Silent Hill - Deadscene von BlindDemon ================================================================================ Kapitel 7: Das fünfte Opfer --------------------------- Ebenso schnell, wie das Klagen ertönt war, verschwand es auch wieder. Heath konnte sich einfach nicht helfen. Hatte er diese Stimme nicht schon einmal gehört? Sie war so kalt und leer. Emotionslos. Genau wie seine eigene? Aber wer war es, der dort unten in der Finsternis jammerte und ihn womöglich zu lenken versuchte? Würde er von dieser Person endlich seine Antworten bekommen, auf die er schon so viele Jahre gewartet hatte? Heath wäre fast in ein ironisches Lachen ausgebrochen. Wände aus Fleisch, Monster, Stimmen im Nichts. All das war doch nur ein Erzeugnis seiner Fantasie! Es brachte nichts darüber nachzudenken. Diese Welt war nicht real und erschien wie ein böser Traum in seinem Paradies. Er konnte nicht einfach hier stehen bleiben und grübeln, während er spürte, wie alles um ihn herum zu zerfallen drohte. Es musste früher oder später einen Weg aus diesem Alptraum geben – er hatte ja immerhin so etwas wie einen Schlüssel gefunden. Ohne sich weiter um den Abgrund zu kümmern, schlug er die Tür wieder zu und drehte sich um. Er ging zurück durch das karge und vermoderte Untersuchungszimmer in den Gang des Warteraumes. Dort probierte er zuerst die Tür zu seiner Linken, die sich zu seinem Ärgernis aber nicht öffnen ließ. Deswegen ging er erneut in den Untersuchungsraum, weil es dort noch eine Türe gab, die über einen Nebenraum in den weiteren Teil des Ganges führen würde. Mit dieser Türe hatte er mehr Glück. Dies bestätigte auch sein Radio, an das er sich langsam aber sicher zu gewöhnen versuchte, denn es ertönte kein Unheil vorhersagender Klang daraus. Der Nebenraum, den er nun betrat, sah auch sehr mitgenommen aus. Die Wände waren rötlich verfärbt und es zeichneten sich Schatten darauf ab, die wie weinende Gesichter aussahen. Ansonsten gab es nichts Nennenswertes in dem Raum zu bemerken, weswegen sich Heath gleich daran machte in den Gang zu kommen. Nachdem er den leicht schmierigen Türknauf gedreht hatte, war er erleichtert, weil sich die Türe überhaupt öffnen ließ. Der Anblick, der ihn dort erwartete, glich dem was er bis jetzt auch schon gesehen hatte. Drei etwas kleinere Fleischberge, die von Sehnen umwickelt waren, hingen von der Decke. Nur mit dem entscheidenden Unterschied, dass diese hier nicht sanft hin und her wiegten, was wohl daran lag, dass es in diesem Teil des Ganges keinen Ventilator gab. Das hielt Heath aber nicht davon ab, sich weiterhin zu fragen, was diese Brocken überhaupt zu bedeuten hatten. Er ging zu einem dieser Gebilde hin, um ihn sich genauer anzusehen. Lebendig waren sie auf alle Fälle nicht, denn er konnte nicht sehen, dass sie in irgendeiner Weise pulsierten. Er empfand es zwar als absurd, aber dennoch wagte er es einen mit der Eisenstange anzuschlagen. Ein matschendes Geräusch ertönte und er konnte ein leises Quietschen wie von Rädern hören, als der Fleischklumpen durch den Schlag hin und her baumelte. Ein weiterer Beweis für die Zwecklosigkeit dieser Gebilde, dachte er während er schwer zu atmen begann, als es ihm wieder einfiel. Wie konnte er nur seine Zeit mit Nichtigkeiten verschwenden, wenn ihm noch so großes Elend bevorstand? Seine Augen weiteten sich, als er sich in Richtung einer bestimmten Türe drehte. Dies war der Gang, der ihn zu seinem geliebten Arbeitszimmer führen würde. Er hatte nicht ein einziges Mal daran gedacht, aber nun fragte er sich, wie es nun darin aussehen mochte. Waren die Wände mit einer fleischähnlichen Haut überzogen? Würde er den Raum überhaupt als seinen Arbeitsplatz wieder erkennen? All diese Fragen konnte er nur beantworten, wenn er sich selbst ein Bild davon machen würde. Fast blind vor Angst und Verwirrung ging er in die Richtung seines Raumes ohne die restlichen Türen zu bemerken. Er streckte sanft seine Hand nach dem Türknauf aus und hielt dabei die Luft an. Was würde ihn dahinter erwarten? Er wusste es nicht und würde es auch nicht erfahren. Zumindest jetzt noch nicht, denn die Tür zu seiner Zuflucht, die er so inständig öffnen wollte, war verschlossen. „Nein, das kann nicht sein!“, schoss es leise aus ihm heraus. „Es muss doch einen Weg geben, um sie zu öffnen…“ Dabei glitt sein verzweifelter Blick nach unten und im Licht der Taschenlampe erweckte etwas auf dem Boden, der auch hier mit Knochen und Knorpelstückchen übersät war, seine Aufmerksamkeit. Es war ein Zettel, der unter der Tür von irgendjemandem durchgeschoben worden sein musste. Das was darauf stand, schien eine Art Rätsel sein: angst durchströmt was stirbt aus Fleisch gemacht und menschlich keiner hier, der es benennen kann? sehne dich, du bist sterblich Ich habe angst mich zu verlieren doch ich bitte euch finde es und hauche diesen letzten atem aus Auch bei dieser Botschaft hatte Heath zunächst keine Ahnung, wie er das Geschriebene zu deuten hatte. Aber was es auch immer bedeutete, er war sich mehr als sicher, dass darin der Schlüssel zu seinem Arbeitszimmer lag – also würde er alles daran setzen dieses Rätsel zu lösen. Nachdem er sich die Sätze gut eingeprägt hatte, faltete er den Zettel behutsam und stopfte ihn sich in eine seiner Manteltaschen. Sehne dich, du bist sterblich … das erinnerte ihn an irgendetwas. Heath biss sich auf die Lippe. Natürlich, dieser Ort ist ein Krankenhaus. Ein Ort, an dem es nicht nur Leben gibt sondern auch der Tod um sich geht. Das wusste er nur zu gut und genau das war auch das Absurde an dem Geschriebenen. Es klang fast so, als ob eine hier gefangen gebliebene Seele umherschweifte. Heath musste kurz lachen. Was für ein Blödsinn ihm da nur durch den Kopf ging. Wenn wohl jemand eine Antwort darauf wusste, dann war es wohl sein Fleisch gewordener Alptraum, der ihm seit jenem Tag nicht von seiner Seite gewichen war. Denn er war sich sicher, auch wenn er die Fleischgestalt jetzt nirgendwo sehen konnte, irgendwo in den Schatten lauerte sie und dürstete danach ihn ins Verderben zu schicken. Dreizehn Jahre lang und nun sollte er für etwas bezahlen, für das er keine Verantwortung übernehmen konnte. Es war ja nicht seine Schuld, dass er plötzlich Visionen bekam. Bei Kranken sagt man das schließlich auch immer, schoss es ihm durch den Kopf. Die Kranken nimmt man immer in Schutz, weil sie nichts für ihre aussichtslose Lage können. Aber wen darf er jetzt zur Verantwortung ziehen? Absoluter Schwachsinn. Das war alles nur ein Traum. Er würde den Ausgang finden und dann aus seinem Alptraum erwachen. Heath war sich sicher, dass er gerade in diesem Moment in seinem Arbeitszimmer schlummerte. Es war ihm immerhin auch schon gleich komisch vorgekommen, dass ihm jemand eine Notiz hinterlassen hatte, in der es um diesen einen speziellen Ort ging. Vielleicht würde er wirklich in nächster Zeit einen Abstecher dorthin machen. Schon ganz allein, weil er wissen wollte, wie es nun dort aussah. Während er noch halb mit seinen verwirrten Gedanken zu kämpfen hatte, ging er weiter im Gang umher, um die anderen Türen zu kontrollieren. Er erinnerte sich dabei auch wieder an die Vertiefung in der Wand, wo sich einstmals die Eingangshallentür befunden hatte. Es musste irgendetwas geben, das dort hineinpasste. Mittlerweile war er alle Türen im Gang abgegangen und alle waren durch irgendeinen Grund unzugänglich gemacht worden. Jetzt blieben ihm nur noch der Fahrstuhl beziehungsweise die Treppen, falls dieser nicht funktionieren sollte. Und natürlich tat er dies nicht, was bedeutete, dass die obere Etage erstmal unerreichbar blieb. „Also gut“, murmelte er und ging in Richtung der Treppen, die ihm nur Zugang zum Untergeschoss gewähren würden. Das war vielleicht auch besser so, denn wenn im unteren Stockwerk wieder eines dieser Monster auf ihn warten sollte, hätte er dadurch die Möglichkeit es bestenfalls zu überrumpeln. Unten angelangt, war er zunächst erleichtert, dass sich keine Radiostatik ankündigte und er somit davon ausgehen konnte, dass nicht noch mehr Monster ihr Unwesen in den Gemäuern des Alchemilla Hospitals trieben. Die Umgebung jedoch sah alles andere als angenehm aus. Nicht nur einzelne Knochen, sondern auch eine Vielzahl an schädelähnlichem Gestein war in die rostfarbenen Mauern hineingearbeitet. So unheimlich es Heath auch vorkam, aber er glaubte die Gesichtszüge einiger seiner Arbeitskollegen darin zu erkennen. Teilweise waren Fetzen von Haut über die verschiedenen Gesichter gespannt, was dazu beitrug, dass die Schädel noch menschlicher aussahen. An einigen Stellen waren die mit Haut bezogenen Köpfe mit blutigen Strähnen überspritzt. Je länger er sich dieser Aussicht hingab, desto schauriger wurde sie. Heath wagte kaum dem Anblick standzuhalten – er hatte zu große Angst sein eigenes Gesicht unter den vielen anderen zu entdecken. Es trug aber noch etwas Unangenehmes zu der erdrückenden Atmosphäre bei. Es lag ein Gestank von Verwesung in der Luft, der allem Anschein nach aus der kleinen Leichenhalle, die ihm rechts gegenüber lag, gedrungen sein musste. Heath verzog das Gesicht und schaute zuerst, ob sich die anderen Räume öffnen ließen, bevor er sich an die Leichenhalle wagte. Und wie zu seiner eigenen Verhöhnung musste er feststellen, dass alle Zimmer abgeschlossen waren – bis auf eine. Die Leichenhalle lockte förmlich mit ihrem beißenden Geruch nach seiner Nähe und er zeigte keine Scheu sie zu betreten. Die Tür zur Leichenhalle war nicht einmal richtig geschlossen, sondern stand einen kleinen Spalt offen. Nun war auch verständlich, wie sich der stechende Geruch so einfach im Untergeschoss verteilen konnte. Behutsam drückte er gegen die Türe, die genauso blutfarben wie der Rest der Umgebung war. Und zu seiner Überraschung brannte im hinteren Teil des Zimmers eine einzeln baumelnde Glühbirne, die dem abstrusen Raum erst seine wahre Bedrohung zugrunde legte. Es sah nicht einmal annähernd so aus, wie der Raum, den er eigentlich zu kennen glaubte. Ein großes rundes Symbol war auf der hinteren Wand in einer Farbe, die wie Blut aussah, gezeichnet worden. Das war aber nicht das Unheimliche, was von der Räumlichkeit ausging. Es waren fünf schmutzige Liegen, die im Zimmer standen. Vier davon waren zur Seite geschoben und beherbergten ein paar leblose Körperreste, die nicht weiter von Interesse waren, doch eine einzige hatte jemand in die Mitte des Raumes gestellt. Ein schwarzer Leichensack lag darauf und schien geradeso darauf zu warten, geöffnet zu werden. Heath zeigte sich angstlos und berührte den Reißverschluss des Gebildes. Ganz langsam zog er ihn auf und langsam aber sicher erkannte er, dass sich eine enthauptete Leiche darin befand. Aber nicht nur das. Da war auch ein Schrifttattoo auf seinem Körper, das als ‚ fertig für die OP ’ entziffert werden konnte. Heath musste verächtlich schmunzeln. Das sollte wohl ein schlechter Scherz sein? Dabei entdeckte er auch, dass ein Skalpell neben dem reglosen Körper lag. Sollte er es nun wirklich wagen? Allem Anschein nach war dies ein Teil der Lösung um sein Ziel zu erreichen, also sah er keinen Grund, weswegen er nun halt machen sollte. Heath legte seine Eisenstange beiseite und nahm das Skalpell in die Hand. Er führte es sacht zum Brustkorb der einstmaligen Person und schnitt durch die Haut. Ein matschendes Geräusch erfüllte den Raum mit der immer noch brennenden und vor sich hin taumelnden Glühbirne. Die Klinge drang immer weiter in das nun spröde Fleisch hinein und letztendlich gelang es Heath den Bauchraum zu öffnen. Dort warf er einen Blick auf die müde gewordenen Innereien des Probanden. Er sollte also operieren… aber was zuerst? Er wollte gerade einen weiteren Schnitt in der Magengegend ansetzen, da fiel ihm etwas Entscheidendes auf. Der Darm war auf irgendeine Art ungewöhnlich gewölbt und es schien so, als ob sich irgendein Gegenstand darin befinden könnte. Daraufhin ließ er das Skalpell in Richtung des erschlafften und in sich verschlungenen Darmstückes gleiten. Es genügte nur ein kleiner Schnitt und schon offenbarte sich, was das Organ in sich verborgen hielt – es war eine kleine quadratische Steinplatte, die das Wort ‚Endlichkeit’ eingraviert hatte und er wusste nur zu genau, wofür sie zu gebrauchen war. Ohne eine weitere Sekunde verlieren zu wollen, steckte er das Skalpell in den Leichnam, um seine Hände schnellstmöglich wieder für die Eisenstange frei zu bekommen. Danach machte er sich mit der blutbefleckten Steinplatte in der anderen Hand auf den Weg nach oben. Was auch immer ihn dann erwarten würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)