13 Götter von Sitamun ================================================================================ Kapitel 4: Der frostige Gelehrte -------------------------------- Herzen gehören eigentlich in die Schubladen, die mit „Unerforschbar“ beschriftet werden. Unerforschbar deswegen, weil sie keinen Regeln folgen. Richtlinien, egal, in welchem Bereich und auf was auch immer bezogen, werden nicht beachtet. Von keinem einzigen. Und gerade weil es so ungewöhnlich ist und keiner den Grund dafür kennt, ist es so ein beliebtes Objekt der Forschung. Jedoch nur für die, die um diese Besonderheit wissen und das sind nicht berauschend viele, fast schon zu wenige, um wirklich vernünftige Ergebnisse zu erlangen. Und diese wenigen Forscher sind untereinander nicht unbedingt kommunikativ. Um an ihre Ergebnisse zu kommen, sind härtere Maßnahmen notwendig und ob der Forscher diese Maßnahmen überlebt, ist eine völlig andere Sache. Es ist egal, komplett unwichtig. Wir, jene Forscher, haben keinen Grund uns an Regeln zu halten. Der Grund, warum das Herz, jenes Organ ohne Normen jeglicher Art, unser liebstes Forschungsobjekt ist. Wir fühlen uns zu ihm hingezogen. Sehen mögliche Ähnlichkeiten und versuchen sie zu entdecken und zu erforschen. Meine eigene Forschung dauert noch nicht lange an, wenige Jahre vielleicht … ich weiß es gar nicht mehr genau. Allerdings dauert sie länger, als die alle anderen, „normalen“ Forscher. Ich begann sie bereits, als ich noch nicht dieses neue Leben ohne Herz lebte. Es ist eine Ausnahme, in der Tat, aber sie wiederholt sich hin und wieder. Und in unserer Organisation tat sie dies gleich sechs Mal. Wir, die ersten sechs Mitglieder, studierten das Herz bereits heimlich unter unserem Lehrer, der uns unsere Forschung verbot. Ich halte meine Ergebnisse nicht mit Datum fest; sie sind einfach strukturiert, in dem ich sie verschiedenen Bereichen zuteilte und nummerierte. Warum kompliziert, wenn es auch einfach geht? Mh … das Herz … ich habe es schon lange nicht mehr … und das Leben ohne es ist … einfach … Nichts auf dieser Welt, was mich noch dermaßen kontrolliert wie mein Herz es tat … Dass ich mich meinen ehemaligen Studienkollegen und vor allen anderen Xemnas unterordne, ist nicht die Angst davor, von ihnen vernichtet zu werden, sondern nur die Tatsache, unter ihnen genug Freiraum für meine Forschung zu haben - das einzige, was mich wirklich interessiert, sind sie doch alle auch neugierig auf das, was ich herausfinde und noch herausfinden könnte. Ohne Herz fühle ich nichts, habe in mir nichts weiter als meinen Willen, der es mir ermöglichte, meinen Körper zu behalten, ein Niemand zu werden, als mein Herz mich verließ. Ich bereue es nicht. Ich brauche es nicht. Wofür denn auch? Liebe? Freundschaft? All dies braucht man – ich – nicht. Wie gesagt, es ist einfacher. Die Grundlage dieser Forschung: Einfachheit. Mehr brauche ich nicht. Meine Forschung ist besonders. Besonders einfach. Aber das versteht nicht jeder. Ich erforsche viel und gerne, aber nicht jeder billigt meine Maßnahmen. Aber es ist auch kein anderer so wie ich. Herzlos … rücksichtslos … gnadenlos … Wie es sich gehört … Es passiert nicht selten, dass die Jemande, die ich mir aussuchte, meine Methoden nicht überleben, aber auch das macht nichts. Solange Xemnas sich nicht beschwert – und das wird er nicht, denn die Herzen der Jemande, die zu schwach waren, kommen unserem Kingdom Hearts zu gute –, steht meinen Forschungen und auch meinen Methoden nichts im Wege. Denn selbst wenn sich irgendjemand über mich und meine Methoden ärgern sollte, mit mir – und erst recht nicht mit ihm – will sich keiner anlegen. Ein grausamer Ruf eilt schnell voraus und das ist gut so. Erspart mir Ärger, eine Menge. Und über all dies und mehr, meine letzten Forschungsergebnisse kombiniert mit den grundlegenden Wissen über Herzen, denke ich nach, während ich gedankenverloren auf irgendeinen Punkt irgendwo auf der Decke starre. Wir – Zexion, Laxeus und ich – sind im Schloss des Vergessens, eingeteilt von Xigbar auf Befehl von Xemnas selbst, als Untergrundgruppe tätig, während die Gruppe, die sich oben aufhält, aus Axel, Marluxia und Larxene besteht. Eine seltsame Kombination, ja … und ich habe mich bereits mehr als einmal gefragt, was sich Xemnas dabei gedacht hat. Larxene und Marluxia sind zwei Niemande, die immer noch an dem festhalten, was sie mit ihrer dunklen Geburt verloren haben. Sie wissen es – jeder Niemand weiß es – aber sie wollen nichts davon hören. Als ob ein Rest ihres Herzens in ihrer Brust verweilte … was allerdings unmöglich ist. Sie werden es wohl nie lernen. Und Axel … ich versteh ihn nicht und das soll schon was heißen … er ist noch seltsamer als die anderen beiden zusammen, aber im Gegensatz zu ihnen respektiert er diejenigen, die schon länger in der Organisation sind. Er ist ein schwarzes Schaf durch und durch. Es scheint, als wäre die Sichtweise, dass es einfach ist, ein Niemand zu sein, dass es alles einfacher macht, ein Niemand zu sein, nur die meine. Alle anderen scheren sich wohl einen Dreck um sie und machen so weiter wie zuvor. Als hätte sich nichts geändert. Und das ist eine Lüge – eine gewaltige. Immer noch in meinen Gedanken verloren wandert mein Blick zu Laxeus, der mit mir in diesem Raum ist. Er grübelt über eines seiner Rätsel, die ihn schon immer beschäftigten. Ich hab ihn mal danach gefragt, ob er sie auch schon während seiner Zeit als Jemand zu lösen versuchte, und er bejahte. Eine unglaubliche Ausdauer und Konzentration. Aber, das frage ich mich ebenfalls, wird der Wille denn überhaupt von solchen Eigenschaften geprägt? Denn der Wille ist das einzige, was uns bleibt neben einem leeren Körper. Kein Herz. Ist es möglich, dass ein Niemand die Eigenschaften des zuvor existierenden Jemands übernimmt? Wenn ja, wie? Und warum? Wofür überhaupt? Ein Niemand kann doch auch komplett jemand anders sein – nein, könnte komplett jemand anders sein … also … warum sind wir’s nicht? „Ich spüre jemanden.“ „Du hast jemanden im tiefsten Inneren der Erde gespürt?“ Dass Zexion auftauchte, habe ich nicht mitbekommen, wiederhole nur seine Worte, ohne überhaupt auf ihren Sinn zu achten. Diese Frage beschäftigt mich zu sehr, als dass ich genauer auf ihn achten könnte. Irgendein Mechanismus vielleicht? Oder irgendeine chemische Reaktion? Von welchen Ausgangsprodukt? Und was war das Endergebnis? Zexions Schweigen ist die einzige Antwort, die ich auf meine eher geistig abwesend gestellte Frage erhalte. Es fängt an zu nerven. Es kann nichts wichtiges sein, wenn er sich so viel Zeit nimmt. „Das waren sicher Herzlose, oder? Rede, Zexion!“ Meine Gedanken kann ich für den Moment vergessen. Ich werde mich nachher damit wieder genauer beschäftigen müssen. Ich lege das Klemmbrett, auf das ich nebenbei meine Gedanken geschrieben hatte, zur Seite. 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