Geheimnisse im Nagoya-Krankenhaus von abgemeldet (Chiaki Vs. Marron) ================================================================================ Kapitel 34: Das göttliche Schutzschild -------------------------------------- Fjodor Michailowitsch Dostojewski schrieb einst in "Die Brüder Karamsow III": „Ein Wunder ist es, daß ein solcher Gedanke - der Gedanke der Notwendigkeit eines Gottes - einem so wilden und bösen Tier wie der Mensch in den Kopf kommen konnte: So heilig, so rührend, so weise und so ehrenvoll für den Menschen ist dieser Gedanke.“ Marron stand auf einem Dach. Sie hatte von hier einen sehr guten Blick zum Hotel. Sie war bereit. Für alles was kommen würde. Und doch spukten gerade in ihrem Kopf Gedanken, die sie jetzt nicht gebrauchen konnte. Worte. Worte von Noyn. Worte die sie verwirrten und nicht klar gerade aus denken ließen. „Allerdings, ist er nur zu drei Taten fähig. Erstens, er gibt Menschen eine Seele. Zweitens, er kann diese Seele auch beschützen. Und drittens, kann er für schlechtes Wetter sorgen.“ Sie hatte immer noch Noyns Worte im Kopf und die Stimme dazu. Und das Lachen, was darauf folgte. Was ist wenn, Gott wirklich nur eine Ausnahme gemacht hatte bei Zen? Vielleicht würde Gott ihr dieses mal nicht mehr helfen. Vielleicht hatte ihn schon zu oft um Hilfe gebeten. Stand sie nun wirklich alleine an der Linie zum Kampf? An so etwas sollte sie eigentlich gar nicht denken und doch waren sie da… diese Gedanken des Zweifels. Sindbad kniete auf einem anderen Dach. Er hatte Marron mit einem Fernglas im Visier gehabt und beobachtete sie von dieser Stelle. Er würde sie nicht so einfach in den Kampf ziehen lassen. Er konnte das einfach nicht. Doch nun flatterte Access vor seinen Augen herum. „Sindbad, es ist furchtbar!“ Der Dieb nahm das Fernglas runter und blickte den Schwarzengel an. „Das ist ein riskanter Fall. Es wird einfach zu schwer für Jeanne, das Schach Matt zu setzen.“ Sindbad seufzte. „Und wie kommst du darauf?“ Marron stand immer noch ganz still auf dem Dach. Ihre Gedanken waren immer noch zu weit entfernt, als dass sie wirklich bereit war. Doch nun wurde ihre Aufmerksamkeit auf die Garagenausfahrt des Hotels gezogen. Die Autos fuhren an. Die Polizisten standen am Rande der Straße. Vorne an fuhren zwei Polizeiwagen. Doch dann staunte sie nicht schlecht. Denn es kam nicht nur eine schwarze Limousine aus der Garage. Es waren drei. Und jede wurde von drei Polizeiwagen umkreist. Sie wollten also mit Jeanne spielen. Marron griff wieder nach ihrem Fernglas und schaute auf die Straße hinunter. „In welchen von dem Wagen, sitzen sie denn?“ Sie spürte einen Windstoss hinter sich, sofort drehte sie sich um. Ihre Reaktion war nun mal nicht eingeschlafen. „Sindbad“, stellte Marron überrascht fest. Mit ihm hatte sie nicht gerechnet. Aber wenn sie ehrlich war, war sie auch gar nicht überrascht ihn hier zu sehen. Er würde sie nicht einfach gehen lassen. Das wusste sie doch nur zu gut. „Dieses Mal solltest du wirklich die Finger davon lassen, Marron.“ Doch als er sah, dass sie darauf nicht reagierte, sagte er: „Du weißt ja noch nicht einmal in welchem Wagen sie sitzen.“ Marron schaute betroffen weg. „Hast du vielleicht eine bessere Idee?“ „Marron“, sagte er nun mit ruhiger Stimme. „Es wird sehr gefährlich für dich, wenn du nicht bei beiden Dämonen gleichzeitig dein Schach Matt setzt.“ Marron erwiderte nichts. Das wusste sie doch alles. Sie war sich dessen vollkommen bewusst. „Ich will nicht…“ Er stoppte und blickte sie sorgend an. Sie rannte von ihm weg. „Marron“, hörte sie Chiakis Stimme nur noch. Er klang verzweifelt. Marron rannte auf eine Brücke. Sie war parallel zu der Straße, auf der gerade die Eskorte fuhr. Von hier aus konnte sie sich einen besseren Überblick verschaffen. Sie musste einfach was tun. Es ging hier schließlich um Lucy. Die Brünette blickte zu den Autos herüber. Die drei schwarzen Limousinen wurden von den Wagen der Polizei schützend eingekreist. So leicht würde sie nicht aufgeben. Ganz bestimmt nicht. Aber welcher Wagen ist es bloß? In welchem Wagen sitzen sie nur? Marron wusste, dass wenn sie nichts unternahm, einfach nur zusah, dann würde die Familie zerstört werden. Das konnte sie nicht zulassen. Niemals. Um Lucys und ihrer selbst Willen. Sie blickte auf das Amulett und drückte es sich an die Brust. „Ich kämpfe einfach so lange, bis das Amulett nicht mehr reagiert. Nie wieder.“ Ja, so lange würde sie kämpfen. Sie würde gegen alle Dämonen antreten und sie vernichten, die Menschen retten, die sie vereinnahmten. Sie würde nicht tatenlos mit zusehen. Das war doch ihre Aufgabe, oder nicht? Nun griff Marron nach dem Kreuz, dass in ihrer Handtasche ruhte und auf seinen Einsatz wartete. Sie schloss die Augen und legte die Stirn an die Spitze des Kreuzes, hielt es aber fest. „Fynn, lass Jeanne d’Arc mich erhören“, bat sie ihre kleine und bisher immer treue Freundin. Das göttliche Licht strömte aus dem Kreuz und schloss sich um Marron. Es schloss sich um sie wie eine Schutzhülle, bis es ganz in sie eindrang und sie die Wärme auch in sich spürte. Sie öffnete die Augen wieder und sah nun durch den lilafarbenen Augen von Jeanne, deren Inkarnation sie nun mal war, ihre Aufgabe an. Miyako stand mit ihrem Vater, dem Kommissar und Leiter der Sonderkommission „Jeanne und Sindbad“ am Rande eines Walls und blickte auf die Straße. Sie hatte mal wieder eine Ausnahme gemacht und hatte ihren Vater begleitet. Wenn sie frei hatte, kam sie immer öfters mit. Irgendwie beschäftigte auch sie diese Jeanne besonders. Auch wenn sie noch nicht wusste, in welcher Beziehung sie genau zu Jeanne stehen wollte. Sie hatte sich viele Gedanken über diese fragwürdige Person gemacht. „Sie wird nicht wissen, in welchem Wagen der Botschafter und seine Frau jetzt sitzen. Wenn Sie dieses mal einen Fehler macht, haben wir Jeanne. Das verspreche ich dir.“ Doch Miyako erwiderte nichts darauf. Eigentlich wollte sie gar nicht mehr, dass man Jeanne festnahm. Sie war sich aber nicht ganz sicher, was das anging. Ihr Vater blickte sie fragend an, als seine Tochter nicht reagierte. „Hey Miyako, was hast du denn?“ „Ich meine durch Jeannes – zugegeben ungesetzlichen – Einsatz sind so viele Menschen wieder normal geworden.“ Sie hatte diese Wandlung mitbekommen, die diese Menschen erlebt hatten und war mehr als nur erstaunt, als diese wieder normal waren und sich an nichts mehr erinnern konnten. „Viele Menschen wurden spontan wieder gesund, nachdem sie von Jeanne bestohlen worden sind. Vater, Jeanne ist keine gewöhnliche Diebin.“ Die Autos fuhren vor ihren Augen weiter. „Ich habe einfach das Gefühl, da steckt noch mehr dahinter.“ Miyako blickte ihren Vater bittend an. „Deswegen will ich, dass du sie schnappst, aber nur um eine Erklärung von ihr zu kriegen. Verstehst du?“ „Aber Kind…“ Er blickte seine Tochter fragend an. Jeanne hatte sich einen guten Plan ausgedacht. Einen sehr guten Plan. Die Autos fuhren nun über eine überdachte Brücke. Jeanne hatte ihre Brosche an einen Luftballon gehängt, den sie sich unterwegs in der Stadt ausgeliehen hatte. Ja, sie hatte dieses mal wirklich gestohlen, denn sie hatte den pinkfarbenen Luftballon nicht bezahlt. Aber sie hatte sich entschuldigt. Sie würde das Geld später nachreichen, das hatte sie sich fest vorgenommen gehabt, denn sie wollte keine Diebin sein. Nun hing der Luftballon unter dem Dach und über den durchfahrenen Autos. Jeanne selber hatte sich hinter einem breiten Pfeiler gestellt, der die Brücke hielt. Sie wartete nur darauf, dass ihre Brosche sich meldete. Ganz einfach. Da! Die Brosche piepste und leuchtete, als der letzte dunkle Wagen durchfuhr. Sie sitzen also im letzten Wagen. „Das war er!“, meinte sie erleichtert. Das war ja wirklich ein einfaches Spiel. Jeanne zog ihr Band und holte damit die Brosche, samt Luftballon an sich. Sie rannte weiter, sprang über ein paar Dächer und landete wieder sanft am Straßenrand. Hier waren keine Polizisten. Ein Glück aber auch. Aber lange würden die vermutlich nicht auf sich warten lassen. Sie hatte also keine Zeit zu verlieren. Sie zog wieder ihr Band heraus. Sie machte sich bereit, für ihren Angriff. Für den entscheidenden Schlag. Jeanne würde das Spiel nun beenden und Lucy ihre Eltern wieder geben. Die Blonde stand nun mitten auf der Straße und sie sah schon die Eskorte vor sich. „Im Namen des Herren…“, fing sie an. „Willst du wirklich dein Schach Matt setzen?“ Jeanne erschrak und stoppte. Sie blickte aus dem Augenwinkel um sich und entdeckte den dunklen Ritter Noyn. Er stand im Schatten eines Hauses und doch erkannte sie ihn deutlich. Er hatte die Arme vor der Brust verkreuzt und sah sie erwartungsvoll an. „Wenn du das Schach Matt bei den Eltern der kleinen und lieben Lucy setzt, sterben sie vielleicht. Wer weiß, ob du dieses mal mit deinem Gott wieder so ein Glück hast. Vielleicht hatte dein Gott nur Mitleid mit dem armen Jungen. Erinnerst du dich?“ Jeanne blickte nun geschockt zu Noyn. Zen. Gott hatte Mitleid mit ihm gehabt? Deswegen hat er ihr damals geholfen und ihm eine zweite Chance geben? „Aber hat er auch dieses Mal Mitleid?“ Jeanne hatte die Bilder von Zen im Kopf. Seine traurigen Augen, die sie gebeten haben, ihn nicht zu töten, als er dachte, sie wäre der Todesengel. Oder die Augen, als Marron ihm gesagt hatte, dass seine Mutter jeden Tag vor seiner Tür stand. Und dann diese glückliche Begegnung mit seinen Eltern, als er die Chance bekommen hatte. Wie glücklich er in den Armen seiner Mutter war. Seine Tränen. Seine traurigen Augen. Hatte Gott vielleicht wirklich nur Mitleid? „Was tut sie auf einmal?“, fragte Access, der neben Sindbad in der Luft schwebte. Beide sahen zu Jeanne. Die plötzlich nur noch regungslos da stand. „Warum bleibt sie stehen?“ Sindbad wusste es nicht, aber er wüsste es nun mal gerne. „Gib acht, Jeanne“, sagte er bittend und leise. „Halt dich da gefälligst raus, Noyn. Das hier ist meine Sache“, meinte die dunkle Stimme von Silar drohend. „Das hier ist mein Spiel. Da hast du nichts mit zu suchen.“ Die Stimme klang kalt und ließ es einem eiskalt den Rücken runter laufen. So viel Hass und Wut war in dieser Stimme. Sie zog die Augenbraue hoch und lenkte somit den Wagen in dem der Botschafter saß. Er schlidderte auf der Straße. Ein Sicherheitsmann, der neben dem Botschafter saß, wurde aus dem Wagen gestoßen, zumindest schien es so. Der Fahrer verlor die Kontrolle über den Wagen, krachte in einen Gemüsestand, der auf dem Bürgersteig stand. Plötzlich fuhr der Wagen nur noch auf zwei Rädern und raste auf Jeanne zu. Diese reagierte nun plötzlich wieder schnell, warf ihr Band aus, dass sich um eine Laterne band und zog sich damit hoch und außerhalb der Gefahrenzone. Sie landete auf dem Dach, musste sich aber gut festklammern, damit sie nicht runterrutschte. „Ja, das siehst wundervoll aus. So muss man das einfädeln.“ Silar, der in der Luft schwebte blickte nun geradeaus. Ein Tunnel. Wie grandios. „Um Jeanne werde ich mich also kümmern, wenn sie im Tunnel sind.“ Der Fahrer schien wirklich die Kontrolle verloren zu haben und versuchte die Bremse zu betätigen. Zwecklos. Der Wagen fuhr nur noch schneller. Doch nun verlor Jeanne den Halt und flog vom Wagen. Sie landete unsanft auf dem Asphalt der Straße. „Dass dein Vater und ich nicht mehr in Japan sind, ist allein deine Schuld!“, hörte Jeanne plötzlich die Stimme von Korron, ihrer Mutter. Warum? Woher kommt plötzlich diese Stimme? Woher kommt dieser Satz? Jeanne saß auf dem Asphalt und wusste nicht weiter. „Hörst du Marron?“ Warum war da plötzlich die Stimme ihrer Eltern? Dann wurde es gleißendhell in dem Tunnel. Erschrocken blickte Jeanne auf. Sie versuchte etwas in dem Licht zu erkennen. Zwei Gestalten standen plötzlich vor ihr. Ihre Körper waren wie Schatten, doch das Licht blendete sie von hinten und gab ihren Körpern Gestalt. „Wir waren uns bei deiner Erziehung nicht einig. Deswegen haben wir uns oft gestritten. Es war einfach das Beste, wenn wir dich zurück lassen und noch mal von vorne anfangen.“ Das war die Stimme ihres Vaters. Sie war schon immer so sanft und ruhig gewesen. Und auch wenn sie diese Stimme schon ewig nicht mehr gehört hatte, so erkannte sie diese doch sofort. „Wenn es dich nicht gegeben hätte, wären wir von Anfang viel glücklicher gewesen“, sagte nun die Stimme ihrer Mutter. Diese Worte taten Marron weh. Sie schmerzen ihr, setzten ihr zu, benebelten sie. Nun erkannte sie auch fast die Gesichter ihrer Eltern wieder, vielleicht setzte sie diese auch nur instinktiv ein. „Es ist alles deine Schuld, Marron.“ Ihr Vater verschwand vor ihren Augen. Warum sagten ihre Eltern so etwas zu ihr? „Ich wünschte, du wärst nie geboren worden“, sagte ihre Mutter und verschwand nun auch so schnell wieder, wie sie aufgetaucht war. Jeanne hielt sich ihre Ohren zu. Sie konnte das nicht mehr hören. „Nicht!“ Nein, sie wollte das nicht mehr hören. „Aufhören!“ Sie saß zusammengekauert auf dem Boden. Als sie plötzlich ein Quietschen hörte, blickte sie auf und sah in die Scheinwerfer eines herankommenden Autos. Es raste auf sie zu und machte keine Anstalten zu bremsen. Gerade noch rechtzeitig sprang Jeanne zur Seite. Doch das Auto bremste. „Durch die Liebe werden die Menschen verwirrt und leiden. Es wäre klüger, man würde gar nicht erst an sie glauben“, schlug Noyn vor. Sie wusste nicht, woher seine Stimme kam, doch plötzlich spürte sie einen Luftzug und sie wusste, dass er nun hinter ihr stand. Sie saß immer noch auf dem Boden und blickte zu dem schwarzen Wagen. „Noyn.“ „Jeanne.“ Er blickte zu ihr herunter. Seine dunklen Augen sahen sie allerdings weder wütend noch sauer an. „Ich meine natürlich Marron“, korrigierte er sich selber. „Vertrau mir deine Seele an. Sowie deine Eltern ihre Seele dem bösen König anvertraut haben.“ „Was hast du da gesagt?“ Jeanne war aufgestanden und blickte Noyn nun mit großen fragenden Augen an. Ihre Eltern hatten ihre Seelen dem bösen König anvertraut? Nein, das konnte nicht sein. Noyn blickte sie weiterhin ruhig an, als er sagte: „Ich habe gedacht, das weißt du. Als deine Eltern damals feststellten, dass du mit der edlen Seele von Jeanne d’ Arc auf die Welt kommen würdest.“ Er schloss kurz die Augen. „Noch vor deiner Geburt waren sie so verwirrt, dass sie ihre armen Seelen in die Hände des bösen Königs legten.“ „Nein“, widersprach Jeanne ihm. Das konnte absolut nicht stimmen. „Du lügst:“ Sie trat ein paar Schritte rückwärts. Weg von ihm. Weg von dieser Lüge. Denn es konnte nur eine Lüge sein. „Das kann nur eine Lüge sein.“ Doch da gab es diesen Zweifel. Ihr Schutzschild flammte auf. Sie musste sich vor dieser Lüge beschützen. Sie wollte ihm nicht glauben. Kein einziges Wort. „Ich weiß, dass du deine Eltern liebst. Warum auch immer? Aber sie haben deine Liebe nie erwidert.“ Nun zerbrach auf einmal ihr Schutzschild. Da war zwar noch dieses Licht, das sie umgab. Aber die göttliche Wärme verschwand. Die Zweifel nagten an ihr. Sie war nun nicht mehr länger die starke Jeanne d’ Arc. Sie war nun wieder Marron Kusakabe. Seine rechte Hand, die Noyn in einem weißen Handschuh stecken hatte, leuchtete nun auf. Er blickte sie wütend an und schnitt mit seiner Hand, die nun rasiermesserscharf war, durch ihren Schutzschild. Nun war da ein Riss. Er hatte es wirklich geschafft, ihren Schutzschild zu zerstören. „Finde dich damit ab, dass deine Eltern in der Gewalt des bösen Königs sind.“ Sein Handschuh wurde nun zu einem Schwert, vermutlich hatte er damit diesen Riss verursacht. „In seiner Gewalt?“, fragte Marron. Sie waren also gar nicht freiwillig… Ihr Schutzschild schloss sich wieder, der Riss, der eben noch breit war, verschwand. Ihre Eltern waren gar nicht freiwillig dem bösen König beigetreten. Marron verwandelte sich wieder in Jeanne. Sie fühlte sich wieder stärker. Dieser Sache gewachsen. Ihre Eltern wurden also gefangen gehalten? „Und wo?“ „Es ist zwecklos, sie zu suchen. Sie befinden sich an einem Ort, den du nicht erreichen kannst“, erklärte Noyn ihr und zückte wieder das Schwert. Er rannte damit auf sie zu, die Spitze auf sie gerichtet. Doch er kam nicht weit. Ihr Schutzschild war wieder gestärkt. „Oder willst du etwa Gott fragen ob er diese Wesen, die deine Eltern sind, rettet? Das kann der Herr nicht!“ Sein Blick war ernst und unerbittlich.“ Jeanne blickte Noyn weiterhin an und bekam gar nicht mit, dass ihr Schutzschild wieder etwas brüchiger wurde und das Schwert von Noyn weiter zu ihr durchdrang. „Auch wenn dein göttliches Schutzschild dich umgibt.“ Seine Worte klangen belustigend, als amüsierte er sich über etwas. Jeanne verlor wieder an Gestalt. Und das Kreuz, was sie so festhielt, war zu Stein geworden. Es war nicht mehr ihr goldenes Kreuz, dennoch hielt sie es fest. Gott, konnte ihr also nicht helfen? Er konnte ihre Eltern nicht retten? „Es wird immer schwächer“, meinte Noyn, zog das Schwert zurück und schnitt noch einmal quer durch. Nun war es weg. Marron hatte ihr Schutzschild verloren. Erschrocken blickte sie Noyn und das Schwert an. Sie drehte den Kopf weg, als Noyn ihr die Klinge unters Kinn hielt. Sie spürte an der Haut, wie scharf es war. „Sieh an, endlich wird es mir möglich sein, die edle Seele von Jeanne d’ Arc aus diesem Körper zu befreien.“ Er trat einen Schritt näher auf sie zu. Sein Blick war zielsicher. „Ich kann dir aber mit guten Gewissen versprechen, dass deine ach so geliebten Eltern dich verachten werden, solange du lebst.“ Marrons Blick war nun nicht mehr Angsterfüllt, sondern auch traurig. Seine Worte trafen sie tief. „Sie werden mich verachten, solange ich lebe?“ Sie blickte ihn nun an. Noyn erschrak. Ihre Augen waren nun weder mit Angst erfüllt noch traurig. Sie schienen sanft und gutmütig. „Aber ich lebe doch noch, nicht wahr?“, fragte sie ihn sanft. Sie hatte ihr Kreuz fest umklammert und hielt es an ihrer Brust, ganz nah von ihrem Herzen. „Was soll denn… Was soll dieser Blick?“ Marron blickte ihn nun entschlossen an und trat nun selber einen Schritt auf ihn zu. Ihre Wange berührte aber fast die Klinge. „Weder mein Vater, noch meine Mutter haben mich je verachtet“, sagte sie mit ruhiger und selbstsicherer Stimme. „Dass ich hier alleine bin und auch all die Jahre war ist doch das Werk der Dämonen. Habe ich nicht Recht?“, fragte sie ihn. Von Angst war keine Spur mehr in ihrer Stimme zu hören. Noyn zog das Schwert zurück. Das Kreuz erleuchtete an Marrons Brust und umhüllte Marron in ein gleißend helles Licht. Noyn musste die Augen zusammen pressen, um nicht zu sehr geblendet zu werden. „Und auch, wenn es so ist und ich weiter an die Liebe glaube, wird der Tag kommen, an dem ich mit meinen Eltern wieder zusammen sein werde.“ Und ihr neues Geschwisterchen. „Und dann werden wir wieder miteinander reden und lachen. Ja, Genau“, meinte Marron und lächelte. Sie verwandelte sich vor Noyns Augen wieder in die Kamikazediebin Jeanne. „Solange ich die Hoffnung nicht aufgebe, kann ich niemals verlieren.“ Ja, da war sie sich sehr sicher. „Blödes Ding!“, Noyn wich von ihr zurück und verschwand nun ganz. Er gab auf. Das würde er ein anderes Mal klären. „Ich hab dir gesagt, misch dich nicht ein“, ertönte die drohende Stimme von Silar. Er schnippte mit den Fingern. Die Türen des Autos wurden aufgerissen und der Botschafter und seine Frau kamen angerannt. Direkt auf Jeanne zu. Ihre Gesichter waren blass und die Augen schwarz unterlaufen. Wie damals bei Zen. Die Dämonen traten aus den Gegenständen der Beiden und ließen die Körper zurück. Beide fielen auf den Boden und schienen bewusstlos zu sein. Jeanne blickte sofort um sich sofort um, als sie ein Geräusch hörte, doch da hatte sie der eine Dämon schon mit seiner langen Pranke erwischt und schleuderte sie in die Lüfte. Jeanne landete auf ihren beiden Füßen, rollte sich aber sofort zur Seite, da Spitzen nach ihr geschossen wurden. Sie konnte auch gar nicht so schnell schauen, als der andere Dämon sie nun ergriff und packte. Er drückte sie zusammen. Jeanne schrie vor Schmerzen. Doch Sindbad hatte schließlich gesagt, dass er seine Marron nicht so einfach den Kampf überließ. Nicht mit zwei Dämonen. Er schmiss seinen Bumerang und schnitt den Arm des Dämons zu, der Jeanne festhielt. Jeanne flog auf den Boden und Sindbad eilte zu ihr. Er beugte sich zu ihr berührte sie sanft. „Bist du okay?“ Sie nickte ihm zu und war glücklich und erleichtert, dass er nun bei ihr war. Doch als sie beide zu den Dämonen sahen, mussten sie mit ansehen, wie aus zwei Dämonen ein riesiger wurde. Da standen nicht mehr zwei Dämonen, nein nun verdunkelte ein riesiger Dämon den Tunnel mit seinem Körper. Das Vieh öffnete seinen riesigen Schlund und feuerte mit Nadeln auf Jeanne und Sindbad los. Doch die Beiden waren ein gutes Team. Sindbad dachte gar nicht lange nach, zog sich den Umhang aus, stellte sich vor Jeanne und beschütze sie somit. Die Nadeln trafen seinen Mantel und sie Beide blieben unversehrt. Doch man konnte Sindbad ansehen, dass das nicht so leicht war, wie es vielleicht aussah. „Los, lauf weg, schnell.“ Er musste sie doch beschützen. Das hatte er ihr versprochen. Jeanne schluckte und sah ihn an. Wieder Mal rettete er sie, auch wenn sie ihn nicht dabei haben wollte. „Sindbad“, sagte sie mit leiser Stimme. „Ach, Jeanne“, erwiderte Sindbad seufzend. Seine Augen sahen sie bittend an. Er wollte sie doch nicht verlieren. Er brauchte diese Frau noch eine Weile, eine unbestimmte Weile. Er liebte sie und konnte einfach nicht mit ansehen, wie ihr etwas passierte. Sindbad schaute um sich und bemerkte, wie der Dämon nun auf sie beide zustampfte. Er packte Jeanne und eilte mit ihr hinter eine Säule, die den Tunnel in der Mitte stützten und die beiden Fahrspuren voneinander trennten. „Es ist ganz genauso wie damals…“ hörte man eine dunkle Stimme sprechen. Doch sie sprach so voller Überraschung. Es war Noyn, welcher ebenfalls hintere hinter einem Betonpfosten stand. Er blickte zu Boden, denn er konnte den Anblick von Jeanne und Sindbad in diesem Moment nicht ertragen. Er hatte plötzlich ein Bild aus seiner Vergangenheit vor sich. Eine Erinnerung, von der er gehofft hatte, dass er sie vergessen würde. Er wollte sich an all diese Bilder nicht mehr erinnern. Zu schmerzhaft waren sie einfach. Flammen brodelten um sie herum. Schreie drangen von überall her. Tote Menschen lagen auf dem Boden, gestorben durch einen Krieg, der so viele Opfer kostete. „Jeanne d’ Arc, mach dir um mich keine Sorgen und flieh.“ Überall war Feuer. Es war heiß und stickig und dennoch wusste er, was er zu tun hatte. Er musste Sie beschützen, komme da, was wolle. Noyn öffnete seine Augen wieder und schüttelte den Kopf. „Nein!“, sagte er zu sich selber. „Das hier ist ganz anders. Sie ist nicht meine geliebte Jeanne d’ Arc. Niemals.“ Und Noyn verschwand im Nichts. Die Beiden blieben nicht lange geschützt. Der Dämon fand sie und warf mit großen Gesteinsbrocken nach ihnen. Jeanne und Sindbad mussten sich aufteilen, damit der Dämon es nicht so einfach hatte. Und immer wieder spuckte der Dämon mit den spitzen und tödlichen Nadeln. Jeanne blickte sich um, als sie ein Wimmern hörte. Sie entdeckte Lucy, die neben ihren Eltern kniete und versuchte diese wach zu rütteln. „Mama!“ Sie rüttelte am Arm ihrer Mutter, doch ihre Mutter regte sich nicht. Dann rutschte Lucy zu ihrem Vater und rüttelte auch an dessen Körper. „Papa, wacht auf“, bat sie mit schluchzender Stimme. Sindbad stieß Marron zur Seite, als er merkte, dass sie unachtsam war und ein Angriff auf sie losgehen sollte. „Jeanne…“ Sindbad wurde nun an ihrer Stelle von den Nadeln getroffen. Sie blickte ihn entsetzt an und seufzte. Warum, wollte sie ihn fragen? Doch sie erkannte seinen glücklichen Blick, als er erkannte, dass sie wohl auf war. Sie nickte nur, schnappte sich Sindbad und zog ihn zu einen der Säulen und setzte ihn dort ab. „Bitte, lass mich das nun machen.“ Noch bevor er ihr widersprechen konnte, war sie schon wieder aufgesprungen. „Nein! Lucy!“, schrie Jeanne, als sie entdeckte, dass der Dämon nun auch Lucy entdeckte hatte und auf sie zueilte. Er holte mit seiner linken Pranke aus und schleuderte Lucy gegen die Wand des Tunnels. Hart schlug das Mädchen auf und sackte zu Boden. „Oh Gott, Lucy!“, schrie Jeanne entsetzt. Die Blonde zückte schnell ihr rotes Band und machte sich zum Angriff gegen ihren Gegner bereit. „Im Namen des Herren“, fing sie an. Eine himmlische Musik umfing sie und begleitete sie. Es klang so, als würden Engel für sie singen. Als würden die Stimmen und die Klänge, die sie machten, Jeanne mehr Kraft geben. „Fange ich die Ausgeburten der Finsternis und mache sie unschädlich.“ Damit schleuderte sie ihr Band auf den Dämon zu und fesselte ihn. „Wenn du das Schach Matt setzt, sterben vielleicht Lucys Eltern, willst du das wirklich?“, hörte sie die Stimme von Noyn im Hintergrund. Doch Jeanne versuchte die Stimme zu verdrängen. Sie glaubte an sich und sie glaubte, dass Gott ihr wieder helfen würde. Er würde nicht zulassen, dass Lucy ihre Eltern verlieren sollte. „Schach und Matt!“, schrie Jeanne. Der Dämon schrie auf, doch schon bald war der Kampf vorbei. Zwei weiße Schachfiguren in Form des Springers landeten auf dem Boden. Sindbad kam hinter der Säule hervor und drückte Jeanne an sich. Er war so glücklich zu sehen, dass sie wohl auf war, dass sie gewonnen hatte, dass es ihr gut ging. Jeanne blickte zu Lucy und löste sich aus seiner Umarmung. Nun wachten auch Lucys Eltern wieder auf, nun, wo der Dämon tot war. „Papa, Mama“, hörte man die überraschte Stimme von Lucy Depatieu. „Ach, Lucy“, Lucys Mutter war anscheinend wieder normal, zumindest wirkte sie wieder so. „Ach, mein Kind“, Lucys Vater drückte seine Tochter an sich. Auch er war wieder befreit. „Ich bin so froh, dass sie noch leben.“ Sindbad lächelte sie an und drückte Jeanne wieder an sich. „Geht’s dir gut?“, fragte Jeanne ihn, schließlich wurde er getroffen. Sindbad lächelte und streichelte ihr über die Wange. „Ich bin nur froh, dass es dir gut geht, mein Engel.“ „Komm, lass uns nach hause gehen. Ich will mir deine Wunden anschauen.“ „Ich mag es, wenn du sagst, dass wir nach Hause gehen.“ Jeanne lächelte und nahm Sindbads Hand. Ja, sie war wirklich froh, dass ihm nichts Schlimmeres passiert war. Sie hätte es sich nicht verziehen, das wusste sie. „Ich war so nah dran. Nur weil du dich wieder einmischen musstest, hatte Jeanne meine Attacke schadlos überstanden“, meinte Silar meckernd. Er und Noyn sahen gerade von oben auf den Tunnel herab. Sie beobachten die Polizisten, die nun helfen wollten. „Jeanne…“, meinte Noyn nur. Er war viel zu sehr in seinen eigenen Gedanken vertieft, um irgendetwas um sich herum mitzubekommen. „Marron.“ „Die Königin wird erscheinen“, hörten beide nun eine fremde Stimme. Sie drehten sich erschrocken um und sahen in das Gesicht eines kleinen Engels mit schwarzen Flügeln. Die Haare waren schwarz, so wie auch die Augen und die Kleidung. Dieser Engel hatte nichts mit den himmlischen Engeln gemeinsam. Er wirkte eher wie ein gefallener. „Was, die Königin?“, fragte Noyn überrascht. „Aber warum denn schon jetzt?“, fragte nun auch Silar überrascht. Er war ein wenig enttäuscht. „Woher soll ich das wissen“, meinte der Bote pampig und verschwand auch schon wieder im Nichts. „Immer diese Königin“, gab Silar genervt von sich. „Es muss mir noch unbedingt vorher gelingen, Jeanne selber fertig zu machen.“ Es war schon spät und der Mond schien durch das große Panoramafenster ins Wohnzimmer. Es war ganz still in der Wohnung. Marron hörte nun nur die automatische Stimme am anderen Ende der Leitung. Dann legte das Telefon wieder auf die Station. Sie blickte auf das Gerät und wusste nicht mehr weiter. Kein Anschluss unter dieser Nummer? Wie konnte das denn sein? Ihre Mutter hatte sie doch noch vor kurzem von genau dieser Telefonnummer aus angerufen. Sie drehte sich um und zuckte zusammen. Chiaki stand hinter hier und hatte sie anscheinend beobachtet. „Chiaki…“, sagte sie leise zu ihm. Doch keiner bewegte sich. Sie blickten sich einfach nur an. Chiaki lächelte nun, trat an sie heran und drückte sie an sich. „Wenn du alle Dämonen unschädlich gemacht hast, wird der Fluch, der auf deinen Eltern liegt, gebrochen. Aber wenn du die Hoffnung aufgibst, dann sind sie verloren“, flüsterte er ihr mit sanfter Stimme zu. Seine Hände streichelten über ihren Rücken. „Also Kopf hoch, Liebes, es wird schon werden.“ Marron nickte und lächelte. Ja, eines Tages, werde ich sie ganz bestimmt retten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)