Geständnisse von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 8: Kapitel 8 -------------------- -8- Hui, gerade eben hab ich Michael verabschiedet. Nach unserem kleinen Abstecher in mein Zimmer ist die Zeit doch etwas schneller verflogen, als wir gedacht haben. Dabei wollte Michael doch nochmal zur Schule. Wegen seinem Vater. Ich hoffe nur, er schafft es noch rechtzeitig, denn wenn meine Uhr nicht ganz falsch geht, dann müsste in etwa fünf Minuten die achte Stunde vorbei sein und somit Schulschluss für heute und von mir aus sind es knapp zehn Minuten zur Schule. Da muss er aber rennen. Na ja, ganz unschuldig bin ich auch nicht. Ich hab ihn ja noch ein bisschen abgelenkt – aber er wollte es ja auch so! Erst als er dann plötzlich aus dem Bett gesprungen ist und sich hektisch angezogen hat, hab ich geschnallt, wie lange wir gebraucht haben. Deshalb steh ich jetzt auch nur in meinen Jeans, die noch offen sind, hier im Ausgang. Nebenbei, die Zeit hat nicht mal gereicht, um mir meine Unterwäsche anzuziehen... Tja, aber wenigstens bin ich jetzt wieder etwas entspannter. So ein bisschen Ablenkung hat doch auch was für sich. Ich muss grinsen. Michael hat es doch glatt geschafft meine trüben Gedanken ein wenig zu zerstreuen. Vielleicht ist doch nicht alles so schlimm, wie ich gedacht habe! Als ich gerade wieder zurück auf mein Zimmer gehen will, klingelt es an der Haustür. Mein erster Gedanke ist, dass Michael etwas vergessen hat und es schnell noch holen will. Dementsprechend hastig laufe ich auch zur Tür und muss doch erst mal stocken, als ich ein anderes Gesicht sehe. „Patrick?“ Was macht der denn hier? Und auch noch ohne Hund? „Hey Benny!...“ Sein Blick gleitet langsam an mir runter und ich merke, wie ich rot werde. Vorhin hab ich nicht mal Zeit gehabt mir den Reißverschluss hochzuziehen, geschweige denn den Knopf zu schließen! Ach du scheiße, solch tiefe Einblicke wollte ich eigentlich niemandem gönnen – außer Michael natürlich. Peinlich berührt drehe ich mich um und ändere das schnell. Mist, mein Pulli liegt natürlich noch oben in meinem Zimmer! „Eh... kannst du hier mal kurz warten?“, piepse ich nur und werfe einen Blick über meine Schulter zurück auf Patrick, der grinsend in der Tür steht und nickt. Na dann. Schnell renne ich die Treppen wieder hoch in mein Zimmer und zerre mir die blöde Jeans von den Beinen. Erst mal was drunter ziehen! Dann die Hose wieder an und zum Schluss noch ein T-Shirt und ein paar Socken. Etwas langsamer und wieder voll begleitet gehe ich dann wieder runter, kann aber nicht verhindern, dass ich schon wieder rot werde. Was muss Patrick nur von mir denken? „Tut mir leid... ich hab grad nicht mit dir gerechnet...“, brumme ich nur undeutlich und biete ihm endlich einen Sitzplatz an. Oh Mann, von Gastfreundlichkeit hab ich wohl auch noch nie was gehört. Die Frage, ob er was zu Trinken will, kommt natürlich gleich danach. Ich bin ehrlich froh, dass er anscheinend durstig ist, denn das gibt mir noch etwas Zeit mich in der Küche zu sammeln. In der Küche verbringe ich, warum auch immer, extra lange Zeit mit dem Suchen nach einem geeigneten Glas. Was zum Geier macht Patrick denn auch hier? Ich meine, wir haben uns ja nett unterhalten, aber dass er mich gleich besuchen kommt? Und... oh Gott! Etwas nervös drehe ich die Wasserflasche auf, als mir klar wird, dass Patrick gesehen haben muss, wie ich Michael verabschiedet hab. Immerhin lagen zwischen Michaels Abschied und Patricks Auftauchen nicht mal zwei Minuten. Wenigstens hab ich Michael nicht vor der Tür geküsst oder so, dafür war einfach keine Zeit mehr gewesen. Aber mein Outfit... Welcher Jugendliche verabschiedet einen Freund mit offener Hose? Okay Benny, ganz ruhig! Ich war halt duschen und... und dann musste Michael schnell heim und ich hatte keine Zeit mehr mich anzuziehen! Ja! Aber warum dusche ich, wenn ich Besuch hab? Und warum sind meine Haare trocken, wenn ich doch nicht einmal Zeit hatte mich richtig anzuziehen? Kacke! Vielleicht fragt Patrick ja auch gar nicht? Und wenn doch? Ich glaub ich werd noch bescheuert! Was soll ich ihm denn sagen? Ja, äh, ich lauf halt öfter mit offener Hose bei mir zu Hause rum, damit auch mal da unten etwas Wind dran kommt?! Der denkt doch ich hab nen Knall! Auf jeden Fall muss mir schleunigst was einfallen, denn wenn Patrick nicht ganz blöd ist, dann braucht der nur eins und eins zusammenzählen und hat die Wahrheit schneller raus, als ich “Piep” sagen kann. Dabei wäre mir das vor ein paar Tagen noch gar nicht so schlimm vorgekommen! Mittlerweile glaube ich aber, dass schon genug Personen von mir und Michael wissen. Wirklich klasse. Fast widerwillig gehe ich mit dem Glas Wasser zurück ins Wohnzimmer, wo Patrick geduldig auf mich wartet. Lächelnd stelle ich ihm das Glas hin und warte, bis er einen ersten Schluck genommen hat. „Und, wie geht’s dir?“, fängt Patrick ein Gespräch an. „Gut und dir?“ Okay, alles noch ganz harmlos. Ich hoffe, dass nicht gleich die peinliche Frage kommt. „Bestens. Ich wollte nur mal schauen, wie es dir geht, nachdem ich dich am Wochenende so niedergeschlagen aufgegabelt hatte. Ich komm hoffentlich nicht ungelegen!“, Patrick grinst frech. Ob er wohl auf meine offene Hose anspielt? Egal, das wird jetzt einfach übergangen, solange er es nicht deutlich sagt. „Nee, schon okay. Ich freu mich dich zu sehen!“, versichere ich ihm und muss dabei nicht mal lügen. Eigentlich bin ich ja froh, dass er mich nicht so einfach vergessen hat. Das ist ja heutzutage auch nicht mehr selbstverständlich. „Dann bin ich ja beruhigt. Ich wusste nicht wie ich dich sonst nochmal wieder treffen konnte. Ich weiß ja nur wo du wohnst!“ Da hat er Recht. Er kennt ja nur meinen Namen und weil er mich nach Hause gebracht hat, weiß er auch wo ich wohne. Es wäre wohl leichter gewesen, wenn wir unsere Handynummern ausgetauscht hätten. Aber an dem Abend war ich mit den Nerven echt fertig. „Hat sich die Sache wieder geregelt?“, will er vorsichtig wissen. „Du musst nicht darüber reden, wenn du nicht willst. Ich hab am Wochenende nur daran denken müssen.“ Das nenn ich mal freundlich. Patrick hat sich anscheinend wirklich ein paar Sorgen gemacht! Das hätte ich jetzt nicht erwartet. Vor allem nicht, da ich ja bestimmt nicht so optimal in seinen Freundeskreis passe. Er ist immerhin schon neunzehn und ich werde erst in ein paar Wochen siebzehn. Obwohl... so ein großer Unterschied ist da ja auch nicht. Wäre schon schön, wenn wir Freunde werden könnten! „Na ja, wirklich verändert hat sich nichts. Sei... ehm... ihre Eltern können mich noch immer nicht leiden...“ Au Backe, da hab ich ja gerade noch mal die Kurve bekommen. Irgendwie ist es ja schon witzig, dass ich aus meinem Michael jetzt plötzlich ein Mädchen mache. Ich merk richtig, wie sich meine Mundwinkel etwas heben. Also wenn ich ihm das erzähle! „Hm...“ Patrick schaut mich nachdenklich an. Hoffentlich hat er nichts gemerkt. Oder er denkt ich hab womöglich Probleme mit der deutschen Grammatik! Oh Mann, was für ein Theater. „Und deine... Freundin hat schon versucht mit ihren Eltern zu reden?“ Moment. Warum hat er denn jetzt diese kleine Pause gemacht? Der weiß es doch nicht? Weiß er es? Oh Gott, er weiß es! Was mach ich denn jetzt? Mein leichtes Grinsen kann ich nur noch schwer aufrecht halten. Jetzt nur nichts anmerken lassen. Ich mach nur aus einer Mücke mal wieder einen Elefanten. Wahrscheinlich musste er nur ungünstig Luft holen... kann doch sein. „Doch doch, hat sie. Aber leider ohne großen Erfolg. Heute sind wir sogar extra früher aus der Schule gegangen, weil ihr Vater sie heute Morgen persönlich abgeliefert hat. Heute Mittag hat er sie wahrscheinlich auch wieder abgeholt!“, plaudere ich einfach drauf los. So lange ich Michaels Namen nicht nenne, kann er mir ja gar nicht auf die Schliche kommen! „Dann habt ihr euch also hier einen schönen Morgen gemacht?!“ „Japp, haben wir!“ Puh... Das hätte jetzt auch in die Hose gehen können. Ah, es ist gar nicht angenehm, wie mir die Hände kribbeln! Warum bin ich nur so nervös? „Und danach ist sie wieder zur Schule?“ „Ja!“, sage ich gedehnt, weil seine Frage auch so komisch rüber kam. Warum schaut er mich denn jetzt so an? Ich kann mich auch irren, aber ich glaub ich hör den Groschen bei ihm fallen. Langsam aber sicher. Ach du scheiße! Und jetzt lehnt er sich auch noch so zufrieden zurück und trink langsam sein Glas leer. Also hier läuft etwas richtig schief! „Wie ist deine Freundin denn so?“ Ehm, ja. „Warum? Willst du sie mir etwa ausspannen?!“, lache ich ziemlich übertrieben. Ich hab da ja ein ganz seltsames Gefühl... „Quatsch! Ich dachte ja nur. Ist doch nichts dabei, oder?“ Eigentlich nicht. Fein, dann beschreibe ich meinen Michael mal, oder eher Michaela. Oh Gott, ich muss schon wieder grinsen! „Also, sie ist ein ganz liebes Mädchen. Sie hat dunkelbraune Locken, nur ein paar. Sie ist sechzehn und hat schöne blaue Augen und wir kennen uns schon ewig!“ Ja, das trifft es so ungefähr. Das Michael etwas größer ist als ich und auch kräftiger gebaut, kann man hier ja mal unter den Tisch fallen lassen. Ein Mädchen mit Muskeln würde wohl nicht so gut ankommen. „Aha, klingt nett!“ Aha, klingt für mich nach einem „Aber“. „Und wer war der Kerl, der vorhin dein Haus verlassen hat?“ Oh ja. Das war direkt. Ich muss erst mal überlegen, was ich darauf sagen soll. Will er mir damit etwa deutlich machen, dass er mein Geheimnis kennt oder ist er einfach nur daran interessiert, wer dieser „Kerl“ war? Aber warum dann dieser abrupte Themenwechsel? „Das war Michael!“, sage ich erst einmal. Vielleicht gibt er sich damit ja schon zufrieden? „Ah, der hatte auch braune Locken, oder?“ Alles klar. Kommt es jetzt blöd, wenn ich mich weiter dumm stelle? Das kann ja gar kein Zufall mehr sein! Ich muss erst mal wieder lange überlegen, was ich darauf sagen soll. Nach etlichen Sekunden bring ich dann ein „Ich glaub schon!“ heraus. Patrick nickt, dann lehnt er sich wieder etwas nach vorne. „Benny, ich weiß ja nicht wie du deine Freunde verabschiedest... aber die offene Hose hat irgendwie ein eindeutiges Bild auf dich geworfen!“ Dann schaut er mich fragend an. Hofft er jetzt etwa, dass ich dafür eine passende Ausrede hab? Wie war das nochmal? Die Dusche oder doch lieber der frische Wind?! Oh je... „Hör mal, ich kann mich ja auch irren. Aber kann es sein, das dieser Michael deine... Freundin ist?“ Ich will heulen! Das kann doch nicht wahr sein. Warum immer ich? Wochenlang bekommt keiner heraus, dass ich einen Freund hab und jetzt scheinen alle den totalen Durchblick zu haben! Okay, eigentlich nur Patrick, aber das reicht ja auch schon. „Ich deute das mal als ein Ja !“ Schweigen ist anscheinend auch ne Antwort. Ich muss schlucken. Findet er das jetzt schlimm? Steht er jetzt gleich auf und geht wieder? „Hey, es wäre schön, wenn du dazu mal was sagen würdest. Kann ja auch sein, dass ich hier völligen Unsinn rede!“, meint er locker und schaut mich auffordernd an. „Wäre es schlimm, wenn du Recht hättest?“ Es kann ja nicht schlecht sein, wenn ich mal vorsichtig anteste, ob er mir gleich den Kopf abreist. Es fällt mir nämlich nicht gerade leicht, Patrick richtig einzuschätzen. Dazu kenn ich ihn einfach noch zu wenig. „Ganz im Ernst. Mir würde es nichts ausmachen!“ Na, das haben ja schon viele behauptet. „Es würde dir also nichts ausmachen, wenn ich mit einem anderen Jungen ins Bett gehe?!“, frage ich provokant. Wenn er jetzt was falsches sagt, dann kann er verschwinden! „Also, was du in deinem Bett mit wem auch immer anstellst, das kann mir ja eigentlich egal sein. Und selbst wenn es mit einem Jungen wäre. Ist ja nicht so, als wäre mir das völlig unbekannt!“ Jetzt muss ich doch mal scharf nachdenken. Hat er sich nur falsch ausgedrückt, oder soll das etwa heißen, dass er auch...? Eh. „Stellen wir mal klar. Du bist mit diesem Michael tatsächlich zusammen?“ Ich nicke fast automatisch. Seine Worte lenken mich noch etwas zu sehr ab. „Alles klar!“ Und schon lehnt er sich wieder entspannt zurück, so als hätten wir hier über ein Auto oder sonst was geredet. Will der mich jetzt verarschen? „Alles klar? Und wieso ist dir das nicht unbekannt?“ Ehrlich, das würde mich jetzt mal interessieren! Patrick lacht leise, dann dreht er sich etwas zu mir um. „Na ja. Ich war ja auch mal jung!“ Soll mir das jetzt alles erklären? Er ist doch erst neunzehn! Er zuckt etwas unbeholfen mit den Schultern, anscheinend ist es ihm doch etwas peinlich. „Also, auf einer Geburtstagsparty von einem Freund... da ist es mir halt mal passiert...“ Er schaut mich grinsend an und ich seh deutlich, dass sich auf seinen Wangen ein leichter Rotschimmer gebildet hat. Mein Gott! Patrick hatte mal was mit einem Jungen? Ich dachte er würde nur auf Frauen stehen. „Du... Echt?!“ Ich muss kräftig nach Luft schnappen. Irgendwie bin ich gerade ziemlich überrascht, gleichzeitig aber auch irgendwie froh. Heißt das jetzt, dass ich jemanden kenne, der fast so ist wie ich? „Bevor du hier noch umkippst...“, lacht er und kratzt sich verlegen am Kopf. „Ich war damals schon etwas angeheitert...“ Egal! Mir vollkommen egal! Patrick findet es nicht schlimm. Noch besser, er weiß wie es mit einem anderen Mann ist. Vor Freude und Erleichterung muss ich glatt anfangen zu lachen. Oh Mann, ich merk richtig, wie mir der Stein vom Herzen fällt. Wenn ich das alles Michael erzähle! Der wird vielleicht Augen machen! Aber zuerst muss ich mehr über Patrick und diese Geburtstagsfeier erfahren! „Erzähl!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)