Der Traum der Eintagsfliege von Nimouluft (ShizumiXKazu!!!!!!!!! DaisukeXYuana?????) ================================================================================ Kapitel 13: Wege ---------------- Kazu Der Anruf hatte mich aus meinen süßen Träumen gerissen. Heraus gerissen aus einer Welt in der alles in Ordnung war. In der ich unbeschwert sein konnte. Ich musste mir über nichts Gedanken machen. Ich musste einfach nur da sein und leben. Ich wurde in eine Welt zurück gerissen in der ich nicht sein wollte. In der ich nicht sein sollte. Wir hatten gerade ein bedeutendes Projekt abgeschlossen und hatten in der Nacht noch lange gefeiert. Bis wir dann endlich erschöpft ins Bett gefallen waren. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, dass etwa schlimmes passiert sein könnte. Ich hatte das Telefon erst überhören wollen. Ich wollte mich wieder an Shizumi kuscheln mich von ihm in die Arme schließen lassen. Von ihm gehalten werden, gestreichelt, geküsst. Bis wir uns zärtlich lieben würden im Morgengrauen. Doch dann war ich ans Telefon gegangen. Hatte mich durch die Schatten der Nacht getastet. Es war ein Schock gewesen. Ich hatte aufgelegt und hatte nicht gewusst, wie ich es bitte schön Shizumi sagen sollte. Aber ich war ans Telefon gegangen, und so musste ich es nun meinem Geliebten sagen. War vielleicht auch besser so, wenn ich es ihm sagte. Als wenn es jemand sagte, der vollkommen ihm fremd war. Doch erst konnte ich mich nicht rühren. Ich hatte das Gefühl, für immer dort stehen bleiben zu müssen. Und niemals wieder irgendwo hin gehen zu können. Doch dann schaffte ich es mich zu bewegen, und ich ging langsam zu unserem Futon. Ich ließ mich neben ihm nieder. „Shizu...“, hauchte ich leise. Er regte sich langsam. Er brauchte immer eine Weile bis er erwachte. Es schien als wolle er nicht von seinen von seinem Traum trennen. „Liebling...“, flüsterte ich mit zitternder Stimme. Ich spürte die Unsicherheit in mir. Konnte ich es tun. Konnte ich es ihm wirklich sagen. Für ihn würde eine Welt zusammen brechen. Er hatte seinen kleinen Bruder schützen wollen. Immer schützen wollen. Und jetzt musste er erfahren, dass er es nicht gekonnt hatte. Shizu öffnete die Augen und sah mich an. Er ahnte dass etwas passiert sein musste, etwas sehr schlimmes passiert sein musste. Er hatte es an meiner Stimme gehört. Er sah es jetzt in meinen Augen. Ich konnte solche Dinge nicht verstecken. „Hm...“, fragte er leise immer noch nicht ganz wach. „Yuchan....“, begann ich. Ich suchte nach den richtigen Worten. Nach Worten, die die Wahrheit nicht ganz so schmerzvoll machten. Aber es gab keine solchen Worte. Und so musste ich es ihm einfach sagen, so wie es der Arzt mir gesagt hatte. „Was ist mit Yu....“, fragte mein Freund. „Er ist im Krankenhaus und....“ Ich begann zu weinen. Shizumi zog mich fest in seine Arme. Ich konnte es einfach nicht. Ich konnte es verdammt noch mal nicht sagen. Doch er hatte es auch so verstanden. Eine Woche... es war eine verdammte Woche vergangen. Eine Woche die mich an meine Grenzen gebracht hatte. Die mich an den Rand der Erschöpfung, der totalen Kapitulation gebracht hatte. Jeden Tag waren wir im Krankenhaus gewesen. Jeden Tag hatte ich stark sein müssen. Jeden Tag hatte ich mein Lächeln aufgesetzt. Hatte ich gesagt, es würde alles wieder gut werden. Dass wir es zusammen schaffen würden. Ich musste Shizumi stützen. Für uns beide Stark sein auch wenn ich mich dazu nicht in der Lage fühlte. Ich nahm ihn abends immer in den Arm. War immer für ihn da, wenn er mich brauchte. Ließ mich von ihm lieben, jede Nacht. Spürte wie verzweifelt er dabei war. Er war nicht besonders zärtlich, nicht so liebevoll, wie er sonst war. Er brauchte mich einfach. Brauchte einfach diese Nähe und die war ich bereit ihm zu geben. Ich wollte ihm alles geben was er brauchte. Ich streichelte ihn, wenn er danach weinte. Trocknete seine Tränen und ließ meinen erst wieder freien Lauf, wenn ich sicher war, dass mein Liebster schlief. Tief versunken war in den dunklen Wogen des traurigen Schlafes. Shizumi saß im Regen und ich konnte ihm nicht helfen. Ich konnte nicht an ihn ran kommen wie ich es gemusst hätte. Egal was ich getan hatte. Er war mir entglitten. Jeden Tag war er ein mir ein wenig mehr entglitten. Er war auf einmal wieder so weit weg, als wäre er erneut gegangen. Weit weit weggegangen. Und ich konnte ihm dorthin nicht folgen. Ich blickte wieder auf das Bett in dem Yuanas Körper lag. Der Körper, der sich vielleicht nie wieder von selber regen würde. Der Körper, dessen Geist vielleicht schon ganz woanders weilte. Weit weit fort von hier. An einem Ort an dem es hoffentlich keine Schmerzen gab. Niemandem der ihm weh tun würde. An einem Ort, an dem man zu vergessen schien. In dem man die Existenz des eigenen Körpers vergaß, weil man diesen nicht mehr brauchte. Eine Welt, in der man die sterbliche Hülle ablegte. In der darauf gewartet wurde, dass sich auch der Körper, der sich mit allen Fasern des Seins an das Leben klammerte, langsam und behutsam löste. Bis er den Geist schließlich gehen ließ. Wenn dem so war, dann gab es keine Hoffnung mehr für uns. „Ach Yu....“, hauchte ich leise. „Wo bist du nur?“, fragte ich ihn. Ich strich ihm durch die Haare und hoffte er würde bald wieder aufwachen. „Willst du nicht noch ein wenig hier bei uns sein? Bleib noch ein wenig hier. Komm bitte wieder zurück. Wir brauchen dich.“ Damit ich endlich wieder glücklich sein konnte, musste er erwachen. Alles würde ich durchstehen können, wenn er erwachte. Wenn ich nicht vergebens gehofft, und gebetet hatte. Egal was passierte wenn er erwachte. Aber er musste erwachen. Das war mein einziger Wunsch. Der Regen prasselte gegen die Scheiben und ließ das Bild vor meinen Augen verschwimmen. Nein, es war nicht der Regen draußen. Es waren die Tränen, die ich nicht mehr zurückhalten konnte. Wieder einmal mehr nicht zurückhalten konnte, wenn ich alleine war. Ich hatte von der Polizei, als diese fertig damit war, die Kleidung von Yuana bekommen. Ich hatte das Blut nicht heraus bekommen. Ich hatte es nicht geschafft. Ich hatte mich auch nicht überhwinden können die Risse zu nähen und somit die Kleidung wieder heile zu machen. Ich hatte auch einen Kasten mit den Dingen bekommen, die Yuana bei sich gehabt hatte. Es war Schmuck dort drin gewesen. Wunderschöner Schmuck. Auch sein Schwert war dabei gewesen. Er würde alles zurück erhalten, wenn er erwachte und es ihm dann etwas besser ging. Wenn er es nicht tun würde.... Ich schüttelte meinen Kopf unwillig, an so etwas sollte ich nicht denken. Jetzt musste positiv denken. Ich durfte mich nicht meiner eigenen letzten verbliebenen Kraft berauben. Ich ging zu Yuana, zog die Decke zurecht und strich ihm noch ein letztes Mal über die Wange, ehe ich den Raum verließ. Ich konnte nichts für Yuana tun. Das war etwas, dass musste Yuana selber schaffen. Diesen Weg musste er selber gehen. Und wir würden hier sein um auf ihn zu warten. Wir würden alle hier sein, um auf Yu zu warten. Aber es gab Wege im Leben, die musste man selber bestreiten. Die steinigen Pfade musste man alleine und ohne Hilfe schaffen. Ich musste mich nun um Shizu kümmern. Er war total am Ende. Er machte sich so große Vorwürfe. Und ich konnte nichts gegen seine Vorwürfe sagen. Er sagte immer wieder, es sei seine Schuld gewesen. Er sei nicht da gewesen um auf ihn Acht zu geben. Aber wie hätte er das tun können? Yuana hatte nie etwa erzählt. Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Er war nicht da gewesen. Und so konnte ich nichts sagen. Es zählte für ihn nicht, dass er nichts gewusst hatte. Dass er nicht gespürt hatte, wie nahe diese Menschen Yuana gewesen waren. In welcher Gefahr sein kleiner Bruder gewesen war. Für ihn zählte nur, er war nicht da gewesen. „Wir kommen bald wieder Yu...“, hauchte ich leise. Dann verließ ich das unfreundliche Zimmer. Ich ging zur Eingangshalle und wollte das Gebäude verlassen. Shizumi brauchte mich jetzt auch. Er stand im Regen, vielleicht um seine Tränen zu verstecken. Er hatte es nicht ausgehalten im Zimmer zu sein. Er hatte es nicht ausgehalten seinen Bruder so zu sehen. Zu sehen wie dieser hatte leiden müssen. Seine Wunden würden verheilen. Aber Narben würden bleiben. Narben die uns alle immer an diese Zeit erinnern würden. Ich ging durch die Eingangshalle und knöpfte meinen Mantel zu. Ich war schon fast draußen doch dann sah ich eine Gestalt, die ich kannte. Es war Yoshiko. Sie lächelte mich schüchtern an. Ich schaffte es einfach nicht zu lächeln. Auch wenn ich Yoshiko sehr mochte. Ich wollte zumindest zu ihr gehen und kurz mit ihr reden. Fragen wie es Daisuke ging. Und so ging ich zu ihr hin. Sie sah mich an. „Wie geht es Daisuke?“, fragte ich sie. Sie zuckte mit den Schultern. „Ich denke körperlich geht es ihr besser. Aber... der Psychologe sagt, er leidet zu sehr unter dem Zustand seines Liebsten. So sehr, dass er nicht Gesund werden kann, wenn dieser es auch nicht wird.“ sie seufzte und sah sich um. „Mein Mann will mit euch sprechen. Er wird gleich hier sein.“ Ich nickte. Doch ich spürte, dass sie nervös war. Als müsste sie mir etwas sagen, was sie gleich nicht mehr können würde. „Ich weiß es ist jetzt ein unpassender Moment. Kazu... aber wir werden keine Gelegenheit mehr haben darüber zu sprechen.“ Yoshiko sprach in Rätseln. „Wenn Yuana eine Frau wäre würde er jetzt Daisukes Kind unter seinem Herzen tragen.“ Ich sah sie verwirrt an. Dann begriff ich es. Sie hatten miteinander geschlafen. Yuana hatte sich einem Mann hingegeben. Und das aus freien Stücken. Weil er es gewollt hatte. Dennoch war die Formulierung eine sehr seltsame. Warum sagte sie nicht einfach, dass die beiden miteinander geschlafen hatten. „Genau das was ich dir sage. Es war doch ihre Hochzeitsnacht.“ Ich sah sie verblüfft an. „Daisuke wollte ihn heiraten. Und er hat Yuana gefragt und dieser wollte auch. Und so haben sie es auf ihre Weise getan, ganz still und leise. Niemand konnte ahnen, dass so etwas passieren würde.“ Zumindest wusste ich jetzt, zu welchem Anlass er die Kleidung getragen hatte und den Schmuck. Er musste von Yoshiko sein. „Ist es dein Schmuck?“, fragte ich. Doch sie schüttelte den Kopf. „Es ist nun Yuanas Schmuck.“ Sie gab mir etwas in die Hand. „Es gehört Yuana. Erzähl ihm was man darauf sehen kann. Es gehört ihm.“ Ich wusste nicht was sie damit meinte. „Warum gibst du mir dass, Dai wird doch bei Yu...“ „Mein Mann will....“, sie hatte mich unterbrochen, doch jetzt verstummte sie. Ich wollte fragen was denn sei, als ein Mann zu uns trat. Es war Daisukes Vater. Er sah sehr erschöpft aus. „Was hat der Arzt noch gesagt?“, fragte Yoshiko ihren Mann. „Wieder nur, dass Daisuke wohl nicht weiter genesen wird, so lange er den Schock nicht verarbeitet hat. Er musste mitlerleben wie ein Mensch in seinen Armen gestorben ist. Das alleine würde schon schwer genug werden, aber dass Yuana nun immer noch zwischen Leben und Tod schwebt, das bringt ihn fast um den Verstand. Er kann sich nicht auf seine eigene Heilung konzentrieren, so lange er immer noch hoffen und bangen muss.“ „Aber vielleicht...“, ich wollte etwas sagen. Wollte ihm sagen, dass es Dai besser gehen würde, wenn er merken würde, dass es Yuana besser gehen würde. Ich hoffte so sehr, dass Yuana erwachen würde. Nein ich war mir ganz sicher, dass er erwachen würde. Aber das konnte ich hier nicht sagen. Ich konnte nicht einfach sagen, Yuana würde erwachen. „Ja ja ja!! Vielleicht! Vielleicht! Vielleicht!“, keifte Daisukes Vater ganz unerwartet. Seine ganze Wut, Verzweiflung richtete sich nun gegen mich. Ich zuckte zusammen. Ich war nicht auf die Heftigkeit dieses Ausbruches gefasst gewesen. Ich trat unwillkürlich einen Schritt zurück. „Und was ist wenn nicht? Wenn er nicht wieder aufwacht?“, fragte Daisukes Vater mich böse. „Mein Sohn wird nicht noch mehr Zeit damit verschwenden an dem Bett eines Todgeweihten zu sitzen! Damit sein Leben zu vergeuden. Er macht keine Nennenswerten Fortschritte mehr! Beide machen es nicht. Und so ist es an der Zeit, dass man sie trennt.“ Ich fühlte mich von diesem Mann an die Wand gedrängt. Ich fühlte mich ihm gegenüber so machtlos. „Ich kann damit leben, dass er schwul ist! Aber nicht damit, das er sein Leben auf diese Weise wegschmeißt, damit will ich auch gar nicht leben!“, keifte er. Wie konnte er nur so über Yuana reden. Yuana hatte seinen Sohn so glücklich gemacht. Die beiden hatten einander sehr glücklich gemacht. Und jetzt sollte Dai ihn verlassen? „Und was wollen Sie tun?“, fragte ich nun ebenfalls böse. „Sie können die beiden nicht auseinander reißen!“,fauchte ich. Und ich war entschlossen, dagegen anzugehen. „Ach nein? Aber zusehen wie mein einziger Sohn vor sich hin vegetiert.... und nichts mehr tut? Nein, das werde ich ganz sicherlich nicht. Nun, ich will mich auch nicht mit Ihnen streiten. Sie haben ebenfalls eine schwere Zeit vor und hinter sich, das weiß ich.“ Er war jetzt wieder ganz der Geschäftsmann. „Und deshalb bitte ich sie einfach meinen Anordnungen zu folgen. Es soll nicht ihr Schaden sein. Ich komme für alle Kosten auf, lassen sie Yuana verlegen und alles weitere werde ich klären. Ich will nicht, dass Daisuke hier sein Leben weiter so dahin fristet. Er muss wieder gesund werden.“ „Aber er wird nie aufhören zu hoffen!“, sagte ich leise. Fassungslos über das, was der Mann mir das gerade vorgeschlagen hatte. Dieser Mann konnte doch keine Ahnung von Liebe haben. Auf einmal spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. Es war Shizumi, der hinzu gekommen war. Er sah mich an und lächelte traurig. Ich wusste da, es lag nicht mehr in meiner Hand. Ich konnte nichts dagegen tun. Daisuke würde Yuana wohl nie wieder sehen. Wie sollte Yuana jemals wieder aufwachen, wenn Dai nicht mehr da war. Was sollte ihn dann dazu bringen, aufzuwachen? Ich hätte sie alle am liebsten angeschrien, wie bitte schön sollten die beiden Gesund werden wenn man sie von einander trennte. „Wir werden Ihnen diesen Gefallen tun. Es ist Daisuke wirklich nicht fair gegenüber. Wir werden Yuana verlegen lassen. Und alles weitere müssen sie selber Regeln.“ Ich sah wie auch Yoshiko sich verkrampfte. Es tat ihr genau so weh wie mir. Und ich wusste, es würde für sie eine nicht endende Qual sein, wenn sie Daisuke würde anlügen müssen. Wenn sie Yuana einfach so hier lassen musste. Sie hatte ihn doch auch tief in ihr Herz eingeschlossen. „Ich hoffe, dass wir uns nicht noch einmal begegnen werden.“, Shizumi sagte es alles so ruhig und geschäftmäßig als ginge es um einen Vertrag. „Ziehen sie von hier weg. Daisuke und Yuana werden einander nie wieder sehen. Niemals wieder. Streichen sie Yuana aus Daisukes Leben. Es ist schwer einen geliebten Menschen aus dem eigenen Leben zu streichen, aber es ist möglich.“ Die beiden Männer sahen sich an, und verstanden sich. Verstanden eine Wahrheit, die ich nicht wahr haben wollte. Und deshalb verstand ich diese Blicke auch nicht. Mit diesen Worten, diesem Blick zog Shizumi mich mit. Ich war viel zu überrumpelt um irgendwas zu sagen. Ich stolperte hinter ihm her. Wie konnte Shizumi nur so was sagen? Als wir draußen waren riss ich mich los und schrie ihn an. „Sag mal spinnst du eigentlich? Wir können das Dai nicht antun, das können wir Yuana nicht antun!“ Ich sah in die müden Augen von meinem Liebsten, die Wut war sofort wieder verflogen. Ich sah in seine Augen, tief, tief in ihn hinein. In ein blutendes Herz, ein Herz das nach einem Ausweg schrie, obwohl es wusste, dass es keinen Ausweg geben würde. Ich trat auf ihn zu und presste mich an ihn. Ich küsste ihn auf die Lippen und er hielt mich fest an sich gedrückt. Ich spürte, dass er für einen Moment die Fassung verlor, sich aber dann doch wieder zusammenriss. „Was können wir ihm nicht antun?“, fragte er mich leise. „Dass er kaputt geht? Mit jedem Tag, den er dort weiter wachen würde, würde er mehr und mehr kaputt gehen. Wenn Yuana nicht aufwacht, sondern stirbt. Nicht heute, nicht morgen, aber vielleicht in ein paar Monaten. Dann ist seine Verzweiflung noch viel größer. Ich bin der Meinung, er soll Yuana nicht dabei zu sehen wie dieser langsam stirbt und glaub mir er würde sterben.“ Ich sah Shizumi an. „Wie meinst du das, Yu würde sterben? Wer sagt so etwas? Ich glaube, er wird erwachen! Ich kann es dir nicht genau sagen, aber...“ Shizumi schüttelte den Kopf. „Kazu.. Egal wie erfolgreich wir beide sind, wie viel Geld wir haben werden, wie viel Gewicht wir in der Modeszene bekommen werden und jetzt schon haben, Daisukes Vater hat mehr Macht in der Hand als wir beide und er würde andere Mittel und Wege finden um... um... um Yuana entschlafen zu lassen. Und das sehr bald. Es würde ganz langsam gehen. Schritt für Schritt, aber unaufhaltsam.“ Ich sah ihn an. „Er würde das nie...“, Shizumi sah mich an. „Ich will es nicht herausfinden, ob er es wirklich tun würde. Aber ich habe in seine Augen gesehen Kazu. Und ich will nicht, dass Yuana durch einen kleinen dummen Unfall doch noch stirbt. Stell dir vor, er würde über ein paar Wochen hinweg ein Medikament bekommen, was ihn langsam vergiften würde. Daisukes Vater ist verzweifelt. Verzweiflung bringt Menschen dazu Dinge zu tun, die man vielleicht nachher ewig bereuen wird. Aber man wird sie tun. Und ich will nicht um Yuana trauern müssen.“ Ich nickte und verstand Shizumi. Die Drohung von Daisukes Vater war vielleicht unausgesprochen, dennoch war sie da. „Und jetzt?“, fragte ich meinen Schatz und presste mich an ihn. „Jetzt lassen wir Yu verlegen und werden dann gehen. Wir werden wohl auch keinen Kontakt mehr zu Daisuke haben dürfen und deshalb...“, er sah mich an. „Müssen wir jetzt alle Kraft zusammen nehmen, damit wir auf den Tag gefasst sind an dem Yuana aufwachen wird.“, sagte mein Schatz. Ich nickte. Auf einmal hatte es sich gewandelt. Ich hatte keine Kraft mehr. Eben war sie aufgebraucht worden. Ich konnte nicht mehr kämpfen. Jetzt musste Shizumi mich stützen. „Du hast recht. Darauf müssen wir vorbereitet sein. Es wird keine Worte geben, für das, was er empfinden wird.“ Daisuke würde wieder gesund werden. Zumindest sein Körper würde geheilt werden. Aber seine Seele? Doch damit hatte ich nichts mehr zu tun. Ich musste mich entscheiden. Und ich hatte mich für meine Lieben entschieden. Für meinen Liebsten. Nun hatte ich mich endgültig für Shizumi entschieden. Wir gingen langsam durch den Regen, wieder auf die Tür der Eingangshalle zu. Wir würden das mit der Verlegung jetzt beantragen müssen. „Wir sollten vielleicht nach Wohnungen Ausschau halten, die auch Behinderten gerecht sind. Ich meine, wer weiß wie es Yu gehen wird wenn er aufwacht.“ Ich nickte. „Hai, du hast recht. Wir müssen jetzt alles für Yuana tun. Alles was wir tun können.“ two months later Ich hatte es zwei Monate lang geschafft nicht zu dem Haus von Dais Familie zu gehen. Aber ich hatte immer ein schlechtes Gewissen gehabt. Einen geliebten Menschen aus dem Gedächtnis eines Menschen zu streichen war schwer. Eigentlich unmöglich. Ich hatte immer wieder an Shizumi denken müssen. An den Schmerz. Ich hatte ihn nie vergessen können. Mein Leben hatte ich ohne ihn lange nicht erfüllen können. Erst als Daisuke in mein Leben getreten war. Aber davor war es leer gewesen. Davor hatte ich in der Vergangenheit gelebt. Immer wieder an unsere wunderschöne Zeit gedacht. ABER ich wollte Daisuke nicht im Dunkeln lassen. Ich wollte ihn nicht so weiter leben lassen. Heute wollte ich dort hin gehen. Ich war fest entschlossen. Ich wusste zwar nicht, was Daisuke erzählt worden war. Aber ich musste ihn sehen. Ich war mir nicht im Klaren, was ich ihm sagen wollte. Wie ich ihm es sagen sollte. Aber ich wollte ihm sagen, dass Yuana immer noch am leben war. Das dieser auch auf dem Wege der Besserung war und ihn immer lieben würde. Ich kam zu dem Haus und zögerte beim Betreten des Grundstückes. Es hatte sich etwas verändert. Ich konnte erst nicht sagen was, aber bevor mir die Antwort selber einfiel trat eine Frau aus dem Haus und musterte mich neugierig. „Kann ich ihnen helfen?“, fragte sie mich. Ich sah sie einige Momente verwirrt an. Dann nickte ich. „Sie sind neu hier eingezogen, oder?“, fragte ich die Frau. Diese nickte und kam den Weg herunter zum Tor. „Das stimmt, wir wohnen seid zwei Wochen hier.“ Ich nickte. „Können sie mir vielleicht sagen, wo die Familie ist, welche hier vorher gelebt hat?“, fragte ich in der Hoffnung sie hätte vielleicht mit Yoshiko geredet. Gefragt, warum sie dieses Haus verkaufen wollten. Was man halt so besprach. Doch die Frau schüttelte bedauernd den Kopf. „Nein, das kann ich nicht. Wir haben alles über einen Makler geregelt. Und als wir uns das Haus angesehen haben, war alles schon leer. Tut mir Leid. Über die Vorbesitzer weiß ich nichts. Außer das sie Glöckchen in den Bäumen aufgehängt hatten. Mehr Spuren gab es nicht.“ „Das war für die Frau, die hier wohnte.“, sagte ich leise. Ich verabschiedete mich höflich und ging. So würde es also enden. Ich würde Daisuke nie wieder sehen. Ich würde ihm nie sagen können, dass Yuana ihn niemals vergessen würde. Es gab etwas, dass hatte ich Shizumi nicht erzählt. Das musste Yuana selber tun. Ich hatte das Foto gefunden. Es hatte unter seinem Kissen gelegen. Und ich war mir sicher, dass Daisuke es dort herunter gelegt hatte. Es war ein wunderschönes Foto. Ich hatte es zu den zwei Fotos gelegt, die ich von Yoshiko bekommen hatte. Wenn Yuana erwachte, würden diese Fotos ihm gehören, auch wenn er sie nie würde ansehen können. Shizumi Yuana war aufgewacht. Ich war so froh darüber, dass mein kleiner Bruder endlich wieder wach war. Ich war so erleichtert gewesen. Es war ein so überwältigendes Gefühl gewesen. Aber meine Freude war nur von kurzer Dauer. Denn jetzt musste ich mich Dingen stellen, denen ich mich nicht hatte stellen wollen. Das Wesen was erwacht war, war total kaputt gewesen. Er hatte das Vertrauen in die Menschen verloren. Ich merkte es ganz stark. Er ließ sich nicht mehr anfassen. Nicht mehr von Männern. Nicht von mir. Der Einzige der ihn ein wenig berühren durfte, war mein Freund. Ich wusste nicht warum, aber zu diesem hatte er wohl immer eine besondere Bindung gehabt. Es war schlimm gewesen mich seinen Fragen stellen zu müssen. Ich hatte es im Krankenhaus nicht gekonnt. Ich hatte es mich nicht über mich gebracht es ihm zu sagen. Das hatte Kazu getan. Er hatte es ihm alles gesagt. Und Yuana war daran zerbrochen. Bestimmt fragte er sich nun immer und immer wieder warum er überhaupt erwacht war. Ich würde Yuana nie wieder alleine lassen! Das hatte ich mir geschworen. Kazu und ich waren immer bei ihm. Wir ließen ihn nicht mehr aus den Augen aus Angst es könnte ihm noch etwas passieren. Auch wenn Yuana sagte, nun sei er sicher. Nun wo er alles verloren habe. Doch ich hatte nicht nur Angst davor, dass ihm etwas angetan werden könnte. Genau so sehr, fürchtete ich mich davor, dass er selbst Hand an sich legen könnte. Er war so schrecklich teilnahmslos geworden. Er hatte einmal geweint. Er hatte in seinem Zimmer gesessen und geweint. Er hatte ein Bild an die Brust gedrückt und hatte bitterlich geweint. Doch er hatte nicht gewollt, dass ich ihn tröstete. Trotz seiner Teilnahmslosigkeit erholte er sich gut. Er begann bald wieder zu laufen und etwas selbständiger zu werden. Er versuchte wohl so gut es ging gesund zu werden, damit er uns keine Last war. ER war uns nie eine Last. Aber ich wusste, dass Yuana genau so dachte. Und er hatte niemals eine Last sein wollen. Er blieb einen Monat nur in der Wohnung ehe er sich das erste mal wieder nach draußen traute. Es dauerte noch Wochen, bis er sich auch außerhalb der Wohnung einigermaßen zurecht finden konnte. Er hatte seine alte Schule verlassen müssen und ging jetzt zu einer Blindenschule. Dort lernte er langsam worauf es im Leben eines Menschen ankam, der nicht mehr sehen konnte. Er ging nicht gerne dort hin. Aber er schien an nichts mehr Freude zu finden. Ich hatte ihm vorgeschlagen, dass er zu einem Psychologen gehen sollte und für ihn einen Termin gemacht. Er war dort hingegangen. Er ging dort brav zwei mal die Woche hin. Ich wusste nicht, was er dort tat. Aber sehr ergiebig schien es nicht zu sein. Unsere Verwandten aus Frankreich waren gekommen. Sie hatten versucht so gut es ging zu helfen. Doch am Ende waren wir alle alleine. Wie sollten sie es verstehen können, was geschehen war. Wenn ich es selber nicht verstand. Sie gaben mir keine Schuld an der Sache, aber ich gab mir Schuld. Und ich würde mir mein ganzes Leben lang Schuld daran geben. Irgendwann hörte Yuana auf zum Psychologen zu gehen. Er wolle nicht über Daisuke hinweg kommen. Er sprach mit mir nicht über Daisuke, aber ich merkte es. Ich stand auf dem Balkon und sah auf das Treiben auf der Straße herunter. „Über was denkst du nach?“, fragte mich eine Stimme. Ich drehte mich herum. Es war Kazu. Er strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und sah auch herunter auf die Straße. „Ich habe über die Zukunft nachgedacht.“, gab ich zur Antwort. Wir schwiegen eine Weile, ehe Kazu dann das Wort ergriff. „Die Zukunft.“, er lächelte sein seltsames Lächeln. Ein Lächeln, dass keine Freude, aber auch kein Leid ausdrückte. „Vor einem Jahr, dachte ich noch, es wäre alles in Ordnung. Es wäre alles wieder in Ordnung. Ich habe mich an Dais Seite gesehen. Und war glücklich darüber. Ich habe gedacht, es könnte sich nichts mehr ändern. Und ich war endlich bereit das zu akzeptieren. Doch dann bist du wieder von den Toten auferstanden und ich wollte es erst nicht glauben. Und jetzt bist du hier und ich bin bei dir.“ Ich sah ihn fragend an. Was wollte er mir genau damit sagen? „Für Yu, war es vor ein paar Monaten wunderschön. Er hatte einen wunderbaren Mann gefunden, der ihn auf Händen getragen hat. Der ihn genommen hat so wie er war. Dem er sich ohne Angst, oder Scheu hingeben konnte und wollte. Ich weiß nicht wie lange er warten wird, aber ich weiß eines.“ Er griff meine Hand und hielt sie fest. „Er wird darauf warten, dass er seinem Liebsten wieder begegnen wird. Ich weiß es ganz genau. So wie du wieder zu mir gekommen bist. Wie du für mich wieder von den Toten auferstanden bist.... genau so hofft er das Daisuke es für ihn auch tun wird. Und es ist sein gutes Recht. Wenn wir nicht immer hoffen würden, wie sollten wir dann das schaffen, was uns am meisten am Herzen liegt? Yuana hat dich zum Vorbild. Dich und mich. Du solltest ihn dabei unterstützen, wenn er Daisuke jemals wieder sehen sollte. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dich gehen zu lassen. Egal was zwischen uns war. Egal welchen Streit wir hatten. Ich liebe dich. Und so wird es auch immer bleiben.“ Ich drückte seine Hand und nickte. „Ich werde ihn immer unterstützen. Wenn er meine Hilfe braucht werde ich für ihn da sein. Sollte er, was ich nicht denke, noch einmal Daisuke begegnen. Ich werde für ihn da sein.“ Kazu nickte und küsste mich sanft auf die Lippen. Dann flüsterte er leise. „Die Beiden werden sich wieder sehen Shizu... Schließlich sind sie verheiratet.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)