Der 5. Hohe Rat der Bruderschaft von SweeneyLestrange ================================================================================ Kapitel 13: Eine verheerende Entscheidung ----------------------------------------- Tut mir Leid, dass es solange gedauert hat. Hatte ne schlimme Schreibblockade >.< ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Mit entsetzten Gesichtern verfolgten John und Anne das grässliche Geschehen, was sich nun ereignete. Meeresgetier wuchs auf den Crewmitgliedern, Gesichter und Glieder begannen sich grotesk zu verformen, Haare fielen aus, die Haut wurde schuppig und nahm bei manchen eine andere Farbe an, Haut, Fleisch und Knochen verwandelte sich in Korallen. Einer hielt sich mit Schmerz verzerrtem Gesicht die rechte Gesichtshälfte, ließ aber los, als auf einmal Stacheln aus der Haut wuchsen. Das Auge verformte sich, wurde größer und rund. Die Haut auf der Gesichtshälfte blähte sich auf, wobei sie einen hellen orangegelblichen Farbton annahm. Ein anderer hielt sich unter Höllenqualen leidend den Kopf, der sich immer mehr zu dem eines Hammerhais verformte. Das alles wurde begleitet von schaurigen Aufschreien vor Pein und qualvollem Stöhnen. Anne hielt das nicht mehr länger aus. Zitternd vor Schreck drehte sie sich um. Die Hände fest auf die Ohren gepresst, um die Qualen nicht mehr länger mitanhören zu müssen. Das ganze Grauen, welches die Verwandlung der Crewmitglieder auslöste, konnte sie nicht mehr ertragen. Nie hätte sie gedacht, so etwas Schreckliches mit ansehen zu müssen. Dann war alles so schnell wieder vorbei, wie es begonnen hatte. Als sich das Mädchen wieder umdrehte, standen vor ihr und John Kreaturen, die halb einem Mensch und halb einem Meereswesen glichen, jedoch so furchterregend aussahen, dass Anne eine Gänsehaut bekam. Die Verwandlung konnte nur eines bedeuten: das Schiff hatte einen neuen Captain. Dies erkannte nun auch John und er fing haltlos an zu Schluchzen. Sein Großvater kam und drückte ihn tröstend, doch auch seine Augen schimmerten feucht. Erst dann fiel Anne auf, dass sich Stiefelriemen Bill im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern nicht verändert hatte. Etwas verwundert darüber, was das zu bedeuten hatte, fiel ihr Blick auf die Kajüte des Captains. Sie stockte, als sie sah, dass sich die Tür langsam öffnete. Heraus trat eine erleichtert dreinblickende Elizabeth gefolgt von Will Turner mit einem schlagenden Herz in seiner Brust. „John“, zischte Anne, „John!“, und tippte ihn an die Schulter. Mit einem verheulten Gesicht sah er zu ihr auf und folgte ihrer Geste in Richtung seiner Eltern. Der Junge starrte sie an, als wäre dies bloß ein Traum. Dann hellte sich sein Gesicht auf und vor Freude jauchzend sprang er in ihre Arme. Stiefelriemen Bill folgte seinem Enkel und eilte erleichtert lachend zu seinem Sohn. Anne stand einfach nur verwundert da. Sie verfolgte eine Weile lang die freudige Stimmung der Turner, fragte sich dabei aber, aus welchem Grund Will noch lebte. Kurz darauf fiel ihr ein, dass die Aussage, Will würde sterben, wenn Davy Jones wieder Captain der Flying Dutchman wurde, nie mit Sicherheit ausgesprochen wurde. Nur am Ende hatten dies alle geglaubt. Dann richtete Anne ihren Blick auf die Kajüte des Captains. Sie fragte sich aus welchem Grund Calypso und Davy Jones noch nicht herausgekommen waren wie Will und Elizabeth. Just in diesem Moment ging die Tür auf einmal auf. Calypso trat mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck heraus. Ihr Blick huschte kurz über die Crew. Sie nickte befriedigt und stellte sich etwas weiter abseits. Ihr folgte Davy Jones. Nachdem er seiner Mannschaft bestimmte Befehle erteilt hatte und diese sich sofort an die Arbeit machte, wandte er sich zu den Turnern. Jetzt, wo die Crew auf dem Schiff hin und her lief und die Befehle ausführte, kam es Anne vor als hätten sie sich wie zu einer Beratung versammelt. „Nun du hast noch eine Schuld zu begleichen“, fing Davy Jones an Stiefelriemen Bill gewandt an. „Ich weiß, Captain“, entgegnete Bill Turner. Dabei entging ihm nicht die Boshaftigkeit seines Captains. Schützend legte Will seine Hand auf den Oberarm seines Vaters, als könnte er ihn so vor seinem unweigerlichen Schicksal bewahren. Davy Jones bemerkte dies und sein Mund verzog sich zu einem kleinen unheilverkündenen kalten Lächeln. „Ich werde nur keinen der Turner Brut auf meinem Schiff mehr dulden!“, erklärte er und schritt bedrohlich auf Stiefelriemen Bill zu. Erst da fiel Anne auf, dass der Teufel der Meere leicht wankend ging, was wohl am Krabbenbein liegen musste, welches bei jedem Schritt einen dumpfen Laut auf den Planken erzeugte. Johns Großvater ahnte schlimmes, machte jedoch keine Anstalt sich zu widersetzen, da er dem Captain Wohl oder Übel gehorchen musste. So fügte sich der alte Mann seinem Schicksal, während Elizabeth ihren Sohn schützend in die Arme nahm und Will den Captain der Flying Dutchman hasserfüllt anfunkelte. Dies alles störte Davy Jones nicht im Geringsten, es hatte sogar den Anschein, als genoss er es, die Turner zu quälen. Unbeirrt fuhr er fort: „Deine Seele gehört mir und wegen deines Verrats sollte ich dich töten. Doch will ich dir ein Angebot machen, bring eine andere Seele statt deiner und du bist frei.“ Stiefelriemen kannte seinen Captain gut genug, als dass er glauben würde, die Sache hätte keinen Haken. Außerdem wollte er niemand anderes für sich opfern. „Es wir keine Seele statt meiner geben“, murmelte Wills Vater ausdruckslos und ließ kraftlos die Schultern hängen. „Vater nicht!“, rief Will und packt ihn an der Schulter. „Wir werden einen Ausweg finden!“ Stiefelriemen Bill lächelte bloß matt. „Sieh mich an“, forderte er seinen Sohn auf. „ich bin alt und werde irgendwann sowieso sterben. Außerdem, willst du wirklich einen unschuldigen opfern, um mich zu retten?“ Damit hatte er Wills wunden Punkt getroffen. „Nein“, erwiderte er, „aber ich möchte auch nicht, dass du so stirbst!“ „Ihr solltet Euch glücklich schätzen, nicht längst schon tot zu sein, Mister Turner. Und was für einen Ausweg gedenkt Ihr zu finden, ehe wir das Totenreich verlassen haben werden“, mischte sich Davy Jones spöttisch in das Gespräch ein. Widerwillig musste Will erkennen, dass der verhasste Captain der Flying Dutchman recht hatte. Viel schlimmer für ihn war aber die Erkenntnis, machtlos zu sein und seinem Vater nicht mehr helfen zu können. Er hatte gar keine andere Wahl, als das Geschehen weiterzuverfolgen und auf ein Wunder zu hoffen. So sehr er das auch hasste. Anne hatte all dies währenddessen aufmerksam mitverfolgt. Sie schien für die anderen in Vergessenheit geraten zu sein, was sie selbst aber nicht weiterhin störte. Im Gegenteil sie war sogar ganz froh darüber, von niemandem beachtet zu werden. Doch als sie Calypsos rätselhaften Blick auf sich spürte, wusste sie, dass sie nicht alle vergessen hatten. Die heidnische Göttin schien sie immer noch zu beobachten, was ein mulmiges Gefühl in dem Mädchen aufsteigen ließ. Langsam aber sicher dämmerte Anne, was Calypso vorhaben könnte. Nein!, schoss es ihr panisch durch den Kopf, Das wird sie mir unmöglich antun! Das kann sie nicht mit mir machen! Oder etwa doch? Nervös schweifte Annes Blick zu Calypso. Irgendwie hatte sie das Gefühl, die Göttin wusste, was sie selbst gerade dachte. Unmerklich nickte Calypso und bemerkte laut: „Es gibt eine Seele an Bord dieses Schiffes, die du statt der von Stiefelriemen Bill nehmen könntest, Davy Jones.“ Ruckartig drehte der Teufel der Meere den Kopf zu der heidnischen Göttin. „Und welche soll das sein?“, wollte er mit unverhohlener Skepsis wissen. Ein für Anne nur allzu bekanntes Lächeln umspielte die Lippen Calypsos, welches für das Mädchen bis jetzt immer nur Unheil bedeutet hatte. Dann antwortete die Göttin: „Die des Mädchens…von Anne.“ Auch wenn Anne damit gerechnet hatte, solche Worte von Calypso zu hören, traf es sie doch wie der Schlag, als die Worte ausgesprochen wurden. Schlimmer war jedoch für sie, dass nun alle Aufmerksamkeit auf ihr ruhte. Unweigerlich wich Anne etwas weiter zurück, weg von den anderen. Viel brachte ihr das aber nicht. Davy Jones schien der Vorschlag mehr zu belustigen als alles andere. „Warum ausgerechnet dieses Mädchen?“, fragte er. „Weil Anne“, erwiderte Calypso, „die einzige Seele auf diesem Schiff ist, die für diesen Tausch in Frage käme.“ Bei diesen Worten warf sie ihm einen Blick zu, den man nur jemanden zuwirft, um einen an etwas Bestimmtes zu erinnern. Das gefiel Anne ganz und gar nicht. Nicht nur Calypsos sonderbares Verhalten sondern auch wie um sie schon beinahe gehandelt wurde, ohne sie überhaupt zu fragen, was sie davon hielt. Einzig und allein ihre Schüchternheit hielt sie zurück, sich in das Gespräch einzumischen. Anne konnte nur hoffen, dass man sie irgendwann doch noch nach ihrer Meinung fragen würde, oder dass Davy Jones, und das war viel wahrscheinlicher, sie gar nicht als Crewmitglied nehmen würde. Leider kam es anders. Der Teufel der Meere wandte sich schließlich an Anne: „Wärst du bereit die Schuld von Stiefelriemen Bill auf dich zu nehmen und statt seiner meiner Crew beizutreten, Anne?“ Innerlich atmete sie erleichtert auf. Nun wurde sie doch noch gefragt. Die Antwort war für sie schon längst klar. Johns flehenden Blick ignorierend wollte Anne antworten, kam aber nicht dazu, da der Junge ihre Absicht ahnte. Schnell eilte er zu dem Mädchen hin. „Bitte, bitte sag ja“, bettelte er. „Ich würde dies ja selbst tun, doch ich bin nun mal ein Turner…“ „John!“, rief Elizabeth wütend, als sie sah, was ihr Sohn da gerade tat. „Unterstehe dich Anne zu so einem Schicksal zu zwingen!“ Betreten senkte John den Kopf. Erst jetzt wurde im bewusste, was er da gerade von Anne verlangt hatte. Denn im Gegensatz zu ihr kannte er die schrecklichen Bedingungen der Crew der Flying Dutchman beizutreten. Hätte er sie erzählt, hätte Anne wohl nie ihren schrecklichsten Fehler begangen, den sie in diesem Moment tat. Während John schuldbewusste vor sich hingrübelte, kam Anne auf einmal eine Idee. Entschlossen ging sie zu Calypso. Nachdem sie ihren restlichen Mut sowie ihr letztes Bisschen Selbstsicherheit zusammengekratzt hatte, sagte sie leise: „Ihr wollt, dass ich der Crew beitrete, oder?“ Die Göttin nickte kaum merklich. Sie schien zu ahnen, was dem Mädchen durch den Kopf ging. „Gut“, bemerkte Anne zufrieden. „Ich werde der Crew unter einer Bedingung beitreten.“ Calypso konnte sich die Antwort denken, doch fragte sie: „Und die wäre?“ „Ich möchte, dass Ihr mir endlich Antworten auf meine Fragen gebt“, erwiderte Anne. Die Göttin lächelte. „Die wirst du zu gegebener Zeit erhalten.“ „Zu gegebener Zeit?“ Anne wurde misstrauisch. „Ja.“ „Und wann wäre die?“ „Nachdem Davy Jones am Hohen Rat teilgenommen hat.“ „Und was nützt es mir der Crew beizutreten?“ „Dich wird der Fluch nicht treffen, die Gestalt einer Fischkreatur anzunehmen.“ Was für eine beruhigende Vorstellung, dachte Anne ironisch. Trotzdem vergaß sie jegliche Vorsicht und beschloss doch Stiefelriemens Schuld zu begleichen. „Wenn ich jetzt der Crew beitrete, wäre es mir gewiss, endlich Antworten von Euch auf meine unzähligen Fragen zu bekommen. Dies werdet ihr aber erst tun, nachdem der Hohe Rat Davy Jones getroffen hat“, fasste Anne leise zusammen. „Genauso ist es“, bestätigte Calypso. Also gut, dachte das Mädchen, holte tief Luft und versuchte ihre Nervosität zu unterdrücken. Wenn ich das jetzt nicht tue, erhalte ich vielleicht nie Antworten auf meine Fragen. Sich mit diesen Gedanken beruhigend wandte sich Anne an Davy Jones. Sie hatte das Gefühl, dass dieser Bruchstücke ihres Gespräches mitbekommen hatte, obwohl sie so leise wie möglich gesprochen hatte. Nervös mit den Händen ringend setzte Anne zu einer Antwort an. Ehe sie aber auch nur ein Wort aussprechen konnte, wiederholte der Captain der Dutchman seine Frage: „Nimmst du das Angebot an und kommst in meine Crew?“ Dabei schaute er sie fragend an und holte eine Pfeife hervor. Etwas an seinen Worten verunsicherte sie, bevor sie aber weiter darüber nachdenken konnte, handelte sie wie von selbst. Während Anne antwortete nahm sie alles, jede Sekunde, jedes kleinste Detail, jede Regung der anderen wahr, als ob die Zeit still stände. Calypso, die sehr zufrieden zu sein schien, einen überaus glücklichen John, Will, der das Geschehen ausdruckslos verfolgte, in dem Wissen, das ihm diese Situation mehrere Male selbst widerfahren war, einen betrübt dreinblickenden Stiefelriemen Bill, obwohl sie ihn doch von seiner Schuld befreite, Elizabeth, welche erschrocken die Hände vor dem Mund zusammengeschlagen hatte und Davy Jones dessen Mundwinkel sich zu einem kleinen grausamen Lächeln verzogen hatten. All das kam Anne verdächtig vor. Innerlich schrie alles in ihr danach, nichts zu sagen, den Mund zu halten und einfach abzuwarten, bis sie endlich das Totenreich wieder verlassen würden. Es war jedoch zu spät. Entsetzt hörte sie sich mit ruhiger Stimme sagen: „Ja, ich nehme das Angebot an.“ Es vergingen quälend langsame Sekunden, in denen fast alle den Atem angehalten hatten, bis der Teufel der Meere schließlich verkündete: „Willkommen in der Crew, Anne.“ Dann ging er seine Pfeife rauchend davon, um der Crew die nötigen Anweisungen zu geben, damit sie das Totenreich endlich verlassen konnten. Währendessen rannte John auf Anne zu und umarmte sie stürmisch. „Oh Anne!“, rief er überglücklich. „Vielen, vielen Danke dafür. Ich hatte solche Angst, dass mein Großvater sterben müsste.“ Als sie dies hörte, hob sich ihre Stimmung. Sie unterdrückte das Gefühl einen großen Fehler begangen zu haben und redete sich stattdessen ein, dass alles gut werden würde. Vor Freude strahlend zog er sie mit sich zu seinen Eltern und seinem Großvater. Anne wusste nicht, wie sie sich ihnen gegenüber verhalten sollte und starrte deshalb etwas schüchtern auf die Planken. Schließlich ergriff Stiefelriemen Bill das Wort: „Ich bin dir zu Dank verpflichtet, Anne. Auch wenn ich nicht weiß, was du mit Calypso besprochen hast und ob dir etwas an meinem Wohl lag, als du zugestimmt hast meine Schuld zu begleichen. Nur…“ Er brachte es nicht über sich weiterzusprechen. Verlegen starrte sie ihn an, wobei sie sich fragte, ob ihr wirklich etwas an seinem Wohl gelegen hatte. Sie kam zu dem Schluss, dass es so gewesen sein musste und dazu beigetragen hatte, der Crew beizutreten. Doch weshalb hatte er nicht zu Ende gesprochen? Und warum wirkten Will und Elizabeth überhaupt nicht glücklich, obwohl sie die Schuld von Bill Turner auf sich genommen hatte? Schweren Herzens gab Elizabeth ihr die Antwort auf ihre ungestellten Fragen: „John … es tut mir sehr Leid…. Und besonders dir, Anne, fällt es mir schwer die Wahrheit zu sagen, aber… du konntest durch deinen Beitritt der Crew Stiefelriemen Bill nicht retten.“ Was?!?, schoss es Anne durch den Kopf und starrte Johns Mutter entsetzt und verwundert zugleich an. „Aber…ich…. Warum?“, brachte sie völlig verwirrt zustande. „Weil“, erklärte dieses Mal Will, „du auf einen der bewährtesten Piratentricks hereingefallen bist – so wie Elizabeth und ich vor langer Zeit einmal bei Barbossa.“ „U-und der wäre“, fragte Anne mit erstickender Stimme, in der sich das Wissen einen schrecklichen Fehler begangen zu haben, nur noch vergrößerte. Verbittert klärte Elizabeth sie auf: „Indem man entscheidende Kleinigkeiten weglässt. Anne, du erinnerst dich sicherlich, wie Davy Jones dich beim ersten Mal gefragt hatte, ob du bereit wärst, Stiefelriemens Schuld zu begleichen.“ Das Mädchen nickte. „Und beim zweiten Mal“, fuhr die Piratenkönigin fort, „fragte er dich nur danach, ob du seiner Crew betreten wollest.“ Jetzt hatte Anne begriffen, worauf die drei hinauswollten und es fiel ihr wie Schuppen von den Augen. Was solls’s, dachte sie bemüht optimistisch, ich kann ja immer noch aus der Crew austreten. Hätte sie die Geschichten von der Flying Dutchman gekannt, wären ihr erst gar nicht solch törichte Gedanken gekommen. Doch sie kannte sie nicht und konnte deshalb auch nicht wissen, dass ihr Vorhaben unmöglich war. „Wenn ich also seiner ersten Frage zugestimmt hätte, hätte ich damit Stiefelriemen Bills Schuld begleichen können. Die zweite Frage bezog sich aber nur noch auf den Beitritt der Crew, weshalb ich zwar der Crew beitrat, nicht aber die Schuld beglich“, schlussfolgerte Anne immer leiser werdend, da sie sich Vorwürfe machte, nicht auf so eine Kleinigkeit geachtet zu haben. John holte erschrocken nach Luft und starrte entsetzt einen nach den anderen an, bis sein Blick auf seinen Großvater gerichtet blieb. „H-heißt das…heißt das etwa“, er wollte gar nicht weitersprechen. Auch so wusste jeder, was gemeint war. Bedrückt nickten Will, Elizabeth und Stiefelriemen Bill. „Aber...aber“, rief der Junge verzweifelt. „Dann sind die hundert Jahre, die Anne an Bord dieses Schiffes verbringen muss, völlig umsonst!“ Entsetzt horchte Anne auf. „Hundert Jahre?“, fragte sie verblüfft mit heiserer Stimme. „Warum sollte ich denn hundert Jahre auf diesem Schiff verbringen?“ Auch wenn sie nach außen hin noch ziemlich gelassen wirkte, so schnürte ihr insgeheim die Angst die Kehle zu. Elizabeth schien zu ahnen, was in Anne vorging und sie warf ihrem Sohn einen vielsagenden Blick zu. Dieser fragte vorsichtig: „Anne, kennst du die Geschichten, die man sich über die Flying Dutchman erzählt?“ „Wenn du wüsstest, wie viel ich kenne oder weiß“, entgegnete Anne bitter. Ihre böse Vorahnung verschlimmerte sich nur noch und sie hatte das Gefühl ihr würde vor lauter Angst, in was sie da hineingeraten war, schlecht werden. Keiner traute sich so recht ihr etwas über die Flying Dutchman zu erzählen, bis sich schließlich Will dazu aufraffte. „Die Flying Dutchman war unter Davy Jones Kommando das gefürchtetste Schiff in der Karibik, denn eines war immer gewiss: Die Begegnung mit dem Schiff bedeutete den Tod oder Schlimmeres“, begann Johns Vater. „Die Opfer wurden meist mit dem Kraken angegriffen. Die wenigen Überlebenden mussten auf den Überresten ihres Schiffes ausharren – sie alle waren dem Tode nah. Erst nachdem viel Zeit verstrichen war, zeigte sich die Crew der Dutchman auf den Überresten des angegriffenen Schiffes und nahm die restlichen kurz vor dem Tode stehenden Seeleute mit sich an Bord der Flying Dutchman. Natürlich geschah dies nicht immer mit dem Angriff des Kraken. Je nach Laune griff das Geisterschiff auch direkt ein Schiff an, welches zum Opfer auserkoren worden war. Dann fiel Davy Jones Crew, bei deren bloßen Anblick man das Grausen bekommt, gnadenlos über die Seeleute her. Dabei wurden ebenfalls arme Seelen, die allesamt schon halb tot waren, aussortiert und mit an Bord der Dutchman genommen. Für dich, Anne, ist aber entscheidend, was mit denen geschah, die man mit an Bord nahm. Denn dort wurden sie von Davy Jones vor die Wahl gestellt: Den Tod oder den Beitritt in seine Crew. Viele fürchteten den Tod so sehr, dass sie der Crew beitraten – ein schrecklicher Fehler, denn dies ist schlimmer als der Tod.“ Anne hatte gespannt jedem einzelnen Wort gelauscht und nun, wo Will eine theatralische Pause machte, schlug ihre Beunruhigung in Angst um, die an nackte Panik grenzte und sie fürchtete sich beinahe davor, die Wahrheit zu erfahren. Als Johns Vater den angsterfüllten Gesichtsausdruck des Mädchens sah, fuhr er schnell fort, da er sie nicht länger auf die Folter spannen wollte: „Diejenigen, welche Davy Jones Angebot annehmen, sind vom Tode verschont, doch haben sie dafür eine Schuld zu begleichen. Hundert Jahre an Bord gebunden, müssen sie für ihren Captain arbeiten. Es ist ihnen nicht möglich das Schiff zu verlassen – es sei denn es wird ihnen von Davy Jones befohlen – und mit der Zeit vergisst man wer man war und wird über die Jahre an Bord der Flying Dutchman immer mehr zu einem Teil der Crew und des Schiffes…“ Annes Entsetzen hatte sich bei den letzten Worten bis ins unermessliche gesteigert. Nachdem Will Turner geendet hatte, fühlte sie sich wie betäubt. Die mitfühlenden Blick der anderen nahm sie dabei gar nicht mehr wahr und erst langsam drang die Bedeutung ihrer verheerenden Entscheidung in ihr Bewusstsein. Die Betäubtheit wich der schrecklichen Erkenntnis und es schien, als würde ihre Welt, die sie nun glaubte zu kennen, zu zerfallen. Stück für Stück bis nichts anderes mehr übrig blieb, als ein Gefühl von Leere, einer Leere, die schlimmer als Einsamkeit war. Anne bemerkte nicht, wie Elizabeth zu Boden blickte und sich schämte, vergessen zu haben, dem Mädchen nichts von der Flying Dutchman erzählt zu haben, obwohl sie gewusst hatte, dass das Mädchen fast gar nichts kannte oder auch durch ihren Gedächtnisverlust nichts mehr wusste. Auch bemerkte Anne Wills Blick, der auf sie gerichtet und voller Anteilnahme war, John, der noch nicht recht zu begreifen schien, was das alles zu bedeuten hatte und Stiefelriemen Bill nicht, auf dessen Gesicht sich Schuldgefühle und ein schlechtes Gewissen widerspiegelten, da er in gewisser Weise dazu beigetragen hatte, dass Anne diesen schwerwiegenden Fehler beging. Während all dies geschah, befahl Davy Jones seiner Crew das Totenreich zu verlassen. Erst als sich die Flying Dutchman zu senken begann, erwachte Anne aus ihrer Benommenheit und bekam gerade noch mit, wie die Turner Stiefelriemen Bill mit feucht schimmernden Augen umarmten und mit brüchigen Stimmen Abschiedsworte flüsterten. Bevor das Mädchen aber irgendetwas tun konnte, senkte sich die Flying Dutchman mit dem Bugspriet voran ins Wasser. Dann brachen die Wassermassen über dem Schiff zusammen, ehe Anne noch die Zeit dazu hatte, Luft zu holen. Sie hatte gar nicht mitbekommen, dass die Flying Dutchman bereit gemacht worden war, das Totenreich zu verlassen und nun rissen sie die völlig unerwarteten Wassermassen mit einer unglaublichen Kraft von den Füßen. Anne schaffte es so gerade eben noch sich an der Takelage festzuhalten, bevor sie vom Schiff gespült worden wäre, was schlimme Folgen gehabt hätte. Ein Ruck ging durch das Schiff und Anstelle des Sogs kam nun der Druck, der die Flying Dutchman zur Wasseroberfläche hin drückte. Mit dem krokodilsartigen Bugsprit voran durchbrach das Geisterschiff wie schon beim Totenreich zuvor die Wasseroberfläche – dieses Mal jedoch mit Anne als neuem Crewmitglied. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ So das war Kapitel 13. Im Grunde genommen ist dies ein sehr wichtiges Kapitel für die ganzen späteren Ereignisse, aber na ja das kommt noch alles... Erst mal hoffe ich, dass es euch gefallen hat. Dann würde mich mal interessieren, ob das Kapitel irgendwie überraschend war, denn es ist ja doch einiges Unvorhergesehenes passiert. Aber na ja am längsten habe ich bei Stiefelriemen Bills Tod überlegt. Ich war lange am Überlegen, ob ich ihn nun wirklich sterben lassen sollte. Vor allem als ich kurz davor den Film Goyas Geister gesehen habe. Der Schauspieler von Bill hatte da ne ganz sympathische Rolle, aber glücklicherweise war da dann noch der Film King Arthur, wo der so nen ollen Sachsenanführer gespielt hat und da ich mir dachte, wenn schon nicht Will stirbt dann muss eben ein anderer Turner sterben, fiel die Wahl auf Stiefelriemen Bill *fg* Ok genug Geplauder^^" -Hakura Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)