Umbruch von Gaomee (Eine Novelle für Shadowtears) ================================================================================ Kapitel 3: Sonderbar -------------------- Und schon wieder durfte sie einen Hacken machen. Schließlich war das Hotel auch teuer genug, da sollte man eigentlich viele Haken bei ‚Positive Aspekte des Hotels’ machen dürfen. Sie grinste schelmisch, als sie daran dachte, dass nicht sie, sondern der Verlag, das schöne Sümmchen bezahlen durfte, das ein Zimmer hier kostete. Sie sah hinab auf ihre dahin gekritzelten Notizen. Was solls’s… Sie hatte einen wundervollen Laptop, auf dem sie sowieso alles abtippen würde. Denn, obwohl das Fräulein Haruno eine engagierte Arbeiterin war, musste ja nicht überall spießige Ordnung walten, oder? Sie stopfte das Notizbuch wieder in ihre große Tasche und dachte, dass sie sich heute Abend wieder in die weichen Daunen ihres Bettes schmeißen können würde. In das Bett, das sicherlich auch ein ganz hübsches Sümmchen (was den Gesamtpreis erklärte) gekostet haben musste. Mit den gedrechselten Beinen, den netten Verzierungen von hübschen Vögeln auf den Eichenholzlatten und, das soviel wog, dass Sakura es keinen Zentimeter weit verrücken konnte, war es tatsächlich die Summe wert. Ja, darauf freute sie sich jetzt schon, aber erst einmal würde sie den Mann dort vorn fragen, wie er das Hotel bewertete. „Entschuldigen Sie, Mister…?“, begann Sakura vorsichtig, tippte dem Angesprochenen auf eine breite Schulter. Mürrisch wurde ihr ein bleiches, unrasiertes Gesicht zugewandt aus welchem ihr zwei dichtbewimperte schwarze Abgründe entgegen starrten. Sie zuckte zurück, sah ihn an, als wäre vor ihrem geistigen Auge gerade das Antlitz einer schrecklichen Kreatur aufgeblitzt. In Wahrheit erinnerte der Mann sie nur an ein Tier, weil er nicht rasiert war und am Abend zuvor wohl zu lang in einer Kneipe gesessen haben musste. Die Augen waren dunkel, dennoch blutunterlaufen, und schwarze Balken malten sich auf den Tränensäcken ab. „Was?“, schnauzte er im nächsten Augenblick, brach den unheimlichen Bann, der Sakura mit spitzen Zähnen gefangen gehalten hatte. Sie ließ ihre Miene ihren Abscheu vor seinen offenkundigen nächtlichen Ausschweifungen nicht widerspiegeln und fragte stattdessen kurzangebunden: „Ehm… gefällt ihnen das Management?“ „Ich arbeite hier…“, zischte er aus zusammengepressten Zähnen hervor (Offensichtlich nahm er das als Grund, das Management nicht zu mögen), durchbohrte sie geradezu mit seinem Blick. Sakura versuchte ein Lächeln, stammelte etwas wie ein ‚Dankeschön’, welches er ob seiner Unfreundlichkeit ihrer Meinung nach gar nicht verdiente, und entfernte sich dann schleunigst aus seinem Gesichtsfeld. Sie sah kurz über ihre schmale Schulter zurück und musste sich eingestehen, dass sie noch nie einen widerlicheren Mann gesehen hatte. Ohne Verständnis für ihn dachte sie, wäre sie näher an ihn heran getreten, hätte sie wahrscheinlich seine Fahne riechen können. Nicht, dass sie das Bedürfnis verspürte, näher an seinen wahrscheinlich ungewaschenen Leib heran zu treten, stellte sie sich selbst gegenüber klar, bevor sie sich abwandte und die Anlage und den Hof durchmaß, um schließlich die knarrenden Holztreppen hinauf zu verschwinden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)