Harte Zeiten von moko-chan (Dean+Sammy) ================================================================================ Kapitel 7: Erleuchtung ---------------------- Die Apokalypse konnte kommen. „Dean, wir müssen darüber reden.“ Da bitte, es ging schon los. Dean hatte es geschafft, sie vom Ort des Geschehens über dreißig Meilen zu entfernen, ihnen ein Motelzimmer zu besorgen und sogar Abendessen zu ordern, ohne darüber zu reden – er würde jetzt ganz bestimmt nicht damit anfangen. Dann hatten sie sich eben geküsst – ihm doch egal. Er verstand überhaupt nicht, warum Sam auf einmal so einen Aufstand machte, der hatte doch schließlich angefangen. Na schön, das Ganze war ein wenig aus dem Ruder gelaufen, aber auch das war nicht seine Schuld, sondern ganz eindeutig Sams. Der benutzte doch schließlich so einen verdammten Lippenpflegestift. Er warf einen kurzen Blick auf Sam und wurde sofort mit dessen Hundeblick konfrontiert. Das war ganz eindeutig gegen die Regeln. Dean schnaubte empört, ging ins Bad und schlug die Tür hinter sich zu. Verdammter Sam! Seit sie keine Brüder mehr waren, schien der beständig darauf hin zu arbeiten, ihre zuvor so wohl definierte Beziehung zu sabotieren und zu etwas ganz und gar Undefiniertem zu machen. Wenn es nach Dean gegangen wäre – er hätte sich noch ewig einreden können, dass sie Brüder waren, aber doch nicht mehr nach diesem Kuss! Er hörte Sam gegen die Badezimmertür klopfen und drückte die Augen zu. Warum nur musste Sam immer über alles reden und reden und reden? Warum konnte er nicht einfach abwarten, bis die Wogen sich geglättet hatten und Gras über die Sache gewachsen war? Ein richtiger Kerl würde es so machen – aber ein richtiger Kerl benutzte ja auch keinen Lippenpflegestift. Sam klopfte erneut und Dean stöhnte genervt auf, ging zur Tür und öffnete sie. Sam stand davor, sein Hundeblick hätte sogar einen Diamanten erweicht und als Dean es nicht mehr aushielt und ihm versöhnlich auf die Schulter klopfte, schnupfte Sam einmal kurz auf und umarmte ihn. Dean blinzelte über Sams breite Schulter hinweg und dann erwiderte er die Umarmung und hielt den Jüngeren sanft fest. Er verstand zwar nicht ganz, was los war, aber Sam jetzt von sich zu stoßen, hätte er nicht fertig gebracht. Wenigstens musste er so nicht darüber reden. Sam klammerte sich so fest an ihn, dass Dean sich unwillkürlich fragte, ob da noch etwas anderes war als dieser Kuss, das Sam belastete. Andererseits nutzte der vielleicht auch nur die Gelegenheit, um aus dieser Umarmung zu viel wie möglich heraus zu holen. Wenn es etwas gab, das Sammy noch mehr liebte, als larmoyante Gespräche, waren es Knuddeleien – der brauchte mehr Streicheleinheiten als ein verdammter Cockerspaniel. Dean unterdrückte ein Seufzen und hob seine rechte Hand zu Sams Wuschelhaar, um sie darin zu vergraben. „Es ist ok, hörst du, Dude?“, brummte er in Sams Ohr und bekam keine Reaktion außer der, dass Sam dazu ansetzte, ihm die Rippen zu brechen. Auf solche Zuneigungsbeweise konnte er ehrlich gern verzichten. „Ich…“, fing Sam irgendwann leise an, gerade als Dean zu überlegen begann, ob er sich das nur einbildete, oder ob er seine Füße wirklich nicht mehr spürte, weil Sammy ihm die Blutzufuhr abschnürte, „Ich wollte… das nicht.“ Dean verdrehte die Augen. „Ja denkst du denn ich, oder was?“ Dean konnte praktisch spüren, wie es in Sam arbeitete, dann löste der sich endlich ein Stück weit von ihm und sah ihm unsicher und ein wenig verwirrt in die Augen. Das war der Moment, in dem Dean erfasste, dass er verloren war. Er wusste jetzt, warum der Kuss so dermaßen aus dem Ruder gelaufen war. Es hatte nicht etwa an Sam oder dessen abnorm weichen Lippen gelegen sondern einzig und allein an ihm. Wie hatte er nur so blind für seine eigenen Gefühle sein können? War wohl doch nicht so gut gewesen, die ständig zu unterdrücken. Dean starrte in Sams Samtäuglein, die ihn so herzerweichend unschuldig anblickten und obwohl es ihm schwerfiel, musste er zugeben, dass er selbst Schuld war. Sam konnte nicht das Geringste dafür, dass er ihn liebte. Dean weitete die Augen, als ihn die volle Bedeutung dieser Erkenntnis traf und schluckte trocken. Großartig. Jetzt konnte die Apokalypse wirklich kommen. Sam stutzte und blinzelte ein paar Mal, dann war er sich sicher, dass Dean entweder gerade in ganz anderen Sphären schwebte, oder kurz vor einem Herzinfarkt stand. „Dean?“ Dean reagierte nicht, also tat Sam das Naheliegendste, hob die Hand und kniff ihn sanft in die Nase. Jetzt war es an Dean zu blinzeln und bevor Sam noch wusste, wie ihm geschah, hatte Dean ihn energisch von sich geschoben und die Flucht ins Bad angetreten. Schon wieder. Jetzt verstand Sam rein gar nichts mehr. Hatte er etwas Falsches gesagt? Eigentlich doch nicht. Immerhin hatte er Dean ja wirklich nicht so küssen wollen – schon gar nicht mit Zunge – und dass er das gesagt hatte, konnte Dean ihm jawohl kaum übel genommen haben. Vielleicht hatte der einfach nur eine Magenverstimmung. Oder er hatte ihn ein wenig zu fest gedrückt. Sam fuhr sich mit der Hand durchs Haar, ging zum Bett hinüber und ließ sich darauf fallen. Er wusste, dass Dean nicht der Typ war, der über seine Gefühle sprach, genau wie er nicht der Typ war, der Körperkontakt schätzte, wenn man nicht weiblich und unter dreißig war. Zusammengefasst war Dean der Typ Mann, der eher damit leben konnte, wenn man ihn für einen Eisprinzen hielt, als auch nur zu ahnen, dass er zu durchaus tiefgehenden Gefühlen fähig war. Sam runzelte die Stirn. Eisprinz?! Das war ja das ganz falsche Wort. Sam stand auf, als es an der Tür klopfte, öffnete, nahm die bestellte Pizza entgegen und zahlte. Dann legte er die Pizza auf den Tisch und kehrte zur Badezimmertür zurück. „Dean?“ Sam klopfte vorsichtig und schrak zurück, als die Tür sofort aufflog und Dean aus dem Bad marschiert kam, als probe er für den nächsten Bond Film. Er tigerte sofort zum Tisch, setzte sich und machte sich über die Pizza her, noch bevor Sam Gelegenheit gehabt hätte, ihn nach seinem Befinden zu befragen. Sam – intelligent wie er war – schlussfolgerte, dass das der Plan gewesen war, zuckte mit den Schultern und setzte sich zu Dean an den Tisch. Sie aßen eine Zeit lang schweigend und Sam brauchte nicht unbedingt lange, bis ihm auffiel, dass Dean sich ungewöhnlich viel Mühe gab, ihn zu ignorieren. Das konnte jetzt natürlich an diesem verdammten Kuss liegen, aber andererseits hatte Dean es doch vorhin sogar geschafft, ihn längere Zeit zu umarmen, ohne davon Ausschlag zu bekommen. Er würde diesen Kerl nie verstehen. Früher hatte er Deans merkwürdiges Verhalten zumindest in Ansätzen nachvollziehen können, aber neuerdings war der ihm ein vollendetes Rätsel. Sam aß ein letztes Stück Pizza, dann stand er auf und verschwand ins Bad. Dean war noch nie so dankbar gewesen, allein gelassen zu werden. Das durfte doch alles nicht wahr sein! Schlimm genug, dass er plötzlich auf einen Kerl stand – musste es unbedingt Sam sein? Der war nach den Erlebnissen der letzten Wochen ja schon fast homophob. Er würde ihn vermutlich fesseln und knebeln müssen, um an ihn ran zu kommen und obwohl Dean diese Vorstellung nicht unbedingt missfiel, war ihm klar, dass das höchstens ein Mal und dann nie wieder funktionieren würde. Da ließ er es lieber ganz bleiben. Das erste Mal in seinem Leben wollte er jemanden ganz oder gar nicht und dann war es Sam. Dean war sich vage bewusst, dass diese Gefühle dauerhafter sein würden, als ihm lieb war. Er kannte Sam in und auswendig und er liebte ihn nicht nur trotz dessen Macken sondern höchst wahrscheinlich gerade wegen ihnen. Wenn er es sich genauer überlegte, hatte Sam sogar keinerlei Macken – zumindest nicht so schwerwiegende wie er selbst – er war sein perfekter kleiner Sammy. Es gab keinen Grund, warum er wieder damit aufhören sollte, ihn zu lieben. Die Tür zum Bad öffnete sich, Sam kam mit einem Handtuch um die Hüften und in eine Wolke aus Dampf gehüllt ins Zimmer und Dean schluckte trocken. Ihm standen harte Zeiten bevor. Dean starrte sein Handy an, das vor ihm auf dem Tisch lag und seufzte. Er wusste ja, dass er gut war, aber dass er SO gut war, hatte selbst er nicht gedacht. Er und Sam hatten das Dämonenpack offensichtlich im Alleingang ausgerottet. Naja schön, nicht ganz im Alleingang – ein kleinwenig Hilfe hatten sie wohl doch von den anderen Jägern gehabt. Jedenfalls war eine ganze Woche seit seiner plötzlichen Gefühls-Offenbarung verstrichen, Sam hatte ihnen noch immer keinen neuen Job auftun können und selbst Bobby hatte schon länger nichts von sich hören lassen. Da half es auch nichts, das Handy anzustarren. Wenn Dean es nicht besser gewusst hätte, hätte er vermutet, er und Sammy könnten jetzt so langsam in Rente gehen. Seit sie ihren persönlichen Alptraum überwunden hatten, waren die Jobs ohnehin seltener geworden – seltener und vor allen Dingen weniger lebensbedrohlich – aber wenn sie wirklich nach einem gesucht hatten, hatten sie für gewöhnlich auch immer einen gefunden. Natürlich gab es ausgerechnet jetzt, da Dean sich nach nichts mehr sehnte als einer Ablenkung von sexy Sam, im ganzen Internet keine Hinweise auf übernatürliche Aktivitäten. Zumindest nicht diesseits des Pazifiks. Sam hatte sich doch tatsächlich geweigert, mit ihm zu den Philippinen zu schippern – was bei näherer Betrachtung vielleicht ganz gut gewesen war, sonst hätte er Sam wohlmöglich noch in Badehose durchstehen müssen. Wobei „durchstehen“ genau das richtige Wort dafür war. Allein der Gedanke an einen halbnackten Sammy am Strand entlockte ihm ein gequältes Stöhnen und er hatte sofort Gelegenheit, seine Unbeherrschtheit zu bereuen. „Was ist mit dir?“ Sam, der sich praktischerweise seit ziemlich genau einer Woche zum Samariter berufen fühlte, trat neben ihn und legte ihm die Hand auf die Schulter. Entweder wusste der ganz genau, was mit ihm los war und wollte ihn nur ärgern, oder er war von Gott gesandt worden, ihn zu quälen. So oder so, Sams Hand auf seiner Schulter war unter den momentanen Umständen beinahe mehr, als Dean ertragen konnte. „Nichts ist mit mir, also pack mich nicht ständig an!“, knurrte er, gereizter als beabsichtigt, und er hätte sich selbst ohrfeigen können, als Sam verletzt seine Hand zurückzog. Fast hätte er sich bei ihm entschuldigt. Das rettende Klingeln seines Handys hielt ihn davon ab und er griff so hastig danach, dass er es beinahe vom Tisch fegte. Gut möglich, dass er Bobby noch nie so herzlich begrüßt hatte. Die nächsten Minuten schnappte Sam nur Fetzen wie „Montana – Dutzende Vermisste – Anakonda“ auf und fragte sich, warum in aller Welt Dean so zufrieden aussah, als er schließlich auflegte. „Bobby hat einen Job für uns!“, verkündete Dean enthusiastisch und wurde mit Sams misstrauischem Blick konfrontiert. „Wie heißt sie?“ Dean blinzelte perplex: „Wie heißt wer?“ Sam verschränkte die Arme vor der Brust und sah auf eine Art auf Dean hinab, dass der sich nicht ganz entscheiden konnte, ob er ihm eine reinhauen oder ihn küssen sollte. Früher hatte ihn Sams besserwisserische Art beinahe aggressiv gemacht, jetzt fand er seinen kleinen Klugscheißer mit einem Mal geradezu hinreißend. „Wenn du dich so über einen Job in Anakonda begeistern kannst, muss das bedeuten, dass es dort eine Frau gibt, die nicht allzu hohe Ansprüche hat.“ Okay, hinreißend war anders. „Dude, das war gemein.“, beschwerte Dean sich und war ein kleinwenig verwundert, Sam plötzlich lächeln zu sehen. Seine Verwunderung schlug jedoch allzu schnell in unkeuschere Gefühlsaufwallungen um. Gott, musste der denn immer so plüschig aussehen? Da war man ja quasi gezwungen, über ihn herzufallen und ihn zu… knuddeln… bis er um Gnade flehte! Endlich verstand er die ganzen Kerle in Seattle – und Naivchen Sam hatte natürlich wieder keine Ahnung, wie er auf seine Umwelt wirkte. Und ausgerechnet er musste Sams Keuschheit bewahren – und die vor sich selbst zu bewahren war noch wesentlich strapaziöser, als aufdringliche Fremdkörper von Sam fern zu halten. Sam würde ihn umbringen, wenn er irgendwas versuchte. Dean schnaubte und Sam zog die Augenbraue in die Höhe: „Also: Wie heißt sie?“ Wollte der ihm jetzt gewaltsam auf den Keks gehen, oder was? „Es gibt keine Frau in Montana, die ich flachlegen will, ist das klar?“, grummelte Dean bestimmt, „Eher den enervierenden Besserwisser in diesem Zimmer…“, fügte er in Gedanken hinzu. Sam sah ehrlich überrascht aus und Dean machte sich seufzend klar, dass sein Herzblatt nicht unbedingt die beste Meinung von seiner Moral hatte. Möglicherweise zu Recht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)