Nemesis von Chi_desu (ItaSasu) ================================================================================ IV. Say it if it's worth saving me ---------------------------------- Ich starre an die Zimmerdecke und kann nicht einschlafen. Schlimmer als die Schmerzen sind die quälenden Gedanken, die mich nicht loslassen wollen. Schon wieder hat Itachi mich geküsst. So sehr ich es auch möchte, diese Tatsache kann ich nicht ignorieren. Mich quält die Frage nach dem Warum. Warum macht er das? Für einen normalen Menschen ist ein Kuss ein Zeichen von Zuneigung. Nicht für mich. Für mich ist es ungewollte Nähe, seitdem ich bei Orochimaru war, assoziiere ich damit nur noch Ekel und Gewalt. Was bedeutet ein Kuss für Itachi? Vielleicht ja genau dasselbe wie für mich. Vielleicht will er mich bloß quälen, indem er mir immer wieder zu nahe kommt, mein Bedürfnis nach Distanz ignoriert und in mir mit dieser intimen, unpassenden Geste böse Erinnerungen weckt. Dass es für Itachi eine Zuneigungsbekundung ist, halte ich jedenfalls für ausgeschlossen. Egal, was er auch tut, es ist immer eine Ankündigung weiterer Schmerzen. Er will mir zeigen, wie wenig ich gegen ihn ausrichten kann. Er kann mit mir machen, was auch immer er möchte. Ich wünschte nur, er würde mir dies auf eine andere Art zeigen. Sein Kuss ist wie Gift, das sich in mir ausbreitet und das einzige angreift, was mir noch geblieben ist: meinen Hass. Meine Teilnahmslosigkeit war bisher das einzige, was bei ihm eine Gegenreaktion bewirkt hat. Alles andere hat bloß dazu geführt, dass er mir am Ende physisch oder psychisch wehtut. Was er gesagt hat, ist wirklich wahr. Nur wenn ich mich wehre, ist es für ihn interessant. Schließlich tut er nichts, von dem er nicht weiß, dass es mir auf die eine oder andere Weise wehtut. Mein Bruder ist ein Sadist. Aber wenn er ein Sadist ist und ich mich von ihm quälen lasse… wozu macht mich das dann? Die Stunden ziehen sich wie Ewigkeiten in diesem Haus. Ich weiß nicht, was ich mit der ganzen Zeit anfangen soll. Womit habe ich mir früher die Zeit vertrieben? Ach ja, ich habe trainiert. Mir wird so langsam klar, dass ich nichts anderes getan habe. Wenn ich nicht trainieren kann – und das kann ich momentan aufgrund meiner Verletzungen und aus Platzmangel nicht – dann weiß ich nichts mit mir anzufangen. Mit Ausnahme der Mahlzeiten, die zu kochen ich mir angewöhnt habe, sitze ich oben am Fenster und starre nach draußen. Einer von beiden ist immer da, entweder Deidara oder mein Bruder. Vielleicht hat Itachi Angst, dass ich sonst weglaufe. Die braucht er nicht mehr zu haben. Ich weiß im Moment sowieso nicht, was ich will. Wenn ich darüber nachdenke, was ich will, dann fällt mir nichts mehr ein. Will ich zurück nach Konoha? Ich weiß es nicht. Ich fürchte mich ehrlich gesagt ein wenig vor dem, was mich dort erwartet. Ich bin nicht mehr derselbe. Ich habe die irrationale Angst, dass man mir alles, was geschehen ist, im Gesicht ansehen kann. Früher war ich so stolz und alles, woran ich dachte, war meine Rache. Und was bin ich jetzt? Von meinem Stolz ist nicht mehr sehr viel übrig. Ich habe mich ergeben und ich habe solche Angst, dass sie es merken könnten. Wie würde Naruto über mich denken, wenn er wüsste, was passiert ist? Orochimaru hat mich angefasst. Itachi hat mich geküsst. Kabuto hat mich in einem Kampf besiegt. Itachi hat mich gedemütigt. Ich fühle mich auf eine seltsame Art und Weise beschmutzt. Und sonst kann ich nirgends hin. Orochimaru sucht nach mir. An jedem anderen Ort wäre ich leichte Beute für ihn, solange ich nicht genesen bin. Momentan hege ich keine Gedanken an Flucht. Ich gebe mir einfach Mühe, irgendwie die Zeit totzuschlagen. Aber die Stille erdrückt mich fast. Noch nie hatte ich so viel Zeit zum nachdenken. Und worüber könnte jemand wie ich schon nachdenken? Ich denke an das, was ich aufgegeben habe. An die, die ich zurückgelassen habe. Alles habe ich aufgegeben für ein bisschen mehr Macht. Und was hat sie mir genützt, diese Macht? Gar nichts. Weil mir am Ende die Willensstärke fehlte, um Itachi zu töten. Ich habe meinen Körper und meine Seele an Orochimaru verkauft… für nichts. Ich bin schwach. Wieso konnte ich Itachi nicht töten? Hätte es diesen einen Augenblick nicht gegeben, als ich mit dem Kunai in der Hand an seinem Bett stand, könnte ich wohl weiterhin einfach leugnen, was Fakt ist. Ich hätte mir einreden können, dass ich bisher einfach nicht die Möglichkeit hatte, ihn zu töten. Aber ich hatte sie in jener Nacht, oder wenigstens glaubte ich, ich hätte sie. Und ich habe es nicht getan. Itachi hat Recht. Ich hasse ihn immer noch nicht genug. Hasse ich ihn überhaupt noch? Manchmal träume ich von ihm. Meistens sind es blutige Träume, wo ich immer und immer wieder erleben muss, wie er die Familie tötet und mich quält. Aber manchmal… manchmal träume ich davon, dass ich in den Versammlungsraum komme, die Leichen meiner Eltern finde und Itachi dort ist. Aber er greift mich nicht an. Stattdessen nimmt er mich in die Arme und tröstet mich. Verspricht mir, dass alles wieder gut wird. In Wahrheit wünsche ich mir nicht Itachis Tod. Ich wünsche mir, dass alles so wird wie früher. Ich wünsche mir, dass ein Wunder geschieht, das es mir erlaubt, ihm zu vergeben. Nachdenklich starre ich die rote Narbe auf meinem Handgelenk an. Es wird lange dauern, bis daraus ein blasser Strich auf meiner hellen Haut geworden sein wird. Langsam wird mir klar, und zwar in voller Tragweite, warum ich tatsächlich versucht habe, mich umzubringen. Mein Leben ist untrennbar mit dem meines Bruders verknüpft. Weil er es so wollte, aber auch, weil ich es zugelassen habe. Als ich meine toten Eltern zu seinen Füßen sah, als ich durch die mit Leichen gepflasterten Straßen vor ihm davonrannte, ist mein Herz gebrochen und ich glaubte, ich könnte nicht mehr weiterleben. Es tat so entsetzlich weh, dass mich der Schmerz fast besinnungslos machte. Ich sah Itachi überall, ich sah sein Bild, wenn ich ins Wasser blickte. Der brennende Wunsch, stärker als er zu sein und sie alle zu rächen, hielt mich am Leben. Ich wollte ihn wiedersehen. Ich dachte, um ihn zu töten, aber das war es nicht. Sondern um es zu Ende zu bringen. Die Geschichte des Clans kann nur mit uns enden. Entweder durch ein Wunder oder seinen Tod. Und wenn er tot ist, gibt es für mich keinen Grund mehr, weiterzuleben. Unbewusst hatte ich immer schon vor, mit ihm zu sterben. Hände greifen nach mir. Eine heisere Stimme flüstert meinen Namen und mir wird so übel, dass ich mich einen Moment lang nur darauf konzentrieren kann, mich nicht zu übergeben. Ich kann mich nicht bewegen. Ich bin völlig hilflos und ich verstehe nicht, was mit mir passiert. Ich will nach Hilfe rufen, aber dann fällt mir ein, dass es niemanden gibt, der mir helfen würde. Meine Eltern sind tot. Mein Bruder hasst mich. Meine einzigen Freunde habe ich verraten. Da ist keiner mehr, der sich einen Dreck um mein Schicksal schert. Angst. Ich weiß nicht, wie ich damit leben soll. Und eine hämische Stimme in meinem Kopf sagt mir, dass ich nur lange genug damit leben muss, um ihn zu töten. Etwas hält mich fest. Diesmal ist es anders. Ich strample, schreie, tobe. Es ist dunkel. Ich habe keine Ahnung, wo ich bin. "Sasuke!" Ich winde mich verzweifelt. Alles, nur das nicht. Niemand kommt, um mir zu helfen. Ich muss mir selbst helfen! Egal wie, ich muss mich selbst retten! Ich muss hier raus. Ich muss… "SASUKE!" Sein Schrei reißt mich in die Wirklichkeit zurück. Ich erstarre zu Stein in seinen Armen. Ich habe bloß geträumt. Nicht Orochimaru hält mich fest, sondern Itachi. Ich atme tief ein und aus, aber mein Körper will sich nicht beruhigen. Ich zittere am ganzen Leib. Und Itachi lässt mich einfach nicht los. "Du hast geträumt, Sasuke." "Nein." Ich schüttle den Kopf und versuche verzweifelt, mich zu beruhigen. "Nein, leider nicht. Egal wie oft ich aufwache, sie sind immer noch tot. Und ich bin immer noch ich. Ich konnte sie nicht retten. Niemand kommt und hilft mir. Niemanden interessiert, was mit mir passiert." "Das ist nicht wahr." Er ist so ein elender Lügner. "Niemand kommt, um mich zu retten", flüstere ich verbittert. "Ich bin allein. Und wenn ich darüber nachdenke, warum das so ist, komme ich am Ende immer auf dich." Ich schiebe seine Arme weg. "Ich frage mich… als du es getan hast, hast du gewusst, dass es so kommen würde? Hast du mich absichtlich zur Einsamkeit verdammt?" "Vielleicht habe ich das", antwortet er geheimnisvoll. Ich habe auch nicht wirklich mit einer Antwort gerechnet. Stumm stehe ich auf und taste mir den Weg durch die Dunkelheit bis zum Bad. Dort schließe ich mich ein und mache das Licht an. Als mein Blick in den Spiegel fällt, merke ich, dass ich geweint habe. Wieso weine ich so oft in letzter Zeit? Ist es Itachi, der mich zu diesem weinerlichen Etwas macht? Ich würde alles geben, um mein erbärmliches Ich nicht mehr im Spiegel betrachten zu müssen. Deidara und Itachi haben Besuch. Ich erkannte ihn sofort, als er durch die Tür trat, den großen, haifischähnlichen Mann mit dem bandagierten Schwert, der damals mit Itachi ins Dorf kam um Naruto zu entführen. Offenbar ist sein Name Kisame. Nicht, dass mich das interessiert. Ich wundere mich nur, dass Itachi Akatsuki um sich schart, nur um Orochimaru zu töten. Ich weiß, dass er stärker ist. Wozu braucht mein Bruder Hilfe? Aber selbst wenn ich fragen würde, bekäme ich keine Antwort. Deshalb lasse ich es einfach sein, sitze still an meinem Platz am Fenster und beobachte. Offenbar hatten sie schon länger vor, Orochimaru zu erledigen. Aber jetzt ist die Sache dringender geworden. Verständlicherweise hat Itachi keine Lust, auf Orochimarus Racheakt zu warten. Deshalb planen sie, zu ihm zu gehen und den Sannin zu erledigen. Sie verschwenden nicht viel Zeit. Eine kurze Besprechung, dann ist entschieden, wer Orochimaru töten wird. Itachi und Kisame werden gehen, weil sie offenbar ein eingespieltes Team sind. Diese Nacht wird Kisame hier bleiben, morgen brechen sie auf. Deidara wird bleiben, um mich zu beaufsichtigen. Der Gedanke gefällt mir nicht. Ich halte Deidara für unberechenbar. Was er für ein Problem hat, weiß ich nicht, aber ich spüre deutlich, dass er mich aus tiefstem Herzen hasst. Was wird passieren, wenn Itachi nicht mehr da ist und auf mich aufpasst? "Sasuke." Itachis Stimme ist ungewöhnlich sanft, als er mich weckt. Ich öffne noch im Halbschlaf die Augen und erkenne ihn über mir, gehüllt in seinen Akatsuki Mantel. "Kisame und ich brechen auf." Er flüstert fast, so als dürfte es außer uns beiden keiner hören. "Mmh…" Ich bin noch nicht ganz wach, kann noch nicht klar denken. Seine Hand ist in meinem Gesicht, er zieht meinen Kopf zu sich rüber und beugt sich über mich. Seine Haare kitzeln mich. Seine Lippen fühlen sich weich auf meinen an. Ein angenehmes Prickeln überzieht meinen Körper und ich schließe wieder die Augen, weil ich so müde bin und der zärtliche Kuss so angenehm ist. Dann zieht er sich abrupt zurück und meine Wange, auf der seine Hand lag, fühlt sich plötzlich unangenehm kühl an. Ich höre, wie die Tür geschlossen wird und dann ist er fort. Auf einmal bin ich hellwach. Was war das? Was ist da mit mir passiert? In dem Moment zwischen Schlafen und Wachen, wo es noch keinen Hass und keine traurigen Erinnerungen gibt, war sein Kuss das Schönste, was mir seit langem passiert ist, so schön, dass ich glaube, gleich weinen zu müssen. Ich habe mich ihm einen Moment lang so verbunden gefühlt und da war überhaupt keine Wut. Nicht das Bild meiner Eltern, die mich vorwurfsvoll ansehen für den Verrat, den ich an ihnen begangen habe. Der Kuss meines Bruders war so schön, so schön… Ich lasse den Kopf hängen. Ich weiß nicht einmal, warum ich auf einmal so traurig bin. Es sind so viele Emotionen auf einmal, dass ich sie nicht mehr auseinander halten kann. Meine Sehnsucht tut fast körperlich weh und wenn er nicht gegangen wäre, hätte ich ihn in mein Bett gezogen und ihn festgehalten bis ans Ende meines Lebens, um diese Nähe nie wieder zu verlieren. Ich bekomme Angst vor meinen Gedanken und Gefühlen. Angst vor mir selbst. Seit gestern ist Itachi fort. Ich merke eigentlich keinen großen Unterschied, außer dass ich gestern Nacht das Bett ganz für mich allein hatte. Deidara ist mir bisher zum Glück nicht über den Weg gelaufen, obwohl ich weiß, dass er da ist. Wie sonst auch verbringe ich meine Zeit damit, am Fenster zu sitzen und teilnahmslos nach draußen zu starren. Jetzt, wo Itachi weg ist, wird mir immer deutlicher bewusst, dass ich in den letzten Tagen gut zu Kräften gekommen bin. Meine rechte Hand ist immer noch unbeweglich und sie wird es wohl auch bleiben. Deidaras Verband war ganz nützlich, um die Schmerzen im Zaum zu halten, aber irgendwie stehen zwei meiner Finger seltsam schief, wahrscheinlich wächst der Bruch schief zusammen. Solange sich kein richtiger Arzt darum kümmert, wird die Hand unbrauchbar bleiben. Aber alles andere ist gut verheilt. Die Prellungen und Schürfwunden von meiner Auseinandersetzung mit Kabuto haben sich längst zurückgebildet, und sogar die Schnittwunde an meinem linken Handgelenk verheilt sehr gut. Die linke Hand ist wider Erwarten wieder voll einsatzfähig. Mir ist völlig klar, dass jetzt die beste, vielleicht sogar die einzige Gelegenheit ist, Itachi zu entkommen. Das Haus ist kaum gesichert. Das Fenster, an dem ich sitze, könnte ich einfach einschlagen und nach draußen entkommen. Deidara würde mir folgen und ich kann ihn nur sehr schwer einschätzen. Er ist sicher nicht umsonst ein Mitglied der Akatsuki, aber vor ihm fürchten kann ich mich nicht. Seine Ablehnung beruht durchaus auf Gegenseitigkeit, ich kann ihn nicht ausstehen. Vielleicht könnte ich es nachts versuchen, wenn er schläft. Mit etwas Vorsprung könnte ich es schaffen, ihn abzuhängen. Ich bin gut… oder ich war es mal. Aber anstatt Fluchtpläne zu schmieden, sitze ich phlegmatisch an meinem Platz und grüble. Ich will schon weg, aber ich weiß nicht, wohin. Mir ist klar, dass Itachi mir nicht guttut. Aber er hat mich schon einmal gefunden. Und über die Konsequenzen, die ein weiterer Fluchtversuch hätte, will ich lieber nicht nachdenken. Ich schätze, ich bin einfach feige. Da draußen sehe ich momentan keine Zukunft für mich, also wähle ich den bequemen Weg und bleibe vorerst, wo ich bin. "Wartest du etwa auf ihn?" Die spöttische Stimme ist das letzte, was ich jetzt gerade hören will. Ich sehe Deidara an und ich hasse das Grinsen auf seinem Gesicht. "Dein Bruder hält dich wie ein Tier gefangen, aber wenn man dich so ansieht, könnte man fast meinen, du wartest auf seine Rückkehr, hmm." "Vielleicht ist mir die Gesellschaft meines Bruders immer noch lieber als deine?" Sein Blick wird finster. Irgendetwas an meinem Verhalten ist es, das ihn auf die Palme bringt. Vielleicht meine Gleichgültigkeit? "Ich rate dir, sei vorsichtig. Ich habe Itachi-san nur versprochen, dich nicht umzubringen. Eine falsches Wort von dir und du wirst dein blaues Wunder erleben. Hmm." "Jetzt hab ich aber Angst." Woher die trotzige Bemerkung kam, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich sie bereuen werde. Aber was macht das eigentlich noch für einen Unterschied? Ich habe noch nie ein Blatt vor den Mund genommen und ich werde nicht ausgerechnet jetzt damit anfangen. Vor Deidara habe ich keine Angst. "Wusstest du, wie viel schlimmer Folter ist, wenn man nicht sieht, was mit einem passieren wird?" Er leckt sich über die Lippen und ich weiß, die Vorstellung, mich zu foltern, reizt ihn über alle Maßen. Er schaut mir direkt in die Augen und ich kann sehen, wie er gegen das Bedürfnis anzukämpfen versucht, einfach auf mich loszugehen. Er hasst mich aus tiefstem Herzen. "Ich würde dir Manieren beibringen, nach fünf Minuten würdest du mich um Gnade anflehen." Sein widerliches Gesicht will ich mir nicht eine Sekunde länger antun. Ich schiebe mich von der Fensterbank und stehe auf. Ich werfe ihm einen abschätzigen Blick zu und frage: "Wie kommt es, dass du plötzlich so ne dicke Lippe riskierst, seitdem Itachi aus dem Haus ist? Er muss dir ja eine Heidenangst einjagen." Er steht plötzlich vor mir und rammt mir erbarmungslos die Faust in den Magen. Weil ich darauf nicht vorbereitet war, sacke ich stöhnend auf die Knie, die Arme um mich geschlungen. "Du verwöhntes Balg! Ich bin nicht so nachsichtig wie Itachi, hmm. Du bist kein Gast hier, kapiert?" Deidara krallt seine Hand in meine Haare und reißt mich in die Höhe. Ich bin immer noch viel zu schockiert um irgendetwas zu unternehmen, stolpere ungeschickt in die Richtung, in die er mich zerrt, und dann habe ich plötzlich keinen Boden mehr unter den Füßen. Ich falle. Instinktiv mache ich das Richtige und beschränke den Schaden auf ein Minimum, als ich die steile Treppe runterstürze. Ich schütze meinen Kopf, mein Gesicht, rolle mich zusammen um nicht frontal aufzuschlagen und dann bin ich endlich unten, spüre den kalten Boden auf meiner Haut und sondiere in meinem Körper, was sich verwundet oder gebrochen anfühlt. Nicht viel. Also stemme ich mich auf die Hände und schaue die Treppe hoch. Irgendwas läuft mir ins Auge, alles verschwimmt irgendwie. Oben an der Treppe steht Deidara, sieht kalt zu mir runter und sagt: "Du wirst das Zimmer nicht verlassen bis er wieder da ist, verstanden? Beim nächsten Mal breche ich dir die Beine, hmm." Die Tür wird zugeknallt und ich bin allein. Eigenartig, dass ich weder wütend noch verzweifelt bin. Ich weiß genau, wie ich Deidara einzuschätzen habe. Er ist ein Sadist, durch und durch. Aus irgendeinem Grund hasst er mich ganz besonders. Vielleicht wegen Itachi, weil ich ein Uchiha bin, keine Ahnung. Vielleicht passt ihm auch einfach mein Gesicht nicht. Diesen Hass habe ich die ganze Zeit über schon gespürt, aber dass er ihn sofort nach Itachis Fortgehen auf mich abladen würde, hätte ich nicht erwartet. Jetzt weiß ich es besser und ich weiß, was mich in Itachis Abwesenheit erwartet. Wenn ich ihn auch nur falsch ansehe, wird Deidara mich mit Freuden zerquetschen. Und wenn ich nichts falsch mache, wird das auch falsch sein. Prügel werde ich so oder so beziehen. Das Erschreckende ist eigentlich nur, dass ich mir davor nicht mehr fürchte. Das, was mir ins Auge gelaufen ist, war Blut. Ich habe eine Platzwunde am Kopf. Um die zu versorgen hieve ich mich in die Höhe und schleppe mich ins Bad. Ich habe Hunger. Nachdem ich mir so gut es ging das Blut aus dem Gesicht gewischt hatte, habe ich mich hingelegt und erstaunlich lange geschlafen. Vielleicht ist es doch mehr als eine Platzwunde, ich bin immer noch ganz benommen. Es ist jetzt ein paar Stunden her, dass Deidara ausgerastet ist, inzwischen dürfte er sich wohl wieder beruhigt haben. Und wenn nicht habe ich trotzdem nicht vor, weiter zu hungern. Er wird die Gelegenheit so oder so nicht verstreichen lassen. Itachi ist nicht da, kann nicht über mich wachen. Und offenbar hat Deidara schon lange das Bedürfnis, seine Wut an mir auszulassen. Es wäre sicher leichter, seinen Ausbruch mit vollem Magen zu ertragen. Ganz wie in alten Zeiten schleiche ich mich komplett lautlos die Treppe hoch, den Gang entlang und in die Küche. Wie praktisch, dass ich mal ein Shinobi war. Ich habe schreckliche Kopfschmerzen und irgendwie habe ich, sobald ich stehen bleibe, das Gefühl, dass der Boden schwankt. Ich muss mir große Mühe geben, um keinen Lärm zu machen. Den Kühlschrank will ich nicht öffnen, deshalb nehme ich mir zwei Äpfel aus der Schale auf der Anrichte und schleiche dann um die Ecke zur Kellertür zurück. Ich schiebe sie auf und dann steht Deidara neben mir. Weiß der Himmel, wie er es gemerkt hat. "Geh wieder runter." Die Ruhe in seiner Stimme ist es, die mich nervös macht. Ich schiebe mich an ihm vorbei und haste die Treppe runter. Nochmal runterfallen will ich nicht. Der Sturz hätte mir schon beim letzten Mal sämtliche Knochen brechen können. Deidara folgt mir. Ich weiß, dass der Angriff unerwartet kommen wird. Weil er seinen Hass auf mich selbst nicht ganz versteht. Die Äpfel lege ich aufs Bett, stelle mich dann daneben und warte auf seinen Wutausbruch. Er hat einen Kunai in der Hand. Aber anstatt sich mir zu nähern, setzt er sich auf das Bett, nimmt sich einen der Äpfel und schneidet ihn in zwei Hälften. Genüsslich beißt er hinein und starrt mich dabei unentwegt an. Ich erwidere den Blick, reglos, furchtlos. Nichts kann mir mehr Angst machen. Ich habe das Grauen schon gesehen. "Du bist deinem Bruder sehr ähnlich, hmm." Er mustert mich aus seinem blauen Auge. "Ich habe Itachi seit dem ersten Tag gehasst. Und dich auch." Er genießt das. Diese Ansprache konnte er vor Itachi nie halten, also muss ich sie mir jetzt anhören. "Ich hasse eure Augen, die mich so gleichgültig ansehen." Gemächlich steht er auf. "Ihr verwechselt die Geschenke eures Erbes mit eurem eigenen Talent!" Er redet sich allmählich in Rage. Er ist unberechenbar und ich habe ja miterlebt, dass seine Laune plötzlich kippen kann. Lieber ist mir ein provozierter Angriff als ein unerwarteter. Ich schließe die Augen. "Du kannst dir deine Worte ruhig sparen. Vor dir habe ich keine Angst. Verglichen mit Itachi bist du nichts weiter…" Ich öffne die Augen wieder und sehe ihn mit den Sharingan an. "…als ein lästiges Insekt." Deidaras Kopf ruckt in die Höhe und er stiert mich wutentbrannt an. Jetzt wird es ernst. Er springt auf. Die Klinge rast auf mich zu, zielt auf meine Brust. In Bruchteilen von Sekunden begreife ich den Ernst der Lage und vor allem anderen ergreift mich ein immenser Überlebenswille. Mit den Sharingan ist es kein Problem, seine Bewegung genau vorauszusehen. Ich drehe mich um die eigene Achse und schmettere Deidara mit dem Fuß das Messer aus der Hand. Und jetzt bin ich wütend. Zum ersten Mal seit einiger Zeit. Ich springe Deidara geradezu an und reiße ihn zu Boden. Ich schlage ihm ins Gesicht, blöderweise mit meinem rechten Arm, aber der Schmerz verschwindet beinahe unter der Woge des Hasses. Ich prügle auf ihn ein, bis seine Hand vorschnellt, mich im Gesicht trifft und mich von ihm runter befördert. Augenblicklich springe ich wieder auf und ich bin im wahrsten Sinne des Wortes blind vor Wut. "Katon! Gokakyuu no Jutsu!" Der halbe Raum steht in Flammen. Ist mir egal, ob ich mich selbst im Feuer einschließe, Hauptsache ich kann ihn vernichten. Er schreit und das tut mir so gut. Durch die Flammen stürmt er auf mich zu, direkt in meine Faust. Ich bin ein Uchiha. Mag sein, dass ich gegen Itachi nicht ankomme. Aber ich lasse mich nicht von jemandem wie Deidara töten. Er weicht zurück. Seine Hand… da kommt was aus seiner Hand, es sieht aus wie Ton. Was IST das? Es sieht aus als ob es lebt, es ändert seine Gestalt. Wie ein kleines Tier. Ein Tier mit Flügeln, das jetzt pfeilschnell auf mich zu geschossen kommt. Im letzten Moment lasse ich mich zur Seite fallen, sehe im Fallen noch das Fingerzeichen, das Deidara macht, und dann explodiert das Geschoss hinter mir und wirft mich erstmal nach vorne. Ich höre Schritte und rolle mich blindlings in irgendeine Richtung. Es kracht und ich reiße den Kopf hoch. Da, wo ich eben noch lag, klafft jetzt ein rauchendes Loch im Boden. Wieder springe ich auf. Ich muss raus aus diesem Raum. Der Rauch wird schnell dichter, bald kann man hier nicht mehr atmen. Ich sehe Deidara herausfordernd an. Und mir fällt ein, was ich tun kann. Eine Schlange kriecht sein Bein hoch. Entsetzt starrt er das Tier an und dann kriecht eine zweite an ihm hoch. "Was ist das?!", kreischt er. Die Schlangen halten ihn fest. Eine wickelt sich um seinen Hals. Lange wird es ihn nicht aufhalten, aber offensichtlich erkennt er Orochimarus Jutsu wieder und allein das verschafft mir ein paar Momente. Ich springe an ihm vorbei, durch die Flammen, aus dem Raum raus, sprinte die Treppe rauf und knalle die Tür hinter mir zu. Sie hat kein Schloss aber ich kann immer noch hoffen, dass Deidara erstickt, bevor er sich befreien kann. Aber ich werde es bestimmt nicht abwarten. Ich flitze den Gang entlang zur Haustür. Ich werde heute nicht sterben. Nicht durch Deidaras Hand. Es war einen Versuch wert, aber leider ist die Haustür abgeschlossen. Es knallt. Der Boden bebt wie bei einem Erdbeben. Deidara hat da unten irgendwas gezündet. Etwas Großes. Er muss ganz schön sauer sein. Ich muss hier raus. Rasch gehe ich ein paar Schritte von der Tür weg und versuche, sie mit einem Feuerball aufzubekommen. Zwecklos. Verdammt, dann gehe ich eben durch eines der Fenster, auch egal. Ich renne den Gang entlang zurück, will ins Wohnzimmer laufen, aber noch bevor ich die Tür erreiche, schießt etwas durch den Gang und ich muss nach hinten springen. Ein zweites Geschoss fliegt gleich hinterher und ich weiche nochmal zurück. Als der Rauch sich lichtet, sind große Löcher in den Boden gesprengt. Und Deidara steht fuchsteufelswild am Ende des Ganges und ich lese nichts als Mordlust in seinen Augen. In ein Zimmer kann ich nicht mehr wechseln. Deidara würde mich sofort mit seinem Sprengstoff bewerfen und ich habe keine Lust, Körperteile zu verlieren. Ich habe eine vage Idee, wie ich seinen kleinen Bomben den Garaus machen könnte, aber da ich nicht die Zeit habe, meine Theorie zu testen, ziehe ich es vor, hier rauszukommen, bevor eins von diesen Dingern in meine Nähe kommt. Es kommt noch mehr von dem weißen, tönernen Zeug aus seiner Handfläche. Ich muss was tun. Ich muss unbedingt hier raus, bevor er mich in die Luft sprengt. Ich tue das einzige, was mir einfällt. Es wird furchtbar laut, sichtbares, funkelndes Chakra umgibt meinen Arm. Mit dem Chidori stürze ich der Tür entgegen. "Ich bring dich um, du kleine Ratte!", schreit Deidara hinter mir. Etwas zischt an mir vorbei. Mit den Sharingan sehe ich es, sehe das Tier, das an mir vorbei segelt und bete inständig, dass ich mit meiner Vermutung Recht hatte. Die Tür wird von meiner Faust regelrecht gesprengt. Ich springe durch den Splitterregen nach draußen, komme auf dem Boden auf, taumle weiter und hinter mir sprengt eine Explosion mit einem ohrenbetäubenden Knall das halbe Haus. Ich kann kaum noch etwas erkennen. Mir ist furchtbar schwindlig und ich weiß nicht, was mich noch auf den Beinen hält, Schritt für Schritt weg von diesem Höllenhaus, das Deidara in seiner Wut gerade zerstört. Ich weiß nur, dass ich weg muss. Gleich wird er aus der Tür gesprungen kommen und mich schlichtweg umbringen. Chidori hat meine letzten Kraftreserven verbraucht, ich kann einfach nicht mehr. Und dann renne ich direkt in jemanden hinein. Ich werde festgehalten und Itachis Duft ist plötzlich überall. "Was ist denn hier los?", fragt mein Bruder. Gehetzt blicke ich mich um und da kommt auch schon Deidara aus der zersplitterten Tür gestürmt. Er sieht mich, dann Itachi und Kisame, aber deren Anblick kann seine Wut nicht zügeln. "Ich bringe dich um!", kreischt er. Itachi lässt mich los, ich sinke auf die Knie. Und dann flitzt mein Bruder an mir vorbei und stürzt sich auf Deidara. Mir ist so schrecklich schwindlig. Ich schließe die Augen. Ich glaube, ich war bewusstlos. Ein gellender Schrei weckt mich. Mühsam richte ich mich auf und was ich sehe, lässt mich an meinem Verstand zweifeln. Deidara steht in Flammen. Er schreit wie am Spieß und schwarze Flammen lecken an seiner Kleidung. Und vor ihm steht Itachi, mit dem Rücken zu mir, und ich beobachte erschrocken, wie er in die Knie geht. Was ist denn jetzt los? Mit Itachi stimmt was nicht. Selbst von hier aus, selbst von hinten sehe ich, dass er am Ende seiner Kräfte ist. Er ringt nach Atem, ich sehe, wie er sich am Boden abstützt. Automatisch aktiviere ich die Sharingan. Das schwarze Feuer… mit den Sharingan sieht es noch bedrohlicher aus. Es sieht aus, als würde das tiefe Schwarz die Farbe von Deidaras Chakra absorbieren. Er wird sterben. Die Flammen sind nicht normal, sie ernähren sich nicht von Sauerstoff sondern von seinem Chakra. Sie gehen erst aus, wenn er tot ist. Als ich Itachi ansehe, jetzt mit den Sharingan, gefriert mir das Blut in den Adern. Da ist irgendwas. Mit den Sharingan kann ich es sehen, in ihm drin, in seinen Adern, überall, von hier aus sieht es aus wie… wie Insekten in seinem Körper. Ich stemme mich hoch und laufe ihm entgegen. Was ist das? Was… Einen knappen Meter bin ich noch von ihm entfernt, da erkenne ich es. Diese weißen, kleinen Dinger, die aussehen wie Insekten, aber diesmal mikroskopisch klein, so winzig, dass man sie nur mit den Sharingan sehen kann. Jedes einzelne ist eine scharfe Bombe! Und sie sind in Itachis Körper, überall. Sieht er sie denn nicht? Panik überkommt mich, ein Gedanke frisst sich in meinen Kopf: wenn sie hochgehen, wird Itachi quasi pulverisiert. Deidara hat aufgehört, die Flammen löschen zu wollen. Ich sehe ihn an und da ist ein Ausdruck puren Hasses in seinen Augen. Ich weiß, was er tun will. Ich renne zu Itachi und werfe mich quasi auf ihn, schlinge meine Arme um ihn und halte ihn fest als ginge es um mein Leben und nicht um seins. Er sagt etwas aber ich höre es nicht. Chidori ist zu laut. Funken umhüllen uns alle beide, als ich so viel Chakra wie es nur geht freigebe. Ich muss es durch seinen Körper jagen. Und beten, dass ich mit meiner Vermutung Recht habe, dass Deidara ausschließlich erdgebundene Jutsu benutzt. Die kann ich nämlich mit Chidori unschädlich machen. Itachi schreit meinen Namen über den Lärm hinweg, aber er macht keine Anstalten, sich loszumachen. Von seinem Standpunkt aus dürfte es so aussehen, als wollte ich die Gelegenheit nutzen, ihn zu töten. Ich spüre seine Hand an meinem Arm, die sich festhält. Es tut weh, uns beiden. Aber er schenkt mir Vertrauen, er lässt nicht los. Und dann schreit Deidara, wutentbrannt. Ich muss mich wirklich anstrengen, um den Kopf in seine Richtung zu drehen. Er hat versucht, die Bomben hochgehen zu lassen. Und es hat nicht geklappt, ich habe sie alle entschärft. Ich kann aufhören. Ich lasse einfach los und falle wie ein nasser Sack von Itachi runter. Itachi ist jetzt neben mir. Seine Augen sind weit aufgerissen und jetzt wird mir klar, wieso er es nicht gesehen hat. Es sind keine Sharingan mehr. Er hat sich wohl vorher schon überanstrengt. Ein schwaches Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht. Ich glaube, ich habe ihm das Leben gerettet. Aber vorbei ist es noch nicht. Deidara hat, wie es scheint, noch ein As im Ärmel. Er steht in Flammen, muss sicher unfassbare Schmerzen haben, aber das einzige, was für ihn noch zählt, ist, uns mit in den Tod zu nehmen. Er hat sich das Hemd vom Körper gerissen und da ist… mein Gott! Eine Öffnung auf seiner Brust, wie ein gieriges Maul, aus dem noch mehr von dem weißen Ton kommt. Mit den Sharingan sehe ich, wie sein ganzer Körper von roten Chakrafäden durchzogen wird. Das ist auf jeden Fall das Ende. Deidaras Kamikaze Aktion. "Wir müssen hier weg", schreie ich Itachi an. Ich verstehe nicht, was mit ihm los ist. Wenn ich es sehe, müsste er doch… aber seine Augen, die bewegen sich so seltsam, so als ob… Und erst jetzt kommt wieder Leben in Itachi und er begreift den Ernst der Lage. "Sasuke!", sagt er fast panisch und zerrt mich in die Höhe. Wir rennen los, alle beide, aber wir sind nicht schnell genug. Itachi wirft sich auf mich, da ist ein ohrenbetäubender Knall und ich kann nicht mehr atmen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)