten ihn in Richtung Badezimmer, seine Hände griffen ganz automatisch in den Badezimmerschrank. Kurz ruhten seine Augen auf der elektrischen Haarschneidemaschine, dann atmete er einmal tief durch und zog die erste Bahn. Serdall zog verwirrt die Augenbraue nach oben, als er das Summen aus dem Bad hört und drehte sich auf den Rücken und starrte zur angelehnten Badezimmertür. Schwach fiel durch den Spalt Licht und Serdall hatte wirklich in diesem Moment Angst, dass Daniel sich etwas antat. Entschieden stand er auf und folgte Daniel, nur um dann versteinert in der Tür stehen zu bleiben und dabei zuzusehen, wie Daniel die Haarschneidemaschine weglegte. Schief lächelte Daniel Serdall an und fuhr sich einmal über seinen rasierten Schädel. Er warf noch einmal einen kurzen Blick in den Spiegel. Ja, das war zumindest schon einmal ein Anfang. Zumindest in seinen Augen hatten seine schwarzen Haare eine Menge zu seinem einstmaligen Erscheinungsbild beigetragen. Den ganzen Wust, der im Waschbecken und auf dem Boden lag, würde er morgen wegräumen. Jetzt war die Frage, was man noch tun konnte. Piercings? Wobei einige auf sowas standen. Rote Kontaktlinsen? Grübelnd wollte Daniel sich an Serdall vorbeischieben. Doch Serdalls Hand legte sich augenblicklich auf Daniels Brust und schubste ihn wieder zurück ins Badezimmer. „Was sollte diese Aktion bezwecken?“, fragte er neutral und sah fassungslos auf Daniel. Warum schnitt sich Daniel die Haare ab? Es stand ihm nicht und es war auch sicherlich kalt am Kopf. „Und führe mich nicht in Versuchung, schon mal was davon gehört?“, wollte Daniel ein wenig gereizt wissen. „Genau das soll es bezwecken. Wenn mir keiner hinterher sieht und ich bei keinem irgendein Interesse wecke, dann spricht mich keiner an und es besteht noch nicht einmal die Möglichkeit, dich noch einmal zu betrügen.“ Er versuchte erneut aus dem Raum zu gehen, was allerdings in genau derselben Situation wie eben endete. Wütend sah Daniel Serdall an. Serdall schüttelte einfach den Kopf. War Daniel wirklich so dumm? „Es ändert nichts, wenn du dich verunstaltest. Es macht es für mich nur umso schlimmer. Glaubst du wirklich, dass du mir dann noch gefällst?“, zischte er säuerlich und blockierte weiterhin den Weg. Er war müde, hatte keine Lust sich mit Daniel auseinanderzusetzen, doch bevor jener noch auf eine neue schwachsinnige Idee kam, würden sie das klären. „Willst du dir vielleicht noch das ganze Gesicht wegbrennen, damit dich keiner mehr ansieht? Das ist wirklich total dumm, Daniel.“ „Ich dachte du wärst jemand, dem es auf die inneren Werte ankommt, von daher sollte es dir eigentlich egal sein, nicht?“, schoss Daniel zurück. „Falls es dich beruhigt werde ich mir nicht unnötig solche Schmerzen zufügen, aber es fällt mir schon noch was Nettes ein. Außerdem ist es nicht dumm, sondern den Umständen angemessen. Wenn ich jetzt bitte durch dürfte. Ich bin müde.“ Serdall ballte die Hände zu Fäusten. „Wie bitte? Du meinst DAS wäre den Umständen angemessen?“ Serdall lachte bitter auf. „Bevor dir was Nettes einfällt, helfe ich dir gerne nach“, zischte der Violinist und seine flache Hand schellte direkt gegen Daniels Gesicht. „Mir ist nicht egal, wie du aussiehst und in welchen neuen Mist du dich wieder reinreitest. Scheiße, jedes Mal findest du was, um mich erneut fertig zu machen, oder? Kannst du nicht einfach froh sein, dass ich nicht gleich mit dir Schluss mache?“, schrie Serdall wütend und er packte Daniel hart am Kinn, zwang ihn so, in sein Gesicht zu sehen. „Reiß dich endlich zusammen, kapiert? Ich tue nichts anderes und würde mir wünschen, dass du diese Kindereien lässt.“ Mit leichter Panik in den Augen sah Daniel ihn an. Er hätte nicht gedacht, dass Serdall derart ausrasten würde. Eigentlich hatte er angenommen, dass diese Tat ihn irgendwie besänftigen würde, doch da merkte er mal wieder, wie falsch er immer noch in so vielen Situationen bei der Einschätzung von Serdalls Reaktionen lag. Aber er hatte wahrscheinlich recht. Was brachte es überhaupt, sich die Haare abzurasieren? Mit Dustin hätte er auch so geschlafen, da ging es nicht mehr ums Aussehen, sondern um die gegenseitige Anziehung auf sexueller Ebene. Daniel nickte kurz so gut wie möglich in Serdalls hartem Griff und wandte dann den Blick ab. Serdall ließ nun endlich locker und strich dann vorsichtig über die rote Wange, die er geschlagen hatte. Jetzt tat es ihm fast schon wieder leid. Daniel hatte womöglich einfach versucht irgendwie mit der Situation auszukommen und eine Lösung zu finden, doch so einfach war es nun einmal nicht. „Bitte lebe einfach erst einmal damit, dass ich ein wenig nachdenken muss. Es ist verdammt viel auf einmal, was mir jetzt durch den Kopf geht und ich kann es jetzt nicht gebrauchen, dass du irgendwelche Macken entwickelst. Erst müssen wir Jana und Taki zurückbekommen, dann sehen wir weiter. Bis dahin bleiben wir ruhig, verstanden?“ Sein Sohn war jetzt wichtiger und das sollte Daniel einsehen. „Auch wenn ich noch nett bin, heißt das nicht, dass ich nicht sauer auf dich bin. Ich will einfach nur, dass wir das Beste draus machen. Du kannst es nicht rückgängig machen und es bringt mir nichts, wenn ich dich dafür von mir stoße. Ich liebe dich und möchte nicht, dass du hässlich bist.“ Eigentlich wollte Serdall diese ganze Sache einfach vergessen, doch das konnte er nicht so einfach. Aber allein diese leichte Berührung an Daniels Wange, die warme Haut, die er fühlte, der sanfte Geruch, den Daniel verströmte… Serdall lehnte sich einen Moment vor, um kurz seine Lippen auf Daniels zu legen, sich bewusst, dass das ein Fehler war. Er seufzte lautlos, als er sich wieder von Daniel entfernte und umdrehte. Der Stich in seiner Brust war einfach zu deutlich. Daniels Tat würde zwischen ihnen stehen. Sehnsüchtig fuhr Daniel mit der Zunge über seine Lippen und seufzte im nächsten Moment lautlos. Natürlich musste Serdall nachdenken. Wer musste das nicht in solch einer Situation? Es war schon schön genug, dass Serdall ihn nicht von sich stieß, sondern versuchte für sich eine Lösung zu finden, die Daniels Nähe in seinem Leben irgendwie mit einbezog. Das hätte Daniel noch nicht einmal erwartet, da war es schwachsinnig, jetzt auf noch mehr zu hoffen, trotz des Kusses. Schweigend ging Daniel hinter Serdall her ins Schlafzimmer und rollte sich auf seiner Bettseite zusammen. Morgen war Sonntag, also noch ein Tag Schonfrist. Wenn Serdall am Montag vielleicht schon einen guten Schritt weiter war, um Taki und Jana zurückzubekommen, würde wohl die nächste Entscheidung anstehen und Daniel fragte sich wirklich, wie die aussehen würde. Er hatte nach Serdalls jetzigem Verhalten überhaupt keine Ahnung. Erschöpft von den ganzen letzten Tagen schloss er die Augen. Serdall wartete einen Moment, bis er Daniels tiefe Atemzüge hörte und sich sicher war, dass er schlief. Dann erst traute er sich, sich unter dessen Decke zu schieben und an seinen Rücken zu schmiegen. Er lehnte seine Stirn gegen den rasierten Nacken und seufzte unglücklich. Im nächsten Moment bildeten sich wieder Tränen und diesmal ließ er sie laufen. Wie konnte plötzlich nur alles wieder so schrecklich sein? Auf einmal war erneut seine ganze Welt ein einziges Chaos. Seine linke Hand wanderte auf Daniels Brust und er legte sie genau auf die Stelle, wo er den ruhigen Herzschlag am stärksten spürte. Warum liebte Daniel ihn nicht ganz und gar? Daniel hatte gesagt dass er es tat, doch würde er dann mit Dustin schlafen können? Ein leiser Schluchzer entrang sich seiner Kehle und er ballte seine Linke zu seiner Faust, ehe er sie schwach, hinab auf die Matratze, fallen ließ. Wäre er nur daheim geblieben, dann wäre all das nie geschehen. Ende Kapitel 4 Danke für eure lieben Reviews. Dieser Storyverlauf, auch wenn er einigen von euch scheinbar, wie aus den Reviews zu Teil 3 abzuleiten ist, gar nicht gefällt, ist für die noch folgende Handlung leider unumgänglich gewesen. Wir hoffen, ihr verkraftet es und kämpft euch auch noch bis zum Ende durch, wo ihr schon mal so weit gekommen seid. ;) Kapitel 5: ----------- Kapitel 5 Am nächsten Abend befand Daniel sich in der Küche und kochte Essen. Er hatte die Portion für vier Leute abgeschätzt, da er davon ausging, dass Dustin und Ethan bestimmt wieder zurückkamen. Schließlich musste Dustin noch einiges für seinen Unterricht morgen vorbereiten und alle wichtigen Unterlagen dafür waren hier. Wehmütig wanderte Daniels Blick auf den leeren Hochstuhl. Er vermisste Jana jetzt schon total, wie musste es dann erst Serdall gehen? Der hatte sich übrigens zusammen mit den Hunden im Wohnzimmer verschanzt, nachdem er sie wieder ins Haus hineingelassen hatte. Dustins Mutter hatte Kimba und Mücke wohl ziemlich bald nach ihrer Ankunft aus dem Haus in den Garten verbannt, was bis heute Morgen keiner gemerkt hatte, da einfach zu vieles ihre Aufmerksamkeit erfordert hatte. Glücklicherweise hatte Serdall vor einiger Zeit eine Hundehütte gekauft, sodass sie es zumindest einigermaßen warm und bequem gehabt hatten. Jetzt saß Serdall mit beiden auf der Couch und fuhr ihnen wohl gedankenverloren durch das Fell. Daniel hielt es für das Beste, wenn er ihm erst einmal seine Ruhe ließ. Der Raum war auch wieder einigermaßen in Ordnung, bis auf diverse kaputte Möbel. Morgen kam auch dieselbe Handwerksfirma, die schon in Janas Zimmer gewesen war und tapezierte den Flur neu. Dann waren zumindest äußerlich alle Spuren vom Besuch von Dustins Mutter beseitigt. „Ach du heilige…“, rief Dustin plötzlich von der Küchentür aus und starrte Daniel überrascht an. Vielmehr seine kurzen Haare. Ethan ging geradewegs nach oben, ohne Daniel zu grüßen. Er war immer noch sauer. Dustin hingegen ging zu Daniel und strich ihm einmal über den rasierten Kopf. „Hat Serdall das getan?“, fragte er verwundert und warf einen Blick ins Wohnzimmer, wo Serdall seinen Geigenbogen einrieb. „Nein, ich in einem meiner Anflüge von spontanen Handlungen“, antwortete Daniel neutral und wendete die Seelachsfilets in der Pfanne. „Deine Mutter wurde übrigens nach draußen befördert, allerdings erst nachdem sie das Haus in eine Müllhalde verwandelt und das Jugendamt angerufen hat. Jana und Taki wurden mitgenommen.“ Mit leidvoller Miene sah Daniel Dustin an. „Was?“, schrie Dustin regelrecht und wunderte sich nun nicht mehr über die dreckige Tapete im Flur. „Oh oh“, meinte er aufgebracht und strich sich fahrig über die Haare. Das war gar nicht gut, absolut nicht gut. „Was hat Serdall dazu gesagt? Hat er Schluss gemacht?“, fragte er leiser und man sah ihm an, dass er ernste Schuldgefühle hatte. „Ich weiß es nicht“, murmelte Daniel unbehaglich. „Irgendwie ist er generell ziemlich ruhig geblieben. Er will wirklich erst am Montag zum Jugendamt und die Dinge bis dahin so lassen, wie sie sind. Schluss gemacht hat er auch nicht wirklich. Also eigentlich gar nicht. Ich habe momentan keine Ahnung, woran ich bei ihm bin. Er will sich nicht von mir trennen, aber die Sache geht ihm verständlicherweise schon ziemlich nah. Bis Montag will er auch in der Angelegenheit warten, glaube ich.“ Daniel seufzte und legte den Pfannenwender beiseite. „Und bei dir und Ethan scheint alles wieder einigermaßen okay zu sein?“, wollte er wissen. Dustin seufzte. „Ethan hat es nicht unbedingt gut weggesteckt, aber er hat mir verziehen. Gerade weil mein Vater gestorben ist und meine Mutter hier war“, murmelte er halblaut und sah schuldbewusst zu Daniel. War Serdall wirklich schon so abgehärtet, dass er Daniel einfach verzieh? Oder würde der große Knall noch kommen. Vom Herd aus konnte man ins Wohnzimmer sehen, aber nur wenn jemand durch den Raum ging. Dustin sah ziemlich verdutzt dabei zu, wie Serdall zur Schrankwand ging, die außerhalb von Dustins Einsicht lag und dann mit einem Scotchglas zurückkam. „Ich glaub er fängt an zu saufen“, murmelte er und sah Daniel beunruhigt an. Serdall hatte immer den Hang dazu, irgendwie extrem zu werden. Dustin befürchtete, dass er jetzt Alkoholiker werden könnte. „Wie zu saufen?“, fragte Daniel irritiert und ging zu Dustin, um ebenfalls einen Blick ins Wohnzimmer zu werfen. Skeptisch sah er Serdall zu, wie er in schneller Folge zwei Gläser Scotch trank und sich dann vorerst erschöpft aussehend an den Barschrank lehnte. „Gestern hat er auch schon soviel getrunken, wobei er generell immer bei Aufregung trinkt. Ich hoffe, dass deine Vermutung falsch ist und er seinen Kummer nicht wirklich in Alkohol ertränkt. Allerdings sind wir ja da, um auf ihn aufzupassen. Vielleicht ist es echt nur mal wieder wegen des Ausnahmezustands.“ „Ich wäre da wirklich vorsichtig. Scotch ist nicht zu unterschätzen und du kennst Serdall, besonders in Ausnahmezuständen“, murmelte Dustin und sah dabei zu wie Serdall einmal mit dem Handballen gegen den Schrank schlug und wieder zum Sofa ging. „Ihn nimmt das ziemlich mit“, seufzte Dustin. Es war verständlich. Serdall legte auf Treue unendlich viel Wert. Allein in seiner Familie war die Loyalität Priorität, aber in der Liebe war es für den romantisch veranlagten Musiker wohl das höchste Gut. Daniel hatte ihn wohl ziemlich enttäuscht. „Du solltest versuchen bei ihm zu bleiben und ihn nicht mit sich allein zu lassen. Ich glaube, er brauch deine Nähe jetzt. Ohne Taki und dich geht er ein“, flüsterte Dustin ernst und sah Daniel in die hellblauen Augen. „Ja, scheinbar“, murmelte Daniel und sah dabei zu, wie Serdall als nächstes ein Kissen durch den Raum beförderte. „Ich dachte, dass es besser wäre, wenn er etwas für sich ist, aber scheinbar reicht das jetzt. Machst du das Essen fertig?“ „Mach ich“, antwortete Dustin und folget Daniel kurz mit den Augen, während der in Richtung Wohnzimmer ging, aus dem gerade ein erstickter Schrei von Serdall kam. Scheinbar schien sein Schwager jetzt wirklich zu realisieren, was Daniel getan hatte und dass das Jugendamt sein Kind hatte. „Hey!“, machte Daniel laut auf sich aufmerksam und nahm Serdall, der schon wieder am Barschrank stand, die Flasche Scotch aus der Hand. „Es ist gut, okay? Sowohl mit dem Alkohol als auch mit deinem Vandalismus. Das macht es auch nicht besser.“ Verwirrt, dass Serdall auf einmal so ausflippte, aber gleichzeitig wütend auf ihn, dass er sich so gehen ließ, drehte Daniel sich um, um den Alkohol woanders abzustellen. „Nichts ist okay“, fauchte Serdall und packte Daniel am Kragensaum, um ihn zurückzuziehen und die Flasche wieder an sich zu nehmen. Er stellte sie zurück in den Barschrank, nachdem er noch ein Glas eingeschenkt hatte und wortlos an Daniel vorbeiging, um sich auf das Sofa zu setzen. Serdall glaubte wahnsinnig zu werden. Die Situation war so bescheuert. Daniel hatte ihn betrogen und das Jugendamt hatte ihm seinen Sohn genommen. Er würde ausrasten, wenn er ihn nicht gleich Montag wiederbekam, das war sicher. Fassungslos starrte Daniel Serdall an. Seit wann war er so? War das jetzt Zeichen davon, dass es ihm alles zu viel wurde? Die verspätete Reaktion auf das, was er gestern erfahren hatte? Trotzdem brachte es nichts, sich jetzt zu betrinken. Daniel ging erneut auf Serdall zu und nahm ihm das Glas aus der Hand. „Wem ist damit geholfen, wenn du dir deine Gehirnzellen wegsäufst?“, fragte er. „Mir! Und jetzt nimm die Finger weg“, zischte er Daniel an und zog nachdrücklich das Glas in ihren Händen in seine Richtung. Wenn er jetzt nicht seinen Scotch trank, würde er seine letzte Beherrschung verlieren. Damit wäre dann niemandem geholfen, aber das verstand Daniel ja nicht. Er verstand nie was, er verstand Serdall erst recht nicht. Serdall hatte bereits eine leichte Alkoholfahne. Er hatte ja jetzt auch schon über eine halbe Flasche Scotch getrunken. „Sag mal merkst du noch was?“, raunzte Daniel ungläubig. „Du bist betrunken und dieses Glas wird bestimmt nicht dein letztes sein. Wenn du so weiter machst, trinkst du dich noch ins Krankenhaus und sag mir bitte mal, wer dann morgen alles mit dem Jugendamt regelt. Ich habe nicht deine Skrupellosigkeit, deine Erfahrung und dein Geld.“ „Ja und das ist wohl genau das, was dich noch bei mir hält, was? Mein Geld, nicht?“, erwiderte Serdall mit angewidertem Gesichtsausdruck und ließ nun das Glas los. „Du willst nur, dass ich Jana hole und dass ich dich dann rausschmeiße. Stimmt doch? So war das doch alles geplant, damit du ohne schlechtes Gewissen dann munter durch fremde Betten rutschen kannst. Serdall der Idiot lässt ja fast alles mit sich machen.“ „Das ist wohl das, was du dir wünschst, was?“, ätzte Daniel. „Damit du dich dann schön selbst bemitleiden kannst. Wahrscheinlich geilt dich das auf. Immerhin hast du das schon einmal durch. Ehrlich, wer trauert denn bitteschön zwei Jahre lang seinem verstorbenen Ehepartner hinterher, sodass er fast daran eingeht? Wenn ich nicht gekommen wäre, hätte das wohl noch jahrelang angedauert. Da passt es dir doch super in den Kram, wenn du mich wegen diesen falschen Gründen rauswerfen kannst, nicht wahr? Dann darfst du endlich wieder leiden.“ Serdall sprang auf, um Daniel wütend und verachtend zugleich ins Gesicht zu sehen. „Louise war seit der elften Klasse mit mir zusammen, bis zu ihrem Tod. Sie hat mich nicht ein einziges Mal betrogen in den vier Jahren unserer Beziehung. Du hast mich allein in den letzten fünf Monaten zwei Mal betrogen!“ Serdall gab Daniel einen harten Schlag gegen die Schulter. „Womöglich wäre es mir besser ergangen, wenn ich dich nie kennengelernt hätte. Dann wäre mein Sohn nicht vom Jugendamt mitgenommen worden und ich würde nicht ständig darunter leiden, dass ich dich liebe“, zischte er wütend, ehe er an Daniel vorbei stürmte. Getroffen blieb Daniel stocksteif im Wohnzimmer stehen. Serdalls Worte hallten noch lange in seinen Ohren nach. Sie waren berechtigt gewesen, nachdem was Daniel ihm an den Kopf geworfen hatte und leider waren sie auch wahr, doch es so direkt gesagt zu bekommen, war mehr als schlimm. Mit schwerem Herzen ging Daniel zum Fenster und sah hinaus in die Dämmerung. Wahrscheinlich wäre es tatsächlich besser gewesen, wenn sie sich nie kennengelernt hätten. Er hatte Serdall wirklich kontinuierlich nichts als Schmerzen bereitet. Im Vergleich zu Louise war er wohl für Serdall der Teufel in Person. Auf diese Art und Weise konnte man ihn am Meisten verletzen und Daniel tat es auch noch. Leicht schaudernd umfing er seinen Oberkörper mit den Armen. Ihm war auf einmal unsagbar kalt. „Du hättest das mit Louise nicht sagen dürfen“, sagte Dustin plötzlich laut und trat neben ihn. Er war unbemerkt zu Daniel getreten, nachdem er unweigerlich die Diskussion mitbekommen hatte. Serdall war nach oben gestürmt und hatte ihm einen tödlichen Blick zugeworfen, als er Dustin entdeckt hatte. „Warum hast du ihn überhaupt so angeschrien? Er war betrunken, das hast du doch gewusst.“ „Ja, ich weiß. Ich weiß auch, dass ich das nicht hätte sagen dürfen und ich habe keine Ahnung, warum ich ihn so angeschrien habe. Irgendwie hat es mich wütend gemacht, dass er seine Sorgen im Alkohol ertränken will. So löst man keine Probleme und erst recht Serdall löst so keine Probleme. Das passt einfach nicht zu ihm und es hat mich gereizt, dass ich nicht weiß, woran ich an ihm bin und überhaupt.“ Traurig sah Daniel zu Dustin. „Meinst du, es wäre vielleicht wirklich das Beste, wenn ich einfach ausziehe? Zumindest für den Moment?“ „Nein. Wenn du gehst, kann ihm niemand mehr etwas sagen. Allein beim letzten Mal haben wir nicht mit ihm sprechen können und wenn du jetzt ausziehst, wird er sich wohl verlassen vorkommen“, murmelte Dustin. Es polterte plötzlich auf der Treppe. Serdall schien wieder herunterzukommen und man sah ihn, wie er an der Tür vorbeistürmte. Wollte er frische Luft schnappen? Dustin ging in den Flur und sah mit Erschrecken, wie Serdall in seine Schuhe schlüpfte und seinen Wagenschlüssel griff. „Du willst doch nicht betrunken fahren!“, rief Dustin, doch als er Serdall an der Schulter fasste, um ihn zurückzuziehen, drehte der sich um. Eine Faust landete unerwartet in Dustins Gesicht und brachte ihn zum Taumeln. „Sprich mich nie wieder an, sonst bring ich dich um“, drohte Serdall und er meinte jede Silbe ernst. Sein Blick schweifte von Dustin zu Daniel, der im Türrahmen stand und geschockt zusah. Serdall wandte sich wütend um und lief zu seinem Wagen. Mit quietschenden Reifen fuhr er aus der Auffahrt und mit Vollgas dann die ruhige Straße entlang. „Scheiße, scheiße, scheiße“, fluchte Daniel aufgebracht und rannte als erstes in die Küche, um erneut für Dustin eine kalte Kompresse zu holen. Der Arme schien sich in letzter Zeit aber auch immer in sowas reinzureiten. Etwas unsanft presste Daniel ihm den kalten Beutel ins Gesicht und trat dann wütend und mit einer mordsmäßigen Angst im Bauch, begleitet von einem ganz schlechten Gefühl gegen die Haustür, bevor er ins Wohnzimmer rannte und sich das Telefon schnappte. Er wählte Serdalls Handynummer, doch das Klingeln drang von oben zu ihnen herunter. „Scheiße!“, schrie Daniel erneut. „Warum hat er denn noch nicht einmal das mit?“ Wenn Serdall etwas passierte war er Schuld. Er hatte Serdall so in Rage versetzt. Wenn er ihm nicht diese Dinge an den Kopf geworfen hätte, wäre Serdall erst gar nicht betrunken ins Auto gestiegen. Dustin zog Daniel in seine Arme, als der aufgebracht hin und her lief. „Keine Angst, er wird sich nichts tun und in ein paar Stunden wieder hier sein“, murmelte er nicht sehr überzeugt. Er spürte wie sein Auge zuschwoll, genau da, wo Serdall ihn getroffen hatte. Wie er das in der Reitling erklärte, war ihm jetzt schon ein Rätsel. Er betete, dass Serdall wirklich vernünftig fuhr und nichts passierte. „Lass uns erst einmal essen, in Ordnung? Es wird alles okay sein.“ „Hoffentlich“, seufzte Daniel nervös. „Hoffentlich.“ Leicht vor sich hin zitternd saß Daniel ein paar Stunden später neben Dustin auf dem Sofa im Wohnzimmer. Der Fernseher lief leise vor sich hin, doch das war das Letzte, was Daniel im Moment interessierte. Serdall war immer noch nicht da. Er hatte sich auch nicht gemeldet. Fröstelnd zog er die Decke um sich enger und warf einen weiteren Blick auf die Uhr, wie wohl alle drei Minuten in den letzten drei Stunden. Nervös folgte Dustin Daniels Blick und seufzte leise. Langsam schwand sein Optimismus. Plötzlich ging die Türklingel und Dustin riss die Augen auf. Einen Moment tauschte er mit Daniel einen Blick aus, bevor er aufstand und zur Tür ging. Zwei Polizeibeamte standen übermüdet vor ihm. Dustin rutschte das Herz in die Hose und seine Hände begannen nasskalt zu werden. „Guten Abend. Entschuldigen Sie, aber wohnt hier Serdall Agamie? Kennen Sie diesen Mann?“, fragte der etwas älter wirkende Polizeibeamte mit kleinem Schnauzbart. Dustin schluckte, bevor er antwortete. „Ich bin Dustin Canter, sein Schwager. Was ist mit ihm?“, fragte er mit zittriger Stimme. „Herr Agamie hatte einen Unfall. Er ist betrunken und mit zu hoher Geschwindigkeit gegen eine Leitplanke gefahren. Sein Wagen hat sich drei Mal überschlagen und ist auf einem Acker liegen geblieben und---“. Der Beamte wurde harsch unterbrochen. „Wo ist er jetzt?“, rief Dustin aufgebracht. „Er liegt auf der Intensivstation im städtischen Krankenhaus. Sein Zustand war kritisch, er liegt jetzt soweit ich weiß im Koma.“ Der Kollege des schnauzbärtigen Beamten reichte Dustin eine durchsichtige Tüte mit diversem Kleinkram. „Das sind die Dinge, die aus dem Auto geflogen sind. Wenn Herr Agamie wieder gesund wird, wird ein gerichtliches Verfahren eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft wird ihn wegen fahrlässigem Fahren im Straßenverkehr und Trunkenheit am Steuer anklagen. Ich wünsche Ihnen noch einen guten Abend, Herr Canter“, meinte der Polizist und Dustin knirschte mit den Zähnen. Dieser Mann war eindeutig jemand, der betrunkenen Fahrern den Tod an den Hals wünschte, genau das sagte sein Blick. Wütend und am Ende mit den Nerven warf er die Haustür zu und sah zu Daniel, der hinter ihm stand. „Lass uns hinfahren.“ Daniel konnte nur apathisch nicken. In seinen Kopf hallte immer wieder der Gedanke ‚Ich habe es gewusst‘ nach, begleitet von einem viel aufdringlicherem ‚und ich bin schuld‘. Er ließ sich von Dustin zum Auto schieben, nachdem der Ethan kurz Bescheid gesagt hatte, und setzte sich schwach auf den Beifahrersitz. Serdall lag im Koma. Was, wenn er nie wieder aufwachte? Wenn das Letzte, was zwischen ihnen gewesen war, dieser Streit sein sollte, das Fremdgehen davor. Schwer atmete Daniel ein und versuchte seinen rasenden Puls einigermaßen unter Kontrolle zu bekommen und nicht zu hyperventilieren. Es brachte keinem was, wenn er jetzt umkippte. Dustin versuchte ebenfalls Ruhe zu bewahren. Was hatten sie nur angerichtet? Wenn Serdal starb, würde er sich das nie verzeihen. Langsam fuhr er die Einfahrt herab. Im Licht der Autoscheinwerfer sah man irgendwann schwarze Reifenspuren, die Serdall hinterlassen hatte. Der Wagen hatte wohl einen Totalschaden, das war sicher, aber das war auch unwichtig. Es kam im wie eine Ewigkeit vor, bis sie am Krankenhaus angelangt waren und es wirkte unreal, wie eine Ärztin sie zu Serdall führte. „Er ist überm Berg“, plapperte die Frau, während sie eine Glastür aufstieß, sich sicher, dass Daniel und Dustin ihr folgen würden. „Ein gebrochener Arm und ein gebrochenes Bein, eine mittelschwere Platzwunde am Hinterkopf und einen Zahn hat er sich ausgeschlagen, aber den hat man ihm schon wieder eingesetzt. Herr Agamie liegt jedoch leider im Koma und wir wissen nicht warum. Er hat keine Hirnblutungen und die Platzwunde ist auch nicht so gravierend, dass sie das Koma ausgelöst haben könnte. Mehr kann ich leider zurzeit nicht sagen“, meinte sie und hielt dann vor einer Tür in der dritten Etage an. Kurz aber extrem schmerzhaft krampfte sich Daniels Magen zusammen. Er fragte sich, warum er bei der ganzen Situation gerade als erstes daran dachte, dass Serdall der gebrochen Arm wohl beim Geige spielen behindern würde. Wenn er nicht wieder aufwachte, dann war der gebrochene Arm wohl das geringste Problem. Geschockt schnappte Daniel nach Luft, als ihn sein Gedanke gerade mit aller Macht traf. Serdall würde schon wieder aufwachen, ganz bestimmt. Er konnte ihn und Taki doch nicht allein lassen. Genauso wie Dustin, Ethan und Jana. „Stop“, sagte die Krankenschwester an der Tür zur Intensivstation. „Noch eine obligatorische Frage, bevor ich Sie zu Herrn Agamie lasse. Sind Sie mit ihm verwandt?“ Daniel schüttelte den Kopf, während Dustin knapp nickte. „Dann muss ich Sie leider bitten, hier draußen zu warten. Nur Angehörige haben Zutritt“, meinte sie entschuldigend zu Daniel. Geschockt starrte der sie an. Er durfte nicht zu Serdall? Er wollte ihn wenigstens einmal kurz sehen, sehen wie es ihm ging, auch wenn sie das eben schon erfahren hatten. Nach einem Augenblick nickte Daniel allerdings schlussendlich. Es war wohl besser so. Serdall hätte ihn wohl nicht bei ihm haben gewollt, wenn er wach gewesen wäre. Schließlich war er sozusagen vor ihm geflohen. Dustin ging dazwischen und sah kurz auf das Namensschild der Frau. „Frau Doktor, er ist der Lebensgefährte von Serdall. Er hat mehr Recht als ich bei ihm zu sein“, meinte er ernst und mit einem mitleidigen Blick. Die Ärztin seufzte und nickte dann. „Gut“, erlaubte sie es schlussendlich und ließ Daniel und Dustin in das Zimmer eintreten. Dustin atmete irgendwie beruhigt aus, als er sah, dass nur Serdalls rechter Arm gegipst war. Der Linke wäre eine Katastrophe für den Violinisten. Serdall sah schrecklich aus. Kleine Schnittwunden waren im Gesicht und der Kopf bandagiert. Das linke Bein war ein wenig hochgelagert und der Unterschenkel eingegipst. Man hätte meinen können, dass er schlief, doch die piepsenden Geräte und die Infusionsnadel in seinem Arm zeigten ihnen die Realität. Schweren Herzens sah er dabei zu, wie Daniel auf Serdall zuging. Leise setzte Daniel sich auf den Stuhl neben Serdall und nahm vorsichtig dessen unverletzte Hand in seine, die neben ihm auf dem Bett lag. Es konnte sein, dass er sich täuschte, aber die Haut sah irgendwie blass aus, furchtbar hell. Außerdem war sie eiskalt. Behutsam umschloss Daniel sie und hauchte seinen warmen Atem dagegen. Entschuldigend sah er kurz in Serdalls Gesicht, wandte den Blick dann allerdings ab. Seinen Freund so hier liegenzusehen war einfach unerträglich für ihn. „Es tut mir leid“, flüsterte er. „Das ist alles meine Schuld. Ich hätte all diese Dinge nicht sagen und dich schon gar nicht betrügen sollen.“ Dustin legte eine Hand auf Daniels Schulter und drückte sie leicht. „Ich geh mir einen Kaffee holen, okay?“, meinte er etwas heiser und verließ den Raum, um Daniel mit Serdall allein zu lassen. Ihm reichte allein der Anblick von Serdall. Wenn jetzt sein Schwager auch noch sterben würde, war Dustin sicher, dass er schlichtweg durchdrehen würde. „Taki braucht dich, Serdall“, flüsterte Dustin und schlug leicht gegen den Automaten, vor dem er nun geraume Zeit stand. Er schüttelte den Kopf, ehe er Geld in den Münzschacht warf. Serdall würde nicht sterben, aber würde er wieder aufwachen? Warum lag Serdall im Koma? Warum wussten die Ärzte nicht was los war? Dustin seufzte. Wahrscheinlich war Serdall selbst dann noch stur, wenn es gar nicht mehr ging. Vielleicht wollte er einfach seine Ruhe. Daniel fühlte sich etwas unbehaglich so ganz mit Serdall allein. Er wusste nicht, was er tun oder sagen sollte und das Piepen der Geräte raubte ihm jetzt schon den letzten Nerv. Serdall war am Leben und würde es auch bleiben, brauchte man dann noch so lästige Apparaturen, die einen Höllenlärm machten? Seufzend stützte Daniel sein Kinn auf seine zusammengefalteten Hände, in denen er immer noch Serdalls hielt. Er fühlte sich hundeelend, die Schuldgefühle nagten an ihm und er hatte einfach keine Ahnung, ob er gehen oder bleiben sollte, was in Serdalls Sinn gewesen wäre. Da er es nicht mit Sicherheit sagen konnte, beschloss er so zu handeln, wie er es für richtig hielt und würde wohl bleiben. Dustin kam wieder in den Raum und Daniel wandte seinen Kopf leicht, sodass er ihn ansehen konnte. „Ich brauche irgendwann mal Serdalls Handy“, meinte er leise, so als könnte er Serdall aufwecken, wenn er zu laut sprach. Die Hände in den Hosentaschen vergraben stellte sich Dustin neben Daniel. Er war verwirrt. Wieso fragte Daniel ihn nach Serdalls Handy? „Es liegt in eurem Zimmer, das weißt du doch“, murmelte Dustin und sein Blick blieb an Serdall hängen. „Ich weiß“, antwortete Daniel immer noch im Flüsterton und sah Dustin bittend an. „Aber ich will hier nicht weg und es wäre wohl das Beste, wenn wir Fei anrufen würden. Er will garantiert wissen, was mit Serdall los ist und vielleicht kann er dafür sorgen, dass Taki und Jana schnell wieder bei uns sind. Ich habe wahrscheinlich zumindest in nächster Zukunft schlechte Karten nach dem, wie deine Mutter mich dargestellt hat.“ „Daniel du brauchst Schlaf. Du kannst nicht Tag und Nacht bei ihm bleiben. Wir fahren jetzt nach Hause und ruhen uns aus und morgen kannst du wieder herkommen“, meinte Dustin ernst und vernünftig. „Komm, vielleicht ist er morgen schon wach.“ Dustin griff nach Daniels Arm. Widerstandslos ließ Daniel sich aus dem Raum ziehen und warf noch einen letzten Blick zu Serdall, bevor sie endgültig um die Ecke bogen. Auf der Rückfahrt sprachen sie nicht viel. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, die zumindest bei Daniel hauptsächlich von Schuldgefühlen dominiert waren. Eine Kette baute sich in seinem Kopf auf. Wenn er nicht mit Dustin geschlafen hätte, Serdall ohnehin nie untreu gewesen wäre, wenn er Dustins Mutter nicht unterschätzt hätte, Taki und Jana nicht vom Jugendamt mitgenommen worden wären und der Streit nie stattgefunden hätte, wäre das alles nicht passiert. Selbst ein Glied in dieser Kette, das fehlen würde, hätte das Ende garantiert nicht herbeigeführt. Warum hatte Daniel so viele Fehler in so kurzer Zeit machen müssen? Wie war das überhaupt möglich, so viel Dummheit auf einmal in sich zu vereinen? Wieder zuhause angekommen ging Daniel als erstes ins Schlafzimmer, griff sich Serdalls Handy und eilte dann wieder die Treppen nach unten. Er konnte nicht eine Sekunde in diesem Raum bleiben. Alles erinnerte ihn an Serdall und seine Fehler. Fahrig durchsuchte er das Adressbuch und wählte dann Feis Nummer. Es war hier schon weit nach Mitternacht, als musste es in Japan fast Nachmittag sein. Es dauerte einen Moment, bis die Leitung endlich das Freizeichen gab. Ein paar Mal klingelte es, bevor Feis tiefe Stimme am Telefon erklang, selbstverständlich auf Japanisch. Als Daniel dann ein kurzes Räuspern von sich gab, schien Fei zu verstehen, dass es nicht Serdall war, der anrief. „Wer ist da?“, meinte er in rauem Deutsch. „Hier ist Daniel“, kam die etwas schüchterne Antwort. Daniel hatte keine Ahnung, wie er Fei die ganzen Geschehnisse in den letzten Tagen am schonendsten beibringen sollte. Fei schien kurz überlegen zu müssen. „Gibt es einen besonderen Grund, warum du mich von Serdalls Mobiltelefon anrufst?“, fragte er nun misstrauisch. Er schien etwas zu ahnen und man hörte ihm an, dass er unruhig wurde. „Da war nun mal deine Nummer eingespeichert“, schoss Daniel zurück, seufzte dann allerdings und strich sich durch die Haare. Fei war an nichts von alledem Schuld, also musste er ihn gar nicht erst so dumm anmachen. Daniel holte tief Luft. „Serdall hatte diese Nacht einen schweren Autounfall. Er liegt momentan im Koma.“ Es trat eine kurze Stille ein, in der Fei einmal tief durchatmete. „Wie ist das passiert? War Taki dabei oder ist er wohlauf? Ich sollte wohl besser nach Deutschland kommen“, meinte er am Schluss halblaut, eher zu sich selbst, als an Daniel gewandt. „Ja, ich denke das wäre das Beste“, seufzte Daniel. „Du kannst zwar ihm nicht helfen, aber dafür Taki. Das Jugendamt hat ihn mitgenommen. Die genauen Umstände, wie es dazu gekommen ist, sind jetzt unwichtig. Jana ist auch weg und allein schaffe ich es wohl nicht, die beiden wiederzubekommen. Zumindest nicht in der nächsten Zeit.“ Etwas Verzweiflung hatte sich in Daniels Stimme gemischt, doch er versuchte einigermaßen ruhig zu bleiben. Fei schien zu überlegen. Er kannte Jana. Serdall hatte ihm von dem adoptierten Mädchen erzählt. „Ich nehme den nächsten Flug, sobald ich kann. Ich denke, dass ich morgen Nachmittag ankomme, aber versprechen kann ich das nicht.“ Er konnte als Oyabun, als Oberhaupt eines Yakuzaclans, nicht einfach das Land verlassen, ohne Vorkehrungen zu treffen. „Wenn ich da bin, erklärst du mir die genauen Umstände“, meinte er kalt und verabschiedete sich im nächsten Moment. Mit schwerem Herzen legte Daniel auf und lehnte sich dann in die Sofapolster zurück. Wenn Serdall ihn nicht kalt machen würde, wenn er wieder aufwachte, und Daniel weigerte sich auch nur eine Sekunde daran zu denken, dass er nicht aufwachen würde, dann übernahm Fei das bestimmt mit Freude, wenn Daniel ihm erzählte, warum Serdall so beschissen Auto gefahren war. Dustin kam gähnend ins Wohnzimmer, jeweils eine Tasse warmen Kakao in den Händen tragend. Er setzte sich neben Daniel und drückte ihm eine der beiden Tassen in die Hand. „Was sagt Fei?“, fragte er leise und sah Daniel mitleidig von der Seite an. Man sah ihm an, dass er schwere Schuldgefühle hatte und unglücklich war. „Er kommt“, murmelte Daniel und nahm dankbar die Tasse entgegen. Das konnte er zur Beruhigung jetzt echt sehr gut brauchen. „Wenn er da ist habe ich wohl meine letzten Atemzüge getan.“ Seufzend starrte Daniel in seinen Kakao. Fei war etwas wie Serdall. Das Temperament lag in der Familie genau wie die große Sorge um die Liebsten und die Überreaktion, wenn jemandem etwas passiert war. Das sah man allein an Serdalls Angriff auf Kai. Was Fei machen wollte, stellte Daniel sich lieber im Moment nicht vor. Dustin sog zischend Luft zwischen den Zähnen ein und seufzte dann tief. Fei würde sich nicht zurückhalten, gerade wenn es um seinen geliebten Bruder ging. „Ich würde ihm an deiner Stelle nicht sagen, dass du Serdall betrogen hast. Du musst ihn nicht anlügen, aber vorerst verschwiegen solltest du es. Er ist genauso konservativ wie Serdall“, meinte er ernst und nippte an seiner Tasse. Was das hieß war klar, nur liebte Fei Daniel nicht und würde sich deswegen in seiner Wut nicht zurückhalten. „Wie soll ich es denn sonst begründen, dass Serdall betrunken ins Auto gestiegen ist?“, fragte Daniel aufgebracht. „Auch Fei wird klar sein, dass Serdall mit seinem Einfluss die Kinder schnell hätte zurückholen können. Es kommt noch nicht einmal auf das Geld an, sondern allein auf die Tatsache, dass bei dem großen Serdall Agamie bestimmt schnell jemand vom Jugendamt vorbeikommt und die jetzt wieder entschärfte Lage begutachtet. Ein kurzer Besuch und es wäre vielleicht alles wieder gut. Deswegen würde er nicht so ausrasten.“ „Das ist richtig“, erwiderte Dustin. „Aber musst du ihm denn sagen, dass du ihn betrogen hast? Kannst du nicht einfach sagen, dass ihr euch gestritten habt, wegen der Sache von damals? Daniel, er wird uns beide die Hölle heiß machen und das wird schlimmer sein, als Serdall das je hätte tun können“, sagte er aufgebracht. Er gab zu, dass er Angst hatte. Fei würde darüber nicht so einfach hinwegsehen. Er hasste Schwule, zumindest wenn es um seinen Familienkreis ging und Verrat war noch schlimmer. Das hatte man gesehen, als er Daniel und Serdall auseinander bringen wollte. „Ich weiß“, murmelte Daniel. „Ich werde allein schon aus Rücksicht auf dich versuchen, die schlimmsten Fakten außen vor zu lassen. Ich werde sehen, wie sich das Gespräch entwickelt. Auch wenn ich Fei sagen werde, dass ich Serdall betrogen haben, lasse ich dich aus dem Spiel. Es reicht, wenn er seine Wut auf einen konzentriert.“ Daniel stürzte den letzten Kakao hinunter und stand dann auf. „Ich werde schlafen gehen. Du solltest dich auch hinlegen, immerhin musst du morgen zur Arbeit.“ „Ich glaub mit zwei Stunden Schlaf und einem blauen Auge werde ich morgen nichts zustande bringen“, murmelte er und leerte ebenfalls seinen Kakao, ehe er aufstand und Daniel folgte. „Einen Tag kann ich mal krank sein. Es ist einfach zu viel geschehen heut Abend.“ Er schlug Daniel leicht auf die Schulter. „Ich kümmere mich morgen um die Einkäufe, du kannst ins Krankenhaus fahren, ja?“ Daniel nickte dankbar und gemeinsam gingen sie in Richtung Treppe. „Lehrer sein ist schon ein schöner Beruf. Mit deiner Krankmeldung machst du sogar Dutzende von Menschen glücklich“, meinte er mit seinem schiefen Grinsen, bevor er vor Dustins Tür stehen blieb. „So?“, fragte Dustin verdutzt und zog eine Augenbraue nach oben. „Und ich dachte, ich sei der Schwarm der Schule und es bricht meinen süßen Schülern das Herz, mich nicht fünf Tage die Woche zu sehen“, hielt er dagegen und zwinkerte keck. „Oh ja, ihnen wird das Herz brechen, dass sie nicht nach der Siebten sondern nach der Sechsten aushaben. Unterricht mit dir, am besten noch eine Grammatikstunde, ist doch viel schöner als ein verfrühter Besuch im Kino.“ Daniel grinste kurz, doch schon kurz darauf fielen seine Gesichtszüge wieder in sich zusammen. „Kann ich heute hier schlafen?“, fragte er. „Ich halte es oben nicht aus und das Wohnzimmer ist dann doch noch etwas unwohnlich.“ „Klar“, meinte Dustin leichthin und nickte. „Ethan wird hoffentlich nicht noch eine Szene ma---“ Dustin wurde just unterbrochen, als besagter Rothaariger die Tür aufriss und sofort nach Dustins Arm griff. „Doch mache ich. Wie wäre es, wenn Daniel sich in seine Etage verzieht? Mein Zimmer bekommt er jedenfalls nicht.“ Im ersten Moment stand Daniel sprachlos im Flur, nickte dann allerdings ergeben. „Okay“, murmelte er mit beschlagener Stimme und wandte sich ab, damit keiner der beiden seine feuchten Augen sah. Er konnte Ethan verstehen. Es war klar, dass er wütend war. Trotzdem schmerzte es, so abgewiesen zu werden. „Warte!“, rief Dustin aufgebracht und hielt Daniel am Arm fest, wofür er von Ethan ein aufgebrachtes Schnauben bekam. „Ethan, Serdall hatte einen Unfall. Er liegt im Koma und Daniel erträgt es jetzt einfach nicht allein zu sein, ohne Jana und ihn. Kannst du deine Wut bitte beiseite schieben? Schließlich habe ich ihn gevögelt, nicht andersrum“, raunzte er und Ethans böser Blick traf nun Dustin. Doch als er in dessen hilflos bittende Augen sah, seufzte er leise. Er sah zu Daniel, dem die Tränen über die Wangen rannen und er strich sich fahrig durch die roten, wirren Haare. „In Ordnung. Daniel, du kannst drüben schlafen“, murmelte er. Unwirsch wischte Daniel sich über das Gesicht und sah dann schon am oberen Ende der Treppe, die zum Wohnzimmer führte, zurück. „Ethan, ich will mich in nichts reindrängen und ich schlafe lieber unten, als in einem unwillig überlassenen Zimmer.“ Ethan rollte nun mit den Augen, ging auf Daniel zu, obwohl er nur eine Unterhose trug und schnappte dessen Hand. „Du kommst jetzt mit“, meinte er ernst, zog ihn in sein Zimmer und überließ Dustin sich selbst. Ethan schloss die Tür hinter ihnen und sah dann abwartend zu Daniel. „Okay, du hast mit Dustin geschlafen, aber er war da wohl maßgeblicher Faktor bei, das sehe ich ein“, fing er an zu sprechen. „Und ich sehe auch ein, dass ihr beide euch wohl noch ein bisschen mehr mögt, als nur normale Freunde das tun, weil ihr nun einmal schon zusammen gewesen seid. Aber ich sehe nicht ein, dich jetzt hängen zu lassen, nur weil ihr beide miteinander geschlafen habt.“ Ethan ging auf Daniel zu und schloss die Arme um ihn, um tröstend über den zitternden Rücken zu streichen. „Du bist genug gestraft“, meinte er leise und hauchte sanft einen Kuss auf Daniels Wange, ehe er ihn fest und sichernd an sich zog. Schluchzend klammerte Daniel sich an ihn und presste seine schon wieder nasse Wange in Ethans Halsbeuge. Er fragte sich, womit er einen solchen Freund verdient hatte. Obwohl er mit Dustin geschlafen hatte und obwohl Daniel so ziemlich an dem ganzen Leid, das er gerade empfand, selbst schuld war, ließ Ethan ihn hier schlafen und vergab ihm in gewisser Art und Weise den ganzen Mist. „Danke“, nuschelte Daniel leise. „Schon okay. Hauptsache es gibt kein nächstes Mal und Serdall wird wieder gesund“, meinte Ethan leise und strich über den kurzgeschorenen Kopf. „Übrigens finde ich deine Frisur wirklich eklig“, murmelte er und lächelte schief in Daniels Gesicht. „Lass sie bloß wieder langwachsen.“ „Nun, eigentlich habe ich das genau aus dem Grund gemacht“, erklärte Daniel und fuhr sich selbst kurz über die durch das Scheren leicht empfindliche Kopfhaut. „Sollte dafür gut sein, dass mich keiner mehr ansieht oder so. Mal wieder eine Kurzschlussaktion von mir, die nicht unbedingt gut ankam. Von daher werde ich sie wohl wirklich wieder langwachsen lassen.“ Ethan gab Daniel eine Kopfnuss. „Und ich dachte da wäre was drin“, meinte er belustigt und schlug erneut gegen Daniels Kopf und tat so, als ob er dem Klang lauschen würde. „Langsam verstehe ich auch den ganzen anderen Mist, irgendwie. Du und Dustin nehmt euch in Dummheiten kaum etwas, kein Wunder das ihr euch so gut leiden könnt.“ „Oh, vielen Dank für das Kompliment, Mister Oberschlau“, erwiderte Daniel ironisch. Ihm ging es schon wieder einigermaßen gut, wobei er wusste, dass es damit spätestens vorbei war, wenn er wieder in Richtung Krankenhaus fuhr und seine gute Laune würde garantiert aus sein, wenn Fei ankam. „Ich denke, wir sollten jetzt alle echt schlafen gehen“, fügte Daniel noch hinzu. „Es ist fast halb vier und morgen gibt es noch ein wenig was zu tun. Allein die Handwerker kommen und müssen überwacht werden.“ „Ja“, erwiderte Ethan. Das Chaos im Haus war wohl mit Serdalls Unfall nahezu perfekt und man sah es Daniel an, dass es ihm schlecht ging. „Dustin und ich, wir kümmern uns um die Handwerker. Du möchtest sicher bei Serdall sein“, meinte er halblaut und strich Daniel aufmunternd über die Wange. Er lächelte noch einmal, ehe er Daniel gute Nacht sagte und zurück zu Dustin ging. Erschöpft parkte Daniel das Auto auf dem Hof und stieg aus. Er hatte seit er aufgestanden war so ziemlich den ganzen Tag bei Serdall gesessen, doch der hatte nicht einmal mit der Wimper gezuckt. Da er nach der langen Nacht gestern jetzt schon total müde und erledigt war und sogar zweimal kurz an Serdalls Bett eingeschlafen war, hatte er es für das Beste gehalten, jetzt schon nach Hause zu fahren und die Besuchszeiten nicht bis zum Ende auszunutzen. Außerdem hatte er angenommen, dass Fei demnächst irgendwann eintreffen würde, da es immerhin schon später Nachmittag war und er hatte gar nicht so falsch gelegen, denn ein schwarzer Wagen mit zwei ebenso dunkel gekleideten Männern parkte an der Straße. Seufzend schloss Daniel die Wohnungstür und machte sich auf ins Gefecht. Feis Stimme bellte durch den Flur, als er einen der Handwerker zurechtwies, die gerade dabei waren den gesamten Flur neu zu tapezieren. Er hielt sich dann wieder das Haustelefon ans Ohr. „Hören Sie, ich bin überzeugt davon, dass Sie wissen, dass Sie einen Fehler gemacht haben. Serdall Agamie ist ein bekannter Mann und in keinster Weise herrschen in seinem Haus asoziale Verhältnisse. Wissen Sie, ich wäre Ihnen sehr verbunden morgen mit Ihnen von Angesicht zu Angesicht zu sprechen.“ Fei wickelte die Frau ein und hatte am nächsten Morgen gleich einen Termin bei ihr. Er würde schon die richtigen Mittel bringen können. „Kikuchi!“, rief er nun und der Assassine erschien lautlos neben Fei. Der Oyabun gab ihm leise Anweisungen und der Assassine nickte, ehe er sich an Daniel vorbeischob, der noch im Flur stand, und dann mit den Bodyguards fortfuhr. Feis Blick traf Daniel und sein Mund wurde schmal. Er wies Daniel mit einem Kopfnicken in Richtung Wohnzimmer an, ihm zu folgen. „Ich hoffe du hast deinen Auftragskiller nicht dazu veranlasst, irgendwen vom Jugendamt zu bedrohen, denn ich denke, dass es im Interesse von Niemandem wäre, wenn Taki und Jana auf einer Bluttat aufbauend wieder zu und kommen“, zischte Daniel Fei zu, trotz dem großen Unbehagen, das er spürte. Allerdings wusste er, wie Fei drauf war, dass er in seiner Position im Laufe der Jahre gelernt hatte, skrupel- und gefühllos zu handeln und er wollte nicht, dass sich das auf ihre Familie auswirkte. „Nein“, antwortete Fei und wartet bis Daniel die Tür hinter sich zugemacht hatte. „Kikuchi erkundigt sich nur über Irene Weiß‘ Kinder. Nur zur Sicherheit, falls die Frau meint, meinen Neffen länger als nötig von seinem Zuhause fernzuhalten“, erklärte er ruhig und so, als ob es etwas Alltägliches für ihn wäre. Nun, es war etwas Alltägliches für ihn. Fei verschränkte die Arme und stellte sich vor Daniel, um ihm ins Gesicht zu sehen, so als ob er darin lesen könnte, was in den letzten Tagen geschehen war. „Also“, sagte er und eine leise Drohung schwang in seiner Stimme mit, „warum fährt sich mein Bruder fast in den Tod?“ „Müssen wir das jetzt klären?“, versuchte Daniel vom Thema abzulenken. „Bis um neun ist noch Besuchszeit. Du könntest erst zu ihm und wir reden später darüber. Außerdem will ich nochmal klarstellen, dass ich voll und ganz gegen irgendwelche kriminellen Handlungen bin. Wenn irgendwas davon rauskommt sehen wir die beiden vielleicht nie wieder und außerdem will ich mein Glück nicht auf dem Unglück anderer Menschen aufbauen.“ Herausfordernd sah Daniel Fei an. „Es geht nur um Taki. Ich kann Jana auch beim Jugendamt lassen, wenn du darauf Wert legst, jeden einzelnen Behördengang zu machen. Wie man mir gesagt hat, wird das Adoptionsverfahren von der Kleinen gerade geprüft, weil es erhebliche Mängel in den Formularen gibt. Für Taki müsste ich diesen Aufwand nicht betreiben“, erklärte Fei Daniel und seine braunen, dunkeln Augen fixierten sich mit Daniels hellblauen. „Also, entweder du bist zufrieden damit und erklärst mir was hier los war oder ich halte mich voll und ganz raus.“ Daniel starrte verbissen zurück. „Ich bin nicht zufrieden damit. Lieber mache ich jeden einzelnen Scheiß Behördengang und bekomme Jana zwei Wochen später wieder als die Kinder von irgendwem zu bedrohen, zu entführen oder was weiß ich. Allerdings erkläre ich dir gerne trotz unseren Meinungsverschiedenheiten was hier los ist, wenn du magst.“ „Du wirst Jana nicht nach zwei Wochen wiederbekommen, wenn die rausbekommen, was Serdall für Geld fließen lassen hat“, zischte Fei nun genervt von Daniels Ignoranz. „Wenn du deine korruptionsfreie Traumwelt aufrecht erhalten willst, musst du dann wohl oder übel auf deine Tochter verzichten.“ Fei wollte, dass Daniel einfach Einsicht zeigte. Er war jetzt kein unbescholtener Bürger mehr. Daniel hatte nun mal Verbindungen zur Yakuza, wenn er mit Serdall lebte und ihn liebte. Also hieß das es zu akzeptieren und nicht diese kindische Meinung aufrecht zu erhalten, die jetzt total unwichtig war. „Wenn du dir dann jetzt im Klaren darüber bist, dass deine Tochter kurz davor steht an eine andere Pflegefamilie abgegeben zu werden, könntest du mir die Freundlichkeit erweisen zu sagen, was hier geschehen ist“, knirschte Fei nun langsam mit der Geduld am Ende. Auch Daniel merkte, dass er ihn wohl nicht viel länger hinhalten konnte. Anstatt sich auf das Sofa zu setzen, blieb er allerdings lieber stehen. Das war ihm dann doch irgendwie… sicherer. „Serdall war ziemlich außer sich, als er nach draußen gestürmt ist. Sonst wäre er wohl kaum betrunken Auto gefahren. Wir hatten uns gestritten“, versuchte Daniel das Thema weitläufig abzuhandeln. Fei zog eine Augenbraue nach oben. Er kannte Serdall und sein Temperament, aber er war sich absolut sicher, dass Serdall nie wegen einem simplen Streit sein eigenes Leben riskieren würde. Skeptisch sah er in Daniels Augen. Da war noch etwas, was Daniel ihm verheimlichte. „Serdall hat sich also betrunken und ihr habt euch deswegen gestritten?“, behauptete Fei einfach, um eine Reaktion nach der anderen aus Daniel heraus zu kitzeln. Verwirrt sah Daniel ihn an. Hatte er es nicht andersrum gesagt? Also eher ziemlich neutral, aber Fei drehte die Tatsachen jetzt genau in die richtige Reihenfolge. „Nun“, begann Daniel zögernd, „ich mag es eben einfach nicht, wenn er zu viel von seinem Scotch trinkt.“ „Deswegen bringt sich Serdall nahezu um?“, fauchte Fei nun und packte Daniel am Kragensaum. „Eine ziemliche Lappalie, wenn man bedenkt, dass er deswegen auch hätte sterben können. Bist du dir sicher, dass es nicht doch etwas Anderes war?“, knurrte er ernst und sein Atem streifte Daniels Gesicht, so nah war er ihm. „Ich bin mir über die Umstände, die dazu geführt haben sicher, ja“, versuchte Daniel einen letzten Ausweg. Seine Aussage stimmte, auch wenn man sie in unterschiedlichen Sichtweisen betrachten konnte. So langsam rutschte ihm auch das Herz ziemlich in die Hose. Er hatte sich schon einmal mit Fei angelegt. Noch nicht einmal wirklich, sondern er hatte einfach einen dummen Kommentar gemacht und war dafür schon arg zugerichtet worden. Eigentlich hatte er jetzt weder Lust ihn noch weiter zu provozieren, noch ihm die Wahrheit zu sagen, denn alles wäre wohl nicht sehr gesund für ihn. Kurz glitten Feis Augen suchend über Daniels Gesicht und sein Mund verzog sich abschätzig. „Du verheimlichst etwas. Es steht dir ins Gesicht geschrieben. Du versuchst mir auszuweichen.“ Feis Stimme wurde bedrohlicher und sein Griff an Daniels Pulloverkragen festigte sich, ehe er Daniel mit voller Wucht gegen die Tür drückte. „Warum war Serdall so außer sich?“, fragte er Daniel jetzt und seine Körperhaltung verdeutlichte, dass er endlich die Wahrheit wissen wollte. „Spuck es aus“, knurrte er wütend. „Ich fürchte, dass es mir fast besser ergehen würde, wenn ich die Klappe halte, als wenn ich dir den Grund sagen würde“, ächzte Daniel und betete darum, dass irgendwer ins Wohnzimmer kommen würde. Dustin, Ethan, einer der Handwerker, egal wer. Fei schnaubte angewidert und nun packte er Daniel an der Kehle. „Glaub mir, ich habe keine Skrupel, es aus dir heraus zu quetschen“, flüsterte er und er erhöhte den Druck gegen Daniels Hals. Daniel schloss gepeinigt die Augen. Er hatte gewusst, dass er es Fei würde erzählen müssen, wenn er nach Deutschland kam. Trotzdem hatte er ihn angerufen, damit die Kinder wieder nach Hause kamen und weil Serdall den Beistand seines Bruders bestimmt auch gerne hatte, wenn es ihm so schlecht ging. Über Feis Reaktion ihm gegenüber hatte er allerdings nur hintergründig nachgedacht. „Ich habe mit jemand anderem geschlafen“, meinte er schließlich leise, innerlich mehr als angespannt und ängstlich in Erwartung von Feis Reaktion. Fei schien eine Sekunde wie versteinert, doch dann riss er an Daniels Kragen, zog ihn mit sich zum niedrigen Glastisch, setzte Daniel auf die eine und sich gegenüber auf die andere Seite auf den Teppich. Er langte nach Daniels rechter Hand und zog aus seiner hinteren Hosentasche ein Messer heraus. Fei hielt Daniels Hand mit ungeahnter Kraft fest und flach auf den Tisch gedrückt. „Für einen Verrat schneidet man in der Yakuza eine Fingerkuppe ab, um sich zu entschuldigen“, erklärte er und sah Daniel kalt ins Gesicht. „Liebst du Serdall nicht mehr?“, fragte er Daniel und legte das Messer gut sichtbar auf den Tisch, während er Daniels Hand weiterhin festhielt. „Natürlich liebe ich ihn noch“, gab Daniel zurück und konnte das Zittern nicht unterdrücken, das sich seines Körpers bemächtigt hatte. „Verdammt, wenn ich ihn nicht lieben würde, dann wäre ich nicht mehr hier oder würde mich ihm und seinem Geld gegenüber anders verhalten. Dann hätte ich dich gar nicht angerufen und diese ganze Scheiße hier riskiert.“ Daniel musternd zeigte Fei keine weitere Regung. Er musste sich zur inneren Ordnung rufen. Wenn sein Temperament jetzt mit ihm durchging, würde Serdall ihm das nie verzeihen. Aber Fei war sich sicher, dass Daniel eine Lektion verdient hatte und Serdall ihm gegenüber einfach zu weich war, um ihn anständig zu bestrafen. „Liebe ist eine Frage der Definition, findest du nicht auch? Was ist für dich Liebe?“, fragte er nun und sah Daniel unablässig kalt ins Gesicht. „Liebe“, murmelte Daniel mit zusammengezogenen Augenbrauen. Liebe war Liebe. Er hatte sich noch nie Gedanken über die Definition gemacht, wie Fei sie jetzt von ihm verlangte. Er rutschte ein Stück nach links, weil sein Arm auf Grund der unbequemen Position langsam anfing zu schmerzen und dachte nach. „Liebe ist Wärme“, fing er schließlich nachdenklich an. „Ein Gefühl des Schutzes bei der Person, die man liebt, ein Ruhepol. Man kann abschalten. Liebe ist gegenseitige Anziehung, sexuell wie auch emotional. Ziehen an einem Strang. Und Liebe ist… Vertrauen.“ Daniel stockte und sah auf einen kleinen Kratzer in der Glasplatte. Liebe war Vertrauen, was so ziemlich die wichtigste Eigenschaft war und das konnte man nicht haben, wenn man mit ihm zusammen war. „Ja, du hast es erfasst“, knurrte Fei nun und er zog schmerzhaft an Daniels Hand. „Liebe ist aber auch, nur eine einzige Person zu lieben. Sowohl körperlich, als auch geistig. Wenn du das nicht verinnerlicht hast, wirst du Serdall immer wieder betrügen, oder nicht?“, fragte Fei kalt und Wut kochte in ihm hoch. „Natürlich ist es kitschig so zu denken, vielleicht kennst du das als Homosexueller auch nicht, aber das bedeutet Liebe für Serdall. Willst du mit ihm zusammen sein, musst du dich auch nach seiner Vorstellung richten.“ Fei schnaubte im nächsten Moment. „Würde meine Frau mich betrügen, würde ich ihr die Hand abhacken, aber Serdall lässt dir alles durchgehen, weil er dich nicht verletzten kann.“ Es trat eine kleine Pause ein, in der Fei einen Moment nachdachte, bis er wieder zum Sprechen ansetzte. „Er redet viel über dich, wenn wir telefonieren“, erwähnte Fei und beobachtete Daniel weiterhin. Serdall schwärmte geradezu von Daniel und es brach Fei das Herz zu hören, dass Daniel ihn einfach betrog. Daniel senkte den Blick, weg von Fei, weg von dem Messer und seiner festgehaltenen Hand. Es tat unsagbar weh vor die Nase gehalten zu bekommen, dass Serdall ihn so extrem liebte, ja, schon fast vergötterte und Daniel, wie Serdall es auch schon selbst ausgeführt hatte, diese Liebe mit Füßen trat. Warum war er nicht in der Lage, Serdall genauso zurückzulieben? Warum suchte er sich Abwechslung in fremden Betten, obwohl er mit allem, was Serdall ihm bot, eigentlich zufrieden war? Und auch wenn er es nicht wäre, würde man das nicht hinnehmen können für all die schöne Zeit, die Serdall ihm gab? Außerdem war es auch keine Liebe, die er beispielsweise zu Dustin spürte. Eher eine tiefe Freundschaft und Verbundenheit. Gut, bei Dustin waren auch einige Fakten dabei, die Daniel Fei als Liebesdefinition aufgeführt hatte, aber im Vergleich zu Serdall war das nichts. Daniel wusste noch nicht einmal, warum er sich mit Dustin eingelassen hatte. Wenn er das nicht ergründen konnte, würde es vielleicht wieder passieren. Wenn nicht mit Dustin dann mit jemand anderem. Irgendwie, ganz versteckt in seinem Herzen, hoffte Daniel ein klein wenig, dass Serdall durch die Platzwunde am Kopf und den harten Aufprall vielleicht einen Teil seines Gedächtnisses verloren hatte. Dass er sich an die Zeit mit ihm nicht mehr erinnerte und er einfach gehen konnte, ohne Serdall zu verletzen. Denn er konnte nicht einfach so gehen, wenn alles intakt war. Serdall meinte selbst, dass das für ihn schlimmer sein würde, als ein erneuter Betrug. Wie sehr musste er ihn lieben? Wie wenig liebte Daniel Serdall? Verzweifelt ließ Daniel seine Stirn auf den Tisch sinken. Fei ließ Daniels Hand los und steckte das Messer wieder weg. Er hätte Daniel es lieber anders klargemacht. Ihm die Schmerzen gegeben, die Serdall wohl beim Unfall gespürt hatte, doch Serdall würde ihn ewig hassen, wenn er Daniel etwas antat. „Es gibt Dinge, bei denen man sich selbst Disziplin beibringen muss, Daniel. Wenn du Serdall liebst und nicht mehr verletzten willst, dann solltest du lernen, dich selbst im Zaum zu halten. Falls du das nicht kannst, musst du einen Weg finden, wie du es hinbekommst. Serdall wird dich nicht mehr gehen lassen können, das hat er mir selbst gesagt“, erklärte Fei und erhob sich dann. Ohne ein weiteres Wort ging er in den Flur und beaufsichtigte weiter die Handwerker bei der Arbeit. Etwas apathisch saß Daniel am nächsten Tag wieder bei Serdall im Krankenhaus. Es war jetzt schon - oder erst, das war Definitionssache - der dritte Tag, den er hier lag. Die Schwester draußen schien ihn schon zu kennen und ließ ihn ohne Fragen eintreten. Der mitleidige Blick, mit dem sie Daniel bedachte, machte ihn irgendwie leicht wütend. Es brachte ihm nichts, wenn sie Mitleid mit ihm hatte. Sie sollten lieber dafür sorgen, dass es Serdall so schnell wie möglich besser ging. Seufzend sah Daniel auf Serdall hinab. Der Kopfverband war immer noch dran. Zur Sicherheit, wie man ihm gesagt hatte und es war nicht so, dass er Serdall stören würde. Toller Kommentar, wie sich Daniel dachte. Vielleicht merkte Serdall doch unterbewusst irgendwas. Vielleicht spürte er auch unterbewusst eine Abneigung, dass Daniel hier war. „Es tut mir leid“, murmelte Daniel leise. „Weißt du, ich frage mich, wie du es überhaupt mit mir aushältst. Was war es überhaupt, was dich anfangs von mir überzeugt hatte? Du warst noch so auf deine Frau fixiert, warst eigentlich irgendwie nicht schwul. Und ein bisschen bohren und du fängst eine Beziehung mit mir an. Eine Beziehung, die dir auch noch scheinbar mehr Leid als Freude bringt, wenn man es mal gegeneinander aufwertet. Warum schmeißt du mich nicht einfach raus? Warum kannst du deine Gefühle nicht einfach abstellen und deine kalte Art rausholen, wie du sie am Anfang hattest? Das würde dir bestimmt besser tun als dein restliches Leben mit mir zu fristen und immer in Angst leben zu müssen.“ „Danniboy!“, rief plötzlich jemand von der Tür und ein Mann mit blonden Haaren kam herein, weiße Pflegerkleidung tragend und seine Pantoletten schlürften auf dem Linoleum, als er auf Daniel zuging. „Ha, ich wusste doch, das ich dich hier erwischen würde.“ Ende Kapitel 5 Kapitel 6: ----------- Kapitel 6 Kai grinste Daniel breit an und zwinkerte ihm keck zu. „Kai?“, fragte Daniel etwas perplex, aus seinen laut ausgesprochenen Gedanken gerissen. „Was machst du hier?“ „Sieht man das nicht? Ich mach mein Praktikum“, antwortete er und lächelte etwas schief. „Tut mir leid wegen deinem Freund. Als ich seinen Namen auf der Liste gelesen hab, war ich ziemlich geschockt. Ist lange her, dass ich dich gesehen hab“, meinte er. „Deine Frisur ist schrecklich. Warum hast du dir deine Wuschelmähne abgeschnitten?“ „War ein plötzlicher Impuls“, antwortete Daniel zumindest mit der Halbwahrheit. „Aber ich lasse sie mir wieder wachsen. Ist doch etwas ungewohnt, sieht dumm aus und ist kalt. Wie geht es dir eigentlich?“, fragte er teils aus Höflichkeit, teils aus Neugierde. Immerhin hatten Kai und er sich wirklich lange nicht mehr gesehen und es interessierte ihn dann doch, ob Kai jemand neues gefunden hatte oder immer noch traurig und enttäuscht war, dass es mit ihnen nicht geklappt hatte. „Blendend. Ich bin glücklich, hab einen Freund, der mich liebt und nicht drogensüchtig ist und ich verticke nichts mehr“, grinste er nun und sah immer etwas vorsichtig zur Tür. „Weißt du, eigentlich darf ich gar nicht hier sein. Dein Freund ist Privatpatient, da kümmert sich die Chefärztin drum, aber ich wollte dich unbedingt mal wiedersehen. Schade, dass es unter solchen Umständen passiert.“ „Ja, anders wäre es mir auch lieber gewesen“, antwortete Daniel und warf einen wehmütigen Blick auf Serdall. „Aber ich freue mich für dich, dass du scheinbar endlich einen Glücksgriff gelandet hast. Ich bin jetzt übrigens Papa“, erzählte Daniel jetzt auch ein wenig aus seinem Leben. „Echt? Krass! Wie denn das? Habt ihr ein Kind adoptiert?“, fragte Kai nun neugierig und zog einen Stuhl zu sich, um sich neben Daniel zu setzen. „Himmel, du und ein Kind, das kann ich mir gar nicht vorstellen bei den Erinnerungen, die ich an dich habe“, grinste er. „Ja, deine Erinnerungen an mich sind bestimmt ziemlich chaotisch und zum Teil etwas negativ“, meinte Daniel und dachte an sein vorrübergehendes Verhältnis zu den Drogen. „Chaotisch bin ich wohl immer noch, aber Serdall hat mir sehr viel geholfen. Seit er Jana für mich adoptiert hat, kümmert er sich eigentlich immer um sie, wenn ich keine Zeit habe.“ „Er scheint doch nicht so ein schlechter Kerl zu sein, wie ich denke“, murmelte Kai und wandte erschrocken den Kopf, als die Tür aufging. Ein braunhaariger, großer Japaner kam zur Tür herein und musterte ihn einen Moment nachdenklich. Zwei Kinder waren bei ihm, ein kleines Mädchen hatte er auf dem Arm und ein Junge stand neben dem Mann und klammerte sich an die große Hand. Kai sah zu Daniel. „Sag nicht, das ist euer Kindermädchen?“, lachte er, doch Daniel schien ihn nicht zu beachten. Etwas panisch sah Daniel zu Fei. Er hatte etwas wie Erkennen in dessen Blick gesehen, als er hereingekommen war und hoffte aus ganzem Herzen, dass es nicht Kai gegolten hatte. Wenn er ihn wiedererkannte und sich noch irgendwelche dummen Gedanken über die Situation machte, konnte das böse ausgehen, sowohl für Kai als auch für ihn. „Du hast sie schon wieder?“, fragte Daniel, um die Aufmerksamkeit ganz auf sich zu lenken und nahm Jana trotz der ganzen Situation glücklich auf die Arme. Obwohl die letzten Tage so extrem stressig gewesen waren, hatte er sie unglaublich vermisst. Lächelnd strich er Taki über die Haare und wandte sich dann an Kai. „Es wäre nett, wenn du uns allein lassen würdest. Wir finden bestimmt nochmal die Gelegenheit miteinander zu reden“, versuchte er ihn zum Gehen zu bewegen, damit Fei erst gar nicht auf irgendeinen falschen Gedanken kam. „Ja kein Problem, wie sehen uns ja jetzt bestimmt öfter“, meinte Kai mit einem Grinsen und ehe er aus dem Raum gehen konnte, hatte Fei ihn an der Kehle gepackt. „Kai Hahn, nehme ich an“, knurrte er mit tiefer Stimme und sah zufrieden dabei zu, wie Kais Gesicht langsam rot wurde, da er keine Luft bekam. „Wenn du nicht willst, dass ich dich umbringe, dann solltest du dieses Zimmer nie wieder betreten. Mein Bruder“, Kais Augen weiteten sich in dem Moment, als er dies sagte, „würde deine Anwesenheit nicht dulden“, zischte er bedrohlich und ließ Kai frei, als der kurz davor war die Augen aus Atemnot zu verdrehen. Hustend rang Kai nach Luft und hielt sich den Hals, bevor er nickte, Daniel einen unverständlichen Blick zuwarf und dann aus dem Raum verschwand. „Das wird Konsequenzen haben“, zischte Fei Daniel zu, ehe er auf Serdall zuging und sich neben ihn setzte. Er sprach auf Japanisch zu ihm und ließ Daniel so außen vor. Daniel schloss kurz erschöpft die Augen. Warum musste in letzter Zeit nur alles so beschissen laufen? Er traf Kai hier, was schon an sich ein Wunder war. Sie kamen in ein Gespräch, an Serdalls Bett, was wohl wirklich nicht so toll gewesen war nach dem, wie gern sich die beiden berechtigterweise hatten und dann kam auch noch Fei ausgerechnet zu dem Zeitpunkt rein und interpretierte garantiert alles vollkommen falsch. Seufzend ging Daniel aus dem Raum, um Fei und Taki mit Serdall allein zu lassen. Außerdem brauchte er auch kurz ein wenig Zeit mit Jana für sich allein. Sie hatte noch ihre dicke Jacke an und so ging Daniel mit ihr kurz raus an die frische Luft. Jana hatte sich an ihn gekuschelt und die Augen geschlossen. Daniel vermutete, dass sie schlief. Wahrscheinlich hatte sie in der fremden Umgebung, wo immer sie auch gewesen war, nicht allzu viel Schlaf bekommen. Langsam ging er mit ihr eine Runde in dem verlassenen Park. Fei hatte Taki bei sich auf dem Schoß. Dem Neunjährigen liefen Tränen über die Wangen, während er zu Serdall sagte, dass er aufwachen sollte. Fei versicherte ihm, dass er bestimmt bald wieder die Augen aufmachte und nach Haus kommen würde. Als Daniel nach geraumer Zeit zurückkam, hob Fei Taki hoch und beschloss, dass es Zeit für sie war heimzufahren. Kikuchi chauffierte sie und Taki lief glücklich zu Dustin, als sie zuhause waren und ließ sich von seinem Onkel durch die Luft wirbeln. Daniel beschloss, dass es das Beste war, Jana ins Bett zu bringen. So würde er sich noch eine Schonfrist einräumen, bis er erneut mit Fei konfrontiert sein würde. Denn dass er noch eine nette Begegnung mit Fei haben würde, war eigentlich schon klar, nach der Aktion im Krankenhaus. Und leider war Jana immer noch im Halbschlaf, weswegen Daniel schon nach sehr kurzer Zeit wieder auf dem Weg nach unten war. Unbehaglich streckte er den Kopf ins Wohnzimmer, um die Lage zu überprüfen. Fei schien gerade mit dem Laptop beschäftigt zu sein, den er mal wieder mitgebracht hatte, um mit seinen Landsleuten in Kontakt zu bleiben, ohne ständig telefonieren zu müssen. Als ob er spürte, dass er beobachtet würde, sah er auf und Daniel genau in die himmelblauen Augen. Mit dem Zeigefinger bedeutete er Daniel hereinzukommen. Taki war schon hochgegangen, nachdem er berichtete hatte, dass die Pflegefamilie ganz nett gewesen war. Fei klappte den Laptop zu, ehe er aufstand und auf Daniel zuging. „Kai Hahn, hm?“, zischte er nun und er packte Daniel mit der Linken wieder am Kragen. „Das ist dafür, dass du so dreist bist dich mit ihm zu unterhalten, während Serdall bewusstlos danebenliegt“, raunzte er wütend und ein Fausthieb traf Daniel in die Magenkuhle. Er packte Daniel am Kinn und zwang ihn, ihm in sein Gesicht zu sehen. „Du hast nicht einen Funken Respekt, nicht einmal Serdall gegenüber“, klagte Fei ihn an und nun zielte er mit seiner Faust genau in Daniels Gesicht, traf ihn an der Schläfe. Er schubste Daniel zu Boden und sah von oben auf ihn herab. „Serdall trägt dich auf Händen und das soll der Dank sein? Dass du ihn mit diesem Drogentypen erneut betrügst? Dass du ihn verhöhnst, indem du dich neben seinem Krankenbett mit diesem Hahn amüsierst, während er im Koma liegt?“ Daniel wusste nicht, wohin er seine Hände halten sollte, an seinen schmerzenden Bauch oder seinen Kopf. Schwarze Punkte tanzten vor seinen Augen und er blieb stöhnend am Boden liegen. „Ich habe ihn nicht mit Kai betrogen“, erklärte er schwach. „Er kam rein, weil er im Krankenhaus sein Praktikum macht und wir haben uns kurz unterhalten, ja. Hätte ich dafür mit ihm rausgehen sollen?“ Schnell hob und senkte sich Daniels Brust, während er versuchte flach zu atmen, damit die Schmerzen in seinem Magen langsam abebben konnten. Fei verschränkte die Arme und schnaubte verächtlich. „Es wäre besser gewesen. Aber du denkst ja scheinbar nur an dich, oder? Hast du einen Moment daran gedacht, was Serdall dazu sagen würde? Was er denken würde, wenn er in genau dem Moment aufgewacht wäre?“ Kopfschüttelnd setzte sich Fei wieder auf das Sofa vor seinen Laptop. „Ich werde Serdall davon berichten, da kannst du dir sicher sein und ich glaube es wäre besser, du besuchst ihn nicht mehr, bevor du ihn noch respektloser behandelst.“ Jetzt setzte Daniel sich doch aufgebracht auf. „Du hast mir überhaupt nicht zu befehlen, ob ich Serdall besuche oder nicht. Ich werde bestimmt nicht untätig hier herumsitzen.“ „Glaubst du ich sehe tatenlos dabei zu, wie du ihn noch mehr zu Grunde richtest? Du hast ihn schon ins Krankenhaus gebracht, reicht dir das nicht?“, fragte Fei kalt und er ballte eine Hand. Was fand Serdall nur an diesem Mann? Was? Es wurde Fei nun wieder nur unklarer. „Ja, ich habe Serdall ins Krankenhaus gebracht“, zischte Daniel nun und baute sich neben Fei auf. „Das weiß ich auch und du kannst dir gar nicht vorstellen, wie leid mir das tut. Allerdings wäre er garantiert nicht gerade froh darüber, wenn ich die ganze Zeit hier bleibe und nie bei ihm bin, egal was ich getan habe. Du hast doch überhaupt keine Ahnung, was hier los ist. Du kommst und spielst dich gleich als der große Meister auf, der alles überblickt, aber du weißt nichts. Am besten du fliegst einfach zurück nach Japan. Hier kannst du ohnehin nichts mehr machen und deine Mördertruppe braucht dich sicher dringend.“ „Meine Mördertruppe hätte bestimmt Interesse ein kleines Mädchen zu töten und deren ‚Vater‘ gleich mit dazu“, sagte Fei emotionslos und sah Daniel eiskalt in die Augen. „Lehn dich nicht zu weit aus dem Fenster, Daniel“, riet er ihm leise, doch es war eher eine Drohung, in dieser Tonlage. „Tu’s doch. Serdall wäre dir sicher sein Leben lang dankbar“, knurrte Daniel ironisch und wandte sich von Fei ab. Es war mal wieder soweit. Er war stocksauer und in diesem Gemütszustand zu keiner rationalen Handlung mehr fähig. „Wahrscheinlich liegt er aber sein Leben lang im Koma!“, schrie Fei nun total haltlos und seine Hand krachte laut auf den Glastisch. „Das tut er garantiert nicht!“, fauchte Daniel zurück, als er sich auf halbem Weg in die Küche noch einmal umdrehte. Serdall würde wieder aufwachen. Da war er sich hundertprozentig sicher. Schließlich war er nicht so schwer verletzt, also warum sollte er ewig im Koma liegen? Nein, er würde wieder aufwachen. Daniel wandte seine Aufmerksamkeit wieder Fei zu. „Und wenn er wiederkommt wäre er bestimmt nicht sehr glücklich, wenn du unsere Möbel zerdepperst, wo gerade der Flur wieder fertig ist.“ Plötzlich griff Fei nach dem Messer in seine Hosentasche und warf es aufgeklappt nach Daniel. Es landete im Türrahmen, kurz neben Daniels Kopf. „Verschwinde, bevor ich vergesse, dass du noch mit ihm zusammen bist“, knurrte er nun leise und erhob sich. Er ging auf Daniel zu und zog das Messer behände aus dem Türrahmen. Kurz hielt die Spitze gegen Daniels Hals, während sein Blick sich tödlich auf Daniel richtete, bevor sich umdrehte und wieder zurück in den Raum ging. Daniel spürte zwar, wie seine Beine zitterten, allerdings wusste er, dass er Fei noch irgendwas an den Kopf geworfen hätte, wenn der nicht gleich wieder gegangen wäre. Er nutzte die Chance, dass sein Gehirn scheinbar für kurze Zeit wieder zu funktionieren schien und ging aus dem Raum. In der Küche angekommen, die Tür hinter sich geschlossen, schlug Daniel hart mit der Faust gegen die Wand. „Ich hasse ihn“, zischte er wütend und hielt sich leicht seinen noch schmerzenden Bauch. Gab es einen Grund dafür, dass Fei immer gleich so ausrasten musste? Ja verdammt, es ging um seinen Bruder, aber das gab ihm noch lange nicht das Recht, andere Leute zu verletzen. Seufzend setzte Daniel sich an den Küchentisch. Das mit Kai war wirklich eine blöde Aktion gewesen, aber hätte er ihn nach all der Zeit einfach wegschicken sollen? Sie hatten sich so lange nicht gesehen und waren, als sie auseinander gegangen waren, darüber überein gekommen, dass sie sich vielleicht wiedertreffen wollten, wenn Gras über die Sache gewachsen war. Als Freunde, nicht mehr. Warum hatte Kai ausgerechnet zu dem Zeitpunkt kommen müssen? Warum hatte Fei auftauchen müssen? War es tatsächlich so hinterhältig gegenüber Serdall gewesen? Wahrscheinlich schon. Immerhin konnte er Kai noch nie leiden und auch wenn seit der ganzen Sache doch etwas Zeit vergangen war, hatte Daniel ihn gerade wieder betrogen. Es war wohl tatsächlich extrem verletzend für Serdall gewesen, dass Daniel sich neben seinem Krankenbett mit Kai über in letzter Zeit erlebte Dinge austauschte. Vorsichtig schob jemand die Küchentür auf und schloss sie wieder, nachdem er eingetreten war. Dustin ging auf Daniel zu und setzte sich neben ihn. Er strich vorsichtig über die Stirn, an deren Seite ein dunkelroter Fleck war, der sicherlich noch blau werden würde. „Alles okay? Ich hab euch schreien hören“, erklärte er leise, ehe er aufstand und nun für Daniel eine der kalten Kompressen aus dem Kühlschrank holte und vorsichtig gegen dessen Stirn drückte. „Was ist denn los gewesen?“ „Nun, ich glaube Fei musste generelle einfach mal Dampf ablassen“, murmelte Daniel und nickte Dustin dankbar zu, während er sich seinen Schläfenbereich kühlte. „Wobei wohl Auslöser gewesen ist, dass ich im Krankenhaus mit Kai geredet habe.“ „Mit Kai?“, fragte Dustin verwirrt und musste einen Moment überlegen. „Der Drogendealer?“, nahm er an und legte den Kopf schief. „Sag mal, hast du irgendwie dein Glück verkauft, dass jetzt so viel Mist auf einmal passiert?“, murmelte Dustin stöhnend und strich sich durch die blonden Haare. „Und ich hab schon gedacht, dass Fei rausbekommen hat, dass du dich mit mir vergnügt hast.“ „Mit wem ist ihm glaube ich so ziemlich egal. Allein die Tatsache ist schon schlimm genug. Von daher hätte es für ihn glaube ich keinen Unterschied gemacht, ob es jemand anders gewesen wäre. Tja, und alles Glück, das ich hatte, als Serdall mich immer wieder zurückgenommen hat, scheint sich jetzt wirklich in Luft aufgelöst zu haben.“ Traurig lächelte Daniel Dustin an. „Fei will übrigens nicht, dass ich nochmal zu Serdall ins Krankenhaus gehe. Wenn er selbst da ist, habe ich wohl auch keine Chance, aber ich werde es auf jeden Fall versuchen, wenn er nicht dort Wache steht.“ Dustin seufzte abgrundtief und wischte sich mit einer Hand übers Gesicht. „Du gehst morgen zu Serdall und ich lenke Fei hab. Ich frag ihn mal, ob er es hinbekommen kann, dass Serdall wegen diesem Unfall nicht seinen Führerschein verliert. Fei wird sich dann hoffentlich damit ein wenig beschäftigen“, grummelte er und strich mit einer Hand über Daniels rasierten Kopf. „Nun, die Frage ist ob es überhaupt etwas bringt, wenn ich bei Serdall bin. Willst du Fei jetzt jeden Tag solange er hierbleibt mit irgendwas beschäftigen? Außerdem will Serdall vielleicht gar nicht, dass ich bei ihm bin. Wer weiß“, nuschelte Daniel. Sein Selbstvertrauen war in den letzten Tagen so ziemlich gegen null gesunken. „Glaub mir, er wird dich sehen wollen“, hielt Dustin überzeugt dagegen. „Er liebt dich und ich wette mit dir, dass dieser Unfall seiner Liebe keinen Abbruch getan hat. Egal, erst mal muss er aufwachen, nicht?“, seufzet Dustin mit den Nerven am Ende. „Ich bin so froh, dass Taki und Jana wieder hier sind. Wenigstens dafür können wir Fei dankbar sein.“ „Ja“, erwiderte Daniel leise. „Ich frage mich nur, mit welchen Methoden er das erreicht hat. Es ist nämlich ans Tageslicht gekommen, dass Serdall Jana mit nicht ganz legalen Methoden adoptiert hat. Wahrscheinlich ging es deswegen alles so schnell. Ich mache mir ein wenig Sorgen, weil Fei wohl irgendwas mit den Kindern der Sozialarbeiterin vorgehabt hatte. Ich weiß es auch nicht genau und ob diese Lösung überhaupt notwendig war.“ „Ist doch egal, oder? Hauptsache du hast Jana wieder. Stell dir vor, sie hätten sie dir für immer weggenommen“, meinte Dustin und seufzte. Er war einfach viel zu sehr daran gewöhnt, dass eben bei Serdall nichts normal ablief, dass er eben nicht wie ein Normalsterblicher seine Dinge regelte und es immer irgendwie ein wenig kriminell war. „Ist Yoshiko eigentlich immer noch bei Robin?“, fragte Dustin. Seit ein paar Tagen vermisste er die junge Japanerin nun schon in diesem Haus. Scheinbar hatte ihr Freund gerade Urlaub von seiner Botschaftsarbeit. „Ja, ich glaube die beiden machen etwas wie vorgezogene Flitterwochen“, grinste Daniel jetzt leicht amüsiert. „Wenn du mich fragst ist Robin so in sie verschossen, dass er ihr sowieso bald einen Antrag machen wird und Yoshiko wird garantiert nicht nein sagen. Dann ist das Haus hier wieder etwas leerer und wir müssen für uns selbst kochen, nach so langer Zeit.“ Daniels Lächeln fiel ein wenig in sich zusammen. Vielleicht würde es noch leerer werden, wenn Serdall tatsächlich gemeint hatte, was er im betrunkenen Zustand gesagt hatte. Dass er sich wünschte, sie hätten sich nie kennengelernt. Und wenn Fei noch seinen Beitrag dazu leistete… Dustin stöhnte frustriert. „Ehrlich, Yoshiko ist die beste Köchin, die ich kenne. Ich möchte nicht, dass sie auszieht“, gestand er mit einem Grinsen. Wenn sie weg wär, würde wieder diese wöchentliche Kochabwechslung zwischen ihnen stattfinden und Dustin könnte sich besseres vorstellen, als stundenlang in der Küche zu stehen. „Hoffentlich überstürzt Robin das mit dem Heiraten nicht allzu bald.“ „Du willst sie also hierbehalten, damit sie dir dein Essen kocht?“, fragte Daniel schnaubend. „Du bist alle drei Wochen mal dran gewesen und Ethan und ich kochen ja wohl auch nicht gerade schlecht.“ Dustin rollte mit den Augen. „Ja, aber das was sie kocht ist eben eine Spur besser“, murrte Dustin. „Das musst selbst du ihr zugestehen.“ Außerdem hatte er keine Lust mehr, die Küchenfee zu spielen. „Du hast doch das Geld, oder? An der Reitling verdienst du klasse, du musst nichts für die Wohnung hier bezahlen und nicht für die Lebensmittel. Ausgaben hast du nur für persönliche Vergnügungssachen. Also bestell doch einfach jeden Tag was, wenn du mit kochen dran bist oder wenn du unser Essen nicht mehr aushältst“, zischte Daniel. Er war irgendwie schlecht drauf. Wahrscheinlich durch den ganzen Stress mit Fei und weil in letzter Zeit einfach alles total beschissen lief. „Es ist wohl besser wenn ich wieder hochgehe, bevor wir uns jetzt auch noch streiten“, murrte Dustin. „Ich verstehe, dass du mies drauf bist, aber lass das bitte nicht an mir aus, okay?“, meinte er leise und strich Daniel mitleidig über den Kopf. Er hoffte wirklich, dass Serdall bald wieder aufwachte und sich mit Daniel versöhnte. Dustin wollte einfach ihr normal-chaotisches Leben wieder und nicht diesen ganzen Stress haben. „Entschuldige“, seufzte Daniel. Dustin konnte echt nichts für seine ganze Situation. Gut, er hatte mit ihm geschlafen, aber daran waren sie beide zu gleichen Teilen schuld. Er stand ebenfalls auf und ging zur Tür. Fei würde wohl bei Yoshiko schlafen, trotzdem würde Daniel wieder nach oben gehen, um so nah wie möglich bei Jana und Taki zu sein. Dustin sah Daniel etwas mitleidig hinterher, als der schwerfellig die Stufen in die dritte Etage nahm. „Gute Nacht!“, rief Dustin ihm noch hinterher, was Daniel nur leise erwiderte. Daniel tat ihm so schrecklich leid. Wie konnte man nur so viel Pech haben? Und wie konnte man so viel auf einmal falsch machen? Seufzend strich sich Dustin über den Nacken, ehe er in sein Zimmer ging. Er lächelte schief, als er Ethan betrachtete, der halbnackt auf dem Bett lag und in einem Fotobuch blätterte. Er ging auf ihn zu und krabbelte über ihn, um in sanften Strichen seine Schultern zu massieren, während er sich auf dessen Po niederließ. In Gedanken war er bei Daniel und Serdall. Was war, wenn Serdall wieder aufwachte? Wie würde er reagieren? Dustin seufzte erneut leise. Er betete, dass das alles noch gut ging. So schlecht wie jetzt hatte es noch nie zwischen den beiden gestanden. Daniel schob sich unter die Decke, nachdem er sich fertig gemacht hatte. Irgendwie fiel ihm erst jetzt auf, wie groß das Bett überhaupt war. Mit Serdall hatte es eine sehr gemütliche und bequeme Größe, aber ganz allein schien es einfach riesig. Seufzend schloss er die Augen und versuchte seine Gedanken abzuschalten. Er wollte nicht daran denken, ob Serdall ihn hier überhaupt noch in diesen Bett haben wollte und wie es ihm überhaupt gerade im Krankenhaus ging, ob er die Sachen um sich herum mitbekam oder nicht. Leise klopfte es am Rahmen der Schlafzimmertür. Daniel hatte sie offen gelassen, damit er Jana besser hören konnte, wenn sie anfangen sollte zu weinen oder nach ihm zu rufen und das Babyfon eventuell den Geist aufgab. In letzter Zeit hatte sie öfter mal schlechte Träume. „Dan?“, fragte Taki im Flüsterton und Daniel erkannte seine Silhouette im schwachen Schein der Straßenlaternen. „Kann ich bei dir schlafen?“ „Klar“, kam die spontane Antwort und Daniel klappte Serdalls Bettdecke zur Seite. Taki kletterte ins Bett und klammerte sich an ihn. Daniel war froh, dass der Kleine da war. So war er zumindest heute nicht ganz allein. Gestern bei Ethan war es schon schlimm genug gewesen, aber da war das Bett auch nicht so groß. Für Taki musste es aber auch extrem schlimm sein, seinen Vater im Krankenhaus zu wissen, die Gründe nicht wirklich zu kennen und mit der Angst zu leben, dass vielleicht nicht alles wieder gut wurde. Daniel seufzte. Es würde aber alles wieder in Ordnung kommen. Bestimmt. „Gute Nacht, Krabbe“, murmelte Daniel leise und schloss etwas ruhiger die Augen. „Hatte ich dir nicht gesagt, dass du hier nichts mehr zu suchen hast?“, knurrte Fei, als er Serdalls Krankenzimmer betrat und die Tür hinter sich geschlossen hatte. „Verschwinde.“ Daniel sah von der Bettdecke auf, wo er aus langsam einkehrender Langeweile die Fussel gezählt hatte, und sah wütend zu Fei. „Und ich hatte dir gesagt, dass du mich nicht davon abhalten kannst, Serdall zu besuchen? Zumindest bis zum offiziellen Ende unserer Beziehung bin ich immer noch sein Freund und als solcher werde ich ihn bestimmt nicht hier allein lassen.“ In Gedanken verfluchte er Dustin, dass er Fei nicht länger aufgehalten oder ihn wenigstens gewarnt hatte, dass er kommen würde. „Du kannst dir doch an fünf Fingern abzählen, dass Serdall jetzt wohl ziemlich genug von dir haben muss! Besonders wenn ich ihm von Kai berichte!“, rief Fei aufgebracht und packte Daniel am Kragen, um ihn vom Stuhl hochzuziehen und in Richtung Tür zu schleifen. „Du hast kein Recht mehr hier zu sein! Ich lasse nicht zu, dass du ihn noch mehr verletzt. Du hast deine Chance gehabt. Du hast sie nun endgültig verspielt.“ „Nur weil du andere Ansichten hast was Serdalls Willen betrifft als ich, hast du noch lange kein Recht, über mich zu bestimmen“, raunzte Daniel und stemmte sich gegen Feis Griff. „Außerdem habe ich dir schon einmal gesagt, dass mit Kai nichts war. Ich habe nicht mit ihm geschlafen noch sonst irgendwas, sondern einfach bloß hier ein paar Worte gewechselt. Willst du mir jetzt sogar den Mund verbieten und bestimmen, mit wem ich mich abgeben darf und mit wem nicht?“ „Nein, aber ich will, dass du Serdall endlich in Ruhe lässt, verstanden? Es geht hier nicht immer nach deiner Nase“, fauchte Fei und ruckte kräftig an Daniels Pullover, sodass Daniel fast das Gleichgewicht verlor. „Lass ihn los, Fei“, kam eine heisere leise Stimme vom anderen Ende des Zimmers. Serdall fasste sich mit seiner linken Hand an die Stirn und stöhnte schmerzhaft auf. Daniel stieß Fei kraftvoll von sich, sodass man das Reißen seines Pullovers hörte, da Fei seine Hand noch immer am Kragen gehabt hatte. Schnell ließ sich Daniel an Serdalls Bett nieder und griff nach dessen Hand. Sein Herz schien vor Erleichterung und Aufregung fast aus seiner Brust zu springen und er konnte sich ein dummes Grinsen nicht verkneifen. „Hey“, meinte er leise. „Wie geht es dir?“ Serdall stöhnte wieder leise, als er versuchte sich etwas aufzusetzen. „Ich fühle mich, als ob man mich halb tot geschlagen hätte“, gab er leise zu. „Scheiße, was ist denn passiert?“, fragte er leise und seufzte bei der Berührung ihrer beider Hände. Serdall sah sich etwas unsicher im Raum um. Er war scheinbar im Krankenhaus. „Uh“, machte Serdall. Er erinnerte sich dunkel daran, wie er von der Straße abgekommen war und dann kam eine Weile gar nichts mehr. Er hatte sich mit Daniel vorher gestritten gehabt, das wusste er noch, aber eben nicht genau, warum er jetzt hier lag. Serdalls Augen weiteten sich im Schock, als er das Gewicht an seinem rechten Arm bemerkte. „Oh mein Gott“, hauchte er fassungslos. Wie sollte er damit vernünftig spielen? „Ist nicht so schlimm“, versicherte Daniel optimistisch, als er Serdalls Blickrichtung wahr nahm. „Wenn der Gips erst mal ab ist, wirst du wieder deine Geige richtig spielen können und hier im Krankenhaus stört es wohl ohnehin. Und da du noch ein paar Tage hier bleiben wirst, brauchst du dir darüber eigentlich keine Gedanken zu machen. Du kannst froh sein, dass du nach dem Unfall überhaupt so glimpflich davongekommen bist. Dir hätte was weiß ich was passieren können. Mach das nie wieder, hörst du?“ Serdall wollte etwas sagen, doch Fei kam ihn zuvor. „Er wäre noch glimpflicher davongekommen, wenn du ihn nicht betrogen hättest. Es ist schließlich deine Schuld, dass das passiert ist“, knurrte Fei laut, was Serdall schmerzhaft keuchen ließ. „Serdall, du hast vier Tage im Koma gelegen. Selbst da hat sich dein Freund“, er spuckte dieses Wort regelrecht aus, „nicht davor gescheut, mit Kai Hahn hier neben die zu sitzen und einen netten Plausch zu halten.“ Serdalls verletzter Blick traf Daniel, bevor der Violinist gepeinigt die Augen schloss. In ihm kam die ganze Geschichte wieder hoch. Die Sache mit Dustin, die mit Kai und auch die Worte, die Daniel ihn am Abend vor seinem Unfall an den Kopf geworfen hatte. Gerade jetzt wünschte er sich, er würde weiter im Koma liegen. Er tastete mit der Hand an der Seite des Bettes entlang und drückte den Klingelknopf, der eine Schwester rufen würde. „Es gibt nichts mehr zwischen Kai und mir, was irgendwen in diesem Raum auch nur in irgendeiner Weise beunruhigen müsste“, zischte Daniel, der durch seine Wut Serdalls verletzte Blicke nicht bemerkt hatte. „Außerdem habe ich ihn nicht eingeladen, sondern er ist zufällig vorbeigekommen. Wir haben gerade mal wenige Sätze miteinander geredet, da hast du ihn ja auch schon hinauskomplimentiert.“ Eine Schwester kam in den Raum und bevor Fei nun wieder zur Gegenrede ansetzen konnte, ging Serdall mit etwas brüchiger Stimme dazwischen. „Entschuldigen Sie, wären Sie bitte so freundlich den beiden Herren die Tür zu zeigen? Sie regen mich auf. Und ich würde gern mit der Ärztin sprechen“, meinte er zu der weißgekleideten, etwas pummeligen Frau, die böse Blicke auf Daniel und Fei warf. „Natürlich, Herr Agamie. Sie brauchen Ruhe, gerade jetzt, wo Sie wieder aufgewacht sind“, erwiderte die Frau und wies die beiden anderen Männer aus dem Raum. Sie schloss dir Tür hinter den beiden und kam auf Serdall zu. Sie schüttelte dessen Kissen leicht auf und stellte das Bett so ein, dass Serdall etwas aufrechter sitzen konnte. Wenig später kam die Ärztin hinzu, die Dustin und Daniel am Unfallabend alles erklärt hatte. Serdall musterte sie lächelnd. Blonde lange Haare waren streng in einem Zopf aus dem Gesicht gehalten, doch einige Strähnen hatten sich trotzdem in ihr hübsches Gesicht verirrt. „Hallo, Herr Agamie, wie geht es Ihnen denn?“, fragte sie mit melodischer Stimme und Serdall atmete einmal tief durch. Endlich jemand, der nicht vor seiner Nase stritt und herumschrie. „Es geht. Ich fühle mich zwar ziemlich überfahren und mein Kopf schmerzt bestialisch, aber viel mehr interessiert es mich, wie schlimm es um meinen rechten Arm steht. Wann kann der Gips ab?“ Frau Doktor Kamp lachte leise. „Es ist ein glatter Durchbruch, Herr Agamie. Der Gips darf erst in drei Wochen wieder ab. Sie haben Angst um ihr Geigenspiel, nicht?“, fragte sie lächelnd. „Ich kenne Sie und bin sehr geehrt, Sie nun auch persönlich kennenzulernen“, meinte sie ehrlich und notierte etwas auf ihrem Klemmbrett, das sie bei sich trug. „Ich verschreibe Ihnen ein paar Schmerztabletten. Der Kopfschmerz kommt von ihrer Platzwunde am Hinterkopf. Ansonsten brauchen Sie viel Ruhe und machen Sie sich keine Sorgen wegen Ihrer Geige. Das wird Sie nicht beim Spielen beeinträchtigen, oder?“ Serdall zuckte etwas ratlos mit den Schultern. „Ich muss es probieren, aber es wird eine Umstellung sein“, meinte er leise und seufzte. Die Ärztin war viel zu freundlich zu ihm. „Nun, Herr Agamie, Sie haben Glück gehabt. Insgesamt werden Sie schnell wieder auf den Beinen sein“, erklärte sie mit einem netten Zwinkern, ehe sie die Schwester noch anwies, Serdall die Schmerztabletten zu geben und dann den Raum verließ. „Warten Sie“, rief Serdall zur Krankenschwester, die der Ärztin nun folgen wollte. „Würden Sie bitte Daniel Erhard wieder hereinschicken?“, meinte er leise und die Frau nickte, ehe sie herausging. Daniel hatte währenddessen seinen angefangen Streit mit Fei draußen im Flur fortgesetzt. „Was soll das?“, fauchte er ihn an. „Willst du mich jetzt vor Serdall noch schlechter machen oder wie? Haben wir das nicht schon einmal hinter uns? Ich dachte, dass wenigstens einer von uns beiden aus seinen Fehlern lernen würde, aber scheinbar bist du in diesem Aspekt nicht viel besser als ich.“ „Ja, ich lerne aus meinen Fehlern“, rief Fei nun. „Und ich glaube langsam wirklich, dass er ohne dich erheblich besser dran wäre. Niemand in seinem Leben hat ihn je so verletzt wie du und das ist eine Leistung, auf die man nicht stolz sein kann“, knurrte Fei und packte Daniel wieder am Hals, obwohl sie mitten im Flur standen. „Ich weiß das, verdammt nochmal“, würgte Daniel hervor und versuchte Feis Griff etwas zu lockern, was ihm selbst mit zwei Händen nicht gelang. „Wenn Serdall es will, ziehe ich gleich aus wenn er zurückkommt, aber bislang hat er mich gebeten zu bleiben. Und selbst wenn er unsere Beziehung beendet, will ich wenigstens wissen wie es ihm geht, weil ich ihn nun mal liebe.“ Verzweiflung schwang in Daniels Stimme mit und er versuchte sich erneut von Fei loszumachen. „Deine Liebe ist nicht sehr viel Wert, wenn sie Serdall in den Ruin treibt“, fauchte Fei und drückte fester zu. „Ehem“, räusperte sich die pummelige kleine Krankenschwester und blitzte Fei wütend an. „Wenn Sie nicht wollen, dass ich die Polizei rufe, dann lassen Sie den jungen Herrn jetzt besser los.“ Sie wartete mit in die Hüften gestemmten Fäusten darauf, dass Fei nachgab. „Gut“, meinte sie, als der junge Mann wieder befreit war. „Wer von Ihnen ist Daniel Erhard?“, fragte sie mit hochgezogener Augenbraue. Der junge Mann hob atemlos die Hand und rieb sich den Hals. „Herr Agamie möchte, dass Sie zu ihm kommen.“ Daniel konnte es sich nicht verkneifen, einen triumphierenden Blick in Richtung Fei zu werfen und folgte der Krankenschwester zurück ins Zimmer. Sobald er allerdings eingetreten war, wich das euphorische einem beklemmendem Gefühl. Was wollte Serdall wohl von ihm? Ihren Streit weiterführen? Beziehungsweise die Argumentation des Streits? Ihm sagen, dass es tatsächlich aus war? Unbehaglich hielt Daniel mitten im Zimmer. Serdall sah erst eine Weile nur aus dem Fenster, vor dem es nur trist regnete. Kurz folgte er einem Wassertropfen, wie er an der Glasscheibe herunter perlte, ehe er den Kopf zu Daniel wandte und schmal lächelte. „Steh doch nicht so rum, bisher beiße ich nicht“, murmelte er und wartet darauf, dass Daniel sich zu ihm setzte. „Sind Taki und Jana schon wieder daheim?“, fragte er besorgt. „Ja, Fei hat sie gestern geholt. Die beiden waren auch schon hier bei dir. Verständlicherweise ist Taki ziemlich fertig. Ich habe ihn trotzdem in die Schule geschickt, damit er auf andere Gedanken kommt“, antwortete Daniel immer noch leicht unbehaglich. Serdall nickte erleichtert, ehe er Daniel mit einem ernsten Blick ins Auge fasste. Er wusste nicht, wie er mit Daniel reden sollte und wenn, mit was er anfangen sollte. Da war plötzlich so viel, was mit einem Mal zwischen ihnen zu stehen schien. Serdall seufzte leise. Daniel sah übermüdet aus und schien die letzten Tage wohl eine harte Zeit gehabt zu haben. An seiner Stirn prangte ein Bluterguss und Serdall ahnte, wer ihm den verpasst hatte. Eine bedrückende Stille entstand, die Serdall unerträglich erschien. Was war nur zwischen ihnen los? Warum fühlte er sich gerade nur so weit entfernt von Daniel? Serdall dachte daran, was Daniel getan hatte. Er war von ihm betrogen worden und plötzlich tauchte auch noch Kai wieder auf, wenn er Fei richtig verstanden hatte. Serdall versuchte es zu unterdrücken, aber Tränen bildeten sich in seinen Augenwinkeln. Schnell wandte er sein Gesicht ab und rieb sich über die Augen. Plötzlich schienen alle alten Wunden aufgerissen zu sein, alles von der Zeit, in der Daniel Drogen genommen und mit Kai geschlafen hatte, während Fei ihn im Haus festhielt. „Mein Wagen ist hin, oder?“, fragte er leise und mit tränenerstickter Stimme, nur damit Daniel ihn nicht weiter so anstarrte und schwieg. „Sei froh, dass sie dich noch rauskratzen konnten. Der Wagen ist ja wohl das geringste Problem“, murrte Daniel und rutschte dann ein Stück näher an Serdall heran. Natürlich hatte er gemerkt, dass es ihm gerade ziemlich mies ging. Woran es genau lag, konnte Daniel nicht sagen. Es gab momentan so viele Sachen, die sich negativ auf Serdalls Gemütszustand auswirken könnten. Vorsichtig strich Daniel ihm über die Wange. „Wenn du möchtest, fahre ich nachhause und hole Taki her. Die Schule ist schon länger aus und er wird sicher unglaublich froh sein, dich wach zu sehen.“ Einen Moment wünschte sich Serdall, dass man ihn nicht mehr hätte retten können, dass er besser bei diesem Unfall gestorben wäre. Alles wäre besser gewesen als die Realität, in der er jetzt leben musste, wo Daniel es mit Dustin getan hatte, nur weil er eine Nacht nicht daheim war. Trotz seiner Gedanken schloss er plötzlich die Arme um Daniel und zog ihn eng gegen sich. Verdammt, er liebte Daniel und diese Gefühle konnte er nicht einfach abstellen. Gerade jetzt sehnte er sich nach seinen Berührungen, weil er sich so verdammt dumm und hilflos vorkam. Er begann leicht zu zittern und klammerte sich noch fester an Daniel. Bilder von seinem Unfall rasten ihm plötzlich durch den Kopf und machten diese ganze Situation noch schlimmer. Ruhig blieb Daniel auf Serdall liegen. Es tat gut, ihn zu fühlen, obwohl er sich ziemlich sicher war, dass er nur aus seinem Schockzustand heraus so handelte. Garantiert war es ganz schon beängstigend und überfordernd, aus dem Koma aufzuwachen und all die Dinge auf sich einstürzen zu spüren. Vor allem da in Serdalls Leben in so kurzer Zeit so extrem viel passiert war. Konstant fuhr Daniel ihm über die teils bandagierten Haare, die Wange, den Hals, immer wieder in denselben Abständen. Nur langsam beruhigte sich Serdall und auch nur durch Daniels Nähe, die ihn gerade einlullte. Serdall ließ Daniel nicht los, hielt seine Stirn immer noch in Daniels Halsbeuge und versuchte tief Daniels Duft einzuatmen. Serdall murmelte etwas Unverständliches, bevor er Daniel ein paar Zentimeter von sich schob, um ihn in die himmelblauen Augen zu sehen. Er biss sich auf die Unterlippe, während er Daniel musterte. „Du wartest darauf, dass ich mit dir Schluss mache, oder?“, fragte er leise. Er sah es ihm an. Dieser Gesichtsausdruck hatte Daniel nur, wenn er sich mit etwas abgefunden hatte und das war das Einzige, was Serdall jetzt einfiel. „Es wäre die logische Schlussfolgerung, ja“, antwortete Daniel traurig. „Unsere Beziehung stand schon so oft wegen irgendwelchen dummen Fehlern von mir vor dem Aus. Du kannst mir nicht jedes Mal verzeihen und gerade jetzt, nachdem du wegen mir diesen Unfall hattest und nachdem, was du zu mir gesagt hast, als du betrunken warst und dir keine Gedanken darüber gemacht hast, ob es dich oder mich verletzt, ist es zu erwarten und wohl der günstigste Zeitpunkt, die Sache zu beenden, ohne dir zu sehr wehzutun.“ Wehmütig lächelnd fuhr Daniel mit seinen Fingern weiterhin seine Wege. Serdall unterdrückte die Tränen, die sich erneut Bahn brechen wollten. Er rieb sich noch einmal über die schon rotgerandeten Augen und sah Daniel ungläubig an. „Ohne mir zu sehr wehzutun? Daniel, allein der Gedanke, mich von dir zu trennen, tut mehr weh als meine ganzen Verletzungen, als die Tatsache, dass du mich betrogen hast. Wenn…“ Serdall holte tief Luft, schluckte einmal kräftig, ehe er Daniel direkt in die Augen sah. „Wenn es bedeutet, dass du ab und zu mit einem Anderen schlafen musst, damit wir zusammenbleiben können, dann… dann ist es okay. Solange du mich trotzdem liebst, dulde ich das eben.“ Das war die einzige Lösung, die er fand, bei der er Daniel nicht verlieren würde. Er war sich einfach sicher, dass er nicht mehr von Daniel wegkam. Wenn sie sich diesmal trennen würden, war es das Aus für ihn und das konnte er nicht zulassen. Ungläubig und geschockt starrte Daniel seinen Freund an. „Sag mal, hast du sie noch alle?“, rief er aufgebracht, fast hysterisch. „Meinst du ich bin dann glücklich, wenn ich weiß, dass ich dich mit jedem Typen, von dem ich mich ficken lassen würde, ein klein wenig mehr zerstöre? Mal davon abgesehen, dass ich gar nicht das Bedürfnis hätte, das zu tun. Meinst du, ich habe das die letzten Male freiwillig gemacht?“ Daniel stockte kurz. „Gut, vielleicht war es bei Dustin aus ganz eigener Motivation, aber David und Kai waren mit was anderem verbunden und das weißt du. Ich habe das nie geplant, ich könnte das auch nie planen. Allein jetzt würde ich für jede dieser beschissenen Aktionen am liebsten selbst irgendeinen Abhang hinunterfahren und du denkst echt, dass ich mich auf diesen bescheuerten Vorschlag einlasse?“ „Grandios“, zischte nun Serdall wütend und stieß Daniel vor die Brust, um ihn von sich zu schubsen. Das war Daniels Antwort? Er überwand sich hier und Daniel fragte ihn, ob er noch ganz dicht war? „Du willst nicht, dass ich dir verzeihe und diesen Vorschlag nimmst du auch nicht an!“ Serdall keuchte unterdrückt und biss sich hart auf die Lippe, während in ihm alles nahezu zusammenbrach. Es fühlte sich so an, als ob ihm jemand gerade das Herz rausriss und genau derjenige saß vor ihm. „Dann geh. Anscheinend ist für dich diese Beziehung sowieso nicht mehr zu retten“, meinte er heiser und senkte den Blick. „Ich will dich doch einfach nicht verlieren“, flüsterte er und rieb sich über die erneut nassen Augen. „Verdammt“, seufzte Daniel und fuhr sich über seine rasierten Kopf, auf dem schon wieder die ersten Stoppeln zu spüren waren. Er war nicht derjenige, der normalerweise tröstete, auch wenn das hier kein richtiges Trösten war. Trotzdem griff er sich nachdrücklich Serdalls Gesicht und drehte dessen Kopf so, dass er ihn ansehen musste. Die Tränen, die er in den blaugrünen Augen sah, brachen ihm fast das Herz. „Wie kannst du nur glauben, dass ich dich verlieren oder diese Beziehung beenden will?“, wollte er mit leicht erstickter Stimme wissen. „Wie kannst du auch nur einen Moment daran glauben, dass ich diese Beziehung auf Untreue aufbauen will? Auch wenn du mir gerade eine offene Beziehung angeboten hast und es keine Untreue mehr geben würde, ist das trotzdem nicht meine Vorstellung einer Partnerschaft. Ich weiß, ich bin der Letzte, der so reden sollte nach all dem, was ich mir schon geleistet habe, trotzdem möchte ich das nicht, verstehst du?“ Serdalls Lippen verzogen sich zu einem schmalen Strich. Er schwieg einen Moment, schien kurz nachzudenken und sich zu sammeln. „Dann sag mir, was du möchtest. Ich weiß nämlich langsam nicht mehr weiter“, zischte er und er blinzelte ein paar Mal, um wieder klar zu sehen, da durch die Tränen seine Sicht verschwamm. „Soll ich etwa mit einer Frau schlafen, nur damit wir quitt sind? Oder willst du dir vielleicht ein Auge ausstechen, damit du dir merkst, dass du nicht fremdgehen darfst? Noch irgendwelche schwachsinnigen Ideen, die ich hier nachreihen könnte?“, knurrte er leise und seine linke legte sich auf Daniels rechte Hand, die an Serdalls Wange ruhte. „Was ich will?“, murmelte Daniel und ignorierte für den Moment Serdalls Vorschläge. „Ich will, dass wir wieder eine normale Beziehung führen, uns nie wieder streiten und friedlich mit den Hunden, den Kindern und unseren anderen Mitbewohnern zusammenleben können. Ich will, dass ich endlich und ein für alle Mal meine Triebe unter Kontrolle habe und dich nie wieder hintergehe, damit ich sowohl dir als auch mir jeden Schmerz erspare. Ich will, dass du schnell wieder hier rauskommst und nenne mich masochistisch aber ich will auch irgendeine Strafe für den ganzen Trubel in den letzten Tagen, damit meine Schuldgefühle vielleicht ein wenig abflauen und ich nochmal einen richtigen Dämpfer bekomme.“ Serdall schloss entnervt die Augen. Eine Strafe? Waren sie denn im Mittelalter oder wie? Himmel, Serdall würde ihn doch nicht bestrafen können… Er betrachtete Daniels Gesicht und seufzte dann leise. Es war Daniel verdammt ernst und bevor er diese Strafe nicht bekam, würde ihre Beziehung wohl nicht richtig intakt sein und Daniel sich immer schlecht fühlen. „In Ordnung, ich überlege mir etwas“, seufzte er leise und seine Finger umschlossen Daniels Handgelenk. Während er sich zurück in die Kissen gleiten ließ, zog er Daniel mit sich. „Können wir uns trotzdem schon einmal küssen“, fragte er leise und seine Hand wanderte in Daniels Nacken, um seinen Kopf näher zu ziehen, sodass ihre Münder nur noch Zentimeter trennten. „Wenn dein Bruder draußen steht und uns zusieht oder zufällig reinkommt, bin ich tot“, hauchte Daniel, wobei er sich noch ein Stück weiter nach unten lehnte, sodass seine Lippen Serdalls leicht streiften. Er konnte es gar nicht glauben, dass Serdall ihm schon wieder verzieh. Er fragte sich, ob er es überhaut verdient hatte, diese erneute Chance zu bekommen. Würde er nicht wieder alles kaputt machen? Hatte er sich nicht jedes Mal wieder geschworen, nie wieder etwas zu tun, das Serdall verletzte? Und trotzdem war es immer wieder ausgeartet. Dieses Mal nicht, beschloss Daniel für sich. Ehe er nochmal sowas tat schmiss er sich die nächste Brücke herunter. Oder danach, wenn er sich nicht beherrschen konnte. „Ich werde ihm schon erklären, dass er dich in Ruhe zu lassen hat“, murmelte Serdall und seine Augen blitzten im nächsten Moment. „Und wenn er dich noch einmal schlägt oder anfasst, dann bring ich ihn um“, knurrte er und strich leicht über den rot-blauen Fleck an Daniels Stirn. Bevor Daniel etwas erwidern konnte, presste Serdall seine Lippen auf Daniels. Von Beginn an war dieser Kuss innig, fast sofort trafen sich ihre Zungen und lieferten sich einen heißen Kampf, der nur allzu gut verdeutlichte, wie sehr sie beide sich vermisst hatten. Stöhnend schlang Daniel seine Arme um Serdall, während ihm die Augen zufielen. Wie hatte er nur jemals all das aufs Spiel setzen können? Warum tat er es immer wieder? Serdall war sein Leben. Jeder Tag ohne ihn war einfach nur verschwendet, das hatte er während ihrer Trennung gesehen und auch während der Zeit, in der Serdall weg war, um Geige zu spielen. In plötzlicher Erinnerung riss Daniel die Augen auf und löste sich von Serdall. „Übrigens haben die Leute vom Wettbewerb angerufen“, grinste er. Serdall seufzte frustriert. Warum hatte Daniel nur immer diese Anwandlung, alles immer plötzlich erzählen zu müssen, sobald es ihm einfiel? „Hätte das jetzt nicht warten können?“, murmelte Serdall und lehnte sich wieder vor, um kleine Küsse auf Daniels Lippen zu hauchen. „Das find ich gerad wichtiger“, seufzte er leise und seine Zunge tanzte über Daniels Oberlippe. „Vielleicht“, nuschelte Daniel undeutlich zwischen den vielen Küssen. „Aber erstens kann ich mit vollem Mund nicht sprechen und zweitens schien der Wettbewerb sogar so wichtig gewesen zu sein, dass du mich ganz allein zuhause gelassen hast. Also hör mir jetzt zwanzig Sekunden zu.“ Stöhnend ließ sich Serdall zurückfallen und sah Daniel auffordernd an. „Na gut. Schieß los, Prinzesschen“, murrte Serdall während sich seine linke Hand schon zu Daniels Bauch begab und unter den Pullover schlüpfte, um sanft über die warme Haut zu streichen. „Ich muss dir nicht sagen, dass du gewonnen hast“, meinte Daniel gespielt gleichgültig. „Ich dachte nur, dass es dich vielleicht interessieren würde. Wobei dich wohl eher interessiert, dass schon ein nächster Wettbewerb für dich geplant ist und ein paar Auftritte, insofern du dafür bereit bist. Eigentlich war das zeitlich gemeint, aber ich glaube, jetzt müssen wir das auch auf deinen körperlichen Zustand beziehen“, überlegte Daniel mit zusammengezogenen Augenbrauen. Serdalls Hand wanderte tiefer und schickte ihm eine Gänsehaut über den Rücken. „Und mein körperlicher Zustand ändert sich auch gleich“, murmelte Daniel. „Gut, denn ich habe sowieso erst mal nicht vor, dich allein zu lassen“, summte Serdall mit einem Lächeln, während seine Hand an Daniels Innenschenkel entlang strich. „Und eigentlich habe ich ja den Wettbewerb nur für dich gewonnen“, seufzte Serdall, ehe er sich wieder vorlehnte, um Daniel tief zu küssen. Ein Räuspern drang plötzlich von der Tür und Fei sah sie missbilligend an, während er die Tür hinter sich schloss. „Also hat er dich doch wieder um den Finger gewickelt, diese kleine, untreue Ratte“, zischte er und verschränkte die Arme. „Fei, halt dich bitte aus meinem Liebesleben raus, okay? Immerhin ist es meine Entscheidung, was ich tue“, erwiderte Serdall und strich Daniel schief lächelnd über die Wange, ehe er sich wieder zurücklegte. „Liebesleben? Das ich nicht lache. Wie wäre es, wenn du ihn endlich einfach fallen lässt, bevor er dich noch so sehr verletzt, dass du dich nicht mehr davon rehabilitierst.“ Serdall rollte mit den Augen. „Wie wäre es, wenn du dafür sorgst, dass man mir die Papiere bringt, die ich unterschreiben muss, damit ich hier gleich raus kann!“ „Nein“, knurrte Daniel entschieden. „Du bist gerade aus dem Koma aufgewacht, falls es dir schon nicht mehr bewusst ist. Außerdem hast du noch eine Platzwunde am Kopf, eine schwere Gehirnerschütterung, ein Schleudertrauma und gebrochene Gliedmaßen. Wenn du es wagen solltest, dich viel zu früh zu entlassen, weil du dich ohnehin irgendwann selbst entlassen wirst, dann trete ich deinen Arsch wieder vor die Tür, hast du mich verstanden?“ „Ich will hier aber nicht bleiben“, knirschte Serdall und warf einen bedeutenden Blick auf Fei. Er wollte auch nicht, dass Fei und Daniel allein daheim waren. „Ob ich nun hier oder zuhause im Bett liege ist doch egal, oder?“ Er hasste es im Krankenhaus zu bleiben. Vor allem, weil die Visite am frühen Morgen um kurz vor sechs antrabte. Er hasste die Visite. „Daniel“, murrte Serdall quengelig. „Nein“, kam es unnachgiebig zurück. „Hier wirst du wenigstens überwacht. Wenn sie dich von der Intensivstation runterholen vielleicht. Vielleicht, hörst du. So halte ich mir wenigstens die Möglichkeit offen nein zu sagen, wenn du hier wieder irgendwen bestichst.“ „Apropos bestechen“, murrte Serdall. „Ich bräuchte dann mal meine Geldbörse, wenn du mich das nächste Mal besuchst“, meinte er mit einem schelmischen Grinsen. Wenn er hier rauskam, würde er sich ein Taxi nehmen und sich nach Hause fahren lassen. Ganz einfach. Man hörte Fei entnervt ein- und ausatmen. „Diesmal hat er recht, Serdall. Du bleibst hier.“ Triumphierend reckte Daniel sein Kinn in die Höhe. Er mochte noch so viele Meinungsverschiedenheiten mit Fei haben, trotzdem würde er diese Unterstützung garantiert nicht abschlagen. „Da hast du es“, meinte er. „Jetzt bist du in der Unterzahl. Geld gibt es auch keins. Alles, was bezahlt werden muss, wird von uns bezahlt und gut ist. Lass es dir anschreiben, wenn du mal einen Kaffee haben möchtest oder sowas, falls du überhaupt Kaffee trinken darfst. Außerdem wird sowieso so ziemlich immer während der Besuchszeiten jemand hier sein.“ Serdall sah richtiggehend angefressen aus. Er warf seinem Bruder, der einfach nur den Kopf schüttelte, einen tödlichen Blick zu und blitzte dann Daniel an. „Dann will ich aber meine Geige. Sonst halte ich diese verrückten Krankenschwester und Ärzte nicht aus, die meinen, mich vorm Sonnenaufgang aus dem Land der Träume zu reißen“, knurrte Serdall leidlich und streckte die Arme nach Daniel aus, als Fei augenrollend ans Fenster trat. Sein Bruder hasste es, wenn sich jemand kindisch verhielt und dass es diesmal Serdall war, ließ ihn wohl ziemlich wütend werden. Serdall war es egal. Er hasste es nun mal früh aufzustehen. Seufzend ließ sich Daniel leicht gegen Serdall sinken. Es war unglaublich, wie schnell sie scheinbar wieder zum normalen Alltag zurückgekehrt waren. Stellte sich jetzt nur die Frage, ob es dauerhaft war oder nur vorläufig, bis Serdall wieder hier raus war und in Ruhe nachdenken konnte. „Ich bringe dir übermorgen alles vorbei. Jetzt solltest du dich erst einmal ausruhen und nicht gleich wieder wie ein Wilder hin und her schunkeln. Ich fahre kurz nach Hause und hole Taki. Soll ich“, Daniel warf einen schnellen Blick auf Fei, „Dustin auch gleich mitbringen?“ „Nur Taki“, erwiderte Serdall und versteifte sich leicht. Dustin wollte er vorerst nicht sehen. Er war sich noch nicht einmal sicher, ob er Dustin weiterhin bei sich wohnen ließ. Das, was geschehen war, konnte man nicht einfach übersehen. Das war schlimmer als all die dummen Dinge, die er vorher getan hatte. Die hatten Serdall höchstens zum Kochen gebracht, aber jetzt… jetzt kündigte er Dustin jegliche Freundschaft. Egal ob er sein Schwager war, egal, dass er mit Louise verwandt war, es war einfach unverzeihlich. „Ich will nur meinen Sohn und Jana sehen“, meinte er leise und ließ Daniel wieder los, um ihm ernst in die Augen zu schauen. „Okay“, meinte Daniel leise. „Nur“, er senkte seine Stimme weiter, sodass Fei ihn nicht hören konnte, „würde ich es schade finden, wenn jetzt alles zerbricht. Ich weiß, wie du über die ganze Sache denkst und dass du mir mal wieder nur verziehen hast, weil du mich so sehr liebst, aber Dustin hat dadurch auch genug eigene Probleme mit Ethan. Außerdem würden sowohl Taki als auch Jana ihn vermissen, wenn du ihn sogar ausquartieren würdest.“ „Lass es einfach, Daniel“, zischte Serdall. „Das ist nun wirklich meine Entscheidung. Und ob du es schade findest oder nicht, werde ich bei dieser Entscheidung nicht berücksichtigen.“ Er konnte Dustin das nicht verzeihen und ihm war es schlichtweg egal, was er für Probleme mit Ethan hatte. Serdall wusste genau, wie sich Ethan fühlen musste, es war doch genau dasselbe wie bei ihm und eines war sicher: Dustin hatte das verdient. Und in Serdalls Augen hätte er noch viel mehr verdient für das, was er mit Daniel getan hatte. Er schüttelte genervt den Kopf, der diese Bewegung mit starken Schmerzen quittierte. Keuchend legte sich Serdall zurück und schloss die Augen. Eine Weile hatte er Dustin als echten Freund gesehen, aber das war wohl zu voreilig gewesen. Besorgt strich Daniel ihm über die Wange. Er konnte verstehen, dass Serdall sauer auf Dustin war. Natürlich war er sauer auf ihn, wahrscheinlich auch enttäuscht. Wie sollte er das auch nicht sein? Dustins Manko in dieser Sache war eben, dass er nicht derjenige war, in den Serdall sich verliebt hatte, ansonsten würde Serdall ihm wohl auch verzeihen. Trotz allem hoffte Daniel, dass sich vielleicht alles irgendwann wieder einrenken würde. „Dann werde ich jetzt die Kinder holen“, verkündete er nach kurzer Zeit und stieg wieder von Serdalls Bett herunter, auf dem er die ganze Zeit halb gelegen hatte. „Kommst du mit oder bleibst du hier?“, wollte er von Fei wissen. Fei blickte einen Moment zu Serdall. „Ich bleibe hier“, meinte er und ging dann zu Serdall, um sich auf den Stuhl neben ihn zu setzen. Sie hatten noch ein wenig etwas zu besprechen und er würde gehen, wenn Taki und Jana hier waren. Als Daniel nach einem letzten, skeptischen Blick gegangen war, seufzte Fei enerviert. „Ist er das überhaupt wert?“, fragte er seinen Bruder. Serdall öffnete leidlich die Augen. „Ja, ist er“, seufzte Serdall und rieb sich über die Stirn. „Fei, kannst du bitte die Schwester holen? Mir ist schlecht und ich glaube, dass sich das Bett dreht“, keuchte er. Fei sah alarmiert, wie jegliche Farbe aus Serdalls Gesicht wich und er in kalten Schweiß ausbrach. Eilig sprang er auf, um in ausgreifenden Schritten nach draußen zu gehen und gleich die Chefärztin heranzuholen. Frau Doktor Kamp überprüfte mit einer kleinen Lampe Serdalls Pupillen und eine Schwester maß die Körpertemperatur. Die blonde Ärztin warf einen überlegenden Blick auf die Messgeräte an die Serdall noch angeschlossen war. „Ihr Blutdruck ist extrem niedrig. Haben Sie das sonst auch immer?“, fragte sie und schrieb wieder auf ihr Klemmbrett. Serdall nickte atemlos. „Ich werde gleich die Schmerztabletten und ein Mittel, das Ihren Kreislauf ein wenig in Gang bringt, mitbringen.“ Sie eilte heraus und kam mit einem kleinen Becher zurück, in dem drei kleine Tabletten waren. Hinzu reichte sie Serdall einen Becher mit Wasser und wartete, bis er die Medikamente geschluckt hatte. „Ich sehe nachher noch einmal nach Ihnen, Herr Agamie“, meinte sie wieder mit einem bezaubernden Lächeln, ehe sie den Raum verließ. Serdall seufzte leise und wartete darauf, dass sich endlich die Wirkung zeigte. „Eine hübsche Frau“, murmelte Fei an seiner Seite und Serdall sah geradezu sein Grinsen vor sich, obwohl er die Augen geschlossen hatte. Serdall nickte nur und atmete angestrengt tief ein. Ende Kapitel 6 Kapitel 7: ----------- Kapitel 7 Als Daniel eine knappe Stunde später wiederkam, nachdem er Taki und Jana fertig gemacht und Dustin erklärt hatte, dass er nicht mitkommen konnte, sah alles so aus wie zu dem Zeitpunkt, als er das Krankenhaus verlassen hatte. Serdall lag leicht missmutig in seinem Bett und Fei stand erneut an der Wand. „Papa!“, rief Taki freudig, lief zu Serdall und schmiss sich in dessen Arme. Glücklich zog Serdall Taki eng gegen sich und küsste ihn auf die Stirn. „Alles in Ordnung?“, fragte er leise und Taki nickte an seiner Brust, wobei er heftig zitterte. Serdall atmete tief durch und strich seinem Sohn beruhigend über den Rücken. Taki war es nicht gewohnt irgendwie von ihm getrennt zu sein und dann noch auf solch brutale Weise war wohl zu viel für ihn. Serdall sah über Takis Lockenschopf hinweg zu Daniel, der Jana auf dem Arm hielt. Die kleine fuchtelte wieder mit ihrem Spielzeug herum und schmiss es im nächsten Moment quer durch den Raum. „Papa“, forderte sie Daniel auf, der kurz die Augen verdrehte und ihr die doch mal wieder nervige Rassel vom Boden aufhob. Jana quietsche vergnügt und schmiss sie im nächsten Moment wieder in die Ecke. „Jana“, tadelte Daniel sie und setzte seine Tochter auf den Boden. „Hol sie dir selbst, ja?“, meinte er und sah dann kurz zu Serdall und Taki. Jeder Tag, den der Kleine weiterhin bei der Pflegefamilie hätte bleiben müssen, auch wenn sie noch so nett gewesen sein sollte, wäre für beide doch eine ziemliche Qual geworden. Auch Daniel hatte Taki extrem vermisst, genauso wie Jana. Serdall seufzte leise und strich Taki über die nun nassen Wangen. „So, jetzt ist gut. Ich bin wieder da und bald auch wieder zuhause, wenn die mich hier rauslassen, ja? Solange hörst du auf Daniel, okay?“, sagte er zu seinem Sohn und Taki nickte lächelnd. „Ich hatte solche Angst“, meinte Taki leise und Serdall lächelte milde. Er hätte die Leute vom Jugendamt eigenhändig aus dem Fenster geworfen, wenn er dagewesen wäre. „Jetzt ist alles gut. Und für die ganzen Strapazen fahre ich mit dir einen Tag lang wohin du willst, wenn ich wieder gesund bin. Bis dahin überlegst du dir, was wir machen können, ja?“ Taki nickte eifrig und grinste dann glücklich. „Au ja!“, rief er und drückte Serdall noch einmal kräftig, bevor er wieder vom Bett sprang, um zu Fei zu gehen. „Daniel, gibst du mir Jana?“, murmelte Serdall. Die Kleine wollte er auch noch einmal drücken. „Klar“, antwortete Daniel und drehte sich zu seiner Tochter um. „Hey!“, rief er überrascht und lief zur Tür, durch die Jana gerade auf noch etwas wackligen Beinen verschwand. Er hob sie auf den Arm und ging zurück zu Serdalls Bett. „Du bist so neugierig wie ich“, meinte er grinsend zu Jana und setzte sie dann auf Serdalls Schoß. Augenblicklich erschien ein Lächeln in Janas Gesicht und sie stützte sich in der Absicht höher zu krabbeln auf Serdalls Bauch. „Na du kleiner Engel“, flüsterte Serdall und küsste Jana auf die Wange, als sie nah genug heran war. Sie grabschte nach Serdalls Haaren und wollte daran ziehen, doch Serdall hielt ihre Hand panisch fest. Wenn sie jetzt zog, würde die Hölle in seinem Kopf losbrechen. „Nicht ziehen, Jana“, sagte er gepresst und sie fing an zu kichern. „Daniel“, knurrte Serdall, als sie auch die andere Hand nahm, um sie in Serdalls Strähnen zu vergraben. „Was denn?“, fragte Daniel zuckersüß. „Du bist doch derjenige, der so gut mit Kindern kann und die meiste Erfahrung von uns beiden hat.“ Serdall hatte ihn, genauso wie Dustin, in den letzten beiden Monaten ab und zu mit dieser Tatsache aufgezogen, wenn er irgendwas Jana betreffend nicht ganz so gut hinbekommen hatte. Allerdings merkte Daniel, dass wohl jetzt nicht die Gelegenheit war es ihm ein wenig heimzuzahlen, weil Jana doch ziemlich rabiat vorging und Serdall noch etwas schwach war. Er nahm Jana wieder hoch, gab ihr ihre Rassel und setzte sie zurück auf den Boden. Serdall warf Daniel indes einen genervten Blick zu. Solche Kommentare konnte er sich sparen. Er wollte ihn mal sehen, wenn er sich mit dem Wagen ein paar Mal überschlug und ziemlich lädiert im Krankenhaus lag. Grummelnd rieb sich Serdall über seinen Kopf und zog die Decke um sich höher. Ihm war gerade ziemlich kalt. Daniel hatte Serdalls Reaktion bemerkt und sah ihn besorgt an. Er setzte sich leicht auf dessen Bett und fuhr ihm über die Stirn. „Alles klar?“, fragte er leise. Fei ging mit Taki an der Hand nach draußen, womöglich um ihm etwas aus der Kantine zu kaufen. Serdall erzählte Daniel davon, wie es ihm vor gut einer Stunde ergangen war, dass sein Kreislauf mal wieder spann und seufzte dann entnervt. „Das macht einem Angst“, murmelte er und verschränkte seine linke Hand mit Daniels rechter. „Was ist eigentlich mit Ethan und Dustin? Sind sie noch zusammen?“, wechselte Serdall plötzlich das Thema. „Ja“, erwiderte Daniel ruhig, während er mit seinem Daumen über Serdalls Handrücken strich. „Für Ethan bin ich eher der Böse, sowie Dustin für dich der Böse ist. Irgendwie scheint ihr zwei in der Beziehung ziemlich gleich gestrickt zu sein.“ Etwas leidlich lächelte Daniel Serdall an. Er war glücklich, dass Ethan wieder mit Dustin zusammen war. Er war glücklich, dass Serdall ihn nicht von sich gestoßen hatte. Trotzdem war es schon schlimm gewesen, dass Ethan so extrem sauer auf ihn gewesen war. Wahrscheinlich war er es immer noch. Das letztens nach Serdalls Unfall war eine Ausnahmesituation gewesen. Daniel hatte keine Ahnung, ob man sein Verhalten auch auf den normalen Alltag übertragen konnte. Er hatte noch nicht viel Kontakt mit Ethan gehabt, da er fast den ganzen Tag bei Serdall gewesen war. „Dann kann ich mich ja mit ihm zusammentun, wie du und Dustin, was?“, zischte Serdall nun sarkastisch und blitzte Daniel an. „Es ist wohl verständlich, wenn wir diese Ansicht haben, oder? Das, was ihr getan habt, war nämlich nicht sehr gut. Daniel, du kannst es keinem von uns beiden verübeln, oder? Mal ehrlich, es war nichts. Wir hatten keinen Streit, wir hatten meiner Ansicht nach keine Probleme und dann machst du sowas, schläfst mit deinem Ex-Freund.“ Serdall versuchte so ruhig wie möglich zu bleiben und seine Wut nicht aus sich herausbrechen zu lassen. Er wollte Daniel nur verdeutlichen, dass diese Kommentare wohl mehr als unangebracht waren. „Ethan und ich können uns die Hand reichen, ja. Aber das ist auch alles.“ Mit erneut aufkommendem schlechtem Gewissen sah Daniel vor sich auf die Bettdecke und zog seine Hand etwas unbehaglich aus Serdalls. „Ich weiß“, murmelte er, „und es tut mir leid.“ Er wusste, dass er damit nichts wieder gutmachen konnte, aber es war das Einzige, was er eben in dieser Situation tun konnte. Sich zu entschuldigen. Natürlich war es so ziemlich die dümmste mögliche Aktion, die er hätte machen können, als er mit Dustin geschlafen hatte. Ob jetzt mit oder ohne Streit, wobei die Tatsache, dass er sich eben nicht mit Serdall gestritten hatte, alles noch viel schlimmer machte. „Soweit waren wir schon“, seufzte Serdall. Er hätte dieses Thema nicht wieder hochholen sollen. Es brachte ihnen nichts, wenn sie sich ständig darüber stritten. Dadurch konnte er nichts rückgängig machen und es schlug ihm einfach nur auf den Magen. „Komm her“, flüsterte Serdall und zupfte an Daniels Arm. Daniel lehnte sich zu ihm und Serdall legte seine linke Hand in Daniels Nacken, um ihn näher an sich heran zu ziehen. „Wir haben nichts davon, wenn ich das ständig aufwirble, oder?“, murrte Serdall an Daniels Lippen. Lockend ließ er seine Zunge an Daniels Mundwinkel entlang streifen. „Wie wäre es wenn du mir zeigst wie leid es dir tut?“ Federleicht kraulten Serdalls Fingerspitzen in Daniels Nacken und er sah abwartend in die hellblauen Augen. Daniels Bauch kribbelte angenehm. Mit einer Hand stützte er sich auf der Matratze ab und sah zu Serdall. Wie konnte Daniel zu irgendwas nein sagen, wenn Serdall das tat? Seufzend beugte er sich weiter zu seinem Freund, stockte dann allerdings kurz vor Serdalls Mund. „Serdall, du liegst auf intensiv. Hier wird immer jemand vorbeikommen, um irgendwas abzulesen.“ Bezeichnend sah er auf Serdalls noch verkabelten linken Arm. „Wir hindern denjenigen doch nicht daran, oder?“, murmelte Serdall. „Gerade weil ich auf intensiv liege, brauche ich jetzt besonders ‚intensive‘ Zuwendung“, flüsterte er und seine Lippen lockten Daniels immer weiter. Wo war denn bitte Daniels Ungeduld gerade? Das würde er sich doch sonst auch nicht entgehen lassen. Mit einem verschmitzten Lächeln ließ Serdall seine linke Hand von Daniels Nacken wandern, hinab über die flache Brust und schlüpfte dann unter den Pullover, um nachdrücklich über eine Brustwarze zu streichen. „Nun?“, fragte Serdall mit hochgezogener Augenbraue und registrierte zufrieden das Zittern, das durch Daniels Leib rann. „Wenn die mich hier rausschmeißen, mache ich dich dafür verantwortlich“, murrte Daniel und legte seine Lippen jetzt auf Serdalls. Wie sollte er da auch noch nein sagen? Serdall wusste ohnehin, dass er sich schnell auf jede Art von Zärtlichkeit einließ und das nutzte er jetzt schamlos aus. Allerdings war das Daniel im Moment ziemlich egal, Hauptsache er hatte Serdall auch auf diese Art wieder. Langsam und vorsichtig ließ Daniel seine Hand unter die Bettdecke gleiten und unter Serdalls Krankenhausnachthemdchen. Grinsend fuhr er die hintere, offene Seite entlang. Wenn Serdall stationär liegen würde, konnte er seine eigenen Sachen anziehen, aber im Koma und hier auf der Intensiv war es einfach praktischer sowas zu tragen. Und Daniel fand das gerade auch sehr praktisch. Er ließ seine Finger erst den Rücken hinunter wandern, kurz den Po entlang und anschließend den Bauch hinauf. Währenddessen fuhr seine Zunge leicht über Serdalls Lippen. Mit einem genervten Laut registrierte Daniel scheinbar wieder stärker die nervigen piepsenden Geräusche der Maschinen, die Serdalls Puls und diverse andere Sachen überwachten. Grummelnd schloss er wieder seine zum Schlitz geöffneten Augen und konzentrierte sich wieder ganz auf Serdall, als die Tür plötzlich lautstark aufging. „Herr Agamie, alles in Ordnung?“ Serdall stöhnte frustriert und warf der Krankenschwester, die gerade wunderbar rot wurde, einen bösen Blick zu. „In bester Ordnung“, knurrte Serdall und seufzte leidlich, als Daniel sich mit deutlich dunkelroten Wangen aufsetzte. „So geht das aber nicht, Herr Agamie. Sie müssen sich schonen und so etwas macht man nicht im Krankenhaus.“ Nun total missgestimmt blitzte Serdall sie wütend an. Augenblicklich ging sein Puls wieder hoch und die Maschinen piepsten wieder lauter. Also das hatte sie verraten. „Dann schreiben Sie meine Entlassungspapiere“, murrte er die Frau an. „Ich will hier sowieso nicht bleiben.“ „Vergiss es“, zischte Daniel. „Du bleibst hier. Darüber hatten wir gesprochen. Es nützt keinem etwas, wenn du plötzlich zuhause zusammenbrichst. Wenn du noch zwei Wochen hierbleibst, kannst du sogar ohne Rollstuhl nachhause. Denn mit Gips an Arm und Bein kannst du schlecht mit Krücken laufen. Sieh das als Ansporn.“ Die Krankenschwester nickte bestätigend. Serdall bemerkte, dass sie ein riesiges Muttermal am Hals hatte, was ihn gleich noch ein wenig mehr abstieß. Er hasste Krankenschwestern. „Ich werde mal nachfragen, wann wir Sie von der Intensiv nehmen können. Scheinbar geht es Ihnen schon besser“, meinte die Frau und verließ die beiden für den Moment. Serdall fluchte leise vor sich hin und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust, soweit es mit gebrochenem und verkabeltem Arm ging. „Du bist wie ein kleines quengeliges Kind, das seinen Willen nicht bekommt“, grinste Daniel und setzte sich wieder normal auf seinen Stuhl. Serdall erdolchte ihn mit den Augen. „Das kleine Kind kann ja mal anfangen zu schreien, weil es hier drinnen gleich wahnsinnig wird“, murrte Serdall. „Ich will nach Hause, Dan. Ich hasse es, wenn ständig wer um mich herumtanzt, den ich nicht kenne und das für die nächsten Wochen.“ „Sie werden die Schichten im gleich Rhythmus wechseln“, meinte Daniel sachlich. „Du wirst die Leute schon kennenlernen. Außerdem glaube ich nicht, dass du noch wochenlang hierbleibst. Wenn die sicher sind, dass es dir wieder soweit gut geht und nur noch die Gipse und vielleicht ein Pflaster auf deinem Hinterkopf bleiben, werden sie dich schon gehen lassen. Bis dahin bleibst du hier.“ Daniel wollte das Risiko wirklich nicht tragen, dass Serdall gleich einen Tag nachdem er aus dem Koma aufgewacht war nach Hause kam. Außerdem ging es ihm dafür, dass er scheinbar soviel abbekommen hatte, dass er überhaupt erst ins Koma gefallen war, schon echt gut, was Daniel wirklich erstaunte. Vielleicht lag es auch daran, dass er nur wenige Tage ausgeknockt war? „Man, ich will sie nicht kennenlernen“, murrte Serdall immer noch kindisch und seufzte dann leise. „Nicht mehr als fünf Tage, dann will ich heim“, meinte er nun ernst und sah Daniel in die Augen. Er löste seine Hand von seiner Brust und streckte sie nach Daniels aus. „Kannst du jetzt wieder herkommen?“ Daniel seufzte. Serdall war in solchen Dingen einfach unverbesserlich, aber genau diese Eigenschaft machte ihn auch irgendwie süß, obwohl sie manchmal etwas nervig war. Und mit fünf Tagen hatten sie einen recht guten Kompromiss gefunden. Zumindest vermutete Daniel, dass es Serdall in fünf Tagen schon wieder so gut ging, dass auch er es in Ordnung fand, wenn er sich mal wieder früher entließ als von den Ärzten empfohlen. Er bekam zuhause ja liebevolle Pflege und wurde mit Adleraugen überwacht, ob es ihm auch tatsächlich an nichts mehr fehlte. Erneut rückte Daniel das Stückchen zu Serdall und verschloss wieder sanft dessen Mund. Zufrieden ließ Serdall seine Zunge vorschnellen und zwischen Daniels Lippen gleiten. Er seufzte atemlos in den Kuss und schlang seinen freien Arm um Daniels Nacken. Serdall wollte sich nur ein wenig Vorschuss für die Nacht holen, die er hier allein verbringen musste. Seine Finger schoben sich in Daniels Kragen und er vertiefte den Kuss bis… „Herr Agamie!“, rief die Krankenschwester mit dem Muttermal von der Tür. „Sie sollen hier nicht Ihren Freund abschlabbern, sondern sich ausruhen. Und Sie“, die Schwester deutete auf Daniel, „sollten zum Wohl Ihres Freundes auch ein wenig mehr Rücksicht nehmen.“ „Er nimmt auf mich Rücksicht“, knurrte Serdall nun und hauchte noch einen Kuss auf Daniels Lippen. „Daniel ist nämlich mein Allheilmittel“, erklärte er nun grinsend und sah dann zu der Schwester, die mittlerweile die Wangen aufplusterte. „Wir verlegen Sie jetzt, Herr Agamie. Dann können Sie tun und lassen, was Sie wollen“, knurrte sie und holte die Oberschwester, um Serdall von den Geräten abzuklemmen. Serdall grinste Daniel an. Dann würden sie wenigstens ihre Ruhe haben, wenn er nicht mehr überwacht wurde. Daniel schnappte sich seine Tasche und gab Serdall dann einen schnellen Kuss. Diese Dame war selbst ihm etwas unsympathisch und er wollte es in ihrer Gegenwart nicht zu weit treiben. „Ich fahre dann“, meinte er zu Serdall. „Es ist ohnehin schon recht spät, die Besuchszeit fast um und bis du dich heimisch eingerichtet hast, dauert es noch ein wenig. Wir sehen uns morgen früh.“ Serdall stand es ins Gesicht geschrieben, dass es ihm nicht gefiel, dass Daniel jetzt schon ging. Unglücklich nickte er jedoch dann. „Pass auf die Kinder auf. Am besten du nimmst Jana für die Zeit wieder mit ins Schlafzimmer. Dann bist du wenigstens nicht ganz allein. Sag Dustin, dass er sich nach einer Wohnung umschauen soll, ich überlege noch, ob ich ihn rauswerfe“, murmelte Serdall zum Schluss. Er gab Daniel einen warnenden Blick, als der sich für Dustin einsetzen wollte. Dustin war alt genug und das, was sie getan hatten, unverzeihlich. Geschlagen nickte Daniel. Serdall war ja auch irgendwie zu verstehen. Ein bisschen zumindest. Es war schon erschreckend, wie ein beschissener Fehler gleich die Freundschaft, wenn man es so nennen konnte, aber Daniel wusste eigentlich, dass Serdall und Dustin doch ein sehr enges Verhältnis zueinander hatten, wenn sie mal nicht wieder stritten, zerstören konnte. Er winkte noch einmal kurz, schnappte sich Jana, die es sich in einer Zimmerecke gemütlich gemacht hatte und noch immer mit ihrer Rassel spielte, und verließ dann das Krankenhaus, nachdem er sich seine Mütze übergezogen hatte. Seit er sich seinen Kopf geschoren hatte, war das immer gleich die erste Tat, wenn er nach draußen ging, weil es doch irgendwie recht kalt war. Fei würde mit Taki schon hinterherkommen. Daheim stand Dustin nachdenklich in der Küche vor einem Kochtopf, in dem Wasser sprudelte. In einer etwas lahmen Bewegung schmiss er Nudeln ins Wasser und rührte dann an einer Tomatensoße. Als er die Haustür klappen hörte, wurde ihm noch mulmiger zumute. Es war schon schlimm, dass Serdall ihn nicht mehr sehen wollte, doch das Gesicht, das Daniel gerade machte, ließ noch schlimmeres vermuten. „Hey! Und, wie geht’s ihm?“, fragte er Daniel leise, als er mit Jana auf dem Arm hereinkam. „Gut“, erwiderte Daniel und zog sich und Jana Schuhe und Jacke aus, während seine Tochter schon in Richtung Wohnzimmer lief, wo garantiert Kimba und Mücke wieder auf ihren Kissen lagen. Seufzend sah er zu Dustin und ging mit ihm wieder in die Küche. „Er ist ziemlich wütend auf dich.“ „Verständlich“, entgegnete ihm Dustin und rührte weiter niedergeschlagen in der Nudelsoße. „Und, wie läuft es zwischen dir und ihm? Er trennt sich nicht von dir, oder?“, fragte er halblaut. Es war okay, dass Serdall sauer war. Schließlich hatten sie einen ziemlichen Mist gebaut, mehr als das. Eigentlich hätte Serdall jedes Recht, ihm die Rübe einzuschlagen. „Nein“, seufzte Daniel. „Nein, scheinbar nicht, obwohl ich ihn nicht verstehe und er eigentlich jeden Grund dazu hätte. Allerdings will er sich vielleicht von dir trennen. Er meinte, dass du dich schon mal nach einer Wohnung umsehen sollst, weil er noch überlegt, ob er dich rauswerfen soll.“ Wehmütig, entschuldigend und traurig sah Daniel Dustin an. Dustin nickte. So etwas in der Richtung hatte er erwartet. Serdall konnte ihm nicht verzeihen und das wollte Dustin auch nicht. Er hatte bei Serdall wirklich alles gehabt, wenn er es mal so sah. Er hatte immer bei seinem Neffen sein können, Ethan hatte hier auch eine Bleibe gefunden und dass Daniel sein bester Freund war, hatte das Leben hier echt perfekt gemacht. Ab und zu die kleinen Streitereien zwischen Serdall und ihm waren auch eine willkommene Abwechslung gewesen. „Ja, das war klar. Ich bin ja schon froh, dass er mit dir zusammenbleibt. Dann kannst du wenigstens auf ihn aufpassen, dass er keinen Quatsch macht.“ „Ich finde das unfair“, meinte Daniel mit leicht erstickter Stimme. „Wie kann er mir vergeben, obwohl ich ihm noch näher stehe und ihn garantiert viel mehr verletzt habe und dich schmeißt er sogar raus?“ Daniel wollte Dustin nicht verlieren. Gut, er zog nur aus, doch auch das war für ihn schlimm genug. Dustin hatte immer mitbekommen was hier gelaufen war, er hatte ihm immer wertvolle Tipps für seine Beziehung mit Serdall gegeben und war für ihn da, wenn es ihm mal dreckig ging. Das alles wäre einfach nicht mehr möglich, wenn er nicht mehr da war. Dustin seufzte und nahm Daniel in den Arm. „Es ist nicht unfair. Dir kann er vergeben, weil er dich liebt. Er war schon immer irgendwie eifersüchtig auf die gute Beziehung zwischen uns beiden“, murmelte er an Daniels Schläfe. Dustin atmete tief durch. „Vielleicht ist es einfach für euch besser, wenn ich nicht mehr hier bin. Dann kommst du gar nicht in Versuchung“, erklärte er mit einem schiefen Lächeln und strich Daniel über den rasierten Kopf. Himmel, er machte sich jetzt schon Sorgen, wenn er Serdall und Daniel sich selbst überließ. „Sieh mal, dann habt ihr endlich das Haus nur für euch, wenn Yoshiko sowieso bei Robin bleibt.“ „Ich will das Haus nicht für mich haben“, nuschelte Daniel gegen Dustins Schulter. „Was sollen wir mit dem ganzen Platz und wer kümmert sich um die Kinder, wenn wir mal weg sind? Das ist alles so kompliziert und umständlich und ich will nicht, dass du gehst.“ „Hey, jetzt ist doch Serdall wichtiger, oder?“, fragte Dustin leise und sah Daniel in die blauen Augen. Himmel, der Kleine machte ihn immer noch schwach, wenn er so guckte. „Serdall überlegt es sich ja noch. Wer weiß, vielleicht hab ich Glück und kann hierbleiben. Obwohl die erste Zeit mit Serdall wohl extrem hart wird. Du kennst seine Spitzen, wenn er jemanden nicht leiden kann und momentan bin ich Staatsfeind Nummer eins“, erklärte er leise und strich schief lächelnd über Daniels Wange. Ein so bekanntes kribbliges Gefühl machte sich in Daniels Magengegend breit. Erschrocken wich er einen Schritt zurück und sah Dustin entschuldigend an. Das lag alles nur an dieser verkorksten Situation. Seine Gefühle spielten verrückt und seine Nerven schienen ihm Streiche zu spielen. Seufzend wandte er sich dem Herd zu und rührte die Soße und die Nudeln einmal um. „Ich hoffe echt, dass alles wieder gut wird. Ich will keine halbe gute Einigung. Ich will alles“, grummelte er egoistisch. „Alles gibt’s nicht, Kleiner“, lachte Dustin nun amüsiert. „Setz lieber mal Prioritäten, sonst wird dein Mann dich noch verfluchen.“ Dustin tippte auf den Ring an Daniels rechter Hand. „Schließlich seid ihr doch meine beiden Turteltäubchen und jetzt erst mal wichtiger. Wenn Serdall sich so entscheidet, dass ich ausziehen muss, dann ist das okay. Wenn nicht, dann wäre das wirklich ein viel zu großzügiger Zug von ihm.“ „Ich glaub mit seiner Großzügigkeit ist wohl erst mal Schluss, nachdem er mir schon vergeben hat“, seufzte Daniel und stippte seinen Finger kurz in die Soße. „Dustin, zu viel Salz“, stellte er mit verzogenem Gesicht fest. „Mist“, murmelte Dustin und sah dabei zu, wie Daniel die Soße rettete. „Ich bin aus der Übung“, grinste er im nächsten Moment und ließ Daniel nicht aus den Augen. „Aber ein Gutes hätte es, wenn ich mit Ethan ausziehe. Wir könnten es von morgens bis abends in jedem Raum unserer schnuckeligen Wohnung treiben, ohne erwischt zu werden.“ Lachend gab Daniel ihm eine Kopfnuss. „Du bist so blöd und pervers“, grinste er etwas besser gelaunt und angelte sich eine Nudel. „Probieren?“, fragte er Dustin und hielt sie vor dessen Gesicht. Dustin zog eine Augenbraue hoch. „Meinst du, es ist so gut, wenn ich deine ‚Nudel‘ probiere?“, grinste er versaut, doch ehe Daniel was sagen konnte schnappte sich Dustin sein Handgelenk, um es still zu halten, während er die Nudel von seinem Finger sog. Zwinkernd ließ er von Daniel ab und grinste ihn an. „Die können noch eine Minute“, erklärte er und streckte Daniel die Zunge raus. „Es gibt noch andere Nudeln, die nur eine Minute können“, spielte Daniel das Spiel weiter und pickte sich selbst eine Nudel aus dem Topf. „Die sind doch gut“, meinte er. „Ich mag sie nicht, wenn sie weich und pappig sind. Noch leicht hart ist doch in Ordnung. Aldente.“ Dustins Blick wurde augenblicklich lasziv. Das war wie ein Schalter in ihm. Wenn es um Zweideutigkeiten ging, musste er einfach mitmachen. Er fasste nach Daniels Kehrseite und zog ihn an sich heran. „Ich kenne da eine Nudel, die ist mehr als leicht hart und selten weich und pappig“, hauchte er Daniel ins Gesicht. Daniel stöhnte leicht und lehnte seine Stirn kraftlos gegen Dustins Brust. „Nicht“, hauchte er leise, irgendwie unfähig sich zu wehren. Warum war diese verdammte Anziehung immer noch zwischen ihnen? Sie waren vor über zwei Jahren mal ein paar Tage zusammen. Ziemlich aktiv zusammen, aber es lag schon so viel Zeit dazwischen. Dustin seufzte leise und schlang nun die Arme um Daniel. Er vergrub seine Stirn an Daniels Halsbeuge und fluchte. „Warum ist das nur bei dir so schlimm?“, meinte er leise. Warum konnte Daniel ihn noch um den Finger wickeln? In all der Zeit, in der er mit Ethan zusammen war, hatte kein Kerl, egal wie attraktiv, ihn je wieder so weit gebracht, dass er jegliche Schuldgefühle gegenüber Ethan vergaß. War es wegen dem Sex, dass es jetzt wieder so schlimm zwischen ihnen war? Sonst war Daniel immer von Serdall behütet gewesen. Kaum war Serdall weg und Ethan nicht da, fielen sie übereinander her. Das war doch nicht normal. „Ich weiß es nicht“, antwortete Daniel mit zusammengekniffen Augen. „Und irgendwie macht es mir Angst. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich für nichts garantieren kann, wenn auch der letzte Funke Verstand sich ausschaltet, sei es durch irgendeinen Porno, durch Alkohol oder irgendwas anderes.“ Seufzend lehnte er sich an Dustin. Er wusste, dass selbst das schon viel zu viel war, wenn es nach Serdalls Meinung ging, aber er brauchte gerade irgendeine Stütze. Er verstand seine Gefühle einfach nicht mehr. Irgendwie war an Dustin immer etwas Besonderes gewesen, aber bislang war dieses Etwas nicht zu stark geworden, weil immer Ethan oder Serdall da waren, die diese Entwicklung verhindert hatten. Plötzlich begannen Dustins Hände über Daniels Rücken zu streichen und sein Mund wanderte vorsichtig über Daniels Hals. Doch im nächsten Moment fasste er Daniel an den Schultern und drückte ihn von sich. „Ich liebe Ethan“, sagte er nun überzeugt und als ob es ihn dadurch leichter fallen würde, Daniel von sich zu schieben. Es war nicht leichter. Er wollte Daniel nicht loslassen und seine Gedanken wanderten unweigerlich zu nicht jugendfreien Dingen, die er mit Daniel anstellen könnte. „Wir müssen uns zusammenreißen, Daniel. Serdall verzeiht dir sonst nie mehr.“ Es ging hier zwischen ihnen doch nur um Sex, oder? Eine Beziehung hatte schon damals nicht geklappt und sie waren jetzt beide in festen Händen. Fahrig strich sich Dustin durch die blonden Haare. „Und wenn wir nicht aufpassen, machen wir einen riesen Fehler.“ Dustin versuchte die leichte Erregung in seiner Hose zu über spielen, indem er sich auf einen Stuhl setzte. Warum waren sie nur noch so scharf aufeinander? Verzweifelt fuhr sich Daniel mit der Hand über seine kurzen Stoppeln. Das konnte einfach nicht wahr sein. Wenn er nicht das bisschen Anstand noch hätte, würde er sich gleich hier in der Küche von Dustin nehmen lassen. „Ich glaub ich geh kurz hoch und komme in fünf Minuten dann zum Essen“, meinte Daniel schwach. Etwas Abstand würde jetzt beiden von ihnen gut tun. „Ich dusch noch kurz. Kalt“, fügte er hinzu und machte sich auf den Weg die Treppen hinauf, nachdem er einen kurzen Blick ins Wohnzimmer zu Jana geworfen hatte, die an Kimbas Rücken lag und scheinbar schlief. „Scheiße“, fluchte Dustin leise und ließ seinen Kopf einen Moment auf die Tischplatte sinken. Daniel ging es also wirklich nicht besser als ihm und das war, in Dustins Augen, eine verdammt schlechte Entwicklung. Seufzend richtete er sich wieder auf. Es erschreckte ihn, dass er keine Skrupel hätte erneut mit Daniel zu schlafen. Vehement schüttelte er den Kopf. Er sollte einfach nicht darüber nachdenken und sich an Ethan halten. Besser wäre es, wenn Daniel und er nicht mehr in einem Raum allein waren. Die angekündigten fünf Minuten später stand Daniel wieder in der Küche. Ein Gutes hatte seine Kurzhaarfrisur. Einmal mit dem Handtuch drüber und alles war gut. Kein nerviges Föhnen, dein trockenen lassen. Er schnappte sich einen Teller, tat sich etwas Nudeln und Soße auf und setzte sich an den Tisch. Die kalte Dusche hatte sein erhitztes Gemüt glücklicherweise tatsächlich etwas beruhigt. Ethan kam wenig später nach Daniel in den Raum und schnappte sich ebenfalls einen Teller, hauchte einen Kuss auf Dustins Lippen und tat sich auf. Er setzte sich eng neben Dustin und visierte Daniel kurz demonstrativ an, während er seine linke Hand über Dustins Oberschenkel schob. Dustin seufzte derweil in Gedanken beruhigt auf. Wenigstens war bei ihm und Ethan noch alles im Lot. Und jetzt, wo sein Freund hier war, fühlte er sich nicht mehr so angespannt gegenüber Daniel. Auch Daniel war irgendwie beruhigt, da jetzt jede Möglichkeit einer Ausartung der Situation von vorhin unmöglich war. Hoffentlich war alles wieder in Ordnung, wenn er eine Nacht drüber geschlafen hatte. Nachdem sie nach dem Essen abgeräumt hatten, nahm Daniel seine Tochter vorsichtig auf den Arm, um sie nicht aufzuwecken und ging zusammen mit ihr nach oben ins Bett. „Aufstehen!“, rief die Krankenschwester mit dem Muttermal, als sie in Serdalls Zimmer eintrat. Serdall grummelte jedoch nur etwas Unverständliches. „Kommen Sie, Herr Agamie. Sie müssen sich waschen und die Zähne putzen. Die Visite kommt Punkt sechs. „Herrgott, ich bin gesund. Verschwinden Sie“, raunzte Serdall ungemütlich und zog die Decke über den Kopf, als die Krankenschwester eine Schale mit Wasser auf Serdalls Bettschrank abstellte. „Wenn Sie sich nicht waschen, dann wasch ich Sie“, entgegnete die Frau und zupfte an der Bettdecke. Knörig schlug Serdall die Decke zurück. „Ist ja gut“, fauchte er und rieb sich über die Augen. Zufrieden trollte sich die Krankenschwester, um womöglich den Nächsten zu nerven. Leise fluchend wusch sich Serdall und feuerte dann den Lappen zurück in die Schüssel. Er hasste es. Er hasste es, verdammt noch mal, in dieser Herrgottsfrühe aufzustehen. Einige Minuten später betrat Frau Doktor Kamp den Raum. „Guten Morgen, Herr Agamie“, grüßte sie und stellte sich neben sein Bett. „Ich dachte, ich komme heute mal allein, da Sie großen Trubel nicht unbedingt zu mögen scheinen. Außerdem sind Sie schon wieder relativ fit, sodass ein Massenauflauf eigentlich auch nicht notwendig ist.“ „Morgen“, nuschelte Serdall und sah sie etwas überrascht an. „Wenn Sie schon so freundlich sind, besorgen Sie mir Krücken und ein Entlassungsschreiben, das ich unterzeichnen kann“, seufzte er genervt. Er dachte an die Abmachung mit Daniel, dass er noch fünf Tage hierbleiben sollte. „Okay, nur Krücken, damit wäre mir schon sehr geholfen.“ „Ich denke nicht, dass Krücken momentan das optimale Fortbewegungsmittel für Sie sind, vor allem mit gebrochenem Arm und so kurz nachdem Sie aus dem Koma aufgewacht sind“, merkte Frau Doktor Kamp an. „Wie auch bei Ihrer Verlegung hierher müssen Sie wohl vorerst einmal mit dem Rollstuhl Vorlieb nehmen. Wie geht es Ihnen denn heute überhaupt? Irgendwelche Beschwerden?“ Serdall seufzte. Wenn er nicht bald aus dem Bett kam, dann würde er Amok laufen oder kriechen oder wie auch immer. „Kopfschmerzen, mir ist übel und mein Bein juckt unter dem Gips. Frau Doktor, wann wäre es denn möglich, dass ich Krücken bekomme?“ Frau Doktor Kamp lachte glockenhell. „Sie sind auch ein schwieriger Patient, nicht wahr Herr Agamie? Leider dauert es noch ein wenig, bis ich das verantworten kann, aber ich könnte Ihnen einen Rollstuhl bringen lassen. Allerdings wäre es dann trotzdem besser, wenn Sie sich jemanden suchen, der Sie schiebt, denn trotz Gips sollten Sie Ihren Arm nicht zu viel bewegen. Ihre Geige würde ich auch noch ein wenig nach hinten hinauszögern. Aber zumindest gegen die Kopfschmerzen und die Übelkeit kann ich etwas tun.“ Sie reichte ihm einen kleinen Becher mit zwei Pillen darin. Serdall berührte ihre Finger, als er den Becher entgegennahm. „Danke. Und der Rollstuhl wäre ein Anfang“, seufzte Serdall. Er sah ihr in die braunen Augen und sie lächelte ihn aufmunternd an. Himmel, sie war wirklich bildschön. Leidlich stellte Serdall fest, dass er sie mit Louise verglich. Ihr Äußeres konnte getrost mit seiner toten Frau mithalten. Sein zweiter Blick schweifte zu ihren Händen. Die Ärztin trug weder Verlobungs- noch Ehering. Sollte so eine Frau wirklich keinen Mann haben? Serdall schüttelte leicht den Kopf. Was interessierte ihn das? Er war mit Daniel glücklich, wenn der mal nicht irgendwelchen Quatsch machte. Aber gerade jetzt bemerkte Serdall, wie sein Blick über ihren Kittel schweifte und kurz an ihrem Busen hängen blieb. Eine Frau war definitiv etwas Anderes als ein Mann im Bett. Serdall schluckte die Pillen, um sich abzulenken. Daniel war der Einzige für ihn, er liebte Daniel und da konnte jede Frau der Welt kommen, auch wenn sie noch so hübsch war. „Gut, Herr Agamie“, meinte Frau Doktor Kamp schließlich und trat noch einen Schritt näher an sein Bett. „Fehlt eigentlich nur noch die übliche Untersuchung. Blut abnehmen müsste ich Ihnen auch noch. Wenn Sie sich aber bitte zuerst obenrum einmal freimachen würden.“ Etwas überrascht zog Serdall die Augenbrauen hoch und richtete sich dann auf. Eigentlich hatte er gedacht, dass sie jetzt wieder gehen würde. Seufzend zog sich Serdall das dünne Hemdchen über den Kopf und betrachtet perplex seinen Oberkörper, auf dem sich kunterbunte Flecke tummelten. Er wollte wirklich nicht wissen, wie schlimm sein Wagen danach ausgesehen haben musste. Er fröstelte leicht, als die Ärztin das Stethoskop auf seine Brust setzte, um ihn abzuhorchen. „Einatmen“, verlangte Frau Doktor Kamp ein paar Mal und nickte dann zufrieden. „Ich würde sagen, dass Sie wohl wirklich mehr Glück als Verstand gehabt haben“, meinte sie und ging kurz nach draußen, um vom Medikamentenwagen eine Salbe zu holen. „Da Sie Privatpatient sind, macht das die Chefin noch selbst“, lächelte sie und verteilte die Salbe vorsichtig auf Serdalls Blutergüssen. Serdall biss sich auf die Lippe und verfluchte sich dafür, dass er sie im nächsten Moment charmant anlächelte. „Ich kann mich wirklich glücklich schätzen, dass ich auf Ihre Station gebracht worden bin“, erklärte er zufrieden und genoss die streichelnden Finger, die doch ganz anders waren als Daniels. Viel weicher, viel zärtlicher. Wieder blieb sein Blick kurz an ihrem Busen hängen, ehe er ihr ins Gesicht sah. „Sind Sie zu jedem Privatpatienten so nett?“ Ihre Wangen wurden leicht rot, doch im nächsten Moment lächelte Frau Doktor Kamp schon wieder professionell. „Nun, es wäre nicht gut für die Reputation des Krankenhauses, wenn ich meine Patienten rabiat und unhöflich behandeln würde, nicht wahr?“, meinte sie leise. „Das sollten sie ihren Krankenschwestern sagen. Besonders der mit dem Muttermal“, murrte Serdall und lächelte sie entschuldigend an. „Wie lange sind Sie eigentlich schon Ärztin? Sie sehen so jung aus“, fragte er sie mit einem bezaubernden Lächeln und wechselte so schnell das Thema. „Danke für das Kompliment“, lächelte sie erneut leicht rot um die Nase. „Das ist mein zweites Jahr als Assistenzärztin hier im Krankenhaus. Davor eben die üblichen sechs Jahre Studium.“ Während sie das sagte, führte sie noch diverse andere Untersuchungen bei Serdall durch, die sie alle mit einem zufriedenen Nicken beendete. Serdall zog sich sein Hemdchen wieder über und schob die Decke ein wenig über seine ausgekühlte Brust. „Sie nicken, heißt das, dass ich bald hier rauskomme?“, fragte er erneut etwas leidlich. „Verstehen Sie mich nicht falsch, Sie sind nett und machen eine wirklich gute Visite, aber ich wäre doch lieber daheim bei meinem Sohn.“ Und bei Daniel, fügte er in Gedanken noch an, sprach es aber nicht aus. „Haben Sie Kinder?“, fragte er sie spontan und traute langsam sich selbst nicht mehr. Flirtete er etwa hier? Ja, er tat es und er ‚checkte‘ seine Ärztin aus, sonst hätte er Daniel erwähnt. Was zu bedeuten hatte, würde er später erkunden. „Nein, habe ich nicht“, antwortete Frau Doktor Kamp etwas verwirrt. „Ohne Mann auch etwas schwierig“, lachte sie. „Außerdem hatte ich mit meinem Studium wirklich genug um die Ohren. Achtung.“ Sie nahm ihm etwas Blut ab und beschriftete es. „Und bezüglich Ihrer zweiten Frage denke ich, dass wir Sie noch zwei Tage zur Beobachtung hierlassen und dann sehen, was weiterhin mit ihnen passiert.“ „Das wäre schön. Aber eine Frage noch, Frau Doktor“, hielt Serdall sie auf. „Ist ein Studium wirklich so anspruchsvoll, dass solch eine bildschöne Frau keine Zeit für die Liebe hat? Sie können mir nicht erzählen, dass es keinen Mann in ihrem Leben gibt. Das würde mein Weltbild zerrütten“, lachte er leise und sah ihr aufmerksam ins Gesicht. „Nun, dann kratzen Sie mal die Scherben zusammen, Herr Agamie“, lächelte Frau Doktor Kamp leicht wehleidig. „Auch jetzt besteht mein Arbeitstag aus zwölf bis achtzehn Stunden, wenn niemand da ist, um sich um die Patienten zu kümmern und leider sind wir im Moment einfach extrem unterbesetzt. Da ich noch in der Notfallabteilung arbeite, habe ich eigentlich immer Stress. Da bleibt nicht viel Zeit für Partnersuche.“ „Diese Arbeit braucht wirklich volle Einsatzbereitschaft“, entgegnete Serdall ihr erstaunt. „Ich bin absolut beeindruckt, dass Sie dann trotzdem noch so gut gelaunt und wunderschön hier vor mir stehen. Ich an Ihrer Stelle wäre schon nach einem Tag komplett überfordert“, gab er verlegen zu. „Sie sind wirklich bemerkenswert“, sagte er ihr und lächelte offen. So eine Arbeit hatte wirklich Respekt verdient. Serdall würde das nie können, da er einfach zu emotional war. „Ach, ich halte Sie womöglich von der Arbeit ab. Sie sollten sich nicht von mir ablenken lassen.“ „Für Sie ist ohnehin eine gewisse Untersuchungszeit eingeplant, also könnte ich die auch voll ausschöpfen. Aber Sie haben schon recht, langsam sollte ich wirklich los. Heute Abend um acht habe ich Feierabend. Wenn Sie möchten, könnten wir unten in der Caféteria was trinken gehen“, schlug sie vor. „Naja, ‚gehen‘ ist schlecht“, lachte Serdall. „Aber wenn ich dann einen Rollstuhl habe, wäre ich wirklich geehrt, mit Ihnen noch etwas trinken zu gehen“, sagte er ehrlich. Am Abend hatte er sowieso nichts zu tun und Frau Doktor Kamp wäre eine angenehme Abendbeschäftigung. Sie war interessant, lustig, klug und unbeschreiblich attraktiv. „In Ordnung. Dann komme ich Sie abholen, nachdem ich mich umgezogen habe. Denn nicht vergessen, Sie unternehmen noch nichts auf eigene Faust. Ansonsten bin ich gezwungen, Sie noch länge hierzubehalten, wenn ihr Arm und Bein nicht vernünftig heilen. Wobei Sie einer der angenehmeren Patienten sind.“ Sie lächelte ihn an. „Wenn Sie mich so liebenswürdig bitten, kann ich ja wohl schlecht unangenehm zu Ihnen sein“, erwiderte er und zwinkerte ihr zu. „Also bis nachher. Ich freue mich schon.“ Er sah ihr hinterher, als sie ihm noch einmal winkte. Ihre Rückansicht war auch sehr anziehend. Serdall strich sich über die Augen, als die Tür hinter der Ärztin zufiel. Wenn Daniel das wüsste, gäbe es Tote, ganz sicher. Er öffnete eines seiner Augen. Daniel hatte wohl kein Recht, ihn deswegen zu verurteilen. Schließlich schlief Serdall mit ihr nicht und hatte auch nicht die Absicht. Er wollte sich nur ein wenig die Zeit vertreiben, während er hier war. Er atmete tief durch. Falls es Daniel rausbekam, würde Serdall es als seine Strafe deklarieren. Überrascht zog er die Augenbraue nach oben. Er wollte Daniel gleiches mit gleichem vergelten? Das war fies und das konnte er Daniel nicht antun. Serdall beschloss, dass es nur bei diesen einem Abend bleiben würde und er würde Frau Doktor Kamp von Daniel erzählen, das war sicher. Ende Kapitel 7 Kapitel 8: ----------- Kapitel 8 „Na, wie geht’s?“, fragte Daniel, als er in Serdalls Einzelzimmer eintrat. An der einen Hand hatte er Jana, die leicht ungelenk neben ihm her tapste, in der anderen eine größere Reisetasche. „Ich habe dir Sachen mitgebracht“, verkündete er und hielt die Tasche nach oben. „Dein Krankenhaushemdchen ist zwar auch sexy, aber ich möchte eigentlich nicht, dass jeder Arzt hier deinen blanken Popo sehen kann.“ „Dafür müsste ich mich umdrehen und die Bewegung fällt mir so eingegipst ziemlich schwer“, murrte Serdall. „Und willst du, dass ich hier ein halbes Jahr bleibe? Ist überhaupt noch etwas in meinem Schrank zuhause?“, fragte er grinsend, als er die Tasche entdeckte. Er winkte Jana, die tapsig auf ihn zukam und Daniel unweigerlich mit sich zog. Daniel hob sie hoch und Serdall konnte sie in die Arme schließen. Himmel, es war schön die beiden zu sehen. „Hey Prinzesschen“, grüßte Serdall Daniel mit einem kurzen Kuss, als der sich einen Moment zu ihm beugte. Daniel vertiefte den Kuss noch etwas, bevor er sich wieder von Serdall löste. „Naja“, meinte er nachdenklich, „immerhin brauchst du wohl auch einen Föhn, eine Zahnbürste, eine Bürste und eben sonst alles, was ein Mann zum Leben benötigt. Achso, deine Geige habe ich auch darin mit reingeschmuggelt“, meinte er augenzwinkernd. „Allerdings nur zum Angucken, damit du nicht so allein bist. Spielen sollst du noch nicht, hat mir deine Ärztin gesagt, als ich sie eben auf dem Gang getroffen habe.“ Augenblicklich bekam Serdall ein schlechtes Gewissen. Daniel hatte seine Ärztin getroffen? Es behagte ihm nicht, Daniel deswegen im Dunkeln tapern zu lassen. Er wollte ihm wenigstens sagen, was er am Abend vorhatte und dass das nichts zu bedeuten hatte. Klar, er fand sie attraktiv, aber er liebte Daniel und er war um Längen schöner, jetzt wo Serdall ihn ansah. „Danke, dass du meine Geige mitgebracht hast“, murmelte Serdall. Er hatte einen Dämpfer im Geigenkasten, damit würde er wenigstens unbemerkt spielen können und das würde er, solange sein Arm nicht schmerzte. Serdall strich Jana über die schwarzen Haare und ließ sie seinen Gips anfassen und dagegen klopfen. „Sag mal, ist es okay, wenn ich heute Abend mit der Ärztin ein wenig rede? Wir wollten in die Kantine uns ein wenig unterhalten“, sagte Serdall neutral. „Nein, kein Problem“, meinte Daniel schulterzuckend. „Deswegen brauchst du mich eigentlich auch nicht zu fragen. Ich hole mir ja auch nicht erst deine Genehmigung ein, um mit irgendwelchen Leuten zu sprechen. Außerdem kommt man während der Visite wahrscheinlich kaum zum Reden, so stressig wie es im Krankenhaus immer ist. Ist doch schön, dass sie sich nochmal Zeit für dich nimmt.“ Serdall runzelte die Stirn. Daniel verhielt sich seltsam. Normalerweise war er wenigstens skeptisch, wenn Serdall sich nach kurzer Zeit mit fremden Leuten anfreundete und das aus heiterem Himmel. Wenigstens ein wenig Eifersucht hatte er dann doch erwartet, oder war das zu viel verlangt? „Daniel, ist alles in Ordnung? Stimmt zuhause irgendetwas nicht?“ Alarmiert sah Daniel zu Serdall, lächelte allerdings schnell unbeteiligt. „Was soll denn sein?“, fragte er. „Es ist ziemlich einsam und langweilig ohne dich, vor allem nachts. Aber ich nehme mir entweder immer Taki oder Jana mit ins Bett, von daher ist das schon in Ordnung.“ Daniel grübelte darüber nach, wie Serdall es schaffte, ihm wirklich jede winzig kleine Gemütsregung anzusehen. Er hatte eben noch nicht einmal an Dustin gedacht, aber scheinbar doch irgendwas ausgestrahlt. Oder war das dieses Mal ein Glückstreffer gewesen? Hatte er irgendwas falsch gemacht? Innerlich zuckte er mit den Schultern. Er würde es ohnehin nie erfahren. Serdall zog beunruhigt eine Augenbraue nach oben. Daniel hatte etwas, nur wusste Serdall nicht, ob es jetzt an Frau Doktor Kamp lag oder doch an etwas Anderem. Nachdenklich beobachtete Serdall Daniel, wie er seine Sachen in den Zimmerschrank sortierte. Kopfschüttelnd wandte sich Serdall nun Jana zu. Daniel würde ihm schon sagen, wenn etwas war. Serdall hoffte nur, dass er nicht wieder solche Nachrichten von sich gab, wie am Samstag. /Dustin. Gestern/ Diese Worte hallten immer noch schmerzend in seinem Kopf nach. Seufzend spielte Serdall mit Jana und tat so, als ob er ihr die Nase klauen würde. Als Daniel fertig war mit einräumen, setzte er sich zu Serdall aufs Bett. Er rutschte so hin, dass das Gipsbein nicht im Weg war und setzte sich in Schneidersitz. „Und, hat sich was Neues ergeben?“, wollte er wissen. „Naja, ich bekomme heute noch einen Rollstuhl. Ansonsten sehe ich aus wie ein Marienkäfer, nur in einer anderen Farbversion“, seufzte Serdall. Er ließ Daniel kurz Jana festhalten, um seine blauen Flecke zu präsentieren. Er zog das Stück des Flatterhemds wieder herunter und nahm Jana erneut in seine Arme, da sie weiterspielen wollte. „Und es ist auch wirklich alles in Ordnung zuhause?“, fragte Serdall nun doch noch einmal, da er nicht umhin kam zu sehen, dass irgendetwas bei Daniel nicht stimmte. „Ja“, verdeutlichte Daniel noch einmal. „Ich bin nur traurig darüber, dass du Dustin rauswerfen willst, weil er trotz allem ein echt guter Freund ist und unsere Beziehung auch schon öfters den Schubs in die richtige Richtung gegeben hat, aber ich kann mir denken, dass es nicht das Thema ist, über das wir jetzt sprechen sollten.“ Er hoffte, dass sich Serdall damit zufrieden geben würde. Über sein Gefühlschaos, das vollkommen sinnlos war, musste er nun wirklich nichts wissen. „Da denkst du richtig“, knurrte Serdall nun plötzlich sauer. Dustin hatte in seinen Augen kein Mitleid mehr verdient, aber er hatte ja ganz andere Ansichten als Daniel. Dustin hatte Daniel zwar wohl öfters gesagt, was Sache war und in ihrer Beziehung geholfen, aber es gab auch Moment, in denen er sie fast zerstörte, wie zuletzt zum Beispiel. Serdall war sich noch nicht sicher, ob er ihn rauswarf, schließlich war er nun mal sein Schwager und auch nicht immer der Schlechteste gewesen, aber gerade wog das wohl ungefähr gleichauf. Grummelnd lehnte sich Serdall zurück und ließ Jana weiter auf seinem Gips herum klopfen. Das tat wenigstens nicht so sehr weh und beschäftigte sie. Daniel schwieg lieber. Das war wirklich kein Thema, das sie diskutieren sollten, vor allem da alles, was es zu sagen gab, ohnehin schon gesagt worden war. „Sag mal“, lenkte er das Thema auf andere Gebiete, „hättest du was dagegen, wenn ich dir etwas auf deinen Gips schreibe? Ich habe extra einen Stift mitgebracht“, verkündete er und zog einen schwarzen Edding aus seiner hinteren Hosentasche. Skeptisch blickte Serdall in Daniels Gesicht. „Wehe du schreibst irgendwas Perverses drauf“, murrte Serdall und nickte dann, als Daniel den Kopf schüttelte. Serdall hielt seinen Gips vor und ließ Daniel machen. Nachdenklich zückte Daniel den Stift. Toll, jetzt war er so weit und hatte keine Ahnung, was er schreiben oder malen sollte. Er verlegte sich erst einmal auf ein paar Herzchen und grinsende Gesichter, bevor er seufzend den Stift weglegte. „Ich hab keine Ahnung“, grummelte er. „Du kannst ja selbst was drauf schreiben. Oder wir geben Jana den Edding weiter“, grinste er fies. Serdall schmollte beleidigt. „Also wenigstens ein ‚Ich liebe dich‘ hätte ich erwartet“, zischte er und zog den Gips von Daniel weg. „Und Jana lass ich nicht ran, dann habe ich nämlich einen schwarzen Gips, der das Bettlaken vollschmiert“, muffelte er und zog gekränkt die Decke höher. Daniel lachte amüsiert und legte sich neben Serdall. „Brauchst du etwa eine kitschige schriftliche Versicherung, dass ich dich liebe?“, fragte er. „Ich kann es dir auch anders zeigen, wenn du möchtest“, raunte Daniel und küsste Serdall kurz. „Daniel, ich bin verletzt. Kannst du nicht mal so nett sein und es mir schriftlich geben?“, knurrte Serdall immer noch angefressen und wandte sein Gesicht von Daniel ab, damit der ihn nicht einfach so um den Finger wickeln konnte. Ja, er war irgendwie schlecht drauf, aber nur weil Daniel so blöd tat. Serdall wusste schon gar nicht mehr, wann sie miteinander geschlafen hatten. Ach ja, doch. Das war am Donnerstag, in der Nacht zum Freitag, gewesen. Gut, ungefähr eine Woche war wohl noch erträglich, aber nur weil er davon einige Tage im Koma verbracht hatte. Serdall knirschte leise mit den Zähnen. „Gut“, erwiderte Daniel beleidigt und krickelte ein liebloses ‚Ich liebe dich‘ auf Serdalls Gips am Arm. Warum stellte der sich überhaupt gerade so an? Gestern war er selbst noch derjenige gewesen, der die Initiative ergriffen hatte, obwohl er ach so schwer verletzt war und jetzt wollte Serdall ihn noch nicht einmal mehr küssen? Daniel robbte vom Bett herunter und setzte sich auf den Stuhl daneben. „Was ist überhaupt los mit dir?“, wollte er wissen. „Weiß nicht, vielleicht hat mir das bloß gerad gezeigt, dass du mich ab und zu nicht verstehst“, seufzte Serdall leidlich. Er sah auf die schwarze Schrift auf dem Gips und sah traurig zu Daniel. Das war ihm einfach zu viel. Eben redeten sie noch über Dustin und im nächsten Moment schaffte Daniel es nicht mal, ein dummes, kitschiges ‚Ich liebe dich‘ auf diesen verdammten Gips zu bringen, ohne das es Serdall sagte. Klar, die Herzen waren süß, aber die hätten auch von Jana sein können. Er steckte die Sache doch nicht so leicht weg, wie er dachte. Irgendwie war er nur noch unsicher. Er wollte eben, dass Daniel ihm versicherte, das er ihn liebte. So idiotisch das auch klang und wie oft es Daniel schon gesagt hatte, jetzt wünschte es sich Serdall mehr denn je und Daniel amüsierte sich darüber. Serdall zischte leise. Himmel war er wieder sensibel. Das konnte Daniel doch auch nicht ahnen. „Tut mir leid, ich hab überreagiert. Mir wird das hier drinnen bloß alles zu viel, solange ich weiß, das du allein daheim bist und Dustin auch noch dort wohnt“, gab er leise zu. „Hey“, murmelte Daniel leise und strich über Serdalls Wange. „Du brauchst dir echt keine Sorgen zu machen. Selbst ich bin nicht so doof und mache denselben Fehler mehrmals. Nun, zumindest meistens nicht“, fügte Daniel mit verzogenem Gesicht an. „Und solltest du dir doch Sorgen machen, dann denk einfach daran, dass sowohl dein Bruder als auch Ethan auch noch da sind, okay?“ Serdall nickte geschlagen. Er hatte eben diese Befürchtungen und das war wohl normal. „Machst du das jetzt nochmal schöner? Das sieht nicht überzeugt aus“, murrte Serdall und zeigte Daniel die beschriebene Gipsstelle. „Dafür musst du natürlich ganz nah an mich heran rutschen. Am besten du setzt dich wieder hier her, damit ich dich nebenbei küssen kann“, meinte Serdall mit einem Lächeln und rückte ein wenig mit Jana beiseite, um Daniel wieder zu sich zu locken. „Und anknüpfend kannst du mir auch noch zeigen, wie sehr du mich liebst.“ „Ach, jetzt doch?“, fragte Daniel grinsend, folgte allerdings Serdalls Aufforderung und kletterte wieder aufs Bett. „Verschieben wir das mit dem Küssen auf später, sonst wird dein Gips nämlich nicht schöner als vorher, wenn du mich ablenkst.“ „Okay“, antwortete Serdall nicht sehr vertrauenswürdig. Er schlang gleich seinen linken Arm um Daniel, während der konzentriert die Linien auf dem Gips nachzog. Zufrieden lehnte Serdall seinen Kopf gegen Daniels Schulter und genoss seine Nähe. Seine linke Hand hatte sich unter Daniels Pullover geschummelt und strich langsam an der Seite hinab. Nicht provozierend, sondern einfach fühlend. Diese Zweisamkeit war das, was Serdall am meisten im Krankenhaus vermisste, besonders vor dem Einschlafen. Daniel einfach im Arm zu halten und den flacher werdenden Atemzügen zu lauschen, das leise Schmatzen zu hören, das Daniel immer machte, wenn er kurz davor war wegzunicken. Seufzend schloss Serdall die Augen und sog tief den frischen Duft ein, den Daniel verströmte. Himmel, er vermisste ihn jetzt schon wieder und war fest davon überzeugt, dass er keine fünf Tage mehr aushielt. Daniel hatte dem ‚Ich liebe dich‘ in der Zwischenzeit noch einen Herzrahmen verpasst und zwei schöne Gedichte auf den Gips geschrieben. Er setzte Jana vom Bett herunter, da sie schon langsam hibbelig wurde und lehnte sich dann wieder an Serdall. Leise gähnte er. Die letzten Nächte waren nicht sehr lang und nicht sehr erholsam gewesen. Ohne Serdall fehlte eben doch etwas. Vielleicht sollte er ihn doch demnächst schon mitnehmen? Immerhin lag er stationär und es schien im recht gut zu gehen. Mal sehen, wann die Ärzte ihn gehen lassen wollten. Nun glücklich nickte Serdall über das Ergebnis wie sein Gips nun aussah und küsste Daniel dankbar. Daniel lag nun neben ihm und Serdalls Hand schlüpfte an seiner Kehrseite unter den Hosenbund, während er Daniel intensiv küsste. Nun ungestört von irgendwelchen piepsenden Geräten und sicher, dass Jana nur im Zimmer umhertappen konnte, zog Serdall Daniel auf sich, so gut es nach seinen Kräften ging. Daniel schwang ein Bein über Serdalls Hüfte und kam auf seinen Lenden zum Sitzen. Serdall stöhnte rau in den Kuss und schlang seinen gegipsten Arm um Daniels Nacken, um ihn näher zu sich zu ziehen und ihn nahezu mit dem Mund zu verschlingen. Leidenschaftlich führte Daniel ihren Kuss fort, während seine Hände unter Serdalls dünnes Hemd wanderten. Seufzend liebkoste er die warme, weiche Haut und knabberte dann Serdalls Kinnlinie entlang. Nach einiger Zeit ließ er von seinem Freund ab, als er merkte, dass ihn das Alles auch nicht gerade kalt ließ. Daniel legte seinen Kopf auf Serdalls Brust ab und atmete einmal tief durch. „Wenn jetzt irgendwer kommen würde“, murmelte er. Außerdem spielte Jana noch mit dem Anhänger von Serdalls Reisetasche und sollte am besten auch nicht zu viel mitbekommen. „Du fehlst mir“, murrte Serdall leise an Daniels Kopf und küsste das rasierte Haupt. Seine freie Hand wieder von Daniels Hintern nehmend, legte er sie an Daniels Kinn, um ihn zum Aufsehen zu bringen. Küsse auf die Lippen hauchend, löste er Daniels Abwehrhaltung auf. „Du könntest morgen ein bisschen was mitbringen“, murmelte Serdall und ließ keine Zweifel offen, was dieses ‚Bisschen‘ war. „Und Jana zu Hause lassen“, flüsterte er atemlos an Daniels Lippen und schlang die Arme um ihn, damit er ihn erneut tief küssen konnte. Daniel unterbrach den Kuss allerdings heftig atmend und sah Serdall entsetzt an. „Bist du irre?“, fragte er geschockt, musste dann allerdings lachen. „Ehrlich, wie stellst du dir denn das vor, dass wir hier miteinander schlafen? Es gibt so viele Gründe, es nicht zu tun. Uns könnte jemand hören, es könnte jemand reinkommen, wir könnten etwas schmutzig machen und ich will niemandem erklären, wie das passiert ist und du bist verletzt, falls es dir noch nicht aufgefallen ist.“ Serdall zog überrascht die Augenbrauen nach oben. Seine Hand wanderte währenddessen wieder zu Daniels Po und strich nachdrücklich über die Mitte, hinab zum rechten Innenschenkel und wieder hinauf. „Du willst also nicht?“, fragte er heiser und er sah Daniel schelmisch in die Augen. „So kenne ich dich gar nicht, Daniel. Du bist doch sonst immer zu jeder Schandtat bereit.“ Es war wohl von Serdall ungewöhnlich danach zu fragen, aber es wäre in seinen Augen auch ungewöhnlich es nicht zu tun. Er liebte Daniel und wann war er da je rational gewesen? Und wenn Daniel das gefiel, war es schön. Serdall würde es auf jeden Fall gefallen. „Wir schieben einfach einen Stuhl unter die Türklinke, du versuchst leise zu sein und bringst morgen ein paar Kondome und Gleitcreme mit, okay? Da wird schon nichts schmutzig“, flüsterte Serdall. „Außer du willst wirklich nicht, dann lassen wir es.“ „Du Hirni, du weißt ganz genau, dass ich niemals nein sagen könnte“, seufzte Daniel schon fast geschlagen und rutschte ein Stück nach unten, sodass Serdalls Hände wieder auf seinem Rücken landeten. „Es ist nur so… verboten“, meinte er und grinste dann. „Man, wir sind total verrückt. Du bist total verrückt, immerhin war es den verrückter Einfall.“ Daniel konnte gar nicht glauben, dass Serdall sowas überhaupt vorschlug. Allerdings war der letzte Austausch intimer Zärtlichkeit schon ziemlich lange her. Wobei, eigentlich waren sie in ein paar Tagen auch schon wieder gänzlich ungestört. „Ach, gib es zu, du hast auch dran gedacht. Ich hab es dir von der Nasenspitze abgelesen“, murrte Serdall und pikste Daniel in die Seite. „Dann hab ich wenigstens etwas, worauf ich mich morgen richtig freuen kann und was meine Erinnerungen lebhaft auffrischt“, seufzte Serdall und zog Daniel wieder höher, um ihn zu küssen. „Eigentlich könnten wir es auch jetzt tun“, seufzte Serdall leise. „Das Hemd vermissen die doch eh nicht, wenn wir es wegwerfen“, hauchte er und wanderte mit dem Mund zu Daniels Ohr, um spielerisch daran zu knabbern. Die Gänsehaut, die über Daniels Körper kroch, machte ihn ganz verrückt und er war nahe dran, Serdall tatsächlich nachzugeben, doch seine letzten aktiven Gehirnzellen hielten ihn davon ab. Leise stöhnend löste er sich und sah Serdall pikiert an. „Bist du zum Sexmonster mutiert oder wie?“, wollte er wissen. „Hier sind minderjährige Zuschauer anwesend, ich habe keine Lust hier alles vollzusauen und kann nirgends duschen wenn ich vollgesaut werde.“ Grinsend strich Serdall immer noch an Daniel herum. Er liebte es, wenn Daniel sich wegen ein wenig Sex so aufplusterte. „Duschen könntest du, das ist nicht das Problem. Aber ich sehe ein, dass Jana wirklich nicht das beste Publikum ist“, entgegnete er lächelnd. „Hm“, schnurrte Serdall und küsste Daniel am Kehlkopf, dort wo er ihn gerade erreichen konnte. „Die Ärztin meinte übrigens, dass ich vielleicht noch zwei Tage zur Beobachtung bleiben müsste, wenn alles gut geht“, eröffnete Serdall leise und unterbrach kurz die Arbeit an dem Knutschfleck, den er Daniel gerade verpassen wollte. „Na dann müssen wir die ganze Aktion hier eigentlich gar nicht starten“, erwiderte Daniel grinsend und fuhr Serdall durch die Haare. Zum Glück war dieser störende Verband endlich ab. „Tja, wozu auch. Ist ja nur Serdall, der hier dumm rumliegt und sich nach seinem Freund sehnt“, knurrte Serdall nun angepisst und verschränkte die Arme. Worum ging es Daniel eigentlich noch? Um irgendeine Pflicht Serdall gegenüber oder einfach nur noch darum, den Schein zu wahren? Serdall wusste langsam nicht mehr, was er glauben sollte und Daniels Art verunsicherte ihn gerade nur noch. „Und ‚müssen‘ tun wir ja eh nichts, nicht wahr?“ Serdall verbiss sich angestrengt den nächsten Kommentar. Wieso fuhren seine Gefühle auch gerade nur Achterbahn? Mal war er glücklich und in der gleichen Sekunde, sagte Daniel etwas und Wut stieg in ihm auf, genauso schnell wie Traurigkeit. Erschrocken sah Daniel Serdall an. Er schluckte sich seinen und pampigen Kommentar hinunter und versuchte es dieses Mal auf andere Art und Weise. Es brachte nichts, einen Streit zu provozieren, auch wenn er sich fragte, warum Serdall ihn momentan bei jedem fünften Kommentar, den er machte, so extrem anging. War das Alles noch wegen der Sache mit Dustin? Was hieß noch. Serdall hatte im Koma gelegen, von daher war für ihn noch viel weniger Zeit vergangen, allerdings war es auch so nicht lange her. Seufzend sah Daniel zu seinem Freund. „Entschuldige, ich habe es nicht so gemeint“, meinte er. „Ich denke nur, dass es eine extrem risikoreiche Sache ist und auch, wenn es einen gewissen Kick hat, möchte ich eigentlich nicht von irgendeiner Schwester beim Sex erwischt werden.“ „Fein. Dann gehen wir das Risiko nicht ein“, knurrte Serdall genervt. Wäre es jemand anders, würde Daniel sicherlich bereitwillig mitmachen. Am besten wohl sogar sofort, ohne groß nachzudenken, so wie er es sonst immer tat. Dustin bräuchte wohl nur mit dem Finger zu schnipsen, damit Daniel zu ihm gekrochen kam. Verbissen sah Serdall an Daniel vorbei. Es erschreckte ihn, dass er so fies über Daniel dachte, doch entsprach es nicht der Wahrheit? Zumindest der, die seit dem Wochenende herrschte? Bei Anderen dachte Daniel nicht viel nach, da riskierte er Aids und wusste der Teufel was noch. Serdall erinnerte sich nur allzu deutlich an ihre Anfangszeit, an die Dinge, die Daniel ihm erzählt und auch getan hatte. Kurz blickte Serdall zu Daniel und bereute es im nächsten Moment, weil erneut Wut in ihm hochkochte. Daniel verstand ihn nicht. Wie auch? Wie sollte er das verstehen, was in ihm vorging, wenn er noch nie dermaßen betrogen worden war, weil Serdall es sich nicht einmal wagen würde, ihn so sehr zu verletzen. Daniel konnte das ja. Er konnte es, ohne darüber nachzudenken, weil er nie die andere Seite der Medaille gespürt hatte, die, auf der Serdall sich gerade befand und weder ein noch aus wusste. „Es wäre mir lieber, wenn du dich anständig auf den Stuhl setzen würdest“, zischte Serdall plötzlich. „Sonst ist dir das zum Schluss noch peinlich, wenn eine Schwester kommt.“ „Weißt du was“, ätzte Daniel, während er vom Bett herunterstieg, „ich glaube ich gehe besser ganz. Ist es wegen Dustin und mir? Ich habe dir gesagt, dass es mir leid tut, mehr kann ich leider nicht mehr tun. Wenn dir das nicht reicht, dann sag es mir, denn ich habe keine Lust, mich andauernd von dir so anmachen zu lassen. Dazu bin ich mir ehrlich gesagt zu schade.“ Er ging zu Jana, nahm sie auf die Arme und verstaute Serdalls leere Reisetasche noch im Schrank. „Dazu bist du dir zu schade?“, fauchte Serdall. „Was soll ich denn sagen, dass ich dich kleine Schlampe immer wieder zu mir nehme, hä? Gut, geh zu Dustin. Ihr könnt gleich gemeinsam packen. Ich will euch nicht mehr sehen, verstanden?“ Tränen liefen Serdalls Wangen runter. „Mit dem kannst du nämlich vögeln wann du willst. Der steht nämlich auf dich und findet es sicher nicht schlimm, wenn er Freunde und Geliebte betrügt“, knurrte er wütend. „Dich hat er ja auch betrogen, erinnerst du dich? Da haste ja vom Meister gelernt“, setzte er nach, um seiner Wut Platz zu machen. Energisch rieb er sich über die tränenden Augen. Daniel war hin und her gerissen. Einerseits konnte er es einfach nicht sehen, wenn Serdall weinte, andererseits waren die Worte mehr als nur verletzend gewesen. Sowohl ihm als auch Dustin gegenüber, in einem gewissen Maße auch für Ethan, denn immerhin konnte man es so deuten, dass Dustin lieber mit ihm schlief, als mit seinem Freund, der ihm dann scheinbar vollkommen egal war. Daniel entschied sich dieses Mal nicht klein bei zugeben. So wie Serdall drauf war, kam am nächsten Tag dann gleich die nächste Konfrontation. „Du hast meine Handynummer“, meinte er neutral. Wenn etwas sein sollte, erreichst du mich darüber.“ Er setzte sich Jana etwas höher auf die Hüfte und ging aus dem Krankenzimmer. Ein erstickter Laut entrang sich Serdalls Kehle, als er zusah, wie sich die Tür hinter Daniel schloss. „Bastard“, zischte Serdall wütend und versuchte das schmerzhafte Ziehen in seinem Magen zu ignorieren. Das war also alles, was Daniel zu sagen hatte. Er habe seine Nummer? Und? Das half ihnen nicht viel, oder? Daniel verfluchend biss sich Serdall auf die Lippe. Das war eindeutig zu viel. Ja, Daniel konnte nicht mehr tun, als sich entschuldigen, aber musste er dann auch zeigen, dass es ihm etwas ausmachte auch noch mit ihm zusammen zu sein? Er hätte auch klipp und klar sagen können, dass er nicht wollte. Dass er ihn nicht mehr liebte. Serdall griff sich den Edding, den Daniel auf seinem Nachtschrank liegen lassen hatte und schwärzte das geschriebene ‚Ich liebe dich‘ an, sodass es nur noch ein schwarzer Balken war. Aus den Herzen machte er Kreise und den Rest beließ er so. Diese Tat gab ihm wenigstens ein klein wenig besseres Gefühl, auch wenn sie kindisch war. Für Serdall bedeutete die Tatsache, dass Daniel gegangen war, dass es aus zwischen ihnen war. Nicht mehr der Rede wert. Wütend feuerte Serdall den Stift durch den Raum. „Ich brauch dich nicht“, flüsterte er leise und legte sich zurück, um an die Decke zu starren. Wozu auch? Daniel hatte ihm zuletzt nur noch wehgetan. Er war es wirklich nicht mehr wert. Plötzlich lachte Serdall leise. Er wusste, warum Daniel plötzlich so selbstsicher gegangen war. Es war doch so klar. Daniel glaubte wohl, dass er ihm alles verzieh, dass er immer wieder zu ihm kommen konnte. Serdall war ja schön dumm und verzieh es ihm, wenn er mal Druck ablassen musste. War doch kein Problem. Serdall ist der kitschige Romantiker, den er ausnutzen konnte. Seine Finger gruben sich fest in seine Bettdecke. „Vergiss es“, schnaubte Serdall. Das hatte er wirklich nicht verdient. Serdall griff nach dem Telefon, welches auf dem Tisch lag und wählte Feis Nummer. Daniel hatte sich geschnitten, wenn er glaubte, dass er das so einfach durchgehen ließ. Angenehme Kälte kroch durch Serdall hindurch, die er doch nur so gut kannte. „Irgendwann stupft man doch ab“, seufzte er leise und wartete darauf, dass sein Bruder ranging. Schwer atmend stieg Daniel aus dem Wagen und schnallte auch Jana ab. Er hatte gerade ziemlich viele Verkehrsregen gebrochen und hätte wohl gegen alle verstoßen, wenn er seine Tochter nicht mit ihm Auto gehabt hätte. Wütend trat er gegen das rechte Vorderrad und fluchte verhalten. Hatte er richtig gehandelt? Er wusste es nicht. Er wusste im Moment gar nichts mehr. Wenn er nachgegeben hätte, wäre Serdall wohl gleich morgen das nächste Mal so ausgerastet. Das ging schon so, seit er aufgewacht war, aber am krassesten war es wohl heute gewesen. Im einen Moment wollten sie noch miteinander schlafen und auf einmal beleidigte Serdall ihn aufs Übelste. Vielleicht war es aber auch nur verletzter Stolz gewesen, aufgewühlte unschöne Erinnerungen, es hätte alles sein können. Auf jeden Fall wäre es dann etwas gewesen, das vergangen wäre. Noch ein paarmal durchstehen und alles wäre wieder gut. Wäre das der Fall gewesen? Wieder eine Frage, die Daniel nicht beantworten konnte. Leider hatte er nicht das Talent, in die Zukunft zu sehen. Gequält fuhr er sich über den Kopf. Und jetzt? Er konnte warten bis Serdall anrief, er konnte aber auch zu ihm gehen, entweder gleich, morgen früh oder wenn er sich ein paar Tage nicht gemeldet hatte. Es war zum verrückt werden. Schwach ließ Daniel Jana ein Stück weiter nach oben rutschen und öffnete dann die Haustür. Höhnisch grinsend kam plötzlich Fei aus dem Wohnzimmer. „Daniel, hättest du kurz eine Minute? Dustin und Ethan sind schon im Wohnzimmer und wir warten nur noch auf dich“, sagte Fei mit einer kühlen Stimmlage. Daniel ging an ihm vorbei und Fei schloss die Tür hinter ihm. Im Raum befand sich neben Dustin und Ethan auch Kikuchi. Fei blieb stehen, als Daniel sich gesetzt hatte und sah kalt zu den Dreien. „Ich hab die Ehre euch mittzuteilen, dass ihr in mindestens sieben Tagen eure Sachen gepackt haben müsst und ausgezogen sein sollt. Serdall ist es egal, wo ihr hingeht, Hauptsache er muss euch nicht mehr sehen. Falls ihr nicht in der genannten Frist raus seid, gibt er mir freien Handlungsspielraum und ich habe meine Mittel, verstanden?“ Geschockt starrte Daniel ihn an und auch Ethan und Dustin sahen nicht viel besser aus. Fassungslos schüttelte Daniel den Kopf. Er dachte, Serdall hatte das nur so gesagt, allerdings nicht so gemeint. Dass er tatsächlich diese Schritte unternahm, brachte sein gesamtes Weltbild ins Wanken. Eigentlich war doch zwischen ihnen alles geklärt gewesen. Beendete Serdall etwas alles nach einem verdammten Streit? Beenden. Daran hatte Daniel noch gar nicht gedacht. War es aus? Ein schmerzhafter Stich schoss durch seine Brust. Es konnte nicht aus sein. „Ich gehe nochmal zu ihm“, beschloss er laut. „Er kann nicht plötzlich so extrem umschwenken, nur wegen dieser einen kleinen Meinungsverschiedenheit.“ „Meinungsverschiedenheit?“, Fei lachte emotionslos auf. „Dir soll ich auch noch etwas ausrichten, Daniel Erhardt“, sagte Fei süffisant. „Du sollst den Ring abnehmen und in seinen Nachtschrank packen. Das Armband kannst du seinetwegen behalten, das hat keinen Wert mehr für ihn.“ Fei verschränkte zufrieden die Arme vor seiner Brust. „In seinen Augen bist du gestorben, als du dich heute umgedreht hast und gegangen bist. Sowieso, er wird Deutschland mit mir verlassen. Du brauchst dir also keine Hoffnungen mehr zu machen.“ Einen Moment lang war Daniel sprachlos. In ihm schien plötzlich alles taub zu sein. Irgendwie waren so viele Gefühle in ihm, dass er nichts mehr wahrnahm. Entschlossen schüttelte er alles ab und blitzte Fei dann wütend entgegen. „Ich tue und glaube erst alles, wenn er mir das selbst gesagt hat. Ich habe keine Ahnung, was so schlimm gewesen ist, dass er so ausrastet aber er wird Taki bestimmt nicht einfach so aus seiner vertrauten Umgebung reißen. Er weiß, was er dem Kleinen damit antun würde.“ „Taki wird bei uns in besten Händen sein und Serdall hat sich auch entschieden wieder zu heiraten, wenn er eine Frau findet, die ihm gefällt. Von Männern, die nur mit ihm spielen und ihn verarschen, hat er genug. Also kurz, er hat von dir genug“, zischte Fei. „Selbst sein Schwager fällt ihm in den Rücken und das kann er nicht gebrauchen.“ Erniedrigend sah Fei auf Daniel und schüttelte einfach den Kopf. „Du solltest dein Verständnis von Liebe überdenken, denn Serdall hast du eindeutig nicht geliebt. Und wäre ich Serdall, hätte ich dir keine Gnadenfrist gegeben, eher noch einen Tritt und einen Messerstich ins Herz“, knurrte Fei und bedeutete Kikuchi, dass sie gehen würden. „Warte!“, rief Daniel entsetzt. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Konnte Serdall auf einmal doch so schnell abschalten und alles vergessen? Nachdem er ihm erst verziehen hatte, weil er ihn angeblich so sehr liebte und eine Trennung noch mehr schmerzen würde, als ein Betrug? Schwer schnappte Daniel nach Luft. Er hatte das Gefühl, kaum mehr atmen zu können. Das konnte so einfach nicht von Serdall kommen. „Das hast du dir alles einfach nur ausgedacht, um uns auseinanderzubringen. Gib es zu“, zischte er Fei zu. „Du warst schon immer gegen unsere Beziehung, hast ihr nur zugestimmt, weil Serdall sich umbringen wollte und jetzt, beim kleinsten Zeichen, dass du dein Ziel doch noch erreichen kannst, schöpfst du alles voll aus.“ Dustin sah diesem Disput ziemlich geschockt zu. Also hatte sich Serdall doch umbringen wollen, damals. Er hatte es geahnt gehabt, aber dass deswegen das Ganze solch eine Wendung genommen hatte, war erschreckend. Fei blickte maskenartig zu Daniel, ließ nicht erkennen, was für Gefühle ihn gerade dominierten. Sein Gesicht drückte Kälte und Distanz aus, das Gegenteil von Daniels erhitztem Gemüt. „Ja, ich war nie für eure Beziehung, aber das ist ja jetzt auch nicht mehr nötig. Serdall will dich nicht mehr sehen und das ist auch wirklich besser für ihn. Ohne dich muss er nicht ständig leiden, sei es körperlicher oder seelischer Schmerz. Seine Liebe kann nicht alles überwinden, ganz einfach. Du hast das Maß ausgeschöpft und er wird dir das auch noch einmal höchstpersönlich sagen, wenn du das willst.“ „Gut!“, rief Daniel aufgebracht. „Dann soll er das tun. Genau jetzt.“ Er ging zu Dustin, drückte ihm Jana in die Arme, fuhr einmal kurz über Kimbas Kopf, die das ganze Geschehen zusammen mit Mücke aufmerksam, aber wahrscheinlich nicht verstehend verfolgt hatte und stürmte dann in den Flur. Das konnte nicht wahr sein. Fei machte ihm etwas vor. Das passte alles nicht zusammen. „Schade, dass ich nicht dabei sein kann. Serdall ist immer so schön spitzfindig, wenn er andere Leute nicht leiden kann“, seufzte Fei zu Daniel, als der in seine Schuhe schlüpfte. „Aber dass du noch irgendwelche Ansprüche an ihn stellst, wundert mich sowieso ziemlich. Was hast du denn geglaubt, wie lange er das mit dir aushalten würde?“ In Daniel brannten die Sicherungen durch. Er packte Fei, der mit ihm allein im Flur stand, am Kragen und knallte ihn gegen die Wand. Es war ihm in dem Moment egal, wen er vor sich hatte, zu was der Mann fähig und wie gefährlich er war. Er wollte einfach nichts mehr hören. Nichts von diesen Halb- und Unwahrheiten. „Sei ruhig“, zischte er. „Ich will dein Gehetze nicht hören. Sei einfach still.“ Fei lachte laut auf, ehe sein Blick todernst wurde. „Das hättest du besser nicht tun sollen“, hauchte er bedrohlich in Daniels Gesicht. „Serdall nimmt dich jetzt nicht mehr in Schutz“, flüsterte er und blitzschnell schnellte seine Hand an Daniels Kehle und drückte zu. Als Daniel seinen Griff lockerte, schlich sich ein kleines Schmunzeln in Feis Züge. Er drehte sich halb, packte Daniels rechte Hand und setzte zum Schulterwurf an. Daniel fiel krachend gegen die Kommode, die ächzend protestierte. Sofort kniete sich Fei zu Daniel herunter, packte ihm beim Hals und gab ihm mit dem Handrücken und voller Kraft eine Ohrfeige. „Das ist ein Vorgeschmack darauf, wenn ich dich in die Finger bekomme, nachdem du Serdall gesprochen hast. Dann schlage ich dich eigenhändig tot“, zischte er in Daniels Gesicht und erhob sich. Sein Blick war eiskalt und zeigte, dass es ihm absolut ernst war. Keiner fasste ihn so respektlos an und kam mit dem Leben davon, ganz besonders nicht dieser Abschaum Daniel. Mit aufgerissenen Augen und nach Luft japsend sah Daniel dabei zu, wie Fei wieder zurück ins Wohnzimmer ging. Er musste noch ein paar Mal panisch einatmen, bis sich seine Lunge scheinbar endlich wieder daran erinnerte, wie man zu Sauerstoff kam. Mit rasendem Herzen blieb er erst einmal eine Zeit lang liegen und versuchte alles wieder für sich zu ordnen. Schien noch alles da zu sein, wie Daniel nach einer kurzen Bestandsaufnahme feststellte. Nur taten vor allem Rücken, Gesicht und Hals extrem weh. Ächzend stand er auf und stützte sich kurz an der Wand ab, als ihm schwindlig wurde. Gott, er hasste Fei. Dieses brutale, emotionslose Arschloch. Daniel ging ins Badezimmer und sah kurz in den Spiegel. Mist, wie er gedacht hatte. Seine Lippe blutete ziemlich und der metallische Geschmack im Mund kam von dem Blut aus seiner Zunge, auf die er sich gebissen hatte. Einmal spülte er kurz mit Wasser nach, wischte sich über den Mund und ging dann nach draußen, um ins Auto zu steigen. Egal, ob er eigentlich hätte kühlen sollen, erst einmal musste er zu Serdall, sonst war die Besuchszeit vorbei. Dieses Mal wirklich alle Verbote ignorierend, raste Daniel zum Krankenhaus und anschließend durch die Flure. „Oh mein Gott, alles in Ordnung mit Ihnen“, fragte eine besorgte Krankenschwester, der er auf dem Flur begegnete, doch Daniel riss sich los. „Lassen Sie mich“, zischte er, wischte sich erneut das Blut aus dem Gesicht und trat dann ohne zu klopfen in Serdalls Zimmer ein. Jener lag ruhig auf seinem Bett und sah zum Fernseher. Als er Daniel sah, schaltete er gemächlich das Gerät per Fernbedienung aus und sah zu ihm. Es sollte ihm vielleicht leidtun, dass Daniel blutete und lädiert war, doch das tat es nicht. Nicht mehr. „Die Besuchszeit ist vorbei“, sagte er desinteressiert und blickte Daniel weiterhin in die blitzenden Augen. Dass er diesem Mann irgendwelche Gefühle entgegenbrachte, war Geschichte. Serdall wollte sich ein neues Leben aufbauen, ohne Daniel, ohne den Schmerz. „Die Besuchszeit ist in fünf Minuten vorbei und länger brauch ich auch nicht“, erwiderte Daniel mit rasendem Herzschlag. Er hatte das Gefühl, gleich umzukippen. Vielleicht lag das an Feis netter Behandlung, denn er konnte kaum aufrecht stehen, vielleicht auch an Serdall. „Sag mir, dass es nicht stimmt, was Fei mir erzählt hat“, verlangte er. „Wenn er gesagt hat, dass du ausziehen sollst und ich diese Beziehung für beendet ansehe, dann stimmt es. Ich lasse mich nicht länger von dir an der Nase herumführen. Irgendwann möchte ich auch mal meine Ruhe und deswegen werde ich nach Japan gehen“, erklärte er ruhig. „War es das, was du hören wolltest?“, fragte er Daniel eisig und sah ihn einfach nur reglos an. Ungläubig schüttelte Daniel den Kopf. Das war nicht sein Serdall, der Serdall den er kannte und liebte. Das war der Serdall von vor zwei Jahren, schlimmer noch. Warum war er wieder so? Warum nur? Schwach lehnte Daniel sich an den Tisch, da seine Beine unter ihm nachzugeben drohten. „Warum auf einmal?“, fragte er leise. „Du hattest mir verziehen oder nicht? Ich habe nichts mehr gemacht, hatte nicht vor, dich nochmal irgendwie zu verärgern und jetzt trennst du dich von mir? Schlimmer noch, du ziehst aus, schmeißt mich raus, hast vor, wieder zu heiraten und willst nach Japan ziehen, Taki auch noch mitnehmen. Warum? Erkläre es mir.“ „Weil ich dir einfach nicht verzeihen kann“, sagte Serdall deutlich und blickte Daniel emotionslos in die Augen. „Ich habe es versucht, aber alles, was ich in deiner Gegenwart spüre, ist Wut. Dustin ist der, mit dem du zuletzt geschlafen hast. Bei mir schlägst du die Möglichkeit zum Sex sofort aus, weil es dir zu risikoreich ist“, erklärte Serdall sachlich. „Und du denkst, dass ich dich einfach immer wiedernehme. Ich war verzweifelt, habe alles gesagt, damit du bei mir bleibst, wollte versuchen, das mit Dustin einfach wieder von mir zu schieben, wie bei Kai…“ Serdall seufzte leise und wandte den Blick ab. „Weißt du was? Ich bin es leid von dir hintergangen zu werden. Ich beende das Ganze lieber, bevor du den nächsten Fehler machst und ich dich nur noch hassen kann. Ich kann nicht immer Ausnahmen machen. Das letzte Mal mit Kai war schlimm genug, aber du hattest einen Grund. Diesmal hattest du keinen und in meinen Augen ist es deswegen einfach vorbei zwischen uns.“ In ihm schien alles auszukühlen. Das war die Realität. Es konnte so zwischen ihnen einfach nicht mehr weitergehen und bevor sie sich ewig aneinander klammerten, bevor Serdall sich nur noch an Daniel klammerte und litt, war es besser, das Ganze zu beenden. Er liebte Daniel, ja, aber er konnte es nicht mehr so fortführen, dass Daniel ihn ab und zu hinterging und dann von ihm erwartete, es ihm zu verzeihen. „Glaub mir, es ist besser für uns beide. Jeder geht von nun an seinen eigenen Weg. Ich werde nach Japan fliegen und wir werden uns nie mehr wiedersehen.“ Serdall war gelassen, als er das sagte. Es endlich einzusehen gab ihm irgendwie Ruhe. Mit Daniel konnte er einfach nicht glücklich werden, das war eine Tatsache. Daniel hatte schon immer andere Ansichten gehabt, auch wenn er versucht hatte, sich Serdall zuliebe zurückzuhalten. Er war nun mal voll und ganz schwul und Dustin einer der Männer, die Daniel um den Finger wickeln konnte. Serdall spielte nicht die zweite Geige und wollte das auch nicht in Daniels Herz tun. „Es ist garantiert nicht ‚besser für uns beide‘“, schrie Daniel aufgebracht und mit Tränen in den Augen. „Es ist vielleicht besser für dich, weil du so einfach schön alles verdrängen kannst. Dass du das überhaupt kannst, verdammt! Vorhin haben diese Augen mich noch warm und leidenschaftlich angesehen und jetzt hast du nicht mehr als Kälte für mich übrig?“, fragte er verzweifelt. „Ist das meine beschissene Strafe? Spielst du ein paar Wochen den fiesen Typen und dann ist alles wieder gut?“ Serdall lachte humorlos auf. „Du hast doch nicht wirklich geglaubt, dass ich dich je richtig bestrafen könnte? Wenn alles okay gewesen wäre, hätte ich das nie getan. Ich hätte dich nicht bestraft. Aber du hast mir einfach gezeigt, dass ich für dich nicht mehr der Einzige bin. Daniel, du warst für mich immer mein Ein und Alles, bist es auch jetzt noch, aber wie kann ich bei dir bleiben, wenn diese Gefühle nicht erwidert werden? Bevor du mit Kai geschlafen hast, die ganze Zeit davor, da hast du mich so geliebt. Ich habe es bei jeder Berührung gemerkt und jetzt? Es ist nicht mehr viel von dem übrig, von dem Mann, der mich damals so erobert hat. Es tut mir leid, Daniel, es ist einfach vorbei. Du hast deine Entscheidungen getroffen und nun treffe ich meine.“ „Du bist der Einzige für mich“, erwiderte Daniel verzweifelt. „Zumindest in meinem Herzen bist du es und wirst es immer sein. Verdammt, das kann es doch nicht gewesen sein. Wegen eines beschissenen Fehlers. Sag mir, was ich machen soll, damit du mir verzeihst“, flehte er. Serdall schüttelte den Kopf. Es schmerzte ihn, Daniel so zu sehen, ihm so in die unglücklichen Augen zu schauen, doch er verschloss diese Gefühle für ihrer beider Wohl. „Du hattest deine Chance, das war vorhin. Ich kann dir nicht verzeihen, nicht mehr. Und ich bitte dich, es mir nicht noch schwerer zu machen, als es ist. Wenn ich fort bin, kannst du endlich auf eigenen Beinen stehen. Du hast Jana, für die du leben kannst und Dustin, der sicher weiter für dich da sein wird. Ich will euch alle einfach bloß hinter mir lassen, bevor es für mich zu spät ist.“ Er senkte den Blick und starrte auf den Gips, auf dem er Daniels Verschönerungen allesamt verunstaltet hatte. Serdall fühlte, wie sich etwas in ihm regte, doch er rang es nieder. Er würde nicht mehr nachgeben. Daniel fiel in sich zusammen. Serdall hatte ihm allen Wind aus den Segeln genommen und die Gedanken, die er sich selbst nach der Sache mit Dustin so oft gemacht hatte, wieder aufleben lassen: Wäre es nicht das Beste für Serdall, wenn sie sich trennen würden, ehe Daniel ihm noch einmal wehtat? Er hatte diese Gedanken verdrängt, vor allem, weil Serdall ihn eben wieder zurückgenommen hatte, da er ihm gesagt hatte, dass eine Trennung für ihn noch schlimmer wäre, als ein erneuter Betrug von Daniels Seite aus. Scheinbar hatte Serdall nach der kurzen Zeit gemerkt, dass es doch nicht so war. Traurig sah Daniel zu ihm. „Ich liebe dich“, flüsterte er unter Tränen. „Für immer.“ Und dann drehte er sich um und verließ das Krankenzimmer. Serdall schluckte und biss sich hart auf die Lippe. Ich dich auch, erwiderte er in Gedanken und schloss gepeinigt die Augen. Er wusste, dass es schwer werden würde, aber so schwer, dass er glaubte, dass alles in ihm erstarrte und heftig schmerzte, hatte er nicht gedacht. Zittrig versuchte er gleichmäßig zu atmen, aber es gelang ihm nicht wirklich. Er vermisste Daniel jetzt schon und es fühlte sich so an, als ob die Sehnsucht nach ihm anfing, ihn von innen zu zerfressen. Plötzlich schlug sich Serdall mit dem Handballen gegen die Stirn und versuchte den Schmerz zu kompensieren, der in ihm herrschte. „Ganz ruhig“, sagte er zu sich selbst. Es war gut so, auch wenn er nicht davon überzeugt war. Ende Kapitel 8 Ähm, ja. Bevor ihr uns meuchelt, erst einmal vielen Dank für die Reviews. Vielleicht erkennt der Ein oder Andere von euch ja, dass Serdalls Gedanken vermuten lassen, dass sich die Story gegen Ende hin doch noch in eine positive Richtung entwickelt. Außerdem ist Dustin ja auch noch da. Allerdings dieses Mal auch im positiven Sinne. ;) Kapitel 9: ----------- Kapitel 9 Daniel parkte an der Straße und stieg aus dem Wagen. Alles in ihm schien kalt, taub und gefühllos. Scheinbar in einem unendlich langsamen Tempo ging er die Treppe zur Haustür hinauf und schloss auf. Serdalls Gesicht tauchte immer wieder vor seinen Augen auf, doch innerlich regte sich dabei nichts. Noch nicht. Jacke und Schuhe ausziehend ging Daniel ins Wohnzimmer, wo Fei und Kikuchi saßen und sich leise auf Japanisch unterhielten. Daniels rechter Mundwinkel zuckte fast amüsiert nach oben, bevor er auf Fei zuging und ihm eine schallende Ohrfeige verpasste. Sofort sprang Kikuchi auf und eine Sekunde später lag Daniel mit dem Gesicht nach unten auf der Erde und der Assassine hielt seine Hände auf dem Rücken gefangen. Fei rieb sich unbeeindruckt über die Wange, ehe er sich neben Daniels Kopf hockte und ihn wissend anblickte. „Die Realität tut weh, nicht wahr?“, fragte er leise und strich mit dem Handrücken über Daniels Wange. „Und ich ahne warum du mich provozieren willst, aber tut mir leid. Den Gefallen tue ich dir nicht. Seelischer Schmerz tut am meisten weh und ich werde dir nicht helfen, dich davon abzulenken“, sagte er amüsiert. „Verdammtes, emotionsloses Arschloch“, zischte Daniel aufgebracht, konnte sich auf Grund von Kikuchis Griff allerdings kaum ein paar Zentimeter bewegen. Resigniert schlug er die Stirn gegen den Boden. Wenigstens teilweise schienen seine Lebensgeister wieder in ihn zurückgekehrt zu sein und erst jetzt realisierte Daniel wirklich, was er mit seiner Aktion, Fei die Ohrfeige zu verpassen, überhaupt hatte erreichen wollen. Verzweifelt biss er sich auf die Lippe, die sofort wieder aufsprang und den Teppich mit Blut beschmierte, um sich nicht die Blöße geben zu müssen vor Feis Augen in Tränen auszubrechen. „Ja, das bin ich“, seufzte Fei nicht sehr beeindruckt und seine Hand strich über Daniels rasierten Kopf, ehe er von ihm abließ. „Du solltest dich einfach damit abfinden, dass für dich das Leben mit Serdall vorbei ist. Und zu deinem eigenen Wohl und dem deiner Tochter, solltest du dich zurückhalten, denn sonst zeige ich dir, wie emotionslos ich bin und was ich mit Kleinkindern anstellen kann“, hauchte Fei grinsend und Kikuchi lachte leise, aber nicht wirklich amüsiert, sondern eher leicht psychopathisch. Fei warf ihm einen drohenden Blick zu und er verstummte sofort. Daniel stand auf, als Kikuchi ihn losließ. Ohne noch etwas zu sagen oder sich noch einmal umzudrehen verließ er das Wohnzimmer und machte sich auf den Weg nach oben. Kurz warf er einen Blick in Janas Zimmer, die ruhig in ihrem Gitterbett schlief, und betrat dann das Schlafzimmer. Erinnerungen durchströmten ihn sofort und Daniel konnte das Schluchzen, das in ihm aufstieg, nur teilweise unterdrücken. Blind vor Tränen schnappte er sich einen großen Koffer und eine Reisetasche und schmiss all seine Sachen, die er finden konnte, hinein. „Daniel?“, rief jemand vom Flur und Dustin betrat im nächsten Moment das Zimmer. Seine Augen weiteten sich, als er Daniels aufgelöste Gestalt sah und er ging sofort auf ihn zu, um ihn in die Arme zu schließen und vom Packen abzuhalten. Hatte Fei also wirklich die Wahrheit gesagt? „Hey, beruhige dich!“, stöhnte Dustin, als Daniel sich heftig in seiner Umarmung wehrte. „Lass mich!“, schrie Daniel aufgebracht. „Ich muss hier weg. Weit weg und dieses Mal hältst auch du mich nicht auf. Also lass mich gefälligst los.“ Hart traf sein Fuß Dustins Schienbein, doch der wich keinen Schritt zurück. „Bist du noch zu retten? Scheiße!“, fluchte Dustin wütend, schubste Daniel plötzlich von sich, sodass der auf dem Bett landete, verschloss schnell die Tür und zog den Schlüssel ab, um ihn sich in die Hosentasche zu stecken. „Jetzt erklärst du mir, was passiert ist und wehe du trittst mich nochmal, dann versohle ich dir den Arsch“, fauchte Dustin und hielt Daniel am Handgelenk fest, als der den Schlüssel holen wollte. „Nichts ist und genau das ist das Problem“, zischte Daniel und riss sich von Dustin frei, bevor er sich vom Bett rollte und aufstand. Er versetzte der Tür einen harten Tritt und drehte sich dann wieder um. „Du hast doch gehört, was Fei gesagt hat. Was willst du also noch von mir? Irgendeine Erklärung?“ Daniel wischte sich die Tränen aus den Augen und wandte sich wieder seiner Tasche zu. „Ich will, dass du dich zusammenreißt“, zischte Dustin mit unterdrückter Wut und baute sich neben Daniel auf. „Und ich will, dass du dich beruhigst und mal scharf darüber nachdenkst, ob es jetzt wirklich Sinn macht gleich zu gehen.“ Dustin fasste ihn an der Schulter, doch Daniel schüttelte ihn unwirsch ab. „Daniel, was denkst du, warum Serdall uns eine Frist von sieben Tagen gegeben hat? Er hätte uns doch sofort rausschmeißen können. Vielleicht will er auch nochmal mit uns reden, wenn er sich beruhigt hat?“ Dustin plapperte einfach das, was ihm einfiel, versuchte irgendwo noch einen Funken Hoffnung zu finden. „Warum ist es plötzlich aus zwischen euch?“, fragte er Daniel eindringlich. „Wenn ich das wüsste, wäre ich jetzt nicht hier, oder?“, ätzte Daniel und schmiss sein nächstes Shirt einfach zerknittert in den Koffer. „Und wahrscheinlich hat er uns so lange Zeit gegeben, da es nun mal etwas dauert, ehe man alle Möbel hier raus hat. Denn wenn er sowieso nach Japan will, wird er das Haus auch verkaufen. Was will er damit noch?“ „Du glaubst doch wohl selbst nicht, dass er es verkaufen würde. Eher würde er es behalten und auf ewig leerstehen lassen, als sich davon zu trennen“, knurrte Dustin und setzte sich aufs Bett. Er krempelte seine Hose hoch, um sein Schienbein zu betasten und zu gucken, ob es blau wurde, dort wo Daniel hingetreten hatte. „Und ich glaube auch nicht, dass er grundlos mit dir Schluss gemacht hat. Wahrscheinlich war es noch wegen der Sache zwischen uns. Und du willst jetzt aufgeben?“, fragte er neutral und rieb sich über die Haut am Schienbein. Er kannte Daniel und das war eigentlich nicht seine Art. „Was soll ich tun?“, fragte Daniel nicht mehr ganz so aggressiv, sondern mit einer Spur Traurigkeit in seiner Stimme. „Er sagt selbst, dass er ohne mich wohl besser dran ist und dasselbe habe ich mir auch gedacht. Die Sache mit dir scheint wohl den letzten Ausschlag gegeben zu haben. Naja, fast. Er ist so ausgerastet, als ich gesagt habe, dass ich es nicht so klasse finden würde, mit ihm im Krankenhaus zu schlafen. Da meinte er, dass ich mit bei dir nicht geweigert hätte und jetzt bei ihm die Mimose spiele. Keine Ahnung.“ Dustin zog überrascht die Augenbrauen nach oben. „Er wollte mit dir im Krankenhaus schlafen?“, fragte er perplex. Das hätte er Serdall definitiv nicht zugetraut. Das passte überhaupt nicht zu ihm. So etwas Riskantes zu tun. „Und du wolltest nicht?“, fragte Dustin noch erstaunter. Daniel war doch sonst immer Feuer und Flamme für sowas. „Himmel“, seufzte Dustin einen Moment ratlos doch im nächsten Moment weiteten sich seine Augen. „WARUM, verdammt nochmal, hast du nicht einfach mit ihm geschlafen?“, fragte er eine Spur hysterisch. „Was ist denn das für eine beschissene Frage?“, zischte Daniel jetzt wieder aggressiv. „Würdest du im Krankenhaus mit irgendwem vögeln? Es gibt so viele Gründe, es nicht zu tun, allein die Gefahr, dabei erwischt zu werden. Das ist doch beschissen. Serdall wäre übermorgen nachhause gekommen, hätte es nicht bis dahin warten können? Klar hätte ich gern mit ihm geschlafen, aber nicht dort!“ „Ich würde auf jeden Fall mit Ethan vögeln, wenn er es eben im Krankenhaus tun möchte“, zischte Dustin Daniel an und schüttelte den Kopf. „Und gerade die Gefahr, dabei erwischt zu werden, macht es doch so interessant, oder? Was bist du für ein Kerl, Daniel, dass du so ein Angebot ausschlägst?“, rief Dustin aufgebracht und sah Daniel entgeistert an. „Himmel, du hast vorher mit mir gevögelt, das steht immer noch zwischen euch und er gibt DIR die Chance das auszumerzen und du nimmst sie nicht an? Man, an deiner Stelle hätte ich mich sofort auf ihn gestürzt, du Vollidiot. Selbst dir hätte es komisch vorkommen müssen, dass er dir so ein heftiges Angebot macht! Der Grund war wohl offensichtlich, oder nicht?“ „Offensichtlich?“, fragte Daniel mit einem ironischen Lachen. „Der Grund war bestimmt nicht offensichtlich. Serdall hat sich, nachdem er seine anfängliche Scheu abgelegt hat, zu einem sexgeilen Kerl entwickelt. Er tut immer so geduldig, aber wenn er nicht bekommt, was er will, quengelt er rum. Er war einfach geil, das ist alles.“ Daniel hatte keine Ahnung, warum er so über Serdall herzog. Er dachte noch nicht einmal richtig über Dustins Worte nach. „Außerdem bin ich nicht du und ficke einfach lustig an jedem Ort rum“, meinte er noch. „Ist es nicht normal, dass er sexgeil ist, wenn er dich liebt? Hallo? Daniel, dass ist das, was du immer wolltest, dass dich Serdall über alles liebt und sich nach dir jede Sekunde verzehrt“, meinte Dustin ruhig und sah Daniel ungläubig an. Wie konnte er so über Serdall sprechen? „Und nein, du bist nicht ich, aber du bist auch nicht du selbst, wenn du den Mann abweist, der dir gerade mal wieder einen deiner Fehler verziehen hat und einfach seinen Versöhnungssex haben wollte. Tja, Daniel, das war es dann wohl, was? Vielleicht ist es doch besser, wenn ihr euch trennt, wenn es an ein bisschen Sex schon scheitert.“ Ungläubig sah Daniel Dustin an. Hatte er am Ende recht? Leider hatte Dustin eigentlich immer recht, wenn es um die Beziehung zu Serdall ging. Hatte Daniel selbst alles versaut, weil er nicht mit Serdall geschlafen hatte? Es stimmte, sie hatten immer den obligatorischen Versöhnungssex gehabt. Egal wann und egal wo. Da hatten Dustin und Ethan sie auch mal erwischt oder Yoshiko sie gehört. Warum hatte er sich im Krankenhaus gesträubt? Was war nur mit ihm los gewesen? Entschlossen ging Daniel ins Badezimmer. „Daniel?“, rief Dustin verwirrt und ging ihm nach. „Was hast du denn jetzt vor?“ Es behagte Dustin nicht, dass Daniel plötzlich so umschwenkte. Hatte er es jetzt eingesehen oder hatte er wieder erneut eine Idee von spontaner Blödheit? Misstrauisch sah Dustin dabei zu, wie Daniel etwas zusammensuchte. „Ich frage dich nochmal: Was hast du vor?“ „Wie spät ist es?“, wollte Daniel wissen, während er die Nachttischschublade öffnete und Dustins Frage fürs Erste vollkommen ignorierte. „Halb neun“, erwiderte Dustin nach kurzem Zögern und sah skeptisch zu, wie Daniel Gleitcreme und Kondome aufs Bett warf. „Das ist keine gute Idee“, meinte er leise. „Ihr habt euch gerade getrennt, Dan, willst du nicht bis morgen warten?“ „Du kennst Serdall“, antwortete Daniel, während er noch die Handschellen neben Gleitcreme, Kondome sowie die große Packung Taschentücher aus dem Bad legte und dann überlegte, ob er noch etwas einpacken sollte. „Wenn Serdall Zeit hat, zu überlegen, wird sein Entschluss sich noch weiter festigen und er zu was weiß ich welchen idiotischen Ideen kommen.“ Etwas geschockt sah Dustin auf die Handschellen. „Aber mal ehrlich, die Besuchszeit ist vorbei und ich glaube nicht, dass du Serdall fesseln solltest. Geht das überhaupt mit seinem Gips?“, fragte er verwirrt und sah zu, wie Daniel einfach dastand und nachdachte. „Du hast Recht“, murmelte Daniel und legte noch ein Seidentuch dazu. „Außerdem, wenn ich ihn nicht fessel, läuft er mir noch weg. Oder er humpelt beziehungsweise kriecht weg, wie du es gern hättest. Aber wenn ich ihn erst mal da habe, wo ich ihn haben will, wird er winseln.“ Leicht grinste er, seufzte dann aber. Hoffentlich klappte alles so, wie er es sich vorstellte. Nicht wirklich überzeugt setzte sich Dustin und überlegte. Was würde passieren, wenn Daniel wirklich an den Krankenschwestern vorbei bis zu Serdall kam? Dustin war sich nicht sicher, ob Serdall davon sehr angetan wäre, weil er gerade wohl so ziemlich mit Daniel abgeschlossen hatte… Dustin schüttelte den Kopf. Serdall tat nur so. Er tat immer so, machte auf kühl, nur damit man ihm nicht ansah, dass er innerlich langsam verging. Dustin straffte sich und sah Daniel entschlossen an. „Du schaffst das. Zwischen dir und Serdall ist es noch lange nicht vorbei. Nicht nach all dem, was ihr zusammen durchgestanden habt, was du bei ihm erreicht hast.“ Daniel lächelte ehrlich. Er hoffte wirklich, dass Serdall diese Aktion doch nochmal umstimmen konnte, denn sonst wusste er auch echt nicht mehr weiter. Vielleicht lag es wirklich nur am Sex, dass Serdall dieser letzte Liebesbeweis gefehlt hatte. Allerdings war dann auch die Frage, ob es jetzt nicht zu spät war. Hoffentlich nicht. „Ich mach mich dann nochmal ein bisschen hübsch“, meinte Daniel eher zu sich selbst und ging wieder in Richtung Badezimmer. „Genau!“, rief Dustin und sah Daniel hinterher. „Er sollte schon bei deinem Anblick scharf werden. Das erspart dann das viele Gerede drum herum“, lachte Dustin, doch gluckste er im nächsten Moment heftig. „Vielleicht solltest du dir ein Kopftuch um die Birne binden? Das kaschiert deine Haarlosigkeit vielleicht“, gackerte er und versuchte sich einzukriegen. Er war so blöd manchmal, aber Daniels kurze Haare waren wohl gerade nicht sehr… erotisch. Wieder musste Dustin kichern. „Hey, ich sehe heiß aus“, grummelte Daniel, als er noch einmal kurz seinen Kopf aus der Tür streckte. „Außerdem würde ich mit so einem Ding aussehen wie so ein halbstarker Kleinkrimineller. Oder meinst du, dass Serdall vielleicht heimlich auf halbstarke Kleinkriminelle abfährt?“ „Ja, steht er total drauf. Oder warum glaubst du, liebt er dich?“, lachte Dustin und brachte sich in Sicherheit, als Daniel mit der Seife nach ihm warf. „Wer ist wohl der Kriminelle von uns beiden?“, maulte Daniel und stieg dann unter die Dusche. Er war ein guter Bundesbürger. Serdall drehte immer mal hier und da am Rad, wenn ihm etwas nicht passte, aber er war total lieb. Genau. „Naja“, rief Dustin, als er wenig später hörte, dass Daniel wieder aus der Dusche stieg. „Er ist vielleicht offiziell kriminell, aber du bist Mittäter. Schließlich bist du sein Freund und ermutigst ihn bestimmt zu all den Schandtaten“, behauptete er grinsend. Es war schön, einfach ein bisschen zu blödeln und Daniel würde es die Anspannung nehmen. „Ich ermutige ihn bestimmt nicht“, behauptete Daniels, als er mit um die Hüfte geschlungenem Handtuch wieder ins Schlafzimmer kam und an den Kleiderschrank ging. „Ich habe ihn echt nicht einmal dazu getrieben. Er hat von selbst beispielsweise den Doktor für einen schnelleren Aidstest bestochen und die Sache von Jana wusste ich noch nicht einmal. Also stell mich nicht als bösen Buben hin.“ „Ach, der Herr ist also das liebe kleine Unschuldslamm und Al ist der große böse Wolf?“ Dustin lachte laut auf. „Also indirekt würde ich sagen, dass du schon schuldig bist. Schließlich hat er das alles für dich getan, oder nicht? Auch wenn du nicht davon gewusst hast.“ Daniel stockte kurz und überlegte, zuckte dann allerdings resigniert mit den Schultern. „Tja, ich glaube, dagegen kann ich jetzt nichts mehr sagen“, meinte er und suchte sich ein paar seiner neuen engen Sachen heraus. Serdall gefielen sie, wenn er es auch nicht mochte, dass Daniel sich vor anderen Leuten damit zeigte. Da stellte jemand scheinbar ziemliche Besitzansprüche. Daniel grinste. Wenn nur alles wieder so werden würde wie früher. „Wow“, sagte Dustin, als er dabei zusah, wie Daniel sich einen Tanga anzog und darüber eine hautenge, dunkle Hose. „Himmel, dein Hintern würde mich jetzt schon scharf machen“, keuchte Dustin und grinste Daniel entschuldigend an. „Warum ziehst du dich eigentlich nicht immer so an?“, murmelte er ziemlich baff, als Daniel noch ein helles Muskelshirt anzog, bei dem ein Streifen über dem Hosenbund frei blieb und die Haut hervor blitzte. „Du kannst mir nicht erzählen, dass Serdall dir das verbietet?“ „Nun, indirekt“, antwortete Daniel schulterzuckend. „Er selbst steht da auch drauf, wenn ich so rumlaufe, aber er will diesen Anblick wohl mit niemandem teilen.“ Daniels Grinsen schwand. „Vielleicht hat er auch einfach nur Angst, dass dann noch mehr Typen auf mich zukommen und die Versuchung für mich noch größer ist“, meinte er leise. „Glaubst du nicht, dass du es jetzt verdammt nochmal eingesehen hast?“, erwiderte Dustin halblaut. „Du würdest nie mit einem Wildfremden ins Bett steigen, das weiß ich. Kai war die Ausnahme. Ich kenne dich in und auswendig und im Bett funktioniert es zwischen uns beiden nun mal. Aber ich werde das nie wieder tun, das hab ich Ethan geschworen. Sowieso würde ich alles für den Kleinen tun und bin echt froh, dass er mir dieses eine Mal verziehen hat.“ Dustin seufzte leise. „Du bist nicht so mies, wie du es dir einredest. Du weißt selbst, dass es scheiße war und du hast es auch sofort bereut. Ich glaube, du würdest das nicht nochmal machen, oder nicht? Du liebst Serdall und verdammt, zeig ihm das und“, Dustin begann zu grinsen, „ich finde du solltest dich auch weiterhin so kleiden, allein aus dem Grund, um Serdall zu provozieren und dir selbst zu beweisen, dass du standhaft bist, wenn dir andere Avancen machen.“ Dankbar lächelte Daniel ihn an. Er glaubte selbst nicht, dass er sich einfach wild durch die Gegend schlafen würde. Kai hatte er auch schon etwas näher gekannt und es war nun mal auch irgendwie darum gegangen, sich die Drogen zu beschaffen. Aber sowas würde nie wieder passieren und das mit Dustin und ihm war auch eine einmalige Sache gewesen. Also wovor sollte er noch Angst haben? Ab jetzt würde er es schaffen, treu zu bleiben. Man, wie man sowas denken konnte, dass man es überhaut so denken musste. Immerhin war es allerdings besser als gar nicht treu zu sein, oder? „Danke“, meinte er seufzend zu Dustin und packte dann seine ganzen Utensilien in eine kleine Umhängetasche. „Möchtest du mir jetzt noch ein Sandwich machen? So richtig nach amerikanischer Art?“, fragte Daniel mit liebenswürdigem Dackelblick. „Aber selbstverständlich. Wenn du dafür sorgst, dass unser kleiner Serdall keine Dummheiten macht und nicht einfach mir nichts dir nichts nach Japan verschwindet, mach ich alles für dich.“ Dustin stand auf und ließ es sich nicht nehmen, einmal an Daniel zu riechen. „Also wenn ihn dein Aufzug und dieses Parfüm nicht umhauen, dann hat er es nicht verdient“, grinste er und gab Daniel einen Klaps auf den Hintern, ehe er mit ihm in die Küche ging, um dort das besagte und heißbegehrte Sandwich zuzubereiten. Genüsslich verspeiste Daniel sein belegtes Weißbrot und setzte sich dann mit Dustin noch kurz vor den Fernseher, nachdem der nachgesehen hatte, ob Fei und Kikuchi noch da waren. Ethan kam auch hinzu und setzte sich gleich demonstrativ auf Dustins Schoß. „Ich kann mich beherrschen, keine Angst“, murrte Daniel. „Nur zur Sicherheit“, erwiderte Ethan in der gleichen Tonlage und hauchte Dustin noch einen Kuss auf die Wange, ehe er Daniel skeptisch beäugte und Dustin Ethan angrinste. „Eifersüchtige Nudel“, hauchte er Ethan ins Ohr und der wurde schlagartig knallrot im Gesicht. „Willst du noch weg?“, fragte Ethan Daniel, um Dustins Kommentar zu überspielen. „Ja, zu Serdall ins Krankenhaus“, antwortete Daniel dieses Mal netter, froh darüber, ein einigermaßen normales Gespräch zu führen. „Ich will meine letzten Möglichkeiten ausschöpfen.“ Seltsam, dass es ihm jetzt schon wieder ganz gut ging. Bevor Dustin reingekommen war, war er total aufgelöst gewesen. Vielleicht war das einfach das positive Denken, dass es bestimmt klappen würde. Ethan lächelte schief, ehe er sich zu Daniel lehnte, um die Arme um ihn zu schließen. Er drückte ihm einen Kuss auf die Wange, wobei der Rotton auf seinen Wangen noch dunkler wurde. „Ich drück dir die Daumen, okay?“, flüsterte er Daniel ins Ohr und drückte ihn noch fester. Ethan war zwar noch sauer auf Daniel, aber das legte sich langsam. Daniels Situation war wohl Strafe genug, wenn man mal bedachte, dass Serdall vorhatte nach Japan zu ziehen und ihn auf ewig zu verlassen. Daniel lächelte gerührt. Es bedeutete ihm so viel, dass Ethan sich ihm gegenüber fast wie immer verhielt und auch in dieser Situation so nett und hilfreich war. „Ich hab dich echt verdammt lieb, weißt du das?“, wollte er wissen. „Ja, ich hab dich auch lieb“, seufzte Ethan an Daniels Ohr und lächelte ihm dann ins Gesicht. Er zog jedoch im nächsten Moment einen Schmollmund. „Ich vergeb dir das mit Dustin, ja? Aber nur, weil er nun mal ein notgeiler Bock ist und du sein Ex-Freund bist und weil ich weiß, dass es dir echt leid tut.“ Er bekam dafür einen Klaps von Dustin gegen den Hintern, doch Ethan revanchierte sich, indem er Dustin in die Seite buffte. „Und wehe dir, Serdall schmeißt uns trotzdem noch raus, wenn du mit ihm fertig bist“, eröffnete Ethan nun noch und grinste dann verlegen. „Ich werde alles dafür tun, dass ihr bleiben könnt“, erwiderte Daniel mit neuer Energie und stand dann auf. „Dazu muss ich allerdings erst einmal zu ihm. Ich denke, er wird wohl schon schlafen. Es ist immerhin gleich Mitternacht und wirklich was zu tun hat er dort auch nicht, das ihn wachhalten könnte. Außerdem kommt die böse Visite immer morgens um sechs.“ Dustin stöhnte grinsend. „Kein Wunder, dass er so überreizt ist“, lachte er und Ethan kicherte leise. Sie wussten alle, wie unerträglich ein morgenmuffliger Serdall sein konnte und das war extrem unschön, wenn Daniel ihn nicht besänftigen konnte. „Viel Glück“, wünschte Dustin Daniel im nächsten Moment. „Und seid nicht zu laut.“ „Ich werde ihm den Mund schon stopfen“, grinste Daniel guter Dinge und ging dann zu seinem Auto. Wenn er erst einmal alles arrangiert hatte und Serdall aufwachte, während Daniel ihn schon festgemacht hatte und er hilflos unter ihm lag, konnte er einfach nicht mehr nein sagen. Zufrieden stellte Daniel, als er am Krankenhaus angekommen war, fest, dass eine der Nachtschwestern gerade draußen mit dem Rücken zu ihm stand und rauchte. Die Tür war offen. Lächelnd huschte er ins Innere des Krankenhauses und nach oben zu Serdalls Station. Leise öffnete er die Zimmertür und trat in den Raum. Verwirrt hielt er inne, als er das Bett leer vorfand. Er sah sich im Zimmer um, doch nirgends konnte er im schwachen Licht, das durch die noch nicht zugezogenen Vorhänge hereindrang, ein Schemen ausmachen. Gerade wollte Daniel wieder nach draußen gehen, weil er schon vermutete, dass Serdall in ein anderes Zimmer verlegt worden war, da hörte er draußen Stimmen und die Türklinke wurde hinunter gedrückt. Eher aus Reflex, als dass er es wirklich gewollt hatte, flüchtete Daniel sich in die Badnische, die durch einen Vorhang verdeckt war. Er schielte durch den kleinen Spalt und sah dabei zu, wie Serdall von einer jungen Frau, die Daniel erst auf den zweiten Blick als Frau Doktor Kamp erkannte, so ohne weißen Doktorkittel und im Dämmerlicht, im Rollstuhl ins Zimmer gezogen wurde. „Susanne, das war wirklich ein schöner Abend“, sagte Serdall halblaut, als die blonde Frau kurz das Licht anmachte. Er lächelte sie charmant an. „Weißt du, ich finde es furchtbar in diesem Rollstuhl zu sitzen. Du bist viel wundervoller, wenn ich dir ins Gesicht sehen und in die Augen schauen kann, so wie eben, als wir einander gegenüber gesessen haben“, seufzte er leise und er strich mit seiner linken Hand Susanne über den Unterarm, als sie zu ihm kam. Frau Doktor Kamp wurde rot und lächelte ihn verlegen an. „Deine Komplimente sind wirklich extrem schön, Serdall, aber irgendwann versinke ich davon nochmal im Erdboden“, lachte sie leise. „Wer hätte gedacht, dass ich mal Serdall Agamie kennenlernen würde und dann gleich mit ihm sozusagen ein erstes Date habe, ausgerechnet in der Krankenhauskantine.“ Sie half ihm kurz, sich auf das Bett zu setzten. „Ich finde, gerade das macht es so besonders. Der Ort ist zwar ungewöhnlich, aber mit so einer außergewöhnlichen Frau wie dir ist es einfach unbeschreiblich.“ Serdall griff nach ihrer Hand und streichelte lächelnd mit dem Daumen darüber. „Aber ich würde dich trotzdem einmal gerne in ein Restaurant ausführen. Spontan würde ich dafür mit dir nach Paris fahren. Nur würde ich dafür lieber ansehnlich aussehen und dich nicht mit Gipsbein und Arm zum Tisch geleiten.“ Er seufzte und sah etwas bedauerlich drein, als er ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr strich, die ihr frech über ein Auge gefallen war. „Ich verstehe immer noch nicht, warum solch eine Schönheit keinen Mann hat. Selbst wenn du ständig arbeitest, müssen doch allein deine Patienten bei deinem Anblick dahin schmelzen.“ „Normalerweise sprechen mich meine Patienten auch nicht einfach so an. Wahrscheinlich haben sie noch sowas wie Ehrfurcht vor mir“, lachte sie. „Nun, ich werde dann wohl langsam wirklich gehen müssen. Morgen früh, oder besser gesagt schon heute früh, muss ich ja wieder um sechs vor deinem Bett stehen und die Visite machen.“ Serdall seufzte etwas gequält. „Von mir aus können wir das auch ausfallen lassen“, klagte er leise und lächelte leicht verlegen. „Obwohl du wahrscheinlich der Lichtblick für mich sein wirst, nachdem eure liebenswürdige Schwester mit dem Muttermal mich grausam geweckt hat.“ Susanne lachte leise und Serdall nutzte den Moment, um seine Hand an ihre warme Wange zu legen und sie etwas zu ihm zu dirigieren. „Ich freue mich wirklich auf dich“, flüsterte er leise und näherte sich ihrem Gesicht. Er zögerte einen Moment, doch als Susanne erwartungsvoll die Augen schloss, küsste er sie sanft. Ehe er den Kuss vertiefen konnte löste sie sich allerdings und stand auf. Kurz hauchte sie ihm noch einen Kuss auf die Stirn, dann trat sie endgültig von ihm weg. „Bis nachher dann“, meinte sie leise. „Ich brauche dann doch zumindest ein bisschen Schlaf und du sicherlich auch.“ Sie fuhr noch ein letztes Mal verträumt lächelnd über Serdalls Wange und winkte ihm noch einmal zu, dann verließ sie den Raum. Serdall sah ihr etwas unzufrieden nach, doch sie hatte schon das Licht beim Rausgehen ausgemacht. Sie war also eine von der Partie, die es langsam angehen ließ. Er lächelte schief. Das könnte interessant werden. Es würde zumindest Spaß machen, ihr Herz zu erobern. Serdall rückte ganz ins Bett und deckte sich zu. Susanne war eine wirklich bemerkenswerte Frau und Serdall fand es eine willkommene Abwechslung gegenüber Daniel. In ihrer Gegenwart musste er wenigstens nicht an ihn denken. Und vielleicht… vielleicht würde sie ihn mit nach Japan begleiten, wenn alles gut ging. Serdall wollte keine japanische Frau und Susanne war bildhübsch, intelligent und keine Frau, die unter Geldnot litt, also einfach perfekt für ihn. Fahrig strich sich Serdall durch die Haare und seufzte leise. Das einzige Problem war, dass er sie nicht liebte. Daniel stand zitternd hinter dem Vorhang. Er hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. In seiner Brust schienen Trauer und Wut um die Vorherrschaft zu ringen, doch momentan siegte wohl eher die Wut. Er konnte nicht glauben, was er gerade gesehen hatte. Das war ein schlechter Scherz, oder? Hatte Serdall sich so schnell getröstet? Ehe er noch als nervliches Wrack in einer beschissenen Klonische endete, riss Daniel lieber den Vorhang zur Seite und trat ins Zimmer. Erschrocken ruckte Serdalls Kopf herum und er sah ihn fassungslos an. Daniel ignorierte diesen Blick und ging noch weiter auf ihn zu. „Da hast du dir ja schnell nette Ablenkung gesucht“, meinte er emotionslos. „Oder hast du etwa deswegen Schluss gemacht? Weil du sie gesehen hast? Vielleicht kann ich dir dann gleich das hier geben. Kann ja sein, dass sie williger ist als ich und du doch noch zu deinem Vergnügen kommst.“ Daniel schmiss die Packung Kondome und die Taschentücher auf das Bett, die ersten beiden Sachen, die er in seiner Tasche gegriffen hatte. Im Nachhinein war er froh, dass es nicht die Handschellen gewesen waren. Serdalls Herz raste im Marathon. Was tat Daniel hier? Daniel hatte ihn belauscht? Serdall versuchte ruhig zu atmen, da ihm bei Daniels Auftreten die Luft weggeblieben war. Er sah auf die Gegenstände, die Daniel auf die Bettdecke geschmissen hatte und schüttelte den Kopf, als er sich einigermaßen gefasst hatte. „Danke, das kann ich wohl wirklich gebrauchen“, sagte er laut und sah Daniel ins Gesicht. „Nur du könntest bitte wieder gehen. Ich versuche mir ein neues Leben aufzubauen, wie du gesehen hast.“ „Ja, indem du das erste Weib flachlegst, das dir über den Weg läuft. Glück für dich, dass du heute Miss Muttermal nur so kurz am Morgen gesehen hast, was?“, ätzte Daniel. Serdall schaltete die kleine Lampe über seinem Bett an und verschränkte dann die Arme vor der Brust, als er zu Daniel sah. „Geht dich das noch irgendetwas an?“, fragte er leise und sachlich. Serdall wusste nicht, warum Daniel hier war und warum er von ihm jetzt so angegangen wurde. Serdall hatte Daniel nie betrogen und hätte es auch nie in der Zukunft, die Schuld lag nun mal bei Daniel. Tief durchatmend versuchte Serdall das Zittern zu unterdrücken, das sich in ihm hochkämpfen wollte. Jetzt wo er Daniel genau ansah, wurde ihm augenblicklich warm. Warum trug Daniel denn DIESE Sachen? Himmel, Serdall konnte sich nicht erinnern, dass Daniel so gut gerochen hatte, zumindest machte er dieses Parfüm nur selten drauf und wenn er es tat, vergötterte Serdall ihn nahezu. Angestrengt schluckte Serdall und wandte den Blick ab. In ihm brannte die Sehnsucht nach Daniel und das war genau das, was er jetzt nicht wollte. „Wenigstens jetzt solltest du es einsehen, dass ich es ernst meine mit unserer Trennung“, meinte er leise und verfluchte sich dafür, dass er heiser klang. Sein Blick fiel auf die Kondome. Oh Gott, zischte er innerlich. Warum nur sprangen ihm lebhafte Bilder in den Kopf, für was er diese gebrauchen konnte? Das war jetzt unpassend und total kontraproduktiv. Daniel waren Serdalls Blicke sehr wohl aufgefallen. Sein Kampfgeist war geweckt. Ihm war fast schlecht geworden, als er Serdall mit dieser Frau gesehen hatte. Sie waren eigentlich faktisch getrennt, wie damals bei Kai, und er konnte Serdalls Wut, dass Daniel etwas mit ihm angefangen hatte, jetzt viel besser verstehen, als er es vorher eigentlich schon getan hatte. Trotzdem hieß das noch lange nicht, dass es Daniel vollkommen egal war, wenn Serdall plötzlich mit irgendeiner Frau herum turtelte. „Nun, meinst du, ich trag die hier einfach so mit mir rum?“, fragte Daniel und deutete auf die Kondome, während er sich neben Serdall auf das Bett setzte. „Oder die hier“, er holte die Gleitcreme heraus, „oder auch diese Sachen.“ Handschellen und Seidentuch folgten. „Sieht das so aus, als ob ich es einfach so akzeptieren würde, dass du einfach so beschließt, dich von mir zu trennen, nachdem alles wieder gut war?“ Panisch blickte Serdall auf die Dinge und wurde schlagartig rot im Gesicht. Er hasste seine Fantasie dafür, was sie sich gerade mit Daniel für Möglichkeiten ausmalte. Serdall schluckte und rückte etwas ab. Daniels Duft und seine Nähe ließen seine mühsam errichtete Mauer bröckeln. „Du sollst es aber akzeptieren“, zischte Serdall, als er nahezu am Bettrand lag und zu Daniel sah. „Ich kann das einfach nicht mehr, Daniel. Du wickelst mich jetzt wieder ein und im nächsten Moment, wenn ich dir den Rücken zudrehe, da streckst du dem Nächstbesten deinen Hintern zu. Und irgendwann werde ich dich dafür einfach nur hassen.“ Angestrengt sah Serdall neben Daniels Kopf an die Wand, um ihm nicht in die schönen, hellblauen Augen sehen zu müssen. „Daniel, bitte nimm diese ganzen Sachen und geh, bevor du mich wieder nur verletzt“, fuhr Serdall das letzte Argument hoch, das Daniel hoffentlich zur Vernunft bringen würde. Doch den schien das nicht mehr zu rühren. Er war sich mit Dustins Hilfe darüber klargeworden, dass alle Gefahrenquellen eigentlich beseitigt waren. Daniel stieß Serdall zurück in die Kissen und stützte sich mit den Armen rechts und links neben ihm ab. „Denkst du echt, dass ich so eine kleine Schlampe bin, dass ich meinen Arsch jeden hinhalte“, flüsterte Daniel lasziv, ganz im Gegensatz zu seinen harten Worten. „Du weißt genau, wie es bei Kai war und das zwischen Dustin und mir hat seine eigene Geschichte, aber weder Dustin und ich noch du und Ethan werden zulassen, dass da noch einmal auch nur die geringste Chance für eine Wiederholung ist, oder?“ Serdall keuchte leise und drückte Daniel bei den Schultern zurück. „Ich kann nicht immer bei dir sein und auf dich aufpassen“, knurrte er leise und versuchte Daniel weiter von sich zu schieben. Das war eine denkbar schlechte Position, die Daniel so über ihm eingenommen hatte. Daniel wusste ziemlich genau, dass er ihn gleich haben würde und das ließ Serdall doch noch zur Abwehr schreiten. „Und ich habe keine Lust immer Angst zu haben, ob du mir auch schön treu bist. Daniel, es ist vorbei, du hast das Maß ausgeschöpft und musst jetzt dafür die Konsequenzen tragen. Und wenn du mich liebst, siehst du das auch ein.“ „Genau, da ich dich liebe, werde ich nicht dabei zusehen, wie du sowohl dich als auch mich, Ethan, Dustin, Taki und Jana zugrunde richtest. Denn auf alle fällt nämlich deine Entscheidung zurück. Außerdem habe ich mit Dustin gesprochen und wir sind gemeinsam überein gekommen, dass eine gewisse körperliche Anziehung noch besteht, das kann ich leider auch nicht abstreiten, es allerdings nichts mit romantischer Liebe zu tun hat. Deswegen werden wir es auch vermeiden, häufig allein in einem Raum zu sein.“ Daniel stützte seinen Kopf jetzt in die Hände, sodass sein Gesicht jetzt noch näher an Serdalls war. Diesen ersten Schritt würde er allerdings nicht machen. Wütend sah Serdall Daniel nun doch in die Augen, auch wenn es ihm die extreme Nähe schwer machte, klar zu denken. „Ach, ihr wollt es vermeiden“, knurrte er nun leise und er ballte die Hände zu Fäusten. „Dazu es ist es wohl zu spät, nicht wahr?“ Er hasste den Gedanken, dass Daniel Dustin attraktiv fand und der noch solch einen großen Einfluss auf Daniel hatte. „Vielleicht ist es mir auch egal, ob ich dich, Dustin und Ethan zugrunde richte? Ich habe in Susanne einen echt lieben Menschen gefunden und denke nicht daran, euch noch einmal entgegenzukommen. Kannst du dir nicht denken, dass mir deine vermeintliche Lösung nur zeigt, dass ich dir wohl nicht viel wert bin? Schließlich würdest du wieder mit Dustin schlafen, wenn es die Gelegenheit gäbe und die würde es geben, verlass dich drauf. Und ich bin es einfach leid, verletzt zu werden.“ Erschöpft ließ sich Daniel auf Serdall sinken und ignorierte die sofort einsetzende Verspannung. Er war diese Gespräche leid. Konnte Serdall ihm nicht einfach noch eine Chance geben? Nur eine, mehr verlangte er doch gar nicht, auch wenn er wusste, dass das doch schon ziemlich viel war. „Glaubst du echt, ich habe überhaupt kein Gewissen?“, fragte er leise. „Gut, es hat letztens den Anschein gemacht, als hätte ich das wirklich nicht, aber ich glaube, ich war noch nie so nahe daran, dich zu verlieren. Vielleicht muss ich echt erst ins kalte Wasser geworfen werden, ehe ich lerne, meine Triebe zu beherrschen. Aber diese kurze Zeit jetzt, in der mein Verstand klar war und nicht wie beim letzten Mal durch irgendwelche leichten Entzugserscheinungen benebelt, habe ich dann doch gemerkt, was ich verliere, wenn ich nur so schwanzgesteuert denke. Ich will es ja noch nicht einmal, weil ich dich einfach liebe und nicht verlieren will. Glaub mir, Dustin und ich habe unsere Lektion mehr als gelernt.“ Unschlüssig sah Serdall auf Daniels Kopf, der nun auf seiner Brust lag. Himmel, wie konnte er da nicht nachgeben? Er war nun mal nicht gefühlskalt, auch wenn er es gern spielte und er liebte Daniel eben unermesslich. Aber hatte Daniel es plötzlich wirklich eingesehen? Sie hatten das doch schon so oft hinter sich. Stundenlanges Reden wegen Kai und trotzdem war Daniel bei Dustin schwach geworden. Würde Daniel es wirklich diesmal durchziehen können und ihn nicht betrügen? Serdall seufzte. Er wollte Daniel diesen einen Versuch noch geben, aber er war sich absolut sicher, wenn Daniel es diesmal vergeigte, dann war es endgültig aus für sie, dann gab es kein Zurück. „Ein allerletztes Mal, okay? Das ist wirklich die letzte Chance, die ich dir geben werde. Ist auch nur ansatzweise etwas mit einem anderen Mann, sei es ein Kuss oder mehr, dann ist es sofort aus zwischen uns“, gab Serdall leise nach. „Und du wirst es ohne zu Zögern akzeptieren, wenn ich mich von dir trenne.“ Hatten sie das nicht schon mal? Serdall hatte Daniel doch schon einmal gedroht, ihn eigenhändig umzubringen, wenn er ihn wieder betrügen würde. Serdall seufzte leise. Er war so schrecklich abhängig von Daniel, dass er alle seine eigenen Prinzipien über den Haufen warf. Er konnte Daniel nichts antun. Zaghaft fasste er nach Daniels Kinn und zwang ihn, in seine blaugrünen Augen zu sehen. Er erwartete Daniels Antwort, die er ihm eigentlich schon von den Augen ablesen konnte. „Denkst du wirklich, ich würde nein sagen?“, fragte Daniel mit einem schiefen Grinsen. „Ich kann nur gewinnen, nicht wahr? Außerdem glaube ich ohnehin nicht, dass ich dich noch einmal verlieren würde.“ Ja, die verführerischen Möglichkeiten waren eigentlich allesamt beseitigt und Daniel wusste, was er sich und vor allem Serdall damit antat, wenn er noch einmal schwach werden sollte. Er wollte nie wieder an einem erneuten Autounfall oder ähnlichem Schuld sein. „Und wenn du diese Tussi von eben auch nur noch einmal schief ansiehst, dann hau ich dich. Gleich morgen verlange ich eine andere Ärztin für dich. Oder am besten du kommst gleich mit nachhause, damit du gar nicht erst in Versuchung kommst. Gott, ich kann gar nicht glauben, dass du mit ihr rumgemacht hast, wo doch genau das eigentlich genau gegen deine Moralvorstellungen geht. Dieses beschissene trösten und der Nächsten an den Hals werfen und so“, knurrte Daniel genervt. Serdall schluckte etwas unbehaglich. Er hatte gehofft, dass Daniel dieses Thema vorerst nicht anschneiden würde, doch da er es tat, war es Serdall ziemlich unangenehm. Er liebte Susanne nicht, aber sie war attraktiv und wirklich sehr intelligent und mit ihr zu sprechen hatte etwas für sich. Sie war eben eine Frau und Serdall konnte nicht umhin zu sagen, dass sie ihm gefiel. Er wäre kein Mann, wenn sie es nicht täte. Aber in dem Moment hatte er ja auch eigentlich gedacht, dass es mit Daniel endgültig vorbei wäre. Er hatte ja nicht mal im Traum erwartet, dass Daniel plötzlich in seinem Zimmer stehen würde und es war wohl der denkbar unpassendste Moment gewesen. „Daniel, eigentlich hatte ich unsere Trennung ernst genommen. Ich wollte dich einfach nur vergessen und Susanne ist nun wirklich ein Bild von einer Frau. Sie ist nicht eine ‚nächstbeste Tussi‘.“ „Du denkst, ich hätte tatsächlich so schnell aufgegeben?“, fragte Daniel leicht beleidigt. Gut, wenn Dustin ihn nicht mal wieder in den Hintern getreten hätte, dann wäre das vielleicht der Fall gewesen, aber irgendwann hätte er bestimmt auch von selbst den Zündfunken bekommen, wenn die erste Wut und Enttäuschung erst einmal verflogen wäre. „Nun gut, ich habe vielleicht nicht mehr ganz das Kampftalent vom Anfang unserer Beziehung“, fuhr Daniel fort. „Das habe ich wohl verloren, weil ich eineinhalb Jahre in fast perfekter Harmonie gelebt habe, aber zumindest etwas davon ist noch da und das habe ich wieder heraus gekramt. Außerdem müsste ich dir für deine Schwärmerei eben ganz fies was auf deinen Gips geben. Du hättest jetzt erst einmal drei Tage die beleidigte Leberwurst gespielt, wenn ich dir von irgendeinem Typen vorschwärmen würde. Und von deinem Süßholzgeraspel vorhin hätte ich mich fast übergeben.“ Serdalls Lippen wurden schmal. „Weil du keine Ahnung hast und total unromantisch bist“, motzte er halblaut und verschränkte die Arme. Daniel war es ja auch fast immer peinlich, wenn Serdall ihm Komplimente machte und spielte es sofort herunter. Daniel hatte die leidliche Angewohnheit, eben immer seinen Senf dazuzugeben und das machte es Serdall manchmal wirklich nicht leicht. Und Serdall erwähnte lieber nicht, dass, wenn Daniel von einem Typen schwärmte, wohl auch die Gefahr bestand, dass er sich von ihm einwickeln ließ. Warum sonst hatten sie denn solchen Stress? Serdall seufzte leidlich. Er beschloss für sich, diese Gedanken einfach von sich zu schieben. Daniel hatte einen Fehler begangen und er hatte ihn ihm verziehen. Es wäre unfair, es Daniel immer wieder vorzuhalten. „Und aus dem Krankenhaus komme ich so auch nicht. Schließlich habe ich noch keine Gehhilfen. Und die Chefärztin kann man leider auch nicht auswechseln“, murrte er leise. „Die ist vielleicht das Küken vom Chefarzt, aber ganz bestimmt nicht Chefärztin hier. Dafür ist sie noch viel zu jung. Wahrscheinlich macht sie die Vertretung von dem Kerl oder hat wahrscheinlich noch darum gebeten, dich übernehmen zu dürfen, weil sie dich so toll findet“, grummelte Daniel. Serdall grinse diabolisch, als er federleicht seine Hand über Daniels Rücken wandern ließ. „Kann man ihr es verübeln? Schließlich bin ich schön, reich, talentiert und unwahrscheinlich charmant“, flüsterte er hauchzart und küsste Daniel leicht auf den Mund. „Ich würde dich eher als teilweise echt lästige Glucke bezeichnen, morgenmuffelig, total unsozial, wenn für dich nichts dabei rauskommt und mehr als eigenbrötlerisch“, schoss Daniel zurück. „Leider leider lernt man diese Sachen an dir erst kennen, wenn man mit dir zusammenwohnt“, seufzte er gespielt. Echt beleidigt ließ Serdall seine Hand von Daniels Rücken gleiten und sah ihm ernst in die Augen. „Du kannst ja ausziehen, dann streiten wir uns wenigstens nicht mehr wegen meiner schlechten Eigenschaften“, murrte Serdall leise und schnipste Daniel gegen die Nase. „Und was ist mit dem Rest, den du vergessen hast? Dass ich unwahrscheinlich lieb sein kann, mich ständig um dich kümmern möchte, dich jede Sekunde vermisse, die du nicht bei mir bist und dass ich im Bett ja wohl der beste Liebhaber bin?“ „Auch alles Eigenschaften, die man erst mitbekommt, wenn man mit dir zusammen ist“, meinte Daniel schulterzuckend. „Allerdings wiegen sie das Andere wieder auf, ja. Mein Problem war jetzt nur, dass du leider auch nach außen hin voll der tolle Typ bist und das passt mir nicht. Scheiß Kamp“, knurrte Daniel erneut. „Du bist eifersüchtig“, stellte Serdall leichthin fest und seine Fingerspitzen streichelten hinter Daniels Ohr entlang. „Weil ich sie geküsst habe oder weil ich mich überhaupt für sie interessiert habe?“, fragte er neckend. Ja, er wusste, dass er gemein war, aber Daniel war selten eifersüchtig, gerade weil er wusste, dass Serdall nie etwas mit jemandem anfangen würde, aber wenn er es war, war es immer irgendwie interessant und niedlich. Das letzte Mal war Daniel bei Luka eifersüchtig gewesen, aber der war nun wirklich keine Konkurrenz für Daniel. Daniel grummelte einige Zeit vor sich hin. Er wollte diese blöde Frage eigentlich nicht beantworten, vor allem, da er sich eigentlich selbst nicht eingestehen wollte, eifersüchtig zu sein. Leider war das ziemlich offensichtlich. „Es hat schon gereicht, dass du mit ihr unterwegs war“, murrte er. „Da ist doch klar, zu was das führt oder nicht? Die Weiber stehen nun mal auf dich, weswegen ich dich auch nicht mehr allein lassen werde. Du gehst ja ohnehin nicht raus und einmal lasse ich dich allein und schon landest du knutschend mit einer im Bett. Und komm mir jetzt nicht damit, dass du dachtest, wir seien getrennt. Das war trotzdem zu rabiat.“ „Nein, nein“, flüsterte Serdall neckisch. „Mir hat mein kleiner Wachhund gefehlt, sonst kann ich mir die Frauen gar nicht vom Hals halten“, grinste er und seine Hand wanderte an Daniels Seite entlang, bis zur Hüfte und in einer langsamen und sanften Bewegung wieder hinab. „Ich bin also total unschuldig. Einfach hilflos ohne dich“, säuselte er lächelnd an Daniels Ohr und seine Zunge glitt verführerisch über die Ohrmuschel. Noch leicht beleidigt lehnte Daniel sich ein Stück nach hinten. Er würde sich bestimmt nicht von Serdall um den kleinen Finger wickeln lassen. Wenn dann war er derjenige, der heute eigentlich hatte verführen wollen, also ließ er sich bestimmt nicht das Zepter aus der Hand nehmen. „Ab in den Rollstuhl. Wir gehen zur Nachtschwester und melden dich ab“, befahl er. Serdall entgleisten einen Moment die Gesichtszüge. „Wie bitte?“, fragte er total überrascht und schüttelte den Kopf. „Nein. Daniel, ich brauche Krücken. Ich werde ganz sicher nicht daheim im Rollstuhl rumsitzen und mich von euch bemuttern lassen.“ War Daniel denn total übergeschnappt? Auf einmal sollte er doch noch nach Hause? „Du könntest deine Eifersucht ein Stück runter schrauben. Schließlich bin ich jetzt wieder mit dir zusammen und hab nicht die Absicht das zu ändern.“ „Das ist es doch gar nicht“, behauptete Daniel fest. „Dir geht es gut, oder nicht? Wenn du sogar Ausflüge mit ärztlicher Erlaubnis unternehmen kannst, dann kannst du auch mit nach Hause. Krücken kann ich dir immer noch holen, wenn du damit laufen kannst und das wird dann sein, wenn der Arm wenigstens ein bisschen angeheilt ist? Also setz dich, ich will nach Hause.“ „Daniel, warum vertraust du mir denn nicht einfach? Ich betrüge dich schon nicht, keine Angst“, knurrte Serdall bissig. „Und ich würde schon gern bis morgen warten, wenn es dir recht ist. Schließlich möchte ich wissen wie man anständig mit diesen Dingern läuft und das kann mir keine Krankenschwester erklären, sondern das muss eine Physiotherapeutin tun. Also wenn du die Gnade hättest, dich ein wenig um meine Gesundheit zu kümmern? Danke.“ „Du wirst auch noch morgen kein Krücken bekommen“, maulte Daniel. „Ich fahre dich gerne noch einmal hierhin, wenn es soweit ist. Kannst du nicht einfach mit nachhause kommen? Bitte? Du bekommst auch eine Belohnung, ja?“, versuchte es Daniel auf diese Tour und lächelte Serdall lasziv an. „Ich werde morgen Krücken bekommen, wenn ich das will. Schließlich bin ich Privatpatient“, murrte Serdall. „Daniel, wie verlockend dein Angebot auch ist, ich kann nicht. Ich finde es furchtbar im Rollstuhl durch die Gegend geschoben zu werden.“ „Vorhin hast du es scheinbar noch ganz toll gefunden“, ätzte Daniel mit erneut aufkommender Eifersucht, versuchte dann allerdings wieder rational zu denken. „Bitte“, quengelte er jetzt. „Daniel“, murrte Serdall zurück. Er mochte es nicht, wenn Daniel sich so aufführte, weil er irgendwann einfach nachgab und das wusste Daniel ganz genau. „Ohne Krücken nicht. Punkt.“ „Och man, Serdall“, jammerte Daniel. „Ich will dich zuhause haben und dein Bruder killt mich das nächste Mal, wenn er mich sieht.“ „Dann bleib bis morgen früh hier. Du kannst bei mir schlafen, das ist nicht das Problem“, knurrte Serdall leise. „Du bist so blöd“, grummelte Daniel und ließ sich schwer geschlagen wieder ganz auf Serdalls Brust sinken. „Entschuldige, dass ich einen schweren Unfall hatte und einige Tage im Koma lag“, nuschelte Serdall und schloss die Arme um Daniel. „Ist doch nicht so schlimm ein paar Stunden zu warten, oder? Und keine Angst, ich stürze mich schon nicht auf Susanne.“ „Nein, wenn ich dabei bin hoffentlich nicht. Die Frage ist wohl, ob sie sich vielleicht auf dich stürzen wird“, zischte Daniel. Serdall rollte nun sichtlich genervt mit den Augen. „Daniel, entweder du schläfst jetzt hier und hörst auf mit der Eifersüchtelei oder du gehst nach Hause und kommst mich morgen abholen. Aber für dieses Genörgel habe ich jetzt wirklich keinen Nerv“, murrte Serdall. Eigentlich hatte er gehofft, dass Daniel sich anders verhalten würde, wenn sie wieder zusammen waren, dass er wenigstens glücklich war, aber irgendwie ging das im Moment wegen seiner Eifersucht unter und langsam wurde es Serdall zu viel. Da konnte er genauso gut sich ausruhen, denn er war gerade erschöpft und müde von den Dingen, die in den Stunden zuvor geschehen waren. Daniel verkniff sich eine Antwort und stützte sich wieder auf die Ellenbogen, um Serdall ins Gesicht sehen zu können. Irgendwie wirkte er gerade genervt, gestresst und ziemlich müde. Seufzend nickte Daniel und setzte sich dann auf. „Gut, ich bin ruhig“, meinte er halblaut. „Ich leihe mir mal was zum Anziehen von dir, ja? Die Klamotten sind dann doch nicht so das Wahre zum Schlafen.“ Seufzend legte Serdall seine Hand an Daniels Wange und beugte sich ein wenig nach oben, um ihn sanft zu küssen. Er ließ sich doch alsbald schwach zurücksinken. „Erinner mich daran, nie wieder betrunken zu fahren“, knurrte er leise und wütend auf sich selbst und seine jetzige körperliche Situation. In seinem rechten Arm puckerte es und sein Bein juckte unter dem Gips. Er war wirklich froh, wenn er wieder gesund war. Warum merkte man erst, wie schön es war gesund zu sein, wenn es schon zu spät war? Serdall lächelte Daniel schief an. Er war wirklich allen Göttern dankbar, dass er bei diesem Unfall glimpflich davongekommen war und sich mit Daniel wieder alles einzurenken schien. „Erinner dich mich lieber daran, dass ich dich nie wieder so wütend mache, dass du überhaupt daran denkst, betrunken Auto zu fahren“, erwiderte Daniel seufzend und strich Serdall einmal kurz durch die Haare, bevor er aufstand und zum Schrank ging. Er holte sich eine lange Jogginghose und ein T-Shirt heraus und legte beides auf Serdalls Bett ab. Daniel legte den Kopf nachdenklich schief und grinste dann süffisant. „Nun, wenn ich schon mal aus einem bestimmten Grund eigentlich hier war, soll zumindest nicht alles umsonst gewesen sein, meinst du nicht auch?“, fragte er und zog sich sein Shirt langsam über den Kopf, bevor er die Hände zu seiner engen Hose wandern ließ und mit dem Knopf spielte, während er sich langsam einmal um die eigene Achse drehte. Versucht desinteressiert betrachtete Serdall Daniels schlanken Oberkörper und konnte nicht umhin, sich einmal kurz über die trockenen Lippen zu lecken. Seine Augen folgten Daniels Fingern, wie sie unter den Hosenbund schlüpften, ihn einige Zentimeter nach unten zogen. „Wer hat dir eigentlich erlaubt dich so anzuziehen?“, fragte Serdall rau und schluckte angespannt, als er das dünne Band von Daniel Tanga sah. Er zog überrascht eine Augenbraue nach oben. „Nun, du selbst, falls du dich nicht mehr dran erinnerst“, antwortete Daniel grinsend und ließ die Hose jetzt ganz nach unten fallen. Er bückte sich demonstrativ so, dass Serdall freie Sicht auf seinen Hintern hatte und stieg aus Hose und Schuhen, ehe er sich wieder aufrichtete. Genugtuung überflutete ihn, als er sah, dass Serdall diese Show scheinbar alles Andere als kalt ließ. „Solange ich mich in dem Aufzug in deiner Nähe aufhalte sei mir das gestattet und in deiner Nähe bin ich jetzt, oder nicht?“, wollte Daniel amüsiert wissen. Serdall schoss das Blut in die Wangen und er zwang sich, seinen Blick nicht allzu sehr auf Daniels untere Regionen zu legen, wo das kleine Stück Stoff verführerisch auf den Hüften saß und der tätowierte Drache Serdall für seine Schwäche für Daniel zu verhöhnen schien. „Und was war auf dem Weg hierher?“, flüsterte er heiser. Serdall biss sich auf die Lippe und fasste nach Daniels Hand. Er zog ihn näher ans Kopfende und richtete sich selbst in eine sitzende Position, um die Arme um Daniels Nacken zu schlingen und ihn sehnsüchtig zu küssen. Daniel lächelte in den Kuss und schob sich noch ein Stück näher an Serdall. Es war befriedigend zu wissen, was für eine Wirkung er immer noch auf ihn hatte. „Auf dem Weg hierher“, Daniel wurde von einem erneuten Kuss unterbrochen, „war ich allein im Auto“, noch ein Kuss, „es war dunkel und so gut wie keiner auf den Straßen.“ Serdalls linke Hand wanderte zu Daniels Hintern und strich über die weiche Haut, ließ es sich nicht nehmen auch über den Stoff in der Mitte zu streichen, bis hin zwischen Daniels Schenkel. „Ich muss zugeben, dieses Outfit gefällt mir“, seufzte Serdall leise und küsste sich über Daniels Kehle hinab zum Schlüsselbein. Er leckte verführerisch über den Knochen, weiter zu Daniels rechter Brustwarze. Er saugte einen Moment an ihr, biss abschließend leicht hinein, ehe er wieder mit dem Mund hinauf wanderte. Er spürte wie Daniel zu zittern begann und quittierte dies mit einem Lächeln. Er liebte Daniel und konnte einfach nicht verstehen, was Dustin anders machte, wenn er mit Daniel schlief. Was gab Daniel den gewissen Kick, wenn er mit Dustin Sex hatte? Bei diesem Gedanken stockte Serdall leicht in seiner Bewegung. Er wollte es sich nicht vorstellen, doch es spielte sich unerwünscht vor seinem inneren Auge ab und augenblicklich wurde Serdall unwohl. Machte er wieder irgendetwas falsch? Mochte Daniel irgendetwas nicht? Er seufzte leise und schob diese Gedanken von sich. Dustin war Dustin, ein anderer Mensch als Serdall und Serdall konnte sich nicht immer für Daniel ändern und das würde er auch nicht mehr. Solange sich Daniel nicht beschwerte, würde er sich jetzt sicher keine Gedanken mehr machen. Serdall küsste Daniel im nächsten Moment begierig und er dirigierte ihn zu sich auf das Bett. Leise in Erwartung stöhnend kletterte Daniel über Serdall und erwiderte den Kuss leidenschaftlich. Er öffnete seine Augen einen Spalt breit und schielte zur Tür, doch mitten in der Nacht würde wohl keine Krankenschwester einfach mal so ins Zimmer kommen. Etwas entspannter ließ er seine Hände unter Serdalls Pullover gleiten und fuhr die weiche Haut entlang. Eigentlich hatte er gerade nur geplant gehabt, Serdall etwas anzuheizen, doch diese Entwicklung gefiel ihm eigentlich auch durchaus gut, vor allem weil er seine Scheu, hier vielleicht mit ihm zu schlafen, ziemlich abgelegt hatte. Es würde schon keiner kommen. Warum auch? „Nicht so laut“, flüsterte Serdall Daniel zu, als der wieder leise stöhnte. Er wusste nicht inwieweit die Wände ihre Stimmen dämpfen würden, doch er wollte dahingehend sicher nichts riskieren. Serdall zischte schmerzvoll, als Daniel etwas zu fest über die linke Rippenseite strich. Himmel, er hatte noch gar nicht wirklich realisierte, was an ihm alles wehtat, aber dahingehend war er Meister in der Verdrängung, vor allem wenn er Kopfschmerzen hatte. Die waren sowieso das Einzige, was ihn wirklich wahnsinnig machen konnte. Er küsste Daniel, als der ihn etwas erschrocken ansah. Serdall wollte jetzt sicher nicht deswegen aufhören, auch wenn er nachher wohl vor Erschöpfung sofort einschlafen würde und erst im nächsten Jahrhundert wieder aufwachte. Vorsichtig zog Daniel Serdall den Pullover über den Kopf und verzog dann leicht den Mund, als er die vielen Blutergüsse sah. „Meinst du es ist wirklich okay, wenn wir miteinander schlafen?“, flüsterte Daniel. „Jetzt? Hier? In deinem Zustand?“ Leise knurrend fasste Serdall nach Daniels Hüfte und drückte ihn auf seine Lenden hinab, um ihn spüren zu lassen, dass er gerade erregt war. „Gerade in meinem Zustand“, flüsterte er an Daniels Lippen. „Hey, solange wir keine akrobatischen Aktionen machen und es nicht zu wild wird, wird es gehen, okay?“, sagte er bei Daniels besorgtem Blick leise. „Ich will nicht bis morgen warten. Wer weiß, was bis dahin wieder ist“, seufzte er und schlang die Arme um Daniels Nacken. „Morgen ist heute“, antwortete Daniel grinsend. Immerhin war es schon kurz nach halb eins. Er keuchte leise, als Serdall sein Becken wieder etwas nach oben drückte und schloss die Augen. „Gut“, murmelte er. „Dann habe ich die ganzen Sachen wenigstens nicht umsonst mitgebracht.“ Er verwickelte Serdall erneut in einen tiefen Kuss und zog die Hose herunter. Praktisch, dass Serdall wegen seines Gipses nur weite Jogginghosen tragen konnte. Das sparte die Knöpfe. Daniel legte den Kopf etwas schief, als Serdall mit seinen Lippen hinter sein Ohr wanderte und stöhnte dieses Mal bemüht leise. Eine Gänsehaut raste über Serdalls Körper und ließ seine Haut prickeln. Himmel, diese Stimme machte ihn immer noch wahnsinnig. Erregt keuchend wanderte Serdall von Daniels Ohr hinab zu dessen Hals und wieder hinauf. Kurz knabberte er an Daniels Ohrläppchen und genoss seine Reaktionen. Er verfluchte seinen Gipsarm, auf den er sich konzentrieren musste, um sich selbst nicht unnötig Schmerzen zuzufügen. Seine linke Hand war mittlerweile unter Daniels Tanga geschlüpft und zwei Finger wanderten immer tiefer an Daniels Steiß entlang. Er drang mit einem ein und brachte Daniel zu einem tiefen Grollen, das er schnellstmöglich in einem Kuss erstickte. Sie mussten wirklich leise sein. Er entsann sich daran, dass man selbst Gespräche vor der Tür gut mithören konnte, wenn es still war. „Prinzesschen, reiß dich zusammen“, knurrte Serdall leise, als er sich von seinem Mund löste. „Lustig“, keuchte Daniel mit bemüht ruhiger Stimme. „Du wirst nicht gerade gefingert, da hast du auch meine Probleme nicht.“ Er küsste Serdall wieder und dämpfte somit wenigstens einen Teil seiner Laute, während er blind nach den Kondomen und der Gleitcreme tastete, die hier irgendwo auf dem Bett liegen müssten. Daniel erwischte etwas Eckiges, was sich nicht als einer der gesuchten Gegenstände herausstellte und suchte weiter. Leicht ungeduldig öffnete Daniel jetzt doch seine Augen und fand beides links hinter sich. Zittrig holte er ein Kondom aus der Packung, zog Serdall die Shorts herunter und rollte es ihm über den Penis. Er hatte jetzt weder den Nerv noch die Ruhe viel länger zu warten. Obwohl Daniel so ungeduldig war, ließ sich Serdall die Ruhe nicht nehmen. Er forderte von Daniel, langsamer zu sein. Wenn sie alles überstürzten, wurde es Serdall zu viel. Er merkte jetzt schon, wie ihm der Kopf schummrig wurde. Keuchend entfernte er seine Finger von Daniels Po und umschlang Daniels Nacken mit den Armen, um ihn in einen erneuten Kuss zu verwickeln, nur damit der ihn nicht mit seiner Ungeduld erneut in ein Koma brachte. Daniel nahm sich die Tube mit der Gleitcreme und ließ seine Zunge währenddessen spielerisch Serdalls Gaumen entlang tanzen. Er hatte die Finger gerade am Verschluss, als die Tür aufgerissen wurde und drei Leute in weißer Kleidung hineinstürzten. „Herr Agamie, alles in Ordnung mit Ih…“ Die älteste der drei Frauen brach ab und starrte entsetzt auf die Szene vor sich. Ende Kapitel 9 Kapitel 10: ------------ Kapitel 10 Daniel hatte reflexartig die Decke hochgezogen und damit alle Sachen, die darauf lagen, auf den Boden befördert. Die Kondome waren durch den Aufprall auf dem Boden verteilt worden, die Handschellen zu den Füßen einer der jüngeren Frauen gerutscht. „Fuck“, fluchte er unterdrückt. „Ich wusste es, verdammte Scheiße.“ Serdall blieb einen Moment die Luft weg, wobei ihm scheinbar all sein Blut aus den Lenden in den Kopf stieg. Geschockt starrte er auf Daniels Brust und traute sich nicht, an ihm vorbeizuschauen. Das war jetzt nicht wahr. „Herr Agamie!“, grollte plötzlich die Oberschwester und Serdall sah nun doch an Daniel vorbei, genau in die entsetzten und auch teilweise angeekelten Gesichter der Damen. „Das Krankenhaus ist kein Bordell und duldet solche Dinge nicht. Ihr Freund wird sich jetzt anziehen und schnellstmöglich verschwinden.“ Serdall wurde bei ihrer hysterischen Stimme übel. Eine der Schwestern kicherte plötzlich leise und betrachtete Daniel und ihn ungeniert. „Würden Sie diese Fleischbeschau bitte einstellen?“, knurrte Serdall sie nun an. „Es wäre nett“, fauchte er nun, da jetzt seine Scham wich und der Wut Platz machte, „wenn Sie uns wenigstens die Möglichkeit lassen, uns anzuziehen. Oder glauben Sie, dass wir uns jetzt vor Ihnen nackt präsentieren?“ Immer noch hochrot im Gesicht blitzte Serdall die Oberschwester an. „Wir warten draußen auf Ihren Freund, Herr Agamie“, erwiderte sie, scheuchte dann die anderen beiden Frauen aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Serdall sah auf dem Bett die Klingel für die Schwestern. „Himmel, du hast die Patientenklingel gedrückt, Dan. Klasse.“ „Ich habe bestimmt keine Klingel gedrückt“, gab Daniel zurück. Seine Erregung war vollends abgeklungen und alles, was er momentan fühlte, war Schock. Genau deswegen wollte er anfangs nicht mit Serdall im Krankenhaus schlafen. Warum um Himmels Willen war er dazu überhaupt hergekommen? Wie man gesehen hatte, hätte ein einfacher Besuch gereicht. Es war schon alles wieder gut gewesen, bevor sie beschlossen hatten, sich hier zu vergnügen. „Was glaubst du, warum dann gleich drei Schwestern ankommen und fragen, ob alles in Ordnung ist?“, knurrte Serdall leise und zupfte das Kondom von seinem erschlaffenden Penis. Was war das hier? Die letzte Stufe zur Hölle? Obwohl Daniel noch auf seinen Beinen hockte, zog sich Serdall Shorts und Hose über den Unterleib. „Ich verstehe es einfach nicht“, fing Serdall plötzlich an. „Immer, wenn wir etwas Außergewöhnliches machen wollen, werden wir dabei gestört. Sei es von Dustin, Fei, Ethan, Taki oder wem auch immer.“ Wieso war das bei ihnen nur so? Serdall konnte sich darauf einfach keinen Reim machen. „Scheinbar liegt irgendein Fluch auf uns“, grummelte Daniel und fuhr sich einmal mit der Hand quer über das Gesicht. Schwer seufzend stand er mit einem Blick auf die Tür, die zum Glück fest geschlossen war, auf und zog sich wieder vollständig an. Anschließend stand er etwas unschlüssig vor Serdalls Bett, nachdem er alle Utensilien wieder eingesammelt hatte. „Tja, ich glaube wir sehen uns dann wohl erst wieder nachher“, meinte er unbehaglich. Serdall seufzte leise und zog Daniel an der Hand wieder zu sich. Er hauchte einen Kuss auf Daniels rotgeschwollene Lippen und lächelte dann schief. „Wenigstens brauchst du dir jetzt keine Sorgen mehr um Susanne machen. Die wird ganz sicher davon erfahren.“ „Sie tut mir leid“, erwiderte Daniel mit verzogenem Gesicht. Vorhin hatte er noch über Frau Doktor Kamp gelästert, aber wenn man sich in ihre Situation hineinversetzte, war sie eigentlich nur ein weiteres, armes Opfer in dieser ganzen Scharade. Serdalls Mimik wurde ernst. „Sie ist egal“, meinte er halblaut und strich Daniel über die Wange. „Ich werde ihr die Wahrheit sagen und sie muss es einsehen“, sagte er fest und lehnte seine Stirn gegen Daniels Brust. „Wann kommst du nachher?“ „Hmm, eigentlich könnte ich ja erst mal ausschlafen“, grinste Daniel frech. „Nein, ich werde wohl gleich am Anfang der Besuchszeit kommen. Oder vielleicht eine Stunde später, damit du in deine Krücken eingewiesen werden kannst. Eigentlich würde ich dich am liebsten hilflos im Rollstuhl mitnehmen.“ Daniel lachte leise. „Vergiss es“, murrte Serdall. Es wurde heftig an der Tür geklopft. „Ja, verdammt“, knurrte Serdall. Ehrlich, er fragte sich langsam, ob er hier im Knast war. „Bis morgen“, sagte er bedauernd und küsste Daniel noch einmal. „Heute“, verbesserte Daniel lächelnd und schnappte sich dann seine Tasche. An der Tür atmete er einmal tief durch und stürzte sich dann auf ins Gefecht. Serdall versuchte zu hören, was man mit Daniel sprach, doch die Stimmen entfernten sich, sobald Daniel die Tür hinter sich geschlossen hatte. Seufzend legte er sich zurück und rieb sich leicht über die schmerzenden Rippen, die sich seit dem Schock allzu sehr bemerkbar machten. Er war wirklich froh, wenn er hier wieder raus war. Müde torkelte Daniel in die Küche. Es war erst sieben und er hatte gerade mal fünf Stunden geschlafen. Serdall wurde sogar schon vor einer Stunde aus dem Schlaf gerissen. Wahrscheinlich würden sie heute erst mal Siesta machen. Ein unverständlicher Laut, der eigentlich eine Begrüßung sein sollte, verließ Daniels Kehle, als er Dustin am Küchentisch erblickte. Kakao. Schnell. „Dir auch einen wunderschönen guten Morgen“, sagte Dustin schief lächelnd und bedeutete Daniel, sitzen zu bleiben. Er sah ihm schon an der Nasenspitze an, was er wollte. Wenig später hatte Daniel seinen Kakao und Dustin saß ihm abwartend gegenüber. Er war noch so anständig den Mund zu halten, bis Daniel den ersten Schluck getrunken hatte, doch dann brach es aus ihm heraus. „Was ist passiert? Hat Serdall dir verziehen?“, fragte er sogleich und sah Daniel eindringlich an. „Hmja“, nuschelte Daniel und steckte seine Nase wieder in die Tasse. Er hatte das Gefühl, dass er gleich in seinem Kakao ertrinken würde, weil er mit dem Kopf drauf fiel und einschlief. Außerdem hatte er leichte Kopfschmerzen wie eigentlich fast immer, wenn er nur kurz geschlafen hatte und die fünf Stunden waren definitiv zu kurz gewesen. Deswegen war er gerade auch nicht so wirklich aufnahmefähig. Dustin stöhnte entnervt. „Kannst du auch sprechen?“, machte er seinem Unmut Luft und funkelte Daniel an. Scheinbar war es also mit Serdall nicht schlecht gelaufen und scheinbar hatte Daniel nicht viel geschlafen. Daniel blitzte Dustin missgestimmt an. War ein Ja nicht ein Ja, ob nun im ganzen Satz oder als Laut? „Ja, verdammt, er hat mir verziehen“, grummelte er. „Stundenlang und die halbe Nacht?“, grinste Dustin nun versaut, doch bei Daniels entnervten Blick wich dieses Grinsen. „Wie? Ihr habt doch keinen Sex gehabt?“ „Nein“, seufzte Daniel und erzählte dann die ganze Story vom Verstecken in der Badnische angefangen bis hin zu den getauschten Zärtlichkeiten. „Und dann bin ich scheinbar beim Suchen der Kondome auf den Knopf für die Schwestern gekommen, die sind aufgescheucht im Zimmer aufgetaucht und haben mich nett nach draußen geleitet“, schloss er seinen Vortrag und stürzte den Rest seines Kakaos hinunter. Dustin brach in schallendes Gelächter aus. Tränen bildeten sich in seinen Augenwinkeln und er gackerte munter weiter, trotz Daniels mörderischem Blick. „Das ist so typisch für euch“, kicherte er. Es dauerte eine Weile, bis er wieder anständig zu Atem kam, ohne immer wieder loszuprusten. „Das kommt ja fast an Doktorspielchen ran“, lachte er nun weiter. „Auweia“, meinte er einen Moment später ernst. „Dann ist ja immer noch kein reiner Tisch zwischen dir und Serdall“, stellte er leicht geschockt fest. „Und er hat echt die Ärztin geküsst?“ „Ja, hat er“, seufzte Daniel leidlich. „Darüber müssen wir auch noch sprechen. Ich weiß nicht, ob er es nur getan hat, um sich abzulenken oder ob er tatsächlich irgendwie was für sie über hat. Aber die sexuelle Seite werden wir bestimmt klären, wenn er wieder hier ist. Ich hole ihn gleich ab.“ „Dan?“, rief Taki von oben. „Jana ist wach.“ Daniel stöhnte auf. Stressige Morgen nach Nächten ohne viel Schlaf waren schrecklich. „Komme!“, antwortete er und stand auf. „Noch irgendwelche Fragen, die dringend geklärt werden müssen und keine halbe Stunde Zeit haben?“, wandte er sich an Dustin. Jener winkte nur ab. „Kümmer dich erst mal um Jana. Ich muss eh gleich zur Arbeit“, murmelte Dustin und frühstückte in Ruhe weiter, während Daniel zu seiner Tochter eilte. Etwas zweifelnd rührte Dustin in seiner Kaffeetasse herum. Serdall hatte also wirklich die Absicht gehabt, sich endgültig von Daniel zu trennen, sonst hätte er sich sicherlich nicht so ins Zeug gelegt. War es nun ein gutes Zeichen, dass er Daniel wiedergenommen hatte oder war es ein spontaner Entschluss? Dustin seufzte. „Hoffentlich geht das gut.“ Nachdem Daniel Jana fertig gemacht hatte, war Dustin schon weg. Es war schon seltsam, wenn er darüber nachdachte, dass Dustin schon einige Jahre unterrichtete und er noch mitten im Studium war, sogar noch sein Referendariat vor sich hatte. Irgendwie kam Dustin ihm vor, als wäre er in seinem Alter, zumindest wenn es nicht um ernste Themen ging. Dann zeigte er schon, dass er über etwas mehr Lebens- und vor allem Serdallerfahrung verfügte. „Na, gut geschlafen?“, fragte Daniel leicht amüsiert grinsend, als er sah, dass Serdall missgelaunt auf seinem Bett saß. Serdall rollte mit den Augen. Er hatte eher fast gar nicht geschlafen. Gerade, als er von der ganzen Aufregung endlich mal zur Ruhe gekommen war, war auch schon Miss Muttermal in den Raum gestürzt und hatte ihn ziemlich unfreundlich geweckt. Die Visite war noch schlimmer gewesen. Plötzlich war nämlich der Chefarzt wieder da und Susanne hatte sich wirklich nur als dessen Tochter herausgestellt. Herr Doktor Kamp hatte ihn noch einmal durchgecheckt und auf Serdalls Wunsch hin wirklich gleich eine Physiotherapeutin kommen lassen, die ihm freudig seine neuen Krücken präsentiert hatte. Nach ein paar Übungen war Serdall schon recht gut mit den blauen Krücken zurecht gekommen, dennoch hatte man ihm geraten, erst mal nur die nötigsten Wege zu gehen, wenn ihm sein rechter Arm lieb war. Und Serdall musste zugeben, dass es ziemlich wehtat, wenn er sich auf den Arm stützte. Doch bis nach Hause würde er eben die Zähne zusammenbeißen. „Ging so“, murrte Serdall leise und begrüßte Jana. „Hey, bekomme ich gar keinen Kuss?“, fragte Daniel gekränkt und spitzte erwartungsvoll die Lippen. „Moment“, meinte Serdall nun grinsend. Er schnappte sich seine Krücken, richtete sich vom Bett auf und stellte sich vor Daniel hin. So gefiel ihm das viel besser, wenn er Daniel wieder richtig in die Augen sehen konnte, wobei sein Freund ein wenig zu ihm hochschauen musste. „Jetzt bekommst du ihn“, flüsterte er lächelnd und beugte sich zu Daniel, um seine Lippen zu versiegeln. Zufrieden erwiderte Daniel den sanften Kuss und sah anschließend in Serdalls Augen. „Ja, jetzt fühlst du dich wieder toll, wo du mich überragen kannst, nicht wahr?“, neckte er. „Ich bin wirklich dafür, dass wir erst einmal einfach denn Rollstuhl mitnehmen. Dann siehst du, wie es mir immer geht.“ „Abgelehnt“, erwiderte Serdall nun besser gelaunt und setzte sich wieder aufs Bett. Jana kam zu ihm gekrabbelt und hatte plötzlich den Edding in der Hand. Serdall bekam es erst gar nicht mit, doch dann verewigte sie sich schon auf seinem Arm und malte eine absurde Fratze. „Es wird so peinlich, wenn ich damit zum Arzt muss, um den abnehmen zu lassen“, seufzte Serdall. „Bis dahin verlasse ich das Haus lieber nicht“, merkte er an. „Du verlässt das Haus auch so nicht oft und außerdem ist es kalt draußen, sodass du langärmlig rumlaufen und niemand die Gipse sehen wird. Was ist daran überhaupt peinlich? Da stehen keine obszönen Sachen drauf, zumindest solange nicht, bis Dustin an den Gips kommt.“ Daniel Grinsen erstarb. „Entschuldigung“, murmelte er. Serdalls gerade Mal erwachtes Lächeln erstarb im selben Moment, wie er den Namen seines Schwagers hörte. Er ließ Daniels Bemerkung unkommentiert und griff sich seine Krücken. „Nimmst du bitte meine Tasche?“ Er hatte sie schon gepackt, als er auf Daniel gewartet hatte. „Ich melde mich jetzt noch ab und wir gehen dann. Ich möchte endlich in mein eigenes Bett.“ Serdall humpelte schon einmal vor. Daniel verfluchte sich innerlich für sein unbedachtes, schnelles Mundwerk. So gut er auch mit Dustin klarkam, so schlimm war es momentan für Serdall, auf seinen Schwager angesprochen zu werden. Daniel flehte nur, dass Dustin wohnen bleiben durfte. Auch wenn die nächste Zeit dann wohl eine etwas gespannte Stimmung im Haus herrschen würde. Er schnappte sich Serdalls Tasche, nahm Jana wieder auf den Arm, damit er schneller vorankam und folgte Serdall. „Auf Wiedersehen, Herr Agamie“, flötete die Krankenschwester, die sein Entlassungsschreiben entgegennahm, als er es unterzeichnet hatte. „Nimmerwiedersehen“, korrigierte er sie leise, sodass sie ihn nicht hören konnte und drehte sich um. „Tschüss“, meinte er nur sehr halbherzig, ging zu Daniel und sie machten sich auf zu Daniels Wagen. Erschöpft ließ sich Serdall auf dem Beifahrersitz nieder und holte schwer Luft. Dass es so anstrengend sein würde, hätte er nicht gedacht. „Alles in Ordnung?“, fragte Daniel besorgt, nachdem er Jana angeschnallt und sich selbst ins Auto gesetzt hatte. Serdall sah ziemlich erschöpft aus, was wohl an der ungewohnten Kraftanstrengung und der kurzen Nacht lag. „Bin bloß erschöpft“, entgegnete Serdall ihm nur und zog endlich die Beifahrertür zu, nachdem er richtig eingestiegen war und die Krücken irgendwie verstaut waren. Als sie endlich daheim ankamen, machte sich in Serdall ein Zwiespalt breit. Einerseits freute er sich daheim zu sein, andererseits wusste er, dass noch einige Entscheidungen und Diskussionen auf ihn zukamen, die er lieber noch etwas hinausgezögert hätte. Ächzend erhob er sich aus dem Wagen, humpelte zur Haustür, die Daniel gerade aufgeschlossen hatte und streifte sich den einen Schuh, den er nur am gipsfreien Fuß trug, ab. Er sah Kikuchi und Fei im Wohnzimmer, doch da sie ihn nicht bemerkten, hielt er es für besser, erst einmal sein Bett aufzusuchen. Er hatte keine Lust, jetzt mit seinem Bruder zu reden und sich vorhalten zu lassen, dass er zu weich mit Daniel war. Serdall erklomm langsam die Stufen in die dritte Etage und fluchte leise. Total mit den Kräften am Ende ließ sich Serdall ins Bett fallen, als er endlich oben angekommen war und zog die Decke über seinen Kopf. Die Krücken schmiss er achtlos neben das Bett. Daniel stellte Serdalls Tasche erst einmal mitten im Raum ab und setzte Jana auch vorerst auf den Boden. Er ging zu Serdall und lupfte die Decke ein Stückchen. „Du möchtest wahrscheinlich erst nochmal ein bisschen schlafen nehme ich an?“, fragte er mitfühlend. Er war zwar auch müde, aber da Dustin und Ethan gerade beide außer Haus waren und Yoshiko immer noch bei ihrem Freund verweilte, hatte er keinen, der sich in dieser Zeit um Jana kümmern. Fei würde er nie darum bitten, vor allem weil Daniel auch keine Ahnung hatte, was der vielleicht aus Rachelust mit seiner Tochter anstellte. Serdall seufzte leise und zog von selbst die Decke etwas herunter, um Daniel ins Gesicht zu sehen. „Kannst du dich ein bisschen zu mir legen? Ich bin einfach nur am Ende“, meinte er ziemlich schwach. Er war müde, ja, aber er wollte jetzt auch die Zweisamkeit mit Daniel genießen, soweit das mit Jana, die am Boden herumkrabbelte, ging. „Ein bisschen“, bestätigte Daniel lächelnd. „Ich hole kurz noch etwas Spielzeug für Jana rüber und komme dann mit ins Bett.“ Fünf Minuten später lag Daniel an Serdall gekuschelt unter der Bettdecke. Er hatte jetzt schon Mühe die Augen offen zu halten, als Ruhe und Entspannung in seinen Körper kehrten. Daniel gähnte einmal verhalten und strich Serdall dann eine Strähne aus der Stirn. Gerade hatte Serdall die Augen geschlossen, doch er öffnete sie bei der kleinen Berührung und lächelte Daniel leicht an. Er lehnte seine Stirn leicht vor, sodass sie gegen Daniels lag und schloss wieder die Augen. Seine linke Hand suchte Daniels und er verschränkte sie mit seiner. „Ich freu mich schon auf etwas Vernünftiges zu essen“, murmelte Serdall leise. „Bei dem Zeug im Krankenhaus macht man freiwillig Diät“, seufzte er und rieb seine Nase an Daniels. Er öffnete die Augen wieder leicht, um Daniel anzusehen. Diese Momente waren irgendwie so schrecklich kostbar geworden und Daniel mit so viel Liebe im Blick zu sehen, machte Serdall das Herz schwer, weil er genauso fühlte. „Ich hab dich vermisst“, flüsterte er leise. Damit waren nicht die letzten paar Stunden gemeint, seit Daniel ihn in der Nacht hatte verlassen müssen, sondern überhaupt die ganze Zeit seit dem Freitag, in der sie mehr getrennt als zusammen gewesen waren. „Ich dich auch“, hauchte Daniel und hatte Mühe, den Klos in seinem Hals zu unterdrücken. Er hätte jetzt am liebsten wieder mit Beteuerungen angefangen, wie leid ihm alles tat, doch das wäre wohl das Schlechteste, was er machen könnte, weswegen er lieber schwieg. Stattdessen kuschelte er sich weiter an Serdall und hing im Stillen seinen trüben Gedanken nach, die wieder einmal in die Richtung führten, wie sehr er sich selbst dafür hasste, dass er Serdall immer wieder aufs Neue wehtat. Serdall bemerkte nichts von Daniels innerer Unruhe. Seine Müdigkeit übermannte ihn langsam und seine Lider wurden immer schwerer. Mühsam schaffte er sich noch so hinzulegen, dass Daniel in seinen Armen lag und er ihn eng an sich ziehen konnte. Der letzte liebevolle Gedanke, bevor er einschlief, galt Daniel. Einige Zeit noch blieb Daniel bei Serdall liegen, bis er merkte, dass Jana allmählich unruhig wurde. Natürlich wurde es irgendwann langweilig allein zu spielen. Er löste sich vorsichtig von Serdall, nahm Jana auf die Arme und machte sich auf den Weg nach unten ins Wohnzimmer, um zusammen mit ihr und den Hunden auf den Spielplatz zu gehen. „Sind zuhause!“, rief Dustin in den Flur. „Endlich Feierabend“, murrte er leise und zog seine Jacke und Schuhe aus. Prüfend sah er ins Wohnzimmer, doch es war verlassen. Kimba und Mücke waren da, aber ansonsten niemand. Taki sprang vor seinen Beinen herum und versuchte seine Schuhe einfach von den Füßen zu ziehen, ohne die Schleife zu lösen. „Du weißt, dass dein Papa das hasst?“, fragte er grinsend. „Ups“, meinte Taki leise und setze sich hin, um seine Schuhe aufzubinden. Zufrieden nickte Dustin und nahm Taki dann noch seine Jacke ab, um sie anzuhängen, ehe er in die Küche ging. „Warum begrüßt du uns denn nicht?“, fragte er Daniel, der gerade am Herd stand. „Okay“, lachte er, als er sah, dass der Jana auf dem Arm hatte, die leise weinte. In der anderen Hand hatte er einen Kochlöffel und im Mund Janas kleine Rassel. „Du hast ja mal wieder alle Hände voll“, kicherte er und nahm ihm Jana und die Rassel ab. Anscheinend war mal wieder Ausnahmezustand, schließlich konnte Daniel nicht beides gleichzeitig, kochen und Jana unterhalten. „Danke, du bist meine Rettung“, seufzte Daniel. „Sie scheint ziemlich müde zu sein vom Spielplatz, aber ich hatte keine Zeit, sie ins Bett zu bringen, wenn ich das Essen rechtzeitig fertig haben wollte und jetzt kann sie auch erst noch essen und dann schlafen gehen. Serdall schläft noch oben denke ich mal.“ Erleichtert hielt Daniel jetzt mit der anderen Hand den Topf fest, während er in seinem eigens kreierten asiatischen Gericht herumrührte. „Oh, er ist schon wieder hier?“, fragte Dustin und ging mit Jana ein wenig im Raum auf und ab, wobei er sie immer mal hochstemmte und sie zum Kichern brachte. Dustin lehnte sich neben Daniel an die Anrichte und sah ihn von der Seite her an, während Jana an seinen Fingern herum zupfte. „Alles klar bei dir? Du siehst nicht wirklich glücklich aus, dass er wieder hier ist.“ „Das ist es nicht“, seufzte Daniel, mal wieder erstaunt, darüber, dass Dustin die Fähigkeit hatte, mit einem Blick hinter seine Fassade zu sehen. „Ich bin echt froh, dass er wieder hier ist und nicht mehr im Krankenhaus. Ich habe nur ein extrem schlechtes Gewissen ihm gegenüber. Wie soll ich das nur erklären? Die Sache zwischen uns wurde zwar schon so ziemlich aus der Welt geschafft, zumindest hat er mir vergeben, allerdings tut es mir trotzdem noch unendlich weh, dass ich ihm schon wieder dieselben Qualen angetan habe.“ Dustin strich Jana über die schwarzen, glatten Haare und sah einen Moment nachdenklich auf den Boden. „Ich denke, das muss so sein. Erst mal“, sagte er halblaut. „Du kannst es nicht einfach wegstecken und glaub mir, Serdall hat das auch noch nicht komplett verarbeitet und es wird immer noch in seinem Kopf rumspuken.“ Mitfühlend strich Dustin über Daniels Oberarm. „Zeig ihm einfach, dass er die richtige Entscheidung gemacht hat und es nicht bereuen wird, okay? Dann verblassen auch bald deine Schuldgefühle. Nur jetzt musst du damit irgendwie klarkommen. Weißt du eigentlich schon, ob er Ethan und mich noch rauswirft oder war das Thema noch tabu?“ „Es war eher noch etwas, über das wir noch nicht gesprochen haben und auf das Serdall auch nicht sehr gut zu sprechen gewesen ist“, seufzte Daniel. „Aber ich werde versuchen ihn dazu zu bewegen, dass ihr hier weiterhin wohnen könnt. Ich will auf keinen Fall, dass ihr geht, dass du gehst. Verdammt, das klingt so zweideutig. Wenn das irgendwer hört denkt er noch, dass sonst was los ist“, meinte er schief grinsend. „Na hör mal“, grinste Dustin nun, „es wird euer Untergang sein, wenn ich vernünftiges Wesen nicht mehr auf euch aufpasse. So oder so bin ich der Älteste hier und habe eine gewisse Verantwortung für euch. Schließlich habt ihr euch über mich“, Dustin tippte sich nachdrücklich auf die Brust, „kennengelernt. Und ihr seid doch meine Turteltäubchen.“ Er seufzte theatralisch, wie er es oft gerne tat und grinste Daniel dann breit an. „Du verrückte Nudel“, erwiderte Daniel leise lachend. Die Stimmung war deutlich aufgelockert und Daniel fragte sich echt, was sie nur ohne Dustin machen sollten. Er gehörte hier so extrem in dieses Haus, dass ohne ihn ein riesiges Stück fehlen würde. „Ich gehe dann mal Serdall wecken“, meinte er schließlich. „Und du setzt Jana am besten schon in ihren Stuhl und deckst dann den Tisch. Taki ist bei den Hunden, denke ich?“ „Ja, ist er. Lass Serdall doch noch schlafen. Du kannst ihm später etwas hochbringen. Es ist nur eine unnötige Anstrengung und eigentlich gehört er ja noch ins Krankenhaus, nicht wahr?“ Dustin zog Daniel zurück und drückte ihm die Teller in die Hand. Er selbst griff sich Besteck. Kurz warf er einen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass Ethan auch in ein paar Minuten hier sein würde. Schnell ging er ins Wohnzimmer und holte Taki, als er Messer und Gabeln verteilt hatte. In Daniel baute sich während des Essens ein klein wenig schlechtes Gewissen auf, dass er Fei und Kikuchi nicht zum Mittag geholt hatte, allerdings war er auch nicht lebensmüde. Serdalls Bruder wollte er eigentlich am liebsten nur in dessen Begleitung das nächste Mal unter die Augen treten. „Hey“, murrte Dustin, als sie gemeinsam abräumten und Daniel dann einen Teller für Serdall zurecht machte. „Du solltest nicht so eine Trauermiene ziehen. Langsam mach ich mir wirklich Sorgen, dass dir das alles einfach zu viel wird. Wie oft hat Fei dich jetzt eigentlich vermöbelt? Drei Mal?“, fragte Dustin Daniel und sah bezeichnend auf die Beule an seiner Stirn. „Hast du das Serdall mal erzählt?“ Es machte Dustin wütend, dass Fei Daniel gegenüber so brutal war. Schließlich war es nicht zu überhören, wenn jemand im Flur irgendwo gegen geworfen wurde. Hätte Kikuchi ihn nicht zurückgehalten, hätte Dustin Fei das höchstpersönlich zurückgezahlt. „Ich denke er wird es wissen“, antwortete Daniel unbehaglich. Das war eigentlich kein Thema, über das er gerne reden wollte. „Immerhin hat er selbst mit Fei gesprochen und ihm gesagt, dass alles aus ist und ihm für den Fall, dass wir innerhalb einer Woche nicht weg sind, vollen Handlungsspielraum gegeben. Gegen eine Wand werde ich auch nicht gelaufen sein. Allerdings habe ich Fei auch mehr als einmal dazu provoziert“, meinte Daniel errötend. So im Nachhinein war seine Aktion jetzt mal wieder total bescheuert gewesen. „Weißt du“, murmelte Dustin, „falls Serdall mich wirklich rausschmeißt, dann werde ich ihm einmal richtig die Meinung sagen, ohne alle Beschönigungen, ohne Rücksicht auf seine sensible Ader. Denn ich finde, es geht eindeutig zu weit, seinem eigenen Bruder so eine Erlaubnis zu geben.“ Er verschränkte wütend die Arme. „Ich möchte ihm mal jetzt am liebsten die Stellen zeigen, die bei dir blau geworden sind und mal echt, selbst an deinem Hals sieht man die Abdrücke, wo Feis Hand zugedrückt hat“, knurrte er leise. „Auch wenn du einen Fehler gemacht hast ist es menschenverachtend, dass Fei so brutal wird. Er soll sich aus euren Angelegenheiten raushalten, verdammt nochmal. Und“, Dustin war jetzt wirklich einmal in Fahrt in seiner Ansprache, die er selbst als Lehrer selten tat, „du arbeitest besser an deinem bisschen Grips. So lebensmüde, wie du dich zum Teil Fei gegenüber verhältst, kann man gar nicht sein. Du weißt, dass er gefährlich ist und verdammt, dann schluck deinen Kommentar einfach mal runter. Das tut wenigstens nicht weh.“ Daniel verharrte in erstauntem Schweigen. Dustin mal so in Fahrt zu erleben war mehr als selten und irgendwie ziemlich beindruckend. Er war froh, dass Ethan in weiser Voraussicht mit Taki und Jana den Raum verlassen hatte, ehe die Wogen zu sehr hochgekocht waren. Er selbst war gerade ziemlich sprachlos. Dustin hatte schon recht. Es war eine dumme Aktion gewesen, sowohl von ihm als auch von Serdall. Jeder hatte auf seine eigene Art und Weise ziemlich beschränkt gehandelt. „Tut mir leid“, war alles, was Daniel herausbrachte. „Tut es dir in der Hinsicht sicherlich nicht“, knurrte Dustin. „Hast du auch nur einen Moment an Jana gedacht, als du Fei dummgekommen bist?“ Dustin drehte sich zu Daniel und sah ihm in die Augen. „Hast du?“ Daniel schüttelte leicht den Kopf. „Wusste ich es doch. Du hast jetzt Verantwortung, Daniel. Als Vater muss man sich nicht nur um Jana kümmern, sondern auch um sich selbst, verstanden? Auch wenn du meinst, dass du durch sie ruhiger geworden bist, stimmt das eben noch nicht ganz. In manchen Situationen muss man abwägen, egal wie sehr es einen aufregt und gerade“, Dustin senkte die Stimme, „weil du Fei hasst, musst du vorsichtig sein.“ „Ich hasse ihn nicht“, murmelte Daniel. „Ich habe meine Differenzen mit ihm.“ Hass war ein sehr krasses Wort und das wollte er eigentlich nicht mit sich in Verbindung bringen. Gut, er konnte Fei wirklich nicht ausstehen, auch wenn er eine Zeit lang gedacht hatte, dass sie sich ganz gut verstanden. Allerdings scheinbar nur solange, bis etwas mit Serdall wieder zwischen ihnen stand. Die Freundschaft oder Feindschaft zwischen Fei und ihm stand und fiel mit Serdall, so viel war Daniel klar. Was ihm noch durch den Kopf schwirrte war die Sache mit Jana. Er war so verzweifelt gewesen wegen der ganzen Sache um die Trennung mit Serdall, dass er zu dem Zeitpunkt nur an sich selbst gedacht hatte. Fei hatte ihm gedroht, ihn fertig zu machen, wenn er sich ihm näherte und Daniel hatte ihn sogar geschlagen, um seinen innerlichen Schmerz loszuwerden. Was wäre mit Jana gewesen, wenn Fei tatsächlich ernst gemacht hätte und das hätte er, wenn er es nicht viel lustiger und schmerzvoller für Daniel gefunden hätte, ihn eben nicht zu verprügeln. Er war nicht nur ein verantwortungsloser Freund in einer Beziehung, er war auch noch ein verantwortungsloser Vater. „Gut, trotzdem streitet ihr euch ziemlich heftig“, murrte Dustin und legte dann eine Hand auf Daniels Schulter. „Ein paar Ratschläge noch“, meinte er leise. „Gib jetzt nicht auf und streng dich an. Wenn Serdall darauf besteht, dass Ethan und ich ausziehen, dann stell dich dem bitte nicht in den Weg, bis zu dem Punkt, wo er erneut denkt, dass du mich mehr liebst als ihn. Wir sind Freunde, Daniel, und das bleibt auch so, aber momentan ist Serdall für dich wichtiger. Er wird sich beruhigen, wenn er nicht mehr so misstrauisch sein muss und du musst ihn da verstehen. Ich gehe lieber, als dass ihr euch weiter streitet.“ Dustin grinste in der nächsten Sekunde breit. „Ich kann nämlich immer wieder einziehen, falls er sich beruhigt und glaub mir, das wird er. Ich kenn ihn jetzt schon fast acht Jahre, seitdem sind wir befreundet, auch wenn es jetzt keine so innige Freundschaft wie zwischen dir und mir ist. Er wird mich nicht so einfach rauswerfen können, glaub mir. Das fällt ihm auch schwer.“ Dustin streckte sich nun zufrieden, als ob er das gesagt hätte, was ihn belastete hatte. Nun wieder munter lächelte er Daniel keck an. „Genug geredet. Bring deinem Mann was zu essen, damit er schnell wieder gesund wird.“ Nun breit grinsend lehnte sich Dustin vor. „Du könntest ihm ja eine besondere Behandlung zukommen lassen.“ Daniel versetzte ihm eine Kopfnuss. „Ehrlich, deine Gedanken klemmen auch immer wieder nur an dem einen Thema fest“, meinte er lachend. Dustin wusste wirklich jedes Mal aufs Neue, wie er die Stimmung auflockern konnte. Auch so ein Punkt, den er an ihm extrem mochte. „Gut, mit dem Essen sind wir aber zumindest einer Meinung. Ehe Serdall die drei Etagen unten ist, wird hier alles schon kalt sein. Wir sehen uns dann nachher.“ „Ja, ist gut", grinste Dustin. "Und streng dich ein bisschen an, damit er zufrieden mit dir ist", lachte er im nächsten Moment und gab Daniel einen Klaps auf den Hintern. Mit gemischten Gefühlen sah Dustin Daniel hinterher. Er hoffte wirklich, dass Daniel sich das zu Herzen genommen hatte, was er ihm gesagt hatte. Es lag jetzt so vieles einfach nur noch an Serdalls Laune, dass es Dustin beunruhigte. Die Unberechenbarkeit seines Schwagers gab Dustin ein schlechtes Gefühl. Jetzt war es wichtig, dass Daniel instinktiv das Richtige tat. Leise trat Daniel durch die Schlafzimmertür und lächelte leicht, als er sah, dass Serdall im Bett saß und las. „Du bist wach, sehr schön“, meinte er, schloss die Tür und trat ganz in den Raum. „Dann spare ich mir wenigstens die Arbeit, dich zu wecken.“ Serdall blickte von seinem Buch auf und sah kurz zu Daniel, ehe er ein Lesezeichen zwischen die Buchseiten klemmte und das Buch auf den Nachtschrank legte. Er fühlte sich ausgeruhter, aber immer noch etwas müde. „Was treibt dich her?“ fragte er murmelnd und leicht lächelnd. „Sieht man das nicht?“, wollte Daniel wissen und schwenke leicht mit dem Teller. „Zumindest riechen müsstest du es, den betörenden Duft von Allerlei in Kokosnussmilch made by Daniel.“ Grinsend setzte er sich zu Serdall aufs Bett und hielt ihm einen gefüllten Löffel vors Gesicht. „Mach ah“, verlangte er. Skeptisch zog Serdall die Augenbraue hoch und besah sich das, was da auf dem Löffel war. „Und du bist dir sicher, dass es mich nicht umbringt?“, fragte er grinsend, doch als er noch etwas sagen wollte, schob Daniel ihm den Löffel zwischen die Lippen und er musste probieren. „Bis jetzt leben noch alle, die damit in Kontakt gekommen sind“, grummelte Daniel beleidigt. „Außerdem bist du Japaner und Kokosmilch kommt doch da auch der Ecke. Von daher ist es nur logisch, dass es dir schmeckt.“ Das war mal wieder so klar, dass Serdall sich über seine Kochkünste lustig machte. Gut, er konnte vielleicht keinen tollen Braten machen und beim Soße abschmecken hatte er generell ein paar Probleme, aber ansonsten war er eigentlich gar nicht mal so schlecht. Grinsend schluckte Serdall. „Ist annehmbar“, triezte er Daniel weiter und wollte ihm den Löffel abnehmen, da er kein Invalide war und seiner Ansicht nach auch selbst essen konnte. Doch Daniel zog ihn aus seiner Reichweite. Augenrollend murrte Serdall leise. „Daniel“, quengelte er und schob seine Linke in Daniels Schoß, um über die schlanken Innenschenkel zu streichen. „Vergiss es“, murrte Daniel immer noch verstimmt. „Ich werde dich bis zum bitteren Ende füttern, so lange, bis kein bisschen Essen mehr übrig ist. Wenn du lieb mitmachst überlege ich mir vielleicht auch nochmal, ob ich es dir erspare, den Teller anschließend noch sauberzulecken.“ Serdall seufzte und versuchte sich den fiesen Kommentar zu verkneifen. Es gelang ihm mehr schlecht als recht, da seine Mimik gerade Bände sprach. Daniel meinte es nur gut und Serdall wollte sich jetzt nicht streiten, nur weil er sich gerade ziemlich unselbstständig vorkam. Seufzend lehnte er sich vor und küsste Daniel kurz, um sich zu beruhigen. Er lächelte wieder leicht. „Na gut, auf bis zum bitteren Ende“, meinte er leise und ließ sich ergeben füttern. Zufrieden schob Daniel ihm die nächsten Löffel in den Mund, immer wieder unterbrochen von kürzeren oder längeren Küssen, die einmal dazu dienten, Serdall weiterhin milde zu stimmen und andererseits dazu da waren, damit Daniel auch noch etwas von dem Mittagessen abbekam, da es ihm nämlich wirklich gut schmeckte. Einige Zeit später stellte Daniel den Teller beiseite und ließ sich glücklich seufzend in die Kissen fallen. Serdall sah kurz unschlüssig zu Daniel. Irgendwie fehlte ihm gerade das Gesprächsthema. Er hatte keine Lust sich entweder über Dustin oder über Fei zu unterhalten. Überhaupt fiel es ihm gerade schwer einen Anfang zu machen. „Danke, für das Essen“, seufzte er im nächsten Moment einfach und legte sich zu Daniel, um seinen Kopf auf seine Brust zu legen und sich einfach von ihm streicheln zu lassen. Träge legte er einen Arm um Daniels Taille und lauschte dem ruhigen Herzschlag. „Ich will doch nicht, dass du mir vom Fleisch fällst“, antwortete Daniel und gähnte im nächsten Moment. „Du, ich geh nochmal kurz runter, hole Jana und bringe sie ins Bett. Dann kann ich mich auch etwas ausruhen.“ „Okay“, erwiderte Serdall leise und rückte wieder von Daniel ab, um ihn nach unten gehen zu lassen. Serdall biss sich auf die Lippe, als Daniel aus dem Zimmer gegangen war. Plötzlich war er wieder unsicher und zweifelte an seiner Entscheidung. Fahrig strich er sich durch die Haare und tastete sich vorsichtig zu der Verletzung an seinem Hinterkopf, die man, wie man ihm gesagt hatte, geklebt hatte. Wie das ging wusste er zwar nicht, aber man konnte nur ein wenig Schorf erfühlen. Er fragte sich immer noch, wie er sich dort hatte verletzen können, doch das würde wohl immer ein Rätsel bleiben. Fei hatte sich wenigstens um die ganzen polizeilichen Dinge ‚gekümmert‘. Er hatte für Serdall die Beamten bestochen und erpresst, damit man diesen Fall nicht weiterleitete. Nach dem Stand der Dinge hatte Serdall dank Fei eigentlich nie einen Unfall gehabt. Seufzend zog Serdall die Decke um sich höher und schloss leicht die Augen. Durch die Wimpern hindurch sah er auf die Bettdecke. Er hatte ein komisches Gefühl in Daniels Nähe und es wurde immer stärker. Es war die Gewissheit, dass zwischen ihnen noch einiges ungeklärt war und Serdall war sich sicher, dass Daniel genauso fühlte. Da war die Sache mit Dustin. Daniel würde es wohl akzeptieren müssen, dass Serdall ihn ausquartierte, aber er wäre mit dieser Entscheidung unglücklich. Und Serdall musste zugeben, dass er mit Dustin noch einmal reden wollte. Unter vier Augen. Er würde dann seine Entscheidung treffen. Mit Fei würde er auch sobald wie möglich reden müssen… Entnervt seufzte er. Fei musste von ihm denken, dass er ein totaler Idiot war, dass Daniel ihn unter Kontrolle hatte wie einen gedrillten Hund. Das stimmte nicht, denn dann würden sie sich ja nicht so oft streiten. Tief durchatmend versuchte Serdall sich zu beruhigen. Ein Gespräch mit Daniel stand auch noch aus und das würde wohl demnächst stattfinden. Serdall hatte Angst davor. Angst doch einen Fehler begangen zu haben. Was wenn Daniel wieder Dustin erwähnte, wieder viel zu nett über ihn sprach? Serdall konnte nicht sagen was dann, aber momentan war er einfach nur wütend, wenn er an seinen Schwager dachte. Daniel betrat das Schlafzimmer ungefähr eine halbe Stunde später erneut und ließ sich erwartungsvoll ins Bett fallen. Jetzt ein kurzes Nickerchen und die Welt wäre wieder perfekt. Er kuschelte sich an Serdall und stockte dann. Irgendwie herrschte hier gerade eine etwas seltsame Stimmung. „Hey, alles klar?“, fragte Daniel leise. Serdall schien schon wieder zu viel Zeit zum Nachdenken gehabt zu haben und schien irgendwie deprimiert oder schlecht drauf zu sein. „Nun, so halb“, antwortete Serdall leise. Er strich Daniel über den kurz geschorenen Kopf und blickte ihm nachdenklich in die Augen. „Wie meinst du geht es jetzt weiter zwischen uns?“, fragte er leise. „Ich hab keine Ahnung, ob wir wie bisher weitermachen können. Ich weiß nicht was Fei sagt, habe keine Ahnung was ich mit Dustin tun soll und ich bin ratlos, wenn ich dich anschaue und frage mich, ob ich wirklich die richtige Entscheidung getroffen hab“, gab er leise zu und verzog unglücklich den Mund. Leicht unbehaglich richtete Daniel sich ein Stück weiter auf. Hatte er also richtig gelegen und Serdall hatte nachgedacht. Nachdenken hieß bei ihm eigentlich fast immer einen Schritt in die für Daniel negative Richtung machen. Kurz schloss er die Augen und versuchte sich eine passende Antwort parat zu legen, mit der er Serdall überzeugen konnte, dass alles in Ordnung war wie es jetzt war und die ihn nicht wieder gegen irgendwas aufbrachte. „Ich kann dir die Entscheidung nicht abnehmen, ob du mir verzeihen sollst oder nicht“, meinte er schließlich behutsam. „Denn wenn du mich fragen würdest, wäre die Antwort wahrscheinlich klar, zumindest von dem betrachtet, was ich persönlich möchte. Allerdings denke ich, dass du immer die Option zum Rückzug hast, wenn du merkst, dass es eben doch die falsche Wahl war. Fei sollte dir eigentlich egal sein. Gut, er ist dein Bruder, aber erstens solltest du dich nicht von ihm bevormunden lassen und dann wohnt er ohnehin auf der anderen Seite der Welt und hat hier wohl eher wenig Einfluss. Zu Dustin… fragst du mich lieber nicht.“ „Gut. Frage ich dich also nicht“, knurrte Serdall leise und wandte den Blick ab. „Ich weiß es ja eigentlich auch schon, nicht?“, fragte er plötzlich und schob sich von Daniel weg aus dem Bett. „Du willst, dass er bleibt. Dass alles so bleibt, wie es vorher war, nicht?“, fauchte Serdall leise und griff nach seinen Krücken. Natürlich wollte Daniel das. Fei sollte wieder zurück nach Japan, Dustin hier bleiben und immer schön weiter mit Daniel schäkern. Wütend humpelte Serdall zum Bad und warf die Tür hinter sich zu. Er musste auf Toilette und nutzte diese Gelegenheit, um kurz noch nachzudenken. Als er zurückkam, saß Daniel am Bettrand und Serdall setzte sich neben ihn. „Daniel“, meinte er leise und blickte auf Daniels Knie. „Ich bin eifersüchtig, okay?“, gab er nun zu. Er wollte alles daran setzen, dass sie wieder so wie früher zusammen sein konnten und dabei half es nicht, wenn Serdall seine Gefühle verschwieg. „Außerdem habe ich Angst, dass du irgendwann denkst, ich würde dir immer wieder verzeihen, egal was du tust. Diesmal hatte ich eigentlich wirklich vor das Ganze zu beenden.“ „Ich weiß“, seufzte Daniel. „Und du hast recht, vielleicht denke ich wirklich ein kleines Bisschen im Hinterkopf, dass alles wieder in Ordnung kommt, wenn ich nur lange genug bohre. Dieser Zustand tritt allerdings nur dann ein, wenn ich auch wieder in Kampfesstimmung bin. Zwischenzeitlich war ich total am Ende und habe deswegen auch ein paar dumme Sachen gemacht“, fuhr Daniel jetzt ebenfalls die ehrliche Schiene. Wenn sie sich schon aussprechen wollten, dann richtig. „Ich kann verstehen, dass du in gewissem Maße eifersüchtig bist. Es ist nun mal Tatsache, dass ich mit Dustin geschlafen habe und mich irgendwie auch zu ihm hingezogen fühle. Das kann ich leider nicht bestreiten. Allerdings haben sowohl ich als auch er aus unseren Fehlern gelernt, egal wie klischeehaft das jetzt klingt. Es ist dein gutes Recht, ihn jetzt wegzuschicken, ob ich deswegen jetzt traurig bin oder nicht. Nur verlieren wir beide dann wohl einen guten Freund, zumindest die unmittelbare Nähe zu ihm.“ „Für mich ist er kein Freund“, widersprach Serdall leise. Er schüttelte den Kopf. Ob Dustin blieb oder nicht war jetzt unwichtig. Es ging jetzt um Daniel. „Und ich bin nicht im gewissen Maße eifersüchtig. Ich kann nicht eifersüchtiger werden.“ Serdall rutschte ein wenig von Daniel ab und sah ihm hilflos in die Augen. „Ich habe die ganze Zeit Angst, dass du ihn mir vorziehst. Dass du mich mit ihm vergleichst und ich eben nicht gut genug bin. Du liebst mich, ja, aber was ist mit dem Rest? Mit den Dingen, die ich dir nicht geben kann? Die ich einfach nicht bin? Die Dustin aber in deinen Augen verkörpern?“ Serdall strich sich fahrig durch die Haare und atmete einmal lautstark ein und aus. Gerade jetzt wollte er am liebsten einfach gehen, flüchten vor dieser Situation. Daniel seufzte kurz. Sie hatten das Thema schon einmal gehabt und es war nicht leichter geworden, darüber nachzudenken. „Natürlich hat Dustin Dinge, die du nicht hast“, erklärte er leise und versucht vorsichtig, damit Serdall nicht sofort wieder ausrastete. „Es wäre schlimm, wenn er die nicht hätte, wenn du perfekt wärst, denn dann wäre es wahrscheinlich auch fast schon wieder langweilig. Also positiv langweilig.“ Daniel stöhnte frustriert auf. Er verhaspelte sich schon wieder. Wie sollte er Serdall alles klar machen, wenn er einen Knoten in den Gedanken hatte, weil diese wie ein Wust durch ihn hindurch wirbelten? „Was ich damit sagen will“, meinte Daniel schließlich, „ist eigentlich, dass mich einige Dinge an Dustin anziehen, ja, aber ich vergleiche ihn nicht mit dir und zu dir fühle ich mich noch viel mehr hingezogen. Körperlich ‚und‘ geistig. Das mit Dustin war eine einmalige dumme Sache. Ich habe gesehen, dass es zwischen uns ohnehin nicht gut gehen kann und ich habe auch gar nicht die Intention, irgendwas mit ihm anzufangen. Ich hatte nie das Verlangen, dich zu verlassen. Niemals.“ Serdall begann zu lächeln. Daniel war ehrlich, das war er immer, auch wenn es ihm manchmal auch fast Kopf und Kragen kostete. „Gut“, meinte Serdall leise. Er hatte keine Lust mehr über Dustin zu reden und Zeit zu verschwenden. Daniel liebte Serdall, aber hatte nun mal einen Fehler gemacht. Er war nicht perfekt, das konnte Serdall nicht verlangen und er konnte auch nicht verlangen, dass er Dustin plötzlich abstoßend und eklig fand. Serdall fand Susanne ja auch attraktiv und er wollte lieber nicht wissen, wie weit er bei ihr gegangen wäre, wenn Daniel nicht dazwischen gekommen wäre. Es einzusehen war leichter, als er dachte. Wenn er und Daniel weiterhin zusammenbleiben wollten, musste vor allen Dingen Serdall eben seine eigene Eifersucht zurückschrauben. Und das würde er. Nur mit Dustin würde er noch ein ernstes Wort reden… vielleicht auch zwei. Serdall schob seine Hand in Daniels Nacken und zog ihn zu sich heran, um ihm einen Kuss auf die Lippen zu hauchen. „Damit beende ich diesen ganzen Mist zwischen uns, außer du hast noch irgendwelche Anmerkungen“, flüsterte er leise, während er Daniel mit sich in die Horizontale und zurück aufs Bett zog. Daniel holte Luft und war nahe dran zu fragen, ob Dustin jetzt bleiben durfte oder nicht, überlegte es sich jedoch im letzten Moment anders. Er würde schon mitbekommen, wie Serdall sich entschieden hatte und die gerade wieder in positive Richtung tendierende Stimmung erneut durch eine dumme Frage zunichte zu machen, musste nicht unbedingt sein. Aus diesem Grund schüttelte Daniel den Kopf und stützte sich rechts und links von Serdall auf, bevor er ihn in einen sinnlichen Kuss verwickelte. Etwas atemlos löste sich Serdall. Er grinste schelmisch, ehe er Daniel einen Kuss auf die Nasenspitze hauchte. Als der erneut mit den Lippen nach ihm schnappen wollte, rutschte Serdall ein Stück weiter auf das Bett, rückte so unter Daniel weiter vor. „Hm, ich bin immer noch davon überzeugt, dass du diese Klingel im Krankenhaus gedrückt hast“, lächelte Serdall verschmitzt und rückt noch weiter, nur um dann vorsichtig sein Knie in Daniels Schritt zu schieben und ihn dort zu reizen. „Ich weiß nicht, ob ich dir das verzeihen kann“, meinte er leise und unterdrückte bei Daniels entnervtem Gesichtsausdruck ein Grinsen. „Ja, vielleicht habe ich sie gedrückt. Ich hatte irgendwas Eckiges in der Hand, als ich die Kondome gesucht habe. Es tut mir furchtbar leid“, grummelte Daniel. Sein Gesichtsausdruck erhellte sich allerdings, als ihm eine Idee kam. „Weißt du“, meinte er betont teilnahmslos, „du könntest mich auch für meine Unachtsamkeit bestrafen. Schließlich habe ich uns in eine ganz schön peinliche Situation gebracht.“ Serdall stützte sich auf die Ellenbogen und sah Daniel überlegend ins Gesicht. „Okay. Dann zieh deine Hose runter“, sagte er ernst, sodass Daniel ihn irritiert ansah. „Na los, ich versohle dir jetzt den Hintern.“ Daniel lachte amüsiert auf. „Du bist verrückt“, grinste er, zog sich dann allerdings tatsächlich Hose und Shorts aus und legte sich dann wieder auf Serdall. „So, dann versohle mir mal den Hintern“, raunte er leise. Laut klatschend landete Serdalls linke Hand auf Daniels Hintern. Unschuldig grinste er in Daniels entsetzt-schmerzvoll verzogenes Gesicht. Er hatte es doch gewusst. Daniel unterschätzte ihn wirklich viel zu oft. „Aua!“, rief Daniel aufgebracht. „Hast du sie noch alle? Das tut weh, verdammt. Ich glaube es nicht, dass du das gerade getan hast.“ Schnell rückte er ein Stück von Serdall ab, damit der nicht auf die Idee kommen konnte, seine Hand noch einmal niederschnellen zu lassen und rieb sich über seinen schmerzenden Allerwertesten. Serdall lachte vergnügt. „Du hast gesagt, ich soll ihn dir versohlen und du hast extra deine Hose ausgezogen“, hielt er Daniel vor, ehe er zu ihm rutschte. „Ich denke, das war Strafe genug“, bemerkte er amüsiert. Als Daniel beleidigt noch weiter wegrutschen wollte, hielt ihn Serdall am Kragen fest und dirigierte ihn langsam wieder über sich. Versöhnlich gab er Daniel einen Kuss und ließ seine Hand entschuldigend über Daniels Hintern gleiten. „Glaub ja nicht, dass es damit wieder gut ist“, muffelte Daniel. „Du hast mich geschlagen.“ „Du hast es so gewollt“, hauchte Serdall verführerisch in Daniels Ohr und tanzte mit seiner Zunge über die weiche Haut kurz unter dem Ohrläppchen. „Du weißt ganz genau, dass ich das nicht so gemeint habe. Du weißt, dass ich eine andere Art von versohlen gemeint habe und hast das auf fieseste Art und Weise ignoriert und ins Gegenteil umgekehrt. Das werde ich dir nie verziehen, du Brutalo.“ So fest, wie er eigentlich hatte klingen sollen, kam der Satz leider nicht aus Daniels Mund. Stattdessen zitterte seine Stimme leicht und er musste ein erregtes Keuchen unterdrücken. „Wie? Jetzt auf einmal magst du die harte Tour nicht mehr?“, raunte Serdall leise. Seine Zunge wanderte unter dem Läppchen am Ohransatz entlang und grinsend bemerkte Serdall, wie Daniels Finger sich in seinen weiten Pullover vergruben. „Du fieser, dummer, doofer Egoist“, zischte Daniel zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und konnte es nicht verhindern, dass ihm die Augen zufielen. „Ich mag es vielleicht härter, aber zum Masochisten bin ich auch noch nicht mutiert.“ „Nun, der kleine Klaps ist nun wirklich zu verkraften“, flüsterte Serdall und ließ von Daniels Ohr ab, um ihm ins Gesicht zu schauen. „Oder bist du jetzt bitterböse mit mir?“, fragte er raunend und koste Daniel mit den Lippen am Kinn. „Ganz böse“, meinte Daniel überzeugt. „Dafür brauchst du jetzt auch keine Erwiderung der Zärtlichkeiten von mir erwarten, sondern musst mich heute ganz allein verwöhnen. Soweit du das mit links eben kannst.“ „Hm, ich kann alles mit links“, spielte Serdall dieses Wortspiel weiter und ließ besagte Hand zwischen ihre Körper und Daniels Beine wandern. „Nur ist die Frage, ob du mein Können verdient hast“, flüsterte er und umfasste Daniels Penis, um ihn sacht zu streicheln. „Klar hab ich das“, antwortete Daniel jetzt fast schnurrend. „Als Entschädigung und weil du mich so sehr liebst tust du das für mich. Genau.“ Er machte es sich auf Serdall bequem und genoss entspannt die zarten Berührungen. „Und wie sehr liebst du mich?“, fragte Serdall, während er nicht von Daniel abließ und ihn weiter verwöhnte. Es war eine simple Frage in diesem Geschäker, doch sie war Serdall wichtig. „Unendlich dolle“, erwiderte Daniel ernst. „Allerdings lasse ich trotzdem von meinem Plan nicht ab“, fügte er noch grinsend an. „Du weißt, dass du gemein bist? Schließlich bin ich schwer verletzt und habe eigentlich von dir eine besondere Entschädigung verdient“, erwiderte er grinsend und griff nach Daniels Pulloversaum, um ihn über seinen Kopf und auszuziehen. Er senkte seinen Mund auf Daniels Hals und küsste sich zu der kleinen Vertiefung über dem Schlüsselbein. Kurz tippte er mit der Zunge hinein, während seine linke Hand von Daniels Glied abließ und zu seinem Po wechselte. „Ich bin auch ganz artig“, flüsterte Serdall und ließ seine Fingerspitzen durch den Spalt gleiten. „Siehst du?“, fragte er grinsend in Daniels errötendes Gesicht. „Okay“, stöhnte Daniel leise. „Ich glaube, du hast mich mit deinen vielschichtigen Argumenten überzeugt.“ Er zog Serdall ebenfalls vorsichtig den Pullover aus und machte gleich bei der Jogginghose und den Shorts weiter. „Wenn jetzt jemand stört muss er mit einem langsamen und qualvollen Tod rechnen“, grummelte er noch, während er die Kondome und Gleitcreme aus der Nachttischschublade holte. „Na dann hoffen wir, dass es den Richtigen trifft“, lachte Serdall leise und schlang die Arme um Daniel. Er lehnte seine Stirn gegen Daniels, um ihm lächelnd in die Augen zu sehen. „Was schwebt dir jetzt vor?“, fragte er halblaut und genoss das Gefühl von Daniels nackter Haut auf seiner. „Willst du es wörtlich oder reicht auch Gedankenübertragung“, fragte Daniel leicht schnippisch. Sie hatten seit einer Woche nicht mehr miteinander geschlafen. Er hatte Sehnsucht und sein Körper forderte das schon so gewohnte Tagesprogramm. „Ich glaube es reicht, wenn du es mir zeigst“, lachte Serdall über Daniels genervt-ungeduldige Art. Sein Lachen blieb ihm jedoch nahezu im Hals stecken, als Daniel abtauchte, um seinen Mund um Serdalls Glied schloss. Sogleich krallten sich Serdalls Finger in die Laken und er stöhnte kehlig, als ihm bewusst wurde, wie lange es eigentlich schon her war, dass sie mit einander geschlafen hatten. Flink glitt Daniels Zunge an dem schon harten Schaft entlang und seine Hand umfasste sein eigenes Glied und ahmte die Bewegungen nach. Er war total scharf und hatte das Gefühl, dass er gleich vor Erregung verbrannte. Das war fast schon zu krass. Gerade kam er richtig in Fahrt und auch Serdall wand sich in Ekstase unter ihm, als plötzlich lautes Weinen durch das Babyfon dran. „Nein“, wimmerte Daniel und fiel fassungslos neben Serdall aufs Bett. „Sie schläft erst eine halbe Stunde, verdammt.“ Serdall stöhnte frustriert, weil Daniel von ihm abgelassen hatte. Das war jetzt wirklich der schlechteste Moment, den Jana sich hätte aussuchen können. „Himmel“, keuchte er. Er war kurz davor gewesen. Nur noch eine halbe Minute, dreißig Sekunden, doch Daniel war schon dabei sich seine Hose irgendwie anzuziehen. Er sah ein, dass Daniel zu ihr musste und es wohl dauern würde, so wie Jana gerade schrie. Entnervt legte sich Serdall den gegipsten Arm über die Augen, sodass er seine Augen in der Elenbeuge vergraben konnte, ohne dass es ungemütlich war und fuhr mit der anderen Hand nun über sein eigenes Glied. So lange hielt er das nicht aus. „Serdall!“, zischte Daniel aufgebracht und drückte seine Hand zurück aufs Bett. „Wag es nicht. Ich gebe Jana für eine Stunde an Dustin weiter und bin gleich wieder da. Wenn du dich rührst…“ Daniel stockte kurz, griff dann nochmal in die Nachttischschublade und klickte die Handschellen an den Bettrahmen und Serdalls Handgelenk. „Warte“, befahl er noch einmal. „Bist du verrückt?“, zischte Serdall aufgebracht. „Ich sterbe bis du wieder hier bist!“, rief er, doch Daniel ging schon zur Tür. „Dann nehm ich halt die Rechte“, knurrte Serdall und versuchte umständlich sich mit seinem Gips selbst zu befriedigen, was aber nur mit den Fingerspitzen möglich war, weil sonst der Verband an seinem Glied scheuerte. „Verdammt“, knurrte er leise und schloss ergeben die Augen. Er versuchte ruhig zu atmen und sich nicht zu sehr auf seine Erregung zu konzentrieren. Das würde er Daniel heimzahlen, doppelt und dreifach. Daniel eilte hinüber in Janas Zimmer und nahm sie aus ihrem Bett. Der Geruch verriet ihm schon, warum sie aufgewacht war und weinte. Seufzend ging er mit ihr eine Etage hinunter und fand Dustin in seinem Zimmer am Arbeiten korrigieren. „Dustin, bitte, kannst du sie eine Stunde nehmen?“, flehte Daniel. Dustin begann augenblicklich breit zu grinsen, als er Daniel ansah. „Wenn ich es nicht tue, hat Serdall wohl einen Grund mehr mich rauszuwerfen“, lachte er und sah bezeichnend auf die Beule in Daniels Schritt. „Tut das nicht weh?“, fragte er scheinheilig, als Daniel staksig auf ihn zukam, um ihm Jana zu überreichen. „Lustig“, grummelte Daniel und drückte ihm Jana in die Arme. „Für den Kommentar darfst du gleich ihre Windel wechseln. Viel Spaß dabei.“ Er drehte sich um und schwankte wieder nach oben. Angeekelt rümpfte Dustin die Nase. „Mir kann keiner erzählen, dass du später eine feine Dame wirst“, meinte er zu der Kleinen, die sich in ihrer Windel selbst nicht wohl zu fühlen schien. Verständlich. Augenrollend ging Dustin mit ihr zurück in die dritte Etage, um ins Bad auf dem Flur, wo der Wickeltisch untergestellt war, zu gehen. „Kleiner Hosenscheißer“, murrte Dustin und legte sie vorsichtig hin. „Deine beiden Papis vergnügen sich jetzt und ich darf die Ekelarbeit machen“, meckerte er und zog ihr den Strampelanzug aus. „Das ist einfach nur widerlich, Jana.“ Jana lachte nun über Dustins Gesicht, während der die Windel löste und noch schlimmer guckte, als zuvor. Ende Kapitel 10 Kapitel 11: ------------ Kapitel 11 Daniel eilte wieder ins Schlafzimmer zurück und fand sich mit Serdalls feinstem Yakuzablick konfrontiert. „Hey, es waren fünf Minuten, okay?“, maulte er. „Es geht ja sofort weiter.“ „Sofort?“, fauchte Serdall. „Gleich!“ Sein Kopf war mittlerweile knallrot und langsam war seine Erregung mehr schmerzhaft als alles Andere. „Ist ja gut“, entgegnete Daniel und zog sich wieder aus, bevor er zu Serdall aufs Bett krabbelte. Wie von Serdall gewünscht glitt sein Mund gleich wieder über dessen Glied und Daniel machte dort weiter, wo er eben aufgehört hatte. Serdall schrie leise, als er Augenblicke später kam. „Mach sowas bitte nie wieder“, keuchte er unterdrückt und verdrehte ächzend die Augen, während er Atem schöpfte. Das war wirklich das Schlimmste, was Daniel ihm je angetan hatte. Ihn nach der langen Abstinenz mit dem Mund zu verwöhnen und dann plötzlich aufzuhören. „Ich hoffe du bist noch nicht schlapp, denn ich habe eigentlich noch was mit dir vor“, meinte Daniel grinsend und deutete auf sein noch immer erigiertes Glied. Er holte ein Kondom aus der Verpackung und platzierte es auf Serdalls Bauch. „Nur unter der Bedingung, dass du mich wieder losmachst“, erwiderte Serdall und ruckte an der Handschelle. „Nicht, dass es mir nicht gefällt, aber meine Rippen tun weh“, seufzte er leise und lächelte schief. „Und ich bin schon gehandicapt, von daher wäre es unfair.“ „Oh, ‘tschuldige“, nuschelte Daniel und schloss schnell die Handschellen auf. Er dachte an Serdalls Arm und Bein, die durch den Gips ziemlich offensichtlich verletzt waren, aber die nur durch ein paar Blutergüsse gezeichneten Rippen fielen ziemlich schnell aus seinem Gedächtnis. „Schon gut“, murmelte Serdall und rieb sich kurz über die Seite, ehe er mit schiefgelegtem Kopf die Arme um Daniels Nacken schlang. „Jetzt können wir weitermachen“, hauchte er an Daniels Lippen, bevor er sie mit seinen verschloss. Langsam drehte sich Serdall mit Daniel herum, wobei er darauf achtete, dass er sein verletztes Bein so hinlegte, dass es nicht schmerzte oder störte, als er sich zwischen Daniels Beine kniete. Serdall löste ihren sanften Kuss und glitt mit der Zunge an Daniels Oberkörper hinab. Liebevoll leckte er über das Tattoo an Daniels Unterleib und glitt immer tiefer. Daniel stöhnte leise auf, als Serdall damit begann, sein Glied zu verwöhnen. Er vergrub vorsichtig eine Hand in den schwarzen Haaren und schloss genießerisch die Augen. Verdammt, die Unterbrechung eben war wirklich ganz und gar nicht gut gewesen und er selbst dadurch jetzt noch heißer als zuvor. Ekstatisch reckte sich Daniel Serdalls Mund entgegen und stöhnte erneut erregt. Serdall rann ein warmer Schauer über den Rücken. Daniel faszinierte ihn immer wieder. Egal wie oft sie es taten, wie viel Zeit dazwischen lag, ob nun Minuten oder sogar Tage, Serdall glaubte Daniel immer wieder neu zu entdecken und immer mehr zu lieben. Über diesen Gedanken innerlich seufzend sah er zu seinem Freund auf, wobei er sein Zungenspiel an dessen Eichel nicht einstellte. Er lächelte Daniel verschmitzt an, als sich ihre Augen trafen und augenblicklich stöhnte Daniel heftiger. Serdall beschloss sie in die gleiche Ausgangssituationen zu bringen und nahm seine linke Hand hinzu. Er befeuchtete seine Finger mit Speichel, ehe er sie vorsichtig nacheinander in Daniels Anus schob, um ihn an der Prostata zu reizen. Viel mehr hatte Daniel nicht gebraucht. Mit einem Schrei kam er zum Höhepunkt und sackte anschließend matt und befriedigt in die Kissen zurück. Serdall kroch über ihn und Daniel zog ihn mit den Händen zu sich herunter, um ihn verzehrend zu küssen. Er hatte die Augen immer noch halb geschlossen und genoss einfach das Gefühl der Entspannung und Befriedigung. Das hatte er echt gebraucht. Aber sowas von. Serdall lächelte in ihren Kuss. Er hatte es vermisst, so schrecklich vermisst Daniel dermaßen nahe zu sein. Alles, jede kleine Kleinigkeit begrüßte er mit offenen Armen und unermesslicher Freude. „Ich liebe dich“, hauchte Serdall selbstvergessen gegen Daniels Lippen und brachte ihre Unterleiber eng aneinander. Sanft begann er sich gegen Daniel zu bewegen und plünderte mit der Zunge Daniels Mund. Er wollte mit Daniel schlafen. Jetzt gleich, um all das aus der Welt zu schaffen, was wegen Dustin zwischen ihnen stand. Zittrig griff Serdall nach dem Gleitgel, während er Daniel weiter küsste. Das Kondom, welches Daniel vorhin auf Serdalls platziert hatte, lag neben ihnen, doch Serdall beachtete es vorerst nicht. Er zwirbelte Daniels Brustwarze leicht und registrierte zufrieden, wie Daniel sich ihm keuchend entgegen bog. „Da ist wer empfindlich“, raunte er verschmitzt und tauchte ab, um wieder mit dem Mund Daniels Torso zu erkunden, während er mit einer Hand schon die Gleitgeltube geöffnet hatte. Er störte sich nicht daran, dass er etwas einsauen könnte, wenn er nur eine Hand dazu nahm. Kurz löste sich Serdall von Daniel, um doch seine andere Hand hinzuzunehmen, da er das Gel ein wenig auf den Fingern vorwärmen und es Daniel somit ersparen wollte, es direkt aus der Tube auf die Haut zu bekommen und damit womöglich noch die Stimmung zu drücken. Daniel wartete eher ungeduldig als geduldig ab, bis Serdall endlich fertig war und begann, ihn zu weiten. „Klar bin ich empfindlich“, grummelte er. „War ja auch lange tote Hose. Noch nicht mal für ein bisschen Selbstbefriedigung war Zeit und Stimmung in dem ganzen Chaos.“ Serdall rollte mit den Augen und enthielt sich eines Kommentars. Der Grund war ihnen allzu gut bewusst und er würde das jetzt nicht diskutieren. Stattdessen stieß er mit seinen Fingern leicht zu und brachte Daniel dazu, angespannt zu verstummen. Ein Lächeln schlich sich in Serdalls Gesicht. Es war Daniel nahezu anzusehen, wie die Ungeduld überhand nahm. Sofort drängte sich Daniel ihm auch im nächsten Moment entgegen und sein Blick sagte unmissverständlich, was er jetzt wollte. Doch anstatt Daniel jetzt zu nehmen beugte sich Serdall wieder zu ihm, verschränkte ihre Hände miteinander und sah Daniel amüsiert ins Gesicht. Eine Zeit lang ließ Daniel das Spielchen mit sich machen. Irgendwie hatte er es auch vermisst von Serdall auf diese Art und Weise gequält zu werden. Er knabberte sich leicht Serdalls Kinnlinie entlang und stieß ihn dann plötzlich von sich. Den Schwung nutzte Daniel aus, um sich über Serdall zu schieben und triumphierend von oben auf ihn hinabzusehen. „Weißt du“, meinte er gespielt nachdenklich, „ich glaube es wäre besser, wenn du mich heute mal machen lässt, denn immerhin bist du verletzt und es ist bestimmt schwer, dich mit den beiden Gipsen ausreichend zu koordinieren, mal ganz davon abgesehen, dass es bestimmt auch schmerzt.“ Serdall keuchte leise. Ja, es schmerzte. „Wie wäre es, wenn du dann auch mal sanft bist?“, gab Serdall gepresst von sich und versuchte ruhig zu atmen. Himmel, musste Daniel immer so kopflos sein? Er krümmte sich leicht und biss sich auf die Unterlippe. Das tat verdammt weh. Erschrocken ließ Daniel von Serdall ab. Verdammt, warum war er mal wieder so stürmisch gewesen? Er wusste doch, dass Serdall verletzt war, eben auch an den Rippen ziemlich lädiert. Mit schlechtem Gewissen setzte er sich aufs Bett und zog die Beine an den Köper. „Entschuldige“, murmelte er leise. Das hatten sie vorhin erst durch und er schien kein bisschen daraus gelernt zu haben. Serdall schluckte und richtete sich keuchend auf. „Du spielst mich noch einmal kaputt“, murrte er leise, als der Schmerz in ein dumpfes Puckern übergegangen war und er es ertragen konnte. Seufzend fasste Serdall nach Daniels Knöchel und zog das Bein zu und halb über sich. „Jetzt komm wieder her“, meinte er halblaut. Schließlich würde er sich davon auch nicht mehr abschrecken lassen. Das war eben typisch Daniel. Eine Minute abgelenkt war mit den Gedanken schon ganz woanders als im Hier und Jetzt. Serdall drehte sich halb und griff nun nach Daniels Hand. Daniel folgte und so konnte Serdall ihn wieder über sich ziehen und auf seine Lenden setzen. „Du musst mich doch für die Schmerzen entschädigen“, flüsterte Serdall und dirigierte ihn zu einem leichten Kuss hinab. Daniel lächelte leicht. Es war einfach unglaublich, wie schnell Serdall ihm in manchen Situationen verzeihen konnte. Er selbst hätte wohl erst einmal ein bisschen rumgezickt und auf beleidigte Leberwurst gemacht, bevor er Serdall dann für irgendeine Entschädigung doch Gnade gewährt hätte. Nun, vielleicht war Serdall auch einfach seine Ungeschicklichkeit gewohnt und es war dann auch irgendwann zu anstrengend, sich wegen jeder Kleinigkeit aufzuregen. Auf jeden Fall liebte Daniel diese Eigenschaft an ihm. „Hm, na gut. Dann werde ich mal mein Möglichstes tun, um dich wieder milde zu stimmen“, grinste Daniel und führte ihren Kuss fort, während er nach dem Kondom tastete und es Serdall überrollte. Wenn jetzt wieder jemand störte wie im Krankenhaus oder Jana eben, würde er die Wände hochgehen. Genüsslich stöhnte Serdall auf, als sich Daniel langsam auf seinem Penis niederließ und ihn Stück für Stück in sich aufnahm. „Endlich“, keuchte Serdall in ihren Kuss und umschlang Daniels Schultern mit den Armen, als der kurz verharrte, um sich an Serdalls Glied zu gewöhnen. Serdalls Herz setzte einen Schlag aus, als Daniel wieder mit dieser sinnlichen Stimme stöhnte, die Serdall die Nackenhaare aufstellen ließ. Serdall konnte es irgendwie nicht glauben, dass er auf diese vertraute Nähe so lange hatte verzichten müssen. Gott, er liebte Daniel. Alles an ihm, jede einzelne Faser seines Körpers. Ein pures Feuerwerk schoss in seinem Inneren auf, als Daniel sich langsam bewegte und sich fest an ihn klammerte. Leicht kam Serdall ihm mit dem Becken entgegen und begann Daniel forsch zu küssen. Eine Zeit lang behielt Daniel den langsamen Rhythmus bei. Er wollte heute alles genießen und mit allen Sinnen fühlen und erleben, sich langsam zum Orgasmus bringen und möglichst lange die schönen Gefühle auskosten. Deswegen sorgte er auch dafür, dass ihr Kuss sanfter wurde und erkundete Serdalls Körper vorsichtig und mit federleichten Berührungen, auch um ihm keine unnötigen Schmerzen zu bereiten. Etwas verwirrt sah Serdall kurz aus halbgeöffneten Lidern in Daniels Gesicht, der ihn mit geschlossenen Augen so schrecklich sanft küsste. Er hatte eigentlich erwartet, dass es schnell gehen würde. Jegliche Gedanken verwischten jedoch und wurden zu einer nebelhaften Masse in Serdalls Kopf, als er sich in diese Empfindungen fallen ließ. Dieser Sex, war nicht wie all der andere Versöhnungssex, den sie bisher gehabt hatten. Serdall glaubte an ein Versprechen, das Daniel mit diesen Zärtlichkeiten gab. Überglücklich ließ Serdall ihm weiter freie Hand und verschränkte seine Arme in Daniels Nacken. Daniel würde ihn nicht mehr betrügen, irgendwie war sich Serdall da jetzt sicher. So wie Daniel ihn gerade liebte, so sanft und weich, war klar, dass ihm schrecklich viel an ihm lag, dass es ihm wirklich leid tat. Heiser stöhnte Serdall in ihren Kuss, als ihn Welle um Welle heiß durchflutete, jegliche Zweifel mit sich nahm und Serdall für Daniel entflammte. Wie hatte er auch nur daran denken können, sich von Daniel zu trennen? Wie hatte er es nur tun können? Wieso hatte er sich nicht an diese schrecklich schönen Momente erinnerte, in denen alles in ihm nur Daniel verfallen war? „Ich liebe dich“, keuchte Serdall den Kuss lösend und vergrub sein Gesicht in Daniels Halsbeuge. Seine Stimme hörte sich so verzweifelt an, dass er sich fast dafür schämte. Daniel lächelte kurz und hauchte Serdall dann ein leises „Ich liebe dich auch“ ins Ohr. Er hatte das Bedürfnis, das Tempo seiner Bewegungen ein wenig anzuziehen, doch Daniel sah, wie sehr Serdall der Sex gerade gefiel, wie extrem er sich fallen ließ, was ihn veranlasste, alles so zu belassen wie es war. Irgendwie auch als kleine Entschädigung für all den erneuten Mist in letzter Zeit und als Schonung des Kranken. Es war irgendwie ein Mix aus vielen Dingen, der ihn heute vollends nach Serdalls Willen handeln ließ. Vorsichtig griff sich Daniel Serdalls unverletzte Hand von seinem Nacken und dirigierte sie in seinen Schritt. Wenigstens diese zusätzliche Reizung wollte er noch haben und er wusste, dass es Serdall gefiel, ihn durch geschickte Berührungen an seinem Glied sehnsuchtsvoll aufstöhnen zu lassen. Serdalls geschickte Finger schlossen sich auch gleich um Daniels Penis, während er erneut einen sanften Kuss mit Daniel austauschte. „Dan“, hauchte er atemlos und verbiss sich in Daniels Schulter. In ihm prasselten alle Emotionen zusammen. All die Wut, der Schmerz, die Angst wegen Daniel trafen auf Serdalls bedingungslose Liebe und explodierten in einem erregten Schrei aus seiner Kehle, als er kam. Er riss Daniel mit schnellen Handbewegungen mit sich und brachte ihn ebenfalls zum Orgasmus. Daniel sank auf ihm nieder und Serdall holte schnaufend und schweißüberströmt Luft. Unglaublich. Das war das Einzige, was neben dem Nachglühen des Orgasmus in seinem Körper in Serdalls Kopf nachhallte. Glücklich schloss Serdall die Arme um Daniels Schultern, als er wieder Kraft dazu hatte und hauchte einen Kuss auf seine Stirn. „Du überraschst mich immer wieder“, flüsterte Serdall mit melodischer Stimme und gab ihm noch einen Kuss an seine Schläfe. „Na das hoffe ich doch“, murmelte Daniel und ruckelte sich ein bisschen bequemer auf Serdall zurecht. „So wird es wenigstens nicht langweilig.“ Er gähnte verhalten und hatte Mühe die Augen offen zu halten. Man merkte doch ziemlich, dass ihm etwas Schlaf fehlte. Die paar Stunden könnte er eigentlich noch gut gebrauchen und nachholen, doch Dustin hatte noch etwas zu tun und bestimmt auch keine Lust, sich die ganze Zeit mit Jana zu beschäftigen. Missmutig grummelte Daniel leise vor sich hin. Seufzend strich Serdall über Daniels Seiten und genoss das Gefühl noch in ihm zu sein. Leicht rieb er seine Wange an Daniels, wie ein verschmustes Tier. „Du wirst nie langweilig sein“, flüsterte Serdall und seine Hände glitten über Daniels Oberschenkel, die rechts und links von ihm lagen. Sein Gips schabte leicht über Daniels linkes Bein. „Na das hoffe ich doch“, gab Daniel grinsend zurück und stützte sein Kinn auf Serdalls Brustbein auf. „Wie geht es dir eigentlich? Alles okay?“ „Jetzt wieder, ja“, seufzte Serdall leise. „Nur deine Haare müssen noch nachwachsen“, scherzte er leise und strich über Daniels Kopf. „Aber meine Schmerzen halten sich in Grenzen, weil du so zärtlich warst“, flüsterte er leise. „Danke dafür. Ich weiß, dass du das sonst nicht unbedingt verträgst.“ Daniel mochte es eben schneller und war nur selten in der Stimmung für diese sanfte Art. Serdall konnte damit leben, aber es war doch ab und zu schön, wenn sie es auf diese Weise taten, ohne die Hast und dem einzigen Ziel, schnell zu kommen. „Ey, mach mich jetzt nicht runter“, lachte Daniel und wollte Serdall schon leicht in die Rippen boxen, unterließ es allerdings dann, als er den Bluterguss dort sah. Stattdessen streckte er ihm die Zunge raus. „Aber trotzdem gern geschehen. Ich weiß doch, wie es mein Schatz am liebsten hat.“ „Du könntest diese Sonderbehandlungsschiene öfters fahren“, grinste Serdall und seine Hand rieb über Daniels Po. „Würde mir auf jeden Fall gefallen“, sein Mund berührte Daniels Lippen und er zog leicht mit den Zähnen an Daniels Unterlippe. „Hm, was hätte ich davon?“, fragte Daniel grinsend. „Aber na gut, so ab und an in nächster Zeit werde ich es vielleicht wirklich tun. Immerhin bist du verletzt. Aber ansonsten verlange ich eine Gegenleisung“, meinte er keck. „Die bekommst du, sobald der Gips ab ist“, raunte Serdall. „Aber auch nur, wenn du schön lieb zu mir bist.“ Lächelnd hauchte er noch einen Kuss auf Daniels Lippen und sah ihn dann etwas unbestimmt an. Jetzt war irgendwie alles wieder in Ordnung. Jeglicher Groll gegen Daniel und gegen Dustin war abgeschwächt und bei Daniel fast nicht mehr vorhanden. Es war beachtlich, welche Wirkung dieser Sex hatte. Es hatte Serdall einfach die Bestätigung gefehlt, dass Daniel ihn liebte. Und anders als so konnte Daniel das gar nicht zeigen. „Es tut mir leid, dass ich Susanne geküsst habe“, murmelte Serdall plötzlich. Das stand noch aus und er wollte es Daniel nicht schuldig sein. Daniels Grinsen fiel so ziemlich in sich zusammen und er starrte lieber erst einmal auf Serdalls Kehlkopf, um seinen Blick zu vermeiden. Was sollte er denn darauf jetzt sagen? Es tat Serdall leid, ja, und passiert war passiert. Aber vorhalten konnte er ihm eigentlich nichts. Immerhin hatte Serdall ihm etwas viel Schlimmeres verziehen und Serdall hatte zu dem Zeitpunkt auch Schluss gemacht. „Hm“, meinte Daniel nach einiger Zeit nachdenklich. „Ich kann dir da glaube ich schlecht irgendwas vorwerfen. Nur was mich interessierten würde“, und jetzt sah Daniel dann doch auf, „ist, ob du, naja, irgendwie das Bedürfnis nach einer Frau hast. So irgendwie.“ Das war etwas, was Daniel sich schon seit längerem fragte, nicht erst seit der Sache mit Frau Doktor Kamp. Serdall war nun mal nicht in erster Linie schwul sondern hetero. Also eher die hetero Richtung bei seiner bi Einstellung. Von daher konnte es doch wirklich sein, dass er mal wieder Lust auf eine Frau hatte. Auch wenn er Daniel liebte. Gegen körperliches Verlangen konnte man nichts tun, das hatte er selbst auch feststellen müssen. Nun war es an Serdall, Daniels Blick auszuweichen. „Selten. Wenn ich mit dir zusammen bin eigentlich nicht. Aber wenn wir unsere Krisen haben, vermisse ich es mit einer Frau zusammen zu sein“, gestand Serdall. „Es ist was Anderes als mit einem Mann. Nicht nur das Körperliche. Frauen sind einfach zärtlicher und weicher“, seufzte er leise und sah Daniel wieder in die Augen. „Mehr möchte ich dazu gar nicht sagen.“ Daniel nickte und seufzte kurz. Das war etwas, das er in seiner Beziehung mit Serdall fürchtete, nämlich eben die Tatsache, dass Serdall bi war. Gegen eine Frau hatte Daniel keine Chance, das hatte er auch schon bei Louise gedacht. Nur war Louise tot und Frau Doktor Kamp oder eben auch all die anderen Frauen da draußen noch am Leben. Wenn Serdall Gefallen an einer fand, konnte Daniel nicht viel tun, auch vom körperlichen Aspekt her nicht. Mit einem Mann würde er sich wenigstens messen können. Er zog es vor nicht darauf zu antworten, weil für Serdall das Thema auch abgeschlossen schien. Zumindest für den Moment. Scheinbar. Daniel fragte sich nur, ob jetzt nicht einer dieser Zeitpunkte während einer Krisen war, immer noch war, wo Serdall gerne mal wieder eine Frau in seinen Armen hatte. Die Gedanken mal wieder verdrängend löste Daniel sich von ihm und setzte sich auf. „Ich muss zu Dustin“, meinte er. „Ich habe ihm gesagt, ich hole Jana nach einer Stunde wieder ab, denn immerhin hat er noch viel zu tun und es war nett genug, dass er sie überhaupt genommen hat.“ Serdall runzelte leicht die Stirn. Daniels Gesicht sprach Bände. Man sah genau, dass ihm seine Worte nicht gefallen hatten und er es jetzt wohl einfach dabei beließ. „Ein paar Minuten mehr wird er auf die Kleine auch noch achten können. Oder hast du jetzt das dringende Bedürfnis von mir wegzukommen und ihm zu berichten, wie es gelaufen ist?“, fragte Serdall neutral, doch seine Worte ließen durchscheinen, dass er immer noch mit Dustin auf Kriegsfuß stand. „Es geht jetzt verdammt noch mal nicht um mich und Dustin, sondern um dich und die Kamp oder sonst wen mit Titten“, begehrte Daniel auf und bereute seine Worte sofort. Serdall hatte ihm ehrlich geantwortet und mit seiner Antwort nicht gesagt, ob er überhaupt vorhatte, mit einer Frau anzubändeln. Warum auch, wenn er Daniel erst verziehen hatte? Das wäre wohl reichlich sinnlos. Serdall stützte sich auf die Ellen und legte den Kopf schief, als er Daniel überrascht ansah. Daniel war also eifersüchtig und das nicht zu knapp. Doch das war nicht alles. Die Stirn runzelnd dachte Serdall über ihre Situation nach. Hatte Daniel jetzt plötzlich wirklich Angst, dass er mit Susanne etwas haben könnte, nur weil sie eben eine Frau war? „Gut, dann erklär mir jetzt, was dich daran stört. Ich sehe nämlich keinerlei Grund das Thema auszuweiten. Ja, ich finde Susanne attraktiv, sie hat einen tollen Körper, aber na und? Ich liebe dich und nicht sie.“ „Ja“, erwiderte Daniel mit leiser Stimme. „Ja, ich weiß. Und ich weiß, dass du nicht ich bist, aber trotzdem bist du ein Kerl. Auch du hast zumindest ganz tief in dir drin sowas wie einen Fortpflanzungstrieb und wenn der mal aktiv wird oder besser gesagt nochmal aktiv, dann habe ich schlechte Karten.“ „Ich habe auch einen Selbsterhaltungstrieb und kann mich trotzdem fast selbst umbringen, wenn es mir schlecht geht, ganz ohne, dass ich es merke“, erwiderte Serdall entschlossen. Schließlich wusste Daniel selbst, wie emotional er sein konnte und wie sehr sich das auf seinen Körper auswirkte. „Da kann man mir Susanne nackt auf den Bauch binden. Wenn ich mich nach dir sehne, geht da gar nichts. Ich bin nicht wie jeder Andere, auch wenn ich Brüste toll finde und naja, alles Andere auch. Aber ich hab so viele andere schöne Dinge bei dir und du kannst genauso zickig sein wie eine Frau“, grinste Serdall nun und schob seine Hand sanft über Daniels Bauch. „Und ich liebe dich über alles. Auch wenn du denkst, dass es kitschig klingt, ich meine das wirklich so und ich ertrage es nicht dich zu teilen und würde selbst dir das nie zumuten.“ „Das sagst du jetzt“, nuschelte Daniel noch immer nicht wirklich überzeugt. „Und was ist, wenn wir mal wieder irgendwie im Clinch liegen? Was ist, wenn du wieder irgendwo hin gehst und spielst und für ein paar Tage weg bist? Wenn du anschließend was getrunken hast und dann irgendein vollbusiges, attraktives Konversationsgenie kommt und dich bezirzt?“ Er seufzte leise. „Naja, bringt wohl eh nichts, sich jetzt darüber Gedanken zu machen.“ „Du vertraust mir einfach nicht“, entgegnete Serdall ihm mürrisch. Er verstand es nicht. Daniel wusste doch, wie er sonst war, wenn er allein unterwegs war. Er war nun mal mehr kühl und distanziert und er hatte auch an dem Wochenende so einige hübsche Frauen abgelehnt, einfach aus dem Grund, weil Daniel bei ihm zuhause auf ihn wartete. Seufzend zog sich Serdall ein Kissen heran, bette vorsichtig seinen Hinterkopf darauf und strich dann weiter über Daniels Bauch. Sein Zeigefinger tauchte einen Moment in Daniels Nabel ab, bevor er mit der flachen Hand über Daniels Unterleib rieb, das Tattoo dabei nicht vergaß. Daniel sah währenddessen leicht von Serdalls Anschuldigung getroffen zur Seite. „Das ist es nicht“, murmelte er. „Wenn man dich beispielsweise gefragt hätte, ob du mir vertraust, wäre die Antwort wohl auch ja gewesen und ich habe trotzdem ziemlich dumme Sachen angestellt. Ich weiß, dass du im Normalfall nie fremdgehen würdest. Aber es kann immer mal irgendwas kommen und ich habe irgendwie das Gefühl, und es ist ja auch so, dass ich dir nicht alles geben kann. Ich bin nun mal männlich und nicht weiblich. Und wäre ich weiblich wäre ich nicht männlich. Wobei das wohl eher das geringere Problem wäre.“ „Kriegst du jetzt etwa deswegen Komplexe?“, fragte Serdall zweifelnd. „Ja, du kannst mir nicht alles geben, aber ich kann mich deswegen nun wirklich nicht beschweren. Da ist nun mal kein Frauenkörper und das ist mir auch egal, sonst wäre ich nicht schon so lange mit dir zusammen und würde mich auch nicht ab und zu von dir nehmen lassen“, knurrte Serdall mit roten Wangen. „Ich finde es schön so, wie es mit dir ist und dieser eine Ausreißer jetzt…“ Serdall seufzte leise und versuchte die Gefühle deswegen einfach ruhen zu lassen und nicht zu beachten. „Es ist einfach passiert. Und ich hätte dich nicht zurückgenommen, wenn es nicht Dustin gewesen wäre. Ich weiß, dass du bei ihm eben diese Anziehung verspürst, weil er nun mal so ziemlich alles an dir kennt und du auch weißt, was du an ihm hast. Wäre es ein Wildfremder gewesen, wie Kai damals, dann würden wir hier nicht mehr so liegen. Und trotzdem hoffe ich für dich, dass es das letzte Mal gewesen ist. Halt mich für verrückt, aber dahingehend würde ich dir auch vertrauen, auch wenn die Möglichkeit besteht, dass du mich wieder enttäuschst.“ „Ich enttäusche dich nicht wieder“, meinte Daniel überzeugt. Nein, jetzt nicht mehr. Er hatte sozusagen alles durch, was hatte passieren können. Jetzt war er fest mit Serdall zusammen und musste sich nichts zur Ablenkung suchen, Drogen hatte er auch schon getestet und mit Dustin war ebenfalls alles geklärt. Außerdem würde er nie wieder durch diese Hölle gehen. „Nun, sagen wir, dass zwischen uns Gleichstand herrscht. Es gibt dort draußen eben Menschen, die etwas an sich haben, was wir dem Anderen nicht geben können. Es ist eben keiner perfekt und solange es nur bei sturer Bewunderung bleibt, ist es wohl das Natürlichste der Welt.“ „Ja“, seufzte Serdall leise und legte eine Hand an Daniels Wange. Daniel wollte ihn nicht mehr enttäuschen und Serdall wollte ihm deswegen auch glauben. Nur da war noch etwas, das ihn störte. „Was hat eigentlich dieser Kai im Krankenhaus gemacht? Du hast mit ihm gesprochen?“, fragte er kühl. Er hasste diesen Mann immer noch. „Er macht dort jetzt sein Praktikum“, antwortete Daniel seufzend. Das war jetzt ein Thema, das ihm nicht unbedingt gefiel. Fei hatte es vollkommen falsch aufgefasst und Serdall falsch dargelegt, als Kai sich mit ihm unterhalten hatte und es war wohl wirklich nichts dagegen einzuwenden, sich nach dem gegenseitigen Befinden zu erkundigen. „Er hat halt gesehen, dass ich da bin und wollte wissen, wie es mir geht. Mehr war nicht“, fügte Daniel noch hinzu. „Das will ich hoffen“, raunzte Serdall ungemütlich, seufzte aber im nächsten Moment, wie sooft in den letzten Stunden. „Wäre ich wach gewesen, hätte ich ihn eigenhändig erwürgt, wahlweise auch mit dem Schlauch der Infusion“, murrte er beleidigt und sah Daniel eifersüchtig an. „Hättest du mit dem noch einmal was, ich schwöre dir, das wäre dein Ende.“ „Man, Serdall, so skrupellos bin noch nicht einmal ich“, zischte Daniel beleidigt. „Außerdem sind wir jetzt beide in festen Beziehungen und beide weg von den Drogen. Von daher wäre das ohnehin ganz schön doof. Außerdem habe ich gar nicht das Bedürfnis und habe dir eben noch gesagt, dass ich dich nicht mehr enttäuschen werde, oder nicht? Wir haben geredet, okay? In zwei Metern Entfernung verbale Konversation betrieben.“ Serdall knurrte leise vor sich hin und schlang dann die Arme um Daniels Nacken. „Ich hasse den Kerl einfach“, gab er zu und er meinte seine Worte absolut ernst. Wegen diesem Typen hatten sie nahezu die schlimmste Zeit ihres Lebens hinter sich und hätten sich beide fast umgebracht. Serdall griff nach Daniels linker Hand und betrachtete kurz die helle Narbe, die sich dort entlang zog. Seufzend hauchte Serdall einen Kuss darauf, ehe er sich zu Daniel hochbeugte und ihm einen Kuss auf die Lippen gab. Daniel verzog leidlich den Mund. Er gab nicht Kai die Schuld an der ganzen Geschichte, sondern eher sich und Fei. Deswegen hatte er auch keine Probleme mit Kai zu reden und er hatte schon früher beschlossen, dass er es respektierte, dass Serdall Kai nicht mochte, was irgendwie auch verständlich war. Allerdings ließ sich Daniel auch nicht jegliche Art von Kontakt mit ihm verbieten. Sein Blick fiel bei seinen Gedanken zufällig auf Serdalls Schritt und Daniel lachte leise auf. Er zog das gebrauchte Kondom ab, verknotete es und wickelte ein Taschentuch darum. „Ich denke, das möchtest du auch nicht ewig als Körperschmuck tragen“, meinte er zu Serdall. „Du bist so blöd manchmal.“ Serdall rollte mit den Augen und schlang die Arme um Daniels Nacken, wobei er sich leicht aufsetzte. Liebevoll begann Serdall ihn zu küssen und dirigierte Daniel mit sich zurück. Er wollte einfach noch diese Nähe genießen, für die ganze Zeit, die sie getrennt gewesen waren. Er liebte Daniel und auch seinen Körper, auch wenn er nun mal keine Frau war. Das hatte er akzeptiert, schon zum Anfang, als sie endlich zusammengekommen waren. Besonders mochte es Serdall, wenn Daniel vom Sex noch aufgeheizt war, wenn seine Haut ein Schweißfilm überzog und Serdall mit den Händen darüberstreichen konnte. Daniel in jedem Zug genießen, das war das Schönste für Serdall. Zufrieden und glücklich brummelte Daniel vor sich hin und vertiefte den Kuss noch etwas. Am liebsten hätte er den ganzen Tag hier im Bett verbracht und einfach nur mit Serdall gekuschelt und dessen Nähe genossen. Irgendwie kam es ihm so vor, als wäre ihre Beziehung manchmal ein einziges Hangeln von Krise zu Krise mit kurzen, wunderschönen Zwischenphasen, die dann wieder vom nächsten Paukenschlag abgelöst wurden. Daniel verzog leicht den Mund und erntete dafür ein unzufriedenes Zischen von Serdall. Grinsend ließ er seine Zunge wieder über dessen Lippen tanzen. Nein, die guten Phasen überwiegten ganz klar und die nächste schlimme Phase würde gar nicht erst kommen oder sehr lange auf sich warten lassen. Plötzlich klopfte es leise an der Tür und ehe Daniel oder Serdall das richtig realisiert hatten, kam schon Dustin mit Jana auf den Arm herein. Er hielt der Kleinen die Augen zu und hatte die eigenen ebenfalls geschlossen. „Ich möchte euch ja nicht stören und es tut mir auch furchtbar leid, dass ich euch jetzt störe, aber ich kann nicht arbeiten mit der Kleinen“, erklärte er. „Ich habe morgen eine wichtige Lehrerkonferenz und wenn ich bis dahin nicht die Noten fertig habe, stehe ich schlecht da.“ Dustin schielte aus einem Auge zum Bett, weil keiner antwortete und sofort schlich sich ein Grinsen in sein Gesicht, auch wenn Serdall ihn mörderisch anfunkelte. Daniel konnte sich allerdings das Grinsen auch nicht verkneifen. Es war mal wieder so klar, dass Dustin kam, wobei er sich dieses Mal wenigstens einen halbwegs akzeptablen Zeitpunkt ausgesucht hatte. Außerdem war Jana schon seit fast zwei Stunden bei ihm, wie Daniel mit einem erschrockenen Blick auf die Uhr feststellte. Hinzu kam noch, dass es einfach affig aussah, wie Dustin ins Zimmer getapst war. Daniel küsste Serdall noch einmal kurz versöhnlich, stand dann auf und nahm Dustin Jana ab. „Danke fürs Aufpassen und Entschuldigung, dass ich mich nicht ganz an die Zeit gehalten habe.“ Doch bevor Dustin antworten konnte, kam Serdall zu Daniel gehumpelt, legte ihm eine Decke um den nackten Körper und schlang besitzergreifend die Arme von hinten um ihn. Dustin sah das auch, weil er immer noch aus einem Auge geschielt hatte. Jetzt öffnete er beide und lächelte Serdall entschuldigend an. „Es war ja für einen guten Zweck“, murmelte er, sah dabei aber Serdall ernst in die Augen. „Du könntest jetzt trotzdem wieder gehen“, zischte Serdall leise. Traurigkeit schlich sich in Dustins Gesicht und er nickte bedrückt. „Ja, es tut mir leid“, murmelte Dustin noch und winkte ab, als Daniel noch etwas sagen wollte. Als die Tür hinter ihm zufiel, löste sich Serdall wieder ächzend von Daniel und humpelte zum Bett. „Könntest du das nächste Mal bitte nicht vor ihm nackt rumtanzen? Danke“, knurrte er Daniel an und griff nach seinen Krücken, um ins Bad zu humpeln. Bedrückt sah Daniel ihm nach. Dustins trauriger Blick war ihm ziemlich nahe gegangen. Es waren wohl beide Seiten verständlich, sowohl Serdalls wütende, missgestimmte als auch Dustins reuevolle und traurige. Nur momentan würde Daniel fast eher für Dustin eintreten, weil Verzeihen in dieser Situation wohl auch bei ihm besser war, als ihn wegzustoßen. Das war zumindest Daniels Sicht. Aber Dustin hatte ihm klargemacht, dass er schön ruhig bleiben und sich nicht mit Serdall anlegen sollte, was wohl tatsächlich im Moment die weiseste Entscheidung war. Seufzend folgte Daniel Serdall mit Jana auf dem Arm ins Badezimmer. Serdall war gerade dabei sich mit einem Lappen zu waschen, da für ihn das Duschen noch nicht in Frage kam, besonders wegen seiner Kopfverletzung. Er sah Daniel an, dass ihm das mit Dustin nicht zusagte, doch Serdall war froh, dass er es nicht darauf anlegte und mit ihm darüber diskutierte. Serdall begann sich abzutrocknen und sah einen Moment lang in den Spiegel. Also zurzeit war er wohl wirklich nicht die Schönheit in Person. Er wirkte kränklich und die Blutergüsse standen im krassen Gegensatz zu seiner blassen Haut. Kurz strich er über die Tätowierung auf der linken Rippenseite und seufzte dann leise. Er sollte sie nachstechen lassen. Die Farben des schwarz-roten Schmetterlings wirkten langsam nicht mehr frisch. „Na, überlegst du, ob du noch ein Tattoo haben möchtest? Ich als tapferer Vorreiter habe dich dazu ermutigt?“, fragte Daniel grinsend. Es würde nichts bringen, sich wegen Dustin den restlichen Tag vermiesen zu lassen. „Vielleicht solltest du es dir hierhin stechen lassen.“ Fest kniff er in Serdalls rechte Popacke. „Das ist dann wenigstens was, das hoffentlich nur mir zugänglich ist.“ Serdall zuckte zusammen und drehte sich grummelnd zu Daniel und Jana um. „Ich möchte kein Tattoo mehr“, murrte er leise und humpelte auf Daniel zu, wobei er nur eine Krücke benutzte. Lächelnd strich er Jana durch die schwarzen Haare und sie quietschte vergnügt und griff nach seinem Gipsarm, um darauf herumzutrommeln. Serdall trug sein Armband derzeit auf der linken Seite, weil sein rechter Arm das nicht zuließ. Seufzend lehnte sich Serdall zu Daniel und gab ihm einen Kuss. „Ich werde mit Dustin nochmal sprechen, okay? Nur bin ich im Moment nicht sehr scharf drauf.“ „Ja, lass dir Zeit und sprich mit ihm, wenn du dazu in der Stimmung bist. Sonst geht das noch nach hinten los“, meinte Daniel, während er Wasser in die Wanne ließ. Er musste ohnehin den ganzen Schweiß und diverse andere Körperflüssigkeiten abwaschen, da konnte er das gleich verbinden und Jana auch schon mit sauber machen. „Du willst mit Jana baden?“, murmelte Serdall und sah kurz sehnsüchtig auf die Wanne. Da würde er gerne mitmachen, aber das war wohl gerade unmöglich. „Nun, dann spiele ich ein wenig Geige. Mal sehen inwieweit das geht“, seufzte Serdall leise und schnappte sich die andere Krücke, um wieder ins Schlafzimmer zu gehen und zur Reisetasche zu humpeln, die ihm Daniel für das Krankenhaus gepackt hatte. Vorsichtig holte er seinen Geigenkoffer heraus und ging damit zum Bett. Er atmete einmal tief durch, ehe er sich ganz auf die Laken setzte, sich gegen die Wand lehnte. Einen Moment strich er liebevoll über die Kofferhülle, ehe er sie aufklappte und lächelnd seine Geige ansah. Es war schon wieder viel zu lange her. Vorsichtig nahm er sie heraus, spannte kurz den Bogen, nachdem er den Koffer beiseite gelegt hatte und legte dann die Geige an. Der Gips störte enorm und es strengte an, ihn allein mit dem Bogen in der Luft zu halten. Seufzend schloss Serdall die Augen und spielte an, doch er verspielte sich sogleich schrecklich. „Scheiße“, knurrte er leise und schluckte. Eine Woche war eine verdammt lange Zeit für ihn, ohne seine Geige. Erneut setzte er an und konzentrierte sich auf seinen Arm. Diesmal klappte es und er begann eine langsame Melodie einzustimmen, bei der er den Bogen nicht zu hektisch bewegen musste. Daniel lächelte in der Wanne, als die Töne zu ihm hinein drangen. Er hatte Jana etwas erhöht auf seinen Schoß gesetzt und seifte sie gerade ein. „Da hat dein Papa wohl seinen zweiten Liebling endlich wieder“, berichtete er grinsend und wuschelte Jana durch die feuchten Haare, als sie ihn nur verständnislos ansah. „Musst du nicht verstehen“, meinte Daniel zu ihr und drückte Jana einmal fest an sich. „Ich habe dich trotzdem ganz ganz doll lieb, Spatz und ich bin echt froh, dass ich dich habe.“ Jetzt quietschte Jana wieder vergnügt, drehte sich in Daniels Armen herum und stützte sich auf seiner Brust ab, bevor sie versuchte an ihm hochzuklettern. Lachend schlang Daniel seine Arme vorsichtig um sie und umarmte sie, bevor er Jana noch die Haare und dann sich einmal selbst runter wusch. Anschließend trocknete er sie beide ab, cremte sie ein und zog sie an, um schließlich zu Serdall zurück ins Schlafzimmer zu gehen. Gerade als Daniel wieder hereintrat, wurde Serdall müde und er rutschte wieder ab, sodass ein kläglicher Ton erklang, der in den Ohren klingelte. „So ein verdammter Mist“, knurrte Serdall wütend und starrte seinen Gips an, als ob er ihn mit den bloßen Augen pulverisieren konnte. Entnervt entspannte Serdall die Bogenhaare und wischte noch einmal mit einem weichen Tuch über den Geigenkörper, ehe er die Geige fortlegte. Er hatte ein bisschen gespielt, damit musste er sich wohl vorerst zufriedengeben, wenn er keinen Hörsturz haben wollte. Sein Arm machte derzeit auch noch nicht wirklich mit. Seufzend verstaut er die Geige wieder und lehnte sich mürrisch und leicht angefressen zurück. Er hasste es, wenn etwas nicht klappte, besonders wenn es sich um seine Geige drehte. Leise gluckste Daniel, als er Jana absetzte, die sofort zu ihrer kleinen Spielecke am Fenster stapfte und sich zu Serdall aufs Bett setzte. Irgendwie war er süß, wenn er so schmollte und in seinem Ego gekränkt war. Immerhin war das keine akzeptable Spielweise für einen Serdall Agamie. Daniel grinste. „Hast du Appetit auf etwas Kaffee und Kuchen?“, fragte er, um Serdall ein wenig aufzumuntern. „Ich könnte uns was hochholen.“ „Du weißt, dass ich Kuchen nicht leiden kann“, murrte Serdall leise. Er fand dieses süße Zeug nicht wirklich berauschend, auch wenn Daniel das liebte. „Und hör auf zu grinsen, das ist nicht witzig. Ich find es furchtbar nicht richtig spielen zu können“, grummelte er und robbte zu Daniel, um sich in seine Arme zu flüchten. Er wollte jetzt ein wenig Trost haben. Es war doch schrecklich, dass alles schief lief hier. „Du bist aber einfach nur süß und knuffig, wenn du so guckst“, lachte Daniel leise. „Und wir haben auch extra was Herberes an Kuchen da. Ich weiß doch, was mein Schatz mag und was nicht.“ Er trippelte mit den Fingern leicht Serdalls Wirbelsäule auf und ab und gab ihm einen kleinen versöhnlichen Kuss auf die Schläfe. „Meinetwegen“, gab Serdall nun doch besänftigt nach und schloss zufrieden die Augen. Es war schön einfach wieder mit Daniel zusammen zu sein und zurück zu ihrem normalen Alltag überzugehen. Serdalls Hand wanderte sogleich unter das Shirt, das Daniel sich gerade erst übergezogen hatte und strich verführerisch über die Seite. Er schob das Shirt ein Stück weit nach oben, um mit den Lippen an Daniels Bauch zu kommen und mit der Zunge in seinen Bauchnabel einzutauchen. „Ich liebe es, wenn du gebadet hast“, seufzte Serdall. Seine Haut war dann immer so weich und roch so anziehend gut, sodass Serdall am liebsten wieder mit ihm geschlafen hätte. „Klar, Seife riecht nun mal besser als Schweiß“, gab Daniel glucksend zurück. Er liebte es Serdall auf diese Art und Weise zu necken, denn er wusste genau, dass Serdall anders darauf anspielte, als er es scheinbar gerade aufgefasst hatte. Aber das musste Serdall ja nicht wissen. „Ja, und du stinkst ja immer erbärmlich“, spielte Serdall grinsend mit und tauchte mit dem Kopf unter Daniels relativ weites Shirt, um mit dem Mund zu einer Brustwarze zu wandern und sie sanft mit der Zunge zu umfahren. „Nichts im Vergleich zu dem, was du nach wochenlangem Waschlappenwaschen duften wirst“, antwortete Daniel und seufzte leicht auf. Eine Gänsehaut bahnte sich den Weg seinen Rücken hinab und er kicherte kurz, als Serdall mit der Zunge an seiner Seite entlangfuhr. „Tja, du liebst mich ja zum Glück“, flüsterte Serdall zufrieden und biss leicht in die Haut an Daniels Brust, was jenen leise aufstöhnen ließ. Serdall saugte sich neben Daniels Brustwarze mit der Absicht fest, einen ordentlichen Fleck zu hinterlassen. „Hallo?“, grummelte Daniel leicht angefressen. Er hatte zwar prinzipiell nichts gegen Serdalls Zuneigungsbekundungen, aber Jana hatte ihr Spielzeug weggelegt und sah jetzt interessiert zu ihnen herüber. „Wir haben minderjähriges Publikum.“ „Sie sieht mich nicht unter deinem Shirt“, grinste Serdall und küsste sich wieder zu Daniels Bauch hinab. Kuss um Kuss gab er auf die weiche Haut und wanderte immer tiefer, doch als Daniel missgestimmt grummelte tauchte Serdall mit verwüsteten Haaren auf und lächelte ihn entschuldigend an. Kurz legte er seine Lippen auf Daniels, ehe er ihn nur umarmte und zufrieden seinen Kopf an Daniels Brust bettete. Provozieren wollte er Daniel auch wieder nicht. „Du bist so kuschelbedürftig manchmal. Da spare ich mir echt den Teddybär“, meinte Daniel und sah recht erleichtert, dass Jana ihren Baukasten wohl wieder interessanter zu scheinen fand als ihre beiden Daddys. „Was ist jetzt mit Kuchen? Ich hab Hunger.“ „Und du bist so ein Stimmungstöter“, seufzte Serdall und ließ von Daniel ab. „Ich hasse dich. Dir ist dein Süßkram wichtiger als ich“, murrte Serdall beleidigt, wobei er sich aber das Lächeln verkneifen musste, und legte sich auf seine Seite des Bettes. Dabei präsentierte er Daniel den nackten Hintern, als er sich auf den Bauch legte. „Tja, du hast die Süße schon so ziemlich verloren, alter Mann“, erwiderte Daniel schonungslos und klatschte einmal leicht auf Serdalls Allerwertesten. „Der alte Mann erzählt dir gleich etwas von Sexentzug, du miese Kröte“, knurrte Serdall nun wirklich beleidigt und zog die Decke komplett über sich, damit Daniel ihn nicht mehr ärgern konnte. „Ach, du bist doch der Erste, der angekrochen kommen wird. Handarbeit mit links ist auch nicht so das Wahre. Vorhin war es auch etwas unbeholfen. Droh mir lieber mit nichts, das dann doch viel schlimmer auf dich selbst zurückfällt“, drohte Daniel mehr als breit grinsend und pikste Serdall durch die Decke hindurch. „Geh weg“, kam es gedämpft unter der Decke hervor. „Du bist derjenige, dem die Ungeduld doch über den Kopf wächst. Ich kann mich beherrschen, wenn ich will“, meinte Serdall entschieden und ignorierte Daniels bösen Finger, der immer wieder in die Decke stach. „Ahja“, antwortete Daniel trocken. „Dann werde ich als nächstes eine Liste mit bösen Kommentaren und seltsamen Verhaltensweise von dir während dieser Zeit anfertigen. Und für alles musst du einen Euro in die Kaffeekasse zahlen. Du wirst ziemlich arm werden, mein Guter.“ „Du spinnst“, erwiderte Serdall einfach. „Und wenn du weiter so frech bist, kannst du bei Jana im Zimmer schlafen.“ Leise vor sich hin grummelnd bewegte sich Serdall unter der Decke ein wenig, um sich bequemer hinzulegen und blieb dann still. „Och, ist da etwa jemand beleidigt? Scheinbar denkst du dasselbe wie ich, ansonsten wärst du nicht eingeschnappt“, triezte Daniel. Allerdings beließ er es dabei, nicht dass Serdall tatsächlich noch auf die Idee kam, ihn heute Nacht auszuquartieren. Riskieren wollte er auf jeden Fall nichts. „Du bekommst jetzt auch einen Cappuccino, damit du wieder lieb und glücklich bist“, schlug er vor. „Lass mich bloß in Ruhe“, murrte Serdall. Er hatte jetzt bestimmt keinen Durst und Daniel konnte ihm auch gerade gestohlen bleiben, so gemein wie er zu ihm war. Langsam wurde die Luft unter Decke allerdings einfach nur warm und war nicht mehr sehr sauerstoffreich, sodass Serdall kurz den Kopf heraus streckte. Einen Moment sah er zu Daniel, doch dann drehte er sich beleidigt weg und auf die Seite. Kopfschüttelnd ging Daniel in Richtung Tür. Serdall in dem Zustand war fast etwas unheimlich aber auch irgendwie lustig. Man konnte ihn dann immer so schön ärgern. Aber Daniel würde jetzt einfach die Erdbeeren, die noch unten in der Küche standen mit etwas Sahne und geschmolzener Schokolade auf einen Teller laden. Das würde Serdall schon entschädigen. Vor allem, wenn es die Erdbeeren von Daniels Lippen serviert gab. Grinsend ging er die Treppen hinunter und dekorierte in der Küche mit ein paar Minzblättern ein Tablett, bevor er wieder hoch zu Serdall ging. Der hatte Jana bei sich auf dem Bett und spielte mit der Kleinen, wobei er sie lächelnd auskitzelte und ihr Kinderlachen durch den ganzen Raum schallte. Serdall ignorierte Daniel vorerst, immer noch beleidigt spielend und beschäftigte sich voll und ganz mit Jana, die es wirklich gerade genoss, seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Daniel beschloss, dass es das Beste wäre, wenn er die Erdbeeren erst einmal an die Seite legte. Jana war während dem ganzen Stress in letzter Zeit wirklich etwas kurz gekommen. Er setzte sich mit auf das Bett und pikste sie wie Serdall vorhin in die Seite. Die Kleine ließ das aber nicht so mit sich machen und schnappte sich kichernd Daniels Finger, ehe sie sich aufrichtete und wackelig auf ihn zuging. Doch bevor sie ihn erreichte, pikste nun Serdall sie und sie drehte sich kichernd um. Doch sie verlor im nächsten Moment das Gleichgewicht und landete auf dem Po, was sie vorerst verdutzt gucken ließ. Serdall lachte auf und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Sie ist echt ein süßer Engel“, seufzte er leise und strich ihr über den Kopf, bevor er Daniel kurz auf die lächelnden Lippen küsste. „Ich zieh mich an und dann werde ich erst einmal die ganzen anderen Dinge mit Fei klären“, seufzte er und schob sich schon unter der Decke vor. „Hab mir schon eben Gedanken gemacht, dass er dir vielleicht über dem Weg läuft.“ „Fei scheint momentan irgendwie vom Erdboden verschwunden zu sein. Zumindest habe ich ihn heute noch nicht gesehen“, meinte Daniel nachdenklich. „Anziehen ist schon mal keine so schlechte Idee, nur hatte ich eigentlich was mitgebracht.“ Er schob die Erdbeerplatte in Serdalls Blickfeld. Lächelnd sah Serdall auf die roten Früchte und seufzte leise. „Na gut“, meinte er und robbte zurück zu Daniel, um sich wieder neben ihn zu legen. Er reichte Jana eine Erdbeere, die begeistert die Frucht nahm und zwischen die Lippen steckte. „Ich möchte bitte auch gefüttert werden“, grinste Serdall und lehnte seinen Kopf an Daniels Schulter. „Klar“, erwiderte Daniel grinsend, rollte sich auf den Bauch und nahm eine der Erdbeeren zwischen die Finger. „Mit was hättest du es denn gerne? Schlagsahne oder Schokolade? Alles so gut für deine Figur.“ „Ohne das süße Zeug“, meinte Serdall und schnappte schon nach Daniels Fingern mitsamt der Erdbeere. Er zwinkerte Daniel an, ehe er genüsslich kaute und dann schluckte. Lächelnd ließ Daniel noch eine Erdbeere in Serdalls Mund gleiten und fuhr mit den Fingerspitzen die Lippen nach, fühlte die leichten Kaubewegungen. Irgendwie hatten sie diese Art von Zweisamkeiten in letzer Zeit einfach viel zu wenig gehabt, einmal durch Jana bedingt, aber auch einfach, weil wohl die Muße fehlte, etwas vorzubereiten. „Wie wäre es mit Erdbeere mit Daniel?“, fragte er im nächsten Moment. „Lecker“, antwortete Serdall grinsend, nahm sich eine Erdbeere und biss zur Hälfte ab, ehe er sich zu Daniel beugte um ihn zu küssen, wobei die Frucht zwischen ihren beiden Mündern hin und her wechselte. In den Kuss seufzend schlang Serdall einen Arm um Daniels Nacken. So etwas hatte ihm wirklich in letzter Zeit enorm gefehlt. In Daniels Welt hatte es, seit es Jana gab, nur noch die Kleine gegeben und sich das Universum nur um sie gedreht. Daniel löste sich wieder und verzog etwas den Mund. „Sauer“, stellte er fest und tunkte die nächste Erdbeere trotz Serdalls unglücklichem Blick in Schokolade. „Ach komm“, meinte Daniel ungeduldig. „Ich schwäche die Süße etwas ab.“ Er ließ die Erdbeere in seinen Mund wandern und legte die Lippen dann wieder auf Serdalls. Jener grummelte noch etwas Unverständliches, ließ sich dann aber auf diesen Kuss ein. Er schmeckte die Schokolade nur, wenn er an Daniels Zunge entlang strich, da der sie schon weitestgehend von der Erdbeere gelutscht hatte. Er keuchte leise, als sich ihre Münder trennten und atmete dann tief durch. „Wenn wir so weitermachen, vernasch ich dich richtig“, lächelte er und lehnte seine Stirn an Daniels. Es war wirklich schön so mit ihm zusammen zu sein. „Gut zu wissen“, grinste Daniel. „Das merke ich mir gern fürs nächste Mal, aber momentan wäre es dann doch etwas unpraktisch.“ Er streckte sich kurz, ließ noch ein paar Erdbeeren in seinen Mund wandern, die er nicht mit Serdall teilte und setzte sich dann seufzend auf. „Gut, ich habe mich mental gestärkt. Gehen wir zu Fei.“ „Wir?“, fragte Serdall perplex und starrte Daniel ungläubig an. „Das ist wirklich keine gute Idee. Ich denke es ist besser, wenn ich vorerst allein mit ihm rede“, meinte er etwas nervös. Er wusste nicht wie Fei reagieren würde und es war wirklich besser, wenn sie unter Brüdern miteinander redeten. „Nein“, meinte Daniel entschieden. „Ich bin lieber mit dabei und sehe mit eigenen Augen, was zwischen euch abgeht. Dir vertraue ich zwar, aber ich vertraue Fei und seinem Einfluss nicht, den er auf dich ausübt. Deswegen ist es mir bei Weitem sicherer, wenn ich die Situation im Auge habe.“ Serdall schüttelte entschieden den Kopf. „Er wird mir sagen, dass ich dumm und verrückt bin, ganz einfach. Ich kenne seine Einstellung schon und er wird es nicht gutheißen, dass ich mal wieder die Arme ausgebreitet habe“, seufzte Serdall und schob sich aus dem Bett, um zum Kleiderschrank zu humpeln. Er legte seine Krücken kurz zu Boden, während er sich Sachen heraussuchte. „Und ich glaube, wenn du ihm einen spitzen Kommentar an den Kopf wirfst, wird das sein Temperament nur unnötig anheizen.“ „Ich will dich nicht mit ihm allein lassen“, kam die hitzige Antwort. „Meinst du, ich kann hier oben warten, während du mal wieder dafür sorgen willst, dass dein Bruder nen Abflug macht? Das hatten wir schon einmal und heute bist du nicht allein wie damals, also warum willst du mich nicht mitnehmen? Ich verspreche auch, dass ich still bin. Ehrlich.“ Serdall lachte laut auf und schüttelte wieder nur den Kopf. „Du kennst dich, Daniel. Dir ist es einfach nicht möglich den Mund zu halten, das weißt du doch“, murmelte Serdall und zog sich einen Pullover über. Er schnappte sich Jogginghose und Shorts und humpelte wieder zum Bett, da er im Stehen diese Dinge mit seinem Gipsbein nicht anbekam. „Außerdem wird Fei sich nie wieder so dermaßen in mein Leben einmischen, das hat er versprochen. Ich will ihm einfach sagen wie die Lage ist und gut.“ „Du kennst Fei. Ihm ist es einfach unmöglich, sich nicht in dein Leben einzumischen, das weißt du doch“, äffte Daniel Serdalls Tonfall nach. „Er hat es versprochen, genau wie ich eben versprochen habe den Mund zu halten. Gut, vielleicht macht er sich Sorgen um dich und meint es nur gut, aber er macht eben doch alles schlimmer. Du kannst mir nicht verbieten, mich in diesem Haus frei zu bewegen.“ „Stelle ich mich daneben, wenn du mit Charline unter vier Augen sprechen willst?“, knurrte Serdall nun wirklich genervt und zog sich die Jogginghose über den Hintern. „Fei wird schlecht über dich sprechen, willst du dir das unbedingt antun? Es reicht doch, wenn ich mir das anhöre.“ „Genau das ist es“, seufzte Daniel jetzt verzweifelt. „Ich will nicht, dass du dir das alleine antun musst. Es wird dich belasten, natürlich wird es das, aber dann hast du wenigstens jemanden, der da ist.“ Er hielt kurz inne. „Aber vielleicht hast du Recht und das Gespräch unter Brüdern sollte unter Brüdern bleiben“, murmelte Daniel schließlich. „Ich hab doch gesehen, wie du dich mit Fei unterhalten hast, oder nicht?“ Fahrig strich sich Serdall durch die Haare und sah zu Daniel, der ihn unglücklich anblickte. „Du darfst mit dabei sein, aber nur unter der Bedingung, dass du Fei nicht provozierst. Denn dann kann ich für nichts garantieren.“ „Ich weiß, dass es keine Garantie bei Fei gibt, wenn ich den Mund zu weit aufmachte“, bestätigte Daniel und verzog schmerzlich die Lippen. Ja, er hatte das schon mehr als einmal feststellen dürfen. „Ich kann nichts versprechen. Ich versuche mich auf jeden Fall zusammenzureißen. Mal sehen, wie er so drauf ist. Und ehe du es dir noch anders überlegst lass uns gehen. Jana bleibt kurz bei Taki?“ Serdall nickte und Daniel stand auf, um Jana rüber zu bringen. Taki und Jana verstanden sich immer prächtig und Taki war wirklich nicht schlecht im Aufpassen, zumindest war er sehr gewissenhaft, was Serdall wiederrum stolz machte. Leicht ächzend erhob er sich, fasste seine Krücken und humpelte dann zum Flur, wo Daniel dann zu ihm stieß. Gemeinsam machten sie sich auf die Suche nach Fei, den sie im Wohnzimmer fanden, mal wieder vor seinem Laptop. „Fei?“, meinte Serdall leise und sein Bruder sah auf. Seine braunen Augen weiteten sich einen Moment und verzogen sich zu Schlitzen, als er zu Daniel sah. „Serdall… Was machst du schon hier?“, knurrte er missgestimmt. Serdall humpelte zu Fei und setzte sich auf das gegenüberliegende Sofa, Daniel immer an seiner Seite habend. „Ich hab mich vorzeitig entlassen, Fei. Das Krankenhaus war mir noch nie geheuer.“ Fei musterte Daniel offensichtlich und Serdall seufzte. „Das mit Japan… Ich gehe nicht mehr“, erklärte er halblaut und Fei schnaubte. „Irgendwie war mir das jetzt schon klar. Die kleine Ratte hat dich wieder um den Finger gewickelt. Serdall, bist du so dumm oder was? Er hat dich betrogen und wird es wieder tun. Sei nicht so gutgläubig. Er ist es nicht wert, dass du ihn immer wieder zurücknimmst“, raunzte Fei und beachtete dabei Daniel nicht im Geringsten. „Fei, er hat einen Fehler begangen, ja, aber ich hab es ihm verziehen und werde meine Meinung jetzt nicht mehr ändern.“ Leise schnaubte Daniel in sich hinein. Serdalls Ausdrucksweise war gerade nicht wirklich glücklich gewesen. Hörte sich fast so an, als ob er eine Entscheidung getroffen hatte und sie jetzt eben einfach so beließ, weil entschieden eben entschieden war. Daniel wusste allerdings, was Serdall damit meinte und war deswegen milde gestimmt. Auf Fei versuchte er gerade noch gar nicht zu reagieren. Dieser Ton an ihm Daniel gegenüber war schon so ziemlich immer außer direkt nach der Sache mit Kai derselbe gewesen und momentan war es noch erträglich. „Serdall“, schnauzte Fei nun wirklich wütend und klappte den Laptop zu. „Du hast mir gesagt, dass du es nicht mehr kannst. Du weißt selbst, dass er schlecht für dich ist und sich total daneben benimmt. Er hat sich dir mal wieder aufgezwungen oder? Hat sich schön eingekratzt und mal die Beine für dich breit gemacht, damit du milde gestimmt bist. Wie lange soll das denn wieder halten, Serdall?“ Serdall sah kurz unglücklich zu Daniel und legte eine Hand auf seinen Oberschenkel. „Fei, es war ein Fehler, ja. Ich hab…“ „Du hast ihm verziehen. Schön, was hast du davon? Ein paar Monate Ruhe und dann springt er zu dem Nächsten ins Bett. Glaubst du nicht auch, dass es langsam reicht?“ Serdall wandte den Blick ab. Ja, in der Hinsicht reichte es ihm, aber Daniel wollte das nicht mehr tun. „Das war das letzte Mal“, hielt Serdall nun dagegen, doch Fei lachte humorlos auf, verunsicherte Serdall so noch mehr. „Natürlich. Serdall, es war nun mal wirklich nicht das erste Mal. Musst du dein Glück wirklich so strapazieren? Es geht dir viel zu nah und das weißt du. Er bringt dich um“, knurrte er und warf Daniel einen hasserfüllten Blick zu. „Ich würde eher sagen, dass du derjenige bist, der ihn umbringt“, zischte Daniel aufgebracht und ignorierte Serdalls Hand auf seinem Oberschenkel, die sich schmerzlich darauf presste. „Ja, vielleicht habe ich Fehler gemacht. Vielleicht ist es ein Fehler, wenn er mir wieder verzeiht, aber es ist die Frage, was im Endeffekt schlimmer für ihn ist. Bislang war es immer so, dass Serdall gesagt hat, dass er mir lieber noch einmal verzeiht, anstatt alles aufzugeben, was wir haben. Es kann sein, dass dieses Mal das letzte Mal ist, dass ich Mist gebaut habe. Ich persönlich glaube fest daran. Du bevormundest deinen Bruder, lässt ihn seine Entscheidungen nicht selbst treffen, seine Fehler nicht selbst machen. Meinst du, Serdall wäre in Japan glücklich geworden? Nachdem er sich hier in Deutschland alles aufgebaut hatte? Meinst du er wäre glücklich, wenn Taki unglücklich wäre, wenn er in eine vollkommen neue Umgebung kommt, weit weg von seinen Freunden und allen, mit denen er engeren Kontakt hat? Serdall würde das bestimmt nicht glücklich machen, genauso wie der Liebeskummer, mit dem er nach Japan reist. Du willst, dass er durch irgendeine Frau davon abgelenkt wird. Tolle Taktik. Verdrängung bis dann alles wieder eskaliert.“ „Siehst du, Serdall“, fauchte Fei nun. „Er nutzt es einfach aus. Er weiß, dass du ihn nicht gehen lassen kannst und bohrt bei dir solange, bis du wieder nachgibst. Du hattest doch jetzt mit ihm abgeschlossen, nicht wahr? Warum verdammt, hast du deine Meinung plötzlich geändert, hm?“ Fei verschränkte wutschnaubend die Arme und sah Serdall ernst in die Augen. Serdall rutschte neben Daniel unruhig hin und her. Fei hatte auch irgendwo recht und das wusste er nur zu gut. Schließlich hatte er Fei selbst erzählt, wie Daniel es eben schaffte, ihn rumzubekommen. Fei wusste allzu gut, wie das zwischen ihnen lief und das machte es nicht leicht, sein Urteil außen vor zu lassen. „Fei, es ist beschlossene Sache, okay? Lass mich einfach das tun, für das ich mich jetzt entschieden habe. Ich möchte Daniel diese Chance geben. Wenn er es nicht schafft, komme ich nach Japan“, gab Serdall halblaut zu und sah nicht zu Daniel. Er hatte es so gewollt. Er wollte diesem Gespräch zwischen ihnen beiwohnen, dann musste er auch sehen, wie sie sich als Brüder unterhielten. Fei nickte. „Ich gebe ihm nicht lange“, zischte er leise. „Er weiß nämlich nicht zu schätzen, was er an dir hat.“ „Es ist jetzt gut Fei“, unterbrach Serdall ihn nun harsch. „Und ich bitte dich ihn fortan in Ruhe zu lassen. Verbal und auch körperlich.“ Fei nickte wieder kurzangebunden. „Ich weiß sehr wohl, was ich an Serdall habe“, meldete sich Daniel noch einmal zu Wort. „Und du gehst nicht nach Japan, wenn ich wieder irgendeinen Scheiß mache“, wandte er sich an Serdall. „Du bleibst hier, ich ziehe aus und wenn dir die Entfernung nicht reicht, dann bin ich es, der wegzieht. Warum sollst du noch mehr leiden, wenn ich Mist baue?“ Daniels Kieferknochen traten deutlich hervor, als er die Zähne fest zusammenbiss, um die Tränen dort zu halten, wo sie seiner Meinung nach hingehörten, nämlich in den Augen. Das Gespräch nahm in dann doch mehr mit, als er gedacht hatte. „Schon wieder glaubt er, dass er hier irgendwas über dich zu bestimmen hat“, knurrte Fei wütend und lehnte sich in Daniels Richtung vor. „Er wird nach Japan gehen, allein aus dem Grund, dass ihn in Deutschland nur das Unglück verfolgt, falls du es noch nicht mitbekommen hast. Du verwöhnter Bengel wirst ihn dann wenigstens nicht mehr belästigen können“, fauchte er. „Fei, übertreib es nicht“, murrte Serdall. „Noch ist es nicht soweit und es wird auch hoffentlich nie soweit sein. Und nur unglücklich bin ich hier nie gewesen. Es gibt viele schöne Sachen, Fei“, meinte er schlichtend und lächelte matt. Fei wollte etwas erwidern, doch nun war es an Serdall den Kopf zu schütteln, was Fei ruhig bleiben ließ. Daniel allerdings wusste mal wieder nicht, wann genug war. Wütend blitzte er Fei an. „Nun, scheinbar sind wir schon zwei, die Serdall Vorschriften machen. Mal sehen, welche der beiden er dann annehmen wird“, zischte er. „Außerdem, wie soll ich Serdall belästigen, wenn ich dann gar nicht mehr hier bin? Etwas schwierig, nicht wahr? Erst denken, dann reden. Macht sich ab und an ganz gut.“ Fei grinste selbstzufrieden und lehnte sich zurück. „Ich habe ihn nicht betrogen, so wie du. Ich will nur das Beste für ihn und du weißt selber, dass du das definitiv nicht bist, so egoistisch du dich ihm gegenüber benimmst“, meinte Fei gelassen. „Er gibt dir eine letzte Chance und du wirst es wieder vermasseln, das verspreche ich dir. Schließlich redest du jetzt schon von dem Fall, der sicherlich eintreten wird.“ „Es reicht jetzt!“, schrie Serdall zittrig dazwischen und erhob sich. „Daniel, halt jetzt einfach die Klappe, ja? Du hast mir versprochen, dich zusammenzureißen.“ „Serdall, seine Versprechen halten nicht viel, das weißt du“, sagte Fei von der Seite her. „Du kannst bitte auch deine Spitze Zunge zurückfahren, okay? Mir ist das alles nur zu gut bewusst und es ist mein Leben“, knurrte Serdall vernichtend und schnappte seine Krücken, um einfach aus dem Zimmer zu humpeln. Er hatte schlichtweg von den beiden genug. Mit jedem einzeln wurde er fertig, aber nicht wenn sie sich stritten, es um ihn selbst ging und er auch nicht wirklich mit der Situation klarkam. Ende Kapitel 11 Kapitel 12: ------------ Kapitel 12 „Klasse“, ätzte Daniel und warf Fei einen Blick zu, der all die Abneigung enthielt, die er gegen diesen Mann empfand. „So, und was machen wir jetzt, wo wir nur noch zu zweit sind? Magst du mich wieder verprügeln oder schlägst du was Anderes vor?“ „Das meine ich“, knurrte Fei. „Serdall leidet unter deiner Art, aber du kapierst es nicht, oder? Macht es dir Spaß, dich zwischen zwei Brüder zu stellen? Du hast Serdall wieder und es ist dir erneut scheißegal wie er sich fühlt. Wie wäre es, wenn du mal nicht nur an dich und dein gekränktes Ego denkst?“, fauchte Fei und lehnte sich zurück. Serdall hatte ihn gebeten Daniel in Ruhe zu lassen und es machte die Situation seines Bruders nicht besser, wenn er sich von Daniel in kindische Streitereien ziehen ließ. Und das schien Daniel leider viel zu gern zu tun. Sich mit Fei streiten. „Es ist mir bestimmt nicht egal, wie sich Serdall fühlt“, zischte Daniel. „Wir haben uns wohl beide nicht so toll benommen. Wird nicht gerade das Schönste für Serdall sein, wenn wir zwei uns streiten. Immerhin sind wir wohl mit die wichtigsten Menschen in seinem Leben.“ Daniel runzelte die Stirn und musste erst einmal selbst über seine Worte nachdenken. Warum dachte er erst jetzt daran? Scheinbar war dieses Wissen schon immer in ihm gewesen, warum war es erst jetzt greifbar? Wenn Serdall sich mit Charline so dermaßen in die Haare bekommen würde, dann wäre das für ihn auch nicht sehr prickelnd. Diese beiden Geschwister-Freund-Vergleiche konnte man wohl aufeinander anwenden. Daniel seufzte. Gut, Fei und er hatten ihre Differenzen, aber eigentlich müsste man die auch wie erwachsene Leute klären können. „Schön, dass dir das auch mal klar wird“, knurrte Fei. „Und auch wenn ich es nicht gern zugebe, du bist für ihn neben Taki mit der wichtigste Mensch in seinen Leben. Ich kann zwar nicht verstehen, warum und überhaupt wie er dich lieben kann, wo du einfach ein totaler Egoist bist, aber wenn er dich unbedingt will, soll er dich haben. Ich stelle mich dem bestimmt nicht noch einmal in den Weg. Ich lerne im Gegensatz zu dir aus meinen Fehlern. Und falls du denkst, dass ich Serdall das mit Japan eingeredet habe, vergiss es. Es war seine eigene Entscheidung. Ich bin nicht der, der Serdall hier irgendetwas einredet. Er wollte meine Unterstützung, die hat er bekommen.“ Entschieden schüttelte Daniel den Kopf. „Ich denke nicht, dass er so einfach nach Japan abhauen würde. Es würde zu viele Leute unglücklich machen. Vielleicht hast du dieses Mal nur passiv auf ihn eingewirkt, aber damals bei Kai hast du deine Ansichten in der Hinsicht schon klargemacht.“ „Habe ich und ich habe gesehen, was es gebracht hat, oder? Ich riskiere es sicher nicht noch einmal, meinen Bruder zu verlieren. Und bei dir sehe ich leider die potenzielle Gefahr, auch wenn du denkst, dass du so schrecklich gut für ihn bist. Es gibt eben diese extremen Momente bei euch, bei denen ich mir eben Gedanken machen muss, ob ich Serdall einfach blindlings weitermachen lassen kann. Diesmal will er es eben noch einmal probieren, okay. Aber sei dir sicher, er wird danach alles hinter sich lassen, egal welche Menschen er da verletzt. Taki wird wirklich gut bei uns aufgehoben sein. Meine zweite Tochter ist im selben Alter wie er. Es würde gutgehen, glaub mir und Serdall weiß das, nur du willst es nicht wahrhaben.“ Daniel dachte kurz über Feis Worte nach. Vielleicht wäre Japan doch eine Alternative? So konnte Serdall alle Enttäuschungen hinter sich lassen und Taki sprach die Sprache und kannte zumindest seine Familie. Aber generell brauchte er sich da eigentlich überhaupt keine Gedanken drüber machen. Immerhin würde Serdall gar nicht die Option benötigen, das Land zu verlassen. Dieses ganze Gerede darüber machte Daniel nur so total unsicher. „Sag mal“, fragte er Fei plötzlich, „denkst du wirklich, dass ich so egoistisch bin?“ Fei war nicht gerade jemand, den Daniel zu seinem Freundeskreis zählen würde, eher zum Kreis seiner Feinde, allerdings konnte man wohl mit eher fremden Leuten, denen man nicht so nahe stand, über solche Dinger anonymer sprechen und irgendwie auch freier. Fei zog eine Augenbraue nach oben. Warum fragte Daniel gerade ihn das? Er überlegte einen Moment und nickte dann. „Du bist ein Egoist“, meinte er dann überzeugt. „Zumindest soweit ich das beurteilen kann. Schließlich geht es in erster Linie um deine Meinung, nicht wahr? Dir muss immer erst jemand erklären wie Serdall sich fühlt, was meistens Dustin ist, wie mir das Serdall berichtet hat. Zeigt das nicht, dass du ziemlich ignorant bist? Es soll sich ja gebessert haben, aber in dieser Diskussion eben hat man wieder gesehen, dass du eben deine Meinung ausspucken musst, auch wenn du nicht viel dazu beizutragen hast. Dass das Serdall verletzt, sollte dir klar sein. Schließlich provozierst du mich und Serdall kann das ehrlich gesagt nicht ab. Wie meinte er das damals am Telefon?“, fragte sich Fei einen Moment selbst. „Kopflos, ja ich glaube das war das Wort. Und das ist wohl das, was ich eher als egoistisch und selbstsüchtig ansehe. Er glaubt, dass du nichts dafür kannst, dass du eben ein ‚Schussel‘ bist, aber mal ehrlich, das ist bloß seine rosarote Brille. Ein ‚Schussel‘ schläft nicht mit Serdalls Schwager.“ Daniel nickte und biss sich auf die Lippe. Eine ehrliche Meinung eines außenstehenden Beobachters war wohl mal ganz gut. Zumindest würde Serdall ihm das so nie sagen und Dustin mochte ihn wohl auch viel so sehr, um ihm diese Charakterzüge aufzuzeigen. So wie Fei es darlegte war Daniel eigentlich fast selbst davon überzeugt, dass er vor allem in der Beziehung mit Serdall nur für sich lebte. „Und was meinst du, soll ich für Konsequenzen daraus ziehen?“, wollte er leise von Fei wissen. Fei schlug sich mit einer Hand vors Gesicht. War das jetzt wirklich Daniels ernst? Eben erklärte er das Ganze und jetzt fragte Daniel schon wieder nach anderer Leute Rat, damit er bei Serdall alles richtig machte? „Glaub mir, so gern wie Dustin habe ich dich ganz sicher nicht. Die Leier kannst du bei ihm abziehen. Ich gebe dir dahingehend keine Ratschläge. Das hast du in meinen Augen nicht verdient, genauso wie ich denke, dass du Serdall einfach nicht verdient hast.“ „Wenn ich mich bessern möchte und bislang scheinbar nicht wirklich kapiert habe, was in meinem kranken Hirn abgeht, da ist es doch wohl besser, dich um Rat zu fragen, als deinen Bruder durch irgendwas, das ich mal wieder durch meine Engstirnigkeit nicht sehe, zu verletzen. Denn immerhin sind wir jetzt wieder zusammen und auch wenn mein Egoismus jetzt wieder zum tragen kommt, möchte ich mich nicht wieder von Serdall trennen“, erwiderte Daniel aufgebracht. „Du wirst dich wohl auch nie von ihm trennen. Er wird sich von dir trennen“, ließ es Fei sich nicht nehmen Daniel diesen feinen Unterschied aufzuzeigen. „Aber einen Rat kann ich dir wohl mal geben. Sei nicht so egoistisch“, sagte Fei mit einem falschen Lächeln und klappte seinen Laptop wieder auf. „Aber vielleicht bist du es ja auch gar nicht und Serdall ist der Egoist?“, fragte sich Fei plötzlich noch. „Nun, es ist wohl die Frage, wer wen mehr verletzt mit seiner Art und Weise und ich glaube, da gehen momentan viele Punkte auf dein Konto, oder? Da würde ich den Gedanken ansetzen“, meinte Fei nun doch noch und sah wieder zu Daniel. Vielleicht half er dadurch Serdall doch ein wenig. „Dann kannst du beim Alltäglichen weitermachen. Du weißt, dass Serdall eben sehr sensibel ist, auch wenn er es nicht jedem zeigt und ich behaupten möchte, dass das in der Zeit mit dir auch ziemlich abgenommen hat. Er stumpft wohl ab oder so. Zumindest ist er nicht mehr so, wie er zu Louises Zeiten war, soviel ist sicher. Ich merke das wohl am besten, weil ich ihn eben so selten sehe. In letzter Zeit erlebe ich ihn leider auch nur in diesen Krisensituationen und da solltest du mich als Bruder verstehen, dass das mich ganz schön mitnimmt.“ Fei seufzte und strich sich einmal fahrig über die Stirn. „Du sollst einfach auf ihn aufpassen, okay? Er hat jetzt genug durch und liebt dich leider so sehr, dass er eben einfach alles an dir akzeptieren möchte, auch wenn es ihm extrem schwer fällt. Er ist eben ein Romantiker und es macht ihm leider auch etwas aus, dass du diese Art oft ins Lächerliche ziehst. Mittlerweile ist er es wohl eher leid, romantisch zu sein, so wie ich das mitbekommen habe.“ Sie hatten wirklich viel am Telefon besprochen. Besonders wenn Daniel mit Jana beschäftigt war, rief Serdall ihn an und sie redeten meist sehr lange, was Fei eigentlich nicht von Serdall gewöhnt war. Daniel nickte dumpf. „Danke“, meinte er leise und lächelte leicht, auch wenn ihm innen drin momentan ganz und gar nicht zum Lächeln zumute war. „Sag Serdall bitte, dass ich für eine Stunde weg bin. Ich muss kurz nachdenken.“ Ehe Fei etwas erwidern konnte war Daniel schon aus dem Raum gegangen, hatte sich im Flur Schuhe und Jacke angezogen und war hinaus in den kalten Februar marschiert. Die letzten Wintertage waren eklig feucht und draußen herrschte durch den scheinbar pausenlos wolkenbehangenen Himmel jetzt gegen Abend schon tiefste Dämmerung. Daniel strebte zum Spielplatz und setzte sich auf eine der beiden Schaukeln. Irgendwie war das hier so eine Art Rückzugsort für ihn geworden. Fei hatte Recht, das fiel ihm jetzt erst richtig auf. Er verletzte Serdall in vielen Punkten. Es ging nicht nur um seine Seitensprünge, sondern auch um den alltäglichen Umgang, die Vernachlässigung durch Jana beispielsweise. Er hatte wieder geschrien, nach Jana geschrien, sie bekommen und sich keine richtigen Gedanken über das Danach gemacht. Konsequenz war nun, dass er sich ab und an überfordert fühlte und Serdall wohl derjenige war, der am meisten unter der Situation zu leiden hatte. Daniel liebte Jana und würde sie nie wieder weggeben wollen. War das jetzt auch egoistisch? Nein, das war wohl eher ein grenzwertiger Punkt. Erschreckend war, dass Daniel nie wirklich wahrgenommen hatte, wie negativ er sich in der letzten Zeit ihrer Beziehung entwickelt hatte. Anfangs war es noch anders gewesen, das konnte er mit Bestimmtheit sagen. Ihre Probleme waren auch erst in letzter Zeit aufgetreten, was wohl ein Indiz dafür war, dass seine Veränderung sich scheinbar erst schleichend ab der Zeit vor einem Jahr entwickelt hatte. Zumindest kleinere Unstimmigkeiten im Alltag konnte Daniel dahin zurückführen. Aber warum hatte er nicht gemerkt, dass er nach und nach immer egoistischer wurde und viel zu viele Sachen für sich beanspruchte oder verlangte, dass sie nach seinem Willen liefen? Dieser generelle Egoismus war allerdings bestimmt auch mit daran schuld, dass Serdall sich so verändert hatte. Der Alltagsegoismus und die Seitensprünge hatten ihn wohl tatsächlich ziemlich abstumpfen lassen. Wenn Daniel so darüber nachdachte, hatte Serdall sich schon ziemlich seinen Vorlieben angepasst. Sei es im Bett, vom Zeitmanagement oder auch nur bezüglich besonderer Wünsche wie einem zweiten Hund. Die schlimmste Reaktion von Serdall war wohl die gewesen, dass er ihm die Seitensprünge erlaubt hatte. Wie konnte eine Beziehung, die wirklich auf Liebe basierte, damit überleben? Was waren das für Opfer, die Serdall bereit war für ihn zu bringen? Wenn sie tatsächlich schon in diese Größen gingen, was hatte er dann nicht schon für Daniel geopfert, dass er sogar bereitwillig das tun würde? Energisch schüttelte Daniel den Kopf. Darüber wollte er dann lieber doch nicht nachdenken. Er musste unbedingt etwas ändern. Er liebte Serdall, daran bestand kein Zweifel. Diese Beziehung schien momentan viel zu einseitig zu sein. Serdall gab, Serdall erduldete, Serdall sagte ja und Amen. Das konnte so nicht weitergehen, wenn Daniel nicht wollte, dass alles in die Brüche ging. Wenn er allein schon darauf achtete, wie glücklich Serdall gewesen war, dass Daniel auf ihn im Bett Rücksicht genommen hatte, riss es ihm fast das Herz heraus. War das nicht eigentlich selbstverständlich? Aber scheinbar war es für Serdall schon zur Gewohnheit geworden, dass alles nach Daniels Nase lief. Seufzend legte Daniel für sich fest, dass er mehr auf Serdall eingehen würde. Viel mehr. Aber am besten nicht allzu offensichtlich, damit es ihm nicht sofort auffiel, er abblockte oder ein klärendes Gespräch verlangte. Das wäre etwas, zu was Daniel wohl nicht in der Lage war. Diese Gefühle und dieses Wesen in sich wollte er lieber auch dort lassen, nämlich ganz fest in seinem Inneren verschlossen. Mit ein wenig mehr Elan, aber immer noch ziemlich trübsinnig gab Daniel sich ein wenig Anschwung und ließ die Schaukel dann langsam auspendeln. „Serdall?“ Fei trat in Takis Kinderzimmer ein, in dem Taki, Jana und Serdall mit Bauklötzen spielten. Serdall strich Taki gerade lächelnd durch die Haare, bevor er sich zu Fei umdrehte. „Wo ist Daniel?“, fragte er als erstes als er seinen Bruder sah. „Er ist spazieren. Kommst du kurz? Ich würde gern noch einmal mit dir unter vier Augen sprechen“, meinte Fei und Serdall nickte. Er küsste Taki kurz auf die Stirn. „Pass schön auf unsere junge Dame auf, ja? Dafür bekommst du auch etwas, okay?“ Taki nickte glücklich und drückte Serdall noch einmal. Serdall schnappte sich seine Krücken und humpelte Fei hinterher. Im Flur blieben sie einander gegenüber stehen und Fei ergriff das Wort. „Du weißt hoffentlich, was du dir zumutest? Ich stelle mich deiner Entscheidung nicht entgegen, aber ich sehe es ungern mit an.“ „Er wird mich nicht enttäuschen, Fei. Es war eine Ausnahmesituation, weil Dustin sein Ex ist“, sagte Serdall, doch man sah ihm an, dass ihn allein die Erinnerung schmerzte. „Betrogen ist betrogen, Serdall. Du redest dir das irgendwie schön und das weißt du. Schwöre, dass es für dich das letzte Mal sein wird, dass du ihm verzeihst, dass du danach nach Japan kommst und endlich loslässt“, verlangte Fei und legte eine Hand auf Serdalls Schulter, um ihm ernst in die Augen zu sehen. Serdall erwiderte den Blick unsicher. Er wollte die Möglichkeit behalten, bei Daniel zu bleiben. Wer wusste schon, ob es das nächste Mal eine bizarre und misszuverstehende Situation war? Serdall stockte. Fand er etwa jetzt schon Entschuldigungen für Daniel? Entschieden schluckte er, um den Klos aus seiner Kehle zu vertreiben und klar zu sprechen. „Ich schwöre es dir“, antwortete Serdall fest und Fei nickte zufrieden, ehe er die Arme um Serdall schloss. „Es ist schön, dass es dir körperlich besser geht und du nicht mehr im Krankenhaus bist“, flüsterte er an Serdalls Ohr und jener erwiderte die Umarmung einhändig. „Danke, dass du hier bist, Fei“, seufzte Serdall. „Und ich habe mich auch noch nicht bedankt, dass du Taki und Jana zurückgeholt hast und all die anderen Dinge für mich bewerkstelligt hast“, seufzte Serdall schief lächelnd. „Wozu ist dein großer Bruder denn sonst da? Du würdest dasselbe auch für mich tun“, erwiderte Fei überzeugt und Serdall nickte aufrichtig. Ja, das würde er. Seufzend betrat Daniel wieder das Haus. Es war höchste Zeit Abendessen zu machen und durch den ganzen Stress in der letzten Woche war ihre Kochplanung ziemlich durcheinandergeraten. Da Dustin so viel zu tun hatte, wollte er sich einfach ohne zu murren ans Essen machen, vor allem da er etwas plante, das Serdall sehr gerne aß. Er schwankte zwischen Spinat und einfach Sushi bestellen, doch als Daniel in die Küche kam und Dustin schon Kartoffeln schälen sah, war seine Entscheidung eigentlich klar. „Du bist ja schon hier“, merkte Daniel etwas überrascht an. Er hätte erwartet, dass Dustin sich ums Kochen drücken würde, weil er ohnehin nicht so gern den Löffel schwang und wirklich etwas im Stress war. Dustin sah von seiner Arbeit auf. Sein nachdenklicher Ausdruck wechselte in ein fahles Lächeln. „Na ja, ich brauch gerade irgendwie eine Pause von dem ganzen Schulkram“, seufzte er halblaut, zerschnitt eine Kartoffel und ließ sie in den halbvoll mit Wasser befüllten Topf plumpsen. „Mit Serdall alles wieder in Ordnung?“, fragte er und wandte sich wieder seiner Schälarbeit zu. „Ja“, meinte Daniel und ging in Richtung Tiefkühlfach, um den Spinat rauszuholen. „Wir haben vorhin auch mit Fei gesprochen und nach einer hitzigen Diskussion hat er dann doch zurückgesteckt. Ich denke jetzt wo alles geklärt ist, wird er dann demnächst auch wieder zurück nach Japan fliegen. Immerhin ist er schon wieder ziemlich lange hier und das erneut unerwartet, sodass wohl doch wieder etwas Chaos dort ausgebrochen ist.“ Daniel verschwieg sein eigenes Gespräch mit Fei. Irgendwie hatte er wohl nicht die mentale Kraft, um sich seinen Charakterproblemen auch vor Dustin zu stellen. Solange er sie erkannt hatte und Abhilfe schaffte, würde es allerdings reichen. „Echt, ich freu mich für dich“, meinte Dustin, schälte das letzte Stück und schmiss die Schale in den Abfalleimer. Er setzte den Topf auf und sah dann etwas bedrückt zu Daniel. „Meinst du, er wird mich immer noch rauswerfen? Irgendwie wird mir jetzt erst klar, dass mich das mehr mitnimmt als gedacht“, seufzte er halblaut und strich sich durch die Haare. Er würde das Alles hier so schrecklich vermissen. Taki, Daniel und Serdall auch. Hier hingen so viele Erinnerungen dran und auch so eine verdammt geile Zeit, dass er sich langsam aber sicher echt bescheuert vorkam, weil er das mit Daniel getan hatte. „Ich weiß es nicht“, seufzte Daniel und stellte den Herd an. „Momentan ist er wohl gut drauf, weil mit Fei alles positiv gelaufen ist. Und vorhin hat er auch seine Krücken bei sich behalten, als du mit Jana reingekommen bist und sie nicht nach dir geworfen, obwohl das von dir echt eine blöde Aktion war. Er ist wütend auf dich, das ist wohl klar, aber ich hege noch die Hoffnung, dass alles so bleibt, wie es war.“ Dustin nickte mit zusammengekniffenen Lippen und setzte sich etwas schwach an den Tisch. „Ich rede besser erst morgen mit ihm. Langsam läuft nämlich seine Frist aus“, meinte er und fegte mit der Hand ein paar Krümel von der Tischplatte. „Fei überrascht mich“, murmelte er. „Ich hätte gedacht, dass er es diesmal wieder voll durchzieht und Serdall mit allen möglichen Dingen beeinflusst, aber da hab ich mich wohl geirrt.“ „Er weiß, dass es übel ausgehen kann, wenn er Serdall seine Wünsche aufzwingt“, erklärte Daniel. Er setzte sich zu Dustin an den Tisch, während die Kartoffeln langsam anfingen zu kochen. „Serdall hätte sich das letzte Mal umgebracht, wenn Fei weiterhin an seinen Vorstellungen festgehalten hätte und das wollte er wohl kein zweites Mal riskieren. Außerdem hat Serdall ihm dieses Mal auch ausführlich erklärt, wie er die Sache sieht und Fei hat es entweder eingesehen, was ich nicht denke, oder eben einfach diese Art der Dinge akzeptiert, weil er nichts dagegen tun kann.“ „Es steht ihm ja auch nicht zu, sich andauernd in Serdalls Leben einzumischen“, seufzte Dustin und legte dann den Kopf schief, als er Daniel ernst ansah. Er musterte Daniel einen Moment, die raspelkurzen Haare, die langsam begannen nachzuwachsen, die hellblauen, freundlichen Augen, das attraktive Gesicht, mit der geraden Nase und dem Schönheitsfleck auf der einen Wange, der sinnliche Mund, der gerade etwas missgestimmt verzogen war. „Sag, bist du glücklich, dass jetzt alles wieder gut ist oder stimmt irgendetwas nicht?“ Überrascht sah Daniel ihn an. Das brauchte er noch nicht einmal zu spielen. Woher wusste Dustin schon wieder, dass eben nicht alles stimmte und er gerade nicht gänzlich glücklich war? Allerdings würde Daniel mit ihm dieses Mal nicht darüber reden. Dustin würde die ganze Sache wohl abschwächen und das war jetzt etwas, das Daniel mit sich selbst ausmachen musste, weil es auch nur um ihn ging. „Natürlich bin ich glücklich“, antwortete er Dustin deswegen. „Warum sollte ich auch nicht glücklich sein. Ich habe alles wieder, was ich mir erhofft hatte.“ Eine Augenbraue wanderte in Dustins Gesicht fragend nach oben und er sah Daniel forschend ins Gesicht. Doch Daniel erwiderte den Blick fest, was Dustin irgendwie irritierte. „Na dann ist doch alles in Ordnung“, meinte er gespielt zufrieden. Wenn Daniel nicht reden wollte, dann würde sich Dustin nicht aufzwingen. „Und wenn mich Serdall noch hier wohnen lässt, dann ist wohl alles wieder perfekt“, meinte er mit einem schiefen Grinsen und strich Daniel einmal über die kurzen Haare, ehe er aufstand und die Kaffeemaschine betätigte. Er hatte noch viel Arbeit vor sich, da würde ein wenig Koffein nicht schaden. „Kaffee zum Abendbrot?“, fragte Daniel und verzog angewidert das Gesicht, während er sich wieder an den Herd begab, wo die Kartoffeln schon vor sich hin kochten und der Spinat bereits im Topf aufgetaut war. Er schlug noch einige Eier in die Pfanne und ließ alles dann wieder allein garen. „Bin mit meiner Arbeit noch nicht fertig und am Abend kann ich mich immer kaum noch konzentrieren“, seufzte Dustin mit einem schiefen Lächeln und lehnte sich schwer gegen die Anrichte. „Ethan muss ich nachher auch noch beglücken“, grinste er nun wirklich und zwinkerte Daniel zu. Sein kleiner Engländer war heut Abend die Entspannung und die Belohnung, zumindest hatte ihm Ethan versprochen ihn besonders zu verwöhnen. Verträumt starrte Dustin kurz in den Raum und schüttelte dann versaut grinsend den Kopf. „Ihr zwei seid echt unmöglich“, erwiderte Daniel ebenfalls grinsend. „Aber es freut mich, dass es wieder so gut zwischen euch läuft. Und wenn ich dich so sehe frage ich mich echt, ob ich den richtigen Studiengang gewählt habe. Allerdings muss ich in der Grundschule vielleicht nicht ganz so viel tun. Diese Hoffnung habe ich ja noch.“ „Ach und wenn du keine Lust auf Arbeit hast, bist du eben lieb zu Serdall und der gibt dir monatlich Taschengeld“, flötete Dustin, doch bei Daniels angeekeltem Gesicht lachte er laut. „In der Grundschule wirst du es denke ich nicht wirklich schwer haben. Die Kleinen schreiben ja noch nicht so viele extrem schwere Tests. Da wird das Korrigieren einfach und die Oberstufe ist wirklich eine Spur anstrengender“, meinte Dustin mit einem Schulterzucken. „Mir macht es trotzdem Spaß.“ „Merkt man“, gab Daniel zurück. „Zumindest war der Unterricht bei dir immer echt gut. Mir hat er zumindest Spaß gemacht.“ „Verständlich“, kicherte Dustin nun. „Du hast mir aber auch immer auf den Hintern gestarrt“, behauptete er verschmitzt und streckte Daniel die Zunge heraus. „Haha“, grummelte Daniel verstimmt. „Wenn ich dir nur auf den Arsch geglotzt hätte, wäre ich wohl kaum so gut im Unterricht gewesen, oder?“ „Dein Glück, dass ich viel mehr in die Klasse gesprochen habe, als dass ich an der Tafel stehe und etwas ankreide“, erklärte Dustin. „Du wärst so aufgeschmissen gewesen, wenn ich dir mehr den Rücken zugedreht hätte.“ „Das denkst du“, gab Daniel jetzt triumphierend zurück. „Aber wenn du mal an die Rollenverteilung denkst, wie sie zwischen uns üblich gewesen ist, hätte mich deine Front um ein Vielfaches mehr interessiert, als deine Rückansicht.“ „Also wirklich, da sieht man in meinen Anzugshosen nun wirklich nichts. Da hast du wieder nur Glück gehabt“, hielt Dustin wieder dagegen und reichte Daniel den Kochlöffel, damit der den Spinat umrührte. „Tja, dann musst du mir wohl einfach glauben, dass dein Unterricht auch um des Unterrichts Willen gut war und nicht nur auf Grund des Lehrers. Kommt ja eigentlich auch dir zugute. Ich weiß gar nicht, warum du die ganze Zeit versuchst, das so abzuschwächen“, meinte Daniel jetzt überlegend. „Naja, guter Unterricht und spaßiger Unterricht sind meiner Meinung nach zwei verschiedene paar Schuhe“, meinte Dustin schulterzuckend. „Und das ich eben gut in Englisch bin, liegt ja wohl überwiegend daran, dass ich gebürtiger Amerikaner bin. Deswegen wohl“, seufzte Dustin. „Ach, ist ja auch egal. Jana ist oben?“ „Ich denke“, erwiderte Daniel schulterzuckend. „Ich habe sie vorhin bei Taki abgegeben, als ich mit Serdall zu Fei gegangen bin. Und dein Unterricht ist nicht nur spaßig, sondern auch im richtigen Maße streng. Dass du so gut englisch sprichst, macht das Ganze natürlich auch nochmal besser, denn immerhin ist man sich bei dir sicher, dass du einen korrekt verbesserst und das genäselte Schulenglisch einiger anderer Lehrer ist einfach nur schrecklich. Das wollte ich noch abschließend sagen.“ Er grinste Dustin an und probierte den Spinat. Fahrig strich sich Dustin durch die Haare und begann nun ehrlich zu lächeln. „Danke, du brauchst mir nicht zu schmeicheln“, lachte er nun und hauchte einen Kuss auf Daniels Wange. „Hoffe, das ist noch erlaubt?“, fragte er schuldig und sah vorsichtig zur Tür, falls man sie beobachtete. „Ich glaube, zumindest in nächster Zeit ist es wohl erst einmal untersagt“, seufzte Daniel. „Ein einfaches Danke tut es auch. Außerdem habe ich dir nicht geschmeichelt, sondern die Wahrheit gesagt und nichts als die Wahrheit, so wahr mir Gott helfe, ich schwöre.“ „Ist ja schon gut“, knurrte Dustin etwas gequält. „Glaub mir, ich weiß, dass ich gut bin. Ich wollte dich doch einfach nur ein bisschen aufziehen“, seufzte er ergeben und knuffte Daniel in die Seite. „Du Blödmann“, meinte er. „Bohrst solange, bis ich nachgebe.“ „Klar“, antwortete Daniel schlicht. „Ich liebe es, gegen dich zu gewinnen und dich am Boden zu sehen.“ Lachend wich er Dustins gespieltem Schlag aus und hielt schützend den Spinatlöffel vor sich. „Weiche von mir, sonst hast du gleich ganz unschöne grüne Flecken auf deinem blütenweisen Hemd“, drohte er. Dustin schnappte sich den Schneebesen von der Halterung an der Wand und hielt ihn in Daniels Richtung. Breit begann er zu grinsen. „Na komm doch her, du Wicht“, rief er und schlug frontal gegen den Spinatlöffel, sodass Daniel das Zeug ins Gesicht bekam. Was die beiden nicht mitbekamen war Serdall, der einen Moment in der Küchentür erschien. Als er die beiden miteinander schäkern sah, ging er wieder in den Flur und lehnte sich draußen neben die offene Tür, lauschte Dustin und Daniel mit verbissenem Gesicht. „Dustin Canter, ich hasse dich. Weißt du, wie scheiße Spinatflecken rausgehen?“, jammerte Daniel, der wie Dustin Serdall nicht bemerkt hatte. „Du musst nicht waschen, das bleibt alles an mir hängen.“ „Du kleine Mimose. Ich dachte, du bist ein Mann? Welcher Mann weint denn bitte über Spinatflecken?“, lachte Dustin und schlug wieder mit dem Schneebesen gegen Daniels Löffel, was Daniel bald zum Überkochen brachte. Im Flur lächelte Serdall kopfschüttelnd. Und die beiden sollten erwachsen sein? Er seufzte leise. „Ich bin schwul, falls es dir noch nicht aufgefallen ist“, ließ sich Daniel jetzt vernehmen. „Ich darf mich über Spinatflecken aufregen und die Frauen finden das sogar noch süß.“ Er machte einen schnellen Schritt nach vorn und schmierte Dustin den Löffel einmal quer durch das Hemd. „Hier, da hast du deinen Fleck. Deine Wäsche wasche ich die nächste Woche nicht, dann werden wir sehen, wer über den Spinatfleck auf seinem Lieblingshemd weint“, stellte er befriedigt fest. „Ihh, du bist widerlich“, knurrte Dustin und fasste mit einer Hand in den lauwarmen Spinat, um ihn Daniel auf die Wange zu klatschen. „Rache“, surrte er leise und brachte sich dann vor Daniel in Sicherheit, indem er den Tisch zwischen sie brachte. Kochend vor Wut schnappte Daniel sich den Topf und stellte sich knurrend auf die andere Seite des Tisches. „Entweder du kommst zu mir und lässt dir den Inhalt über den Kopf kippen oder ich schmeiß das Zeug auf gut Glück nach dir und du darfst es dann eigenhändig von der Tapete abkratzen“, knurrte Daniel gefährlich und er meinte es wirklich so, wie er es gesagt hatte. „Kannst auch tapezieren, dann hätten wir das Haus fast schon einmal durch.“ „Du spinnst wohl“, meinte Dustin und tippt sich gekonnt an die Stirn. „Ich werde mir ganz sicher das Zeug nicht über den Kopf schütten lassen, du Knallkopf“, grummelte Dustin und hockte sich halb hin, damit er, falls Daniel wirklich etwas warf, unter den Tisch krabbeln konnte. Daniel wollte empört ansetzen zu sprechen, doch er hielt erstarrt inne, als Serdalls Stimme von der Tür erklang. „Daniel, es wäre sehr lieb, wenn du das jetzt lassen würdest“, meinte er und humpelte zu ihm. Daniel schluckte erschrocken und nickte leicht. „Ja, entschuldige“, murmelte er und stellte den Topf wieder auf den Herd. Serdall schien schon länger an der Tür gestanden und ihnen zugehört zu haben. War er nicht eher reingekommen um zu sehen, was sich zwischen ihm und Dustin vielleicht noch entwickelte? Mit einem mulmigen Gefühl im Magen wischte Daniel sich den Spinat von der Wange und richtete seinen Blick dann wieder auf die kleine Runde in der Küche. War es für Serdall okay, dass er mit Dustin rumgealbert hatte? Serdall lächelte leicht und beugte sich zu Daniel, um noch Spinat von seinem Hals zu lecken, der dort noch klebte. „Schon okay“, flüsterte er und küsste Daniel auf die Wange. „Aber ich hab wirklich keine Lust auch noch die Küche tapezieren zu lassen“, seufzte er und sein Blick glitt noch einmal kurz zu Dustin, der unbehaglich auf der Stelle trat und mit einem Taschentuch an seinem Hemd herum wischte. Kurz sah Daniel zwischen den beiden hin und her, dann beschloss er sie allein zu lassen. Dieser Zeitpunkt war wohl genauso gut wie jeder andere, um ihre Differenzen entweder zu klären oder die Sache erst einmal zu beenden. „Ich geh mal den anderen Bescheid sagen, dass es gleich Essen gibt“, verkündete und verließ die Küche. „Daniel?“, rief Dustin ihm panisch hinterher, doch Daniel winkte nur noch ab und verschwand. Serdall sah seinem Freund einen Moment hinterher, ehe er seufzend zum Tisch humpelte und sich setzte, die Krücken gegen den Stuhl neben sich lehnend. „Dustin, setz dich“, murrte Serdall kühl und Dustin kam Serdalls Aufforderung nach, wobei er ziemlich nervös wirkte. „Hast du dir schon eine neue Bleibe gesucht?“, fragte Serdall geradeheraus. In Dustins Gesicht zeichnete sich ein gequälter und zugleich enttäuschter Zug und er nickte. „Ich hätte eine Wohnung, der Mietvertrag ist aber noch nicht unterschrieben“, seufzte er leise und lehnte sich zurück. „Es ist wohl wirklich besser, wenn ich bei dir und Daniel nicht mehr dazwischenfunke“, meinte er nun selbstsicherer und lächelte Serdall schief an. „Trotzdem tut mir die ganze Sache leid, Serdall. Besonders, dass es für dich so schmerzvoll gekommen ist. Ich kann mir denken, dass dich dein rechter Arm wohl mehr stört, als alles Andere.“ Serdall verzog genervt das Gesicht. Dustin zeigte ihm mal wieder, wie gut er ihn doch kannte. „Sag mir mal ehrlich“, seufzte Serdall im nächsten Moment, „was du von meiner Entscheidung hältst. Was denkst du darüber, dass ich Daniel wieder einmal verziehen habe?“, fragte er und sah Dustin ernst in die Augen. Es interessierte ihn. Daniel hielt sich bei dieser Frage eher zurück, schließlich war er froh, wenn Serdall bei ihm blieb, obwohl er es wohl auch verstanden hätte, wenn Serdall sich getrennt hätte. „Ganz ehrlich?“, murmelte Dustin nachdenklich und stützte sein Kinn in seine Hand. „Ihr gehört einfach zusammen, Serdall. Das zwischen mir und ihm war Sex, ja. Triebhafter Sex. Bei dir hingegen hat er die Liebe. Er liebt dich und du ihn, das ist viel wichtiger und er wird das nie wieder tun. Wenn er mit einem Anderen als mir geschlafen hätte… dann hätte ich deine Entscheidung nicht toleriert, dann hätte er es nicht verdient. Aber so ist es dir richtige Entscheidung, für euch beide.“ Dustin sah Serdall in die blaugrünen Augen und lächelte verschmitzt. „Oder glaubst du wirklich, dass du ohne ihn auskommen könntest? Du bist hoffnungslos in ihn verliebt. Dein Blick spricht immer noch Bände, wenn du ihn ansiehst. Falls du dich von ihm trennst, verlierst du alles“, erklärte er und Serdall schloss ergeben die Augen. Das war ernüchternd. Dustin wusste einfach genau, wie er tickte. „Gut. Und wie stehst du zu meiner Entscheidung, dich ausziehen zu lassen?“, sagte er ernst und sah Dustin wieder in die Augen. Ein Lächeln schlich sich in Dustins Züge. „Schmeiß mich einfach raus, Serdall“, entgegnete er überraschender Weise, sodass Serdall den Kopf schieflegte. „Ich hab es doch nicht verdient hierzubleiben, oder? Schließlich bin ich der letzte Dreck. Ich hätte das mit Daniel nicht zulassen dürfen, mich nicht gehen lassen sollen und verdammt nochmal, das war das Dümmste, was ich je in meinem Leben getan habe. Mehr als sagen, dass es mir leid tut, kann ich nicht.“ „Ja, das kannst du nicht“, seufzte Serdall. Daniel konnte auch nicht mehr tun und ihm hatte er verziehen. „Ich verachte dich wirklich dafür, dass du mit ihm geschlafen hast, aber dazu gehören wohl zwei und leider war Daniel auch nicht unschuldig. Für mich bleibt nur die Frage, ob ich dich rauswerfen kann, ohne Daniel nicht die Person zu nehmen, die ihm die Ratschläge gibt, die er bei mir nicht erfragen würde. Du bist nun mal ein wichtiger Mensch für ihn“, seufzte Serdall halblaut. Dustin murrte leise. „Nicht nur für ihn, sondern auch für dich, Serdall. Ehrlich, ich liebe euch beide und es wird echt hart ohne euch und die Kinder.“ Serdall nickte. Das wäre wohl wirklich eine schwere Strafe. „Außerdem, du hättest so einigen Mist ohne mich gemacht, vergiss das nicht. Ich würde dich echt gern darum bitten, dass du dieses eine Mal einfach alle meine guten Seiten mal nimmst und in einen Topf wirfst und wenn sie dann immer noch nicht genug sind, um mir das zu verzeihen, dann solltest du mich wirklich rauswerfen.“ Serdall biss sich nachdenklich auf die Lippe und erhob sich dann. Er schnappte sich seine Krücken, um einfach etwas zu tun zu haben, während er nachdachte. An der Anrichte stehend sah Serdall noch einmal zu Dustin, der ihn abwartend anblickte. Ohne Dustin hätte diese Beziehung wirklich nicht so lange gehalten und womöglich wäre Serdall schon länger unglücklich. Dustin hatte sich aber auch immer um Serdall gesorgt. Allein in den zwei Jahren nach Louise wollte Serdall nicht wissen, was aus ihm geworden wäre, wenn Dustin nicht gewesen wäre. Auch wenn er es ungern zugab, er mochte seinen Schwager, als sehr guten Freund. Und er liebte es ihn zu ärgern. Ohne Dustin würde es wohl zwischen ihm und Daniel nicht mehr so gut laufen und das wäre auch fatal. „Okay, du Chaot“, seufzte Serdall und lächelte leicht. „Du darfst bleiben, aber nur, wenn du Daniel weder küsst, noch mit ihm schläfst oder was auch immer an intimeren Sachen.“ Jauchzend sprang Dustin im nächsten Moment auf und lief auf Serdall zu. Schneller, als der gucken konnte, hatte Dustin die Arme um ihn geschlungen. „Danke, danke, danke!“, rief er glücklich in Serdalls Ohr. Der Violinist lächelte. Was wäre dieses Haus auch ohne Dustin? „Aber auf die Wange knutschen darf ich Daniel noch, oder?“, fragte Dustin plötzlich ungeniert und bekam dafür eine Kückenende auf den Fuß gejagt, sodass er schmerzlich aufheulte und sich ein wenig von Serdall löste. „Meinetwegen“, murrte Serdall und sah Dustin in das glückliche Gesicht. Kurz darauf erschien erst Daniels Nase im Türspalt und kurz darauf der ganze Kopf. Die Luft schien rein zu sein und ein Blick in den Raum zeigte eigentlich sofort, wie das Ergebnis des Gespräches ausgefallen war. Jubelnd warf er sich Serdall um den Hals und küsste ihn stürmisch. Atemlos ging Serdall darauf ein und ließ beide Krücken fallen, um seine Arme um Daniels Taille zu schlingen. „Hallo?“, murrte Dustin nun genervt. „Ich bin schließlich der, der bleiben darf und sollte geknutscht werden“, meinte er beleidigt, aber grinste dann. „Wir könnten auch zu dritt knutschen. Serdall hab ich nämlich noch nie geküsst“, flachste er und trat näher an die beiden heran, bekam aber einen Schlag von Serdall mit der Linken. „Gemein“, sagte Dustin weinerlich. Daniel löste sich wieder von Serdall und sah ihm verliebt in die Augen. Er ging nicht weiter auf Dustins Kommentar ein, sondern widmete sich lieber der großen Geste seines Freundes. „Du bist so ein netter Kerl“, meinte er lächelnd und strich Serdall leicht über die Wange. „Manchmal, ja“, spielte Serdall Daniels Worte herunter und lächelte schief. Er hatte doch gewusst, dass Dustin Daniel extrem viel bedeutete und es wohl eine Katastrophe gewesen wäre, wenn der ausgezogen wäre. Serdall musste zugeben, dass er es auch vermisst hätte, mindestens einmal am Tag einen blöden Kommentar an Dustin zu richten. Dustin grummelte Unverständliches, ehe er die Arme ausbreitete und um Daniel und Serdall legte. „Hach, ich liebe euch zwei Turteltäubchen“, sagte er theatralisch und knutschte Serdall auf die Wange. Sofort verfinsterte sich Serdalls Gesicht und er wischte sich genervt über die Wange. „Mach das noch einmal und ich überleg mir das Ganze“, knurrte er Dustin an und der löste sich sogleich, um grinsend die Hände abwehrend vor sich zu heben. „Keep cool“, lachte Dustin und machte sich dann daran, die Kartoffeln vom Herd zu nehmen, da sie schon geraume Zeit kochten. Daniel gab Serdall einen großen Schmatzer auf dieselbe Stelle wie Dustin eben und grinste ihn dann breit an. Irgendwie hatte er gerade voll das Stimmungshoch. „So, gereinigt und desinfiziert“, grinste er und deckte dann schnell den Tisch, als auch schon Taki mit Jana an der Hand zur Tür hereinkam. „Fei ist irgendwie nicht mehr da“, meinte Daniel noch, bevor sie sich alle an den Tisch setzten. Ethan kam noch schnell zu ihnen und setzte sich, nach einem Kuss auf Dustins lächelnden Mund, zu ihnen. „Er ist unterwegs. Irgendwelche Verhandlungen mit der hiesigen Mafia führen“, murmelte Serdall unbekümmert und sah schon ziemlich hungrig auf den Spinat. „Wir können bleiben“, flüsterte Dustin nun Ethan zu und der grinste überglücklich einmal in Richtung Serdall, wurde rot, als der seltsamerweise zurücklächelte und küsste dann Dustin gut gelaunt. Versucht versteckt grinste Daniel seinen Teller an und tat sich dann unschuldig Kartoffeln auf. Serdall und Ethan waren auch in den zwei Jahren noch nicht wirklich warm miteinander geworden. Bei Serdall war es wohl ein fast angeborenes Verhalten, dass er von sich aus nicht auf die meisten Leute zuging, es sei denn, er wollte etwas von ihnen und Ethan war Serdall gegenüber einfach zu schüchtern. Er war ihm wohl unheimlich und so ergänzten sich die beidem zu dem Stillstand, der schon seit ihrer ersten Begegnung vorherrschte, nämlich meist konsequentes aus dem Weg gehen. Serdall beachtete die Anderen nicht mehr. Es war verständlich, dass sich alle freuten, weil Dustin blieb, auch wenn Serdall immer noch ein wenig skeptisch war. Er behielt sich vor, Dustin trotzdem des Hauses zu verweisen, wenn es wirklich nicht ging. Sagen musste er das ja nicht. Nach dem Essen, während die Anderen den Tisch abräumten, ging Serdall mit Taki ins Wohnzimmer, um Schach zu spielen. Sein Sohn war in den letzten Tagen wohl wirklich zu kurz gekommen und Serdall war stolz auf ihn, dass er deswegen nicht jammerte oder beleidigt war. Taki sah es eben ein, dass es eine komplizierte Zeit gewesen war und Serdall verblüffte es immer wieder, dass er dieses Verständnis in diesem Alter schon aufbrachte. In das Spiel vertieft merkte Serdall nicht, wie Daniel ins Wohnzimmer trat und erschrak leicht, als er von ihm einen Kuss in den Nacken gehaucht bekam. Serdall stieß ausversehen einen Bauern um, sodass Taki begann darüber zu kichern. „Erschreck mich doch nicht so“, seufzte Serdall und hob seinen linken Arm, um Daniel kurz über den Kopf zu streichen. „Was denn, ab jetzt keine Küsse mehr von hinten?“, fragte Daniel gespielt missmutig und setzte sich mit Jana zwischen den Beinen neben Serdall auf den Boden. „Damit triffst du mich aber hart. Wer gewinnt denn bei euch beiden?“ „Taki“, murmelte Serdall und sein Sohn lachte vergnügt. „Ja, Papa hat seine Dame falsch gesetzt und da hat mein Springer die umgehauen“, erklärte Taki aufgeregt und brachte Serdall damit zum Grummeln. „Alles Absicht“, meinte er halblaut, doch als er in den nächsten Zügen von Taki ins ‚Schach‘ gebracht wurde, sah das Ganze anders aus. Als er dann auch noch von ihm Schachmatt gesetzt wurde, seufzte er resigniert. „Revanche“, murmelte er und sie bauten die Figuren wieder auf. Kurz lehnte sich Serdall zu Daniel und gab ihm einen Kuss auf die Lippen. „Du musst nicht zugucken. Ist doch langweilig für dich und die Kleine“, sagte er leise und sah Daniel fragend ins Gesicht. Überlegend schaute Daniel zurück. Nun gut, auf die Dauer würde es für ihn vielleicht schon etwas langweilig werden, aber Serdall hätte es bestimmt schon mal ganz gern, wenn Daniel bei ihm und Taki blieb. Das wäre zumindest ein kleiner Anfang des Beschlusses, den er vorhin gefasst hatte. Für ihn wäre es wohl interessanter, etwas Anderes zu machen, für Serdall wäre es schöner, wenn er ein wenig was von Daniel hatte, wenn er mit Taki spielte. Außerdem brach ihm auch kein Zacken aus der Krone, wenn er kurz etwas zuschaute. „Für Jana ist es bestimmt langweilig, aber ich finde es eigentlich mal ganz spannend zu sehen, wie dich dein neunjähriger Sohn fertig macht“, meinte Daniel schulterzuckend und stellte Jana auf die Füße, damit sie zu ihrer Spielecke laufen konnte. Serdall runzelte die Stirn. Das war ja nun mal nicht das erste Mal, dass er mit Taki Schach spielte und bisher hatte Daniel dafür überhaupt kein Interesse gezeigt. „Wenn du meinst“, murmelte Serdall und winkte Daniel heran, damit er sich auf seinen linken Oberschenkel setzen konnte, auf dem Bein, das unverletzt war. „Du hilfst mir beim Setzen, ja?“, fragte er Daniel, da es mit seinem vergipsten Arm schwer war zu spielen, ohne die Figuren umzustoßen. „Klar“, entgegnete Daniel und folgte daraufhin Serdalls Anweisungen. Er selbst kannte die grundlegenden Schachregeln, aber da hörte es bei ihm auch schon auf. Gegen seine großen Cousins und auch Charline hatte er früher eigentlich immer verloren. Taktieren schien nicht unbedingt seine Stärke zu sein und das Überlegen beim Schach auch einfach viel zu anstrengend. Das war es auch, was das Spiel so langweilig machte, wenn man nicht vollends darin aufging. Daniel wartete einfach immer nur ungeduldig auf den Zug seines Gegners, um dann selbst irgendeine Figur nach vorn zu setzten, die hoffentlich die richtige war. So ähnlich kam er sich jetzt auch vor, nur dass Serdall ihm sagte, was er machten sollte. Ab und an wanderte Daniels Blick kurz zu Jana, die allerdings eifrig an einem Bild auf ihrer kleinen Schiefertafel malte. Serdall hatte sein Kinn auf Daniels Schulter gestützt und blickte nachdenklich auf das Spiel. Er flüsterte Daniel immer den nächsten Zug ins Ohr. Mittlerweile hatte sich seine linke Hand verselbstständigt und strich sanft an Daniels Bauch auf und ab. Er hauchte Daniel glücklich einen Kuss auf den Hals, als er Takis Dame nahm und lächelte über Takis leise Meckereien, über seinen Verlust. Ende Kapitel 12 Kapitel 13: ------------ Kapitel 13 Daniel schmiegte seine Wange seufzend an Serdalls und lehnte sich immer wieder kurz leicht vor, um für ihn den nächsten Zug zu machen. Es war zu sehen, dass Serdall gerade ziemlich gut gelaunt war und so schlimm war es auch nicht, hier zu sitzen. Zumindest die Hand an seinem Bauch war nicht schlecht, wie Daniel für sich feststellte. Er ließ seine eigene freie Hand zu Serdalls Oberschenkel gleiten und dort unbestimmte Bahnen ziehen. Fast anderthalb Stunden später schlug Serdall Taki endlich. Sichtlich angefressen murrte der Kleine und ließ sich die letzten Züge noch einmal durch den Kopf gehen. „So, ab ins Bett jetzt“, meinte Serdall zu ihm. Daniel hatte zwischendurch Jana schon bettfertig gemacht und in ihr Zimmer gebracht. Taki umarmte Serdall und gab ihm einen Kuss auf die Wange und Daniel auch noch gleich einen, bevor er ‚Gute Nacht‘ sagte und nach oben ging. Leise seufzend schloss Serdall die Arme um Daniels Taille und schickte nun seine gesunde Hand unter seinen Pullover. „Warum bist du denn plötzlich so anhänglich?“, fragte er schnurrend und küsste sich über Daniels Halsbeuge. „Weiß nicht, ich habe wohl einfach Entzugserscheinungen“, schwächte Daniel ab und legte den Kopf etwas schief, um Serdall mehr Spielraum zu bieten. Er war froh, dass er Jana zwischenzeitlich hatte ins Bett bringen müssen, denn die fast zwei Stunden hätte er es garantiert nicht am Schachtisch ausgehalten. Das wäre dann auf die Dauer doch zu langweilig gewesen. So am Anfang und am Ende war es allerdings okay gewesen und das jetzt würde wohl auch eine angemessene Entschädigung werden. Außerdem war Serdall glücklich und das war die Hauptsache. „Die müssen ja sehr schwer sein, die Entzugserscheinungen“, grinste Serdall. „So oft wie du bis eben gegähnt hast, muss die Sucht nach mir verdammt schlimm sein“, flüsterte Serdall amüsiert und ließ seine Hand über Daniels Innenschenkel streifen, während er sich über Daniels Nacken knabberte. Er glitt mit der Zunge hinter Daniels Ohr, reizte mit der Zungenspitze die kleinen Falten und ließ seine Hand wieder sanft über den flachen Bauch kreisen. Serdall fand es wirklich schön, dass Daniel sich Zeit für ihn nahm und er sollte auch sehen, dass Serdall dies zu schätzen wusste. Daniel löste sich etwas von Serdall und sah ihn verlegen an. „Naja, auf die Dauer ist es zum Schluss mit so wenig Figuren doch etwas langweilig geworden, das Schachspiel“, meinte er entschuldigend. „Ihr seid irgendwie nur umeinander rumgetänzelt und so wirklich mein Spiel ist es nicht. Aber ich komm beim nächsten Mal wieder am Anfang mit dazu.“ „Wozu?“, fragte Serdall leise und sah Daniel zweifelnd ins Gesicht. „Du kannst dich doch mit Jana beschäftigen. Schließlich tue ich mit Taki ja nichts anderes.“ „Ich dachte, es wäre ganz schön, wenn ich auch mal bei dir bin, wenn wir eben nicht ganz allein sind oder grad miteinander schlafen. Also häufiger meine ich. Es ist ja nicht so, dass wir uns sonst gar nicht sehen, aber eben nicht ganz so häufig. Außerdem schien es dir nicht schlecht gefallen zu haben“, gab Daniel zu bedenken. „Ja, es ist schön, wenn ich dich bei mir habe, aber du sollst deswegen nicht Jana sich selbst überlassen“, meinte Serdall ernst und strich mit dem Handrücken über Daniels Wange. „Ansonsten finde ich es wirklich schön, aber beim Schach musst du dich nun wirklich nicht dazusetzen.“ Daniel nickte überlegend. Serdall hatte wohl recht. Vernachlässigen wollte er Jana wegen ihm auch nicht und da sich Serdall beim Schachspielen ohnehin auf Taki und seine Taktik konzentrieren musste, war es hier wohl nicht sehr entscheidend, ob Daniel anwesend war oder nicht. Es würden sich bestimmt noch andere Gelegenheiten bieten. „Gut, ist mir eigentlich auch ganz lieb so. Wobei es mal ganz interessant war, euch zuzusehen. Allerdings nur ungefähr zehn Minuten.“ Daniel grinste und küsste Serdall kurz auf die skeptisch verzogenen Lippen. „Wie geht es dir eigentlich so nach deinem ersten Tag so ganz auf den Beinen. Alles in Ordnung?“ Serdall zuckte mit den Schultern. „Wenn ich es nicht beachte geht’s. Ansonsten eben leichte Schmerzen in Arm und Bein“, seufzte er und lehnte seine Stirn gegen Daniels Schultern. Er spielte das Ganze herunter. Seine Rippen taten immer noch weh und sein Kopf brummte verdächtig und im Allgemeinen war ihm eher übel. Aber was brachte es, es Daniel zu sagen? Im Moment machte sich sein Freund wohl genug Sorgen um ihn, das musste Serdall nicht verstärken. „Lass uns in Bett gehen, ja?“, sagte er halblaut und küsste Daniela auf die Wange. „Mir reicht es eigentlich für heute mit dem ‚auf den Beinen sein‘.“ „Klar, kann ich verstehen. Soll ich dich hochtragen oder gehst du den Weg allein?“, fragte Daniel keck. „Trag mich“, erwiderte Serdall gespielt gequält und ließ sich schlaff gegen Daniel fallen. Ziemlich aus der Bahn geworfen starrte der Serdall an. „Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?“, fragte er irritiert. Serdall rollte mit den Augen. „Natürlich nicht“, seufzte er. Nun gut, es war nun wirklich nicht üblich für ihn, auf Daniels Späße einzugehen und es passte wohl einfach nicht zu seinem Image. Mit Taki konnte er so albern sein, Daniel erwartete wohl anderes von ihm. „Und jetzt los, runter mit dir“, murrte er und schnappte sich seine Krücke, als Daniel aufgestanden war. „Vergiss es“, knurrte Daniel und entfernte die Krücke wieder aus Serdalls Reichweite. „Wenn du mal nicht den Spielverderber spielst, sondern bei meinen Neckereien mitmachst, dann führen wir das Ganze auch fort. Gekniffen wird nicht. Entweder ganz oder gar nicht. Also auf, hier sind meine Arme. Zwei starke Arme für meinen schweren Freund.“ „Daniel, es war ein Spaß und der ist jetzt vorbei“, knurrte Serdall. „Jetzt gib mir die Krücke wieder, ich möchte ins Bett.“ Ernst blickte er Daniel und hielt eine Hand nach der seiner Gehhilfe ausgestreckt. Daniels Grinsen fiel ein wenig in sich zusammen und er gab Serdall ohne Widerworte die Krücke zurück. Seufzend ging er zur Tür. „Möchtest du, dass ich dich nach oben begleite?“, wollte er wissen. Immerhin konnte es sein, dass Serdall sich vor Daniel ungern so hilfsbedürftig zeigen wollte. „Du kannst ruhig vorgehen, wenn dir mein lahmes Getrampel zu lange dauert“, seufzte Serdall und erhob sich ächzend. Schließlich brauchte er eine geraume Weile, bis er überhaupt in der dritten Etage angelangt war. „So meinte ich das nicht“, antwortete Daniel schnell, um diese Gedanken gleich aus Serdalls Kopf zu verbannen. „Ich gehe gern zusammen mit dir hoch, nur hätte es sein können, dass du lieber ungesehen mit der Krücke hochgehst und nicht noch immer irgendwelche mitleidigen oder wachsamen Augen auf dir haben möchtest.“ „Wie kommst du denn jetzt darauf?“, fragte Serdall verwirrt und humpelte auf Daniel zu. „Wenn ich einen Menschen immer bei mir haben möchte, dann bist du es. Glaubst du etwa, ich schäme mich jetzt noch vor dir, nur weil ich für ein paar Wochen an Krücken gebunden bin? Ich bitte dich, Daniel“, meinte Serdall kopfschüttelnd und humpelte zur Treppe vor. Daniel hatte nun wirklich schon alle Facetten an ihm gesehen, sie hatten zusammen gelacht, geweint und gelitten. „Hätte ja sein können, dass es dir irgendwie unangenehm ist“, murmelte Daniel leicht unbehaglich und ging dann langsam neben Serdall die Treppe hinauf. Kannte er ihn wirklich so wenig, dass er nach solchen Sachen noch nachfragen musste? Warum war es immer Dustin, der ihm erzählte, wie Serdall tickte, damit Daniel ihm nicht weiter auf dem Schlips herumtrat? Sollte er nicht langsam hinter Serdalls Fassade geblickt haben? War da vielleicht auch eine Facette des Egoismus, den Fei angesprochen hatte? Daniel schüttelte innerlich den Kopf. Irgendwie machte ihn dieses Gespräch mehr als fertig, aber der erste Schrecken würde sich bestimmt demnächst irgendwann legen. Serdall blieb schwer atmend in der zweiten Etage stehen und sah Daniel ungläubig an. „Wieso sollte mir das unangenehm sein?“, sagte er kurzatmig und lehnte sich kurz gegen die Wand. „Ich bin froh, dass du bei mir bist und aufpasst, dass ich nicht rückwärts die Treppe wieder runterfalle“, keuchte Serdall und machte sich weiter daran, den nächsten Stufenpart in die dritte Etage zu nehmen. Ziemlich geschafft kam Serdall in ihrem Schlafzimmer an. Er humpelte zum Bett und setzte sich stöhnend hin, die Krücke vor sich hinlegend und den Kopf kurz in die Hände stützend. Ihm war zum Brechen zumute, so sehr drehte es sich gerade in seinem Körper. Wie konnten ihn diese paar Stufen so sehr auslaugen? Serdall wusste es nicht und gerade war er auch nicht gewillt dieser Sache nachzugehen. Stattdessen versuchte er ruhig zu atmen und schwor sich, morgen einfach im Zimmer zu bleiben, wie es sich für einen Verletzten gehörte. Geklärt war alles, jetzt konnte er sich kurieren. Daniel sah, dass Serdall etwas blass um die Nase herum geworden war und hockte sich besorgt vor ihn. Etwas kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn und er zitterte leicht. Vorsichtig strich Daniel ihm eine Strähne aus der Stirn und sah ihn dann mit nachdenklicher Miene an. „Dir geht es doch noch nicht gut“, stellte er fest. „Serdall, echt, es hetzt dich keiner. Lass es langsam angehen, okay? Ruh dich erst einmal aus, sonst kippst du tatsächlich noch die Stufen rückwärts runter, allerdings nicht wegen verlorenem Gleichgewicht, sondern aus Erschöpfung.“ Serdall konnte nur nicken, zu etwas Anderem war er gerade wirklich nicht in der Lage. Gequält schloss er die Augen und umarmte Daniel, der vor ihm kniete, einfach um Halt zu haben. Tief atmete er durch und merkte regelrecht, wie die Ruhe in ihn einkehrte. „Ich bin müde“, meinte er mit zittriger Stimme und löste sich schwach von Daniel. „Hilf mir mal mit meinen Klamotten“, forderte er Daniel leise auf und streckte die Arme aus, damit er ihm den Pullover über den Kopf ziehen konnte. Daniel half ihm noch bei der Hose und dann kroch Serdall schon aufs Bett und deckte sich zu. Er war noch nie körperlich der Stärkste gewesen, aber so schwach hatte er sich auch noch nie gefühlt. Selbst der schrecklichste Liebeskummer wegen Daniel hatte sich nicht als so enorm kräftezehrend entpuppt, mal den ausgenommen, der ihn vor zwei Jahren ins Krankenhaus gebracht hatte. Der hatte an seiner schlechten, beziehungsweise kaum vorhandenen Ernährung davor gelegen. Seufzend legte Daniel sich kurz danach neben Serdall. Er war wirklich alles Andere als auf der Höhe. Wahrscheinlich war die Erschöpfung erst im Laufe des Tages gekommen. Kein Wunder, denn immerhin war die Gehirnerschütterung bestimmt noch nicht ganz abgeklungen, genau wie die anderen weniger schweren Verletzungen zum Großteil noch sichtbar waren, nicht zu vergessen das gebrochene Bein und der Arm sowie die Tatsache, dass Serdall eben im Koma gelegen hatte und durch alles zusammen gepaart mit dem vielen Lieben bestimmt einiges an Kraft eingebüßt hatte. Daniel kuschelte sich etwas näher an Serdall, der scheinbar schon eingeschlafen war. Die langen, gleichmäßigen Atemzüge ließen darauf schließen. Noch nicht einmal gute Nacht hatte er gesagt, aber das zeugte nur von Serdalls Erschöpfung. Daniel beschloss für sich, ab morgen mehr als ein Auge auf Serdall zu haben, damit der sich nicht weiterhin überanstrengte und keine Dummheiten machte. Damit würde er Fei auch beweisen, dass er sich sehr wohl um Serdall kümmerte, aber das war eigentlich nur zweitranging. Wichtig war, dass Serdall wieder so schnell wie möglich ganz gesund war und das ging nicht, wenn er sich einfach weiterhin so benahm, wie er es in gesundem Zustand tun würde. Stöhnend wachte Serdall am nächsten Morgen aus einem unruhigen Traum auf. Er fasste sich an die Stirn und musste sich konzentrieren, um zu realisieren wo er überhaupt war. Eine Hand tastete sich kurz über seinen Oberkörper und im nächsten Moment legte Daniel schmatzend seinen Kopf auf seine Brust. Serdall lächelte leicht, als er erkannte, dass er mit Daniel im Bett lag und eben nicht mehr im Krankenhaus. Daniels Lippen bewegten sich wieder schmatzend, doch er schlief noch tief und fest. Die Stirn runzelnd sah Serdall einen Moment zum Fenster, das durch die halb heruntergelassenen Rollos nur sehr wenig Licht spendete. Wieso war er schon wach? Es war gerade mal kurz nach neun und das war definitiv nicht seine normale Zeit, bei der er die Augen von allein öffnete. Seufzend sah Serdall wieder auf Daniel, der sich nun noch näher an ihn schob und mittlerweile ein Bein über ihn gelegt hatte. Ein verliebtes Lächeln schlich sich in Serdalls Gesicht und er begann Daniel federleicht über den bloßen Rücken zu streichen, der unter der Decke richtig warm war. Es war schön so zu liegen, Daniel im Arm zu haben. Serdall hatte diese Momente am Morgen nur sehr selten, da Daniel meist viel eher wach war als er und dann auch gleich aufstand. Ganz im Gegenteil zu Serdall, der wohl den ganzen Tag im Bett verbringen konnte wenn er wollte, aber nur wenn Daniel auch da war. Ohne ihn war es wirklich nur halb so schön. Um ehrlich zu sein liebte er es, wenn Daniel noch schlief und er ihm dabei zusehen konnte. Daniel ruhig und entspannt bei sich zu haben war noch seltener als alles Andere, seit sie Jana im Haus hatten. Sein Freund war eben aufgekratzt sobald er wach war und die Gedanken drehten sich eben gleich um Jana, mit der er dann meist rausging oder ihr Frühstück machte oder was auch immer. So genoss Serdall diesen kostbaren Moment und dachte nicht daran, aufzustehen. Erst um kurz nach zehn wachte Daniel langsam auf und rieb sich gähnend den Schlaf aus den Augen. Sein erster Blick fiel auf die blinkenden Ziffern des Weckers. Wow, er hatte doch ziemlich lange geschlafen. Das war gar nicht mehr in seinem Rhythmus drin. Lag wohl noch an der letzten kurzen Nacht. Plötzlich sah Daniel gerade im Bett. Verdammt, er hatte Jana vergessen. Die wollte bestimmt auch schon seit langer Zeit aufstehen. Verdutzt blickte Daniel auf Serdall, der ihn interessiert beobachtet hatte. „Du bist schon wach? Was hat dich denn gestochen?“, wollte er grinsend wissen. Serdall zuckte mit den Schultern und streckte sich gemütlich. „Bin einfach aufgewacht und es hat sich gelohnt. Du schmatzt im Schlaf“, grinste er und strich Daniel über die untere Rückenhälfte. „Du willst zu Jana nehme ich an?“, sagte er wissend und lächelte Daniel schief an. Es war verrückt. Er hatte Daniel eine ganze Stunde nur angesehen und leicht gestreichelt und das hatte ihn mehr als nur zufriedengestellt. Leider würde Daniel jetzt wieder zu Jana gehen und Serdall erst einmal für eine geraume Weile allein sein, denn er hatte nicht die Absicht sich heute noch einmal die Treppen rauf und runter zu quälen. Das gestern hatte ihn geschockt und er würde das nicht erneut provozieren. Wenn er konnte würde er jetzt noch einmal die Augen schließen und schlafen. Daniel nickte auf Serdalls Frage hin und streckte sich. „Ja, ich bin schon fast zwei Stunden über ihrer normalen Aufstehzeit. Wenn sie sich nicht schon heiser geweint hat, wird sie zumindest ziemlich missmutig sein. Ich werde wohl erst einmal zur Versöhnung mit ihr auf den Spielplatz gehen. Wenn du dich doch für deinen Rollstuhl entschieden hättest, würde ich jetzt Kimba und Mücke davor binden und dann könntest du Kutsche fahren. Aber so bleibst du wohl hier, denke ich?“ „Jana war die letzte Stunde zumindest ruhig“, seufzte Serdall und deutete auf das Babyfon, aus dem auch kein Geräusch drang. „Und ich glaube ich kann mich mit deinen Fantasien über Kutschen nicht anfreunden“, murrte er leise und mit skeptischem Gesicht, während er die Decke um sich höher zog. Ohne Daniel an seiner Seite war es kalt. „Naja, selbst rollen kannst du nicht wegen deines Armes und ich kann nicht Karre und Rollstuhl schieben. Außerdem wäre es bestimmt mal eine nette Abwechslung für die Hunde“, meinte Daniel und ging kurz ins Badezimmer, um sich fertig zu machen. Als er wiederkam hatte er eine Wärmflasche in der Hand, die er zu Serdall unter die Bettdecke steckte. Er hatte das leichte Zittern gesehen und wollte seinen Schatz bestimmt nicht fröstelnd allein zurücklassen. „Hier, als Ersatz für mich“, meinte er grinsend und schob die Wärmflasche noch ein kleines Stückchen höher. „Aber wehe, du nimmst die auch als Ersatz für unkeusche Sachen, dann gibt es Ärger. Warte damit, bis ich wieder da bin. Ich beeile mich.“ Serdall rollte mit den Augen. „Deine Fantasien sind gerade wirklich zum Abgewöhnen“, murrte Serdall leise. „Aber danke, die Wärmflasche ist eine tolle Idee“, meinte er ehrlich und legte sich auf die Seite, um sie gegen seinen Bauch zu schieben. Nachdenklich sah Serdall Daniel einen Moment dabei zu, wie er sich Kleidung aus dem Schrank zusammensuchte. Daniel war sehr aufmerksam im Moment, was Serdall nicht von ihm gewöhnt war. Lächelnd schlüpfte Daniel in eine Jeans und einen grünen Pullover. Es war doch schön zu sehen, wie Serdall sich freute. Dass es erst Fei benötigte, um solche Dinge wieder regelmäßig zu machen, war schon schlimm. Er gab Serdall noch einen kurzen Abschiedskuss und ging dann in den Nebenraum, um Jana zu holen. Seine Tochter lag allerdings nicht in ihrem Bett und Daniel wurde klar, warum sie bislang scheinbar noch nicht geweint hatte. So wie es schien, hatte sie schon jemand raus gelassen. Daniel ging als erstes in Richtung Wohnzimmer. Serdall schien etwas unglücklich gewesen zu sein, dass er ihn allein ließ. Wenn Jana mit drei in den Kindergarten ging, hatten sie zumindest während seiner Ferien die Vormittage für sich, aber jetzt war es eben noch seine Sorge, sich den Tag über um Jana zu kümmern. Ob Serdall glücklicher wäre, wenn sie noch mehr Zeit für sich hätten? Im Wohnzimmer angekommen sah Daniel Dustin und Ethan zusammen mit Jana auf dem Boden sitzen und irgendein Gebilde aus Duplo bauen. Lächelnd ging er zu ihnen. „Guten Morgen. Danke, dass ihr euch um sie gekümmert habt. Ich habe wohl etwas verschlafen.“ Dustin grinste Daniel an. „Kein Problem. Ethan ist glaub ich genauso vernarrt in sie, wie du“, grinste Dustin und bekam einen Schlag von Ethan in die Seite, bevor sich Ethan weiter mit Jana und den Bausteinen beschäftigte. „Wir sind auch schon eine Runde mit ihr spazieren gewesen. Nach den ganzen Strapazen haben wir uns gedacht, dass du und Serdall mal ein bisschen Zeit für euch haben wollt“, erklärte Ethan und lächelte Daniel an. „Hör nicht auf ihn, Dan. Er hat mich die ganze Zeit genervt, dass wir Jana holen. Er wollte unbedingt mit ihr spielen“, grinste Dustin und kassierte wieder einen Schlag. „Fotografieren will er die Kleine auch immerzu, also wirklich, langsam wird’s mir unheimlich“, meinte Dustin mit einem vielsagenden Blick. Er hatte eigentlich nicht die Absicht Kinder zu haben und zu adoptieren ebenfalls nicht, aber Ethan schien gerade in der Hinsicht irgendetwas zu vermissen. In Daniels Kopf setzten sich die kleinen Zahnräder in Bewegung und er ließ sich erwartungsvoll schauend neben den Dreien niedersinken. „Sag mal“, wandte er sich an Ethan, „wenn du wirklich so gern mit ihr zusammen bist, was ich total toll und in keinster Weise schlimm finde, hättest du dann nicht Lust, öfter mal auf Jana aufzupassen? Es wäre schon schön, wenn ich ab und an mal etwas Zeit mit Serdall hätte, die sich nicht nur auf den Abend beschränkt. Vorausgesetzt, Dustin ist auch damit einverstanden. Kann ja sein, dass er dich so gar nicht hergeben möchte.“ „Das wär toll!“, rief Ethan begeistert, bevor Dustin überhaupt antworten konnte. „Dustin braucht eh immer seine Zeit mit seinen ganzen Schulmist und ich finde es echt wahnsinnig schön mit der Kleinen zusammen zu sein. Kinder zu fotografieren ist echt unglaublich und ich wette du freust dich auch über ein Album“, meinte er an Daniel gerichtet. Dustin kratzte sich überlegend am Kopf. „Na, wie du siehst ist Ethan absolut dafür und ich hab auch nichts dagegen. Du und Serdall habt so schon genug um die Ohren und wir beide kommen dann mal in den Genuss des Papa seins“, grinste er und strich Jana über die schwarzen Haare. „Onkel dürft ihr spielen, Papa bleibt dann doch Serdall und mir vorbehalten“, erwiderte Daniel amüsiert. Er sah kurz zu Ethan, der Jana immer wieder einen Duplostein reichte, den sie irgendwo auf der großen Platte befestigte und stellte für sich fest, dass es eigentlich keine bessere Lösung gab. Immerhin wohnten sie alle zusammen und es war wunderbar, wenn Jana Ethan und Dustin mochte und umgekehrt. „Sagt mal, habt ihr gerade Zeit? Dann würde ich nämlich wieder nach oben verschwinden“, fragte Daniel vorsichtig. „Klar, beschäftige du dich mit Serdall. Schließlich hat der das gerade wirklich verdient, so nett wie er zu uns war“, meinte Dustin und wechselte einen vielsagenden Blick mit Ethan ehe er Daniel anlächelte. „Keine Angst, dass du uns was aufbürdest. Wir geben dir Jana schon wieder, wenn es uns zu viel wird“, fügte Ethan bei Daniels skeptischen Blick noch an. „Wozu sind Freunde denn sonst da?“ „Okay, danke euch. Und Dustin, nächstes Mal erst auf Handy anklingeln und dann reinkommen, sonst darfst du den Mietvertrag doch noch unterschreiben“, drohte Daniel. Dustin begann zu schmollen. „Wie gemein, dabei sehe ich euch doch immer gerne nackt“, murrte er leise und kassierte dafür eine gehörige Kopfnuss von Ethan. „Du spinnst wohl. Ich bin der Einzige, dem du nachsabbern darfst“, knurrte der Rothaarige und fing dann leise an zu lachen. „Richtig so“, gab auch Daniel seinen Senf dazu. „Ich will ehrlich nicht wissen, was du dir nachts über uns für Gedanken machst.“ Daniel verzog kurz skeptisch das Gesicht. „Nein, ich will es ganz bestimmt nicht wissen“, meinte er schaudernd. „Und damit du es mir jetzt nicht noch verrätst, gehe ich lieber hoch, statt hier rumzusitzen und dich denken zu lassen.“ „Ich brauch gar nicht drüber nachdenken. Schließlich hab ich euch oft genug beim Poppen erwischt und ihr seid einfach nur zu niedlich“, grinste Dustin und zuckte weg, als Ethan ihm erneut eine Kopfnuss geben wollte. Er schnappte sich Ethans Hand und grinste bei dessen rotem Gesicht breit. „Übrigens findet es Ethan gar nicht schlecht, euch beim Sex zuzusehen“, feixte Dustin diabolisch. „Ich muss ihm immer erzählen, was ich gesehen habe.“ „Du bist so blöd, Dustin“, fauchte Ethan nun wütend und stürzte sich auf seinen Freund, um ihn in die Hand zu beißen. „Au“, lachte Dustin amüsiert und schüttelte den kleinen Engländer ab, um ihn dann entschuldigend zu küssen, was sogleich Ruhe in Ethan einkehren ließ und ihn besänftigte. „Man ey, glaub ihm das nicht, Dan“, murrte Ethan, als er wieder von Dustin losgelassen wurde, konnte Daniel vor Scham aber nicht in die Augen schauen. Er spielte stattdessen weiter mit Jana. Daniel ließ gekonnte eine Augenbraue in die Höhe wandern. Ehrlich gesagt glaubte er Dustin sehr wohl. Ethan konnte noch so peinlich berührt sein und nach außen hin immer vor schlechtem Gewissen und Scham vergehen, aber innerlich war er fast noch schlimmer als Dustin, nur dass der seine versauten Gedanken eben auch nach außen hin preisgab. „Wie dem auch sei“, meinte Daniel schließlich, um Ethan nicht noch weiter zu quälen. „Trotzdem sind wir bestimmt dabei nicht niedlich. Heiß vielleicht oder meinetwegen auch erregend oder atemraubend, aber doch bitte nicht niedlich.“ Dustin grinste überdimensional. „Doch, ihr seid so süß!“, lachte er und schlug schwul die Hände vor sich zusammen. „Hach, besonders du, Dan. Ehrlich, wie kann man denn bitte so ungeduldig stöhnen?“, kicherte Dustin und Ethan senkte noch ein wenig mehr den Kopf. „Kommt immer auf den Partner an und wie der einen hinhält, nicht wahr?“, knurrte Daniel. „Es gibt da ganz fiese Exemplare. Mich würde ja mal interessieren, wie Ethan sich gebärdet, wenn du dich seiner annimmst. Wir können demnächst einen Vierer einplanen, dann kann Ethan mich und Serdall auch mal wieder live in Aktion sehen.“ Dustins Augen begannen augenblicklich zu strahlen und er nickte aufgeregt, doch Ethan schüttelte den Kopf. „Du glaubst doch wohl selber nicht, dass Serdall da mitmacht. Der würde Dustin und mich eher eigenhändig rausschmeißen, als vor unseren Augen mit dir zu schlafen“, gab Ethan ernüchternd an und sah nun wieder auf. „Stimmt“, murrte Dustin und stützte seinen Kopf in eine Hand. „Aber die Vorstellung hat was für sich“, grinste er Daniel an. „Irgendwie schon, ja“, bestätigte Daniel. Natürlich hatte er es eigentlich nicht erst gemeint, aber wenn er so darüber nachdachte, dann hatte das Ganze doch irgendwie etwas Prickelndes. Aber Ethan hatte schon Recht. Serdall würde dem niemals im Leben zustimmen. Wobei Daniel es schon ziemlich gerne mal gesehen hätte, wie Serdall sich Ethan oder Dustin etwas intimer näherte. Er räusperte sich und verscheuchte seinen Gedanken schnell. Partnerwechsel wäre wohl noch utopischer, als schon der gemeinsame Sex es wäre. „Jetzt möchte ich sehen, was in deinem Kopf abgeht“, raunte Dustin heiser und schlang einen Arm um Ethans Schultern. „Du machst von deiner Hautfarbe nämlich gerade Ethan Konkurrenz und das ist absolut selten bei dir“, grinste er schelmisch und legte leicht den Kopf schief, während er Daniels rote Wangen anvisierte. Ein Vierer war wohl wirklich unmöglich, da Serdall einfach nicht schwul genug und auch viel zu konservativ dafür war. Aber man sollte niemals nie sagen. „Ich will noch nicht mal selbst sehen, was ich sehe und werde dir bestimmt nicht mitteilen, was ich sehe, damit du auch siehst, was ich sehe“, murmelte Daniel leicht verwirrt und stand lieber auf, ehe das hier in noch peinlichere Debatten gipfelte. „Ich geh dann hoch. Vielen Dank, dass ihr euch um Jana kümmert und bis nachher.“ „Ja und frag Al mal nach einem Vierer!“, rief Dustin Daniel hinterher, doch Daniel ging kopfschüttelnd weiter. „Ein Dreier wär auch nicht schlecht“, seufzte Ethan neben Dustin und grinste ihn schief an. „Und da sagen die alle, ich sei versaut“, lachte Dustin und küsste seinen Engländer tief. Daniel hielt vor der Schlafzimmertür und seufzte kurz tief. Er würde Serdall ganz bestimmt nicht nach einem Vierer fragen. Er war generell nicht unbedingt lebensmüde und außerdem hatte er keine Lust auf einen eventuellen Streit, da sich gerade alles wieder einigermaßen eingependelt hatte. Leise öffnete er die Tür und verdrehte die Augen als er sah, dass Serdall scheinbar schon wieder schlief. Kein Wunder, dass er immer so grantig und antriebslos war, wenn er sein Schlafpensum regelmäßig derart überzog. Daniel schnappte sich die Wärmflasche, klemmte sie zwischen seine kalten Füße und legte sich an die angewärmte Bettstelle hinter Serdall. Er umschlang ihn mit den Armen und ließ die Finger leicht über die empfindliche Stelle an den Rippen fahren. Doch Serdall regte sich leicht, als er die sanften Finger spürte und murrte etwas vor sich hin. „Dan?“, fragte er heiser. „Du bist ja schon wieder da“, stellte er fest und griff nach hinten, um Daniel über die Hüfte zu streichen. Richtig wach war er nicht, aber fast im Halbschlaf. „Jana geht’s gut?“ „Klar geht es Jana gut. Sonst würde ich bestimmt nicht so entspannt hier liegen“, gab Daniel zurück und rückte noch ein wenig enger an Serdall. Irgendwie störten ihn seine Klamotten gerade etwas, vor allem, da Serdall nur in Shorts neben ihm lag. „Aber ich habe ja gesagt, dass ich mich beeile und schnell wieder hier bin“, fügte Daniel noch hinzu. „Hm“, schnurrte Serdall zufrieden und sah über die Schulter zu Daniel. „Wer passt denn auf Jana auf?“, fragte er langsam wacher und seine Hand schob sich unter Daniels Hosenbund und legte sich auf dessen Hintern. „Dustin und Ethan“, antwortete Daniel und ließ seine Finger jetzt seinerseits unter Serdalls Boxershortsbund luchsen. „Scheinbar hat Ethan einen Narren an ihr gefressen. Irgendwie habe ich das ehrlich gesagt nicht so wirklich mitbekommen. Jana ist ja von Hand zu Hand gewandert, als ich meine Prüfungen geschrieben oder ihr Zimmer gemacht habe“, meinte er etwas schuldbewusst. „Ethan ist begeistert von ihr, nur hatte er auch ziemlich viel Klausurenstress, als du ihn auch hattest“, meinte Serdall halblaut und schnurrte zufrieden, als Daniels Hand über seinen Unterleib wanderte. „Willst du mich verführen?“, fragte Serdall flüsternd und seufzte genüsslich. „Vielleicht“, gab Daniel grinsend zurück. „Kann auch sein, dass ich meine Hände auch einfach ziellos aus Langeweile über deinen Körper fahren lasse und dabei zufällig eben auf eine Stelle konzentriere.“ „Ich tippe lieber auf verführen“, hauchte Serdall, als Daniels Hand über eine seiner Brustwarzen strich. Genießend lehnte Serdall seinen Kopf zurück und gegen Daniels Schulter. „Wie wäre es, wenn du deine Klamotten ausziehst?“, fragte Serdall leise und strich unter Daniels Pullover. „Wie wäre es, wenn du mir dabei hilfst?“, konterte Daniel. „Eine Hand hast du immerhin noch frei.“ „Und ich dachte, ich bekomme die krankengerechte Behandlung“, murrte Serdall leise, zeigte jedoch ein Grinsen, als er sich in Daniels Umarmung umdrehte und ihm den Pullover über den Kopf zog. „Die krankengerechte Behandlung bekommst du vielleicht, wenn du dich auch wie ein behandlungswürdiger Kandidat verhältst und nicht so frech bist“, erwiderte Daniel leise lachend und entledigte sich selbst seiner Hose und den Socken. „So, Gleichstand.“ „Wunderbar“, seufzte Serdall und hauchte einen Kuss auf Daniels Brust. „So ist das schon viel besser“, flüsterte er und kuschelte sich eng gegen Daniels Brust. Er wäre am liebsten wieder eingeschlafen, doch Daniels Finger strichen unmissverständlich über seinen Körper. Daniel spürte, wie Serdalls Körper sich langsam entspannte und schwerer wurde, anstatt sich so anzuspannen, wie er das eigentlich im Sinn gehabt hatte. Etwas verwirrt sah er zu Serdall, der die Augen halb geschlossen hatte. Daniel änderte seine Berührungen auf der warmen Haut von erregend zu beruhigend. Serdall schien wirklich noch ziemlich müde und erschöpft zu sein. „Hey“, flüsterte Serdall schwach, „wenn du so weiter machst, schlaf ich wieder ein.“ Serdall sah verwirrt zu Daniel. Seit wann war Daniel denn bitte so einfühlsam und wusste, was er wollte? Normalerweise war Daniel immer der, der zuerst mit dem Kopf durch die Wand ging. Lächelnd strich Daniel Serdall über die Wange. So verdutzt sah er irgendwie niedlich aus, aber es zeigte ihm auch, dass Fei mal wieder recht hatte. Wenn er nicht darauf achten würde, hätte er Serdall wohl zum Sex überredet, obwohl der gerade wohl besser ruhig und entspannt im Bett aufgehoben war. „Vielleicht will ich ja, dass du wieder einschläfst. Es wäre wohl mal ganz gut, wenn du richtig ausspannst.“ „Schon, ja“, murmelte Serdall und sah Daniel verwirrt ins Gesicht. „Du hattest aber eben noch etwas Anderes vor, oder?“, fragte er vorsichtig und seufzte leise, als Daniels Hand ihn im Nacken streichelte. Himmel, seit wann ging Daniel denn dermaßen auf ihn ein? Zufrieden ließ sich Serdall auf Daniels Brust nieder und schloss glücklich die Augen. Einfach entspannen, in Daniels Armen… Serdall wollte nichts lieber, aber es verunsicherte ihn, dass sein Freund plötzlich so umsichtig mit ihm umging. War das wirklich nur wegen dem Unfall? „Ja, war wohl offensichtlich, dass ich etwas Anderes vorhatte, aber Pläne können sich ändern und ich glaube, dass du gerade hier in meinen Armen besser aufgehoben bist, als dein Penis in meinen diversen Körperöffnungen“, meinte Daniel leicht grinsend und strich Serdall durch die Haare. Ja, das hatte er jetzt sogar selbst erkannt, dass er wohl tatsächlich ab und an mehr auf Serdall achten sollte. „Man kann das auch geschmackvoller ausdrücken“, murrte Serdall angewidert über Daniels Wortwahl. Er schob seine Nase gegen Daniels Hals und küsste dort kurz die Haut. „Aber wenn es dir zu langweilig wird, kannst du auch zu Jana gehen. Schlafen kann ich auch allein, Prinzesschen“, gab Serdall immer noch skeptisch zu bedenken, genoss aber Daniels zärtliche Hände, die in langen Bahnen über seinen Rücken streiften. „Unten bin ich wohl gerade unerwünscht und werde auch nicht gebraucht. Ethan ist froh, dass er Jana auch mal haben darf, also kann ich genauso gut hier oben bei dir bleiben. Zumindest bis du eingeschlafen bist darfst du mich als Teddy gebrauchen“, gestattete Daniel großzügig. „Zu freundlich“, seufzte Serdall und sah Daniel müde lächelnd ins Gesicht. „Bei der Pflege werde ich bestimmt viel schneller gesund“, sagte er ehrlich und hauchte Daniel einen Kuss auf die Lippen. Er legte sich wieder auf Daniel zurecht, die Stirn in Daniels Halsbeuge gebettet und schloss stöhnend die Augen. Ruhe tat ihm wirklich im Moment extrem gut. Daniel legte die Arme um Serdall und beobachtete schweigend, wie er langsam aber sicher einschlief. Leicht zittrig atmete Daniel ein. Serdall hätte nicht nein gesagt, wenn er weitergemacht hätte und mit ihm geschlafen. Er wäre danach zwar absolut erschöpft gewesen, aber es war nicht schrecklich, mit Daniel Sex zu haben und das hätte Serdall wohl auf sich genommen, um ihn glücklich zu machen. Seufzend schüttelte Daniel den Kopf. Es war für ihn weitaus erträglicher, mal zu verzichten, als es für Serdall gewesen wäre, erschöpft und vielleicht mit schmerzendem Arm, Bein oder Rippen im Bett zu liegen. Früher wäre es wohl so gelaufen und das wurde Daniel mit erschreckender Klarheit bewusst. Eine kleine Träne lief ihm über die Wange und er drückte Serdall noch ein Stück näher an sich. Von jetzt an nie wieder, das schwor er sich. Ein paar Stunden später klopfte es leise an der Tür und Dustin steckte den Kopf herein. Er sah zum Bett und entdeckte Daniel und Serdall, Arm in Arm liegend, wobei letzterer tief und fest zu schlafen schien. „Du, es gibt Essen“, flüsterte er und trat ein wenig in den Raum, um besseren Blick auf die beiden zu haben. Das Erste, was er feststellte war, dass sie keinen Sex gehabt hatten. Dafür war das Zimmer nicht muffig und auch sah das Bett nicht zerwühlt genug aus. Anscheinend hatte Serdall gestern noch die Kräfte für den Versöhnungssex mobilisiert und heute war er wohl mehr schlecht als recht auf der Höhe für solche Dinge. Kurz nickte Daniel, dann schob er sich langsam und vorsichtig unter Serdall hervor. Er streckte sich einmal und sein Rücken protestierte knackend. Mit schmerzlich verzogenem Gesicht stellte Daniel fest, dass sein Arm eingeschlafen war. Diese Position war wirklich nicht die bequemste gewesen. Er folgte Dustin aus dem Raum und in die Küche. „Man, heute bräuchte ich einen guten Masseur“, jammerte er. „Was liegst du denn auch die ganze Zeit bei Serdall, wenn er schläft? Er läuft dann sicher nicht weg“, gab Dustin zu bedenken und deckte noch schnell mit Ethan den Tisch, während Daniel den Topf mit der Möhrensuppe auf einen Untersetzer platzierte. „Hier unten habt ihr mich nicht unbedingt benötigt und dann lag ich da eben oben mit Serdall und wollte ihn nicht mehr aufwecken“, erklärte Daniel sein Verhalten und nahm am Tisch Platz, wo schon Ethan, Taki und Jana saßen. „Aha“, meinte Dustin nicht wirklich verstehend und tat sich auf. „Wie geht es Serdall eigentlich? Eigentlich ist es ja normal, dass er viel schläft, aber er ist wohl ziemlich erschöpft, oder?“, fragte Dustin und sah Daniel fragend über den Topf hinweg an. „Ja, kommt wohl erst jetzt so wirklich zum Tragen. Er hat sich gestern wohl etwas zu viel zugemutet. Wenn er sich heute richtig ausgeruht hat werde ich dafür sorgen, dass er es langsamer angeht“, meinte Daniel und löffelte vorsichtig die heiße Suppe. Dustin nickte. Es war wohl besser, wenn Daniel ein Auge auf Serdall warf. Die nächsten Tage tat Daniel das wirklich. Serdall genoss diese Aufmerksamkeit insgeheim. Es war schön, dass Daniel auf ihn achtete, aber er vermutete, dass es nur wegen des Unfalls war, dass Daniel sich plötzlich sorgte. In der darauffolgenden Woche reiste Fei am Montag ab, aber erst nachdem er sich versichert hatte, dass es Serdall besser ging und alles wieder in geordneten Bahnen lief. Serdall musste ihm zum Abschied versprechen, dass er als nächstes nach Japan kommen würde und Serdall stimmte zu. Er würde mit Daniel in den nächsten Semesterferien einmal nach Japan gehen und ihm seinen Geburtsort zeigen. In die Yakuzakreise würde er ihn nicht unbedingt mit hineinziehen, aber er würde ihn einmal durch das Anwesen der Agamies führen. Fei war damit zufrieden und reiste beruhigt ab. Damit fiel auch die Anspannung von Serdall. Er stand nicht mehr auf dem Prüfstand und widmete sich ganz seiner Genesung. Nach vier Wochen war es endlich soweit, dass Serdall den Gips entfernen lassen konnte. Vier Wochen, in denen Daniel ihm gegenüber äußerst zuvorkommend gewesen war und viel Rücksicht auf ihn genommen hatte. Serdall war wirklich angenehm überrascht, aber in den letzten Tagen hatte sich dies erstmals in Skepsis verwandelt. Daniel war einfach ZU freundlich. Das begann mit ihrem gemeinsamen Morgen. Serdall schlief meistens aus und wenn er aufwachte war Daniel schon fort, doch nun war Daniel noch bei ihm und kuschelte mit ihm, obwohl Serdall nur zu deutlich merkte, dass Daniel die Unruhe deswegen plagte. Daniel gab ihm Ausreden, die Serdall ihm nicht abkaufte. Plötzlich wollte sich Daniel noch in den letzten Wochen vor Unibeginn richtig ausspannen und war gern noch mit ihm im Bett. Das glaubte Serdall ihm einfach nicht. Krückenlos und gipsbefreit öffnete Serdall später die Haustür. Er hatte sich ein Taxi genommen, da er Daniel nicht unbedingt ständig bei sich haben wollte. Irgendwie wurde ihm das im Moment zu viel und er hatte Angst, dass Daniel seine Tochter vernachlässigte. Zufrieden sah Serdall auf seinen Unterarm, der durch den Gips blasser und dünner geworden war. Das war Serdall egal, Hauptsache er konnte wieder vernünftig geigen und musst dafür nicht mehr sitzen. Entschlossen ging Serdall ins Wohnzimmer, in dem derzeit nur die Hunde lagen. Er ließ sie raus in den Garten, damit er ungestört spielen konnte. Er holte seine Geige vom Regal und lächelte verzückt, als er sie sich fertig an die Schulter legte und den ersten Bogenstrich über die Saiten gleiten ließ. Endlich. Der Horror lag endlich hinter ihm und er konnte so spielen, wie er es gewohnt war. Zwanglos und unbekümmert. Daniel war eigentlich auf dem Weg zu Serdall gewesen, um ihn zu begrüßen, doch als er die Geige aus dem Wohnzimmer hörte, drehte er wieder um. Sollte Serdall sich erst einmal in Ruhe austoben. Sie konnten auch nachher noch etwas gemeinsam zusammensitzen. Daniel nutzte die Zeit lieber, um seine Sachen für die Uni schon etwas zu sortieren und ein wenig mit Jana zu spielen, bevor er sie nachher wieder zu Dustin und Ethan geben würde. Die beiden hatten sich bereiterklärt, heute wieder auf sie aufzupassen, damit Daniel und Serdall dessen neugewonnene Freiheit auskosten konnten. Als Serdall schließlich die Geige beiseite legte, ging Daniel zu ihm nach unten. „Na, glücklich und befreit?“, fragte er lächelnd. „Ja“, seufzte Serdall zufrieden und wischte mit einem weichen Tuch den Geigenkörper ab, entspannte den Bogen und legte alles zurück in den Koffer. Es war wirklich ein wunderbares Gefühl wieder so die Geige zu fühlen. Einfach umwerfend. Serdall lächelte kurz entrückt und schüttelte dann den Kopf. Zweite Liebe, da hatte Daniel schon irgendwie recht, wenn er das sagte. „Morgen werde ich ein neues Auto kaufen“, erklärte Serdall im nächsten Moment und ging dann zu Daniel, um nun lächelnd die Arme um ihn zu schlingen. „So ist das bei weitem schöner“, grinste er und senkte seinen Mund auf Daniels. Eine Zeit lang erwiderte Daniel den Kuss, dann schob er Serdall ein Stück von sich weg. „Weißt du schon, was du für ein Auto haben möchtest? Darf ich mitkommen, wenn du es aussuchst?“, fragte er leicht aufgeregt. Er hatte sein Auto von privat gekauft und würde unglaublich gern mal zu einem Händler fahren. „Ich dachte an ein Cabrio“, grinste Serdall und strich Daniel durch die kurzen Haare, die nun schon wieder nachgewachsen waren und Daniel wirr vom Kopf abstanden. „Aber ob du mitdarfst, weiß ich noch nicht. Lass mich überlegen“, seufzte Serdall und schob seinen Kopf in Daniels Halsbeuge, um ihn sanft zu küssen, während seine Hände schon am Bauch unter Daniels Shirt krochen. „Und was muss ich tun, um in deiner Gunst nach oben zu steigen?“, grinste Daniel an Serdalls Lippen und schob jetzt seinerseits seine Hände unter Serdalls Pullover. Er hauchte einen Kuss auf Serdalls Nase, dann zog er ihm den Pullover über den Kopf. „Mit mir nach oben gehen“, erwiderte Serdall feist und nahm seinen Pullover wieder aus Daniels Händen. Er legte ihn um Daniels Hals und hielt die Enden so, dass er Daniel erneut zu einem Kuss zu sich ziehen konnte. Sie würden heute alle Freiheiten genießen, das war sicher. „Vielleicht springt dann noch etwas Besseres raus“, flüsterte Serdall an Daniels Lippen, bevor er verschmitzt lächelte und von Daniel abließ. Er ging vor und war sich sicher, dass Daniel ihm folgen würde. Ende Kapitel 13 Kapitel 14: ------------ Kapitel 14 Nur einen winzigen Augenblick dachte Daniel daran, einfach hierzubleiben und abzuwarten, was Serdall dann tun würde, allerdings wollte er sich diese Gelegenheit heute auch nicht entgehen lassen. Serdall schien nämlich ziemlich energiegeladen zu sein. Daniel sprintete hinter ihm die Treppen hinauf und warf sich im Schlafzimmer von hinten auf Serdall, sodass dieser aufs Bett fiel. „Hab dich“, giggelte Daniel. „Unverschämtheit“, lachte Serdall und rollte sich so, dass er sich mit Daniel drehte und schaffte es, dass er auf Daniel lag und ihm ins Gesicht lächeln konnte, während er seine Hände auf dessen Knie legte und sie weit auseinander schob. „Irgendwelche besonderen Wünsche?“, grinste Serdall, während er sich zwischen Daniels Beine kniete und sich sogleich an seinen Pullover machte, um ihn ihm über den Kopf zu ziehen. Er senkte seinen Mund auf Daniels linke Brustwarze und begann verführerisch daran zu knabbern, wobei er Daniels Hände einfing und mit seinen verschränkte. Genießerisch schloss Daniel die Augen. Serdall war mit seinen beiden Gipsen doch ziemlich eingeschränkt in seinen Bewegungen gewesen, deswegen war es jetzt eine Wohltat, ihn mit voller Bewegungsfreiheit wiederzuhaben. „Mach einfach weiter“, seufzte Daniel leise und strich mit den Daumen über Serdalls Handrücken. Augenblicklich erstarrte Serdall. Er hatte definitive das übliche ‚hart und schnell‘ erwartet und nicht diesen Satz. Es stimmte etwas nicht, definitiv. Irgendwas hatte Daniel und das lag nicht mehr an dem Unfall, den Serdall vor einem Monat gehabt hatte. Serdall setzte sich ernüchtert auf und sah Daniel musternd ins Gesicht. „Was ist mit dir los?“, fragte er ernst und runzelte die Stirn. „Du sagst nie ‚mach einfach weiter‘“, knurrte er leise und strich sich fahrig durch die Haare. Serdall hatte es die ganze letzte Woche gemerkt. Gut, sie hatten wegen seinem Gips annehmbaren Sex gehabt, aber jetzt gab es nun wirklich keinen Grund mehr für Daniel, sich zurückzuhalten. Nahm sich Daniel wegen ihm zurück? Was war mit seiner üblichen Prinzesscheneinstellung, die Serdall so verrückt nach ihm machte? Das hier war nicht sein Daniel, das war eine Puppe, mit der machen könnte, was er wollte, die es einfach hinnehmen würde, wenn er es tat. „Kannst du mir mal erklären, warum du plötzlich so schrecklich selbstlos mir gegenüber bist?“ Daniel stützte sich auf die Ellenbogen auf und versuchte nicht ganz so ertappt aus der Wäsche zu schauen. War es jetzt doch zu viel gewesen? Er hatte sich gesagt, es langsam und vorsichtig anzugehen, damit Serdall kein Wind von seiner Aktion bekam, aber scheinbar hatte er es übertrieben. „Ich bin nicht selbstlos dir gegenüber“, knurrte Daniel dennoch und sah Serdall beleidigt an. „Es hat sich gut angefühlt, soll ich da dann trotzdem sagen, du sollst es anders machen?“ „Aber das bist nicht du“, murrte Serdall und verschränkte nachdenklich die Arme. „Es hat sich gut angefühlt, ja, aber du bist noch nie so gewesen, dass du mich einfach machen lässt. Ich weiß nicht, was du dir einredest, aber ich bin gesund und kann das jetzt ab, also bitte ich dich die Mitleidsschiene zurückzufahren.“ Serdall stützte sich links und rechts neben Daniels Kopf ab und sah ihm finster in die Augen. „Widerworte?“ Im ersten Moment wollte Daniel aus alter Gewohnheit heraus tatsächlich wiedersprechen, dann allerdings schüttelte er den Kopf und schloss den Mund wieder. Sollte Serdall ruhig denken, dass er sich beim Sex zurückgehalten hatte, weil er verletzt gewesen war. So flog zumindest der wahre Grund nicht auf. Daniel seufzte und sah Serdall entschuldigend an. „Es ist ja nicht so, dass ich es schlecht finden würde, wenn wir es beim Sex langsamer angehen lassen. Die letzten Wochen waren schön, für dich wie auch für mich. Aber ab und an etwas schneller ist wohl nicht schlecht“, meinte er. Kopfschüttelnd stand Serdall auf und strich sich fahrig durch die Haare. „Sag mir bitte, wenn du von dem Trip runter bist, okay? Langsam geht es mir auf die Nerven“, meinte Serdall ernst und ging ins Bad. Was war denn bitte mit Daniel los? Ab und an ein bisschen schneller? Das war ja nun mal gar nicht seine Einstellung. Und Daniel widersprach eigentlich immer, wenn Serdall nach Widerworten fragte, das war doch verrückt. Serdall passte das Ganze jedenfalls nicht, ihm passte Daniel so nicht. Er wollte den kleinen, frechen Schwarzhaarigen mit dem losen Mundwerk, der ständig irgendwie ungeduldig und ein wenig egoistisch war. Auch wenn es Serdall ab und an gestört hatte, war es nun mal ein Teil von Daniel gewesen und dass der jetzt weg war, fühlte sich falsch an. Seufzend stellte Serdall das Wasser der Badewanne an und zog Hose, Shorts und Strümpfe aus. Nach der langen Zeit würde er es genießen, wieder baden zu können. Daniel hatte das Gesicht in den Händen vergraben und saß ziemlich fertig im Schlafzimmer. Warum war Serdall jetzt sauer? Er hatte doch gerade eben noch gesagt, dass ihm diese Art von Sex gefallen hatte. Dann dachte er, dass Daniel das Alles aus Mitleid machte und wenn dann die Antwort kam, dass es ihm auch gefiel, rastete Serdall aus? Verwirrt rieb sich Daniel über die Augen. Irgendwie hatte er gerade keine Ahnung, was er tun sollte, weswegen er erst einmal hier sitzen blieb. Serdall ließ sich währenddessen in die Badewanne gleiten und seufzte unzufrieden auf. Er fühlte sich bestätigt. Daniel war nicht hinterhergekommen, wie es sonst seine aufbrausende Arte gewesen wäre. Denn dann säßen sie nämlich gemeinsam hier in der Wanne oder standen wahlweise auch zusammen unter der Dusche. So aber zeigte Daniel ihm, dass doch irgendetwas nicht stimmte. Verwirrung machte sich in Serdall breit. Wie kam Daniel denn jetzt noch auf die Idee sich zurückzunehmen? Das war so untypisch! Normalerweise hätte Daniel sich auf ihn gestürzt. Kopfschüttelnd tauchte Serdall ab. Er hoffte, dass es nur eine Phase war. Inzwischen war Daniel aufgestanden und tigerte durch das Schlafzimmer. Er hatte absolut überhaupt keine Ahnung, was Serdall von ihm erwartete. Leicht frierend griff er nach seinem Pullover und zog ihn sich über. Klasse, weil er es mit seiner zurückhaltenden Art übertrieben hatte, ging er heute leer aus. Verdammt, er wollte mit Serdall schlafen. Fahrig fuhr Daniel sich durch die Haare und lief wieder in die andere Ecke des Zimmers. Serdall schien es gerade zu hassen, wie er sich benahm, aber viel anders ging es nicht, sonst fiel er wieder zu sehr in sein altes Muster zurück. Frustriert raufte Daniel sich die Haare und stieß einen kehligen Laut aus. Serdall machte sich indes wirkliche Sorgen um Daniel. Was war denn bloß los mit ihm? „Sag mal, kommst du auch mal her?“, rief Serdall leicht wütend und wartete auf eine Antwort. So ging es nun wirklich nicht weiter. Verwirrt blieb Daniel stehen. Her? War Serdall nicht weggegangen, damit er seine Ruhe hatte? Warum sonst hatte er sich ins Badezimmer verzogen? Etwas unbehaglich steckte Daniel den Kopf durch die Tür. Irgendwie blickte er momentan gar nicht mehr durch. „Was ist denn bloß los mit dir?“, fragte Serdall knurrend und winkte Daniel heran, damit er sich auf den Wannenrand setzte, was jener auch nur zögerlich tat. „Warum verdammt bist du plötzlich so zuvorkommend zu mir?“, forderte Serdall zu wissen, während er sich provokant aufreizend einseifte. Wenn das Daniel ebenfalls nicht dazu brachte, endlich Initiative zu ergreifen, würde Serdall wirklich sauer werden. Daniel wandte den Blick allerdings unbehaglich ab. Serdall wollte mit ihm reden, da war es bestimmt nicht förderlich, jetzt mit Beule in der Hose neben ihm zu sitzen. „Ich bin nicht plötzlich so zuvorkommend zu dir“, nuschelte Daniel. „Es kam eben während du verletzt warst“, führte er Serdalls Theorie erneut weiter. „Da war es nun einmal logisch, dass wir es nicht so hart angehen und ich habe mich eben dran gewöhnt und auch diese Art des Sex wirklich schätzen gelernt.“ „Und woher hast du die Schüchternheit, dass du mich jetzt nicht mal angucken kannst?“, raunte Serdall leise. Daniel hielt an seiner Ansicht fest und Serdall würde ihm eben beweisen, dass diese bestimmt nicht die war, die der wirkliche Daniel vertrat. Leise stöhnend begann Serdall sich zwischen den Beinen zu streicheln. Nachdrücklich ließ er seine Hände über seinen Unterleib wandern und über den Oberkörper streifen, während er seinen Kopf zurücklegte und genießerisch die Augen schloss. „Ich kann genauso gut ohne dich baden, siehst du? Wenn du denn nicht willst“, seufzte er leise und lächelte Daniel wissend an, als der etwas panisch den Blick über ihn gleiten ließ. „Mein Daniel wäre schon lange hier auf mir“, surrte Serdall leise und stöhnte wieder kehlig. „Hör auf!“, schrie Daniel fast hysterisch. „Hör bitte auf“, flüsterte er dann und sank in die Hocke, um aus dem Sichtfeld der Badewanne zu verschwinden. Warum tat Serdall das? Warum musste er ihn so reizen, ihn so herausfordern? Er würde noch all seine guten Vorsätze über den Haufen werfen, wenn er so weitermachte. Dann war alles zumindest in Sachen Sex der letzten Wochen umsonst gewesen. Und war er denn nicht mehr Serdalls Daniel? War er denn plötzlich wer anders, nur weil er etwas mehr Rücksicht nahm? Erschrocken richtete Serdall sich auf und sah auf Daniel. Was war denn jetzt los? „Daniel?“, fragte Serdall verwirrt, stieg aus der Wanne, schnappte sich ein großes Handtuch, das er sich um den Körper warf, bevor er sich vor seinen Freund setzte und die Arme um ihn schlang. „Himmel, was hast du denn?“, meinte Serdall leise und griff nach Daniels Kinn, um ihm ins Gesicht zu sehen. „Jetzt sag mir, was mit dir los ist“, forderte Serdall mit ernstem Ton und zugleich unsicherem Gesicht. Kraftlos sank Daniel gegen ihn und klammerte sich im Handtuch fest. Ja, was war los mit ihm? Er wusste es gerade selbst nicht. Einmal atmete er tief durch und versuchte sich wieder zu beruhigen. „Ich bin ich“, war alles, was er gegen Serdalls Brust gemurmelt rausbekam. Im nächsten Moment fiel ihm auf, wie unsinnig seine Worte waren. Nun wirklich alarmiert zog Serdall Daniel eng gegen sich und strich ihm beruhigend über den Rücken. „Natürlich bist du du selbst“, flüsterte er und runzelte die Stirn. War Daniel wahnsinnig geworden? Beklommen verdrängte Serdall den Gedanken. Er setzte sich nun endgültig auf den Boden und zog Daniel auf seinen Schoß. Einen Moment dachte Serdall fieberhaft nach, was er jetzt tun sollte und er tat das Einzige, was ihm auf die Schnelle einfiel. Er küsste Daniel sanft, während er mit den Händen über seinen Rücken strich. Dabei musste man wenigstens nicht wirklich nachdenken und das würde hoffentlich Daniel wieder zu Verstand bringen. Daniel erwiderte den Kuss, beließ es allerdings nicht bei dem langsamen, vorsichtigen, den Serdall angestimmt hatte, sondern brachte eine Spur Verzweiflung und Hektik mit rein. Anschließend lehnte er die Stirn gegen Serdalls Schulter, ließ kurz das Zittern zu, das durch seinen Körper lief und seufzte schwer. Serdall verstand langsam, was in Daniel abging. Es sprach Bände für ihn, wie Daniels Körper reagierte. Er kannte das von sich selbst zu genüge und dass Daniel das einmal durchmachen würde, versetzte ihm einen schmerzvollen Stich. „Wehr dich nicht dagegen“, flüsterte Serdall ernst und begann Daniels Hose aufzuknöpfen, um dann mit den Händen hinten einzutauchen und Daniels Po zu massieren. „Ich will mit dir vögeln“, surrte Serdall lasziv und hoffte, dass es das war, was Daniel die letzte Barriere nehmen ließ, um endlich wieder so zu sein, wie Serdall es mochte. Fordernd und ein klein wenig gesund egoistisch. Leidlich stöhnte Daniel auf, zerrte stärker am Handtuch und presste sein Gesicht hart in Serdalls Halsbeuge. Das konnte er ihm nicht antun. Wie sollte er da standhaft bleiben, wenn Serdall auch noch auf Dirty Talk umschwenkte? An etwas Anderes denken. Das Wetter draußen, seine geschriebenen Klausuren oder den pickligen Typen, der immer hinter ihm in der Uni saß. Allerdings verwandelte sich der pickligen Typ vor Daniels innerem Auge in Serdall, der im Übrigen gerade mit seinem Mittelfinger Daniels Muskelring massierte. Zitternd und leise vor sich hin stöhnend machte Daniel Anstalten in Serdall hineinzukriechen, um dieser Situation zu entgehen. Serdall zog überrascht eine Augenbraue nach oben. Warum sträubte sich Daniel denn so? „Daniel“, hauchte Serdall und leckte mit der Zungenspitze über Daniels Ohrmuschel, bevor er leicht knurrend hineinbiss. „Warum ziehst du dich nicht aus, spreizt die Beine und lässt dich da nieder, wo es mir gefällt? Mir fehlt mein wilder Reiter“, flüsterte er schmutzig und bedankte sich insgeheim bei Dustin, der ihm diesen kleinen Trick verraten hatte. Nun, sie hatten vor einer Woche ein ziemlich ernstes Gespräch gehabt und es ging um Sex. Serdall hatte nicht ewig im Dunkeln tapern wollen, auf was Daniel wirklich abfuhr und da hatte ihm sein Schwager auch das verraten. Nun, es würde das einzige Gespräch mit Dustin im Bezug auf dieses Thema bleiben und dass Serdall dabei leicht angetrunken gewesen war, hatte die Sache enorm erleichtert. Trotzdem bestand für ihn kein Wiederholungsbedarf. Eigentlich hatte Serdall ja gedacht, dass er nie so schmutzig reden bräuchte und auch würde, aber dies war ein besonderer Notfall. Verzweifelt biss sich Daniel auf die Lippe und resignierte dann. Serdall hatte es so gewollt. Er hätte ihn nicht so heiß machen dürfen. Außerdem ging Daniel ohnehin davon aus, dass das Serdalls Absicht gewesen war, sonst hätte er nicht alle Register gezogen, um Daniel aus der Reserve zu locken. Warum er es getan hatte, würde später geklärt werden, aber jetzt wollte Daniel erst einmal sein Recht einfordern. Fast schon fauchend stürzte er sich auf Serdall und drückte ihn nach hinten auf die Badezimmerfliesen. Das Handtuch wurde beiseite gezogen und Serdalls Mund stürmisch mit Daniels verschlossen. Befreit stöhnte der auf und ließ seine Hände über Serdalls Brust fahren. Serdall ging innerlich aufseufzend darauf ein. So war ihm das um ein Vielfaches lieber. Wer wollte denn einen willenlosen Partner, der zu allem ja und Amen sagte? Besonders Daniel war nie so und wenn es Serdall je gestört hätte, dass er war wie er war, dann hätte er das gesagt. Er liebte Daniel, alles an ihm. Laut in den Kuss stöhnend half Serdall Daniel hektisch dabei, sich aus Hose und Shorts zu befreien. Als sich Daniel plötzlich wieder etwas beruhigte, schaltete Serdall sich ein. „Komm schon, Dan, ich dachte du hast mehr drauf. Ich will vögeln und kein Kaffeekränzchen veranstalten“, raunzte er und grub die Hände fest in Daniels Hintern, schob ihn eng gegen sein Becken, während er sich mit Daniel auf den Fliesen wälzte. Zum Glück war die Fußbodenheizung an und angenehm warm. Knurrend schob sich Serdall zwischen Daniels Beine und biss ihm leicht in den Innenschenkel, bevor er sich das Bein über die Schulter legte und sich wieder zu Daniels Mund beugte, seine Erregung an der eigenen entlang reibend. „Warum bist du… so?“, fragte Daniel keuchend, während er die Hände in Serdalls Haaren vergrub und sein Becken immer wieder leicht Serdalls entgegenbrachte. Ihm war unglaublich heiß und Erregung schoss in Schüben durch ihn hindurch, wie er sie lange nicht mehr gespürt hatte. Es war wahrlich nicht schlecht, wenn Serdall sich so aufbrausend benahm und so redete, aber normal war das nicht. Scheinbar war keiner von ihnen momentan normal. „Weil du nicht so bist wie sonst“, schnurrte Serdall und schnappte sich mit den Zähnen Daniels Unterlippe. Er tanzte mit der Zunge einen Moment darüber, ehe er von ihr abließ und sich dann Daniels Brustkorb widmete. „Was soll ich tun, Daniel, hm?“, fragte Serdall zwischen leichten Bissen in Daniels Haut. So war sein Freund wenigstens aus der Reserve zu locken und Serdall hoffte, dass dies langanhaltend war. Daniel entschloss sich für den Moment zumindest wieder zu sein wie sonst und nicht den lieben, netten, sanften Freund zu spielen. Vor allem, weil Serdall das momentan scheinbar ohnehin nicht wollte. „Eigentlich will ich, dass du mit dem ganzen Gefummel aufhörst und endlich zu dem kommst, auf das wir beide schon seit geraumer Zeit warten“, keuchte er. „Und das wäre?“, stellte sich Serdall dumm, wobei aber seine Finger nun eindeutig in tiefere Regionen wanderten. Wenigstens war Daniels Mundwerk schon wieder so, wie Serdall es mochte, fehlte nur noch der letzte Schliff. Serdall drang mit zwei Fingern in Daniel ein, während er einen unschuldigen Kuss auf Daniels Kinn hauchte. „Du willst es wirklich genau wissen, was?“, grummelte Daniel, auch wenn seine Stimme etwas wacklig klang. Ja, Serdall wollte es aus seinem Mund hören. Eher würde er ihn wohl nicht nehmen, wie Daniel ihn kannte. „Gut, wie du willst“, meinte er und zog Serdall etwas näher zu sich, sodass er in dessen Ohr flüstern konnte. „Ich will, dass du mich nimmst. Jetzt gleich. Scheiß auf Gleitcreme oder Kondom, Spucke tut es auch. Wehe, du wagst es langsam zu machen, dann beiß ich dich. Ich will, dass du mich in den Himmel vögelst. Schnell und hart.“ Daniel leckte abschließend einmal über Serdalls Ohrmuschel. Das war hoffentlich deutlich genug gewesen. „Wie du wünschst, Prinzesschen“, entgegnete Serdall ihm heiser und nahm seine noch freie Hand, um zwei Finger gegen Daniels Lippen zu schieben, während er mit der anderen immer noch in Daniel stieß. Sein Freund verstand und befeuchtete seine Finger mit Speichel, leckte und saugte erregend an ihnen, bevor Serdall die Hände wechselte und Daniel so vorbereitete wie er es wollte, kaum und nur mit ein bisschen Spucke. „Von vorne, hinten, im Stehen oder in der Wanne?“, fragte Serdall grinsend, setzte aber seine Gliedspitze schon an Daniels Anus, nachdem er seine Hand fortgenommen hatte. Daniel ruckte Serdall unerwartet entgegen und versenkte somit dessen Glied in sich. Kurz zischte er leicht schmerzlich auf, dann grinste er ihn triumphierend an. „Jetzt, gleich und hier und danach genau so, wie du es aufgezählt hat“, raunte er und bewegte sich auffordernd gegen Serdall. „Oh ja“, stöhnte Serdall erregt und biss sich auf die Unterlippe, ehe er sich aufrichtete und sich auch Daniels anderes Bein über die Schulter legte, bevor er ihn hart am Becken griff. Er hob Daniels Unterleib leicht an, um sich dann schnell und genau so wie es Daniel mochte in ihm zu versenken. Dabei konzentrierte er sich einzig und allein darauf, dass er nicht aus seinem atemraubenden Rhythmus kam und Daniel zum Stöhnen brachte. Das würde Daniel den Flitz austreiben selbstlos zu sein und nur auf Serdall achten zu wollen, sich dabei selbst total übergehend. Unaufhörlich verließen spitze Lustlaute Daniels Mund. Seine Hände fuhren fahrig über den Boden in der Hoffnung, irgendwo Halt zu finden, doch vergebens. Serdall war zu weit von ihm entfernt und so war Daniel dazu gezwungen, in seinen sich überschlagenden Gefühlen fast zu ertrinken. Leises Wimmern gesellte sich zu seinen Schreien und seine rechte Hand schloss sich im nächsten Moment fest um sein Glied, um es mit Serdalls Stößen im Einklang zu pumpen. Serdall grinste entrückt über Daniels Gebärden und bewegte weiter sein Becken. Gott, er hätte nie gedacht, dass er jemals mit Daniel so im Bad schlafen würde, so komplett hemmungslos. Doch das war jetzt eher zweitrangig. Er wurde noch einen Tick schneller, sodass Haut auf Haut lautstark aufeinander klatschte, gepaart mit Daniels lustvollen Schreien. Ein Ruck ging durch Daniel hindurch, bei dem er hochschnellte und sich an Serdalls Hals klammerte. Serdall fasste sofort nach Daniels Rücken, klemmte ihn an sich, wobei Daniels Kniekehlen auf seinen Ellenbeugen lagen. Er vollführte die letzten finalen Stöße, bei denen er sich tief in Daniel versenkte, während Daniels Sperma sich nach und nach zwischen ihnen verteilte und er atemlos an Serdall hing. Noch in den Nachwehen seines Orgasmus gefangen und entrückt lächelnd seufzte Daniel zufrieden auf. Das war nach den vier Wochen Kuschelsex eine wirklich willkommene Abwechslung gewesen. Er lehnte sein Gesicht an Serdalls verschwitzte Brust und hauchte kleine Küsse darauf, spürte den leichten Salzgeschmack auf seiner Zunge. Daniel streckte sich kurz und kerkerte Serdalls Glied so einen Moment in sich ein, was ihm ein leises Stöhnen einbrachte. Keuchend legte Serdall Daniel zurück auf die Fliesen und stützte sich schwer atmend links und rechts von ihm ab. „Das war Nummer eins“, grinste Serdall verschmitzt und begann nach einer kurzen Pause wieder seine Hände über Daniels Körper zu schicken. Nachdrücklich glitten seine Handflächen über Daniels Seiten, über die Hüfte bis zu seinen Knien und wieder hinauf, während Serdall sich mit dem Mund über Daniels Torso arbeitete. Wenn Daniel sich zierte, würde Serdall ihn schon wieder in Stimmung bringen. „Serdall, bist du irre?“, fragte Daniel grinsend. „Willst du jetzt echt alles durchmachen? Wie war das? Von vorn, von hinten, im Stehen und in der Wanne oder so?“ „Also von vorn haben wir ja schon“, raunte Serdall verführerisch und knabberte sich an Daniels Kinn entlang. „Sag jetzt nicht, dass du nicht willst. Das kauf ich dir nämlich nicht ab.“ „Ich würde es mir noch nicht einmal selbst abkaufen, da mein Körper mich hintergeht“, antwortete Daniel nüchtern und sein Blick folgte Serdalls zu seinem schon wieder halb steifen Glied. „Ganz meine Meinung“, grinste Serdall und zwinkerte Daniel zu. „Wir reden nachher über deine komische Einstellung von vorhin“, hauchte Serdall und wanderte mit dem Mund nach unten. „Jetzt haben wir besseres vor“, flüsterte er, bevor er Daniels Penis zwischen seine Lippen nahm. Das Unbehagen, dass sich bei Serdalls Worten kurz in Daniel breit gemacht hatte, wich anderen, willkommeneren Emotionen. Stöhnend schloss er die Augen und verwob seine rechte Hand in Serdalls Haaren. Diese stürmische Art, die bei Serdall ab und an zum Vorschein kam, hatte Daniel in den letzten Wochen auch irgendwie vermisst. „Lass uns für dich nächste Runde aber den Ort irgendwie wechseln“, keuchte Daniel abgehackt. „Ich habe keine Lust, mir die Knie aufzuscheuern.“ „Wir könnten auch das ‚im Stehen‘ mit dem ‚von hinten‘ verbinden“, murmelte Serdall einen Moment, ehe er wieder seinen Mund um Daniels Eichel legte. Er hatte gerade nicht unbedingt Lust den Ort zu wechseln, wenn sie dann sowieso wieder herkommen würden. „Könnten wir“, antwortete Daniel kurzatmig. Viermal würde auch wieder an seine Grenzen gehen, dreimal hingegen war eine gute Höchstgrenze, die ihn anschließend vollends befriedigt und gut erschöpft zurückließ. „Gut“, erwiderte Serdall und küsste sich wieder nach oben, um Daniel einen forschen Kuss zu geben, der seine eigene Erregung wieder anfachen sollte. Ganz ohne Gips an Arm und Bein war das Alles ein ganz neues Lebensgefühl und das wollte er jetzt auskosten. Insgeheim wollte er Daniel damit auch für die Wochen danken, in denen er sich so um ihn gesorgt hatte, aber da würde er sich noch etwas Anderes zusätzlich einfallen lassen. Daniel ließ seine Zunge über Serdalls Lippen tanzen und half ihm gleichzeitig aufzustehen, da Serdall noch etwas wacklig auf den Beinen war. Er lehnte sich an die Wand und schauderte kurz, als sein erhitzter Körper auf die kalten Fliesen traf. Fahrig ließ Daniel seine Hände über Serdalls Rücken und dessen Brust fahren und streifte immer wieder kurz das erigierte Glied. Serdall lagerte seinen Stand unbewusst auf sein rechtes Bein, das nicht verletzt gewesen war, während er Daniel eng mit den Armen umschlang. „Wieder hart und schnell?“, fragte Serdall leise, während er sich mit kleinen Bissen über Daniels Schulter arbeitete. Seine Hände wanderten über Daniels Hintern und hinab zu den Innenschenkeln. Er schob Daniels Beine ein wenig auseinander und fuhr wieder mit den Fingern hinauf, fühle die Feuchtigkeit, die an den Schenkeln hinab rann, bei der er auch sein Sperma vermutete, das gemäß der Schwerkraft wieder aus Daniel herausfloss. „Oder soll ich erst ein bisschen langsamer machen?“, flüsterte Serdall mit rauer Stimme und sah Daniel verschmitzte lächelnd ins Gesicht. „Lieber erst mal langsamer“, meinte Daniel und legte sofort einen Finger auf Serdalls Lippen, damit der gar nicht erst auf die Idee kam, ihm erneut zu widersprechen oder irgendwas zu vermuten. „Wenn wir in dem Tempo weitermachen, bin ich wohl morgen schlechter auf den Beinen als du und wir können uns noch nicht einmal mehr gegenseitig stützen, ohne umzukippen. Das Gelächter möchte ich dann eigentlich nicht unbedingt hören.“ Es war wirklich nicht so, dass Daniel es jetzt ein wenig langsamer angehen wollte, weil er wieder Rücksicht auf Serdall nahm. Wobei ihm jetzt einfiel, dass Serdall nachher mit ihm reden wollte. Darauf freute Daniel sich so gar nicht, aber es war wohl nicht abzuwenden und bis dahin wollte er alles Schöne mitnehmen. Serdall lächelte schief. Auch wenn es niedlich war, wenn Daniel o-beinig durch die Gegend lief, wusste er doch nur zu gut, dass es nicht besonders lustig war, wenn man selbst betroffen war. „Du wirst trotzdem nachher nicht viel laufen können“, murmelte Serdall heiser und leckte quer über Daniels Kehlkopf. „Und jetzt dreh dich um“, hauchte Serdall und fasste Daniel bei der Schulter, um ihn frontal gegen die Wand zu schieben und sich von hinten eng an ihn zu schieben und sanft und mit einem langsamen Stoß in ihn einzudringen. Hart griff Serdall nach der schmalen Hüfte und hielt sie still, als Daniel ihm entgegenkommen wollte. Daniel knurrte unwillig, erinnerte sich dann allerdings daran, dass er eben noch gesagt hatte, er wollte es jetzt etwas langsamer angehen. Seufzend presste er seine erhitzten Wangen gegen die Wand und versuchte sich zu entspannen und etwas ruhiger zu werden. Mit einer Hand wanderte Serdall Daniels Wirbelsäule hinab und schob mit einem Fuß Daniels Beine noch ein wenig auseinander. „Alles klar?“, fragte er leise und wanderte mit seiner Hand nach vorne, um Daniels Glied zu umfassen. Serdall hoffte, dass ihr rabiater Sex von davor nicht schon jetzt Daniel seinen Tribut abverlangte. Die Seife würden sie zumindest nachher in der Wanne nur sparsam benutzen, so viel war sicher. „Klar ist alles klar“, murmelte Daniel und wartete ungeduldig darauf, dass Serdall sich endlich mal bewegte. „Ich glaub, ich will es doch nicht allzu langsam“, gab er etwas peinlich berührt zu. Er hatte heute schon Blut geleckt und das lange Warten war gerade nichts für ihn. Es musste nicht extrem hart und schnell sein, allerdings wäre es schon ganz schön, wenn Serdall seinen Arsch langsam mal bewegen würde. Daniel versuchte zurückzuzucken, wurde aber immer noch an der Hüfte festgehalten. Protestierend knurrte er auf. Serdall lachte rau an Daniels Ohr und ließ seine Zunge erregend dahinter gleiten. „Wie du willst“, erwiderte Serdall, rutschte dabei ins Japanische, was Daniel eine Gänsehaut bereitete. Wieder lachte Serdall tief und begann dann ein sachtes Tempo anzuschlagen, das Daniel zufriedenstimmen sollte. Befreit aufseufzend schloss Daniel die Augen und stabilisierte sich noch etwas mehr an der Wand. Es machte ihn jedes Mal ganz wuschig, wenn Serdall in ihn eindrang und dann stundenlang nichts passierte. Nach dem Sex war es okay, da hatte er es gern, wenn er das fremde Glied noch etwas in sich spüren konnte, doch so forderte Serdall jedes Mal seine Geduld heraus, die Daniel bekanntlich nicht wirklich besaß. Serdall bemerkte, wie Daniel bei diesem Tempo ungeduldiger wurde und versuchte die Fingernägel in die Fliesen zu krallen. Er kannte diese kleinen Anzeichen doch schon zu gut und diesmal würde er sie nicht ignorieren. „Sag Gott hallo, wenn du Himmel bist“, flüsterte Serdall an Daniels Wange, lehnte sich dann zurück, um einen harten Rhythmus einzuschlagen, der Daniel auf die Zehenspitzen trieb. Stöhnend brachte Daniel eine Hand zwischen seine Stirn und die Wand, damit er nicht harte Bekanntschaft mit den Fliesen machte und kam Serdall entgegen. Als der noch den Winkel ein wenig änderte und jetzt mit jedem Stoß die Prostata reizte, verwandelte sich Daniels Stöhnen in spitze Schreie und seine freie Hand griff fahrig nach hinten und legte sich in Serdalls Nacken, um ihn in einen harten Kuss zu ziehen. Der dämpfte später auch Daniels Lustlaut, als er seinen zweiten Höhepunkt an diesem Tag erreichte. Zittrig sank er zurück gegen die Wand. „Hallo“, murmelte er schwach und mit zu einem Lächeln verzogenen Mundwinkeln. Serdall grinste, während er sich noch mit zwei Stößen selbst zum Orgasmus brachte und dann schlaff an Daniel hing, sich mit einer Hand an der Wand abstützend. „Jetzt erst mal eine Pause“, seufzte er matt und glitt aus Daniel heraus. Er ließ die Hälfte des Badewassers ab und ließ heißes nachlaufen, ehe er einen Arm um Daniel schlang und ihn mit sich in die Wanne zog. Er stöhnte wohlig auf und umarmte Daniel zufrieden, der zwischen seinen Beinen und auf ihm lag. Daniel lächelte selig und schnipste mit halbgeschlossenen Augen immer etwas Schaum von den höchsten Bergen. „Weck mich, wenn ich anfange zu schrumpeln“, meinte er grinsend zu Serdall und legte sich bequem hin. „Es stehen aber noch eine Runde und ein Gespräch aus“, flüsterte Serdall und seine Hände glitten schon wieder nachdrücklicher über Daniels Körper. Also schlafen lassen würde er Daniel jetzt ganz sicher nicht, so viel war klar. Missmutig griff Daniel nach Serdalls Händen und hielt sie still. Das Gespräch und Sex standen wohl zueinander wie Himmel und Hölle und gerade hatte er zu dem Einen keine Kraft und zu dem Anderen keine Lust, wobei das Gespräch irgendwann geführt werden musste und dann wenigstens in einer angenehmen Atmosphäre. „Was willst du wissen?“, fragte Daniel nuschelnd und sah auf ihre ineinander verschränkten Finger. „Hm“, überlegte Serdall kurz laut und strich mit dem Daumen über Daniels Handrücken. Seinen blaugrünen Augen legten sich auf Daniels Gesicht, das halb von ihm abgewandt war. „Was war das vorhin? Du hast dich die letzten Wochen nicht so verhalten wie sonst und ich habe das auf meinen Unfall bezogen. Eben dass du Rücksicht auf meine Verletzungen nimmst, aber dass war heute wohl total unangebracht und eigentlich hättest du dich von selbst auf mich gestürzt, wenn alles so wäre wie sonst. Also, was war los?“ „Ich wusste eben einfach nicht, wie gut es deinem Arm und deinem Bein wieder geht. Ich wollte nicht dran schuld sein, wenn du nachher irgendwie extremen Muskelkater oder sowas hast“, murmelte Daniel ausweichend. „Weißt du eigentlich, dass du nicht lügen kannst?“, fragte Serdall neutral und sah Daniel missmutig ins Gesicht. „Du hast das ganz sicher nicht wegen meinen Verletzungen gemacht, ganz besonders nicht in der letzten Woche, wo ich ja eigentlich nahezu wieder gesund war und du mich trotzdem wie ein rohes Ei behandelt hast.“ Serdall griff nun wirklich wütend in Daniels Haare, als der einfach immer weiter seinem Blick auswich. „Warum verdammt spielst du plötzlich Mutter Theresa, wenn du eigentlich was Anderes willst? Du kannst mir nicht erzählen, dass du plötzlich süchtig nach langsamem Sex bist. Das haben die letzten beiden Male eben definitiv nicht gezeigt und du hasst es, morgens länger als nötig im Bett zu bleiben. Nur um mal einen der vielen weiteren Punkte anzuführen. Jetzt spuck es aus, Daniel, bevor mir der Kragen platzt. Wir haben genug Probleme hinter uns, aber ich möchte nicht, dass du deswegen ewig Schuldgefühle hast.“ „Du tust mir weh“, sagte Daniel langsam und versuchte etwas Zeit zu gewinnen, während seine Gedanken Achterbahn fuhren. Serdall ließ schnaubend von ihm ab, strich ihm aber versöhnlich über den Hinterkopf. „Entschuldige“, seufzte Serdall leise. Er hatte Angst, dass wieder irgendetwas mit Daniel war, das ihre Beziehung gefährden könnte und diese Angst machte ihn gerade rasend. Er schluckte angestrengt und versuchte dieses Gefühl niederzuringen. Abwartend sah Serdall ihn an. Daniel schüttelte den Kopf und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Was sollte er Serdall sagen? Dass er ihm etwas sagen musste war klar, denn sein Freund machte sich Sorgen, große Sorgen wie man sehen konnte. War es tatsächlich so verdächtig, wenn Daniel sich mal etwas liebe- und verständnisvoller benahm? Was das wirklich ein Grund zur Sorge? „Ich wollte eben auch mal Dinge tun, die dir gefallen und nicht nur Sachen, die mir in den Kram passen. Irgendwie ist das in der letzten Zeit viel zu häufig vorgekommen“, erklärte Daniel seufzend. Serdall strich sich fahrig durch die nassen Haare und stellte nun das heiße Wasser ab, da die Wanne mittlerweile voll war. „Es ist wirklich schön, wenn du ab und zu Dinge machst, die mir auch gefallen. Aber, wie gesagt: Ab und zu. Ich möchte definitiv nicht, dass du zu meinen kleinen Sklaven mutierst. Ich mag es, wenn du eben das Prinzesschen bist. Das bist nun mal du. Für mich brauchst du dich jetzt wirklich nicht mehr zurückhalten“, meinte Serdall halblaut und mit gerunzelter Stirn. Wie kam Daniel überhaupt auf den Gedanken, plötzlich so lieb zu ihm sein zu müssen? „Hm“, machte Daniel nachdenklich und schnappte sich Serdalls zweite Hand wieder. Dann würde er seine Bemühungen eben etwas zurückschrauben. Er hatte es in letzter Zeit wohl tatsächlich etwas übertrieben. Es musste wohl ein Zwischenweg zwischen Serdalls und seinen Wünschen gefunden werden, sodass sich keiner auf den Schlips getreten fühlte. Denn so sehr Daniel es in den letzten Wochen auf zu ignorieren versucht hatte, wirklich glücklich war er auch nicht, immer zurückzustecken. „Wie bist du überhaupt auf diese Idee gekommen?“, fragte Serdall das, was ihm nun im Kopf herumgeisterte. „So an sich habe ich mich doch nie wegen unseres Alltags beschwert und habe da auch keinen Änderungsgrund gesehen“, murmelte er leise und lehnte sich entspannter zurück. „Auch trotz des Unfalls nicht“, fügte er noch an. Klar, ein wenig hatten sie in der ersten Zeit langsamer machen müssen, aber dann, als es ihm besser gegangen war, war diese Art an Daniel nicht nötig gewesen. „Weiß nicht. Ich habe mir so meine Gedanken seit unseres Streits und der Beinahe-Trennung gemacht“, schwindelte Daniel. „Außerdem kannst du auch nicht behaupten, dass es dir nicht gefallen hat. Deswegen verstehe ich auch gar nicht, warum du dich überhaupt beschwerst.“ „Ich gebe zu, dass es mal ganz angenehm war, aber in den letzten beiden Wochen war es mir einfach zu viel. Mal ehrlich, du warst wirklich selbstlos und dein gesunder Egoismus war nahezu gar nicht vorhanden. Ich möchte aber, dass du mir ab und an sagst, was du möchtest, das tue ich ja auch. Schließlich haben wir eine Beziehung in der keiner irgendwie mehr zu sagen hat, als der andere. Und ich gebe dir gerne das, was du dir wünschst“, stellte Serdall leise klar und hauchte einen Kuss auf Daniels Lippen. „Ich habe mich eben in das Prinzesschen verliebt, das mich fordert.“ „Ich wusste schon immer, dass tief in dir drin ein Masochist steckt“, gab Daniel grinsend zurück und schmiegte sich dann wieder an Serdall. „Aber du hast recht. Ich schraube das von jetzt an etwas zurück. Aber keine Angst, du wirst nicht wieder jeden Morgen allein aufwachen müssen.“ „So?“, fragte Serdall verwirrt. Gerade da hätte er gedacht, dass Daniel sofort wieder umschwenken würde. „Und ich bin kein Masochist“, murrte er noch leise. „Ich liebe dich halt, auch wenn du ein paar ziemliche Macken hast“, triezte Serdall Daniel und sah ihm schelmisch in die Augen. „Nicht mehr als du“, gab Daniel beleidigt zurück. „Wenn ich die alle aufzählen sollte, säßen wir morgen noch hier. Aber sagen wir doch einfach, dass zwei Chaoten sich gefunden haben. Denn hergeben tu ich dich nicht mehr.“ Daniel gab Serdall einen dicken Schmatzer und drehte sich dann, sodass er mit dem Bauch auf ihm lag. „Das will ich hoffen“, erwiderte Serdall lächelnd und strich Daniel liebevoll durch die kurzen Haare. „Nun, es wäre ziemlich langweilig, wenn alles bei uns normal liefe, oder?“, murmelte er halblaut und seine Fingerspitzen kraulten über Daniels Rücken. „Wie steht es mit der letzten Runde?“, flüsterte er grinsend und ließ seine Hände zu Daniels Po gleiten. „Ich bin zu allen Schandtaten bereit“, lachte Daniel und küsste Serdall verlangend. „Gibst du mir mal bitte die Soße“, wandte Daniel sich beim Abendessen an Dustin und ertränkte anschließend seine Kartoffeln. Errötend wandte er den Blick ab, als Dustin ihm wissend zugrinste. Ob er auf eventuelle gehörte Geräusche am Nachmittag anspielte oder auf irgendwas Anderes, von dem Daniel gerade keine Ahnung hatte, was es genau war, wusste er nicht, aber er wusste, dass ihm alles extrem peinlich wäre. Bei Dustin konnte einem alles nur peinlich sein. „Daniel, ist alles okay?“, fragte Dustin nun feist und legte den Kopf leicht schief, ließ sich dabei auch nicht von Serdalls finsterem Blick beirren. „Sag mal, hast du Fieber? Oder ist das Essen zu ‚heiß‘“, lachte Serdalls Schwager und sah zufrieden, wie Daniel unwohl auf dem Stuhl hin und her rutschte. Das waren bestimmt ein paar Mal, die Serdall da losgelegt haben musste. Hilfesuchend sah Daniel zu Serdall. Mit Dustin allein konnte man vielleicht über Sex und dergleichen reden. Ab und zu. Allerdings wollte Daniel es dann doch vermeiden, wenn Serdall, Taki und Jana dabei waren und zuhören konnten. „Dustin“, fauchte der Violinist auch gleich drohend und sein Schwager hob abwehrend die Hände. „Ich war halt besorgt“, murrte der Blonde und grinste Daniel weiterhin an, bis er einen herben Rippenstoß von Ethan kassierte, der nun seinerseits entschuldigend zu Daniel lächelte. Serdall konnte einfach nur den Kopf schütteln. Warum hatte er Dustin nochmal hier wohnen lassen? Langsam war er sich nicht mehr über seinen sozialen Wert in dieser Hausgemeinschaft sicher. Seufzend aß Serdall weiter und strich Daniel einmal beruhigend über den Oberschenkel. Daniel schaufelte sein Essen in sich hinein und wischte Janas Mund immer mal wieder zwischenzeitlich ab. Die Hitze in seinem Kopf war leider nicht weniger geworden und er fragte sich, warum es ihm auf einmal so peinlich war, wenn Dustin sie beim Sex hören konnte. Das war immerhin nicht das erste Mal. Allerdings stellte sich auch die Frage, warum der dann so ein Drama daraus machte. Außer… Geschockt riss Daniel die Augen auf und starrte Dustin an. Die Türen waren offen gewesen, ihre Position von der Badtür aus gut einsehbar, während man von innen nicht so gut hinaus sehen konnte. Dustin würde doch nicht… Dustin begann augenblicklich unschuldig zu gucken, doch Ethan neben ihm wurde knallrot und versank nahezu vor Scham. Ahnte Daniel etwa, dass sie geluchst hatten? Nun, man konnte auch nicht erwarten, dass Dustin sich diese Show entgehen lassen hätte. Verlegen kratzte sich Dustin am Hinterkopf, ehe er den letzten Happs von seinem Teller aß und dann aufstand. „Wir gehen dann mal hoch“, meinte er eine Spur zu schnell, da Serdall ihn schon ziemlich misstrauisch ansah. Wenn der das rausbekam, dann war definitiv alles vorbei und Dustin schneller die Augen ausgestochen, als dass er ‚Cheese‘ sagen konnte. „Dustin“, knurrte Daniel gefährlich und hechtete ihm und Ethan hinterher. Er hatte nichts gegen anzügliche Bemerkungen oder diverse Lauschangriffe. Wenn sie das vermeiden wollten, mussten sie eben beim Sex leiser sein. Aber dass Dustin in ihr Zimmer kam und Ethan noch mitschleppte, war wirklich schon über der Grenze des guten Geschmacks. Das war kein zufälliges an der Küche Vorbeigehen, wenn er und Serdall gerade dort als kleines Abenteuer miteinander schliefen und keinen erwarteten, das war wissentliches Eindringen in die Privatsphäre und das ging selbst Daniel zu weit, obwohl er Dustin normalerweise viel durchgehen ließ. „Ja?“, meinte Dustin nur im Flur und drehte sich gelassen um, sich von Daniels Ausbruch nichts anmerken lassend. Er würde nichts zugeben, das stand fest. Ethan schlich sich weiter nach oben. Dustin würde das schon machen, so dachte er sich das zumindest. Daniel stieß Dustin hart vor die Brust, sodass er einen Schritt zurücktaumelte und blitzte ihn wütend an. „Hör mal zu, bei sowas vergesse ich sogar unsere Freundschaft. Serdall und ich sind nicht zwei billige Pornostars, an denen man sich aufgeilen kann. Wo war überhaupt Jana, als ihr meintet spannen zu müssen? Ihr solltet auf sie aufpassen, oder nicht?“ „Sag mal, geht’s noch?“, murrte Dustin und rieb sich über die Brust. „Wovon redest du überhaupt?“, stellte er sich dumm und tat gekränkt. „Glaubst du echt, dass wir es nötig haben, euch beim Poppen zuzusehen?“ Schnaubend bedachte Daniel seinen Mitbewohner mit einem Blick, der deutlich machte, was er von Dustins Frage hielt. Immerhin ließ der keine Gelegenheit aus, sie zu beobachten, zuzuhören oder dumme Kommentare zu machen. Von daher konnte Daniel sich die Antwort eigentlich echt schenken. Dustin rollte mit den Augen. „Einmal kurz geluchst, man. Glaubst du echt ich würde mich bei euch danebenstellen? Da ist mir mein Leben noch zu lieb“, gab Dustin nun zu und verschränkte die Arme. „Aber mal ehrlich, du schreist die ganze Zeit lüstern und ich soll da einfach so vorbeigehen? Dan, du kennst mich“, meinte er entschuldigend und legte seine beste Mitleidsmiene auf. Seine Neugierde war in der Hinsicht nun mal unschlagbar. „Und du kennst mich“, antwortete Daniel wütend und ignorierte Dustins Versuche, ihn zu beschwichtigen. „Du weißt, wie ich schreie. Wenn dich das wirklich so anmacht, dann stell dich meinetwegen in den Flur und hör zu, daran bin ich dann wenigstens selbst schuld, wenn ich nicht leise sein kann. Aber einfach ins Zimmer reinzukommen und zuzusehen geht einfach zu weit. Wenigstens ein bisschen Privatsphäre will ich haben und die nimmst du mir durch solche Aktionen.“ „Weil ich ein paar Sekunden zugeschaut habe? Ich wollte doch nur wissen, wo und wie ihr es macht, mehr nicht“, murrte Dustin genervt und verschränkte die Arme. Bei Daniels bitterbösem Blick zog Dustin leicht den Kopf ein. „Ist ja gut, ich mach es nie wieder“, murrte er nun und sah Daniel entschuldigend an. „Was machst du nie wieder?“, fragte Serdall skeptisch und kam mit Jana zu Daniel. Er sah sich die beiden etwas misstrauisch an, ehe er sich zu Daniel lehnte und ihm ins Ohr flüsterte. „Ich liebe es, wenn du so niedlich böse guckst“, raunte Serdall und strich Daniel aufreizend über den Po, bevor er ihm einen Kuss auf die Wange gab und Dustin ein ‚Reiß dich zusammen, sonst schmeiß ich dich raus‘, zublaffte. Nach einem letzten Blick in Daniels Augen und einem sanften Lächeln ging Serdall zusammen mit Taki und Jana ins Wohnzimmer, um dort den Fernseher anzumachen. Verdattert sah Daniel ihm hinterher. „Was war das denn?“, fragte Daniel mehr sich als Dustin und schüttelte verwirrt den Kopf. Erst einmal raunzte Serdall Dustin zwar an, weil es ihm scheinbar klar war, dass Dustin der Übeltäter war, dann wollte er aber doch nicht wissen, was Dustin gemacht hatte? Serdall wollte normalerweise immer wissen, was Dustin machte, wenn es um ihn und Daniel ging. Und was war das bitteschön für ein Kommentar zu Daniels Blick? Verwirrt kratzte Daniel sich an der Nase. „Muss ich ihn verstehen?“, fragte Dustin auch ziemlich verdattert und legte den Kopf leicht schief. „Ich glaub, er ist noch scharf auf dich“, grinste er nach einer Weile und wich lieber einen Schritt zurück. Wer wusste schon, wie Daniel nach der ganzen Sache auf solche Kommentare reagierte. „Der scheint irgendein schweres Trauma zu haben“, murmelte Daniel, ließ Dustin links liegen und stiefelte Serdall hinterher ins Wohnzimmer. Wenn der schon so seltsam positiv drauf war, musste das ausgekostet werden. „Dan?“, murmelte Dustin verwirrt und sah mit großen Augen hinter ihm her. Daniel hatte ihn noch nie so stehen lassen. Besonders nicht, wenn sie gerade ein brisantes Thema zu besprechen hatten. Sichtlich beleidigt ging Dustin nach oben. Serdall schien langsam wirklich rauszubekommen, wie er Daniel bei Laune hielt. Plötzlich breitete sich ein ehrliches Lächeln auf seinem Gesicht auf. Wenn Serdall endlich den Dreh raushatte, dann würde es wirklich keine Probleme mehr geben. „Ihr seid schon fertig mit reden?“, begrüßte Serdall Daniel, als der zu ihm kam und sich neben ihn setzte. Jana spielte auf dem Boden mit Taki und den Hunden. Lächelnd lehnte sich Serdall zu Daniel und schlang einen Arm um seine Taille, zog ihn mit einem Ruck näher neben sich. Daniel sah ihn leicht entsetzt an, als er sich bewusst wurde, dass er vergessen hatte, Dustin weiterhin eins auf die Nuss zu geben. Nun, das würde er nachher wohl noch nachholen. „Nein, irgendwie waren wir noch nicht ganz fertig“, meinte er stirnrunzelnd. „Aber ich denke, dass er weiß, worum es mir ging. Er hat sich ja auch entschuldigt“, fügte Daniel noch hinzu. „Und dir geht es grad gut, ja?“ „Ja“, hauchte Serdall und küsste Daniel mit zu einem Lächeln verzogenen Lippen. Seine Hand schummelte sich derweil von Daniels Hüfte zu dessen Po und hakte sich mit einem Daumen in den Hosenbund. „Ich bin nur gerade sehr glücklich“, flüsterte er und sah ihm einen Moment in die Augen, bevor er sich zu Daniels Ohr lehnte und leicht über das Ohrläppchen leckte. „Noch glücklicher wäre ich, wenn wir beide wieder nackt und allein wären“, summte er lasziv und seine Wange berührte Daniels leicht dabei. „Hmm, da lässt sich bestimmt was arrangieren“, antwortete Daniel grinsend und fuhr mit den Händen unter Serdalls Pullover und den warmen Rücken hinauf. „Dustin schuldet mir nämlich noch einen Gefallen und den werde ich dann nachher einfordern. Soll er dann einfach nochmal ein wenig auf Jana aufpassen.“ Er küsste Serdall kurz und rückte dann von ihm ab, um sich zu Jana zu setzten. Als Serdall kurz ein enttäuschtes Gesicht zog, schmiss Daniel ihm eines von Janas Stofftieren gegen die Stirn. Knurrend rieb sich Serdall über die Stirn, ehe er aufstand und sich genau hinter Daniel setzte und ihn mit den Armen umschlang. Seine Hände fuhren unter Daniels Pullover und strichen über den flachen Bauch während Serdall sein Kinn auf Daniels Schulter ablegte. „Wer hat dir denn erlaubt so frech zu sein“, wollte Serdall leise wissen und schob mit dem Fuß Jana eines ihrer Spielzeuge zu. Serdall würde sich von der Kleinen nicht mehr stören lassen, schließlich spielte Taki mit ihr und Daniel war da im Moment eh nicht wirklich zu gebrauchen. „Worüber habt ihr eigentlich so angeregt gesprochen?“, fragte Serdall nun und lehnte seine Wange an Daniels, ohne zu aufreizend mit den Händen an seinem Körper entlang zu gleiten. Einfach zusammen sein. Das wollte Serdall. „Du hast mir erlaubt so frech zu sein, schon vergessen?“, gab Daniel keck zurück. „Vorhin meintest du noch, dass du dein Prinzesschen haben willst und – tadaa – hier ist es.“ Er lehnte sich leicht zurück gegen Serdalls Brust und legte seine leicht kalten Hände auf Serdalls. „Und ich glaube wirklich nicht, dass du genau wissen möchtest, worüber wir geredet haben. Es reicht zu wissen, dass es um Dustins Vorlieben zu Spannen geht, in die er Ethan mit hineinzieht.“ „Wenn es mich aufregen würde, möchte ich es wohl wirklich lieber nicht wissen“, gab Serdall zu. Er hatte beschlossen nicht mehr so streng mit allen im Haus zu sein. Das brachte nur Ärger und er hatte langsam wirklich genug davon gehabt. „Ich überlasse dir jegliche Bestrafung, solange sie schön grausam ist“, murmelte er gegen Daniels Hals und begann leicht an der Haut dort zu saugen. Daniel drehte sich leicht zu ihm um, sodass Serdalls Lippen den Halt verloren, und sah ihn skeptisch an. „Du willst nicht genau wissen, was los war und Dustin dafür nicht eigenhändig den Hals umdrehen?“, fragte er erstaunt. Kurz darauf zuckte Daniel allerdings mit den Schultern. „Aber gut, ich übernehme gern den bestrafenden Part.“ Serdall lachte leise. „Ich gebe dir volle Verfügungsgewalt über meinen Schwager und wenn du willst richten wir einen Folterkeller ein, falls du auf sowas stehst“, grinste er vergnügt und kuschelte sich wieder näher an Daniel heran. „Aber vorerst kannst du Dustin dazu verdonnern, die Küche sauberzumachen. Da sieht’s aus wie ein Schlachtfeld, nach seiner Kochaktion.“ „Das wäre zumindest ein guter Anfang. Das wäre ohnehin seine Aufgabe, denn wer Dreck macht muss ihn auch wegräumen und er war diese Woche eben mit Kochen dran. Allerdings scheint er vor mir nach oben geflüchtet zu sein, aber entkommen wird er mir nicht.“ Daniel lachte leise auf. „Und auf den Vorschlag mit dem Folterkeller werde ich vielleicht sogar zurückkommen. Da wird Dustin dann eingesperrt und auf Sexentzug übers Wochenende gesetzt. Nur Wasser und Brot bekommt er zweimal am Tag gebracht.“ Verschmitzt grinsend hauchte Serdall Daniel einen Kuss auf die Wange. „Ich merke, dass ich beruhigt bleiben kann, denn du scheinst genau den richtigen Riecher für echt gemeine Foltermethoden zu haben. Da bin ich ja ein kleiner Fisch gegen“, lachte Serdall leise und beobachtete Jana dabei, wie sie versuchte auf Kimbas Rücken zu klettern. „Da kannst du mal sehen. In mir steckt auch noch irgendwo ein kleiner Yakuza“, grinste Daniel und lehnte sich wieder entspannt gegen Serdall. „Du bist immer so schön warm“, murmelte er und verschränkte seine Finger mit Serdalls angenehm temperierten Händen.“ „Ja, aber nur weil du immer so eisig bist. Kleine Frostbeule“, entgegnete Serdall ihm und schloss genießend die Augen. Er hätte es so furchtbar vermisst, mit Daniel so zusammen zu sein, wenn er sich von ihm getrennt hätte. Serdall wollte sich nicht ausmalen, wie sein Leben dann in Japan gewesen wäre. „Aber zum Glück bin ich deine lebende Heizung“, flüsterte Serdall und seufzte leise. „Ja, wenn ich dich nicht hätte“, bestätigte Daniel und zog ihn ein Stück mit sich nach vorn. „Los, rück mal“, forderte Daniel und schloss wohlig die Augen, als sie dem Kamin noch ein Stückchen näher waren und er jetzt Wärme von vorn und von hinten hatte. „Ich liebe mein Leben“, meinte er zufrieden lächelnd. „Und ich liebe dich“, entgegnete Serdall ihm und schlang glücklich die Arme um Daniels Schultern. Ja, Japan hätte ihn nie so glücklich machen können, wie er es hier in diesem Moment war. Daniel zu verzeihen war definitiv die richtige Entscheidung gewesen und Serdall glaubte fest daran, dass er sie nie bereuen würde. Daniel hatte seine Lektion gelernt und Serdall war sich einfach sicher, dass ihre Beziehung für dieses Leben bestimmt war. Egal wie kitschig romantisch das klang, sie würden niemals mehr voneinander loskommen und hoffentlich bis an ihr Lebensende unzertrennlich sein. ENDE Wir haben fertig. ;) Das war es dann also mit ‚Die Magie der Musik‘. Wir bedanken uns jetzt schon mal bei allen Lesern und Reviewschreibern, die bis hierhin durchgehalten haben, ABER!! es kommt noch ein Epilog. Der ist allerdings noch nicht geschrieben, wir haben aber eine Idee, die nur noch auf Papier gebannt werden muss. Allerdings wird das erst nach dem 7. Februar geschehen, da wir bis dahin noch Klausuren schreiben und wie lange das dauert, müssen wir mal sehen. Er wird wohl auf jeden Fall länger als ein normales Kapitel. Zum Inhalt nur soviel: Daniel und Serdall machen Urlaub. XD So, mal schauen, wen wir dann in ein bis zwei Wochen? wiedersehen. Danke für eure Aufmerksamkeit und vielleicht sieht man sich auch in unserer nächsten Story (die auch schon in Planung ist (die alte halbfertige ist im Müll gelandet), aber erst hochgeladen wird, wenn wir auch damit fertig oder zumindest ziemlich weit sind.) Liebe Grüße! Kapitel 15: Epilog ------------------ Epilog Seufzend schloss Daniel die Haustür hinter sich und rief kurz eine Begrüßung. Als ihm keiner antwortete war ihm schon klar, dass Dustin sich noch auf seiner Lehrerkonferenz befand, Ethan noch in der Uni weilte und Serdall auf dem Weg war, um Taki vom Karatetraining und Jana vom Kindergarten abzuholen. Missmutig machte sich Daniel auf den Weg in die Küche, ignorierte Kimba und Mücke, die um seine Beine herumliefen und nach Aufmerksamkeit verlangten und setzte einen Topf mit Wasser auf, um für sich ein spätes Mittagessen zu kochen. Er lehnte sich grübelnd an die Theke und starrte vor sich hin. Heute waren Serdall und er genau drei Jahre zusammen und er hatte für ihn… nichts. Kein vernünftiges Geschenk war ihm eingefallen. Irgendwie hatte er all seine Ideen während den letzten Geburtstagen und anderen Festen wie Weihnachten und Ostern aufgebraucht. Materielle Dinge waren etwas, das man Serdall nicht schenken konnte, weil er selbst genug Geld und Gelegenheiten hatte, um sich alles zu kaufen, was er haben wollte und an persönlichen Sachen war einfach nichts mehr vorhanden, was nicht schon benutzt worden wäre. Daniel stieß einen wütenden Schrei aus und lief in der Küche auf und ab. Er war nach seinen Vorlesungen noch in der Stadt gewesen, aber auch dort war ihm absolut nichts ins Auge gefallen. Und jetzt stand er hier mit der obligatorischen Schachtel Pralinen, die Serdall sowieso nicht essen würde, da er Süßzeug immer noch verabscheute, und verzweifelte daran, dass er zu solch einem wichtigen Ereignis wie einem Jahrestag kein Geschenk für seinen Freund hatte. Am liebsten wäre Daniel gar nicht nach Hause gekommen, aber er konnte sich auch nicht tagelang verstecken, bis ihm vielleicht doch nochmal irgendwann der entscheidende Einfall kam. Deprimiert blieb er vor dem nun kochenden Wasser stehen und schmiss den Reis hinein. Es war einfach nicht richtig, dass man so unkreativ wie er war und nicht dazu in der Lage, sich Gedanken um ein mickriges Geschenk zu machen. Für jeden fiel ihm etwas ein, nur Serdall war, wenn man Geschenke betrachtete, wie ein weißer Fleck auf der Landkarte. Daniel hörte einen Schlüssel in der Haustür und versteifte sich unbewusst. Fast schüchtern linste er aus der Küche in den Flur hinein. Dustin schmiss seine Tasche neben den Schuhschrank und lächelte, als er Daniel erblickte. „Was ist denn mit dir los?“, fragte er bei diesem unsicheren Blick und streifte sich die Schuhe ab, bevor er zu Daniel ging und ihn kurz umarmte. „Serdall hat dir wohl schon dein Geschenk gezeigt, was? Da kann ich dich verstehen. Vierzehn Stunden im Flugzeug, nur du und Serdall im Urlaub… das würde mir auch die Sprache verschlagen“, lachte Dustin, doch als Daniels Gesichtszüge entgleisten, blieb ihm dieses Lachen sprichwörtlich im Halse stecken. „Mist… Du wusstest das noch nicht!“, rief er panisch und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Serdall würde ihn töten, weil er ihm die Überraschung vermiest hatte. „Oh Gott!“, meinte Dustin nun fast hysterisch und biss sich auf die Lippe. Das würde ihm sein Schwager nicht verzeihen. Daniel war währenddessen mit großen Augen und den Kopf schüttelnd zwei Schritte zurückgewichen. Das konnte nicht sein, oder? Serdall machte ihm so ein großartiges Geschenk, wollte mit ihm in den Urlaub fliegen, den sie schon so lange geplant hatten, wo jedoch immer irgendwas dazwischengekommen war, er wollte laut Dustin sogar allein mit ihm fliegen, mal ganz abschalten, ohne Kinder, ohne Dustin und Ethan und er selbst… Nun noch verzweifelter ging Daniel schwach zum Küchentisch, setzte sich auf einen der Stühle und stützte den Kopf in die Hände. Egal, was er für Serdall gehabt hätte, wäre es nicht annähernd an einen Urlaub herangekommen, was für Serdall selbst wohl auch nicht so schlimm gewesen wäre, aber er hatte ja gar nichts außer diesem einfallslosen Pralinenherz. „Verdammt“, zischte Daniel mit unterdrückter Wut auf sich selbst in der Stimme. Nun doch etwas perplex ging Dustin zu Daniel und setzte sich neben ihn. „Du“, meinte er vorsichtig und winkte mit einer Hand vor Daniels Gesicht herum, als der nur apathisch vor sich hin starrte, „solltest dich jetzt eigentlich freuen und nicht verzweifeln.“ Doch als Dustin diesen Satz sagte, ging ihm im gleichen Moment auf, was Daniel nun so fertig machte. Er hatte nichts Ebenbürtiges, was er Serdall schenken könnte und das mauserte ihn. „Daniel“, sagte Dustin ernst und griff nach einer seiner Hände, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. „Er will von dir nichts haben und das weißt du. Serdall ist glücklich, wenn du glücklich bist. Auch wenn das mal wieder nur kitschig klingt, so ist er nun mal.“ „Das weiß ich“, knurrte Daniel und wich Dustins Blick aus. „Ich habe mich im Laufe der Zeit daran gewöhnt und es akzeptiert, dass Serdall mir teure Geschenke macht. Ich freue mich auch darüber, denn es sind Dinge, die ich mir selbst eben nicht leisten könnte und die ich nun doch besitze. Normalerweise hatte ich sonst auch immer sowas wie einen Fotokalender oder diverse Gutscheine für ihn. Serdall fand diese Dinge toll, weil er sich eben diese Sachen nicht selbst besorgen könnte, da es etwas Persönliches von mir war, aber dieses Jahr habe ich noch nicht einmal den leisesten Schimmer gehabt, was ich ihm schenken könnte. Ich habe gar nichts für ihn, Dustin“, gab Daniel die Wahrheit preis. Nun doch nachdenklich lehnte sich Dustin zurück und strich sich fahrig durch die blonden Haare. Daniel hatte es in der Hinsicht noch nie einfach gehabt und irgendwann mussten ja auch einmal die Möglichkeiten erschöpft sein, wenn es ums Beschenken von Serdall ging. Der Kerl war aber eigentlich auch mit wenig zufrieden zu stellen. Solange er Daniel, Taki und Jana hatte, war für ihn die Welt in Ordnung. Das hatte man im letzten Jahr gesehen, in dem Daniel und er nahezu nur in Harmonie gelebt hatten. Keine größeren Streits, keine Fast-Trennungen und keine Ausrutscher von Daniels Seite aus. Mehr wünschte sich Serdall wohl nicht und materielle Gegenstände ließen ihn nahezu kalt, außer es handelte sich um seine Geige. „Er wird’s verstehen“, meinte Dustin einfach. „Schließlich weiß er selbst, dass er alles hat und du ihm nicht mehr geben kannst, als dich selbst. Also freu dich bitte einfach über sein Geschenk. Das ist jetzt wohl das Einzige, was er sich wünscht“, meinte Dustin mit Galgenhumor und lächelte Daniel schief an. „Klasse“, zischte Daniel angepisst, schüttelte allerdings daraufhin den Kopf. Dustin konnte wohl am wenigsten etwas für seine derzeitige Situation. „Natürlich hat Serdall alles. Das weiß ich auch“, fuhr er schließlich fort. „Nur kann mir keiner sagen, dass es ihn kalt lässt, wenn der eigene Freund zum Jahrestag kein Geschenk für ihn hat. So wenig er auch von mir haben möchte, etwas wäre wohl schon ganz schön. Aber was ist ihm denn wichtig? Die Kinder, seine Geige…“ Daniel stockte kurz und verzog nachdenklich und ein wenig leidlich das Gesicht. „Oh man, ich weiß, dass ich das bereuen werde, aber ich glaube, ich habe dann doch noch etwas für ihn gefunden“, nuschelte er und seufzte danach einmal kurz. „Aha?“, sagte Dustin verwirrt und legte den Kopf schief. „Würdest du mich bitte aufklären?“ „Jana“, begann Daniel seine Erklärung. „Serdall versucht mich doch schon seit Monaten zu überreden, dass er ihr eine Geige kaufen darf, aber ich hatte die Befürchtung, dass ich verrückt werde, wenn sie die ganze Zeit auf ihrem Instrument herum quietscht. Die Befürchtung habe ich zwar immer noch, aber wozu gibt es Ohropax und ich kann mich immer noch nach oben zurückziehen, wenn Serdall versucht, ihr etwas beizubringen. Ich glaube, er hat irgendwie das Gefühl, bei Taki etwas in der Hinsicht verpasst zu haben. Er liebt seine Geige so sehr und sein Sohn hatte sie noch nicht einmal in den Händen. Wenn Jana Spaß dran hat, soll sie meinetwegen Geige spielen lernen. Wenn sie sie mit drei Jahren überhaupt halten kann.“ „Das ist nicht dein Ernst“, fuhr Dustin ihn an. Jana und Geige spielen? Das hielt er nicht aus. Vor allem die schiefen Töne... Dustin seufzte unglücklich bei Daniels ernstem Blick. Er wollte ansetzen mit Daniel darüber zu diskutieren, doch da ertönten Geräusche an der Haustür und im nächsten Moment kam erst Taki in die Küche und dann Serdall mit Jana auf dem Arm. Sogleich begann sie unruhig auf seinem Arm zu hibbeln und Serdall ließ sie runter, damit sie zu Daniel gehen konnte. „Hallo“, murmelte Serdall misstrauisch, da Daniel ihn unsicher ansah und Dustin sich dezent in Richtung Tür verziehen wollte. Augenrollend schüttelte Serdall den Kopf, gab Daniel zur Begrüßung einen kurzen Kuss, ehe er auf Dustin zusteuerte, ihn am Ellenbogen packte und in den Flur zog. „Du hast es ihm erzählt“, zischte Serdall wütend und stieß Dustin vor die Brust. „Serdall, ich hab mich verplappert. Es tut mir leid“, meinte Dustin abwehrend und versuchte dem nächsten Schlag gegen seine Brust auszuweichen. Serdall war sauer, aber richtig. Dieser Urlaub war so gut geplant worden, ohne dass Daniel nur den leisesten Wind davon bekommen hätte und Dustin vermieste ihm die Überraschung. Zornig ballte Serdall die Hände und funkelte Dustin mordlustig an. Oh, wenn er nicht mein Schwager wäre, knurrte er in Gedanken und wandte sich dann mit einem leisen Schnauben ab. Er konnte das jetzt auch nicht mehr ändern. Daniel und Jana würden jetzt wieder ihre Zeit für sich brauchen. Das war so das Ritual geworden. Nach dem Kindergarten eben die Zeit für Daniel und seine Tochter, in der Serdall entweder mit Taki etwas tat, einfach las oder Geige spielte. Seufzend ging er ins Wohnzimmer und setzte sich auf das Sofa, ehe er den Kopf in den Händen vergrub. Wieso lief nie etwas so, wie er es plante, wenn es um Daniel ging? Eigentlich müsste er es gewohnt sein, doch diesmal mauserte ihn das mehr, als er es zugeben wollte. Gerade weil Daniel jetzt sicher wieder irgendwelche Hemmungen entwickeln und den Urlaub nicht genießen würde, aus Gründen, die in Serdalls Augen nur banal sein konnten. Daniel hatte währenddessen in der Küche seine Tochter begrüßt und setzte sie nun in ihren Stuhl am Tisch. „Möchtest du auch noch Reis?“, wandte er sich an Jana, doch die schüttelte nur den Kopf. Daniel war das eigentlich ganz recht. In dem ganzen Stress eben hatte er vollkommen vergessen, dass es zu Reis am besten auch noch irgendeine Soße geben sollte und ihn Jana trocken oder mit Ketchup anzubieten war auch nicht gerade das, was er wollte. „Darf ich einen Keks haben?“, kam stattdessen Janas Frage und Daniel nickte grinsend. Immerhin war es fast Kaffeezeit und wenn Jana ihn so lieb um etwas bat, konnte er ohnehin schlecht nein sagen. Er wühlte in der Keksdose und gab Jana einen ihrer Lieblingsschokokekse, bevor er den Reis abschüttete und sich zu ihr an den Tisch setzte. In Dustins Haut wollte er jetzt lieber nicht stecken. Serdall schien mal wieder mitbekommen zu haben, dass er Mist gebaut hatte und knöpfte ihn sich wohl gerade vor. Daniel beschloss, dass er gleich nach dem Essen seinen Freund aufsuchen würde, einmal um Dustin eventuell vor allzu schlimmen Sachen zu beschützen und dann, um mit ihm über den bevorstehenden Urlaub zu reden, von dem Daniel, wie ihm gerade auffiel, nichts weiter wusste. Weder wann sie fliegen würden, noch von wo, wohin oder wie lange. Langsam merkte er auch, wie er hibbelig wurde und sich ein penetrantes Dauergrinsen in seinem Gesicht festsetzte. Urlaub. Ja, darauf hatte er mal richtig Lust. Er war schon seit vier Jahren nicht mehr aus Deutschland rausgekommen. „Geh mal zu Kimba und Mücke und spiel ein wenig mit ihnen, ja?“, bat Daniel Jana schließlich, als sie mit essen fertig waren. „Ich komme gleich auch zu dir, aber ich muss noch kurz was mit deinem Daddy bereden.“ Jana nickte und stiefelte schon einmal in Richtung Wohnzimmer. Daniel ging ihr hinterher und sah Serdall dort auf der Couch sitzen. Glücklich sah er irgendwie nicht aus. Wahrscheinlich war er etwas geknickt, weil seine Überraschung nicht ganz so geklappt hatte, wie er es sich erhofft hatte. „Hey“, sprach Daniel ihn an und setzte sich neben Serdall. Serdall lächelte Daniel nur etwas unglücklich an und stützte sein Kinn in eine Hand, um zu Jana, Taki und den Hunden zu blicken, die gerade dabei waren den Garten unsicher zu machen, der mittlerweile zu einem kleinen Spielplatz mutiert war, mit Sandkasten, Rutsche und kleinem Klettergerüst, sowie einer obligatorischen Schaukel. „Eine Stunde“, murmelte Serdall plötzlich und sah Daniel nun in die hellblauen Augen. „Dann fahren wir los. Aber das weißt du ja sicher schon“, seufzte er leise. Daniel konnte nichts dafür, dass Dustin so ein Schwachmat war und nichts für sich behalten konnte. Aber eins war sicher, Dustin würde dafür noch einmal eine kleine Strafe bekommen, die Serdall sich noch überlegen würde. „Nein, eigentlich nicht“, gab Daniel lächelnd zurück und küsste Serdall kurz auf die Wange. Irgendwie war er schon ein klein wenig süß, wenn er so deprimiert aus der Wäsche schaute. Man hatte dann irgendwie das Bedürfnis, ihn in die Arme zu nehmen und durchzuknuddeln, bis er wieder glücklich war. Nicht, dass Daniel das machen würde oder Serdall nach so einer Attacke tatsächlich wieder gut gelaunt war. Daniel schüttelte über seine Gedanken grinsend den Kopf und lehnte sich dann an Serdall. „Bislang weiß ich nur, dass wir Urlaub machen werden“, meinte er noch. Sogleich legte Serdall seinen Arm um Daniels Schultern und begann nun doch etwas munterer zu lächeln. „Deine Sachen sind schon gepackt, das Taxi kommt um vier und es geht dann zum Flughafen“, flüsterte Serdall an Daniels Ohr und stupste leicht mit der Nase dagegen. „Eine Woche Japan und nur wir zwei“, hauchte er leise und seine Hand wanderte an Daniels Seite unter den Pullover und streichelte leicht über die bloße Haut. „Japan?“, fragte Daniel noch einmal nach und langsam aber sicher machte sich ein aufregendes Bauchkribbeln in ihm breit. Er wollte schon immer mal mit Serdall nach Japan, das Land sehen, in dem sein Freund ebenfalls zuhause war, wo er geboren worden war, wo dessen Bruder lebte. Nun gut, Fei musste er jetzt auch nicht unbedingt begegnen. „Wo genau fliegen wir denn hin? Ich bin noch nie geflogen. Hoffentlich wird mir nicht schlecht. Und ich hoffe, dass du für mich eine gute Kleiderwahl getroffen hast. Nicht, dass in meiner Tasche nur das alte Schlabberzeug liegt“, plapperte Daniel munter vor sich hin. „In meinen Augen wohl doch die richtige Kleiderwahl“, summte Serdall nun gut gelaunt und hauchte Daniel einen Kuss auf die Lippen. „Nämlich alles, was dich nicht zu gut aussehen lässt“, lachte er und fuhr Daniel durch die schwarzen Haare. Das stimmte zwar nicht, aber Daniel war in der Hinsicht doch etwas empfindlich und Serdall amüsierte es, dass sein Freund manchmal ein kleiner Narziss war. „Nein, auch deine Lieblingssachen hab ich eingepackt“, meinte er bei Daniels empörtem Blick beschwichtigend. „Und es geht in meine Geburtsstadt, Kyoto“, erklärte Serdall nun. „Nach Kyoto“, wiederholte Daniel noch einmal für sich, um diese Informationen richtig sacken zu lassen. „Hoffentlich laufen wir deinem Bruder dort nicht über den Weg. Der wohnt und arbeitet dort doch, oder? Und wir fliegen bestimmte erste Klasse. Ja, so lässt es sich bestimmt vierzehn Stunden im Flugzeug aushalten.“ Verträumt sah Daniel Serdall an und genoss die ihn streichelnde Hand. Es würde garantiert traumhaft werden, mit Serdall eine Woche zusammen durch Kyoto zu touren. Sie würden in einem tollen Hotel schlafen, die Sehenswürdigkeiten besichtigen, lecker essen gehen und eben alles machen, was man zu zweit in einem Urlaub eben so tat. Langsam legte sich in Serdall wirklich die Wut auf Dustin und es stieg seine Vorfreude auf diesen Flug. „Jetzt musst du aber noch die letzten Sachen zusammensuchen, die du vielleicht noch mitnehmen möchtest und den Anderen langsam ‚Tschüss‘ sagen. Wir haben wirklich nicht mehr viel Zeit bis wir los müssen“, erklärte Serdall nach einem Blick auf die Uhr. Er zog Daniel an der Hand in die Senkrechte und umarmte ihn nun endlich richtig. „Drei Jahre“, murmelte Serdall zusammenhanglos an Daniels Ohr und starrte an die gegenüberliegende Wand. Irgendwie lief die Zeit viel zu schnell. „Und es werden noch viele schöne Jahre folgen“, führte Daniel Serdalls Gedanken weiter und verwickelte ihn eine Zeit lang in einen sanften Kuss. Allerdings wurde es wohl tatsächlich langsam Zeit, dass er sich noch einmal umzog und seine letzten Sachen zusammensuchte. „Wer kümmert sich eigentlich um die Hunde und die Kinder, wenn wir nicht da sind? Und was hast du so für den Urlaub geplant?“, konnte er seine Neugierte jedoch nicht stoppen. „Dustin und Ethan kümmern sich um die Kinder“, erklärte Serdall und schob Daniel nun zum Flur und die Treppen hoch. Ihm behagte es zwar nicht, dass er die beiden allein ließ, aber Yoshiko hatte ihm versprochen, ab und an nach dem Rechten zu sehen, genauso Daniels Mutter. Das beruhigte wenigstens etwas Serdalls Nerven, die mittlerweile wirklich ziemlich blank lagen. Seit Wochen plante er nun schon das Ganze und jetzt, wo es fast soweit war, hatte er eine Heidenangst, dass noch irgendetwas schief gehen könnte. „Und für den Urlaub… Lass dich bitte einfach überraschen“, murmelte Serdall, als sie in ihrem Schlafzimmer angelangt waren, wo wirklich schon die gepackten Koffer standen. Etwas perplex starrte Daniel darauf. „Warum bekomme ich es eigentlich nie mit, wenn du etwas für uns planst und vorbereitest?“, murmelte er verständnislos. Er war zwar in der Uni, aber Serdall brauchte auch etwas Zeit, um die Koffer zu packen und eine Reise mit all ihren Ausflügen und so weiter zu buchen. Denn dass es etwas Besonderes sein würde, war eigentlich schon von vorneherein klar. „Weil ich viel zu gut im Überraschen bin?“, meinte Serdall nur lächelnd, doch dies fiel in sich zusammen, als er den Gedanken weiterspann. „Zumindest wenn ich Dustin nicht mit einbeziehe“, murrte er nun genervt und setzte sich aufs Bett. Er war fertig mit allem und es lag wirklich nur noch bei Daniel, fertig zu werden. Der setzte sich jetzt neben ihn und drückte Serdall zurück, sodass er auf dem Bett lag und Daniel sich halb über ihn schieben konnte. „Es war auch so eine echt tolle Überraschung. Ich habe nicht das Geringste geahnt und jetzt habe ich es eben zehn Minuten früher erfahren, allerdings auch nur einen Bruchteil. Sei ihm nicht zu böse. Er hat gedacht, dass du es mir schon gesagt hast und sich für uns gefreut.“ Beschwichtigend hauchte Daniel ein paar leichte Küsse auf Serdalls Lippen. „Trotzdem“, knurrte Serdall und drückte Daniel ein wenig von sich. „Es wäre mir lieber gewesen, wenn ich es dir zuerst gesagt hätte, weil es eben meine Überraschung war“, eröffnete Serdall bockig und wich Daniels Blick aus. Es war eine Kleinigkeit, die das Ganze nicht perfekt sein ließ und das machte Serdall nahezu wahnsinnig. Er versuchte tief durchzuatmen. Irgendwie steigerte er sich da hinein und das war nicht gerade förderlich für die Stimmung in den nächsten Stunden. „Ach, ist jetzt auch egal“, seufzte er und umrahmte Daniels Gesicht mit den Händen, ehe er ihm einen kurzen Kuss gab und ihn von sich schob. „Und jetzt beeil dich ein bisschen. Ich werde schnell noch den Anderen die letzten Anweisungen geben.“ Etwas unbehaglich sah Daniel sich in der großen Flughafenhalle um. Es war alles so riesig, weitläufig und irgendwie labyrinthartig hier, dass er schon nach den ersten zweihundert Metern, die sie gegangen waren, heillos die Orientierung verloren hatte und nur noch darauf vertrauen konnte, dass Serdall wusste, wo sie lang mussten. Der schien gerade allerdings auch nicht sonderlich gut gelaunt zu sein und so trottete Daniel seufzend neben ihm her und versuchte nicht in dem ganzen Gedränge, das hier herrschte, verloren zu gehen. Serdall schob gestresst ihren Gepäckwagen vor sich her und suchte ihren Schalter, um für ihren Flug einzuchecken. Endlich erblickte er ihn und sie kämpften sich durch die Menschenmassen. Daniel war unglaublich froh, als die die ganze Prozedur endlich hinter sich hatten und nach einem kurzen Aufenthalt in der Lobby nebeneinander im Flugzeug saßen. Serdalls Stimmung schien jetzt absolut im Keller. Er hasste solche Völkerversammlungen, aber hier in der ersten Klasse waren außer ihnen vielleicht noch acht weitere Leute anwesend. Hoffentlich würde er sich jetzt einigermaßen entspannen. Die Sitze waren auf jeden Fall unglaublich bequem und breit und Daniel konnte sich einmal dazwischen legen, so viel Platz hatte er zum Vordermann. Wenn Serdall hier nicht entspannen konnte. „Bringen Sie mir bitte einen Scotch“, knurrte Serdall in dem Moment die Stewardess an, die nach ihren Wünschen fragte. Als die Frau nickend ging, nahm sich Serdall das Buch, welches er sich zur Beschäftigung mitgenommen hatte und begann zu lesen. Gerade war er einfach nur froh, das nicht aberhunderte von Leuten um ihn herum liefen und er eigentlich nur noch abschalten musste. Er warf nur einen kurzen Blick auf Daniel, der nun aus dem Fenster blickte und dabei zusah, wie draußen die letzten Gepäckstücke verladen wurden. Seufzend wandte Daniel seinen Blick schließlich ab. „Ist das Starten schlimm?“, flüsterte er Serdall zu, der gerade eine Seite umblätterte. Er hatte doch ein klein wenig Flugangst. Angeblich sollte sich beim Start einem der Magen umdrehen, was war, wenn sie Luftlöcher passieren mussten oder wenn bei der Landung etwas schief ging? So ganz traute er diesem Stahlvogel hier nicht. Serdall zog eine Augenbraue nach oben und antwortete ohne aufzusehen. „Man glaubt, man muss sterben und die obligatorische Kotztüte bekommst du auch gleich“, meinte er nüchtern und vertiefte sich dann wieder in sein Buch. Daniel würde sich schon noch beruhigen, spätestens wenn sie in der Luft waren. Serdall hatte jetzt nicht wirklich die Ruhe dazu, Daniel lang und breit zu erklären, dass überhaupt nichts passieren konnte und er keine Angst zu haben brauchte. Verletzt wandte Daniel seinen Blick wieder aus dem Fenster, bis die Stewardessen kamen und den aus den Lautsprechern schallenden Text über diverse Vorsichtsmaßnahmen mit seltsamen Gesten verdeutlichten. Jetzt, wo er wusste, was überhaupt alles passieren konnte, auch wenn ihm gesagt worden war, wie er sich in solchen Situationen zu verhalten hatte, fühlte er sich nicht wirklich besser. Er schnallte sich wie gebeten an und sah dann wieder starr aus dem Fenster, als das Flugzeug mit einem leichten Ruck zu rollen begann. Seufzend fuhr sich Serdall durch die Haare und biss sich auf die Unterlippe. Er war mal wieder zu streng zu Daniel und gerade an ihrem Jahrestag sollte das nicht sein. Schmal lächelnd bemerkte er Daniels angespannte Haltung. Sein Freund schien wirklich Angst zu haben und er wies ihn so harsch ab. „Hey“, flüsterte Serdall und griff sich Daniels Hand, die geballt auf der Lehne lag. Er verschränkte ihre Finger und hauchte einen Kuss auf Daniels Handrücken. „Keine Angst, es schlägt am Anfang nur ein bisschen auf den Magen“, erklärte er leise und suchte Daniels Blick, um ihn zu beruhigen. Daniel lächelte schief zurück und versuchte sich etwas zu entspannen. Bislang war noch überhaupt nichts passiert und er schob schon solche Panik. Er atmete gerade tief durch, als das Flugzeug abhob. Entsetzt von dem Gefühl, das sich in seinem Magen ausbreite, krallte Daniel seine Hand in Serdalls, widerstand allerdings dem Drang, die Augen zuzukneifen. Nur wenig später ertönte ein leises Signal, das ihnen erlaubte sich abzuschnallen. Das Flugzeug flog jetzt ruhig. Zittrig fuhr Daniel sich mit der freien Hand durch die Haare. Das war irgendwie schlimmer als Achterbahn fahren gewesen und selbst das konnte er nicht leiden. Serdall musste leise lachen und strich mit dem Daumen über Daniels Handrücken. Er wusste gar nicht, dass Daniel in der Hinsicht so empfindlich war. Ihm selbst machte das Fliegen kaum mehr was aus, was wohl daran lag, dass er es schon ein paar Mal hinter sich hatte. „Alles klar? So schlimm war es doch wirklich nicht“, meinte Serdall immer noch vergnügt. „Und die nächsten vierzehn Stunden müssen wir nur einmal umsteigen, was heißt, dass du noch einmal das Vergnügen haben wirst, das Gefühl zu erleben.“ „Haha, danke für die Motivation, Schatz“, knurrte Daniel ironisch, konnte Serdall allerdings nicht wirklich böse sein. Es musste schon irgendwie dumm ausgesehen haben, wie er sich eben panisch an seinem Freund festgeklammert hatte. Allerdings ließ er auch jetzt dessen Hand nicht los. Es kam selten genug vor, dass Serdall in der Öffentlichkeit auf ihn zuging, da wollte Daniel das auch mal ausnutzen. Außerdem saßen die anderen Leute so weit von ihnen entfernt und waren genug mit sich selbst beschäftigt, da konnten sie auch mal ein wenig Zweisamkeit genießen. Serdall lachte nur leise und lehnte sich zurück. Die Stewardess kam mit seinem Glas Scotch und nun wirklich entspannt trank er seinen Alkohol. Die nächsten Stunden vergingen ziemlich schleppend und nach dem ersten Mal umsteigen machte sich auch langsam Müdigkeit in ihnen breit. Serdall bemerkte, wie Daniel immer wieder die Augen zufielen, aber er sich dennoch versuchte wachzuhalten. Etwas skeptisch beobachtete er dies aus den Augenwinkeln, während er weiter sein Buch las. Erneut riss Daniel den Kopf nach oben, als er wieder nach rechts in Richtung Serdall zu sacken drohte. Er hätte auch einfach seinen Sitz nach hinten klappen und schlafen können, wie es der Großteil der anderen Passagiere der ersten Klasse tat, doch so ganz ohne Serdall wollte er es sich dann auch nicht bequem machen und der schien gerade ziemlich in seinem Buch versunken zu sein. Daniel warf einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr. Halb zwei. Sie waren erst ungefähr die Hälfte der erwarteten Zeit unterwegs. Vielleicht sollte er doch schlafen. Aber die ganze Zeit dort so allein liegen… Nein, dann lieber doch nicht. Irgendwie war er heute sehr anhänglich. „Warum schläfst du nicht?“, fragte Serdall endlich, als er es nicht mehr mit ansehen konnte. Er klappte sein Buch zu und blickte Daniel in die müden Augen. „So geht die Zeit doch viel schneller rum“, meinte er noch leise und strich Daniel liebevoll über die Wange. „Ich…“ Daniel überlegte kurz. Er verhielt sich heute den ganzen Tag über schon etwas kindisch und klammerte irgendwie ziemlich, aber immerhin machten sie ihren ersten gemeinsamen Urlaub zusammen. Außerdem wollte er seine gemeinsame Zeit mit Serdall genießen. Er platzierte sein Kinn auf Serdall Schulter. „Ich bin es nicht mehr gewohnt, ohne dich zu schlafen“, flüsterte er dann leise in dessen Ohr und spürte, wie seine Wangen leicht rot wurden. Serdall rollte lächelnd mit den Augen. „Typisch für dich, Prinzesschen“, erwiderte Serdall leise und ließ ihre beiden Sitze nach hinten fallen, sodass sie sich hinlegen konnten. Serdall sah auf den Spalt zwischen ihren Sitzen, stützte den Kopf auf eine Hand und strich mit der anderen über Daniels Wange. Sein Freund legte sich etwas bequemer hin. „Besser so?“ „Viel besser“, meinte Daniel nickend und verschlang seine Finger wieder mit Serdalls Hand, die noch immer auf seiner Wange gelegen hatte. Befreit aufseufzend schloss er die Augen und zog die Decke, die eine Stewardess vor einiger Zeit schon im Hinblick auf die hereinbrechende Nacht vorbeigebracht hatte, von seinem Schoß ganz über sich. Lächelnd schnurrte er kurz. Nun wirklich amüsiert lachte Serdall leise, bevor er sich zu Daniel beugte und ihm einen Kuss auf die Schläfe hauchte. „Schlaf schön“, flüsterte er, legte sich nun auch gemütlich hin und zog die Decke über sich. Um sechzehn Uhr japanischer Zeit kamen sie schließlich am Flughafen an, wo sie in ein Taxi stiegen und weiter bis zu ihrem Hotel mitten in Kyoto fuhren. Wobei, Hotel konnte man das nicht unbedingt nennen. Eher ein Gasthaus. Daniel war etwas überrascht, als er vor dem scheinbar etwas älteren, im traditionellen Stil errichteten Gebäude stand. Er hatte fast damit gerechnet, dass Serdall wieder in der Suite eines hochklassigen Hotels einchecken würde, stattdessen waren sie jetzt mitten im Grünen vor dem doch etwas kleineren Haus oder was auch immer das war. „Sehen alle Hotels in Japan so aus?“, wollte Daniel von Serdall wissen, als sie zusammen aus dem Taxi stiegen. „Nein“, meinte Serdall und bezahlte den Taxifahrer, der ihr Gepäck bis zu Tür getragen hatte und sich nun immer wieder mit einer Verbeugung bedankte. „Das ist ein Ryokan, ein japanisches Gasthaus. Ich dachte mir, dass dir diese traditionelle Unterbringung besser gefallen würde, als ein Hotel.“ „Definitiv“, bestätigte Daniel freudig und sah sich einmal kurz um. Es war einfach traumhaft hier. Allerdings hatte er keine Zeit, wirklich alles auf sich wirken zu lassen, da eine Frau in einer Art Faschingskostüm und ein Mann sie in Empfang nahmen und begrüßten. Daniel verstand zwar kein Wort von dem, was gesprochen wurde, doch machte er Serdall einfach alles nach. Er zog seine Schuhe vor der Hausschwelle aus und schlüpfte in bereitgestellte Sandalen, bevor er dem Hausherren und seinem Freund zu einem Bad folgten, in das sie einen kurzen Blick warfen, bevor sie von der Hausherrin in ihr Zimmer geführt wurden. Staunend sah Daniel sich um, nachdem er auch hier seine Schuhe ausgezogen hatte, doch dieses Mal keinen Ersatz bekam, sondern in Socken weiterging. Der Raum war recht groß und mit einer Art Strohmatten ausgelegt. In der Mitte stand ein tiefer Tisch aus glänzend lackiertem Holz, auf dem ein Korb mit einem roten, aus Papier gefalteten Tier stand. Viel mehr gab es auch nicht zu sehen, was Daniel etwas verwunderte. Wo sollten sie denn schlafen? Diese Gedanken verflüchtigten sich allerdings, als er aus einem der Fenster in den traumhaft schönen japanischen Garten sah. Serdall setzte sich an den tiefen Tisch auf einen der Stühle, der seltsamerweise keine Beine hatte und kurz darauf kam die Hausherrin wieder und servierte ihnen Tee, bevor sie sich verbeugend und immer wieder sich ähnelnde Worte sprechend den Raum verließ. Daniel seufzte ob des grünen Gebräus vor ihm auf dem Tisch. Er mochte diese Art von Tee nicht sonderlich, aber vielleicht schmeckte die original japanische Variante ja. „Es ist so anders hier“, wandte er sich schließlich an Serdall. „Was genau wollte der Mann uns vorhin mit dem Bad sagen? Er hat dich irgendwas gefragt und etwas erklärt.“ „Er wollte uns nur zeigen wo das Bad ist und wissen, ob ich weiß wie sie es hier mit dem Waschen halten“, erklärte Serdall kurzangebunden und begann seinen Tee zu trinken. Er sah es Daniel an, dass es ihm hier gefiel. Seine hellblauen Augen glänzten regelrecht, wenn er sich umsah und Serdall ging dabei das Herz auf. Das hatte er sich gewünscht, dass Daniel sich einfach freute und glücklich war. „Morgen gehen wir in das Onsen, eine heiße Quelle. Heute habe ich nicht mehr sonderlich Lust dazu, in Ordnung?“ Serdall konnte diesen heißen Quellen nicht unbedingt sonderlich viel abgewinnen. Klar, man sagte ihnen die heilende Wirkung nach, aber Serdall schlug die Hitze eigentlich immer auf den Kreislauf und das war nicht wirklich schön. „Und ein wenig Sightseeing, aber jetzt ziehen wir erst mal die Yukatas an“, meinte Serdall nun grinsend und ging zu der einen Wand, an der diese traditionell japanischen Kleidungsstücke lagen und überreichte Daniel einen davon, bevor er begann sich zu entkleiden. „Sowas hatte die Frau vorhin auch an“, murmelte Daniel mehr zu sich als zu Serdall, als er sein Stoffpaket entfaltete und dann eine scheinbar endlose Stoffbahn in der Hand hielt, die irgendwo in der Mitte zwei Ärmel hatte. Mit schiefgelegtem Kopf drehte er den Yukata einmal und versuchte das Prinzip zu erkennen. Bei der Frau hatte es so ausgesehen, als hätte sie sich nicht in so viel Stoff eingewickelt, aber es war wohl nur eine etwas abgewandelte Variante des Bademantels. Schulterzuckend entledigte Daniel sich ebenfalls seiner Klamotten und sah kurz zu Serdall, der seinen Yukata schon zuschnürte. Etwas unbeholfen versuchte Daniel auch in seine Robe zu schlüpfen, doch irgendwie saß alles etwas schief und der Knoten vorn an seinem behelfsmäßig geschnürten Gürtel sah auch etwas arm aus. Serdall entgleisten etwas die Gesichtszüge, als er Daniel ansah und im selben Moment schüttelte er den Kopf. „So trägt man ihn nicht“, murmelte er halblaut und ging auf Daniel zu, wobei ihm etwas die Farbe aus dem Gesicht gewichen war, als er sich an die Bedeutung dieser Faltmethode entsann. „Du musst das linke Ende über das rechte Ende falten“, erklärte er, während er Daniels Gürtel wieder aufband und ihn nun richtig anzog. „So wie du ihn eben getragen hast, tragen nur die Toten ihn.“ „Irgendwie habt ihr viele seltsame Traditionen in Japan. Allein dieses Wechseln der Schuhe ist irgendwie komisch. Dann diese niedrigen Tische und jetzt muss ich sogar darauf achten, wie ich mir meinen Morgenmantel binde“, gab Daniel leise lachend zurück. Er sah an sich hinunter und beobachtete Serdalls flinke Finger, wie sie ihn professionell in den Yukata einbanden. So sah das Ganze doch schon wesentlich besser aus. Serdall strich noch eine kleine Falte glatt, ehe er Daniel ins Gesicht lächelte und ihn etwas von sich drückte, um ihn zu betrachten. „Sie lachen dich aus, wenn du ihn falsch bindest“, meinte Serdall grinsend und legte einen Finger unter Daniels Kinn. „Und das Ganze wird noch seltsamer. Warte bis wir unser Essen bekommen“, erklärte er diabolisch blickend und zwinkerte Daniel mit einem Auge an. „Springt mich das dann an, oder wie?“, wollte Daniel wissen, riss aber im nächsten Moment die Augen auf, als ihm wieder bewusst wurde, in welchem Land er sich eigentlich befand. „Nein, keine Stäbchen“, jammerte er. „Wenn ich mit Stäbchen essen muss, bin ich in einer Woche verhungert. „Ich lass dich schon nicht verhungern. Außerdem ist es eine gute Gelegenheit zu lernen, wie man damit richtig isst“, meinte Serdall ernst und setzte sich zurück an den niedrigen Tisch, um weiter den grünen Tee zu trinken. Es war wirklich mal schön wieder in Japan zu sein und Daniel dabei zu haben gab dem Ganzen etwas Besonderes. Wie viele Jahre war es überhaupt her, dass er richtig hier gewesen war? Sechs, sieben oder sogar acht Jahre? Serdall wusste es schon gar nicht mehr. Fei hatte er nicht Bescheid gesagt, dass er hier war und er hatte auch nicht die Absicht ihn das wissen zu lassen, auch wenn sein Bruder immer wieder drängte, dass er ihn besuchen kam. Serdall würde ihn an ihrem letzten Tag kurz besuchen, länger wollte er aber seinen Bruder und Daniel auch nicht aufeinander treffen lassen. Er hasste es, wenn die beiden sich stritten und gerade in seinem Urlaub wollte er das vermeiden. „Wozu soll ich lernen, wie man damit richtig isst?“, quengelte Daniel ein wenig. „In Deutschland haben wir Gabeln, da brauche ich dann diese zwei zu groß geratenen Zahnstocher nicht. Ich bin eben nicht so feinmotorisch veranlagt wie du.“ Er lehnte sich in seinem zu kurz geratenen Stuhl zurück und sah Serdall eine Zeit lang an. „Aber vielleicht habe ich ja doch einen lieben Freund, der mich erst einmal ins Handwerk einweist und notfalls füttert, wenn ich mich zu dumm anstellen sollte.“ „Hast du“, bestätigte Serdall ihn lächelnd. Es klopfte an der vorderen Tür, bevor eine Frau das Shoji, eine Sichttrennung aus Papier, die den Schuhbereich vom Raum trennte, aufschob. Sie brachte ihnen den ersten Gang ihres Abendessens. Serdall sah belustigt auf den Aperitif und den Sake, der vor ihnen abgestellt wurde. Er nickte nur in Anerkennung der Verbeugung, die ihre Hauswirtin wieder einmal vollführte, ehe sie wieder den Raum verließ. „Was ist das jetzt?“, fragte Daniel, da er das grüne Etwas vor sich nicht identifizieren konnte. Allerdings griff er als erstes beherzt nach dem Sake, der ihn vom Tisch aus so bestechend anlächelte. Er hatte schon lange keinen Sake mehr getrunken und irgendwie mochte er das Zeug, wenn es nicht ganz so stark war. Bevor Serdall antwortete nahm er Daniel die Sakeflasche aus der Hand. „Es ist hier Tradition, seinem Gegenüber einzuschenken, Daniel“, erklärte Serdall und wartet darauf, dass Daniel ihm sein Ochoko hinhielt, damit er ihm einschenken konnte, ehe er Daniel erläuterte was er da vor sich stehen hatte. „Das, was du vor dir hast, scheint marinierter Ingwer zu sein“, meinte Serdall nach einem skeptischen Blick. „Insgesamt ist das nur das Shiizakana, der Aperitif. Es folgen noch circa sechs bis sechzehn Gänge, da bin ich mir nicht sicher.“ „Sechs bis sechzehn Gänge?“, fragte Daniel fassungslos. Wobei, wenn sie genauso klein waren, wie der jetzige, sollte es zu schaffen sein. Serdall nahm entspannt seinen Ingwer zwischen die Stäbchen und versenkte ihn mit einem zielsicheren Happs im Mund. Daniel versuchte ihm nachzueifern, doch beim ersten Versucht landete sein Aperitif kopfüber wieder auf dem Teller. Er versuchte es noch einmal, doch da wurde schon wieder an der Tür geklopft und der nächste Gang gebracht. In Scheiben geschnittener roher Fisch, das konnte Daniel dieses Mal auch selbst sehen. An die japanische Küche würde er sich wohl noch gewöhnen müssen. „Wenn ich in dem Tempo weitermache, verliere ich den Kampf gegen die Zeit“, murrte er und aß seinen Ingwer schnell mit den Fingern. Serdall konnte über Daniel nur den Kopf schütteln. Er hoffte, dass Daniel in dieser Woche vielleicht doch noch etwas sicherer wurde mit Stäbchen zu essen. Reis mit den Fingern zu sich zu nehmen war auch nicht wirklich ansehnlich. Es folgte ein Gang nach dem anderen und Daniels Mimik sprach Bände, wann ihm etwas gefiel und wann nicht. Wie zu erwarten mochte er die süßeren Dinge lieber, wo Serdall eher weniger von aß. Dem Sake sprach Daniel am meisten zu, so wie er sich daran gütlich tat. Serdall verzog dabei etwas den Mund. Er konnte diesem Nationalgetränk immer noch nichts abgewinnen. Nach neun recht eigenwilligen aber nicht unbedingt schlechten Gängen, von denen Daniel das supersüße Dessert bei weitem am besten geschmeckt hatte, ließ er sich satt und zufrieden in seinen Stuhl zurückfallen. Mittlerweile war es schon kurz vor neun und der Jetlag machte sich bemerkbar. Als hätte sie es geahnt kam die Hausherrin wieder in ihr Zimmer und holte aus einem Schrank zwei Matratzen heraus, die sie auf dem Boden ausbreitete und den Tisch wegräumte. Interessiert inspizierte Daniel seine neue Schlafgelegenheit, die sich als gar nicht mal so unbequem erwies. Nur lag Serdall etwas weit von ihm weg und so zog Daniel dessen Schlafstätte ganz an seine heran. Als Daniel sich unter seine Decke geschoben hatte, löschte Serdall das Licht und legte sich unter seinem Futon nieder. „Gute Nacht“, murmelte Serdall mit einem recht blöden Grinsen im Gesicht. Er zählte schon die Sekunden, bis Daniel unter seinen Futon gekrochen kam, schließlich schliefen sie nur sehr sehr selten getrennt und Daniel war es einfach gewohnt, bei ihm zu sein. Und nicht, dass es Serdall lästig fand, eher im Gegenteil. Es war unglaublich schön mit Daniel einzuschlafen, aber die Art und Weise, wie Daniel zu ihm gekrochen kam, war immer wieder aufs Neue total amüsant und niedlich. Heute zog Daniel es vor kurz zu warten und die Atmosphäre in diesem Raum auf sich wirken zu lassen. Es roch irgendwie ganz anders als in ihrem Schlafzimmer zuhause, irgendwie nach Natur, was wohl von den Matten kam. Nach einiger Zeit hielt ihn allerdings nichts mehr an seinem Platz und er rückte näher an Serdall heran, bis sich ihre Körper durch die zwei Decken berührten. Langsam lupfte Daniel erst seine eigene Decke, bevor er auch Serdalls vom Boden hochhob und sich ganz an seinen Freund schmiegte. „So ist es auch besser“, meinte Serdall leise und strich Daniel über den Kopf, der auf seiner Brust ruhte. Es war irgendwie ein komisches Gefühl hier zu sein. Ohne Kinder, ohne Dustin und Ethan, ohne den Stress. Serdall fühlte regelrecht, wie langsam die Anspannung von ihm wich. Ja, sie hatten diesen Urlaub wohl bitter nötig gehabt. Nicht nur um ihrer Nerven willen, sondern auch um ihrer selbst und ihres Liebeslebens wegen. Serdalls Hand wanderte an Daniels Rücken abwärts und zum unteren Ende des Yukatas, das er vorsichtig nach oben schob, bis zu Daniels Boxershorts. Seine Finger schlüpften darunter und legten sich auf Daniels Kehrseite, wobei er Daniel enger gegen sich zog. „Morgen sollte ich wohl besser gar nichts drunter ziehen“, meinte Daniel kichernd und küsste Serdall einmal kurz auf den Mundwinkel. Geschockt stellte er mit einem Mal fest, dass er zwar hier mit seinem Freund lag und dessen Geschenk an ihn zu ihrem Jahrestag auskostete, Serdall allerdings noch nichts von seinem Geschenk mitgeteilt hatte. Aufstöhnend legte Daniel seine Stirn in Serdalls Halsbeuge, als er für sich feststellte, dass er die Pralinen sogar in seinem Zimmer gelassen hatte. „Jetzt ist unser Jahrestag durch die Zeitverschiebung schon fast zwei Tage vorbei und ich habe dir immer noch nichts gegeben“, sagte Daniel nun laut. „Wobei ich gestehen muss, dass ich das materielle nicht mithabe, aber ich glaube, die Nougatpralinen wären ohnehin für mich übrig geblieben.“ Serdall lachte leise auf und strich mit den Fingern etwas höher über Daniels Hüfte. „Ich füttere dich damit, wenn wir zurück sind“, meinte Serdall leise und begann mit der anderen Hand den Gürtel von Daniels Yukata zu lösen. „Außerdem brauchst du mir nichts zu schenken, du reichst mir voll und ganz“, flüsterte er leise, während er die erste Stoffhälfte von Daniels Schultern schob. „Hey, wozu habe ich mir das Ding angezogen, wenn du mich gleich wieder daraus befreist?“, fragte Daniel lachend, half Serdall allerdings dabei, auch die zweite Hälfte von seinem Körper zu streifen. „Und ich weiß, dass du von mir nichts erwartest und ich habe in dem Sinne auch kein richtiges Geschenk für dich, aber ich habe darüber nachgedacht und für mich festgestellt, dass ich davon nicht sterben werde, wenn du Jana Geige spielen beibringst, wenn sie das gern möchte. Dir hört sie ja auf jeden Fall gerne zu.“ Serdall stockte in seiner Bewegung und sah Daniel fassungslos an, was jener auch ganz gut im fahlen Mondlicht erkennen konnte. „Ist das dein Ernst?“, fragte er nun wirklich aufgeregt und küsste Daniel im nächsten Moment liebevoll auf den Mund. „Danke!“ Er fiel Daniel regelrecht um den Hals und drückte ihn fest an sich. Das war irgendwie das schönste Geschenk, das er ihm machen konnte. Die Kleine mochte seine Geige und Serdall wollte es ihr unbedingt beibringen, aber jegliche Versuche, Daniel davon zu überzeugen, waren bisher ins Leere gegangen. Dass sein Freund ihm das jetzt erlaubte, bedeutete ihm wirklich viel. „Naja, man merkt, dass du darauf brennst, die Freude an deiner Geige nicht nur mit jemandem zu teilen, der dir wie ich ab und an zuhört, sondern auch irgendwem beibringen willst, sie zu spielen. Und da Taki scheinbar nie Interesse gezeigt hat, Jana allerdings scheinbar schon, wäre es eigentlich ohnehin dumm von mir, dich zu beten, es zu lassen, weil mir sonst die Ohren abfallen. Ich verziehe mich dann einfach dezent aus dem Raum oder besorge mir Ohrenschützer.“ Grinsend ließ Daniel sich auf Serdall ziehen, den Yukata nur noch lose über seinen Schultern hängend. Er spielte mit dem Knoten an Serdalls Gürtel, bevor er ihn schließlich ganz löste. „Sie wird ein Naturtalent sein“, hauchte Serdall und streichelte mit Handflächen über Daniels Brustkorb und genoss die angenehme Schwere von Daniels Körper auf seinen Lenden. „Hm, was haben wir denn jetzt vor?“, fragte er in eindeutigem Tonfall, wobei er mit den Händen zu Daniels Oberschenkel wanderte. Diese Yukatas waren wirklich verdammt praktisch und Daniel jetzt so darin zu sehen, hatte etwas unwahrscheinlich Erregendes. „Ich hätte am liebsten etwas Licht, damit ich dich sehen kann, wie du in deinem Morgenmantel unter mir liegst, doch da ich keine Ahnung habe, wer alles um diese Uhrzeit durch den Garten geht und uns dann hier liegen sieht, beschränke ich mich lieber darauf, dich fürs Erste komplett auszuziehen“, raunte Daniel heiser. „Ich für meinen Teil betrachte unseren Urlaub auch als sowas wie Flitterwochen und werde mir deswegen das nehmen, was mir zusteht.“ „Hm“, schnurrte Serdall. „Das hört sich doch gut an“, erwiderte er leise und lehnte sich nach oben, um Daniels Hals zu erreichen und mit den Lippen zu liebkosen, während er Daniel dabei behilflich war, sich aus den Stoffbahnen zu schälen. „Nur musst du heute bitte sehr leise sein“, raunte Serdall an Daniels Ohr und biss leicht hinein. „Ich denke, dass du mir da bestimmt behilflich sein wirst“, grinste Daniel und küsste Serdall dann leidenschaftlich. „Schau mal, der Boden quietscht“, stellte Daniel am nächsten Tag fest, als sie im Schloss Nijo waren, nachdem sie schon einige Schreine und Tempel besichtigt hatten. Es war insgesamt bislang ein wunderbarer Tag gewesen, vor allem da er ihn komplett mit Serdall außerhalb ihrer vier Wände verbracht hatte. Aber Japan an sich war einfach interessant und sehenswert, wenn auch ab und an seltsam. Beispielsweise die beheizten Toiletten waren etwas, an das sich Daniel erst noch gewöhnen musste. Wer brauchte so viel Technik, um schnell für zwei Minuten das stille Örtchen aufzusuchen? „Nachtigallenböden“, erklärte Serdall lächelnd und zog Daniel mit sich weiter. Es war total schön mit ihm das Schloss zu besichtigen, da Daniels Begeisterung Serdall mit sich riss, auch wenn er diese Sehenswürdigkeiten nicht zum ersten Mal sah. Er war hier auch schon mit Louise und Taki gewesen und die Erinnerung daran mit dem Geschehen jetzt machte das Ganze noch schöner. Und irgendwie fühlte man sich wie in das alte Japan versetzt, wenn man durch dieses Schloss wanderte, die Malereien von Reihern, Vögeln und Kirschblüten betrachtete und den Garten bewunderte. „Du scheinst ziemlich viel über deine Heimatstadt zu wissen, obwohl du mit sechs Jahren schon umgezogen bist und seitdem nur noch ab und an zu Besuch hier warst“, bemerkte Daniel erstaunt und stoppte kurz, um den japanischen Garten etwas näher zu betrachten. „Ich bin während meiner Sommerferien in der Schulzeit sehr oft hier gewesen. Und irgendwie fasziniert mich dieses ganze Traditionelle doch ziemlich“, entgegnete er Daniel und fischte ein Blütenblatt einer Kirschblüte aus Daniels Haaren. „Gibt es hier eigentlich irgendwelche Feste, auf die man gehen könnte?“, fragte Daniel, während sein Blick hoch zum Kirschbaum wanderte, der ihm rosa entgegen leuchtete. „Ich habe gelesen, dass es hier Kirschblütenfeste und sowas gibt und mich würde schon interessieren, wie Japaner so feiern.“ „Morgen ist Buddhas Geburtstag“, meinte Serdall und sein Blick wanderte ebenfalls zu dem in voller Blüte stehenden Baum. „Da hatte ich eigentlich vor mit dir hinzugehen. Heute Abend ruhen wir uns noch ein bisschen aus, werden in ein Onsen gehen und danach sehen wir weiter. Am Ende der Woche besuchen wir vielleicht noch das Haus, in dem ich aufgewachsen bin“, murmelte Serdall zum Schluss und ging mit Daniel ein Stück weiter. „Wir gehen Fei besuchen“, interpretierte Daniel Serdalls Worte noch etwas anders und seufzte. Nun, es war zu erwarten gewesen. Wenn sie schon einmal in Kyoto waren, wollte Serdall bestimmt auch seinen Bruder sehen. Die beiden verstanden sich immerhin gut, auch wenn Daniel mit ihm noch so seine Differenzen hatte. Eigentlich von Feis Seite aus irgendwie verständlich, denn immerhin wollte er das Beste für seinen Bruder, was Daniel in seinen Augen nun einmal nicht verkörperte. „Aber gut, mich würde schon interessieren, wie und wo du gewohnt hast“, beendete Daniel seinen Gedankengang noch. „Wir besuchen ihn nur kurz“, erklärte Serdall seufzend und legte einen Arm um Daniels Taille. Irgendwie versetze es ihm einen Stich, dass Daniel und Fei sich nahezu hassten und Serdall dabei nur dazwischen stand, da beide Seiten eben nur für ihn das Beste wollten. „Ich will euch gar nicht zu lang zu nah kommen lassen und es ist sowieso gefährlich für uns zu lange bei ihm zu sein. Nur würde ich meine Schwägerin und Feis Kinder gern wiedersehen. Es ist schon ewig her und sie sind bestimmt schon fast erwachsen“, meinte er wehmütig. „Stimmt, Fei ist ja verheiratet“, fiel es Daniel wieder ein. Jetzt war seine Neugierde doch geweckt und er wollte die Frau sehen, die vierundzwanzig Stunden am Tag mit Fei unter einem Dach lebte. Nun, vielleicht auch nur zwölf, weil ihr Mann die restliche Zeit arbeitete. Daniel griff Serdalls Hand und zog ihn weiter, ließ ihn allerdings schon nach wenigen Schritten wieder los, weil er einerseits nicht wusste, wie man Homosexualität in Japan gegenüberstand und da Serdall es vielleicht nicht wollte, ihre Beziehung auch hier derart öffentlich zu machen. Serdall nahm diese Geste nicht wirklich als solche wahr und sie machten sich nach ein paar Stunden weiterem Sightseeing auf, um zurück in ihr Gasthaus zu fahren. Sie beschlossen nach dem Essen das Bad mit der heißen Quelle, dem Onsen, zu besuchen. Es war Serdall, der auf dem Weg dorthin etwas zögerlich war. Er mochte diese Quellen nicht, weil ihm einfach schwindelig davon wurde und er danach meist abklappte, wenn er zu lange darin blieb. Doch Daniel wusste ja, wie es um seinen Kreislauf bestellt war und würde es hoffentlich verstehen, wenn sie nicht zu lange blieben. Sie zogen sich in dem kleinen Vorraum aus und Serdall lachte leise, als er Daniels Blick auf die kleinen Schemel zum Waschen folgte. „Du musst dich ordentlich abschrubben, solange bist du glaubst, du schrubbst dir die Haut runter.“ „Wozu soll das gut sein? Ich dachte, wir steigen in ein Bad. Normalerweise wasche ich mich in der Badewanne und nicht bevor ich baden gehe“, meinte Daniel verständnislos. „Weil das Wasser heilig ist oder so. Zumindest hat es heilende Wirkung und da sollst du nicht mit deinem schmutzigen Körper rein“, lachte Serdall und schlug Daniel kurz auf den Po, bevor er sich auf einen der Schemel setzte und begann sich einzuseifen und abzuschrubben. Daniel ließ sich neben ihm nieder und machte Serdall mal wieder alles nach. Nach scheinbar endloser Zeit, in der sie sich gewaschen hatten, bis Daniel tatsächlich meinte, dass seine Haut sich bald pellen würde, spülte Serdall sich den Schaum vom Körper, wrang sein weißes Tuch, das sie bekommen hatten, aus und machte sich auf den Weg nach draußen ins Bad. „Hier scheint FKK angesagt zu sein“, murmelte Daniel, als er ihm nackt folgte. Nun gut, vielleicht konnte man das kleine Tuch vor wichtige Körperteile halten, aber das war es auch schon. Vorsichtig ließ sich Serdall in das wirklich heiße Wasser gleiten und seufzte etwas entspannt auf. Es fühlte sich verdammt gut an. Er legte sich das kleine Tuch auf den Kopf, damit es das Wasser nicht berührte und lehnte sich gegen die Steinfelsen, darauf wartend, dass Daniel zu ihm kam. Jener hatte bisher nur einmal kurz den kleinen Zeh hineingehalten und Serdall ahnte, dass gleich das Gezeter über das zu heiße Wasser losgehen würde. „Kommst du noch rein?“, fragte Serdall und zog belustigt eine Augenbraue hoch. Wenn man es nicht gewohnt war, war es vielleicht wirklich zu heiß, aber das Gefühl legte sich je öfter man sich dem unterzog. „Es ist kochend heiß“, brachte Daniel auch gleich den Satz, auf den Serdall spekuliert hatte, stieg allerdings trotzdem ins Wasser. „Autsch, autsch, autsch“, fluchte er und kämpfte sich zu Serdall. „Du siehst affig aus mit deinem Tuch auf dem Kopf“, bemerkte Daniel mit einem schiefen Grinsen und machte es sich dann ebenfalls am Stein bequem. „Du solltest dein Tuch lieber aus dem Wasser nehmen“, meinte Serdall ernst. „Das darf eigentlich nicht mit dem Wasser in Berührung kommen, weil du damit den Schmutz vom Körper gewaschen hast“, seufzte er und griff danach, um es Daniel nun auch auf den Kopf zu legen. „Ich habe es ausgespült“, klagte Daniel, ließ das Tuch allerdings, wo es war. Wenigstens sah er nicht allein so doof aus. Ab und an waren die japanischen Traditionen schon etwas seltsam und unnötig. Warum man sich waschen musste, wenn man hier baden ging, war Daniel jetzt klar. Schließlich war das hier ein Gemeinschaftsbad, was er vorher nicht gewusst hatte. In Deutschland duschte man sich vorher ja auch zumindest einmal kurz ab, bevor man schwimmen ging. Allerdings hatte man dort eine Badehose an und hier war man nackt, was Daniel nicht so wirklich behagte. Immerhin war er momentan noch mit Serdall allein. „Jetzt weißt du eben, dass es nicht reindarf“, meinte Serdall leise und rückte an Daniel heran, um ihn in den Arm zu nehmen. „Ich finde zumindest dir steht dieses Tuch“, erklärte er lachend und verschränkte seine Arme an Daniels Nacken. Das heiße Wasser, der Dampf, der um sie herum aufstieg und die Stille beruhigten Serdall und er ließ es sich nicht nehmen, es auszunutzen, dass sie alleine waren. So konnte er Daniel getrost küssen, ohne unnötige Aufmerksamkeit auf sie zu ziehen. „Wir können nicht lang drin bleiben“, murmelte er an Daniels Lippen. „Das vertrag ich nicht so gut.“ „Ich fühle mich ehrlich gesagt auch wie ein armer Hummer, der bei lebendigem Leib in kochendes Wasser geschmissen wird, aber es ist schon irgendwie entspannend. Zumindest meine Muskeln sind ganz weich“, meinte Daniel schulterzuckend. Serdall zog eine Augenbraue nach oben, während er Daniel ins Gesicht sah. Doch er beließ es bei diesem Blick. Schließlich wusste Daniel wohl gerade nicht um die Zweideutigkeit, die seine Worte vermittelten. Nach nicht einmal zehn Minuten stiegen sie wieder aus dem Onsen, wobei sich Serdall schwer auf Daniel abstützte und sich dabei helfen ließ, zurück in den Vorraum zu kommen, wo sie ihre Kleider abgelegt hatten. Er setzte sich erst einmal, um etwas abzukühlen und durchzuatmen und lächelte Daniel schief an, als der besorgt vor ihm kniete. „Geht gleich wieder“, murmelte er und begann im Sitzen den Yukata überzustreifen. „Du solltest anfangen viel Kaffee zu trinken und nicht hauptsächlich nur Wasser und Tee“, seufzte Daniel, während er sich ebenfalls seinen Yukata überstreifte, was ihm dieses Mal schon recht gut gelang, nachdem er jetzt ungefähr wusste, was er tun musste. Er setzte sich seitlich auf Serdalls Schoß und umarmte ihn. „Du weißt schon, dass es etwas schwierig werden würde, dich in unser Zimmer zurückzuschleifen, ja?“ „Ich bin noch nicht tot, Daniel“, murrte Serdall genervt und lehnte seine Stirn gegen dessen Brust. „Ich brauch bloß einen Moment, in dem mein Herz nicht gleich den Geist aufgibt“, knurrte er leise und schloss kurz die Augen. Wenig später waren sie auf ihrem Zimmer, ohne dass Daniel Serdall irgendwie irgendwohin schleifen musste. Sie legten sich wieder zusammen schlafen. Die Futons waren schon ausgerollt worden, als sie noch im Bad waren. Daniel kuschelte sich an Serdalls Brust und fuhr über die Hautpartien, die er erreichen konnte, ohne seinen Freund gleich ausziehen zu müssen. „Das war heute übrigens ein sehr schöner Tag“, murmelte Daniel leise. „Freut mich“, erwiderte Serdall und strich Daniel über den Nacken. „Ich finde es schön mit dir zusammen hier zu sein. Fernab von dem ganzen Stress zuhause. Wir sollten das wirklich jedes Jahr mindestens einmal machen“, überlegte Serdall laut und zog eines von Daniels Beinen weiter über sich. „Mindestens“, meinte Daniel grinsend und atmete einmal tief ein. Serdall frisch gewaschen war doch immer noch das Beste. „Wobei ich schon ein klein wenig ein schlechtes Gewissen habe, weil ich eigentlich ab Montag wieder in der Uni sitzen sollte. Aber ich verpasse wohl nicht allzu viel“, fügte er noch an und schob Serdall nun doch seinen Yukata von den Schultern. „Das Semester hat doch gerad erst angefangen“, murmelte Serdall und seufzte leise, als Daniel sich über seine Brust küsste, während er die Hände in seinen Haaren vergrub. „Da hast du auch wieder recht“, antwortete Daniel und beschloss, dass es wohl langsam an der Zeit war, das Thema zu wechseln. Er öffnete Serdalls Yukata und schob ihn jetzt ganz von dessen Körper. „Gut, dass wir heute beide nichts drunter haben“, murmelte er, bevor eine seiner Hände Serdalls Glied umfasste, während die andere an den Rippen entlangfuhr. „Wir sollten uns für unsere Flitterwochen etwas Besonderes einfallen lassen“, fand er und küsste sich grinsend Serdalls Kiefer entlang. „Was Besonderes?“, hakte Serdall nach. Er gab sich nicht die Mühe, Daniel sonderlich zu entkleiden, da es ihm gefiel, wenn der Stoff trotzdem noch um Daniels Schultern hing und er mit der Hand unter den Yukata fahren konnte. „Und was stellt sich der Herr dabei vor?“ „Ich meine jetzt nichts im sexuellen Sinne, falls du das Denken solltest. Das probiere ich dann doch lieber zuhause aus“, antwortete Daniel mit schon etwas erhöhter Atemfrequenz. „Ich meine etwas, das man nur hier machen kann, wo wir schon einmal in Japan sind. Etwas, das nicht mit Besichtigungen zu tun hat. Hier gibt es doch Karaokebars oder diese weiß angemalten Frauen oder sowas. Ich möchte mit dir mal richtig Spaß haben.“ „Das stellst du dir unter Flitterwochen vor?“, fragte Serdall etwas entsetzt und drückte Daniel etwas von sich. „Ich finde es viel schöner, mich mit dir hier auf den Tatamis zu wälzen, mich mit dir in den Onsen zu küssen, mit dir Hand in Hand durch einen der Tempel zu schlendern und endlich mal abzuschalten“, flüsterte Serdall, wanderte mit seiner Hand zu Daniels Wange und strich mit dem Daumen zärtlich darüber. „Das sind Flitterwochen, aber nicht schräger Gesang in einer Karaokebar“, seufzte Serdall leise. „Aber wenn du unbedingt willst gehen wir noch nach Gion, dem Vergnügungsviertel“, meinte Serdall bei Daniels verletztem Blick beschwichtigend. „Nur, dass ich nicht singe oder sonst welche abgedrehten Dinge tue, dazu bin ich einfach zu alt“, erklärte er entnervt und stützte sich auf die Ellen. „Im Vergleich zu Dustin bist du noch keine dreißig“, meinte Daniel jetzt wieder besser gelaunt. „Außerdem singe ich nicht schief. Aber du hast recht, Flitterwochen sind es wohl tatsächlich nicht, wenn man durch Vergnügungsviertel wandert. Dazu ist auch sonst noch genug Zeit und Gelegenheit und dir etwas vorsingen kann ich auch zuhause. Aber wie war doch nochmal mit den Tatamis“, wollte Daniel verschmitzt grinsend wissen und blickte herausfordernd auf Serdall hinunter. „Hm“, meinte Serdall nachdenklich und legte sich wieder ganz zurück, wobei er die Hände hinter den Armen verschränkte. „Das hab ich irgendwie schon wieder vergessen“, murmelte er und stellte seine Knie auf, sodass Daniel das Gleichgewicht verlor, nach vorne fiel und sich mit beiden Händen rechts und links von Serdalls Kopf abstützen musste. „Aber ich glaube langsam weiß ich wieder, was du meinst“, grinste er. „Schnellmerker“, lachte Daniel leise und begann wieder damit, Serdall zu küssen und seine Hände auf Wanderschaft zu schicken. Im Dunkeln konnte er alles nur schemenhaft erkennen, doch der Mond spiegelte sich in Serdalls Augen wieder und verlieh ihnen einen unwirklichen weißen Schimmer, der ihn irgendwie mystisch aussehen ließ. Auf jeden Fall war das sehr anziehend und Daniel wälzte sich mit Serdall einmal herum, sodass er selbst jetzt unten liegen konnte und das Gewicht seines Freundes auf sich spüren konnte. „Dir gefällt das“, stellte Serdall grinsend fest. „Dir gefällt es, dich mit mir hier rumzuwälzen“, triezte er Daniel leise und streichelte mit einer Hand an Daniels Oberschenkel entlang. „Liegt wohl wirklich an den Tatamis“, lachte er, da Daniel daheim eigentlich immer noch gern schnell zur Sache kam. Hier ließen sie sich Zeit, das gefiel wiederrum Serdall. Serdall küsste Daniel am Hals und wanderte mit dem Mund weiter hinab. „Vielleicht“, antwortete Daniel schulterzuckend. „Vielleicht liegt es auch nur daran, dass ich hier so leise wie möglich sein muss, an der beruhigenden japanischen Luft oder auch einfach nur an meiner momentanen entspannten Stimmung. Jedenfalls solltest du es genießen“, grinste er und verwob seine Finger in Serdalls Haaren. Aber sein Freund hatte schon recht. Der Urlaub schien sich auch auf diese Seite von ihm positiv auszuwirken. Zumindest war er nicht mehr ganz so ungeduldig und nach derart schönen Tagen tatsächlich vollkommen entspannt. „Werd ich tun“, raunte Serdall an Daniels Bauchnabel bevor er tiefer wanderte und mit den Fingern an Daniels Oberschenkeln weiter unter den Yukata vorstieß. „Diesmal wirklich lang und ausgiebig“, hauchte er und versank mit dem Kopf zwischen Daniels Beinen. „Schau mal, die vielen Lampions“, schwärmte Daniel und lief einen Schritt schneller, sofern es ihm in seinen seltsamen Holzsandalen möglich war. Serdall hatte extra für das Fest heute etwas farbenfrohere Yukatas für sie besorgt und diese komischen Holzdinger, die aussahen wie ein Brett auf zwei Bleistiften. Angeblich ganz traditionelle Schuhe. Sie waren zwar recht bequem, aber das Laufen war dann doch etwas gewöhnungsbedürftig. Jetzt waren sie auf den Weg zu den Straßen in Kyoto, wo der Festumzug stattfinden sollte und die unglaublich hübsch mit Lampions und Bannern geschmückt waren. Serdall fasste Daniel bei der Hand, als er fast nicht mehr zum Greifen nah war. „Geh nicht zu weit weg. Wenn wir uns verlieren, finden wir uns so schnell nicht wieder“, meinte Serdall besorgt und ließ einen eindeutigen Blick über die Menschenmassen schweifen. Außerdem behagte es ihm nicht ganz, ohne Daniel hier zu sein. All die ganzen Leute waren mit Daniel schon schwer auszuhalten, aber ohne Daniel? Die absolute Hölle für ihn. Plötzlich kicherten junge Mädchen neben Daniel und Serdall und der Blick des Violinisten verfinsterte sich, als er bemerkte, dass sie sich über ihn und Daniel zu amüsieren schienen. Serdall rollte mit den Augen, als Kawaii-Rufe an sein Ohr drangen. Daniel konnte aus den Gesten auch ungefähr ablesen, um was es ging, gab Serdall demonstrativ einen kleinen Kuss auf die Wange und schob ihn dann weiter die Straße hinauf. Er wollte unbedingt recht nahe an den Festwagen sein, um auch einen guten Blick darauf zu haben. Zwar hatte er keine Ahnung von Buddha und alle dem Zeug, aber Umzügen und Paraden hatte er schon als Kind nicht widerstehen können. Serdall wurde die nächsten Minuten einfach nur von Daniel hinterher geschliffen und es war für ihn fast anstrengend, bei Daniel zu bleiben. Als dann endlich der Festumzug begann, passierte es. Die Menschenmassen verdichteten sich um sie herum, drängten vor, um die Wagen besser sehen zu können und Serdall verlor dabei den Halt zu Daniels Hand. Suchend sah sich Serdall um, doch er fand Daniel nirgends zwischen den ganzen Leuten. Verzweifelt und etwas panisch fuhr sich Serdall durch die Haare, wobei er unweigerlich den Rückwärtsgang einlegte, um sich von den Massen zu entfernen. Wie sollte er Daniel in diesem Getümmel bitte wiederfinden? „Oh Himmel“, meinte er zittrig zu sich selbst und suchte weiter mit den Augen diese Massen entlang des Weges ab. Daniel war doch verloren! Er konnte kein Japanisch, hier sprach kaum jemand Englisch, geschweige denn Deutsch und sein Handy hatte er auch nicht mit. Daniel hatte sich währenddessen nichtsahnend mit der Masse mittreiben lassen und nicht gemerkt, dass er auf einmal allein dastand. Als schließlich ein Wagen mit einem weißen Elefant, auf dem eine kleine Figur saß, an den Menschen vorbeigetragen wurde, stutzte er. „Wieso sitzt der Buddha eigentlich auf einem Elefanten?“, fragte er Serdall und drehte sich zu seinem Freund um, doch da war niemand. Langsam dämmerte es auch Daniel, dass er von Serdall getrennt worden war und er versuchte sich panisch ebenfalls aus den Menschenmassen zu drängen, die hier an dieser Stelle scheinbar kein Ende fanden. Sein Herz rutschte ihm langsam aber sicher in die nicht vorhandene Hose und er atmete ein klein wenig auf, als sich die Reihen endlich etwas lichteten. „Serdall?“, rief er nach seinem Freund, war sich allerdings im selben Moment bewusst wie affig es war, in diesem Trubel hier nach irgendwem Ausschau zu halten. Er verfluchte sich dafür, dass er sich immer noch nicht von Serdall wenigstens die Grundkenntnisse in Japanisch hatte beibringen lassen oder wenigstens sein Handy oder etwas Geld mitgekommen hatte. Verzweifelt irrte Daniel ein wenig durch die Gegend. Wie hieß es so schön? Wenn man sich verloren hatte, sollte man am Ausgang warten? Nur leider gab es hier nirgends einen Ausgang. Ziellos ging er weiter, in der Hoffnung, dass das die Richtung war, aus der sie gekommen waren, denn irgendwie sah hier gerade alles gleich aus. Daniel blickte kurz hinter sich um zu sehen, ob er Serdall dort irgendwo wiederfand und stieß mit einer Person zusammen. „Tschuldigung“, nuschelte er etwas durch den Wind und sah wieder nach vorn. Geschockt taumelte er zwei Schritte rückwärts, bevor er sich ruckartig umdrehte. Was zum Teufel machte Fei hier? „Daniel Erhard?“, knurrte nun Serdalls Bruder in seiner tiefen Stimme und packte Daniel an der Schulter, als der ohne ein Wort weitergehen wollte. „Was machst du hier? Ist Serdall auch in Japan?“, fragte er grollend und hielt Daniel weiterhin hart bei der Schulter, sodass er nicht weggehen konnte. „Sie müssen mich verwechseln“, versuchte Daniel einen letzten Versuch zu entkommen, doch man sah Fei an, dass mit ihm gerade nicht zu spaßen war. Seufzend ergab sich Daniel in sein Schicksal. Wenn er ihm jetzt etwas vormachen würde und sie sich in ein paar Tagen ohnehin sehen würde, wäre das auch nicht gerade die beste Lösung. „Hallo, Fei“, grüßte er etwas zögern und sah jetzt zu Serdall Bruder hinauf. „Ja, Serdall ist auch hier. Allein wäre ich wohl kaum gekommen.“ „Und wo ist mein Bruder jetzt?“, fragte Fei in scharfem Ton. Man sah es ihm an, dass er wütend war. Wütend auf seinen Bruder, da er ohne sein Wissen hier in Japan war und ihn nicht einmal besuchen kam. „Ich habe keine Ahnung, wo er ist“, knurrte Daniel und Feis misstrauischer Blick ließ ihn jetzt erst richtig missmutig werden. „Ich weiß es wirklich nicht, okay?“, zischte er. „Ich habe ihn hier irgendwo verloren. Er muss noch auf dem Fest sein, doch wo, das kann ich dir leider nicht sagen. Wenn ich ihn gefunden habe, kann ich dich ja suchen kommen, um dir zu sagen, wo er ist.“ „Er wird nicht in den Menschenmassen geblieben sein“, erklärte Fei und bedeutete seinen Männern und Daniel ihm zu folgen. Eigentlich hatte er bei dem Fest nur ein wenig nach dem Rechten sehen wollen und einen Kunden getroffen. Dass Serdall und Daniel in Japan waren, brachte ihn irgendwie aus dem Konzept. „Wie lange seid ihr schon hier“, fragte er Daniel in harschem Tonfall. „Wie wäre es, wenn du etwas freundlicher zu mir wärst? Dann macht das Antworten auch mehr Spaß“, zischte Daniel sauer und stapfte hinter Fei her. Seine Lakaien schienen ihn nicht zu verstehen und Daniel war auch recht glücklich darüber. „Wir sind seit Samstagabend hier“, gab er trotzdem Auskunft und ließ seinen Blick auf der Suche nach Serdall umherschweifen. Fei ließ es sich nicht anmerken, doch er war nun erst recht wütend auf seinen Bruder. Finsteren Blickes sah er sich nach ihm um. So weit konnte er doch nicht sein. Kikuchi hinter ihm flüsterte plötzlich leise ‚dort drüben‘ und deutete unter eine Reihe von Kirschbäumen, wo Serdall an einem Stamm gelehnt stand und sich suchend umsah. Nun blickte er auch in ihre Richtung und seine Mimik verlor sich ein wenig, als er Fei erblickte, doch er schien aufzuatmen, als Daniel hinter dessen Rück hervortrat. Serdall kam ihnen entgegen und begrüßte Fei mit einer herzlichen Umarmung. „Fei“, meinte er etwas wortkarg und warf Daniel einen unglücklichen Blick zu. „Lass uns nach Hause fahren. Endlich bist du in Japan, da möchte ich mich nicht darüber streiten, warum du mich nicht besuchen wolltest. Ich lade dich ein, komm“, erklärte Fei und drehte sich um, um voranzugehen. Doch als Serdall und Daniel ihm nicht folgten, kehrte er wieder um. Etwas unbehaglich sah Serdall zu Daniel. War es nicht zu gefährlich, in Yakuzabegleitung durch die Straßen Japans zu ziehen? Serdall hatte Angst, dass er dadurch unwillkürlich wieder in irgendeine Machenschaft verstrickt wurde, die er damit vermeiden konnte, indem er eben nicht mit Fei mitging. Noch einmal wegen der Yakuza jemanden, den er liebte, zu verlieren, würde ihm den Verstand rauben. Außerdem war es ihr Urlaub… Serdall konnte mit Daniel nicht als Paar auftreten, wenn Yakuzamitglieder um sie herum waren. „Serdall.“ Fei ging auf ihn zu und legte eine Hand auf seine Schulter. „Es ist okay. Momentan sind wir sicher und Daniel kann mitkommen, solange ihr nicht zeigt, dass ihr eine Beziehung habt“, flüsterte er Serdall zu und Serdall sah bitter zu Daniel. So hatte er sich das Ganze aber nicht vorgestellt. „Komm, lass uns gehen“, beharrte jetzt auch Daniel, auch wenn ihm dieser Zustand auch nicht gerade sonderlich gut gefiel. „Es ist unhöflich, die Einladung eines Japaners abzulehnen. Das ist so ziemlich das Einzige, was ich über die Sitten dieses Landes weiß.“ Außerdem kam noch erschwerend hinzu, dass Fei sie wohl auch ungern wieder gehen lassen würde und ob sie ihn nun heute oder am letzten Tag vor ihrer Abreise besuchten, war eigentlich auch egal. Nur diese Bodyguards ließen ihn sich etwas unbehaglich fühlen. Ergeben nickte Serdall und folgte Fei und den anderen Yakuzas, wobei er unbewusst Daniels Nähe suchte. Er war einfach nur froh, dass er Daniel wiedergefunden hatte und ihm nichts geschehen war. Dass er Fei über den Weg gelaufen war, war nicht besonders schön, aber jetzt auch egal. Rechtfertigen musste sich Serdall sowieso noch und dass Fei sauer war, sah Serdall mit einem Blick und ohne weiteres Nachhaken. Sie wurden zu einem weißen, luxuriösen Wagen mit schwarz getönten Scheiben geführt. Seufzend stieg Serdall nach Daniel ein. Sie sprachen nicht während der Fahrt und Serdall fühlte sich unwohl. Hier in Japan war Feis Gebiet und eben dort hatte er auch das Sagen. Er hoffte inständig, dass Daniel sich benahm und nicht wieder irgendwelche dummen Dinge tat, die Fei aufregen würden. Daniel wurde sich zum ersten Mal richtig bewusst, was für eine Position Fei hier inne hatte, als sie auf das große Anwesen fuhren und gleich einige Angestellte um das Auto herum wuselten, sie in das sehr westlich eingerichtete Haus begleiteten und für jeden Hausschuhe bereitstellten. Daniel folgte der versammelten Mannschaft ins Wohnzimmer, wo Fei alle außer Kikuchi wieder aus dem Raum schickte. Als ob Daniel jetzt gleich mit dem Messer auf ihn losgehen würde. Zumindest hier in seinem Reich sollte er sich doch sicher fühlen. Daniel rutschte auf dem bequemen Sofa näher zu Serdall heran und lehnte den Kopf an dessen Schulter. „Es tut mir leid, Fei“, begann Serdall gleich, bevor Fei überhaupt etwas sagen konnte. „Wir wollten noch vorbeikommen.“ „Ich weiß“, meinte Fei nun etwas beschwichtigt. „Nur hätte ich schon gerne gewusst, dass du in Japan bist“, meinte er seufzend. „Nun gut, jetzt lasst uns lieber feiern, dass du endlich wieder hier bist. Kikuchi, hol den Sake! Und sag Akane, dass wir Gäste haben. Sie soll uns Sushi machen!“, wies Fei seinen Untergebenen euphorisch an und lächelte Serdall befreit an. Innerlich fluchte Serdall. Er hasste Sake… Doch er zeigte seinen Unmut nicht, sondern begann ein Gespräch mit seinem Bruder über die kyotischen Geschäfte und die Familie. Gelangweilt saß Daniel da und hörte nur mit halbem Ohr zu. Das Gesprächsthema interessierte ihn kein bisschen und er konnte auch nicht mitreden, vor allem, da Fei und Serdall immer wieder ins Japanische abdrifteten. Seufzend begann Daniel damit, sich an dem Sake gütlich zu tun und da mal Fei, mal Serdall oder Kikuchi ihm nachschenkten, bemerkte auch keiner wirklich, wie viel er schon nach einiger Zeit intus hatte. Nach außen hin machte es sich nur dadurch bemerkbar, dass er anhänglicher wurde und Serdall immer mehr auf die Pelle rückte, bis er schließlich auf dessen Schoß saß und sich schwer an ihn lehnte. Serdall registrierte dies eher mit Unbehagen und Sorge. „Daniel, setz dich richtig hin“, murrte er seinen Freund an, wobei er ihn von seinem Schoß schob. Er konnte einfach nicht vernünftig mit Fei reden, wenn Daniel so nah bei ihm war und sich überdeutlich in sein Konzentrationsfeld schob. Als Daniel wieder auf ihn und fast in ihn hinein kriechen wollte, reichte es Serdall und er stand auf. Bei Feis belustigtem Blick rollte Serdall mit den Augen und murmelte ein ‚Ich bin im Bad‘, bevor er ging. „Du bringst ihn ganz schön aus dem Konzept“, meinte Fei zu Daniel und schenkte ihm wieder Sake nach. „War das jetzt ein Kompliment?“, fragte Daniel mit schon recht schwerer Zunge, trank erneut etwas Sake und zog dann seine Beine an sich heran. „Denn normalerweise bist du immer so gemein zu mir“, nuschelte er weiter und seufzte schwer. „Dabei tue ich Serdall doch gar nichts mehr.“ Nun war es Fei, der wirklich lachen musste. Kein ironisches Lachen, nein, rein aus Amüsement. „Es war nicht unbedingt ein Kompliment, sondern eher eine Feststellung. Normalerweise ist er doch sehr gefasst, nur sobald es um dich geht, flippt er aus. Was ich nun zu oft erfahren musste. Dass ihr beiden noch zusammen seid ist zwar ein Wunder, aber ich glaube, wenn es so ist wie jetzt, dann ist er glücklich. Das ist alles, was für mich zählt“, erklärte Fei ehrlich und schenkte Daniel und sich erneut nach. „Ich bin nur ‚gemein‘ zu dir, wenn du ihn verletzt. Und das weißt du auch.“ „Aber ich verletze ihn gar nicht“, beharrte Daniel auf seinen Standpunkt. „Es ist schon total lange her, seit wir uns das letzte Mal gestritten haben und momentan geht es ihm sehr gut bei mir. Du hast also keine Grund mehr, mich anzufeinden“, stellte er klar und nippte erneut an seinem Sake. Langsam sollte er vielleicht mal Schluss machen, Alkohol in sich hineinzuschütten, aber dieses Zeug hatte irgendwie etwas süchtig Machendes an sich. „Feinde ich dich gerade an? Im Moment sehe ich uns zusammen trinken“, entgegnete Fei nur und prostet Daniel mit seinem Ochoko zu, bevor er den Sake darin mit einmal herunterstürzte. „Hm“, machte Daniel überlegend, musste aber zugeben, dass Fei recht hatte. „Aber vorhin beim Umzug warst du gemein zu mir“, wollte Daniel doch nicht ganz von seiner fixen Idee abweichen. Fei rollte nun wie Serdall mit den Augen und schüttelte den Kopf. „Weil ihr Zwei nach Japan gekommen seid, ohne mich darüber zu informieren. Weißt du eigentlich wie selten ich meinen kleinen Bruder sehe? Ich glaube kaum, dass man darüber froh sein kann“, gab Fei ehrlich zu und schenkte nun wieder Daniel nach, auch wenn sein Ochoko noch halb voll war. „Und was kann ich dafür, wenn Serdall beschließt, dich erst an unserem letzten Tag zu besuchen? Zu ihm hättest du gemein sein müssen, aber nicht zu mir“, meinte Daniel knörig und exte seinen neuen Sake, wie um zu zeigen, dass ihm das tatsächlich nahe ging. „Dabei bist du wahrscheinlich gar kein so schlechter Kerl, wenn sich dein Hass nicht gerade auf einen zentriert. Zumindest, als du in Deutschland kurzzeitig nett zu mir warst, habe ich dich doch irgendwie gemocht.“ „Serdall kommt deinetwegen nicht her. Wegen der Sache mit…“ Fei wurde von Serdall unterbrochen, der wieder ins Zimmer kam und ihn finster anblickte. „…der Yakuza“, beendete Serdall Feis Satz und setzte sich neben Daniel. Er hatte ihm nie erzählt, dass das Auto von Louise präpariert gewesen war und er würde es auch nie erzählen. Serdall war froh, dass er nun doch im rechten Moment gekommen war und Daniel scheinbar schon ziemlich betrunken war. So bestand wenigstens die Möglichkeit, dass er diese Andeutung nicht wirklich mitbekommen hatte. „Fei, ich glaube wir fahren besser zurück ins Ryokan. Es schließt in einer Stunde und Daniel hat für heute auch genug.“ „Stimmt ja gar nicht“, begehrte Daniel auf und schwang sein Ochoko durch die Luft und zu Fei hinüber, damit der ihm wieder nachschenken konnte. „Mir geht es noch sehr gut und ich unterhalte mich gerade wirklich gut mit deinem Bruder. Von daher wäre es nett, wenn wir noch ein wenig bleiben könnten. Wir können ja auch morgen wieder zurückfahren und hier mit Fei durchfeiern.“ „Lässt du uns bitte einen Wagen kommen?“, wandte sich Serdall an Fei, ohne auf Daniel einzugehen. Wie nebenbei nahm er Daniel das Ochoko ab, während Fei Kikuchi beauftragte seinen Chauffeur vorfahren zu lassen. „Wir kommen morgen noch einmal vorbei“, erklärte Serdall seinem Bruder, als er ihn zum Abschied umarmte. „Ist gut. Daniel scheint wirklich genug zu haben“, lallte Fei schon halb und grinste Serdall überschwänglich an. Nicht nur er, dachte sich Serdall seufzend und ging zurück zu Daniel. „Na komm“, meinte Serdall etwas genervt, da Daniel es scheinbar nicht mehr wirklich schaffte, allein von dem Sofa hochzukommen. Serdall zog einen Arm von ihm über seine Schultern und schlang seinen Arm um Daniels Hüfte, um ihn zu stützen. Daniel hielt sich zischend seinen Kopf, als ihn kurzzeitiger Schwindel erfasste. „Mist, habe ich echt so viel getrunken?“, wimmerte er leidlich und hielt sich an Serdall fest, während der ihn aus dem Raum und ins Auto führte. Daniel setzte sich zusammen mit ihm nach hinten auf die Rückbank und lehnte sich die Augen schließend an die Lehne. So viel hatte er dann doch schon lange nicht mehr intus gehabt. Dabei hatte er sich die ganze Zeit auf dem Sofa sitzend gar nicht so schlecht gefühlt. Etwas angeheitert, aber sobald er aufgestanden war, war das Chaos losgebrochen. Wortlos streichelte Serdall Daniel über den Oberschenkel, während er aus dem Fenster schaute. Daniels Fahne war nicht wirklich erträglich und es war sowieso sinnlos, ihm jetzt eine Predigt darüber zu halten, dass er zu viel getrunken hatte. Als der Wagen vor dem Ryokan hielt, musste Serdall Daniel regelrecht aus dem Auto hieven, doch im nächsten Moment, kaum dass er den Kiesboden unter den Füßen hatte, stürzte Daniel zu den nächsten Büschen und übergab sich lautstark. „Himmel“, murrte Serdall nun wirklich grimmig und ging zu Daniel, um ihm solidarisch über den Rücken zu streichen. „Geht’s?“, fragte er nach einer Weile, in der sich Daniel nicht mehr übergab, sondern nur noch Galle würgte. „Muss ja“, gab Daniel leicht keuchend zurück und wischte sich mit dem Ärmel seines Yukatas einmal über den Mund. „Scheiße, ist mir schlecht“, jammerte er, fühlte sich allerdings wenigstens ein bisschen nüchterner, nachdem scheinbar etwas Alkohol wieder aus seinem Körper hinausbefördert worden war. Warum ließ er sich nur immer dazu verleiten, sich mit Fei zusammen eins hinter die Binde zu kippen? Serdall verkniff sich das ‚Selbst schuld‘ und schlang wieder den Arm um Daniels Hüfte, um ihn ins Haus und auf ihr Zimmer zu bringen. Er schob ihn kommentarlos ins Bad, drückte ihm Zahnbürste und Zahnpasta in die Hand und begann nebenbei, ihn schon auszuziehen. Daniel hatte seinen Yukata ziemlich eingesaut. „Sag, wenn du wieder brechen musst“, murmelte Serdall hauchte und einen Kuss an Daniels Nacken, als er ihn endlich von seinen Sachen befreit hatte. Er ging in das Zimmer, wo die Futons schon ausgebreitet waren und holte den Yukata, den Daniel auch zum Schlafen benutzte und kehrte damit wieder ins Bad zurück. Daniel stütze sich gerade mit den Armen auf dem Waschbecken ab, der Mund war mit Zahnpasta beschmiert. Er hickste zweimal und hielt sich dann den Bauch. „Ich glaube jetzt“, würgte er hervor und stürzte zur Toilette, über der er sich erneut erbrach. Verdammt, so dreckig ging es ihm echt schon lange nicht mehr. Dankbar nahm er den Waschlappen von Serdall entgegen und wischte sich damit den Mund ab, bevor er sich von ihm aufhelfen ließ und mit einem Schluck Wasser den widerlichen Geschmack wegspülte. „Hättest du mich nicht aufhalten können?“, wandte er sich mit leidlicher Miene an Serdall. „Ich konnte dich damals nicht aufhalten und heute hab ich den Versuch erst gar nicht unternommen“, antwortete Serdall etwas kühl und drehte Daniel bei den Schultern zu sich, um ihm seinen Yukata endlich anzuziehen. Er erinnerte sich an den Abend, an dem Daniel und Fei sich das erste Mal gesehen und auch gleich miteinander getrunken hatten. Dass Daniel dann des Nachts in sein Bett gekrochen war und ihn belagert hatte, war ein etwas unschöner Nebeneffekt gewesen. Serdall seufzte leise. Es hatte alles mit einem Kuss auf der Treppe angefangen. Daniel hatte sich in ihn verguckt und dann immer mehr Energie darauf verwendet, ihn rumzubekommen. Serdall lächelte schief. Das war eine ziemliche chaotische Zeit gewesen, mit vielen Höhen und Tiefen. Auch wenn Serdall sich damals gesträubt hatte, heute bereute er es nicht, dass Daniel und er zusammengekommen waren. Lächelnd zog Serdall Daniel in seine Arme und hauchte einen Kuss auf seine Stirn. „Ist dir immer noch schlecht?“, fragte er halblaut und strich beruhigend über Daniels Hinterkopf. „Es geht“, antwortete Daniel seufzend. „Scheinbar ist jetzt alles draußen, was nicht mehr drinbleiben wollte. Nur wäre es mir doch sehr lieb, wenn wir uns hinlegen könnten. Ich will mir nur noch einmal schnell die Zähne putzen, damit du nicht erstickst, wenn ich dir meinen Atem ins Gesicht puste.“ „Ich geh mich umziehen“, murmelte Serdall, wobei er Daniel zum Waschbecken schob. Daniel war mal wieder viel zu direkt und Serdall hatte da manchmal immer noch seine Probleme mit. Als Daniel sich schon unter seinen Futon legte, ging Serdall sich schnell noch waschen und die Zähne putzen, ehe er sich endlich hinlegte, unter seinen eigenen Futon. Daniel war sich unsicher, ob Serdall es heute so gern haben würde, wenn er zu ihm gekrochen kam. Wahrscheinlich roch er immer noch nicht gerade nach Minze und wenn er sich wieder übergeben würde, hatte Serdall es bestimmt nicht so gern, wenn er als Eimer dafür herhalten musste. Seufzend rollte Daniel sich zusammen, um so seinen Magen etwas mehr zu beruhigen und fühlte dem Kopfdrücken nach, das sich nun immer stärker bemerkbar machte. Wenn Serdall eingeschlafen war, würde er wohl doch noch zu ihm kriechen. Doch zu Daniels Überraschung war es diesmal Serdall, der zu ihm unter die Decke kam und sich sichernd von hinten an ihn schmiegte und die Arme um ihn schlang. „Schlaf gut, Prinzesschen“, flüsterte Serdall in seinen Nacken. „Gute Nacht“, antwortete Daniel schon viel besser gelaunt und legte seine Hände auf Serdalls. Allerdings drehte er sich doch noch einmal kurz etwas herum und sah auf die vom Mondlicht beleuchtete Silhouette seines Freundes. „Du weißt, dass ich dich liebe, oder?“, murmelte er. „Kann sein“, antwortete Serdall müde und küsste Daniel bei seinem beleidigten Schnauben auf die Wange. „Du darfst es mir trotzdem jeden Tag sagen.“ „Wie großzügig“, grummelte Daniel und wälzte sich wieder auf die Seite. „Etwas euphorischer könntest du schon sein. Immerhin bist du der Einzige, dem ich dieses Geständnis mache und solltest dich darüber freuen und es nicht als selbstverständlich abtun.“ „Ich tue es nicht als selbstverständlich ab“, flüsterte Serdall an Daniels Ohr. „Du sagst es mir nur viel zu selten. Aber wenn du wirklich darauf bestehst: Ja, ich weiß, das du mich liebst“, gab Serdall seufzend zu und schloss die Augen, während er seine Stirn gegen Daniels Hinterkopf lehnte und den Futon um sie rum etwas höher zog. Daniel war immer noch angetrunken und da brachten solche Diskussionen irgendwie nicht wirklich etwas. „Und jetzt schlaf.“ „Ich hab dich trotzdem lieb“, murrte Daniel und legte sich jetzt bequem hin. „Auch wenn du manchmal so schwierig bist und seltsam auf meine Liebesgeständnisse reagierst.“ „Wird das ein Antrag?“, fragte Serdall leise lachend und kniff Daniel in den Po. Wieso diskutierte Daniel denn jetzt über so etwas? Normalerweise kam schon selten ein ‚Ich liebe dich‘ wobei Serdall wusste, dass Daniel das einfach kitschig fand und Serdall hatte das mittlerweile auch akzeptiert. Nur konnte er es jetzt nicht lassen, Daniel damit ein wenig aufzuziehen. „Den Antrag hast du mir schon vor einiger Zeit gemacht. Da wäre es affig, wenn ich das jetzt unnötigerweise wiederholen würde“, meinte Daniel und hielt seine Hand mit dem Ring hoch. „Ich hatte gerade eben einfach das Bedürfnis dir zu sagen, dass ich dich verdammt gern habe. Du machst mir tolle Geschenke, bist da, wenn ich dich brauche und nimmst meine Fehler hin, weil sie eben zu mir gehören. Das muss man doch mal würdigen, oder nicht?“ Serdall seufzte nur an Daniels Nacken, ehe er sich auf den Rücken legte und sich über die Augen strich. Er war müde und hatte eigentlich keine Ahnung, was jetzt Daniels Problem war. Er fühlte sich wirklich geschmeichelt, aber Daniel und er waren doch nun schon drei Jahre zusammen und da gehörte es für ihn einfach dazu, so zu sein, wie Daniel dies gerad beschrieb. Was sollte er denn darauf antworten? „Daniel, was willst du gerade von mir?“, fragte Serdall nun einfach und stützte sich auf die Ellen, um zu Daniel zu sehen. Daniel drehte sich auf die andere Seite und sah nun ebenfalls zu Serdall. Überlegend zog er die Stirn kraus. „Ich weiß es nicht“, meinte er nachdenklich. „Irgendwie bin ich gerade etwas durch den Wind. Vielleicht möchte ich einfach, dass du mir etwas mehr nach außen hin zeigst, dass es dich freut, wenn ich dir sage, dass ich dich liebe. Oder ich will, dass du es erwiderst. Vielleicht möchte ich auch einfach, dass du mich zum Dank küsst oder andere Dinge mit mir anstellst. Aber du hast recht. Nach so langer Zeit ist es wahrscheinlich langsam selbstverständlich, dass man dem Partner ab und an seine Gefühle mitteilt.“ Daniel seufzte auf. „Es ist nicht selbstverständlich“, hielt Serdall dagegen. „Je länger man zusammen ist, umso seltener sagt man sich, dass man sich liebt“, seufzte Serdall leise und rückte wieder zu Daniel heran, um ihn erneut in seine Arme zu schließen. „Ich liebe dich über alles, Prinzesschen“, flüsterte Serdall und legte seine Lippen auf Daniels und gab ihm einen sanften, kurzen Kuss. „Nimm es mir nicht übel, aber richtig küssen mag ich dich gerade wirklich nicht“, erklärte Serdall mit einem schiefen Lächeln und strich Daniel eine Strähne aus der Stirn. „Hm, ich mich ehrlich gesagt auch nicht“, seufzte Daniel und hatte das Gefühl, immer noch seinen Magensaft auf der Zunge zu schmecken. Er legte seinen Kopf auf Serdalls Brust ab und seufzte kurz befreit auf, bevor er einmal kurz gähnte. „So, und da wir das geklärt haben, würde ich gerne schlafen, damit sich mein Kater morgen so friedlich wie möglich zeigt.“ „Gute Nacht, Prinzesschen“, seufzte Serdall leise und zog seinen Freund eng gegen sich. Kurz nur dachte er noch einmal über diese seltsame Unterhaltung nach, ehe er sie dem Alkoholkonsum von Daniel zuschob und einschlief. Am nächsten Morgen war es Serdall, der zuerst aufwachte, was für ihn das Untypischste auf der Welt war. Daniel schnarchte jedoch unschön und Serdall konnte nur mit den Augen rollen. Irgendwie verband er mittlerweile nur negative Dinge damit, wenn Daniel Alkohol trank. Er sollte ihn das nächste Mal wirklich davon abhalten. Gähnend legte sich Serdall wieder neben ihn und drehte Daniel auf den Rücken. Zufrieden stellte er fest, wie Daniel aufhörte zu schnarchen und wie immer leise schmatzte. Glücklich darüber schmiegte sich Serdall wieder an ihn und schloss die Augen, denn wirklich wach war er nicht und Lust zum Aufstehen hatte er erst recht nicht. Etwa eine Stunde später wachte auch Daniel auf. Blinzelnd öffnete er die Augen und seufzte kurz auf, als er das Brummen in seinem Schädel wahrnahm. Allerdings hatte er schon bei weitem Schlimmeres erlebt und das war jetzt nicht unbedingt etwas, was sich nicht durch eine Kopfschmerztablette wieder beheben ließ. Da hatte er noch einmal Glück gehabt, denn ein ordentlicher Kater wäre für seine Sauforgie gestern wohl die gerechte Strafe gewesen. Daniel setzte sich auf und stellte fest, dass es ihm tatsächlich recht gut ging. Zähneputzen und eine Tablette und er würde wieder mit Serdall Kyoto unsicher machen können. Glücklich streckte er sich und sah dann auf seinen Freund. Serdall hatte sich in die Decke eingewickelt und sah aus wie ein zu groß geratener Wurm. Über seine Gedanken grinsend beugte Daniel sich zu ihm hinunter und küsste ihn kurz. „Na, du Trunkenbold“, murmelte Serdall heiser und öffnete nur kurz ein Auge, ehe er die Decke um sich noch ein wenig enger zog, nicht daran denkend, jetzt aufzustehen. „Immerhin bin ich dein Trunkenbold“, grinste Daniel und schälte sich aus seiner Decke, die er irgendwann im Laufe der Nacht genommen haben musste, nachdem Serdall seine nicht mehr hergegeben hatte. „Ich will baden gehen, kommst du mit?“, fragte Daniel seinen Freund, doch glaubte nicht wirklich daran, dass Serdall auf einmal freudig aufspringen und sich mit ihm kochen lassen würde. Und wie erwartet schüttelte Serdall auch nur den Kopf und schloss die Augen noch stärker. Seufzend stand Daniel auf und ging aus ihrem Zimmer. Als er eine knappe halbe Stunde wesentlich entspannter wiederkam, lag Serdall immer noch in seine Decke gekuschelt da. Knurrend ging Daniel auf ihn zu und setzte sich neben ihn. „Meinst du, du schafft es noch aufzustehen und mit mir etwas zu unternehmen? Immerhin ist es schon fast Mittag und zum Schlafen sind wir nicht hierhergekommen, oder? Ich möchte noch mehr so schöne Tage wie gestern mit dir erleben, wenn man Fei mal außen vor lässt“, versuchte Daniel Serdall in die Senkrechte zu locken. „Gleich“, erwiderte Serdall nur und linste aus einem Auge zu Daniel, der ziemlich genervt neben ihm saß. Serdall seufzte lustlos und begann sich zu strecken, damit er wenigstens etwas wacher wurde. „Du hast keinen Kater?“, fragte er halblaut, während er sich langsam aufsetzte, nur um sich dann mit dem Oberkörper auf Daniels Schoß zu legen und ihn an der Taille mit den Armen zu umfangen. „Dir wäre es wohl lieber, ich hätte einen“, gab Daniel lachend zurück und wuschelte Serdall durch die vom Schlaf ohnehin noch zerzausten Haare. „Dann könntest du nämlich den ganzen Tag im Bett verbringen, weil ich ausgeknockt neben dir liegen würde. Aber leider muss ich dich enttäuschen. Mir geht es jetzt schon wieder ziemlich gut, nachdem ich meine Kopfschmerzen abgetötet habe. Liegt wohl auch an der heilenden Wirkung dieser Quellen. Jedenfalls bin ich jetzt ziemlich gut gelaunt und für jede Schandtat bereit.“ „Wie unfair“, murrte Serdall leise und ließ wie selbstverständlich seine Hände unter Daniels Yukata gleiten. „Wie wäre es mit ganz bestimmten, morgendlich Schandtaten für mich?“, fragte er liebenswürdig, wobei er schon den Knoten von Daniels Gürtel löste. „Dafür bin ich immer zu haben. Gerade dann, wenn dich das wach macht“, grinste Daniel nun leicht versaut und zog sich seinen Yukata schon einmal selbst aus. „Vor allem, da gestern wegen meinem Hang zur Übertreibung ja leider auch tote Hose war“, raunte er noch und küsste Serdall dann sanft. „Du weißt, dass ich dich ab jetzt nicht mehr mit Fei trinken lasse?“, murrte Serdall nun halb lächelnd halb grimmig guckend an Daniels Lippen. Es war nun wirklich so, da er sich den Abend gestern anders ausgemalt hatte. Mit den Händen an Daniels Seiten entlang streichend begab sich Serdall langsam auf die Knie und sah Daniel anklagend in die Augen. „Ja, schon klar. War bestimmt nicht so ansehnlich, wie ich gestern über der Kloschüssel hing und du mich durch die Gegend schleifen musstest“, seufzte Daniel und legte seine Arme locker um Serdall. „Du kannst mir das nächste Mal einfach etwas Sake hinstellen und den Rest dann wieder wegbringen“, schlug er vor. „Sicherlich. Fei wird dir schön nachschenken, wenn dein Ochoko leer ist, so wie gestern“, knurrte Serdall missmutig, während er sich nun langsam in einen Schneidersitz begab und Daniel auf seinen Schoß zog. „Fei findet es lustig, wenn du betrunken bist. Hast du sicher noch nicht mit bekommen“, murmelte er, während er sich über Daniels Brust küsste und seine Finger über Daniels Hintern wandern ließ. „Er weiß, dass er mich damit ärgern kann“, erklärte Serdall leise und arbeitete sich mit dem Mund wieder zu Daniels Kehlkopf, um mit der Zunge über die Erhebung zu tanzen, was Daniel ein Stöhnen entlockte. „Das hätte ich ihm dann doch nicht zugetraut“, antwortete Daniel heiser lachend und legte den Kopf ein wenig schief. „Ich dachte, das hätte etwas mit seiner Gastfreundschaft zu tun und dass er nicht weiß, wo meine Grenzen liegen. Dass er es absichtlich macht, ist mir tatsächlich noch nicht aufgefallen.“ Mit flinken Fingern schälte Daniel Serdall jetzt auch aus seinem Yukata, ließ allerdings den Gürtel leicht umgebunden. „Ein kleiner Teil davon ist Gastfreundschaft“, erwiderte Serdall leise und schob Daniels lange Beine um seine Hüfte. „Der Rest ist reinste Schadenfreude. Der Kerl ist berechnend bis in die kleinste Faser. Er weiß, dass ich heute zu ihm komme, allein aus dem Grund um ihn zu sagen, wie ich die Aktion gestern fand“, knurrte Serdall und biss Daniel in die linke Brustwarze. „Hast du ihm nicht sowieso gesagt, dass du heute wiederkommst“, meinte Daniel kichernd und fuhr Serdall mit konstanten Bewegungen durch die Haare. „Da hätte er sich das Ganze auch sparen können. Aber ein Gutes hatte die Aktion, nämlich dass ich ihn jetzt irgendwie besser leiden kann als vorher, wenn er nicht gerade wieder einmal das Arschloch heraushängen lässt.“ Serdall stockte in seinem Tun und richtete sich auf, um Daniel überrascht in die Augen zu sehen. Sollte das etwa bedeuten, dass Fei und Daniel sich im Grunde eigentlich doch vertragen konnten, wenn sie wollten? „Das ist wirklich toll“, meinte Serdall irgendwie perplex und begann dann freudig aufzulachen. Es wäre grandios, wenn Daniel und Fei sich endlich ein wenig besser verstehen würden und Serdall nicht immer Angst haben musste, dass Fei Daniel doch noch einmal den Hals umdrehte. Glücklich darüber küsste Serdall Daniel verlangend und ließ sich dabei langsam nach hinten fallen. Das mussten sie feiern. „Serdall, irgendwo hier müssen noch die restlichen Kondome sein. Es wäre mir echt unglaublich peinlich, wenn sie die Packung beim Saubermachen finden würden“, murmelte Daniel und ging noch einmal suchend alle Ecken ihres Zimmers ab. Es war Freitagmorgen, ihr letzter Tag hier in Japan. Ihr restlicher Urlaub war wie der Anfang einfach traumhaft gewesen. Sie waren Fei noch einmal besuchen gegangen, ohne dass Daniel und er sich an die Gurgel gegangen waren, sie hatten diverse Schreine und Tempel sowie den Fernsehturm besichtigt und waren mehrmals in ausgewählten Restaurants und Bars gewesen. Vor allem ihre Zweisamkeit hatte Daniel genossen, auch mit dem Wissen, dass es Jana und Taki zuhause gut ging, wie ihm Dustin und Ethan am Telefon immer wieder versichert hatten. Jetzt hatten sie noch genau einen Tag Zeit. Die Koffer wollten sie am Morgen schon packen, um dann in aller Ruhe die letzten Stunden verbringen zu können, bevor sie hier noch aßen und dann zum Flughafen fahren würden. „Wenn man die findet, sind wir schon auf dem Weg nach Deutschland“, meinte Serdall gelassen und trank von dem wohlschmeckenden grünen Tee, den man ihnen zum Frühstück serviert hatte. Als Daniel schon wieder an ihm vorbeimarschieren wollte, um die eine andere Ecke nach den Kondomen zu durchsuchen, fasste ihn Serdall an Knie und Hüfte, brachte ihn sanft zu Fall und setzte sich gemütlich auf Daniels Lenden. „Lass die blöden Dinger wo sie sind“, grinste Serdall und packte Daniels Hände, um sie über dessen Kopf zu schieben und ihn nun, so schön ausgeliefert, zu küssen. Daniel erwiderte den Kuss kurz und seufzte dann geschlagen auf. „Na gut, aber toll finde ich es nicht unbedingt, wenn der schüchternen Japanerin auf einmal unser Kondomvorrat in die Hände fällt. Und zum Zug kommen wirst du heute auch nicht mehr, wenn du das vorhattest. Mit Gleitcreme am Hintern kann ich leben, aber Sperma muss dann doch nicht sein. Vor allem, weil wir garantiert keine Zeit haben, damit ich mich noch waschen kann“, knurrte Daniel etwas verstimmt. Ihm war echt nicht ganz wohl dabei, sowas persönliches wie Kondome einfach wissentlich herumliegen zu lassen. „Manchmal bist du echt eklig, Daniel“, seufzte Serdall und erhob sich von ihm, wobei er seinen Freund gleich mit sich in die Senkrechte zog. „Lass uns jetzt lieber los. Ich will unsere letzten Stunden nicht mit Kondomsuche verbringen. Der Philosophenweg wartet auf uns“, erklärte er halblaut und zog, nach einem letzten Schluck grünem Tee, Daniel mit sich aus dem Ryokan. Nicht, dass der Junge wieder auf die Idee kam, noch einmal die Ecken abzusuchen, die er heute schon hundertmal betrachtet hatte. Daniel folgte ihm geschlagen und versuchte seine Gedanken wieder auf etwas anderes zu lenken. Serdall hatte ihm nicht sagen wollen, was genau der Philosophenweg war. Er hatte nur gemeint, dass es Daniel gefallen würde, wenn sie dort langgingen und ihn dann mit seiner Neugierde allein gelassen. Dabei wusste Serdall genau, wie sehr Daniel jetzt darüber nachgrübeln würde. Das hatte er wohl extra gemacht, um die Vorfreude zu steigern. Jedenfalls ließ Daniel sich jetzt widerstandslos in das wartende Taxi setzen und zu einem etwas abgelegenen Parkplatz bringen. Lächelnd registrierte Serdall Daniels strahlende Augen, als sie endlich den Anfang des Philosophenweges erreicht hatten. Ein Meer von rosa Kirschblütenbäumen säumte den Wegesrand und der Boden war nahezu gepflastert mit Blütenblättern. „Im April ist die Zeit der Sakura“, erklärte Serdall und nahm Daniel nun bei der Hand, um mit ihm langsam voranzuschreiten. „Es ist einfach wunderschön“, erwiderte Daniel fast ehrfürchtig und sah sich bewundernd um. „Die vereinzelten Kirschbäume waren schon toll, aber hier ist wirklich alles rosa. Er erinnert mich fast etwas an Janas Kinderzimmer“, kicherte Daniel und genoss das Gefühl, mit Serdall Hand in Hand den Weg entlangzugehen. Es war selten genug, dass sein Freund sich für alle Anderen sichtbar so mit ihm zeigte, deswegen wollte er diesen Moment einfach genießen und wenn möglich nie wieder vergessen. „Ich dachte mir, dass das ein schöner Abschluss wäre“, gestand Serdall auf der Hälfte des Weges und hielt plötzlich an, wobei er Daniel ebenfalls in seinem Gang stoppte und zurück zu sich zog. Lächelnd schlang er die Arme um Daniels Hüften und lehnte seine Stirn gegen Daniels. „Es war ein wunderschöner Urlaub mit dir“, hauchte er an den Lippen seines Freundes und küsste sie kurz, bevor er weitersprach. „Auch wenn du ein kleiner Schluckspecht bist, wenn es um Sake geht“, seufzte er gespielt genervt und kassierte einen kleinen Schlag in die Seite. Daniel hatte nämlich bei ihrem einen Barbesuch wieder etwas zu viel getrunken. Glücklicherweise war es nicht wieder so ausgeartet, dass er sich übergeben musste. „Ich liebe dich, Prinzesschen.“ Ein leidenschaftlicher Kuss folgte, der einige Passanten beschämt den Kopf wenden ließ, als sie die beiden so innig miteinander sahen. „Ich liebe dich auch“, seufzte Daniel, als Serdall sich wieder von ihm löste. „Und ich danke dir für diese tolle Woche. So entspannt, wie ich gerade bin, kann ich mich wieder mit vollem Elan in den Alltag stürzen. Ich hoffe, unser nächster Urlaub kommt eher, als unser erster. Noch einmal drei Jahre möchte ich nicht warten.“ „Ah, endlich zurück“, meinte Serdall zufrieden, als er die Haustür aufschloss und in den Flur trat. Der Flug nach Deutschland war ganz in Ordnung gewesen, nur die Menschenmassen am Flughafen hatten ihn ziemlich in Unruhe versetzt. Serdall trug zusammen mit Daniel das Gepäck in den Flur und blieb dann etwas erstarrt stehen, als ihm eindeutige Geräusche aus der Küche ans Ohr drangen. Daniel begann zu grinsen und machte sich gleich auf dem Weg zur offenen Küchentür. Seufzend folgte Serdall ihm und betrachtete mit hochgezogener Augenbraue, wie sich Ethan nackt auf der Theke räkelte und Dustin sich hinter ihm ziemlich angestrengt bewegte und gleichzeitig versuchte, sein Gleichgewicht auszubalancieren. „Typisch“, knurrte Serdall leise, legte eine Hand über Daniels Augen, zog ihn sogleich in der Bewegung aus der Küche und schloss die Tür wieder. Kopfschüttelnd ging Serdall zurück zu ihren Koffern. „Los, lass uns das Zeug hochbringen“, murrte er Daniel zu. „Sie haben uns gar nicht bemerkt“, antwortete Daniel unzufrieden und strebte schon wieder zur Küche. Wenn Dustin und Ethan bei ihnen spannen durften, dann durfte er das auch bei den beiden und etwas erschrecken wollte er die beiden dann auch mal. Vor allem, weil keiner von ihnen mehr irgendetwas anderes als den Partner wahrzunehmen schien. „Daniel“, knurrte Serdall nun wütend und packte ihn an der Hand. „Ich bin zumindest nicht wie Dustin und muss den beiden dabei zugucken, wie sie Sex haben. Und irgendwelche Racheaktionen haben wir auch nicht nötig. Lass die beiden machen, du weißt, dass sie das nicht im Mindesten stören wird, wenn du dabei zuguckst.“ „Du bist ein Spielverderber“, schmollte Daniel, ließ sich aber nach einem letzten wehmütigen Blick in Richtung Küchentür von Serdall samt Gepäck nach oben ziehen. Es hätte ihn schon extrem befriedigt, wenn er nur die Tür geknallt oder Dustin mit Ketchup bespritzt hätte. Irgendetwas, um ihn ein wenig zu ärgern. Aber so vergnügte der sich weiterhin und durfte Ethan auf der Theke vernaschen, während er von Serdall ins Schlafzimmer manövriert wurde und seinen Koffer ausräumen durfte. Die Welt war schon manchmal verdammt unfair. „Jetzt hör auf zu schmollen“, meinte Serdall zu Daniel und strich ihm über den Kopf. Es musste schließlich nicht sein, dass Daniel den beiden dabei zusah, wie sie es miteinander trieben. Vor allem gefiel Serdall der Gedanke nicht, dass Daniel dabei vielleicht wieder auf dumme Ideen kommen würde. Tief durchatmend strich sich Serdall durch die Haare. Es war schon schwer, die beiden nicht einfach zusammenzustauchen, aber dazu noch Daniel, der dieses Spektakel unbedingt länger als nötig sehen wollte, um sich irgendeinen Spaß dabei zu machen… Serdall gefiel das einfach nicht und er war froh, dass Daniel jetzt keine Szene machte. „Hast du nicht das Verlangen danach, Dustin mal ein wenig zu schocken?“, wollte Daniel wissen, während er seine noch sauberen T-Shirts an ihren Stammplatz im Schrank räumte. „Wir könnten zum Beispiel ihre Sachen aus der Küche nehmen und die Tür zuschließen. Oder es hätte schon gereicht, wenn du den beiden einfach hallo gesagt hättest. Da wären sie auch ganz schnell wieder von der Theke runter gehüpft.“ Daniel ging zu Serdall und legte ihm die Hände locker um die Hüften. „Sag, bist du einfach nur nett und lieb oder steckt etwas Anderes dahinter, dass du die Gelegenheit nicht nutzt, um deinen Schwager ein klein wenig zu ärgern?“, fragte Daniel grinsend. „Vielleicht bin ich einfach nur so erholt von meinem Urlaub, dass ich mir jetzt nicht wieder unnötig Stress aufbürden will“, erklärte Serdall und hauchte Daniel einen Kuss auf die Stirn. Da wurde er langsam nett zu den beiden und nun fing Daniel an, sie triezen zu wollen? Verkehrte Welt. Bei seinem nächsten Gedanken musste Serdall nun doch grinsen. „Außerdem, wie lange glaubst du geht das noch so rund zwischen den beiden? Mal ehrlich, mit vierzig wird sich Dustin nicht mehr mit Ethan auf der Theke vergnügen. Ich gönne es ihnen heute mal, da sie wohl wahrscheinlich Schule und Uni schwänzen, um das zu machen.“ Schließlich war es gerade noch früher Vormittag, die Kinder in Schule und Kindergarten und eigentlich hätte Dustin ja auch heute arbeiten müssen. „Stimmt“, meinte Daniel überlegend. „Eigentlich müssten die zwei tatsächlich gerade außer Haus sein. Aber denkst du echt, dass Dustin Ethan mit vierzig nicht mehr aufs Kreuz legt? Ich bezweifle ja, dass er bis er sechzig ist auch nur einen Gang zurückfährt. Der wird eher noch ganz andere Sachen mit Ethan ausprobieren, weil die Theke zu langweilig geworden ist. Außerdem ist Ethan erst zweiundzwanzig. Der braucht das noch. Und ich eigentlich auch“, fügte Daniel noch schmutzig grinsend an und lehnte sich näher an Serdall. „Obwohl ich denke, dass ihr Küken das manchmal nicht verdient habt“, seufzte Serdall und zog Daniel, trotz seiner Worte, mit sich zum Bett. „Und Dustin will ich nicht einschätzen. Ich hoffe nur, dass er irgendwann mal ruhiger wird“, seufzte Serdall und setzte sich auf den Bettrand, um bequem Daniels Hose zu öffnen. „Das wäre doch langweilig, wenn Dustin in diesem Haus nicht für Trubel sorgen würde“, lachte Daniel und sagte dann eine Zeit lang gar nichts mehr. „Na, fertig in der Küche“, fragte Daniel, als Dustin ihm mit Ethan entgegenkam, als er gerade die Treppe herunterging. „Ihr seid schon wieder da?“, stellte Ethan unnötigerweise fest und Dustin begann zu lachen. „Und ihr habt uns in der Küche beobachtet und seid gleich auf euer Zimmer gestürmt, um uns nachzueifern“, stellte Dustin fies grinsend fest, da er ahnte, dass Daniel ihn irgendwie ärgern wollte. Aussichtslos, dachte sich Dustin amüsiert und schlug Ethan auf den Po. „Wir sind einfach viel zu erotisch für diese Welt“, lachte er noch und warf Daniel eine Kusshand zu. „Ich durfte nicht gucken“, grummelte Daniel stiefelte Ethan und Dustin hinterher nach oben. Er war ohnehin aus keinem bestimmten Grund die Treppen hinuntergegangen. Nun gut, vielleicht um doch einen klitzekleinen Blick in die Küche zu werfen, jetzt, wo Serdall so seelenruhig schlief. „Oh, da hat der gute Serdall uns diesmal davor bewahrt, mitten im Sex gestört zu werden? Erzähl keine Märchen. Serdall wäre der Erste, der uns schadenfroh grinsend von der Theke befördert hätte“, meinte Dustin, als sie in der zweiten Etage angelangt waren und vor Dustins Zimmertür standen. „Glaub mir, ich hätte euch gerne schadenfroh grinsend von der Theke befördert. Allein schon aus Rache für die vielen Male, die ihr uns das angetan habt“, knurrte Daniel etwas beleidigt. „Aber Serdall hat mir das leider verboten. Er meinte, dass du mit vierzig nicht mehr in der Lage bist, Ethan auf der Theke zu vernaschen und dass man euch machen lassen sollte, weil ihr extra für dieses Abenteuer schwänzt. Ich würde mal sagen selbst schuld, weil ihr immerhin wisst, dass wir nach Hause kommen, aber wie gesagt hat Serdall mich ganz gemein nach oben befördert.“ Ethan entglitten bei dem Wort ‚vierzig‘ etwas die Gesichtszüge und seine Hand ruckte unmittelbar zu Dustins, der sie ihm aber gleich entzog. „Tja, man wird halt alt“, knurrte Dustin und verschränkte die Arme, ehe er die Tür zu seinem Schlafzimmer öffnete, ohne Ethan ging und das Türblatt hinter sich zuknallte. „Toll, Daniel“, knurrte Ethan nun fahrig und strich sich durch die Haare. „Es ist schon schlimm genug für ihn, dass er dreißig ist, musst du ihm jetzt auch noch das vor den Latz hauen? Jetzt wird er wieder ewig jammern.“ Daniel seufzte frustriert auf. „Er hatte drei Monate Zeit sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass er kein Twen mehr ist. Langsam müsste er doch auch mal erkannt haben, dass er mit neunundzwanzig alles genauso gut drauf hat, wie mit dreißig“, knurrte er, wusste aber aus Erfahrung, dass die nächste Zehnerstufe beim Alter nicht gerade sehr toll war. Es war für ihn auch schlimm gewesen zwanzig zu werden und wenn er sich vorstellte, dass er auch irgendwann dreißig werden würde… Seufzend ging Daniel an Ethan vorbei ins Zimmer. „Komm, alter Mann, nicht schmollen, ja?“, wandte er sich an Dustin, der missmutig auf seinem Bett saß. „Lass die Sprüche, Daniel“, knurrte Dustin, der seine Beine zum Schneidersitz heranzog, als Ethan ebenfalls auf ihn zukam. Kurzerhand setzte sich der Rothaarige hinter seinen Freund und schlang zangenartig Beine und Arme um ihn. „Alterstechnisch bist du vielleicht dreißig, im Bett bist du aber noch blutjunge zwanzig“, säuselte der nun grinsend an Dustins Ohr, sodass Dustin gar nicht anders konnte, als wieder zu lächeln. „Wie war euer Urlaub?“, wandte sich Dustin nun wieder an Daniel, da er ja Ethan vor ein paar Minuten noch bewiesen hatte, dass er nun wirklich kein alter Mann war. „Einfach traumhaft“, schwärmte Daniel mit Herzchenaugen und erzählte Ethan und Dustin in Kurzversion das Wichtigste aus den letzten Tagen. „Und den Kindern geht es gut?“, erkundigte er sich noch einmal, obwohl er Jana und Taki schon in kurzer Zeit wiedersehen würde. „Zum hundertsten Mal: Ja!“, meinten Dustin und Ethan fast unisono und ziemlich genervt. „Echt, wie kann man jeden Tag zweimal anrufen und immer noch nicht überzeugt sein, dass es den Kleinen gut geht? Wir haben sie schließlich nicht gefressen“, murrte Ethan patzig, da Taki und Jana sich wirklich wohl gefühlt und sie auch mit ihnen viel Spaß gehabt hatten. „Ist ja gut!“, knurrte Daniel zurück und setzte sich ebenfalls aufs Bett. „Ich wollte mich ja nur mal erkundigt haben. Wenn etwas passiert wäre, hättet ihr uns Bescheid gesagt. Dass ich die ganze Zeit nerve liegt wahrscheinlich daran, dass ich es einfach nicht erwarten kann, die Kleinen wiederzusehen. Schon schlimm, wenn man Papa ist“, meinte er nun lachend und ließ sich ganz aufs Bett sinken. „Aber da alles okay ist, geht es mir jetzt auch gut.“ „Und du hast dich früher aufgeregt, dass Serdall eine Glucke ist“, lachte Dustin jetzt und ließ genießerisch den Kopf nach vorne fallen, da Ethan genüsslich an seinem Nacken knabberte. Leicht stöhnend fasste Dustin nach Ethans Hinterkopf, stockte aber kurz davor, als er ihn intensiv küssen wollte. „Daniel? Könntest du bitte?“, fragte Dustin ihn. Schließlich hatten Ethan und er heute geschwänzt, um sich einen schönen Tag im Bett zu machen, auch wenn die Theke noch mit zum Einsatz gekommen war. Augenrollend und leise ächzend kämpfte sich Daniel wieder hoch und ging zur Tür. „Echt, ab und an wünsche ich mir dann doch, dass du dich deines Alters gemäß verhältst“, meinte er zu Dustin und schloss dann die Tür hinter sich. Gut, viel zu bereden hatten sie nicht mehr gehabt, aber einfach des Raumes verwiesen zu werden war auch gemein. Aber dann würde er eben wieder zu Serdall ins Bett kriechen und sich noch ein paar Streicheleinheiten abholen, bevor die Kinder wieder nach Aufmerksamkeit verlangten und der ganz normale Alltag wieder losging. ENDE Der Epilog ist endlich auch fertig. Nun gut, wir haben ihn vor gut zwei Wochen geschrieben. Allerdings sind wir noch nicht dazu gekommen, ihn noch einmal zu überarbeiten, denn einige Sachen wollten wir nicht so lassen, wie sie sind oder noch hinzufügen. Nur mussten wir ‚Die Magie der Musik’ dann mal kurz zur Seite legen und sacken lassen, ehe wir uns noch einmal der Korrektur des Epilogs zuwenden können. So, und damit ist es endgültig vorbei mit der Geschichte. Serdall, Daniel, Dustin, Ethan, Jana, Taki und all die Anderen sind glücklich, da habt ihr euer Happy End. ;) Danke an alle, die dieses Werk bis zum Ende verfolgt haben. Es war doch ziemlich umfangreich und ist nicht immer nach den Wünschen der Meisten verlaufen. Trotzdem seid ihr nun hier angelangt. Ein großes Dankeschön noch mal, vor allem an die, die mit ihren Kommentaren auch ihre Meinung kundtun. Liebe Grüße! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)