Die Magie der Musik 3 von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 12: ------------ Kapitel 12 „Klasse“, ätzte Daniel und warf Fei einen Blick zu, der all die Abneigung enthielt, die er gegen diesen Mann empfand. „So, und was machen wir jetzt, wo wir nur noch zu zweit sind? Magst du mich wieder verprügeln oder schlägst du was Anderes vor?“ „Das meine ich“, knurrte Fei. „Serdall leidet unter deiner Art, aber du kapierst es nicht, oder? Macht es dir Spaß, dich zwischen zwei Brüder zu stellen? Du hast Serdall wieder und es ist dir erneut scheißegal wie er sich fühlt. Wie wäre es, wenn du mal nicht nur an dich und dein gekränktes Ego denkst?“, fauchte Fei und lehnte sich zurück. Serdall hatte ihn gebeten Daniel in Ruhe zu lassen und es machte die Situation seines Bruders nicht besser, wenn er sich von Daniel in kindische Streitereien ziehen ließ. Und das schien Daniel leider viel zu gern zu tun. Sich mit Fei streiten. „Es ist mir bestimmt nicht egal, wie sich Serdall fühlt“, zischte Daniel. „Wir haben uns wohl beide nicht so toll benommen. Wird nicht gerade das Schönste für Serdall sein, wenn wir zwei uns streiten. Immerhin sind wir wohl mit die wichtigsten Menschen in seinem Leben.“ Daniel runzelte die Stirn und musste erst einmal selbst über seine Worte nachdenken. Warum dachte er erst jetzt daran? Scheinbar war dieses Wissen schon immer in ihm gewesen, warum war es erst jetzt greifbar? Wenn Serdall sich mit Charline so dermaßen in die Haare bekommen würde, dann wäre das für ihn auch nicht sehr prickelnd. Diese beiden Geschwister-Freund-Vergleiche konnte man wohl aufeinander anwenden. Daniel seufzte. Gut, Fei und er hatten ihre Differenzen, aber eigentlich müsste man die auch wie erwachsene Leute klären können. „Schön, dass dir das auch mal klar wird“, knurrte Fei. „Und auch wenn ich es nicht gern zugebe, du bist für ihn neben Taki mit der wichtigste Mensch in seinen Leben. Ich kann zwar nicht verstehen, warum und überhaupt wie er dich lieben kann, wo du einfach ein totaler Egoist bist, aber wenn er dich unbedingt will, soll er dich haben. Ich stelle mich dem bestimmt nicht noch einmal in den Weg. Ich lerne im Gegensatz zu dir aus meinen Fehlern. Und falls du denkst, dass ich Serdall das mit Japan eingeredet habe, vergiss es. Es war seine eigene Entscheidung. Ich bin nicht der, der Serdall hier irgendetwas einredet. Er wollte meine Unterstützung, die hat er bekommen.“ Entschieden schüttelte Daniel den Kopf. „Ich denke nicht, dass er so einfach nach Japan abhauen würde. Es würde zu viele Leute unglücklich machen. Vielleicht hast du dieses Mal nur passiv auf ihn eingewirkt, aber damals bei Kai hast du deine Ansichten in der Hinsicht schon klargemacht.“ „Habe ich und ich habe gesehen, was es gebracht hat, oder? Ich riskiere es sicher nicht noch einmal, meinen Bruder zu verlieren. Und bei dir sehe ich leider die potenzielle Gefahr, auch wenn du denkst, dass du so schrecklich gut für ihn bist. Es gibt eben diese extremen Momente bei euch, bei denen ich mir eben Gedanken machen muss, ob ich Serdall einfach blindlings weitermachen lassen kann. Diesmal will er es eben noch einmal probieren, okay. Aber sei dir sicher, er wird danach alles hinter sich lassen, egal welche Menschen er da verletzt. Taki wird wirklich gut bei uns aufgehoben sein. Meine zweite Tochter ist im selben Alter wie er. Es würde gutgehen, glaub mir und Serdall weiß das, nur du willst es nicht wahrhaben.“ Daniel dachte kurz über Feis Worte nach. Vielleicht wäre Japan doch eine Alternative? So konnte Serdall alle Enttäuschungen hinter sich lassen und Taki sprach die Sprache und kannte zumindest seine Familie. Aber generell brauchte er sich da eigentlich überhaupt keine Gedanken drüber machen. Immerhin würde Serdall gar nicht die Option benötigen, das Land zu verlassen. Dieses ganze Gerede darüber machte Daniel nur so total unsicher. „Sag mal“, fragte er Fei plötzlich, „denkst du wirklich, dass ich so egoistisch bin?“ Fei war nicht gerade jemand, den Daniel zu seinem Freundeskreis zählen würde, eher zum Kreis seiner Feinde, allerdings konnte man wohl mit eher fremden Leuten, denen man nicht so nahe stand, über solche Dinger anonymer sprechen und irgendwie auch freier. Fei zog eine Augenbraue nach oben. Warum fragte Daniel gerade ihn das? Er überlegte einen Moment und nickte dann. „Du bist ein Egoist“, meinte er dann überzeugt. „Zumindest soweit ich das beurteilen kann. Schließlich geht es in erster Linie um deine Meinung, nicht wahr? Dir muss immer erst jemand erklären wie Serdall sich fühlt, was meistens Dustin ist, wie mir das Serdall berichtet hat. Zeigt das nicht, dass du ziemlich ignorant bist? Es soll sich ja gebessert haben, aber in dieser Diskussion eben hat man wieder gesehen, dass du eben deine Meinung ausspucken musst, auch wenn du nicht viel dazu beizutragen hast. Dass das Serdall verletzt, sollte dir klar sein. Schließlich provozierst du mich und Serdall kann das ehrlich gesagt nicht ab. Wie meinte er das damals am Telefon?“, fragte sich Fei einen Moment selbst. „Kopflos, ja ich glaube das war das Wort. Und das ist wohl das, was ich eher als egoistisch und selbstsüchtig ansehe. Er glaubt, dass du nichts dafür kannst, dass du eben ein ‚Schussel‘ bist, aber mal ehrlich, das ist bloß seine rosarote Brille. Ein ‚Schussel‘ schläft nicht mit Serdalls Schwager.“ Daniel nickte und biss sich auf die Lippe. Eine ehrliche Meinung eines außenstehenden Beobachters war wohl mal ganz gut. Zumindest würde Serdall ihm das so nie sagen und Dustin mochte ihn wohl auch viel so sehr, um ihm diese Charakterzüge aufzuzeigen. So wie Fei es darlegte war Daniel eigentlich fast selbst davon überzeugt, dass er vor allem in der Beziehung mit Serdall nur für sich lebte. „Und was meinst du, soll ich für Konsequenzen daraus ziehen?“, wollte er leise von Fei wissen. Fei schlug sich mit einer Hand vors Gesicht. War das jetzt wirklich Daniels ernst? Eben erklärte er das Ganze und jetzt fragte Daniel schon wieder nach anderer Leute Rat, damit er bei Serdall alles richtig machte? „Glaub mir, so gern wie Dustin habe ich dich ganz sicher nicht. Die Leier kannst du bei ihm abziehen. Ich gebe dir dahingehend keine Ratschläge. Das hast du in meinen Augen nicht verdient, genauso wie ich denke, dass du Serdall einfach nicht verdient hast.“ „Wenn ich mich bessern möchte und bislang scheinbar nicht wirklich kapiert habe, was in meinem kranken Hirn abgeht, da ist es doch wohl besser, dich um Rat zu fragen, als deinen Bruder durch irgendwas, das ich mal wieder durch meine Engstirnigkeit nicht sehe, zu verletzen. Denn immerhin sind wir jetzt wieder zusammen und auch wenn mein Egoismus jetzt wieder zum tragen kommt, möchte ich mich nicht wieder von Serdall trennen“, erwiderte Daniel aufgebracht. „Du wirst dich wohl auch nie von ihm trennen. Er wird sich von dir trennen“, ließ es Fei sich nicht nehmen Daniel diesen feinen Unterschied aufzuzeigen. „Aber einen Rat kann ich dir wohl mal geben. Sei nicht so egoistisch“, sagte Fei mit einem falschen Lächeln und klappte seinen Laptop wieder auf. „Aber vielleicht bist du es ja auch gar nicht und Serdall ist der Egoist?“, fragte sich Fei plötzlich noch. „Nun, es ist wohl die Frage, wer wen mehr verletzt mit seiner Art und Weise und ich glaube, da gehen momentan viele Punkte auf dein Konto, oder? Da würde ich den Gedanken ansetzen“, meinte Fei nun doch noch und sah wieder zu Daniel. Vielleicht half er dadurch Serdall doch ein wenig. „Dann kannst du beim Alltäglichen weitermachen. Du weißt, dass Serdall eben sehr sensibel ist, auch wenn er es nicht jedem zeigt und ich behaupten möchte, dass das in der Zeit mit dir auch ziemlich abgenommen hat. Er stumpft wohl ab oder so. Zumindest ist er nicht mehr so, wie er zu Louises Zeiten war, soviel ist sicher. Ich merke das wohl am besten, weil ich ihn eben so selten sehe. In letzter Zeit erlebe ich ihn leider auch nur in diesen Krisensituationen und da solltest du mich als Bruder verstehen, dass das mich ganz schön mitnimmt.“ Fei seufzte und strich sich einmal fahrig über die Stirn. „Du sollst einfach auf ihn aufpassen, okay? Er hat jetzt genug durch und liebt dich leider so sehr, dass er eben einfach alles an dir akzeptieren möchte, auch wenn es ihm extrem schwer fällt. Er ist eben ein Romantiker und es macht ihm leider auch etwas aus, dass du diese Art oft ins Lächerliche ziehst. Mittlerweile ist er es wohl eher leid, romantisch zu sein, so wie ich das mitbekommen habe.“ Sie hatten wirklich viel am Telefon besprochen. Besonders wenn Daniel mit Jana beschäftigt war, rief Serdall ihn an und sie redeten meist sehr lange, was Fei eigentlich nicht von Serdall gewöhnt war. Daniel nickte dumpf. „Danke“, meinte er leise und lächelte leicht, auch wenn ihm innen drin momentan ganz und gar nicht zum Lächeln zumute war. „Sag Serdall bitte, dass ich für eine Stunde weg bin. Ich muss kurz nachdenken.“ Ehe Fei etwas erwidern konnte war Daniel schon aus dem Raum gegangen, hatte sich im Flur Schuhe und Jacke angezogen und war hinaus in den kalten Februar marschiert. Die letzten Wintertage waren eklig feucht und draußen herrschte durch den scheinbar pausenlos wolkenbehangenen Himmel jetzt gegen Abend schon tiefste Dämmerung. Daniel strebte zum Spielplatz und setzte sich auf eine der beiden Schaukeln. Irgendwie war das hier so eine Art Rückzugsort für ihn geworden. Fei hatte Recht, das fiel ihm jetzt erst richtig auf. Er verletzte Serdall in vielen Punkten. Es ging nicht nur um seine Seitensprünge, sondern auch um den alltäglichen Umgang, die Vernachlässigung durch Jana beispielsweise. Er hatte wieder geschrien, nach Jana geschrien, sie bekommen und sich keine richtigen Gedanken über das Danach gemacht. Konsequenz war nun, dass er sich ab und an überfordert fühlte und Serdall wohl derjenige war, der am meisten unter der Situation zu leiden hatte. Daniel liebte Jana und würde sie nie wieder weggeben wollen. War das jetzt auch egoistisch? Nein, das war wohl eher ein grenzwertiger Punkt. Erschreckend war, dass Daniel nie wirklich wahrgenommen hatte, wie negativ er sich in der letzten Zeit ihrer Beziehung entwickelt hatte. Anfangs war es noch anders gewesen, das konnte er mit Bestimmtheit sagen. Ihre Probleme waren auch erst in letzter Zeit aufgetreten, was wohl ein Indiz dafür war, dass seine Veränderung sich scheinbar erst schleichend ab der Zeit vor einem Jahr entwickelt hatte. Zumindest kleinere Unstimmigkeiten im Alltag konnte Daniel dahin zurückführen. Aber warum hatte er nicht gemerkt, dass er nach und nach immer egoistischer wurde und viel zu viele Sachen für sich beanspruchte oder verlangte, dass sie nach seinem Willen liefen? Dieser generelle Egoismus war allerdings bestimmt auch mit daran schuld, dass Serdall sich so verändert hatte. Der Alltagsegoismus und die Seitensprünge hatten ihn wohl tatsächlich ziemlich abstumpfen lassen. Wenn Daniel so darüber nachdachte, hatte Serdall sich schon ziemlich seinen Vorlieben angepasst. Sei es im Bett, vom Zeitmanagement oder auch nur bezüglich besonderer Wünsche wie einem zweiten Hund. Die schlimmste Reaktion von Serdall war wohl die gewesen, dass er ihm die Seitensprünge erlaubt hatte. Wie konnte eine Beziehung, die wirklich auf Liebe basierte, damit überleben? Was waren das für Opfer, die Serdall bereit war für ihn zu bringen? Wenn sie tatsächlich schon in diese Größen gingen, was hatte er dann nicht schon für Daniel geopfert, dass er sogar bereitwillig das tun würde? Energisch schüttelte Daniel den Kopf. Darüber wollte er dann lieber doch nicht nachdenken. Er musste unbedingt etwas ändern. Er liebte Serdall, daran bestand kein Zweifel. Diese Beziehung schien momentan viel zu einseitig zu sein. Serdall gab, Serdall erduldete, Serdall sagte ja und Amen. Das konnte so nicht weitergehen, wenn Daniel nicht wollte, dass alles in die Brüche ging. Wenn er allein schon darauf achtete, wie glücklich Serdall gewesen war, dass Daniel auf ihn im Bett Rücksicht genommen hatte, riss es ihm fast das Herz heraus. War das nicht eigentlich selbstverständlich? Aber scheinbar war es für Serdall schon zur Gewohnheit geworden, dass alles nach Daniels Nase lief. Seufzend legte Daniel für sich fest, dass er mehr auf Serdall eingehen würde. Viel mehr. Aber am besten nicht allzu offensichtlich, damit es ihm nicht sofort auffiel, er abblockte oder ein klärendes Gespräch verlangte. Das wäre etwas, zu was Daniel wohl nicht in der Lage war. Diese Gefühle und dieses Wesen in sich wollte er lieber auch dort lassen, nämlich ganz fest in seinem Inneren verschlossen. Mit ein wenig mehr Elan, aber immer noch ziemlich trübsinnig gab Daniel sich ein wenig Anschwung und ließ die Schaukel dann langsam auspendeln. „Serdall?“ Fei trat in Takis Kinderzimmer ein, in dem Taki, Jana und Serdall mit Bauklötzen spielten. Serdall strich Taki gerade lächelnd durch die Haare, bevor er sich zu Fei umdrehte. „Wo ist Daniel?“, fragte er als erstes als er seinen Bruder sah. „Er ist spazieren. Kommst du kurz? Ich würde gern noch einmal mit dir unter vier Augen sprechen“, meinte Fei und Serdall nickte. Er küsste Taki kurz auf die Stirn. „Pass schön auf unsere junge Dame auf, ja? Dafür bekommst du auch etwas, okay?“ Taki nickte glücklich und drückte Serdall noch einmal. Serdall schnappte sich seine Krücken und humpelte Fei hinterher. Im Flur blieben sie einander gegenüber stehen und Fei ergriff das Wort. „Du weißt hoffentlich, was du dir zumutest? Ich stelle mich deiner Entscheidung nicht entgegen, aber ich sehe es ungern mit an.“ „Er wird mich nicht enttäuschen, Fei. Es war eine Ausnahmesituation, weil Dustin sein Ex ist“, sagte Serdall, doch man sah ihm an, dass ihn allein die Erinnerung schmerzte. „Betrogen ist betrogen, Serdall. Du redest dir das irgendwie schön und das weißt du. Schwöre, dass es für dich das letzte Mal sein wird, dass du ihm verzeihst, dass du danach nach Japan kommst und endlich loslässt“, verlangte Fei und legte eine Hand auf Serdalls Schulter, um ihm ernst in die Augen zu sehen. Serdall erwiderte den Blick unsicher. Er wollte die Möglichkeit behalten, bei Daniel zu bleiben. Wer wusste schon, ob es das nächste Mal eine bizarre und misszuverstehende Situation war? Serdall stockte. Fand er etwa jetzt schon Entschuldigungen für Daniel? Entschieden schluckte er, um den Klos aus seiner Kehle zu vertreiben und klar zu sprechen. „Ich schwöre es dir“, antwortete Serdall fest und Fei nickte zufrieden, ehe er die Arme um Serdall schloss. „Es ist schön, dass es dir körperlich besser geht und du nicht mehr im Krankenhaus bist“, flüsterte er an Serdalls Ohr und jener erwiderte die Umarmung einhändig. „Danke, dass du hier bist, Fei“, seufzte Serdall. „Und ich habe mich auch noch nicht bedankt, dass du Taki und Jana zurückgeholt hast und all die anderen Dinge für mich bewerkstelligt hast“, seufzte Serdall schief lächelnd. „Wozu ist dein großer Bruder denn sonst da? Du würdest dasselbe auch für mich tun“, erwiderte Fei überzeugt und Serdall nickte aufrichtig. Ja, das würde er. Seufzend betrat Daniel wieder das Haus. Es war höchste Zeit Abendessen zu machen und durch den ganzen Stress in der letzten Woche war ihre Kochplanung ziemlich durcheinandergeraten. Da Dustin so viel zu tun hatte, wollte er sich einfach ohne zu murren ans Essen machen, vor allem da er etwas plante, das Serdall sehr gerne aß. Er schwankte zwischen Spinat und einfach Sushi bestellen, doch als Daniel in die Küche kam und Dustin schon Kartoffeln schälen sah, war seine Entscheidung eigentlich klar. „Du bist ja schon hier“, merkte Daniel etwas überrascht an. Er hätte erwartet, dass Dustin sich ums Kochen drücken würde, weil er ohnehin nicht so gern den Löffel schwang und wirklich etwas im Stress war. Dustin sah von seiner Arbeit auf. Sein nachdenklicher Ausdruck wechselte in ein fahles Lächeln. „Na ja, ich brauch gerade irgendwie eine Pause von dem ganzen Schulkram“, seufzte er halblaut, zerschnitt eine Kartoffel und ließ sie in den halbvoll mit Wasser befüllten Topf plumpsen. „Mit Serdall alles wieder in Ordnung?“, fragte er und wandte sich wieder seiner Schälarbeit zu. „Ja“, meinte Daniel und ging in Richtung Tiefkühlfach, um den Spinat rauszuholen. „Wir haben vorhin auch mit Fei gesprochen und nach einer hitzigen Diskussion hat er dann doch zurückgesteckt. Ich denke jetzt wo alles geklärt ist, wird er dann demnächst auch wieder zurück nach Japan fliegen. Immerhin ist er schon wieder ziemlich lange hier und das erneut unerwartet, sodass wohl doch wieder etwas Chaos dort ausgebrochen ist.“ Daniel verschwieg sein eigenes Gespräch mit Fei. Irgendwie hatte er wohl nicht die mentale Kraft, um sich seinen Charakterproblemen auch vor Dustin zu stellen. Solange er sie erkannt hatte und Abhilfe schaffte, würde es allerdings reichen. „Echt, ich freu mich für dich“, meinte Dustin, schälte das letzte Stück und schmiss die Schale in den Abfalleimer. Er setzte den Topf auf und sah dann etwas bedrückt zu Daniel. „Meinst du, er wird mich immer noch rauswerfen? Irgendwie wird mir jetzt erst klar, dass mich das mehr mitnimmt als gedacht“, seufzte er halblaut und strich sich durch die Haare. Er würde das Alles hier so schrecklich vermissen. Taki, Daniel und Serdall auch. Hier hingen so viele Erinnerungen dran und auch so eine verdammt geile Zeit, dass er sich langsam aber sicher echt bescheuert vorkam, weil er das mit Daniel getan hatte. „Ich weiß es nicht“, seufzte Daniel und stellte den Herd an. „Momentan ist er wohl gut drauf, weil mit Fei alles positiv gelaufen ist. Und vorhin hat er auch seine Krücken bei sich behalten, als du mit Jana reingekommen bist und sie nicht nach dir geworfen, obwohl das von dir echt eine blöde Aktion war. Er ist wütend auf dich, das ist wohl klar, aber ich hege noch die Hoffnung, dass alles so bleibt, wie es war.“ Dustin nickte mit zusammengekniffenen Lippen und setzte sich etwas schwach an den Tisch. „Ich rede besser erst morgen mit ihm. Langsam läuft nämlich seine Frist aus“, meinte er und fegte mit der Hand ein paar Krümel von der Tischplatte. „Fei überrascht mich“, murmelte er. „Ich hätte gedacht, dass er es diesmal wieder voll durchzieht und Serdall mit allen möglichen Dingen beeinflusst, aber da hab ich mich wohl geirrt.“ „Er weiß, dass es übel ausgehen kann, wenn er Serdall seine Wünsche aufzwingt“, erklärte Daniel. Er setzte sich zu Dustin an den Tisch, während die Kartoffeln langsam anfingen zu kochen. „Serdall hätte sich das letzte Mal umgebracht, wenn Fei weiterhin an seinen Vorstellungen festgehalten hätte und das wollte er wohl kein zweites Mal riskieren. Außerdem hat Serdall ihm dieses Mal auch ausführlich erklärt, wie er die Sache sieht und Fei hat es entweder eingesehen, was ich nicht denke, oder eben einfach diese Art der Dinge akzeptiert, weil er nichts dagegen tun kann.“ „Es steht ihm ja auch nicht zu, sich andauernd in Serdalls Leben einzumischen“, seufzte Dustin und legte dann den Kopf schief, als er Daniel ernst ansah. Er musterte Daniel einen Moment, die raspelkurzen Haare, die langsam begannen nachzuwachsen, die hellblauen, freundlichen Augen, das attraktive Gesicht, mit der geraden Nase und dem Schönheitsfleck auf der einen Wange, der sinnliche Mund, der gerade etwas missgestimmt verzogen war. „Sag, bist du glücklich, dass jetzt alles wieder gut ist oder stimmt irgendetwas nicht?“ Überrascht sah Daniel ihn an. Das brauchte er noch nicht einmal zu spielen. Woher wusste Dustin schon wieder, dass eben nicht alles stimmte und er gerade nicht gänzlich glücklich war? Allerdings würde Daniel mit ihm dieses Mal nicht darüber reden. Dustin würde die ganze Sache wohl abschwächen und das war jetzt etwas, das Daniel mit sich selbst ausmachen musste, weil es auch nur um ihn ging. „Natürlich bin ich glücklich“, antwortete er Dustin deswegen. „Warum sollte ich auch nicht glücklich sein. Ich habe alles wieder, was ich mir erhofft hatte.“ Eine Augenbraue wanderte in Dustins Gesicht fragend nach oben und er sah Daniel forschend ins Gesicht. Doch Daniel erwiderte den Blick fest, was Dustin irgendwie irritierte. „Na dann ist doch alles in Ordnung“, meinte er gespielt zufrieden. Wenn Daniel nicht reden wollte, dann würde sich Dustin nicht aufzwingen. „Und wenn mich Serdall noch hier wohnen lässt, dann ist wohl alles wieder perfekt“, meinte er mit einem schiefen Grinsen und strich Daniel einmal über die kurzen Haare, ehe er aufstand und die Kaffeemaschine betätigte. Er hatte noch viel Arbeit vor sich, da würde ein wenig Koffein nicht schaden. „Kaffee zum Abendbrot?“, fragte Daniel und verzog angewidert das Gesicht, während er sich wieder an den Herd begab, wo die Kartoffeln schon vor sich hin kochten und der Spinat bereits im Topf aufgetaut war. Er schlug noch einige Eier in die Pfanne und ließ alles dann wieder allein garen. „Bin mit meiner Arbeit noch nicht fertig und am Abend kann ich mich immer kaum noch konzentrieren“, seufzte Dustin mit einem schiefen Lächeln und lehnte sich schwer gegen die Anrichte. „Ethan muss ich nachher auch noch beglücken“, grinste er nun wirklich und zwinkerte Daniel zu. Sein kleiner Engländer war heut Abend die Entspannung und die Belohnung, zumindest hatte ihm Ethan versprochen ihn besonders zu verwöhnen. Verträumt starrte Dustin kurz in den Raum und schüttelte dann versaut grinsend den Kopf. „Ihr zwei seid echt unmöglich“, erwiderte Daniel ebenfalls grinsend. „Aber es freut mich, dass es wieder so gut zwischen euch läuft. Und wenn ich dich so sehe frage ich mich echt, ob ich den richtigen Studiengang gewählt habe. Allerdings muss ich in der Grundschule vielleicht nicht ganz so viel tun. Diese Hoffnung habe ich ja noch.“ „Ach und wenn du keine Lust auf Arbeit hast, bist du eben lieb zu Serdall und der gibt dir monatlich Taschengeld“, flötete Dustin, doch bei Daniels angeekeltem Gesicht lachte er laut. „In der Grundschule wirst du es denke ich nicht wirklich schwer haben. Die Kleinen schreiben ja noch nicht so viele extrem schwere Tests. Da wird das Korrigieren einfach und die Oberstufe ist wirklich eine Spur anstrengender“, meinte Dustin mit einem Schulterzucken. „Mir macht es trotzdem Spaß.“ „Merkt man“, gab Daniel zurück. „Zumindest war der Unterricht bei dir immer echt gut. Mir hat er zumindest Spaß gemacht.“ „Verständlich“, kicherte Dustin nun. „Du hast mir aber auch immer auf den Hintern gestarrt“, behauptete er verschmitzt und streckte Daniel die Zunge heraus. „Haha“, grummelte Daniel verstimmt. „Wenn ich dir nur auf den Arsch geglotzt hätte, wäre ich wohl kaum so gut im Unterricht gewesen, oder?“ „Dein Glück, dass ich viel mehr in die Klasse gesprochen habe, als dass ich an der Tafel stehe und etwas ankreide“, erklärte Dustin. „Du wärst so aufgeschmissen gewesen, wenn ich dir mehr den Rücken zugedreht hätte.“ „Das denkst du“, gab Daniel jetzt triumphierend zurück. „Aber wenn du mal an die Rollenverteilung denkst, wie sie zwischen uns üblich gewesen ist, hätte mich deine Front um ein Vielfaches mehr interessiert, als deine Rückansicht.“ „Also wirklich, da sieht man in meinen Anzugshosen nun wirklich nichts. Da hast du wieder nur Glück gehabt“, hielt Dustin wieder dagegen und reichte Daniel den Kochlöffel, damit der den Spinat umrührte. „Tja, dann musst du mir wohl einfach glauben, dass dein Unterricht auch um des Unterrichts Willen gut war und nicht nur auf Grund des Lehrers. Kommt ja eigentlich auch dir zugute. Ich weiß gar nicht, warum du die ganze Zeit versuchst, das so abzuschwächen“, meinte Daniel jetzt überlegend. „Naja, guter Unterricht und spaßiger Unterricht sind meiner Meinung nach zwei verschiedene paar Schuhe“, meinte Dustin schulterzuckend. „Und das ich eben gut in Englisch bin, liegt ja wohl überwiegend daran, dass ich gebürtiger Amerikaner bin. Deswegen wohl“, seufzte Dustin. „Ach, ist ja auch egal. Jana ist oben?“ „Ich denke“, erwiderte Daniel schulterzuckend. „Ich habe sie vorhin bei Taki abgegeben, als ich mit Serdall zu Fei gegangen bin. Und dein Unterricht ist nicht nur spaßig, sondern auch im richtigen Maße streng. Dass du so gut englisch sprichst, macht das Ganze natürlich auch nochmal besser, denn immerhin ist man sich bei dir sicher, dass du einen korrekt verbesserst und das genäselte Schulenglisch einiger anderer Lehrer ist einfach nur schrecklich. Das wollte ich noch abschließend sagen.“ Er grinste Dustin an und probierte den Spinat. Fahrig strich sich Dustin durch die Haare und begann nun ehrlich zu lächeln. „Danke, du brauchst mir nicht zu schmeicheln“, lachte er nun und hauchte einen Kuss auf Daniels Wange. „Hoffe, das ist noch erlaubt?“, fragte er schuldig und sah vorsichtig zur Tür, falls man sie beobachtete. „Ich glaube, zumindest in nächster Zeit ist es wohl erst einmal untersagt“, seufzte Daniel. „Ein einfaches Danke tut es auch. Außerdem habe ich dir nicht geschmeichelt, sondern die Wahrheit gesagt und nichts als die Wahrheit, so wahr mir Gott helfe, ich schwöre.“ „Ist ja schon gut“, knurrte Dustin etwas gequält. „Glaub mir, ich weiß, dass ich gut bin. Ich wollte dich doch einfach nur ein bisschen aufziehen“, seufzte er ergeben und knuffte Daniel in die Seite. „Du Blödmann“, meinte er. „Bohrst solange, bis ich nachgebe.“ „Klar“, antwortete Daniel schlicht. „Ich liebe es, gegen dich zu gewinnen und dich am Boden zu sehen.“ Lachend wich er Dustins gespieltem Schlag aus und hielt schützend den Spinatlöffel vor sich. „Weiche von mir, sonst hast du gleich ganz unschöne grüne Flecken auf deinem blütenweisen Hemd“, drohte er. Dustin schnappte sich den Schneebesen von der Halterung an der Wand und hielt ihn in Daniels Richtung. Breit begann er zu grinsen. „Na komm doch her, du Wicht“, rief er und schlug frontal gegen den Spinatlöffel, sodass Daniel das Zeug ins Gesicht bekam. Was die beiden nicht mitbekamen war Serdall, der einen Moment in der Küchentür erschien. Als er die beiden miteinander schäkern sah, ging er wieder in den Flur und lehnte sich draußen neben die offene Tür, lauschte Dustin und Daniel mit verbissenem Gesicht. „Dustin Canter, ich hasse dich. Weißt du, wie scheiße Spinatflecken rausgehen?“, jammerte Daniel, der wie Dustin Serdall nicht bemerkt hatte. „Du musst nicht waschen, das bleibt alles an mir hängen.“ „Du kleine Mimose. Ich dachte, du bist ein Mann? Welcher Mann weint denn bitte über Spinatflecken?“, lachte Dustin und schlug wieder mit dem Schneebesen gegen Daniels Löffel, was Daniel bald zum Überkochen brachte. Im Flur lächelte Serdall kopfschüttelnd. Und die beiden sollten erwachsen sein? Er seufzte leise. „Ich bin schwul, falls es dir noch nicht aufgefallen ist“, ließ sich Daniel jetzt vernehmen. „Ich darf mich über Spinatflecken aufregen und die Frauen finden das sogar noch süß.“ Er machte einen schnellen Schritt nach vorn und schmierte Dustin den Löffel einmal quer durch das Hemd. „Hier, da hast du deinen Fleck. Deine Wäsche wasche ich die nächste Woche nicht, dann werden wir sehen, wer über den Spinatfleck auf seinem Lieblingshemd weint“, stellte er befriedigt fest. „Ihh, du bist widerlich“, knurrte Dustin und fasste mit einer Hand in den lauwarmen Spinat, um ihn Daniel auf die Wange zu klatschen. „Rache“, surrte er leise und brachte sich dann vor Daniel in Sicherheit, indem er den Tisch zwischen sie brachte. Kochend vor Wut schnappte Daniel sich den Topf und stellte sich knurrend auf die andere Seite des Tisches. „Entweder du kommst zu mir und lässt dir den Inhalt über den Kopf kippen oder ich schmeiß das Zeug auf gut Glück nach dir und du darfst es dann eigenhändig von der Tapete abkratzen“, knurrte Daniel gefährlich und er meinte es wirklich so, wie er es gesagt hatte. „Kannst auch tapezieren, dann hätten wir das Haus fast schon einmal durch.“ „Du spinnst wohl“, meinte Dustin und tippt sich gekonnt an die Stirn. „Ich werde mir ganz sicher das Zeug nicht über den Kopf schütten lassen, du Knallkopf“, grummelte Dustin und hockte sich halb hin, damit er, falls Daniel wirklich etwas warf, unter den Tisch krabbeln konnte. Daniel wollte empört ansetzen zu sprechen, doch er hielt erstarrt inne, als Serdalls Stimme von der Tür erklang. „Daniel, es wäre sehr lieb, wenn du das jetzt lassen würdest“, meinte er und humpelte zu ihm. Daniel schluckte erschrocken und nickte leicht. „Ja, entschuldige“, murmelte er und stellte den Topf wieder auf den Herd. Serdall schien schon länger an der Tür gestanden und ihnen zugehört zu haben. War er nicht eher reingekommen um zu sehen, was sich zwischen ihm und Dustin vielleicht noch entwickelte? Mit einem mulmigen Gefühl im Magen wischte Daniel sich den Spinat von der Wange und richtete seinen Blick dann wieder auf die kleine Runde in der Küche. War es für Serdall okay, dass er mit Dustin rumgealbert hatte? Serdall lächelte leicht und beugte sich zu Daniel, um noch Spinat von seinem Hals zu lecken, der dort noch klebte. „Schon okay“, flüsterte er und küsste Daniel auf die Wange. „Aber ich hab wirklich keine Lust auch noch die Küche tapezieren zu lassen“, seufzte er und sein Blick glitt noch einmal kurz zu Dustin, der unbehaglich auf der Stelle trat und mit einem Taschentuch an seinem Hemd herum wischte. Kurz sah Daniel zwischen den beiden hin und her, dann beschloss er sie allein zu lassen. Dieser Zeitpunkt war wohl genauso gut wie jeder andere, um ihre Differenzen entweder zu klären oder die Sache erst einmal zu beenden. „Ich geh mal den anderen Bescheid sagen, dass es gleich Essen gibt“, verkündete und verließ die Küche. „Daniel?“, rief Dustin ihm panisch hinterher, doch Daniel winkte nur noch ab und verschwand. Serdall sah seinem Freund einen Moment hinterher, ehe er seufzend zum Tisch humpelte und sich setzte, die Krücken gegen den Stuhl neben sich lehnend. „Dustin, setz dich“, murrte Serdall kühl und Dustin kam Serdalls Aufforderung nach, wobei er ziemlich nervös wirkte. „Hast du dir schon eine neue Bleibe gesucht?“, fragte Serdall geradeheraus. In Dustins Gesicht zeichnete sich ein gequälter und zugleich enttäuschter Zug und er nickte. „Ich hätte eine Wohnung, der Mietvertrag ist aber noch nicht unterschrieben“, seufzte er leise und lehnte sich zurück. „Es ist wohl wirklich besser, wenn ich bei dir und Daniel nicht mehr dazwischenfunke“, meinte er nun selbstsicherer und lächelte Serdall schief an. „Trotzdem tut mir die ganze Sache leid, Serdall. Besonders, dass es für dich so schmerzvoll gekommen ist. Ich kann mir denken, dass dich dein rechter Arm wohl mehr stört, als alles Andere.“ Serdall verzog genervt das Gesicht. Dustin zeigte ihm mal wieder, wie gut er ihn doch kannte. „Sag mir mal ehrlich“, seufzte Serdall im nächsten Moment, „was du von meiner Entscheidung hältst. Was denkst du darüber, dass ich Daniel wieder einmal verziehen habe?“, fragte er und sah Dustin ernst in die Augen. Es interessierte ihn. Daniel hielt sich bei dieser Frage eher zurück, schließlich war er froh, wenn Serdall bei ihm blieb, obwohl er es wohl auch verstanden hätte, wenn Serdall sich getrennt hätte. „Ganz ehrlich?“, murmelte Dustin nachdenklich und stützte sein Kinn in seine Hand. „Ihr gehört einfach zusammen, Serdall. Das zwischen mir und ihm war Sex, ja. Triebhafter Sex. Bei dir hingegen hat er die Liebe. Er liebt dich und du ihn, das ist viel wichtiger und er wird das nie wieder tun. Wenn er mit einem Anderen als mir geschlafen hätte… dann hätte ich deine Entscheidung nicht toleriert, dann hätte er es nicht verdient. Aber so ist es dir richtige Entscheidung, für euch beide.“ Dustin sah Serdall in die blaugrünen Augen und lächelte verschmitzt. „Oder glaubst du wirklich, dass du ohne ihn auskommen könntest? Du bist hoffnungslos in ihn verliebt. Dein Blick spricht immer noch Bände, wenn du ihn ansiehst. Falls du dich von ihm trennst, verlierst du alles“, erklärte er und Serdall schloss ergeben die Augen. Das war ernüchternd. Dustin wusste einfach genau, wie er tickte. „Gut. Und wie stehst du zu meiner Entscheidung, dich ausziehen zu lassen?“, sagte er ernst und sah Dustin wieder in die Augen. Ein Lächeln schlich sich in Dustins Züge. „Schmeiß mich einfach raus, Serdall“, entgegnete er überraschender Weise, sodass Serdall den Kopf schieflegte. „Ich hab es doch nicht verdient hierzubleiben, oder? Schließlich bin ich der letzte Dreck. Ich hätte das mit Daniel nicht zulassen dürfen, mich nicht gehen lassen sollen und verdammt nochmal, das war das Dümmste, was ich je in meinem Leben getan habe. Mehr als sagen, dass es mir leid tut, kann ich nicht.“ „Ja, das kannst du nicht“, seufzte Serdall. Daniel konnte auch nicht mehr tun und ihm hatte er verziehen. „Ich verachte dich wirklich dafür, dass du mit ihm geschlafen hast, aber dazu gehören wohl zwei und leider war Daniel auch nicht unschuldig. Für mich bleibt nur die Frage, ob ich dich rauswerfen kann, ohne Daniel nicht die Person zu nehmen, die ihm die Ratschläge gibt, die er bei mir nicht erfragen würde. Du bist nun mal ein wichtiger Mensch für ihn“, seufzte Serdall halblaut. Dustin murrte leise. „Nicht nur für ihn, sondern auch für dich, Serdall. Ehrlich, ich liebe euch beide und es wird echt hart ohne euch und die Kinder.“ Serdall nickte. Das wäre wohl wirklich eine schwere Strafe. „Außerdem, du hättest so einigen Mist ohne mich gemacht, vergiss das nicht. Ich würde dich echt gern darum bitten, dass du dieses eine Mal einfach alle meine guten Seiten mal nimmst und in einen Topf wirfst und wenn sie dann immer noch nicht genug sind, um mir das zu verzeihen, dann solltest du mich wirklich rauswerfen.“ Serdall biss sich nachdenklich auf die Lippe und erhob sich dann. Er schnappte sich seine Krücken, um einfach etwas zu tun zu haben, während er nachdachte. An der Anrichte stehend sah Serdall noch einmal zu Dustin, der ihn abwartend anblickte. Ohne Dustin hätte diese Beziehung wirklich nicht so lange gehalten und womöglich wäre Serdall schon länger unglücklich. Dustin hatte sich aber auch immer um Serdall gesorgt. Allein in den zwei Jahren nach Louise wollte Serdall nicht wissen, was aus ihm geworden wäre, wenn Dustin nicht gewesen wäre. Auch wenn er es ungern zugab, er mochte seinen Schwager, als sehr guten Freund. Und er liebte es ihn zu ärgern. Ohne Dustin würde es wohl zwischen ihm und Daniel nicht mehr so gut laufen und das wäre auch fatal. „Okay, du Chaot“, seufzte Serdall und lächelte leicht. „Du darfst bleiben, aber nur, wenn du Daniel weder küsst, noch mit ihm schläfst oder was auch immer an intimeren Sachen.“ Jauchzend sprang Dustin im nächsten Moment auf und lief auf Serdall zu. Schneller, als der gucken konnte, hatte Dustin die Arme um ihn geschlungen. „Danke, danke, danke!“, rief er glücklich in Serdalls Ohr. Der Violinist lächelte. Was wäre dieses Haus auch ohne Dustin? „Aber auf die Wange knutschen darf ich Daniel noch, oder?“, fragte Dustin plötzlich ungeniert und bekam dafür eine Kückenende auf den Fuß gejagt, sodass er schmerzlich aufheulte und sich ein wenig von Serdall löste. „Meinetwegen“, murrte Serdall und sah Dustin in das glückliche Gesicht. Kurz darauf erschien erst Daniels Nase im Türspalt und kurz darauf der ganze Kopf. Die Luft schien rein zu sein und ein Blick in den Raum zeigte eigentlich sofort, wie das Ergebnis des Gespräches ausgefallen war. Jubelnd warf er sich Serdall um den Hals und küsste ihn stürmisch. Atemlos ging Serdall darauf ein und ließ beide Krücken fallen, um seine Arme um Daniels Taille zu schlingen. „Hallo?“, murrte Dustin nun genervt. „Ich bin schließlich der, der bleiben darf und sollte geknutscht werden“, meinte er beleidigt, aber grinste dann. „Wir könnten auch zu dritt knutschen. Serdall hab ich nämlich noch nie geküsst“, flachste er und trat näher an die beiden heran, bekam aber einen Schlag von Serdall mit der Linken. „Gemein“, sagte Dustin weinerlich. Daniel löste sich wieder von Serdall und sah ihm verliebt in die Augen. Er ging nicht weiter auf Dustins Kommentar ein, sondern widmete sich lieber der großen Geste seines Freundes. „Du bist so ein netter Kerl“, meinte er lächelnd und strich Serdall leicht über die Wange. „Manchmal, ja“, spielte Serdall Daniels Worte herunter und lächelte schief. Er hatte doch gewusst, dass Dustin Daniel extrem viel bedeutete und es wohl eine Katastrophe gewesen wäre, wenn der ausgezogen wäre. Serdall musste zugeben, dass er es auch vermisst hätte, mindestens einmal am Tag einen blöden Kommentar an Dustin zu richten. Dustin grummelte Unverständliches, ehe er die Arme ausbreitete und um Daniel und Serdall legte. „Hach, ich liebe euch zwei Turteltäubchen“, sagte er theatralisch und knutschte Serdall auf die Wange. Sofort verfinsterte sich Serdalls Gesicht und er wischte sich genervt über die Wange. „Mach das noch einmal und ich überleg mir das Ganze“, knurrte er Dustin an und der löste sich sogleich, um grinsend die Hände abwehrend vor sich zu heben. „Keep cool“, lachte Dustin und machte sich dann daran, die Kartoffeln vom Herd zu nehmen, da sie schon geraume Zeit kochten. Daniel gab Serdall einen großen Schmatzer auf dieselbe Stelle wie Dustin eben und grinste ihn dann breit an. Irgendwie hatte er gerade voll das Stimmungshoch. „So, gereinigt und desinfiziert“, grinste er und deckte dann schnell den Tisch, als auch schon Taki mit Jana an der Hand zur Tür hereinkam. „Fei ist irgendwie nicht mehr da“, meinte Daniel noch, bevor sie sich alle an den Tisch setzten. Ethan kam noch schnell zu ihnen und setzte sich, nach einem Kuss auf Dustins lächelnden Mund, zu ihnen. „Er ist unterwegs. Irgendwelche Verhandlungen mit der hiesigen Mafia führen“, murmelte Serdall unbekümmert und sah schon ziemlich hungrig auf den Spinat. „Wir können bleiben“, flüsterte Dustin nun Ethan zu und der grinste überglücklich einmal in Richtung Serdall, wurde rot, als der seltsamerweise zurücklächelte und küsste dann Dustin gut gelaunt. Versucht versteckt grinste Daniel seinen Teller an und tat sich dann unschuldig Kartoffeln auf. Serdall und Ethan waren auch in den zwei Jahren noch nicht wirklich warm miteinander geworden. Bei Serdall war es wohl ein fast angeborenes Verhalten, dass er von sich aus nicht auf die meisten Leute zuging, es sei denn, er wollte etwas von ihnen und Ethan war Serdall gegenüber einfach zu schüchtern. Er war ihm wohl unheimlich und so ergänzten sich die beidem zu dem Stillstand, der schon seit ihrer ersten Begegnung vorherrschte, nämlich meist konsequentes aus dem Weg gehen. Serdall beachtete die Anderen nicht mehr. Es war verständlich, dass sich alle freuten, weil Dustin blieb, auch wenn Serdall immer noch ein wenig skeptisch war. Er behielt sich vor, Dustin trotzdem des Hauses zu verweisen, wenn es wirklich nicht ging. Sagen musste er das ja nicht. Nach dem Essen, während die Anderen den Tisch abräumten, ging Serdall mit Taki ins Wohnzimmer, um Schach zu spielen. Sein Sohn war in den letzten Tagen wohl wirklich zu kurz gekommen und Serdall war stolz auf ihn, dass er deswegen nicht jammerte oder beleidigt war. Taki sah es eben ein, dass es eine komplizierte Zeit gewesen war und Serdall verblüffte es immer wieder, dass er dieses Verständnis in diesem Alter schon aufbrachte. In das Spiel vertieft merkte Serdall nicht, wie Daniel ins Wohnzimmer trat und erschrak leicht, als er von ihm einen Kuss in den Nacken gehaucht bekam. Serdall stieß ausversehen einen Bauern um, sodass Taki begann darüber zu kichern. „Erschreck mich doch nicht so“, seufzte Serdall und hob seinen linken Arm, um Daniel kurz über den Kopf zu streichen. „Was denn, ab jetzt keine Küsse mehr von hinten?“, fragte Daniel gespielt missmutig und setzte sich mit Jana zwischen den Beinen neben Serdall auf den Boden. „Damit triffst du mich aber hart. Wer gewinnt denn bei euch beiden?“ „Taki“, murmelte Serdall und sein Sohn lachte vergnügt. „Ja, Papa hat seine Dame falsch gesetzt und da hat mein Springer die umgehauen“, erklärte Taki aufgeregt und brachte Serdall damit zum Grummeln. „Alles Absicht“, meinte er halblaut, doch als er in den nächsten Zügen von Taki ins ‚Schach‘ gebracht wurde, sah das Ganze anders aus. Als er dann auch noch von ihm Schachmatt gesetzt wurde, seufzte er resigniert. „Revanche“, murmelte er und sie bauten die Figuren wieder auf. Kurz lehnte sich Serdall zu Daniel und gab ihm einen Kuss auf die Lippen. „Du musst nicht zugucken. Ist doch langweilig für dich und die Kleine“, sagte er leise und sah Daniel fragend ins Gesicht. Überlegend schaute Daniel zurück. Nun gut, auf die Dauer würde es für ihn vielleicht schon etwas langweilig werden, aber Serdall hätte es bestimmt schon mal ganz gern, wenn Daniel bei ihm und Taki blieb. Das wäre zumindest ein kleiner Anfang des Beschlusses, den er vorhin gefasst hatte. Für ihn wäre es wohl interessanter, etwas Anderes zu machen, für Serdall wäre es schöner, wenn er ein wenig was von Daniel hatte, wenn er mit Taki spielte. Außerdem brach ihm auch kein Zacken aus der Krone, wenn er kurz etwas zuschaute. „Für Jana ist es bestimmt langweilig, aber ich finde es eigentlich mal ganz spannend zu sehen, wie dich dein neunjähriger Sohn fertig macht“, meinte Daniel schulterzuckend und stellte Jana auf die Füße, damit sie zu ihrer Spielecke laufen konnte. Serdall runzelte die Stirn. Das war ja nun mal nicht das erste Mal, dass er mit Taki Schach spielte und bisher hatte Daniel dafür überhaupt kein Interesse gezeigt. „Wenn du meinst“, murmelte Serdall und winkte Daniel heran, damit er sich auf seinen linken Oberschenkel setzen konnte, auf dem Bein, das unverletzt war. „Du hilfst mir beim Setzen, ja?“, fragte er Daniel, da es mit seinem vergipsten Arm schwer war zu spielen, ohne die Figuren umzustoßen. „Klar“, entgegnete Daniel und folgte daraufhin Serdalls Anweisungen. Er selbst kannte die grundlegenden Schachregeln, aber da hörte es bei ihm auch schon auf. Gegen seine großen Cousins und auch Charline hatte er früher eigentlich immer verloren. Taktieren schien nicht unbedingt seine Stärke zu sein und das Überlegen beim Schach auch einfach viel zu anstrengend. Das war es auch, was das Spiel so langweilig machte, wenn man nicht vollends darin aufging. Daniel wartete einfach immer nur ungeduldig auf den Zug seines Gegners, um dann selbst irgendeine Figur nach vorn zu setzten, die hoffentlich die richtige war. So ähnlich kam er sich jetzt auch vor, nur dass Serdall ihm sagte, was er machten sollte. Ab und an wanderte Daniels Blick kurz zu Jana, die allerdings eifrig an einem Bild auf ihrer kleinen Schiefertafel malte. Serdall hatte sein Kinn auf Daniels Schulter gestützt und blickte nachdenklich auf das Spiel. Er flüsterte Daniel immer den nächsten Zug ins Ohr. Mittlerweile hatte sich seine linke Hand verselbstständigt und strich sanft an Daniels Bauch auf und ab. Er hauchte Daniel glücklich einen Kuss auf den Hals, als er Takis Dame nahm und lächelte über Takis leise Meckereien, über seinen Verlust. Ende Kapitel 12 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)