13 Götter von Sitamun ================================================================================ Kapitel 11: Der anmutige Assassine ---------------------------------- Das sterbliche Leben ist im Grunde nicht großartig anders als das einer Blume. Und mag sie noch die Schönste unter allen sein, die Unglaublichste, die Stärkste, die am meisten Bezaubernde oder die Größte, es macht doch keinen Unterschied. Sie wird wachsen; weit und hoch in den Himmel hinaus, als würde sie eine etwas erreichen wollen, was niemand zuvor vor ihr geschafft hat. Dann, wenn die Zeit reif ist und die Sonne ihr genug von ihrem strahlendem Licht geschenkt hat, wird sie langsam und gemächlich in den wohl ansehnlichsten Farben erblühen, als wäre auch dies ein Wettbewerb, den es zu gewinnen galt, damit kein anderer vor ihr der erste werde und allein ihr all der Ruhm gebührt, den sie sich wohl reichlich verdient hat. Wenn sie denn blüht, vergeht die Zeit am langsamsten und gleichsam auch am schnellsten. Kein Anfang und kein Ende in Sicht und umso überraschter ist dann die unausweichliche Tatsache, dass das Licht der Sonne hinter dunklen Wolken verschwindet und es kalt wird. Die hellen Farben, deren Glanz einen Moment zuvor noch jedermann in ihren Bann zogen, fangen an zu verblassen, werden dunkel und vertrocknen bis es unausstehlich wird, sie anzublicken. Ihre kräftige Statur wird sich zu Boden neigen und all die großen Pläne, die sie hatte, werden mit ihr im Nichts verschwinden und nichts bleibt übrig. Nichts. Wie ich es bereits sagte: Das Leben ist nicht anders. Doch manchmal passiert es und das Leben ist anders, zumindest ein kleiner Teil des ganzen. Dann führt ein kleiner Weg, leicht zu übersehen, von dem trockenen, kalten Boden weg und führt wieder weit, weit nach oben. Dorthin, wo die Wolken schweben. Und wenn man diesen Weg erblickt und ihn beschreitet, dann beginnt das Leben erneut von vorn, ausgestattet mit neuen, noch schöneren Blüten als zuvor. Mit Blättern, die abfallen mögen, aber immer und immer wieder ersetzt werden. Sie fallen in einem Regen aus Blütenblättern um einen herum und zeugen von Eleganz und Ehre. Wie es sich für eine wunderschöne und stolze Rose gehört. Ja, wir Niemande sind nichts anderes. Wunderschöne und stolze Rosen. Hoch über alle anderen herausragend. Mit Stacheln übersäht, die Feinde abschrecken. Ich glaube, es gibt kaum etwas, dass stolzer sein kann als die, die keinen Stolz empfinden können. Kaum ein anderer rühmt sich dermaßen mit seinem unbrechbaren Willen, seiner unvorstellbaren Kraft, mit seiner unbeschreiblichen Intelligenz, die scheinbar kein anderer zu beherrschen scheint. Wir sind die, die alle beherrschen. Wollen. Nichts mehr als das. Wir wollen nur und können nicht. Zumindest nicht unter jemanden wie unserem momentanen Führer. Xemnas. Diese stolze Rose, die er ist – war –, verwelkt bereits. Ich weiß, ich sagte, wir könnten es nicht. Wir wären ewiglich schön; unabänderlich. Doch er … er ist nicht wie wir alle anderen. Keiner von uns Niemanden erzwang seinen Tod dermaßen wie er. Er erschuf sich selbst, während wir auf natürliche Weise unser Herz verloren. Wohin? Wohin, verdammt? Sie sind überall! Ich kann nicht mehr laufen … ich hab keine Kraft mehr … Gott, verdammter! Wo zur Hölle kommen die her? Gestern war doch noch … NEIN! Nein. Herzlose, die uns unseres Herzens berauben, sind nicht natürlich. Auf keinem Fall. Aber gerade diese unnatürlichen Wesen geben uns erst die Möglichkeit, wie eine Blume aus ihrem Samen den Weg an die Oberfläche zu finden um der Welt unsere Pläne kundzutun. Xemnas ist … sagen wir … besonders. So besonders, dass er es verdient, erlöst zu werden. Jemand, der zum Niemand wurde, wie es sich gehört, sollte seinen Platz einnehmen und die Organisation, die er gründete, führen. Sie würde schneller und besser zu mehr Erfolg gelangen. Allerdings … ich bin mir sicher, er wird es nicht verstehen. Er ist zu besonders. Er war als Rose zu wunderschön und zu stolz. Seine Sicht ist verblendet. Er spürt es nicht, wenn er sich an den Dornen von uns anderen Rosen die Finger blutig schneidet. Er besitzt weder Eleganz noch Ehre. Nicht mehr. Jemand sollte ihn wirklich erlösen. Aber ich kann das nicht alleine. Das weiß ich. Tief in jeder Rose steckt auch ein kleines Mauerblümchen, bescheiden und schlau genug, um zu wissen, wo die eigenen Grenzen liegen. Und dieses kleine, süße Blümchen verriet mir, dass ich für meine großzügige Aktion Hilfe benötigen würde. Garantiert nicht mehr lange und ich hab sie, meine erste Kumpanin direkt an meiner Seite. Sie … Larxene … ist viel mehr als nur eine schöne Rose. Sie ist viel mehr als nur stolz und wunderschön. Sie birgt so viele bezaubernde Blumen in sich. Sie ist … so viel mehr als nur eine Frau in unseren Reihen. Es wäre … ein köstliches Vergnügen und eine umso liebreizendere Tat, Xemnas zu erlösen. Larxene wird mir sicherlich helfen. Ich kann es in ihren Augen sehen. Dieses Funkeln, das mir all das sagt, was ich wissen will. Und das ist eine Menge. Ich wende mich von ihr ab, langsam, all die Eindrücke, gerade erst gesehen und in meinen Erinnerungen nie verblassend, noch einmal durchgehend, sie immer und immer abwertend und analysierend. Ich bin mir sicher, ich kann ihr vertrauen. Es besteht kein Grund zur Sorge. Sie mag eine hinterlistige Person sein, gemein und unberechenbar, aber nicht mir gegenüber. Das weiß ich. Ich wusste schon immer, was Blumen wollen. Was sie brauchen, um noch schöner zu werden. Und Larxene ist nicht anders. Sie wird mir helfen, Xemnas aus der Erde zu reißen und seinem Leiden ein Ende zu bereiten. Eine schöne Vorstellung. Ich verschwinde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)