Silent Hill - Deadscene von BlindDemon ================================================================================ Kapitel 4: Betörende Zuflucht ----------------------------- Kapitel 4 – Betörende Zuflucht Alles schien wie gewöhnlich zu sein. Es herrschte Nacht in der kleinen Stadt und die Häuser waren von Nebel umgeben. Fahles Mondlicht drang seicht hindurch und beleuchtete die marode gewordenen Straßen nur spärlich. Eine normale Person mit gesundem Menschenverstand hätte wohl kaum in so einer düsteren Nacht einen Fuß nach draußen gesetzt – und schon gar nicht nachdem man etwas so Unmenschliches erlebt hatte. Heath Hudson jedoch war anders. Hätte er etwa seelenruhig nach Hause gehen sollen? So tun, als ob nichts geschehen war? Nein, so etwas konnte er nicht. Er hielt sich weder für überarbeitet noch für geisteskrank. Und dennoch tat er es, weil er es als richtig empfand. Etwas, wovon er glaubte, Klarheit zu gewinnen. Natürlich wusste er, dass irgendetwas Merkwürdiges mit ihm geschah – und das nicht nur seit gestern. Nun war es soweit. Er konnte es nicht länger verleugnen oder fliehen. Auf dem Weg aus dem Alchemilla Hospital heraus, schaute er noch einmal in dem Sanitätsraum, welcher sich direkt hinter der Wand der Eingangshalle befand, vorbei. Hier gab es allerlei Verbandszeug und schmerzlindernde Medikamente, wie es sich für solch ein Zimmer gehörte. Heath dachte dabei an das Monstrum, das ihn vorhin eben im Ruheraum überrascht hatte. Daran, wie es seine Haut streichelte und an den Gestank, den es verströmt hatte. Es wäre fatal einem solchen in größerer Anzahl zu begegnen, also hielt er es für vernünftig einen ganzen Stapel solcher Utensilien mit sich zu führen – für den Fall der Fälle. Während er angestrengt im Schein der Taschenlampe in den Türen knarrenden Schränken herum wühlte, fiel ihm noch etwas ganz anderes in die Hände. Es hatte unter einer kleinen Flasche Tonikum, welche er ebenfalls einsteckte, geklebt und schien ein Blatt Papier zu sein, das aus einer Akte gefallen sein musste. „Wie kommt das denn hierher…?“, murmelte er laut vor sich hin und begann das Dokument, welches mit ‚MEMO an mich’ in krakeligen Buchstaben betitelt war, zu lesen: 10.04. Heute morgens ist |||||||||||||||| |||||||||||| in unserer schönen Klinik angekommen… Wundersam, wie starr Augen aussehen können, wenn jemand den Verstand verliert… Ich finde es zum Lachen, wie sie einen anstarren! Mit diesen großen Augen! Wer würde da nicht schmunzeln? Als könnte man ihnen ein ewiges Leben geben! Als könnte man sie auf direktem Wege in den Himmel geleiten. 15.04 Töricht. Allem Anschein nach ist die Person völlig hinüber. Hat mich gefragt, wie es mir ginge… als ob ich nicht ganz richtig im Kopf wäre!! Ich weiß sehr wohl wie es mir geht. Und es wird mir noch schlechter gehen, wenn sie mir weiterhin solche Fragen stellen. (Vergiss nicht, dass die Anzeigetafel auf 0|0119 seinen Ursprung erweckt. 0|0120 hingegen…) Da endete die Notiz. Als Heath den Zettel zu Ende gelesen hatte, zog er störrisch eine Augenbraue nach oben. Weder kannte er die Schrift, noch jemanden, der so etwas zu Papier hätte bringen können. Er grübelte. Ebenso wenig wusste er, wer der Verfasser des Zettels in seinem Arbeitszimmer gewesen war. Langsam aber sicher fühlte er sich wie ein Versuchskaninchen, dass nach jahrelanger Sorgfalt nun endlich aus seinem Käfig durfte. Wurde er etwa von jemandem überwacht? „Von jemandem überwacht, der immer in meiner Nähe ist… Und dieses Monster?!“, durchstach es seine Gedanken. Nein, das war etwas anderes. Mitten in seinen Gedankengängen vertieft, wurde er plötzlich zurück in die Realität gerissen. Das Radio, welches er, wie auf dem Zettel befohlen, mitgenommen hatte, gab einen Laut von sich. Es war nur ganz leise, doch es war da. Um es deutlicher wahrzunehmen, nahm er es aus seiner Manteltasche heraus und hielt es an sein Ohr. Es klang wie ein leises Surren, wurde dann zu einem Krächzen und hörte sich daraufhin fast wie eine Stimme an. Und es schien weit entfernt zu sein. Leicht aufatmend beschloss er seine Grübeleien auf später zu verschieben und packte die Sachen, die er für nötig hielt, zusammen. Nachdem er alles in die Innentaschen seines Mantels verstaut hatte, nahm er auch die Eisenstange wieder auf als er den nach Medikamenten riechenden Raum verließ. Draußen sah es aus wie in jeder Nacht. Der Himmel war Schwarz und man sah das Licht der Straßenlaternen durch den Nebel nur gedämmt, was Heath jedoch nicht daran hinderte sich gut in der Stadt zurechtzufinden. Als er einige Schritte entlang der Koontz Street gegangen war, hörte er wieder dieses krächzende Surren des Radios, das sich wie eine Stimme angehört hatte. Diesmal schien es lauter zu sein als vorher. Heath nahm das Radio erneut aus seiner Manteltasche und blickte es verdutzt an und musste an die Töne denken, die es verbreitet hatte als er das Monster bekämpfte. „Könnte es sein, dass es…?“, murmelte er vor sich hin. Fest entschlossen und von seinem Gedanken überzeugt, hielt er nun das Radio eine Armlänge weit von seinem Körper entfernt in Richtung des gegenüberliegenden Post Offices. Es schien leiser zu werden. Daraufhin wandte er sich auch noch nach links im Richtung Crichton Street und dann nach rechts nur um schließlich zu erkennen, dass das Geräusch in Richtung des hinter ihm liegenden Alchemilla Hospitals am stärksten wurde. Kaum hatte er dies erkannt, schien es auch schon zu spät für den aufkeimenden Gedanken der Reue, sich nicht eher auf den Weg gemacht zu haben, zu sein, denn als das Surren lauter wurde, sah er wie die Tür des Krankenhauses zu vibrieren begann. Es war merkwürdig anzusehen, denn obwohl sie sich bewegte, hörte man nichts. Es schien ganz so, als ob sie durch eine Art übernatürlicher Kraft zu zittern anfing. Das einzige, das Heath dabei vernahm, war das Krächzen des Radios, das mittlerweile so stark war, dass es den Laut einer Klingel hätte verschleiern können. Zusätzlich wurde es alle drei Sekunden von Stille unterbrochen – wie eine Stimme klang das nun nicht mehr. Heath wollte das Radio gerade wieder in seine Manteltasche gleiten lassen, da schwang die Eingangstür mit einem Knarren wie von selbst auf und entblößte ihr schwarzes Maul. Niemand hatte hinter ihr gestanden. Zu sehen war nur ein Schwarz, so dunkel wie der Himmel dieser Nacht. Heath konnte seinen Augen kaum trauen. War dies wirklich sein Ort? Sein Ort der Ruhe, an dem er sich stets geborgen gefühlt hatte? Das Rauschen des Radios wurde noch lauter und unerträglicher, da die sich wiederholenden Pausen voller Stille ein Gefühl der Ohnmacht in ihm hervorzurufen drohten. Er konnte sich nicht helfen. Irgendetwas an diesem Schwarz betörte ihn. Losgelöst von seinem eigenen Willen konnte er nicht anders als wieder zurück zu gehen. Hinein in das Schwarz, von dem er sich Zuflucht erhoffte. Ohne zu bemerken, dass sich der ganze Boden, auf den er trat, hinter seinem Rücken verformte. Was zuvor noch düster war, schien im Angesicht dessen wie es nun war, einfach nur noch harmlos. Das, was vorher noch wie eine Straße ausgesehen hatte, war jetzt ein Weg aus einem Gitter, der über einem endlos scheinenden Abgrund zu liegen schien. Bäume fingen an zu welken, zu verrotten und tropften gen Bodenlosigkeit. Ja, sie wurden zu Blut, das langsam durch das Gitter floss und letztendlich im andauernden Schwarz verschwand. Die Wände der Häuser wurden zu blutenden und atmendem Fleisch, das sich seicht auf und ab bewegte und dabei matschende Geräusche von sich gab. Es war nun Fleisch mit Augen, deren Pupillen genau auf Heaths Rücken ruhten. Die nach ihm dürsteten und nichts tun konnten, als ihn wehleidig anzusehen, wie er zurück in das Hospital ging, ohne auch nur zu ahnen, was ihn dort erwartete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)