Geständnisse von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 9: Kapitel 9 -------------------- Frohe Ostern!! ^^ ---- -9- „Das ist nicht dein Ernst?!“ „Doch. Und dann haben wir uns wieder geküsst. Ich hab gar keinen Unterschied bemerkt. Eigentlich so, wie bei einem Mädchen, vielleicht mit ein paar Bartstoppeln...“ Ich muss lachen. Das ist aber auch wirklich unglaublich, was Patrick da erlebt hat! Seit knapp zehn Minuten berichtet er mir schon, wie es sich damals bei ihm zugetragen hatte. So wie ich das bis jetzt verstanden habe, war alles reiner Zufall. Patrick kam schon mit schlechter Laune auf den Geburtstag seines besten Freundes, der unbedingt in seinen Achtzehnten hinein feiern wollte. Also so richtig typisch, mit allem drum und dran. Die Feier hat dann in einem Sportheim stattgefunden, mit reichlich Freunden und selbstverständlich auch reichlich Alkohol. Und weil Patrick nicht so wirklich Lust auf Party hatte, fand er die bunten Drinks sehr verlockend. Aber die Dinger haben es ja ganz schön in sich, dass hab ich auch mal merken müssen... aber das ist ne andere Geschichte. Auf jeden Fall wurde Patrick dann immer lockerer und je später es wurde, umso wilder wurden die Gäste. Und was kommt dann? Ja, Flaschendrehen. Egal wie altmodisch, oder abgeschmackt, Flaschendrehen gehört einfach dazu. Patrick hat sich aber nicht hinreißen lassen, er war nur Zuschauer, obwohl ich das ja stark bezweifle. Egal, irgendwann rutscht nämlich auch dieses harmlose Spiel ins Perverse ab. Irgendwer fängt dann immer an mit „Du musst den küssen“ oder „Hose runter!“. Ich selbst hab den Scheiß ja schon oft genug mitgemacht, kennen wir ja alle. Und spätestens wenn sich die ersten Kerle küssen müssen, fallen auch die letzten Hemmungen. Alle die noch nicht zu hacke sind, grölen laut und plötzlich ist es scheißegal, wie peinlich das ist, was man macht. So war es auch auf Patricks Party. Er hat da natürlich keine Ausnahme gebildet und irgendwie hat sich dann eins aus dem anderen ergeben. Am Ende brauchte dann keiner mehr ne Flasche zu drehen, weil jeder freiwillig irgendeinen Quatsch gemacht hat und Patrick da ganz rein zufällig auch mit rein gezogen wurde. Bis zur nächsten ruhigen Ecke - in Patricks Fall, der lustig angemalte VW-Bus seines Partners - war es dann auch nicht mehr weit. Ich muss schon sagen, so was hätte ich ihm gar nicht zugetraut! „Und was kam dann?“ Nein, ich bin gar nicht neugierig! „Das kannst du dir doch denken!“ Ui und schon wieder läuft er rot an. Tja, Pech gehabt, jetzt will ich Details. Ich schüttle also hastig meinen Kopf und schau ihn abwartend an. Aus der Sache kommt er jetzt nicht mehr raus! „Na ja... Kleider aus und... du kennst das doch!“ Ja, aber ich würd‘s gerne hören! „Seid ihr wirklich bis zum Äußersten gegangen?“ Patrick verdreht die Augen. „Was verstehst du denn darunter?“ Boah, jetzt grinst er so frech! Soll ich ihm das mit den Bienchen und Blümchen etwa nochmal erklären? „Das weißt du doch genau!“, behaupte ich und grinse zurück. So leicht lass ich mich nun auch nicht veräppeln. „Also... den ganzen Weg sind wir nicht gegangen... da fehlte uns wohl die nötige Übung, oder auch das Zubehör... ah, über was rede ich nur!“ Patrick reibt sich mit beiden Händen übers Gesicht und seufzt schließlich laut. Ich kann’s ja selbst nicht glauben worüber wir hier reden! Dabei kenne ich Patrick doch noch nicht so lange! „Aber ihr seid schon... ehem... gekommen...?!“ Jetzt ist es mir aber auch ein bisschen peinlich. Über so was rede ich normalerweise nie mit jemanden. Bisher war das nur Thema zwischen Michael und mir, aber da ist es ja auch etwas ganz Normales. Patrick schaut mich vielsagend an und grinst dann wieder. Also das deute ich mal als ein Ja. Wahnsinn! Der hatte doch echt ein One-Night-Stand mit einem anderen Jungen und dabei ist er nicht einmal schwul! Ist er doch nicht, oder? „Bist du jetzt schwul oder hetero?“ „Ich würde sagen... seit dem Erlebnis... ein bisschen von beidem.“ Dabei zuckt er wieder mit den Schultern und zeigt ein schiefes Lächeln. „Also ich meine, ich mag Frauen schon sehr! Aber ich glaub, dass ich einem Mann nicht unbedingt abgeneigt wäre... aber für ne ganze Beziehung? Ich weiß nicht...“ Er lehnt sich wieder weiter zurück und verschränkt die Hände hinter seinem Kopf. Ich dagegen schau ihn immer noch überrascht an. Patrick würde also noch einmal was mit einem Mann anfangen? Ist ja krass! Da haben wir wohl endlich einen Gleichgesinnten gefunden! „Aber jetzt wieder zu dir!“ Och nö! Jetzt, wo es gerade so lustig war. „Die Eltern deines Freundes... Michael, oder? Die können dich nicht leiden, weil sie nicht wollen, dass ihr Sohn mit einem anderen Jungen zusammen ist?“ Das hat er aber schnell raus bekommen, war ja auch nicht weiter schwer! Ich nicke etwas betrübt. Eigentlich hab ich ja keine Lust jetzt dieses Thema anzuschneiden, da verdüstert sich nur wieder meine Stimmung, die Michael vorhin so mühsam wieder aufgebaut hat. „Ja...“, murre ich dann nur leise. „Seit wann wissen sie es denn schon?“ „Seit Samstag. Da, wo wir uns zum ersten Mal getroffen hatten.“ Ja, so lange ist das noch nicht mal her. Aber diese paar Tage kommen mir wie die Ewigkeit vor. Schon verrückt, manchmal vergeht die Zeit wie im Flug und ein anderes Mal zieht sie sich dahin wie ein alter, dreckiger Kaugummi. Auf jeden Fall nervt es mich. Diese Sache mit Michaels Eltern geht mir gehörig gegen den Strich! Ist ja gut und schön, wenn sie eine gewisse Zeit brauchen, um sich an die neue Situation zu gewöhnen. Aber das blöde ist ja, dass sie das anscheinend gar nicht vorhaben! „Ist ja noch nicht all zu lange her...“, meint Patrick dann auch nur. „Kann es nicht sein, dass sie etwas... na ja, überrascht waren? Wahrscheinlich brauchen sie nur ein wenig, um sich dran zu gewöhnen?“ Das will ich ja auch denken. Aber so richtig klappt das nicht. Michael hat ja selbst gesagt, wie toll sein Vater das aufgenommen hatte. „Ich glaub, die haben eher was gegen die Tatsache, dass Michael und ich anders sind.“ „Hm.“ Patrick schaut nachdenklich auf seine Hände. „Haben sie dir das so gesagt?“ „Nicht direkt...“ Nein, so hat es Michaels Vater nicht zu mir gesagt. Dafür hat er mir aber deutlich gemacht, dass ich mich Michael nicht mehr nähern soll. Für den bin ich der Abartige und sein Sohn das unschuldige Lamm. Das sage ich auch Patrick. „Aber dazu gehören doch immer zwei! Glaubt der etwa, du hättest Michael dazu gezwungen?“ Was weiß denn ich? Der glaubt wahrscheinlich sogar, dass ich direkt aus der Hölle gekommen bin oder so einen Mist. Ist mir eigentlich auch egal, was er denkt. Der soll mich nur zu meinem Michael lassen und gut. „Wer weiß, was der denkt!“, meine ich also nur dazu und zucke mit den Schultern. „Aha. Und was ist jetzt? Michael war doch vorhin bei dir, oder?“ „Ja, schon, aber seine Eltern wissen das nicht. Ich glaub das ist auch besser so...“ Irgendwie muss ich grade daran denken, was Michael heute Vormittag zu mir gesagt hat. Sein Vater hatte ihm eine geknallt. Was wird passieren, wenn raus kommt, dass wir uns immer noch treffen? Für mich bedeutet es ja nicht unbedingt eine Gefahr, aber für meinen Freund! Ich will auf keinen Fall, dass sowas nochmal passiert. Schon schlimm genug, dass es überhaupt passiert ist! „Das löst aber noch immer nicht euer Problem...“ „Das weiß ich auch!“, knurre ich leicht. „Hast du etwa eine bessere Idee?“ Patrick atmet tief ein und schaut mich dann nachdenklich an. „Vielleicht solltet ihr wirklich erst einmal etwas Gras über die Sache wachsen lassen, zumindest solange, bis sich sein Vater wieder beruhigt hat. Danach könnt ihr ja noch einmal versuchen mit ihm zu reden.“ Ich zucke nur mit den Schultern. Ich glaube nicht, dass mit Michaels Vater gut reden ist. Wahrscheinlich würde ich nur alles wieder schlimmer machen und der, der dann darunter leiden muss, ist wieder Michael. Nein, das will ich auf keinen Fall riskieren! Patrick scheint auch zu merken, dass ich von seinem Vorschlag nicht so besonders begeistert bin, denn er seufzt nur. „Ich nehme mal an, dass es deine Eltern auch wissen?“ „Das ich mit Michael zusammen bin? Ja!“ „Wie haben die denn reagiert?“ „Eigentlich sehr gut. Mein Papa schaut mich zwar manchmal noch etwas nachdenklich an, aber ansonsten scheinen sie es gut wegzustecken.“ Michael hatte schon Recht: Ich hab wirklich Glück mit meiner Familie. Nicht alle hätten diese Nachricht so selbstverständlich aufgenommen, wie meine Eltern. Wenn ich so drüber nachdenke, dann wäre es mir fast lieber, wenn sie etwas mehr gewütet hätten und dafür Michaels Vater etwas gelassener reagiert hätte. Das würde uns jetzt wirklich einigen Kummer ersparen. Aber ich hab ja schon gemerkt, dass nicht alles immer so läuft, wie ich es gerne hätte. „Na wenigstens etwas!“, lächelt Patrick. „Und sonst? Freunde, Verwandte?“ Sofort muss ich an Dennis denken. Die anderen drei, die es noch wissen, haben es ja ziemlich gut aufgenommen. Olli ist vielleicht noch ein wenig zurückhaltend, aber das wird bestimmt noch besser. Ob ich mich nicht doch mal zusammenreißen und auf Dennis zugehen sollte? Kann ja sein, dass er wirklich nur darauf wartet und sich von selbst nur nicht traut? Ich schüttele leicht meinen Kopf und erzähle dann Patrick grob, was alles vorgefallen ist. Er hört auch geduldig zu und überlegt erst einige Momente, bis er mir seine Meinung dazu sagt. „Na ja. Es wäre wahrscheinlich das Beste, wenn ihr nochmal miteinander redet. Es ist doch egal, wer den ersten Schritt macht, wenigstens weißt du dann woran du bei ihm bist. Ich kann dazu leider auch nicht viel mehr sagen, ich kenne Dennis ja nicht.“ „Hmm...“ Ich glaube, er hat Recht. Michael hat mir doch auch so etwas ähnliches gesagt. „Ich sollte wohl wirklich nochmal mit ihm reden... ich und Michael...“, murmele ich und schaue Patrick etwas zerknirscht an. Warum hab ich nicht gleich auf meinen Freund gehört? „Das wird schon wieder. Er hat doch euer Geheimnis bis jetzt noch nicht ausgeplaudert. Ich glaub nicht, dass er eure Freundschaft nicht mehr will!“ Ein Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht. Was ein paar aufmunternde Worte doch alles bewirken können! Es ist wirklich schön, mal mit jemand anderem über meine Sorgen zu reden und dass Patrick mich auch zu verstehen scheint, macht das Ganze gleich doppelt so angenehm. Und wie wir da so sitzen, merke ich gar nicht, wie schnell die Zeit vergeht. Erst als sich die Haustür öffnet und meine Mutter reinkommt, realisiere ich, dass es schon fast fünf Uhr sein muss. „Oh, Hallo?!“ Meine Mama steht erst mal überrascht im Wohnzimmer und schaut zwischen mir und Patrick hin und her. Verständlich, immerhin kennt sie ihn ja noch gar nicht, was ich aber schnell ändern kann. Nachdem ich Patrick meiner Mutter vorgestellt hab und umgekehrt, verabschiedet sie sich auch gleich wieder, um sich erst einmal etwas frisch zu machen. Patrick grinst mich an. „Ich sollte wohl so langsam wieder gehen...“, meint er vage und schaut mich fragend an. Aber bevor ich antworten kann ruft meine Mutter von oben herunter, ob ich Patrick nicht noch zum Abendessen einladen will. Also zucke ich grinsend mit den Schultern und frage ihn das gleiche nochmal. Patrick ist auch einverstanden und bleibt noch bis auch mein Vater da ist und wir endlich zu Abend essen. *** Ich hab mir den Rat von Michael und Patrick zu Herzen genommen und warte nun in einem kleinen Café auf Dennis und meinen Freund. Nach dem Gespräch am Montag, mit Patrick, hab ich mir selbst einen Ruck gegeben und am nächsten Tag Dennis gefragt, ob er nicht mal mit uns einen Kaffee, Tee oder Kakao trinken gehen will. Das kleine gemütliche Café am Rande der Fußgängerzone unserer Stadt ist genau das richtige dafür, wie ich finde. Natürlich hatte ich Michael vorher eingeweiht und er hat mir versprochen, dass er auch käme, wenn er sich zuhause losreißen kann. Seit seinem Geständnis haben seine Eltern nämlich plötzlich ein besonderes Interesse an allem, was Michael so in seiner Freizeit macht. Aber es ist ja noch etwas Zeit, bis Dennis auftauchen wird. Warum ich schon so früh hier hergekommen bin, weiß ich selbst nicht so genau. Wahrscheinlich hab ich es zu Hause einfach nicht mehr ausgehalten. Ich hab mir echt den ganzen Tag schon den Kopf darüber zerbrochen, was ich ihm sagen soll, damit wir wieder normal miteinander reden können. Denn wenn ich es auch zuerst nicht wahrhaben wollte, macht es mir doch zu schaffen, wie sich unser Verhältnis entwickelt hat. Grübelnd starre ich in meine Tasse Kakao, aus der ich schon längst die Sahne gelöffelt hab. Ich steh auf das Zeug, auch wenn es noch so süß sein mag – man gönnt sich ja sonst nichts. Aber warum ich immer noch ein kleines Päckchen Zucker dazu bekomme, weiß ich auch nicht so wirklich. Die Schokolade allein reicht doch schon völlig, aber nein, immer liegt da noch ein Päckchen Zucker dabei! Hm, über was ich mir so Gedanken machen kann. Schon zehn vor vier. Um vier wollten wir uns hier treffen. Michael wollte eigentlich schon früher da sein, aber wahrscheinlich läuft nicht alles so glatt, wie er es gerne gehabt hätte. Mir reicht es ja, wenn er noch nachkommt, nicht das ich hier alleine mit Dennis sitzen muss, denn ich muss zugeben: Ich hab ein bisschen Bammel. So ein leichtes Kribbeln im Bauch. Und zu allem Überfluss weiß ich noch immer nicht, was ich zu ihm sagen soll! Wahrscheinlich werde ich mal wieder reden, ohne vorher nachzudenken. Normalerweise ist Michael da ganz anders als ich. Der denkt nämlich meistens vorher drüber nach, bevor er so los plappert. Nur bei dem Gespräch mit unseren Freunden ist er mal etwas lauter geworden. Wäre wohl auch keine so gute Idee die beiden allein aufeinander loszulassen?! Aber so wie es aussieht, muss ich die Suppe diesmal allein auslöffeln, denn Dennis kommt gerade durch die Tür und schaut sich suchend um. Ich winke ihm, als er in meine Richtung schaut. „Hallo“ „Hi“ Ich schaue ihm unauffällig zu, wie er seine Jacke über die Stuhllehne hängt und sich dann mir gegenüber hinsetzt. Ich finde die wenigen Sekunden Ruhe jetzt schon quälend, obwohl um uns herum so viel Lärm ist. Lachende Leute, die sich anscheinend viel zu erzählen haben, nur Dennis und ich nicht. Ich seufze. „Was ist?“, will er leicht grinsend wissen. Ich muss spontan auch grinsen. Sein Tonfall hatte gar nichts herablassendes, nichts wütendes oder sonst was negatives. Er wollte einfach nur wissen, warum ich seufze. „Na ja. Ich weiß nicht was ich sagen soll...“, versuche ich ein Gespräch in Gang zu bringen, wobei ich wohl nicht das beste Thema angeschnitten hab. Nicht, dass das jetzt ein Gespräch über Gott und die Welt wird und wir am Schluss noch genauso dumm wie vorher sind. „Kann ich verstehen... wo ist eigentlich Michael?“ „Der wollte eigentlich schon hier sein. Sein Vater wird ihn aber nicht so leicht lassen, nehme ich mal an.“ Dennis schaut mich fragend an, der weiß ja noch gar nicht, was alles vorgefallen ist. Eigentlich weiß das niemand außer Patrick, ich, Michaels Eltern und natürlich Michael selbst. Ich zögere dementsprechend auch einen Augenblick, ob ich mit der Wahrheit rausrücken soll. „Michaels Eltern wollen nicht, dass wir zusammen sind.“, erkläre ich also kurz und warte auf eine Reaktion. Ich kann deutlich sehen, wie Dennis die Zähne zusammen beißt, nur ob das jetzt ein gutes oder schlechtes Zeichen ist, kann ich nicht so richtig einschätzen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)