Das verlorene Leben von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: Gewissensbisse ------------------------- Die Nacht scheint unendlich, denn bereits zwei Stunde nachdem sich Zoe neben den smarten Seelig schlafenden jungen Mann legte, sitzt sie nun schon wieder vor dem kleinen Laptop auf dem Couchtisch im Wohnzimmer. Ein Blick auf die Uhr zeigt ihr, dass es gerade ein mal vier Uhr ist und sie bis zu dem jetzigen Moment kein Auge zugetan hat. Ihre Gedanken kreisen um die letzten Worte ihres Vaters und so hat sie sich entschlossen, ein paar Recherchen im Internet zu unternehmen. Seit etwa einer halben Stunde klotzt sie gedankenverhangen auf den weißen Monitor und wartet darauf, dass er ihr ihre Fragen beantwortet, doch nichts regt sich. Durch einen zufälligen Link hat sie schnell einige Vermisstenanzeigen aus der Umgebung durchblättern können, die allerdings kein Erfolg gebracht haben. Er scheint ein Mysterium zu sein, an das keiner sich erinnern mag und sie ruft sich seine strahlend blauen Augen zurück in den Sinn. Ihr Gewissen spaltet sich in zwei Teile. Sie hat ihn so kennen und lieben gelernt und gerne würde sie ihm das Leben so Farbenfroh und angenehm wie nur möglich gestalten. Ihn vor bösen Ereignissen schützen oder gar die seiner eigentlichen Vergangen im Verborgenen lassen. Doch ihre Neugier, die er in ihr von Tag zu tag mehr weckt, will den wahren jungen Mann entdecken. Wissen wie er ist und vielleicht auch lebt. In dem Momentanen Zustand in dem er sich noch immer befindet ist es schier unmöglich aus ihm einen selbständigen Mann zu machen und sie seufzt laut in ihre Gedanken. Ein Blick, durch das schmale Fenster links neben ihr, zeigt ihr das die Sonne noch keinerlei Anstalten macht sich über dem Horizont zu erheben und den Tag einzuleiten. Im Grunde genommen ist sie auch sichtlich glücklich darüber, denn so bleiben ihr noch einige ruhige Minuten der Besinnung bis der kleine Tollpatsch wieder in den Morgen startet und ihr Leben völlig auf den Kopf stellt. Sie klappt den Bildschirm des Laptops nach unten und lehnt sich entspannt in ihr Sofa zurück. Ihre Gefühle die sie gegenüber ihrem neuen Freund hegt, verstärken sich von Tag zu Tag und sie kann nicht wirklich einschätzen, in welche Richtung die selbigen noch entwickeln werden. Für einen kurzen Augenblick schließt sie die Augen um ihren Geist wieder her zu werden und bemerkt nicht wie ihr Körper diese Situation ausnutzt und sie in den Schlaf geleitet. Ihr kurzer Schlaf endet rasch, als Eric hellwach um die Ecke zum Wohnzimmer springt und dann mit einem großen Satz, eine ungeahnt schmerzhafte Bruchlandung auf ihr absolviert. Nur schwer öffnen sich die Augen von Zoe deren Kopf ein schwerer Schmerz durchdringt. Instinktiv greift sie sich an ihr Haupt und schaut dann in die strahlenden blauen Augen des Jüngeren vor ihr. Für wenige Momente verliert sie den Halt unter sich und vergisst ihre Gedanken die ihr die halbe Nacht lang jegliche Ruhe raubten. Eine angenehme Wärme macht sich in ihrem Körper breit und sie spürt wie einige Schmetterlinge einen kleinen Sturzflug in ihrem Bauch gestartet haben. Die anfängliche Benommenheit auf Grund des rabiaten Weckvorganges hat sich schnell gelegt und ihre Lippen bewegen sich langsam und doch stetig auf die seine zu. Bevor sie sich allerdings treffen und sie seinen sanften Atem in ihrem Gesicht spürt, wird ihr Traum ein weiteres Mal je zerstört. „Tut mir leid!“, dringt in ihr Ohr und sie besinnt sich schlagartig. Ein wenig von sich selbst schockiert lässt sie sich nach hinten in das Polster fallen und schaut in sein, mittlerweile bedrückt dreinschauende Gesicht. Nicht aber ohne ihm mit einem fröhlichen Lächeln zu antworten und Eric liebevoll durch die Haare zu wuscheln. „Ist schon ok, Hooki! Lass uns etwas essen!“. Ihre Worte treffen das schwarze und mit einem eiligen Satz springt er von ihr und saust über den Flur in die Küche und setzt sich auf seinen angestammten Platz unter dem kleinen Fenster. Die Sonne ist in der Zwischenzeit aufgegangen und scheint sacht durch die Scheibe auf seinen Rücken. Er genießt die leichte Wärme, die sie verursacht und sein Blick fällt nach draußen. Er bemerkt wie einige kleine Kinder auf der Wiese vor dem Haus mit einem viel zu großen Ball spielen. Seine Augen können sich nicht von ihnen wenden und er beginnt sie ein wenig zu beneiden. So fällt sein Gesichtsausdruck nicht sonderlich fröhlich aus, als auch Zoe sich endlich in die kleine Küche bequemt hat und ihn fragend anschaut. „Ich will auch spielen!“, wimmert er ihr leise entgegen, woraufhin sie aus dem Fenster lugt und die zwei Mädchen auf der saftigen Wiese erkennt. Wieder wird ihr klar, das die Bedürfnisse der beiden so gar nicht aufeinander passen und sie seine Leidenschaft für Trickfilm und Ballspiele nicht wirklich teilen kann. Sie hockt sich vor ihn und legt ihre Arme auf seinen Knien ab. Noch immer wirken seine Augen matt und traurig. Es versetzt ihr einen Stich ihn so sehen zu müssen und für einen kurzen Augenblick sucht sie nach Worten. Von Tag zu Tag fällt es ihr schwerer ihm das zu sagen, was sie eigentlich denkt und sie spürt wie sie ihm immer mehr verfällt. „Keine Angst. Wir werden noch spielen!“, versucht sie ihn zufrieden zu stellen, unbedacht dessen, was für sie das richtige gewesen wäre und auch diesmal kann sie ihn beruhigen und eine weitere gewisse Zeit herausschlagen um sich an die vorherrschende Situation zu gewöhnen. Es ist genau dieser bedrückte Gesichtsausdruck, den sie für ihre Entscheidung, was sein Leben betraf gebraucht hat und ihr wird klar, das es nicht nur für ihn das beste wäre, wieder zurück zu seinem alten Ich zu finden. Vorsichtig stemmt sie sich von ihm ab und schaut ihn dann abermals fragend an. „Pfannkuchen?“, fragt sie ohne eigentlich die Antwort hören zu wollen, die genau wie sie ahnte mit einem heftigen Nicken prompt folgt. Sie kann sich ein lautes seufzen, das über ihre Lippen rinnt nicht verkneifen und dreht sich dann um, um das Ritual des Vorabends noch einmal zu wiederholen. Schon allein diese Tatsache reichte ihr, um zu wissen, dass sie einen Weg finden musste, seine Erinnerung abermals in ihm zu wecken, denn schon in drei Tagen würde sie Pfannkuchen nicht mehr sehen können und dann bitterlich verhungern müssen. Eigentlich war sie alt genug, sich selbst etwas zu machen, aber sie bringt es nicht über das Herz, den jüngeren so gegen den Kopf zu stoßen und so beugt sie sich seiner Bitte und wirft die ersten Eier in eine geräumige Schüssel. „Ich bin in etwa einer Stunde wieder da. Lass mir ja die Bude heile. Alles klar Hooki?“, ruft Zoe noch einmal durch den Flur, um anschließend auf eine befriedigende Nachricht zu warten. „Ok!“, folgt auch prompt und sie schließt die Wohnungstür hinter sich. Schlagartig stellt sich eine beängstigende Ruhe in den kleinen vier Wänden ein und nur ein undefinierbares Schnurren dringt aus dem Bad direkt neben dem Wohnzimmer. Eric sitzt auf dem Sofa und traut sich nicht eine Bewegung zu machen, um dann vielleicht gegen die Bitte seiner Freundin zu verstoßen. Krümel hat sich neben ihm niedergelassen und er wirft einen kurzen Blick auf sie. Verspielt dreht sie sich auf den Rücken und wartet Seelig darauf, dass er ihr endlich ein paar Streicheleinheiten gönnt. Er hat die kleine lieb gewonnen und noch immer ärgert er sich ein wenig darüber, das Zoe ihm nicht gestattet hat, sie mit ins Bett zu nehmen. Schließlich erinnert sie ihn an seinen Teddy, der ihn immer überall mit hin begleitet hat und nun plötzlich verschwunden ist. Das Monotone Geräusch aus dem Nachbarraum hat sein Interesse geweckt und nach anfänglichem Zögern entschließt er sich nach dem rechten zu sehen. Das Bad ist sehr klein aber für die Bedürfnisse einer Person vollkommen ausreichend. Am hinteren Ende hat eine geräumige Badewanne ihren Platz gefunden, von der aus man am Abend die Sonne scheinen sieht und ihre Strahlen, bei einem kühlen Bad genießen kann. Davor befinden sich auf der linken Seite ein Waschbecken und eine Toilette. Gegenüber von dieser steht ein laut schreiendes Gerät. Vorsichtig nähert er sich dem Ungetüm, welches soeben begonnen hat, die darin befindliche Wäsche unermesslich zu drehen. Er legt seinen Kopf schief und lugt dabei leicht nach unten um dann mit seinen Augen der rotierenden Bewegung zu folgen. Es dauert keine zwei Minuten als ihm von dem Anblick langsam etwas schwindelig wird und er sich auf den Boden bequemt, um das Spektakel nicht aus den Augen lassen zu müssen. Schier stundenlang bewegt sich sein Kopf im Takt der monotonen Rotation, bis sie plötzlich stoppt und er ein wenig bockig auf das Gerät vor sich starrt. /Mach ja weiter! Böses Monster/ Wie wenn sie seine Gedanken lesen kann, beginnt sie auch sofort wieder ihre Arbeit aufzunehmen, welche sich allerdings nun heftiger als noch zuvor einstellt. Mit einem lauten krachen legt sie den ersten Schleudergang ein und Eric purzelt vor Schreck nach hinten um. Noch einmal schaut er zu ihr hinüber und bemerkt dann, wie sie laut beginnt durch den Raum zu tanzen. Es macht auf ihn den Eindruck als komme sie immer näher auf ihn zu und so krabbelt er flink auf allen vieren aus dem Zimmer und schließt schnell dir Tür. Mit schwerem Herzschlag lässt er sich am Rahmen nach hinten fallen und lauscht dann dem gefräßigen Rumpeln. Das Poltern scheint kein Ende zu haben und er schlägt sich ängstlich die Hände auf die Ohren. Er hofft, dass Zoe gleich wieder zur Tür herein kommt und ihn beschützt, doch seine Bitte ist vergebens. Plötzlich erklingt, neben dem Ungetüm, das hinter ihm rappelt, noch das Telefon auf der Kommode nicht weit von ihm entfernt. Sein Blick verzieht sich zu einer Grimasse, die noch immer versucht, sich vor den lauten Geräuschen der High-Tech-Welt zu schützen. Nachdem ein weiteres Klingeln in sein Ohr dringt, erhebt er sich vom Boden und bewegt sie sich die wenigen Schritte auf den Apparat zu. Mit großen Augen betrachtet er ihn eindringlich und für einen kurzen Moment hat er das Monster aus dem Raum neben sich komplett vergessen. Dann nimmt er, den schmalen Hören von der Station und spricht instinktiv hinein. „Captain Hook!“. Seine Erwartungen werden je enttäuscht, als plötzlich ein tuten in der Leitung zu vernehmen ist und er ein wenig betröppelt den Hörer zurück legt. Erst jetzt fällt ihm wieder das laute Geräusch auf, das noch immer versucht die Tür des Bades zu durchdringen und er entschließt sich diese zu verbarrikadieren. Mutigen Schrittet geht er in die Küche, um sich von dort aus einen der Stühle zu schnappen und diesen dann genau vor den Eingang zu stellen. /Du kommst hier nicht raus!/ Kurz betrachtet er sein Kunstwerk und entschließt sich dann, sich noch sicherheitshalber auf den Sitzplatz niederzulassen, um kein Risiko einzugehen. Zufrieden versucht er sich nicht anzulehnen, um nicht am Ende doch noch von dem Monster hinter der Tür gepackt zu werden und er tapst mit einem Fuß ungeduldig auf dem Teppichboden, als ein weiteres Mal das Schellen des Telefons zu vernehmen ist. Er hat gelernt, das es ohnehin unwichtig ist und lässt sich von dem nervigen klingeln nicht beirren. Nach einigen Versuchen der Person auf der anderen Leitung ertönt ein lautes Piepen und die Stimme von Zoe dringt in sein Ohr. Er will gerade aufspringen um schnell nach dem Hörer zu greifen, als ihm wieder einfällt, dass er nicht von dem Stuhl wegkommt und er schaut traurig auf den kleinen schwarzen Apparat, der seinen gewohnten, für ihn kaum hörbaren, Text runter rattert. Seine Arme sind zu kurz, als das er den kurzen Weg damit überbrücken könnte. Von den Ereignissen der letzten Minuten völlig erschöpft gibt er schließlich nach und lehnt sich zurück, um dann seine Beine auf der Kante abzustützen und seine Arme um sie zu schlingen. Das Scheppern hat nicht nachgegeben und er versucht, nicht weiter daran zu denken. Noch einmal hofft er instinktiv, dass seine Freundin schnell wieder bei ihm ist. /Sie hat nicht gewartet bis ich bei ihr wahr und einfach aufgehört zu reden!/ Seine Gedanken werden je zerrissen als es neben ihm, zu allem Überfloss noch laut an der Tür schellt. Er schreckt zusammen und bemerkt, wie ein eher wütend klingender Mann gegen das Holz hämmert und wild davor herumbrüllt. Krampfhaft versucht er die Worte, die durch die Tür abgedämpft werden zu verstehen, doch er vernimmt nur Bruchteile. „Mach auf … Waschmaschine … lärm … Ruhe …Ich grieg dich“. Instinktiv lehnt er sich auf seinem Stuhl zur Seite und damit von dem lauten Krachen weg. Die Tür beginnt schon sich bedrohlich unter den Schlägen zu verbiegen und er sieht, wie lediglich die Angel und das Schloss dafür Sorgen, das das Ungeheuer nicht zu ihm durchdringen kann. Plötzlich verstummen die Worte und es kehrt wieder der alte Geräuschpegel in die Wohnung zurück. Sein Leid allerdings hat kein Ende und so meldet sich nun auch der Geschirrspüler aus der Küche, der laut los piept, um damit zu symbolisieren, dass er seine Arbeit erfolgreich beendet hat. Eric schaut sich noch einmal ängstlich zur Bad Tür um. /Ich warne dich/ Mutig steht er schließlich auf und tritt noch einmal gegen das Holz, um sich dann umzudrehen und in die Küche zu verschwinden, in der noch immer einer der Schränke gnadenlos schreit. Schnell hat er die lärmende Stelle gefunden und versucht hilfesuchend einen Mechanismus zu finden, der ihn abstellt. Ohne Erfolg. Völlig Überfordert bemerkt er kaum, wie sich langsam beginnen kleine Bäche über seine Wange ihren Weg zu suchen. Mit einem kaum vernehmbaren platschen, fallen kleine Tropfen auf den Küchenboden und er schlägt sich wieder die Hände auf die Ohren. /Hört auf!/ Seine Knie beginnen immer weicher zu werden und er spürt, wie sie schließlich dem Gewicht seines Körpers nachgeben und er zu Boden fällt. Mit letzter Kraft zieht er sich auf die andere Seite der Küchenzeile und kauert sich dann vor dem Geschirrspüler zusammen. Immer mehr Tränen finden ihren Weg aus seinen Augen und er spürt wie sie unaufhaltsam, immer stärker beginnen zu brennen. Es dauert noch eine weitere viertel Stunde als er endlich den Schlüssel im Schloss der Wohnungstür vernimmt und diese sich rasch öffnet. Noch immer versucht er die ewige auf ihn einschlagenden Geräusche, die in seinem Schädel dröhnen, von sich fern zu halten und erst als ihr Gesicht vor seinem erscheint, nimmt er die Hände wieder von seinem Kopf. „Hooki, was ist denn hier passiert?“, fragt sie ihn besorgt mit großen Augen. Die Angst die sich in ihm breit gemacht hat lässt sein Körper leicht zittern und er krallt sich in die Umarmung die Zoe sofort einleitet. Er hat gar nicht bemerkt, dass die Waschmaschine ihr Werk vollendet, sowie der Geschirrspüler ebenfalls aufgegeben hat und wieder Stille in der Wohnung vorherrscht. „Monster!“, flüstert er schließlich. Sie drückt ihn sanft ein wenig von sich und schaut ihn dann eindringlich an. „Wo?“. „Überall!“. Mit einer sanften Bewegung versucht sie ihn ein wenig nach oben zu ziehen, woraufhin er aufspringt und sich wieder, seine Freundin schützend auf den Stuhl im Flur setzt. Ihr Blick folgt ihm fragend, bis sie ihm folgt und abermals versucht von dem Sitzplatz zu ziehen. Er wehrt sich vehement und sie schaut ihn eindringlich an. „Du darfst da nicht rein. Da ist ein Monster! Das wollte mich fressen. Genau wie das da in der Küche.“. Mit einem leichten lächeln schüttelt sie den Kopf und versucht ihn noch ein weiteres Mal von seiner Haltung zu befreien. Diesmal gibt er nach und steht auf, woraufhin sie den Stuhl an die Seite stellt und vorsichtig die Tür öffnet. Plötzlich muss sie laut los lachen. Eric kann das gar nicht verstehen und schaut sie böse an. Schon wieder macht sie sich über ihn lustig. Sie bemerkt sofort, dass ihm die Situation nicht ganz behagt und dreht sich zu ihm um. „Hooki. Da ist kein Monster!“. „Aber…“. „Nein kleiner Mann. Das ist nur die Waschmaschine und das in der Küche der Geschirrspüler“. „UND WAS IST MIT DEM UNGEHEUER AN DER TÜR!“, schreit er sie an. „An der Tür?“. „Ja das wollte mich holen!“, weint er wieder los. „Das war wohl der Untermieter, der sich ständig darüber beschwert, dass meine Waschmaschine laut über den Boden poltert, Hooki“, redet sie ruhig auf ihn ein. Ein lautes Seufzen rinnt über seine Lippen und sie bemerkt, wie schlagartig seine Anspannung von ihm fällt. Doch gegen ihr Verständnis senkt er plötzlich den Kopf und zieht von dannen. Mit einem geknickten Gang trottet er in das Wohnzimmer und lässt sich mit trauriger Miene auf das Sofa nieder. Ihr Gesicht hat sich zu einer einzigen Frage geballt, als sie über den Türrahmen lugt. „Hey. Das ist doch nicht so schlimm!“. „Du hast einfach aufgehört mit reden!“, schmollt er traurig vor sich hin. „Was redest du da?“. „Vorhin, da hat das Ding da geklingelt aber ich konnte nicht aufstehen, weil mich sonst das Monster gefressen hätte und dann hast du was gesagt, aber ich hab es nicht verstanden und bevor ich bei dem Ding war, hast du einfach aufgehört mit reden!“, zeigt er mit seinem Finger in den Flur. Zoe löst sich kurz, dreht sich um und entdeckt, das Telefon, was er vermutlich meint. Der Anrufbeantworter, zeigt tatsächlich eine eingegangene Nachricht an und so wendet sie sich wieder Eric zu. „Das war nicht ich…Naja eigentlich schon … aber.“. Eric wirft ihr einen fragenden Blick zu, während er versucht das Kauderwelsch aus ihrem Mund zu verstehen. „ Ok pass auf. Das Ding da ist ein Telefon. Man benutzt es dafür, um mit Menschen zu sprechen, die ganz weit weg sind. Verstehst du das?“. Ihr gegenüber nickt ihr gespannt zu. „Damit man bemerkt, dass einem jemand etwas Wichtiges sagen möchte, klingelt es. Es passiert allerdings, dass man wie ich vorhin, nicht zuhause ist und so möchte man der Person sagen … oder die Möglichkeit geben, trotzdem eine Nachricht zu hinterlassen. Dafür ist der schwarze Kasten daneben da. Bin ich nicht zuhause und das Telefon klingelt, dann geht der Anrufbeantworter ran und die Stimme die du gehört hast, war lediglich der kleine Satz den ich darauf gesprochen habe, um den anderen Leuten zu sagen, dass ich nun mal nicht da bin. Alles klar, Hooki?“. Er kratzt sich nochmal leicht am Kopf, nickt dann aber nur schwach vernehmbar und grinst ein wenig. Seine blauen Augen, haben wieder das kindliche Leuchten bekommen und schauen ihr strahlend entgegen. Für einen kurzen Augenblick tut es ihr leid den kleinen solange allein gelassen zu haben. Seine Überforderung durch die Geschehnisse, der letzten Stunde sind ihm ins Gesicht geschrieben und sie geht einige Schritte auf ihn zu und nimmt ihn abermals in den Arm. „Ich würde dich nie einfach sitzen lassen!“, spricht sie ihm leise entgegen und wiegt ihn sanft hin und her. Ob sie damit ihn, oder eher sich selbst beruhigen möchte, weiß sie nicht aber plötzlich rinnen zwei kleine Tränen über ihre Wange. „Blödes Ding!“, flucht Eric der sich nun wieder in das Badezimmer getraut hat und tritt, gegen den unteren Rahmen der Waschmaschine. Sie gibt keinen Mucks mehr von sich und er inspiziert sie noch einmal eindringlich. Das böse Monster von vor wenigen Stunden hat sich in einen stillen Kasten verwandelt und auch die Trommel bewegt sich keinen Millimeter. Zoe lehnt am Türrahmen und schaut ihm ein wenig wehleidig zu, während er versucht seine Angst von sich zu werfen. Ihm entgeht dabei nicht, dass er beobachtet wird und so dreht er sich um und wirft ihr einen fragenden Blick zu. „Was ist das?“. Ein kleines Lächeln legt sich auf ihre Lippen, was sie dazu bringt sich von dem Rahmen zu lösen und sich neben ihn vor den Apparat zu stellen. Sein Körper ist etwas größer als der Ihre und so schaut sie ihn mit großen Augen von unten an. Dann dreht sie ihren Kopf nach unten und schaut auf die schweigende Maschine. „Eine Waschmaschine!“. „Und was macht die?“, löchert er sie weiter. Zoe seufzt laut auf, denn sein unbändiger Hunger nach Wissen verschlägt ihr nicht selten die Sprache. Ihre Blicke treffen sich kurz, bis sie sich dann vor das Bullauge hockt und ihn von unten betrachtet. Mit zwei Fingern zupft sie an seinem Shirt und er wirft einen kurzen Blick darauf. „Wenn du dich vollgekleckert hast, so wie heute Morgen, dann tut man das da rein und nach wenigen Minuten kommt alles wieder sauber heraus.“. „Eine Zauberbox!“, grinst er sie an. Sie muss kurz laut auflachen. „Ja, Hooki. Eine Zauberbox!“, grinst sie ihm dann entgegen. Von ihr fällt ein kleiner Stein, als sie bemerkt, dass er fasziniert abermals auf die Maschine starrt und sie dann mit seinen viel zu großen Händen leicht an patzt. Es stellt sich wieder ein unerträgliches Schweigen ein. „Lass uns raus gehen, großer!“, wirft sie ihm dann zu, woraufhin er sie anstrahlt. „Spielen?“. „Ja Spielen!“, nickt sie ihm unter einem schweren Aufatmen zu. Bis zu diesem Moment hat sie die Öffentlichkeit mit ihm gemieden. Ihre Angst über die Fragen oder Blicke der Umstehenden hat sie immer davon abgeholten, seinen größten Wunsch zu erfüllen. In der Zwischenzeit ist ihr allerdings klar geworden, das in der Wohnung ihn nichts mehr dazu bringen wird seine Erinnerung ein weiteres Mal wiederzufinden und so schluckt sie noch einmal Tief und folgt ihm dann auf den Flur, wo er schon auf sie wartet. Viel zu oft vergisst sie, wer er wirklich ist auch jetzt verliert sie sich abermals kurz in seinen Augen, die sie aufzufressen scheinen. Dann allerdings betrachtet sie ihn einmal von oben nach unten und stemmt die Arme in die Hüfte. „Ne Hooki. So nicht!“. Er schaut sie ein wenig traurig an und lugt dann über seinen Körper herab. Auf seinem Shirt hat sich eine riesige Schmarre von den Überrester des Quarkes am Morgen gebildet und die Hosen hängen eher schlecht als recht an seiner Hüfte. Die Turnschuhe sind nur provisorisch an seinen Füßen befestigt und die Senkel, die eine rote Farbe haben hängen an den Seiten herunter. Zoe packt sich Eric und schiebt ihn ins Schlafzimmer, wo sie ihm ein neues Shirt auf das Bett legt, welches er sich sogleich über wirft. Danach zupft sie ihm noch einmal die Hose zu Recht und bindet ihm die Schuhe zu. Nach einem kurzen betrachten ihres Kunstwerkes, nickt sie dann zufrieden und nimmt ihren Weg aus der Wohnung auf. Im Flur krallt sie sich noch schnell den Schlüssel und verlässt dann dicht gefolgt von ihm das Haus. Auf der Straße angekommen, wirft sie einen kurzen Blick nach links und rechts und entschließt sich dann auf den Spielplatz um die Ecke zu gehen. Mit großen Augen starrt Eric über die Straße und will gerade loslaufen, als ihn plötzlich eine Hand von hinten festhält. Er hat den Platz schon lange gesichtet und kann es kaum erwarten, endlich ausgiebig darauf zu toben, Zoe allerdings schaut ihn nur Böse an und zeigt dann auf die rote Ampel auf der anderen Straßenseite. „Hooki. Man wartet immer bis grün ist ok?“. Er schaut nach vorne und nickt dann ein wenig betröppelt in sich hinein. Das Licht scheint einfach nicht umzuspringen und er wippt ungeduldig hin und her, bis seiner Bitte endlich nachgegeben wird und sie ihren Weg über die Straße fortsetzen können. Auf der anderen Seite ist Eric nicht mehr zu bremsen und wie besessen rennt er auf den Spielplatz, woraufhin wieder ein unangenehmes Gefühl in Zoes Magengegen auftaucht. Sie wirft einen kurzen Blick über die Schaukeln, den Sandkasten bis hinüber zu der Wippe, wo sie noch einen freien Platz auf einer der Bänke sichtet und sich zielstrebig, darauf zubewegt. Es ist gerade früher Nachmittag und sie scheint nicht die einzige ‚Mutter‘ zu sein, die ihrem ‚Kind‘ etwas Gutes tun wollte. Neben ihr sitzen zwei etwas ältere Damen, die sich rege die neusten Hausfrauentips austauschen, ohne dabei ihre Kinder auf der Wippe vor sich aus den Augen zu lassen. Dicht neben ihr hat sich ein Mann eingefunden, der seiner Tochter dabei hilft zu schaukeln. Dahinter erkennt sie Eric, der fröhlich unbedacht dessen, das er von allen angestarrt wird hin und her schaukelt. Sein viel zu großer Körper wirkt wuchtig auf dem kleinen Plaste, das von zwei blauen Seiten gehalten wird. Zoe reibt sich kurz über das Gesicht um ihre Röte, die instinktiv über sie hereinbricht zu verbergen, doch das Unheil sollte seinen Lauf nehmen, als sie bemerkt, dass ihr Schützling mit großen Schritten auf sie zumarschiert. Die Frauen neben ihr sind plötzlich still geworden und schauen den jungen Mann an und werfen dann einen Blick auf sie selbst. Fragend bleibt er vor ihr stehen. Sie will gar nicht wissen, was nun kommt und für einen Moment, wünscht sie sich einfach vom Erdboden verschluckt zu werden. „Warum sind die so klein?“, fragt er sie schließlich und sie hört ein lautes Tuscheln neben sich. Ihr Kopf hat in zwischen eine hochrote Farbe angenommen und ihr Herz hämmert gegen ihre Rippen. Peinlicher konnte der Moment gar nicht sein und sie schaut ihn ein wenig unsicher an. „Ähm … Naja. Du bist halt eben ein wenig groß für dein Alter“, wirft sie ihm schließlich entgegen. Eric beginnt wieder zu strahlen und dreht sich schließlich um, um in Richtung des Sandkastens zu watscheln. Die Augen der Frauen durchbohren Zoe regelrecht und sie wirft ihnen einen scharfen Blick zu. „Seien sie froh, dass ihre Kinder im Richtigen Körper stecken!“, faucht sie sie schließlich an und verlässt die völlig verdatterte Scharr. Auf den Weg zu ihrem Schützling, bemerkt sie wie dieser völlig apathisch in die Luft starrt. Mit großen Schritten eilt sie schnell zu ihm und setzt sich dann neben ihn auf die Holzumrandung des Sandkastens. ~ Flashback ~ Ein kleiner Junge mit geringeltem (gestreiftem) Pulli sitzt alleine im Sandkasten und freut sich darüber, dass die gelblichen Körner die Form einer kleinen Burg angenommen haben. Es ist ein schöner Tag, der auf einen in mitten des Frühlings deutet. Die Sonne steht hoch am Himmel, reicht allerdings noch nicht aus, um ohne Jacke das Haus zu verlassen. Aus dem Augenwinkel erkennt er eine kleine Scharr etwas Älterer die sich zielstrebig auf ihn zu bewegen. Vor einigen Tagen hat er sie schon einmal gesehen, damals haben sie sein Lieblingsförmchen einfach kaputt gemacht, was sein Vater sah und sie dann verscheucht hat. In ihm steigt ein ungutes Gefühl auf, welches sich dann verstärkt, als der Größte von den fünf genau vor ihn stellt und abwertend anschaut. Mit einem Tritt zerstört er das liebevoll aufgebaute Kunstwerk und lacht ihm dann hämisch zu. „Na du kleiner Hosenscheißer. Diesmal ohne Papa hier, was?“, funkelt der Größere ihn an. Der kleine Junge allerdings versucht sich nur krampfhaft, die Tränen zu verkneifen, als er bemerkt, wie sein Gegenüber ihm abermals ein Förmchen klaut. Eine unbändige Wut steigt in ihm auf und er stellt sich mit ausgestreckter Brust vor ihn. „Gib die wieder her!“ Doch seine Worte werden nur von einem lauten Gelächter unterdrückt und er sieht die Plaste nach dem er gegriffen hatte durch die Luft wirbeln. Die restlichen Jungs haben sich um ihn herum aufgestellt und werfen sich nun die Form hin und her. Vergeblich versucht er sie aus der Luft zu fangen und über seine Wangen rinnen nun ein paar Tränen. ~ Flashback Ende ~ „Gebt es mir wieder!“, brabbelt Eric völlig Geistesabwesend vor sich her. Zoe hat ihn direkt in die Arme geschlossen und sie bemerkt, wie sich eine kleine Traube um die beiden gebildet hat. In ihren Augen hat sich blanker Hass breit gemacht und sie funkelt jedem Einzelnen entgegen. Ihr Schützling hat in der Zwischenzeit wieder in die Realität zurück gefunden und sich tief in ihre Umarmung vergraben. „WAS KLOTZ‘N IHR SO, HÄ?“, brüllt sie plötzlich, von sich selbst ein wenig überrascht los. In den Augen der Umstehenden hat sich ein wenig Scham gebildet und der Großteil von ihnen dreht sich um und zieht von dannen. Nur eine der Frauen, die neben ihr auf der Bank saß und den Ernst der Lage wohl erkannt hat, schaut noch ein wenig bemitleidenswert auf die beiden herab. Zoe spürt wie in ihr die Überforderung immer mehr wächst und sie schaut ihr hilfesuchend entgegen. „Kann ich ihnen vielleicht irgendwie helfen?“, fragt ihre Gegenüber schließlich mit ruhiger und warmer Stimme. Sie nickt nur schwach und versucht vergeblich ihren Schützling zu beruhigen. Die Fremde hat sich in der Zwischenzeit mit nach unten gesellt und spricht ihr Mut zu, bis Zoe schließlich aufschaut. „Lass uns gehen, großer!“. Eric nickt in ihre Arme herein und die Frau löst nun ihr Versprechen der Hilfe ein und begleitet die beiden bis vor das Haus. Die Tür zur Wohnung knallt gegen die Wand hinter ihr und Zoe betritt, dicht gefolgt von dem sichtlich erschöpften Eric den Flur. Der Tag ist nicht sonderlich zu ihrer Zufriedenheit verlaufen, auch wenn sie froh ist, nun nicht unbedingt schon wieder Pfannkuchen ins sich schieben zu müssen. Ihre Gedanken darüber werden aber schnell durch den Anblick ihres Gegenübers zerrissen, der sich gerade die Augen reibt. Die Ereignisse auf dem Spielplatz scheinen ihn sehr mitgenommen zu haben und sie entschließt sich ihn ins Bett zu geleiten, wo er sich vorerst ausruhen kann. Ohne jegliche Einwände legt er sich schließlich auch auf die Matratze und Zoe deckt ihn noch fürsorglich zu. Die tägliche Geschichte braucht sie ihm heute allerdings nicht vorzulesen, denn nach nur wenigen Minuten befindet er sich schon fast in den tiefsten Träumen. Eine Frage brennt auf ihrer Seele und sie stellt sie sogleich mitten in den Raum hinein. „Hooki, Wie alt bist du?“. „Sieben!“, murmelt es neben ihr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)