Glamour ☆ Fashion von Kiru (Wie weit sollte ein Mensch für seinen Ruhm gehen? vs. Wie weit darf ein Mensch für seinen Erfolg gehen?) ================================================================================ Glamour #3 ---------- Rating: PG-13/R A/N: nun ja... ich entschuldige mich für das Ich und das ich, das ist ein bisschen verwirrend, aber ich hoffe, die allgemeine Sicht kommt rüber ^^; Beta’d: jaaaa, von der geduldigen und lieben Tattoo ^_____^ Disclaimer: außer dem kranken Plot gehört nichts mir |D POV: sollte direkt klar werden, aber ich schreib’s trotzdem noch mal hin: Kiyo ~★~☆~★~☆~★~ Ich telefonierte gerade mit Hyde, da erreichte mich von meiner Sekretärin die Nachricht, dass Rose sich vor ein paar Minuten in der Eingangshalle mit Hakuei gestritten hatte. Ich seufzte leise und gab es kurz an Hyde weiter, ehe ich auflegte und mich auf den Weg zu Hakueis Büro machte. Als ich ankam, war ich offenbar nicht der erste – Gara und Yasu standen vor der Tür und redeten auf sie ein. Also, vielmehr auf Hakuei, der sich höchstwahrscheinlich dahinter befand. Keinen Moment später wurde die Tür aufgerissen und ein ziemlich verärgerter Hakuei erschien. „ICH. BIN. OKAY“, sagte er langsam, deutlich und nachdrücklich und funkelte die beiden an. „Jetzt tut nicht so, als würde ich mich gleich aus dem Fenster stürzen.“ „Als ob dir dieser Gedanke noch nie in deinem Leben gekommen wäre“, meldete ich mich zu Wort. Gara und Yasu drehten sich zu mir um und Hakuei legte seinen finstersten Blick auf mich. Ich lächelte freundlich. „Nicht der auch noch“, stöhnte Hakuei gequält. „Hör zu, das hier ist nicht deine Angelegenheit, klar?“ „Es IST meine Angelegenheit insofern-“ „Wenn ich nicht zulasse, dass es meine Arbeit in irgendeiner Weise beeinflusst, dann ist es NICHT deine Angelegenheit!“, zischte er und knallte die Tür zu. „Haku, wenn du jemanden brauchst-“ Yasu wurde durch ein ‚Verschwindet!’ unterbrochen, sah Gara an und zuckte mit den Schultern. „Worum ging es denn?“, wollte ich wissen. Gara und Yasu tauschten einen Blick aus. „Hakuei... hat Atsushi geküsst, und Rose hat die beiden dabei erwischt“, antwortete Gara zögernd. Whow. Da hatte er sich natürlich genau den Richtigen ausgesucht. Das musste wehgetan haben. Ich schwieg einen Moment. „Hat Rose...“ Die beiden nickten und ich seufzte erneut leise. Anscheinend musste in letzter Zeit noch mehr zwischen ihnen vorgefallen sein, ansonsten hätte Rose nicht direkt so drastische Schritte unternommen. .... Eigentlich schade um die beiden. „Ist er gegangen?“ Die beiden nickten wieder und ich dachte erneut kurz nach. „Hört zu, sagt ihm, er kann die nächsten Tage frei kriegen, wenn er möchte, aber er sollte sie irgendwann, wenn möglich, nachholen. Ja?“ Sie nickten wieder, Gara dieses Mal beinahe gerührt wirkend. Ich schenkte ihm ein leichtes Lächeln, wuschelte ihm kurz durch die Haare und ging dann zurück in mein Büro, wo ich erst einmal alle Termine für Rose absagte und dann bei Hakuei anrief. „Was willst du?“ „Fühlst du dich imstande, heute zu arbeiten?“, wollte ich wissen. „Ich hab dir schon gesagt-“ „Ja, ist okay. Ich wollte nur noch mal sicher gehen.“ „Du bist ein Dreckskerl und ein Arschloch, weißt du das eigentlich?“ Ich hob die Augenbrauen. „Bitte?“ „Ich weiß NICHT, was Gara für dich ist, das Spielzeug für zwischendurch, oder ob du ihn nur so verarschst, weil du Spaß dran hast. Die Hoffnung, dass du es ernst meinst, hab ich ja schon aufgegeben, obwohl ich für dich hoffe, dass du es ernst mit ihm meinst, ansonsten kannst du dich-“ „Ich meine es ernst“, fiel ich ihm ins Wort. „Was?“ „Ich meine es ernst mit ihm.“ „So ernst wie du mit mir damals?“ „Ich liebe ihn.“ Er schwieg. Ich hatte damals keinem der fünf erzählt, dass ich sie lieben würde, weil es auch nicht stimmte. Vielleicht konnte ihn das umstimmen. „Nimm dir den Tag frei, Hakuei.“ „Steck dir den Tag sonst wo hin.“ Damit legte er auf. Ich betrachtete das Telefon für einen Moment und schüttelte dann den Kopf. Er war immer noch nicht darüber hinweg. Würde es niemals sein. Er ließ keine Möglichkeit aus, mir zu zeigen, wie sehr er mich hasste. Und ganz ehrlich – ich hatte es irgendwo verdient. Anschließend rief ich Gara an, um zu fragen, ob er diesen Abend Zeit hatte. ~★~ Uns war beiden nicht nach Sex, also machten wir es uns auf seiner Couch bequem und redeten erst über irgendwelche banalen Dinge, aber ich merkte, dass er mich auf etwas anderes ansprechen wollte. Also zog ich ihn irgendwann an mich und strich ihm durchs Haar. „Was ist?“, fragte ich sanft. „Du wirkst so abgelenkt...“ „Na ja... Hakuei weiß inzwischen, dass wir... also...“ Er druckste etwas herum. „Ja, das hab ich auch mitgekriegt“, erwiderte ich und lächelte leicht. „Ist nicht so schlimm, solange es nur er ist.“ Er schwieg eine Weile, aber das war es nicht, was er eigentlich hatte sagen wollen, ich wusste das, und er wusste, dass ich es wusste. „Warum können wir es nicht bekannt machen?“, fragte er bittend und drehte sich so, dass er mich ansehen konnte. „Wenigstens die engsten Freunde...“ Ich sah ihm an, wie viel ihm das bedeuten würde, und es tat mir in der Seele weh, ihn enttäuschen zu müssen. Ich hätte ihn so gerne glücklich gesehen. „Süßer, deine engsten Freunde arbeiten alle für mich“, gab ich zurück und streichelte zärtlich über seine Wange. „Du kannst mir glauben, dass es auch für mich eine Erleichterung wäre, wenn wir den anderen von uns erzählen könnten, vieles wäre dadurch einfacher und angenehmer, und wenn nicht so vieles dagegen sprechen würde, dann würde ich es auch sofort tun. Aber sieh doch mal – ich bin eine der drei wichtigsten Personen hier, und wenn rauskommen würde, dass ich eine Beziehung mit einem Model habe, das ICH entdeckt habe, um das ICH mich die ganze Zeit gekümmert habe und das von MIR die Möglichkeit zu den Hachi Pe-ji bekommt hat – wie würde das wirken? Und damit meine ich noch nicht mal, wie es auf die Öffentlichkeit, sondern eher auf deinen Freundeskreis wirken würde. Würden sie sich nicht betrogen fühlen? Und außerdem – würden sie nicht auch an MIR zweifeln? Selbst wenn du ihnen die Wahrheit sagst, würde ich einiges an Respekt verlieren, das kannst du mir glauben. Und das kann ich nicht riskieren. Oder vielmehr möchte ich es nicht riskieren.“ Darüber dachte er nach. „Okay, das seh ich ein“, murmelte er dann und kuschelte sich wieder an mich. „Danke“, erwiderte ich aufrichtig und drückte ihn etwas an mich. „Es fällt mir auch nicht leicht, glaub mir...“ „Aber.... das war auch nicht das, was ich sagen wollte“, meinte er zögernd. „Hakuei... hat mir was über deine Vergangenheit erzählt, und Atsushi vorher auch, und... bevor ich irgendetwas voreilig glaube, wollte ich nur von dir hören, ob es die Wahrheit ist.“ Er hob den Kopf wieder und sah mich an. Daraufhin senkte ich den Blick. „Wenn... sie dir das erzählt haben, von dem ich denke, dass sie es haben, dann... kannst du ihnen glauben“, antwortete ich leise. Er sah mich ungläubig an. „Dass du mit vier Models und Hyde... gleichzeitig Affären hattest?“ Ich nickte leicht. „Ja, es.... es stimmt.“ Gara setzte sich auf. „Aber warum?“, wisperte er fassungslos. „Warum... du wirkst nicht so, als könntest du einer Fliege was zuleide tun...“ Ich schaute ihn ernst an und schüttelte den Kopf. „Ich habe keinen Grund, Gara. Vielleicht wollte ich über..... über sie hinweg kommen, vielleicht wollte ich einfach nur Trost, weil sich mein Leben so abrupt komplett geändert hatte, vielleicht hatte ich auch einen Minderwertigkeitskomplex, genau weiß ich es selbst nicht mehr“, gab ich stockend zurück. „Es... gibt sowieso keinen Grund, der es gerechtfertigt hätte, so vielen Menschen so sehr weh zu tun, das weiß ich. Es war einer der größten Fehler meines Lebens, vielleicht der größte. Ich habe mich auch eine lange Zeit dafür gehasst, das kannst du mir glauben.“ Es entstand eine Stille, in der wir unseren Gedanken nachhingen, dann legte ich eine Hand auf seine Wange. „Ich weiß, ich hätte es dir selbst sagen sollen, aber...“ Wieder senkte ich den Blick für einen Moment. „...ich weiß nicht, ich glaube, ich... hatte Angst, du würdest schlecht über mich denken, und das ist das letzte, was ich will... aber ich glaube, dass du jetzt noch schlechter über mich denkst, weil ich es dir nicht selbst sagen konnte, oder?“ Ich sah ihn an und er erwiderte meinen Blick, und in seinen Augen lag so viel Liebe für mich, dass ich hätte heulen können. Mir wurde warm ums Herz, und erneut spürte ich, wie viel er mir bedeutete. Ich war froh, dass ich ihn hatte. „Kiyo“, murmelte er, und so, wie er es sagte, klang es wie das schönste Kompliment auf Erden. „Ich liebe dich für das, was du bist, ich liebe dich wie du jetzt bist. Ich würde wegen eines Fehlers aus deiner Vergangenheit, den du eingesehen und bereut hast, doch nicht schlecht von dir denken.“ Und ich lächelte nur und drückte ihn an mich. „Danke“, flüsterte ich und meinte es auch so. „Wirklich, danke.“ Ich hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen, dann noch einen, und den nächsten verlängerte er zu einem Zungenkuss, für den allein ich ihn schon liebte, weil er so gut küsste, dass ich gleich wieder bessere Laune bekam. Ich seufzte leise und genussvoll auf und zog ihn auf meinen Schoß. „Ich liebe dich auch, und wenn du dich sechs Mal mit Hakuei prügelst“, sagte ich leise und lächelte, ehe ich ihn erneut küsste und anschließend die schon halb verheilten Schrammen auf seine Wange berührte. „Tut es eigentlich noch weh?“ „Ein bisschen“, antwortete er und schob die Unterlippe vor, als hoffte er auf einen Mitleidsbonus. Bekam er. „Soll ich pusten?“, wisperte ich und strich über seinen Oberschenkel. Er grinste nur. Natürlich blieb ich über Nacht. Wir mussten zwar beide am nächsten Tag schon sehr früh raus, aber ich genoss es zu sehr, den Rest der Nacht noch mit ihm zu kuscheln. Er war so... kuschelig. Nein wirklich, er schmuste total gerne. Wenn wir beide müde waren, setzten wir uns teilweise einfach irgendwo hin, kuschelten und sonst nichts. Man konnte sich prima entspannen dabei. „Ich war heute Nachmittag bei Rose...“, sagte Gara leise. „Ist wahrscheinlich auch fertig mit der Welt, oder?“, fragte ich mitfühlend und zog ihn enger an mich. „Total aufgelöst...“ Er seufzte. „Er gibt sich nicht so viel Mühe wie Hakuei, das zu verbergen. Wenigstens hat er mich nicht sofort wieder weggeschickt.“ „Hm.“ Dass Gara und Rose so weit waren, dass er sogar wusste, wo der Blonde wohnte, war irgendwie an mir vorbei gegangen. „Und es besteht keine Hoffnung, dass es zwischen den beiden wieder besser wird?“ „Von Rose aus in erster Linie nicht, nein...“ Er schaute mich an. „Kannst du Rose eigentlich leiden?“ Ich zuckte die Achseln. „Ich hab nichts gegen ihn, falls es das ist, was du meinst. Für meinen Geschmack hat er sich zu viel von Hakuei beeinflussen lassen. Aber andererseits hat es ihm gut getan.“ „Erzähl mir ein bisschen was über ihn.“ Ich überlegte kurz. „Er hat extrem früh angefangen zu modeln, noch als er in der Schule war, mit sechzehn, glaube ich, hat er die ersten Shootings bei Vanilla Sky gehabt.“ „Vanilla Sky? Das ist doch die Agentur von Gackt, oder?“ Wow. Das wusste er? Ich nickte lächelnd. „Genau. Woher weißt du das? Nachhilfeunterricht gehabt?“ Er lächelte ebenfalls leicht. „Von Hiroto. Der kommt auch daher.“ „Stimmt. Na ja, Gackt ist auch der einzige, der so blöd ist und Minderjährige beschäftigen würde, aber egal. Gut, vielleicht nicht der einzige. Aber er ist der einzige, der sich dann auch noch an sie ranmacht und sie fast vergewaltigt.“ Gara machte große Augen. „Was?“ „Als ich das gehört habe, hab ich ihm angeboten, bei mir zu arbeiten, woraufhin er in Tränen ausgebrochen ist. Ich weiß bis heute nicht, warum. Und so ist er zu uns gekommen, mit sehr zarten siebzehn Jahren.“ „Moment, wird er deshalb nicht so gerne angefasst?“, fragte er. „Weil Gackt...“ „Nein, ich glaube, das liegt noch weiter zurück. Aber ist schon ein starkes Stück, oder? Einem Minderjährigen einen Traum wahrmachen – er hat damals selbst gesagt, dass es sein größter Traum war, Model zu werden, warum, weiß ich auch bis heute nicht –, und ihn dann zu belästigen, obwohl er es verabscheut, berührt zu werden. Dadurch wurde es noch schlimmer, denke ich. Als er bei uns angefangen hat, mussten wir ihn dazu zwingen, dass er sich schminken ließ, ansonsten ließ er niemanden an sich heran, er schüttelte schon sehr ungern Hände. Er war auch nicht sonderlich selbstbewusst, recht bescheiden und aß zu wenig. Viel zu wenig. Am Anfang hatten er und Hakuei nicht viel miteinander zu tun, Hakuei mochte solche Charaktertypen wie Rose – ruhig und unsicher – nicht, also hielt er sich von ihm fern, bis Rose ihm irgendwann vor der Nase zusammengeklappt ist. Dann hat er ihn so lange runtergemacht, bis Rose ihm versprach, regelmäßig zu essen, was er dann glücklicherweise auch tat. Er war nicht essgestört, er hatte nur das Gefühl, er müsste nicht so viel essen. Danach war wieder eine Pause in der Beziehung der beiden, bis sie irgendwann durch Zufall aufeinander trafen und dann noch mal, und da waren sie sich so sympathisch, dass sie direkt Freunde wurden. Nicht die besten, aber doch gute, das sah man sofort. Und in den zwei Jahren, in denen sie nur befreundet waren, wurde aus Rose ein Schmetterling.“ Gara strich mit den Fingerspitzen über den Schmetterling auf meiner Brust. Ich musste lächeln. „Nicht ganz SO ein Schmetterling, aber doch vergleichbar. Er wurde selbstbewusst, offener, definitiv beliebter dadurch, er strahlte eine gesunde natürliche Schönheit aus... Viele Leute verknallten sich in ihn. Hakuei auch, glaube ich. Oder er ist die ganze Zeit in ihn verknallt gewesen, so genau weiß ich es nicht. Auf jeden Fall war er schon eine längere Zeit scharf auf ihn, und es stärkt schon dein Selbstbewusstsein, wenn du jeden zweiten Tag von Hakuei zu hören bekommst, dass du einen wunderschönen Körper hast, dass er dich die ganze Zeit lang ansehen könnte, und dass er dich am liebsten gleich auf dem Küchentisch... Und das weiß ich deshalb so genau – bevor du fragst –, weil er das auch in der Öffentlichkeit gemacht hat. In der Öffentlichkeit hat er sich natürlich ein wenig zurückgehalten, aber wenn die Models unter sich waren... Aber es war schon sehr offensichtlich. Und in diesen zwei Jahren ihrer Freundschaft hat Rose auch zu sehr großen Teilen seine Menschenangst überwunden. Wie du ja zweifelsohne gemerkt hast.“ Er lief leicht rot an. „Du wolltest ja nicht wissen, was auf der Weih-“ „Nein, und ich will es auch immer noch nicht wissen“, unterbrach ich ihn lächelnd und stupste ihn in die Seite. „Also halt ja den Mund.“ „Aber dann wundert es mich, dass Hakuei ihre Beziehung immer wieder auf die Probe gestellt hat, indem er sich geschlagen hat, und dann das mit Atsushi...“ Ich schüttelte den Kopf. „Da kannst du mich nicht fragen, das weiß ich nicht. Ich weiß viel, aber ich kann den Leuten auch nur bis zur Stirn schauen und nicht weiter.“ Ich tippte gegen seine Stirn und hauchte einen Kuss darauf. „Und jetzt solltest du schlafen.“ Er nickte und schmiegte sich an mich. „Ich liebe dich.“ Ich lächelte und legte einen Arm um ihn. „Ich dich auch, Süßer. Schlaf schön.“ ~★~ Als ich am nächsten Morgen in mein Büro kam, saß Hyde auf meinem Stuhl, die Arme verschränkt, und schmollte mich an. Ich seufzte leise und lehnte mich neben ihm an meinen Schreibtisch. Er sah starr an mir vorbei. „Was ist?“, wollte ich ruhig wissen. „Du hast Rose heute und morgen frei gegeben.“ „Ja, habe ich.“ „Und Hakuei gestern.“ „Ah, hat er sich doch freigenommen? Das ist gut, ich hätte es nicht verantworten können, wenn er sich überarbeitet hätte. Denn dann hätte er nicht nur einen Tag gefehlt, sondern mehr als eine Woche“, gab ich zurück, noch immer ganz locker. Hyde hob den Blick und sah mich endlich an. „Seit wann kümmerst du dich um HAKUEI?!“ „Ich mag zwar ein Arschloch sein, aber so unmenschlich bin ich dann doch nicht“, murmelte ich. „Und WAS für ein Arschloch du bist!“, fauchte er. „Du hast mir versprochen, mich gestern anzurufen! Und du vergisst solche Sachen nicht, das kannst du dir nicht leisten!“ „Ich habe dir gesagt, dass ich dich VIELLEICHT anrufe“, erwiderte ich, noch immer die Ruhe selbst. „Aber ich habe keine Zeit gefunden.“ Hyde sprang auf, wodurch wir beinahe auf Augenhöhe waren (Ich lehnte mich an den Tisch und war deshalb etwas kleiner), und wollte etwas sagen, aber ich kam ihm zuvor. „Mach da bitte jetzt kein Drama draus und häng dich nicht an Kleinigkeiten auf, sondern sag mir, was du eigentlich sagen willst“, bat ich. „Ich hab dich in den letzten Wochen vielleicht zwei Mal außerhalb der Arbeit gesehen! Das ist mir zu wenig, Kiyo!“ Klang mein Name bei Gara wie ein Kompliment, so war er bei Hyde ein Hilfeschrei nach Aufmerksamkeit. „Du wirst anspruchsvoll in letzter Zeit. Merkst du das nicht selbst?“ „Und du bist nicht mehr du selbst in letzter Zeit! Seitdem du mit diesem-“ „Hyde“, murmelte ich leise. „-BASTARD zusammen bist, existiere ich praktisch nicht mehr für dich!“ „Hyde!“ „Ich nenne ihn einen Bastard, weil er einer IST, er bildet sich ein, dass du...“ „Bitte geh.“ Ich nickte zur Tür. „So möchte ich nicht mit dir reden.“ Wütend stürmte er aus meinem Büro und knallte die Tür hinter sich zu. Ich seufzte leise und setzte mich auf meinen Stuhl. Er war in letzter Zeit wirklich gereizt. Aber hatte er Recht damit, dass ich nicht mehr derselbe war, seitdem ich mit Gara...? Mein Tag war stressig wie immer, ich arrangierte ein paar Shootings, sprach mit einer Unzahl von Models, fragte Hakuei, ob er okay sei, woraufhin ich nur angeschnauzt wurde (Mistkerl), kümmerte mich ein wenig um unser Küken Hiroto (weil Hyde wahrscheinlich nicht in der Stimmung dazu war, und ich konnte ihn nicht einfach sitzen lassen) und hatte ein aufschlussreiches Gespräch mit Atsushi: „Und du bist dir sicher, dass du das willst?“ Er nickte. „Ich habe hier nichts mehr verloren.“ „Deine Person wird von so gut wie allen respektiert, manchmal habe ich das Gefühl, dass du mehr Respekt bekommst als ich“, wandte ich ein. Atsushi lächelte nur. „Du hast es wirklich lange hier ausgehalten.“ „Obwohl viele Personen mit Kräften versucht haben, mich zu vergraulen“, bemerkte er und musterte mich amüsiert. „Ich bin sicher, nicht mit böswilliger Absicht“, erwiderte ich beinahe kühl. „Oh doch, das denke ich schon“, erwiderte er fröhlich. „Und... an wen denkst du da?“ „Hakuei, zum Beispiel.“ Gut, das musste ich gelten lassen. „Hast du es ihm deshalb heimgezahlt?“ „Heimgezahlt?“ Er tat unschuldig. „Ach, du hast dir doch nicht zufällig gerade dann von Hakuei die Zunge in den Hals stecken lassen, als sein Freund sich wieder mit ihm vertragen wollte, oder?“ Atsushi lächelte leicht. „Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“ „Was hast du ihm erzählen müssen, damit er dich küsst? Unsterbliche Liebe bekunden?“ „Ich hab ihm gesagt, dass ich mir das mit uns beiden noch mal überlegt habe und zu dem Schluss gekommen bin, dass es sich durchaus lohnen würde, einen Neuanfang zu machen.“ „Das hat er dir abgekauft?“ „Ich hab es natürlich verlockender verpackt. Und ehe er sich versieht, ist er wieder Single und hat GAR keinen mehr.“ „Mir tut es nur für Rose leid“, merkte ich an. „Ach, um den kümmert Gara sich schon, keine Sorge. So, wie die beiden sich auf der Party angehimmelt haben... Gara hat ihm jeden Wunsch von den Lippen abgelesen. Rose wird gut versorgt.“ .... Mal abgesehen davon, dass Gara mit MIR zusammen war, störte mich an dem Ganzen nur, dass Hakuei so bereitwillig auf Atsushi angesprungen war. Na ja. Sollte nicht meine Sorge sein. Am Abend ließ ich mich nicht nach Hause fahren, sondern zu Hyde. Ich hatte noch was gutzumachen. Schon als er die Tür öffnete, wusste ich, dass er mir nicht böse war, gar nicht böse sein KONNTE. „Warum kommst du erst jetzt?“, fragte er mich leise, nachdem ich seine Wohnung betreten hatte. „Weil mir vorher nicht bewusst war, dass du meine unregelmäßigen Besuche als Freibrief sehen würdest, davon auszugehen, dass wir eine Beziehung haben und ich dich insofern nicht vernachlässigen darf.“ „Kiyo, du weißt, dass ich dich liebe.“ „Und du weißt, dass ich dich nicht liebe“, erwiderte ich leise und sah ihn ernst an. „Sieh es nicht als dein Recht an, dass ich hier bin. Ich gehöre dir nicht. Obwohl du mich, wenn das ginge, schon längst gekauft und in deinen Schrank gestellt hättest.“ Er schaute mich mit Tränen in den Augen an. „Warum kannst du nicht einfach reinkommen und sofort anfangen, wie früher, ohne ein Wort... ohne langes Rumgerede vorher?“ „Weil jetzt nicht früher ist.“ Ich schloss für einen Moment die Augen. „Hyde, ich schlafe inzwischen beinahe nur noch aus Pflichtgefühl mit dir, damit du zufrieden bist und mich nicht die ganze Zeit damit nervst, warum ich dir denn ausweichen würde, ob du mir nicht genug bedeutest, bla bla bla.“ „Warum... musst du so was so direkt sagen...?“, murmelte er verletzt. „Weil es dir doch sowieso scheißegal ist, was ich zu dir sage, solange es keine Komplimente sind, blendest du es doch ohnehin aus!“ Er starrte mich eine Weile nur an und hoffte wahrscheinlich, dass ich einfach dazu übergehen würde, ihn auszuziehen, aber als ich das nicht tat, fühlte er sich offenbar gedrängt, unsere Konversation weiterzuführen. Nicht, dass sie uns irgendwo hin gebracht hätte. „Trotzdem tut es weh...“ „Hyde, ich kann vor deinen Augen drei andere Leute gleichzeitig verführen und mit ihnen eine Orgie veranstalten, solange ich dir hinterher sage, dass du toll zugeschaut hast, bist du selig! Erzähl mir nichts davon, dass es dir weh tut, wenn ich dir sage, dass ich nur noch mit dir schlafe, damit du mir nicht auf den Geist gehst!“ Er wusste einen Moment nicht, was er darauf sagen sollte. „Aber... was, wenn es jedes Mal, wenn du so was tust oder sagst, etwas wie eine Nadel in meine Seele gestochen hat? Es tat zwar kurz weh, war dann aber vergessen, nur mit der Zeit sind so viele dazugekommen, dass meine Seele jetzt ganz durchlöchert ist und ich langsam, aber sicher, durch die vielen Nadelstiche verblute?“ Ich starrte ihn an. „Du verblutest nicht, Hyde.“ „Was, wenn doch?“ „... Ich geh jetzt wieder.“ Ich drehte mich um. „Warte! Ich will nicht, dass du gehst...“ „Dann hättest du mich anders begrüßen sollen.“ Ich machte die Tür auf und ging hinaus. „Kiyo! Du kannst doch jetzt nicht einfach so wieder gehen!“ „Doch, das geht ganz einfach.“ Mein Chauffeur war schon nach Hause gefahren, also hätte ich ihn anrufen müssen, aber ich hatte keine Lust zu telefonieren. Ich hatte keine Lust mehr auf gar nichts, eigentlich. Und das nur, weil Hyde nicht verstehen wollte, dass ich ihn nie geliebt hatte, jetzt nicht liebte und nie lieben würde. Ich hatte eigentlich keinen Grund mehr, mich außerhalb der Arbeit mit ihm zu treffen – Sex bekam ich woanders her, Liebe ebenfalls, und geistige Unterstützung erst recht. Okay, der Sex mit ihm war gut, aber mehr auch nicht. Eigentlich ging ich wirklich nur noch zu ihm hin, damit er mir hinterher nicht auf den Keks ging. Und das war nicht das, was ich wollte. Andererseits hatte er mich in der Hand. Er hatte mich vollkommen in der Hand, ob mir das gefiel oder nicht, und wenn er wollte, bräuchte es nur einen Anruf bei der Presse, und mein Grab wäre geschaufelt. Na ja, seins auch, aber egal. Ich ging zu Fuß nach Hause, tätigte noch ein paar Anrufe und legte mich dann ins Bett. Ziemlich unzufrieden. Aber es wurde besser, als ich an Gara dachte. ~★~ „Wir sind schon sooooo lange nicht mehr essen gegangen!“ Ich musste lächeln und half ihm in die Jacke, ehe wir das Restaurant verließen. „Das stimmt. Mit dem ganzen Stress verliere ich so was häufiger aus den Augen... tut mir leid.“ Er schüttelte lächelnd den Kopf. „Ist doch nicht deine Schuld, wenn wir beide einen so anstrengenden Job haben. Gehen wir jetzt noch zu dir?“ Wieder lächelte ich. „Wenn du nichts dagegen hast...“ „Sag mal, warum hat Atsushi jetzt eigentlich aufgehört?“ Fragend sah er mich an und hakte sich bei mir unter, während wir in Richtung meines Wagens gingen. „Seine Worte waren, dass er bei uns nichts mehr verloren hätte.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, ob er meinte, dass er zu alt sei oder nicht mehr das Aussehen für ein Model habe...“ „Quatsch, nicht mehr das Aussehen, jeder, der doch nur ansatzweise ein bisschen Verstand hat, leckt sich die Finger nach ihm!“ Erneut zuckte ich mit den Schultern. „Ich weiß es nicht, ehrlich gesagt.“ „Aber ist auch ein schöner Abgang – macht erst noch einen großen Skandal um Hakuei und Rose, und zieht sich dann aus dem Geschäft zurück...“ Er schüttelte den Kopf. „Es ist schon durch die Medien gegangen, das stimmt.... und dabei haben sie erst vor kurzem bekannt gegeben, dass sie zusammen sind.“ „Und die beiden waren so süß zusammen.“ Er kuschelte sich etwas an mich. „Ja.“ Ich nickte. „Wirklich schade...“ Wenn ich ganz ehrlich war, dann tat es mir mit den beiden nach einigem Nachdenken nicht mehr im Mindesten leid. Rose hatte sich schon viel zu sehr an Hakuei angepasst, dachte wahrscheinlich inzwischen auch schon wie er, sodass er für mich von keinem großem Nutzen mehr würde sein können. Hakuei hatte ja sowieso einen solchen Hass auf das Modelgeschäft entwickelt, dass er Rose damit definitiv angesteckt hatte. Und ich musste nicht zwei von seiner Sorte herumlaufen haben, also war es eigentlich ganz gut, dass die beiden nicht mehr zusammen waren. Vielleicht wurde Rose ja jetzt wieder so wie vorher – naiv, dumm und eingebildet. So konnte ich ihn gebrauchen, solange er nicht ZU eitel wurde. Ein bisschen unsicher, nicht allzu selbstbewusst, sodass er immer wieder meinen Rat brauchen würde... das wäre eine große Hilfe für mich. Mal schauen, vielleicht bekam ich ihn wieder so hingebogen. Musste ich mal ausprobieren. Bei mir angekommen, schliefen wir die ganze Nacht miteinander. Viel Abwechslung gab es allerdings nicht, das musste ich auch ehrlich zugeben. Wenn er ständig mein Gesicht sehen wollte, dann gab es nun mal nicht so viel Variationen. Und sonderlich leidenschaftlich war es auch nicht. Es war ganz nett, aber nicht etwas, das ich dauernd haben musste. Auf Dauer zu langweilig. Vor allem wollte er ständig wissen, wie sehr ich ihn liebte und ob ich es auch ernst meinte, ob ich ihn je verlassen würde..... Mann, wie oft hab ich dir schon gesagt, dass du der einzige für mich bist, dass ich dich mehr liebe als alles andere auf der Welt, dass ich dich niemals verlassen oder betrügen könnte?! Wie oft muss ich es noch wiederholen? So langsam nervte er mich wirklich. Aber ich konnte auch nicht mit ihm Schluss machen, dann würde er sich das sicher so sehr zu Herzen nehmen, dass er GLAMOUR ☆ FASHION verlassen würde, und das konnte ich nicht zulassen. Nicht, wenn es im Moment so gut lief. Und nicht, wenn Atsushi gerade ausgestiegen war. Ich brauchte ihn als Publikumsmagneten, deshalb würde ich ihn wohl noch etwas länger ertragen müssen. Und als wäre das alles nicht schon genug, kam Kirito ein paar Tage später auch noch bei mir an, während ich gerade mit einem Layout beschäftigt war. „Was ist denn?“, fragte ich leicht gestresst und sah ihn an. Er druckste etwas herum. „Das... kann ich dir hier nicht sagen. Hast du nicht einen Moment Zeit?“ Mit einem entschuldigenden schwachen Lächeln sah ich ihn an. „Kannst du vielleicht eine halbe Stunde warten? Dann hab ich ein paar Minuten für dich. Tut mir leid, aber es ist gerade alles ein wenig... unkoordiniert. Ist es so wichtig, kann es nicht warten?“ „Ja und nein“, antwortete er kleinlaut und nickte. „Okay, in einer halben Stunde bin ich wieder da.“ Er hielt sein Versprechen. „Kiyo, das... wollte ich dir eigentlich schon ein bisschen länger sagen....“ Er druckste wieder herum, und ich bekam eine Ahnung davon, worum es ging. „Ich.... hab mich in jemand anderen verliebt.“ Ich starrte ihn einen Moment an. „Was?“, fragte ich dann leise. Jetzt sah er mir ins Gesicht. „Ich... liebe dich auch noch, Kiyo, aber ich... liebe jemand anderen mehr als dich, und ich... will weder mir noch dir etwas vormachen. Es tut mir leid, wirklich, es ist... irgendwie passiert, ich weiß auch, dass ich absolut keine Chance habe...“ Keine Chance, das war noch milde ausgedrückt. Glaubte er echt, dass der Typ ihn noch angucken könnte, wenn er es ihm beichtete? Yasu stand auf FRAUEN. Kirito, sieh es ein, er wird sich niemals für dich interessieren. Aber bitte, wenn du einen der drei wichtigsten Männer in deinem Unternehmen links liegen lassen willst.... Ich war nicht verletzt, das nicht gerade, aber ich war verärgert, weil er meinen Stolz angekratzt hatte. Man beendete nicht so einfach eine Beziehung mit mir, nur weil man einen Hetero hübscher fand. Ich senkte den Blick und schwieg einen Moment, musste dabei wohl ziemlich verloren gewirkt haben. „Wirklich, Kiyo, es tut mir leid!“, murmelte Kirito inständig und sah mich bittend an. „Du kannst auch nichts dafür, mach dir da bitte keine Vorwürfe, das ist... meine Schuld, und es tut mir wirklich leid... es war sehr schön mit dir, ich habe dich geliebt wie sonst keinen, aber....“ Ich konnte nichts dafür? Glaubte er echt, dass ich MIR die Schuld daran geben würde? Also bitte, ich hatte die ganze letzte Nacht damit verbracht, Jui zu vögeln, DEN Jui, ich war mit einem aufsteigenden Model, Gara, zusammen, und außerdem sabberte HYDE mir hinterher, und er glaubte, dass ich mir Vorwürfe machte, weil er sich in eine Sackgasse gebracht hatte? (Okay, das wusste er natürlich alles nicht, aber wirkte ich so, als ob...... Okay, falsche Frage. Natürlich wirkte ich so. Dadurch konnte ich doch überhaupt mit drei Typen gleichzeitig zusammen sein – dass ich so wirkte, wie man es von mir erwartete.) Mit einem beinahe hilflosen Gesichtsausdruck fuhr ich mir durch die Haare, schüttelte einmal tief durchatmend den Kopf und blickte meinen Gegenüber schmerzerfüllt an. „Musstest... du mir das unbedingt jetzt sagen?“, wollte ich leise wissen. Kirito sah so aus, als ob er ein schlechtes Gewissen bekam (Recht so!), legte die Arme um mich und drückte mich an sich. Ich erwiderte die Umarmung und klammerte mich etwas an ihn. „Entschuldige.... sonst hätte ich wahrscheinlich den Mut nicht aufgebracht....“, erwiderte er sanft. „Verzeih mir bitte. Ich liebe dich immer noch irgendwo, und ich werde es auch immer tun, aber...“ Ich atmete erneut einmal tief durch und vergrub mein Gesicht an seinem Hals, war wieder eine Weile still, als müsste ich mich beherrschen, nicht jeden Moment loszuheulen. „Ist.... ist okay“, meinte ich dann zögernd. „Das kommt jetzt natürlich... ein bisschen plötzlich, und...“ „Ich weiß, dass das nicht leicht ist für dich...“ Er strich mir über den Rücken. „Vor allem, weil wir uns ja weiterhin sehen werden...“ Langsam nickte ich und drückte ihn ein letztes Mal an mich, ehe ich ihn wieder losließ, ihn anschaute und mir kurz auf die Lippe biss. „Kann ich.... kann ich wenigstens erfahren, wer es ist?“, bat ich vorsichtig. Er sah zur Seite. „Yasu“, antwortete er wenigstens wahrheitsgemäß. (Na ja, das waren zumindest Pluspunkte, dass er es mir sagte. Aber sonst – echt, während ich gerade am Arbeiten war....) „Ich weiß, dass das bescheuert klingt, aber ich... hab mich wirklich ernsthaft in ihn verliebt, und ich werde es ihm auch sagen, und ich... hoffe, dass er danach überhaupt noch was mit mir zu tun haben will...“ Tja, dann hoff mal schön weiter, weil ich nicht glaube, dass diese Hoffnung sich bewahrheitet. Ich nahm seine Hand und drückte sie, schien mich zu einem Lächeln zu zwingen. „Das... hoffe ich für dich mit, Kirito. Viel Glück. Ich.... werde dich vermissen. Wirklich“, flüsterte ich. Kirito erwiderte mein Lächeln leicht, wenn auch mit Tränen in den Augen. „Danke“, gab er aufrichtig zurück. Zwei Minuten später kehrte ich zurück an meine Arbeit und machte da weiter, wo ich aufgehört hatte. ~★~ Ich war anspruchsvoll. Ich war extravagant. Ich war mein öffentliches Ich. Und die Leser, Zuschauer und Fans liebten Es. Meine Models liebten Es. Meine Bekannten liebten Es. Hyde liebte Es, Jui liebte Es und Kirito hatte Es geliebt. Auch Gara liebte Es. Ich hasste Es. Wenn es etwas auf der Welt gab, das ich noch mehr hasste als Hakuei, Orangenmarmelade, Rassismus, Bush, Kakerlaken und Gackt (für mich waren die letzten beiden sowieso dasselbe – etwas Unnützes, das man trotzdem niemals totkriegen wird, selbst durch einen Atomkrieg nicht, und beide find ich abstoßend hässlich), dann war es mein öffentliches Ich. Das Ich, das lächelte, cool war, alles unter Kontrolle hatte, das arbeitete, bis es irgendwann Modemarken auskotzte, das diejenigen, die es mochte, an sich heran ließ und seine Gedanken mit ihnen teilte. Es war falsch. Das Ich war nicht wie ich. Zwischen Mir und mir bestand ein großer Unterschied. Das eine wird großgeschrieben, weil alle Welt es kennt, jeder es liebt, weil es bedeutend und berühmt ist. Das andere wird kleingeschrieben, weil es verborgen ist und niemand es je zu Gesicht bekommt. Bis auf wenige Personen – Hyde, zum Beispiel. Wenn mir Jui auf den Sack ging, beschwerte ich mich bei Hyde, wenn ich mich über Gara freute, erzählte ich es Hyde glücklich, wenn Hakuei mich ankotzte, lästerte ich mit Hyde über ihn. Wer noch? Mit Miya hatte ich inzwischen keinen so engen Kontakt mehr. Seit meiner Frau damals schon nicht. Er hat es mir nie verziehen, dass sie mich geheiratet und ich sie sitzen gelassen habe. Na ja, verständlich. Gab es außer Hyde noch jemand anderen, der mein ich kannte anstatt mein Ich? Hakuei. Ausgerechnet er. Genau der, der Meine und seine Arbeit mehr hasste als sonst was auf der Welt. Er durchschaute mich mit einem Grinsen und ließ mich immer durch dezente Andeutungen und Sprüche wissen, dass er wusste, was ich dachte. Er kannte mich zu lange. Viel zu lange. Wäre er nicht so bekannt gewesen, hätte ich ihn schon längst rausgeschmissen. Aber leider liebte das Publikum auch ihn. Wer kannte mich außer Hyde und Hakuei noch? Sonst eigentlich niemand. Eine schlechte Quote, bei den vielen Leuten, mit denen ich zu tun hatte. Und dann waren die beiden noch genau die richtigen Persönlichkeiten: Der eine jemand, bei dem der Hass auf Gegenseitigkeit beruhte, und der andere unsterblich in mich verliebt. Wobei ich dessen Liebe niemals erwidern würde. Warum ich Hyde nie würde lieben können? Eine gute Frage. Ich weiß es nicht. Vielleicht war es dieses weinerliche sich-an-mich-Klammern, diese Verzweiflung, die mir missfiel. Er ließ mir keinen Freiraum, und Freiraum war das, was ich dringender brauchte als die Luft zum Atmen. Ich war frei. Ich war frei zu entscheiden, was ich heute arbeitete, wen ich heute vögelte, wo ich hinging, was ich machte, mit wem ich mich traf. Und Hyde wollte rund um die Ohr mit mir zusammen sein, wollte immer wissen, was ich machte, am liebsten hätte er mir Überwachungskameras an die Kleidung geklebt. Das gefiel mir nicht. Das ich, das ich war, verachtete die meisten meiner Bekannten, meiner Models. Nein, nicht wirklich verachten, aber ich sah auf sie hinab, wie wahrscheinlich schon deutlich geworden ist. Ich war nun mal besser als sie. Ich ließ mich nicht so leicht durchschauen. Ich gab mir keine Blöße. Ich konnte gleichzeitig mit mehreren Typen zusammen sein, und es störte keinen. Ich sollte nur aufpassen, dass die Betreffenden nicht zu nah an Hakuei gerieten – er könnte es durchschauen. Aber sonst hatte ich nichts zu befürchten. Mit Jui war Ich hauptsächlich zusammen, damit er bei GLAMOUR ☆ FASHION und mental stabil blieb. Und natürlich wegen des Sex. Und damit Ich mit dem romantischen Kitsch nicht aus der Übung kam. Bei ihm sah Ich am Besten, ob Ich noch romantisch sein konnte oder nicht. Mit Kirito war Ich zusammen gewesen, weil er nicht allzu viele Fragen stellte, unheimlich gut im Bett, willig, hübsch und darüber hinaus noch eine ganz angenehme Gesellschaft war. Ich war gerne bei ihm gewesen, muss ich wirklich sagen. Er war mir sympathisch. Er war vor allem versaut, daher hatte Ich Mich an ihm richtig ausleben können. Dann war Ich natürlich noch mit vielen, vielen anderen, kleineren Models zusammen gewesen. Alles nur ein Zeitvertreib, ich (und Ich) konnte sie nicht wirklich ernst nehmen. Gut, Jui nahm ich auch nicht ernst, dazu war er zu... kindlich, aber Kirito musste ich respektieren. Sollte ich wahrscheinlich zumindest. Ich tat es zwar auch nicht, aber das lag daran, dass Ich ihn ohne Probleme anlügen konnte, mehrere, unzählige Male, und er glaubte Mir jedes Mal. Immer. Und mit Gara war Ich zusammen... weil er mich interessierte. Er war eine ungeprägte Persönlichkeit, jederzeit bereit, geformt, umgebogen, neu erfunden oder beeinflusst zu werden. Als er Mich kennen lernte, war er niemand, er wusste nichts mit sich und der Welt anzufangen, er hatte sich bereits beinahe aufgegeben. Er lebte vor sich hin, ohne Sinn und Verstand. Ich allerdings gab ihm Beschäftigung, Visionen, ein vollkommen neues Umfeld, Alternativen, Privilegien, Aufstiegsmöglichkeiten, Bekanntheit. Er hatte Mir sehr viel zu verdanken, Ich hatte Mich auch nach Kräften für ihn eingesetzt. Er ließ sich von Mir beeinflussen, sah zu Mir auf, versuchte so zu werden wie Ich, verliebte sich in Mich, weil er die Rolle, die ich spielte, vergötterte. Er liebte mich nicht, genauso wenig wie Jui. Sie liebten Mich, nicht mich. Sie liebten das große Mich. Mein öffentliches Ich. Aber bei Gara war es noch etwas spezieller, weil ich nur ein Platzhalter war, eine Variable X, die jederzeit durch jemand anderen hätte ersetzt werden können. Ich war mir sicher, dass er sich, wenn Hyde sich so aufopferungsvoll um ihn gekümmert und sich für ihn eingesetzt hätte, in Hyde verliebt hätte. Das machte mich gleichzeitig ein bisschen traurig und wütend. Jui und Kirito liebten Mich wenigstens, aber Gara war Ich so was von egal, und trotzdem wagte er es, die Worte ‚ich liebe dich’ ohne ein Wimpernzucken zu Mir zu sagen. Aber ich wollte ihn nicht gehen lassen, dazu war er viel zu unbedarft. Er war naiv, er glaubte Personen meist sofort. Und das war das Gefährliche an ihm – ich konnte nicht zulassen, dass irgendwer ihm irgendetwas eintrichterte und ich ihn dadurch verlor. Er war ein Publikumsmagnet, die Leute liebten ihn jetzt schon. Ich brauchte ihn als Model. Und außerdem genoss ich seine Gesellschaft, ähnlich wie bei Kirito. Er wirkte immer so unschuldig, ganz anders als Kirito. Und trotzdem hatte er kein Problem damit, mit Rose rumzumachen. (Wenn Kirito die Wahrheit gesagt hatte zumindest. Aber ich glaubte nicht, dass er log, warum sollte er?) Ich verstand ihn nicht, nicht immer, und ich glaube, er tat es selbst nicht. Das machte ihn wieder zu einem Risiko – er war unberechenbar. Und trotzdem durchschaute ich ihn oft. Er faszinierte mich. Und, was das Wichtigste war: Er ging mir nicht auf die Nerven, sondern nahm Rücksicht auf mich. Das taten weder Jui noch Kirito, Jui wollte die ganze Zeit nur Liebe, und Kirito wollte die ganze Zeit nur Sex. Gara nahm es mir nicht übel, wenn ich schlecht gelaunt war oder zu kaputt war, um mit ihm zu schlafen. Er gab sich schon damit zufrieden, mit mir kuscheln, egal, was war. Wenn ich es so sah, dann er war er die momentane Nummer 1 meiner Liste. ~★~ „Komm rein.“ Rose wirkte etwas überrascht, mich zu sehen, schien sich aber trotzdem zu freuen. Nun ja, auch wenn man es nicht wirklich sehen konnte. Er wirkte ausgelaugt, müde, lustlos und resigniert. Verständlich. „Wie geht’s dir?“, wollte ich freundlich wissen und betrat seine Wohnung, schloss die Tür hinter mir und folgte ihm ins Wohnzimmer, setzte mich neben ihn auf das Sofa, versuchend, mir nicht vorzustellen, was auf diesem Möbelstück bereits alles getrieben wurde. „Wie seh ich denn aus?“, fragte Rose ironisch lächelnd und seufzte dann einmal leise, fuhr sich durch die Haare. „Entschuldige, ich... bin nur vollkommen fertig.“ „Merkt man.“ Ich schenkte ihm einen mitfühlenden Blick. „Aber sonst geht’s mir eigentlich... den Umständen entsprechend.“ Er zuckte mit den Schultern. „Willst du irgendwas essen, trinken, sonst was?“ Wie wär’s mit deinem Körper und deiner Seele? „Nein, danke“, erwiderte ich und strich ihm kurz über die Wange. „Kriegst du es denn mit der Arbeit soweit hin?“ Er nickte, jetzt mit einem zwar schwachen, aber dennoch echten Lächeln. „Es geht schon, Kiyo, danke. Ich muss ja sowieso irgendwann über ihn hinwegkommen. Da mache ich das am Besten so schnell wie möglich.“ Jetzt nickte ich verständnisvoll. „Vernünftig, ehe du ihm den Rest deines Lebens hinterhertrauerst...“ Wir unterhielten uns noch ein bisschen weiter, bis ich den Vorschlag machte, ihn zum essen einzuladen. Er war dankbar, dass ihn jemand mal zwang, von zuhause wegzugehen, und sagte mir das auch ein paar Mal, bis ich ihm versicherte, er bräuchte sich nicht zu bedanken. (Dafür würde er noch genug Gelegenheit bekommen.) Aber mal ehrlich – ich wäre auch froh, wenn mich jemand aus einer Wohnung herausholen würde, die von oben bis unten voll mit Hakuei war. Rose hatte nicht mal die Fotos weggeworfen von ihnen beiden. Und falls er daran nichts geändert hatte, war sein Schlafzimmer ein einziger Hakuei-Schrein. Furchtbar. Wir verbrachten einen schönen Abend zusammen, ich konnte ihn ein bisschen von seinen Sorgen ablenken und vergaß für eine Weile meine eigenen. Selbst Kirito war in weite Ferne gerückt. Ich wusste, dass ich ihn irgendwann mal vermissen würde, aber im Moment hatte ich keine Zeit dafür. „Sollen wir noch was trinken gehen?“, schlug ich vor, als wir uns gerade auf den Heimweg machen wollten. Rose zögerte merklich, weshalb ich noch hinzufügte: „Komm, morgen ist Sonntag. Und du hattest sowieso viel zu viel Stress, da solltest du dich ein bisschen entspannen.“ „Aber nicht allzu viel“, erwiderte er schließlich. „Ich garantiere nämlich für nichts, wenn ich erst mal richtig dicht bin...“ Das wusste ich. Ich lächelte und nickte. Keine zwei Stunden später war er voll bis obenhin. Ich war geübt darin, andere Leute unter den Tisch zu trinken. Auf unserem Rückweg klammerte er sich an mich und erzählte mir lang und breit, wie sehr er Hakuei vermisste und dass er nicht von ihm loskam und dass er ihm alles verzeihen würde, wenn er sich doch endlich mal entschuldigen käme, aber das tat er nicht, also konnte er ihm auch nicht vergeben, und so weiter und so fort. Und das Schlimmste daran war eigentlich, dass er alles ernst meinte. Und ich hörte ihm zu, nickte, stützte ihn, schleppte ihn mit mir und bekundete mein Mitgefühl. Als wir wieder bei ihm waren, drückte ich ihn gegen die erstbeste Wand und küsste ihn. Er kicherte erst leise, erwiderte den Kuss aber dann trotzdem und schlang die Arme fest um mich. Und er konnte gut küssen. Just in dem Augenblick klingelte mein Handy. Ich seufzte gequält auf, ließ aber trotzdem von dem Blonden ab, was er mit einem Murren quittierte, kramte mein Handy aus der Hosentasche und schaute auf das Display. Hyde. Na super. Perfektes Timing, und außerdem war er die letzte Person, mit der ich gerade sprechen wollte. Ohne Vorwarnung schnappte Rose sich mein Handy und nahm den Anruf an. „Jaaaa?“, fragte er langgezogen und grinste dann. „Nein, der ist gerade ...furchtbar beschäftigt.“ Und damit legte er auf, ließ das Handy ohne Weiteres auf den Boden fallen und schob mir die Zunge in den Hals. Konnte ich ihm da noch irgendwie widerstehen? Ich schob eine Hand unter sein Shirt und streichelte über seinen Bauch, ehe ich anfing, seinen Hals anzuknabbern und seine Hose dabei öffnete. Er war so betrunken, dass er definitiv einen Filmriss haben würde, von daher machte es nichts, wenn ich die Wahrheit hinterher ein bisschen verdrehte. Ich könnte ja behaupten, dass er mich verführt hatte. Aber nein, dann würde er sich wahrscheinlich Vorwürfe machen und sich von mir fernhalten. Nicht sehr geschickt. Was könnte ich ihm noch erzählen? Dass er mit irgendeinem fremden Typen abgehauen war und offenbar mit ihm geschlafen hatte? Nein, dann würde er sich auch nicht mehr mit mir treffen. Ich könnte auch behaupten, dass ich mich an nichts mehr erinnerte, und ihn dann überreden, dass ich der einzig Richtige für ihn war. Ja, das wäre möglich. Ehe ich meine Gedanken noch weiter ausführen konnte, hielt er meine Hände fest und murrte wieder leise. „Kein Sex“, murmelte er mit schwerer Zunge. „Ich kann... ihn nicht so... kein fremdgehen...“ Ich hielt inne und sah ihn fragend an. Er rutschte nur an der Wand herunter, rollte sich zusammen und schlief ein. Wortlos starrte ich auf ihn hinunter. Was zur Hölle sollte das denn jetzt? Schlief einfach ein... Und was war das? Er wollte Hakuei nicht fremdgehen? Sie waren zwar nicht mehr zusammen, aber egal. Kopfschüttelnd hob ich mein Handy auf, holte eine Decke für ihn, deckte den Blonden zu und verließ die Wohnung. Nach Hause wollte ich nicht. Dort war es leer und langweilig. Außerdem hatte ich eigentlich diese Nacht fest eingeplant, also konnte ich nicht einfach ohne Sex zurückkehren. Das ging doch nicht. Also rief ich meinen Chauffeur an, bat ihn, mich abzuholen und mir gleich noch Kopfschmerztabletten mitzubringen. Ich würde sie gut gebrauchen können, das wusste ich. Hyde hatte nie welche. Er öffnete mir die Tür mit einem Gesichtsausdruck, aus dem deutlich Wut, Schmerz und Enttäuschung sprachen. Ich schob mich an ihm vorbei in die Wohnung, zog mir die Jacke aus, ließ sie auf den Boden fallen, dann meine Schuhe, mein Shirt. Hyde starrte mich an und versuchte nur noch, ärgerlich auszusehen. „Was wird das?“, wollte er gereizt wissen. Ich sah ihn an. „Ich hoffe doch eine durchgevögelte Nacht“, antwortete ich. Er blickte kurz zur Seite und ich wusste genau, was er dachte. Er versuchte, mir zu widerstehen, und kämpfte mit sich, ob er mich nicht lieber rausschmeißen sollte. „Und wo warst du gerade?“ „Bei Rose. Ist eingeschlafen, bevor es zu irgendetwas kommen konnte. Warum hast du mich eigentlich angerufen?“ Auch, wenn ich gerade in Gedanken bereits woanders war, interessierte es mich irgendwo. „Ging um Gara. Du wolltest doch ein provozierendes Shooting machen, oder? Ich hab genau den perfekten Kandidaten gefunden.“ „Ach ja?“ Ich ging zu ihm hin und knöpfte ihm das Hemd auf. „Da reden wir hinterher drüber, ja?“ „Wer sagt denn, dass ich dir schon zugestimmt habe?“, knurrte er leise. „Pff. Halt den Mund und mach die Beine breit.“ Die Leute hörten immer auf das, was ich ihnen sagte. Das war praktisch. ~★~☆~★~☆~★~ tbc~ und? Hattet ihr vorher schon einen Verdacht? |D wenn ja, ab wann? Das interessiert mich ^^ und dieses Kapitel ist nicht halb so rübergekommen, wie ich eigentlich wollte, aber ich hoffe, dass es trotzdem okay ist ^^; ist Hyde nicht ein armes Schwein? ._. er tut selbst mir leid <_< ach ja, einen Kommentar möchte ich noch anfügen, der von Tattoo stammt XD im Text heißt es "Außerdem hatte ich eigentlich diese Nacht fest eingeplant, also konnte ich nicht einfach ohne Sex zurückkehren. Also rief ich meinen Chauffeur an[...]" Tattoo: HA! JETZT MUSS DER ARME CHAUFFEUR RAN!! XD Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)