it's gonna be fucking good von abgemeldet (One Shot Collection) ================================================================================ OneShot #3: R.I.P. ------------------ Rest in Peace – Rot in Pieces Sein Kopf sank zurück und er seufzte leise. Das Weiß der Decke sah er kaum. Es war auch nicht wichtig. Nichts zählte mehr, so kam es ihm vor. „Ich fass es nicht…“, murmelte er, noch immer leise. Seine Stimme erstarb auf halbem Wege hinaus. Aber es hätte ihn auch keiner gehört, selbst wenn es anders wäre. Er war allein. Mal wieder. Leicht schüttelte er seinen Kopf, noch immer nach hinten an sein Bett gelehnt. Mit seiner Faust schlug er auf den Boden ein, doch dieser war unnachgiebig. Wie das Leben. Blieb hart und standhaft, wie er immer sein wollte. Aber er war nicht so. Nicht jetzt. Er konnte es nicht einfach an sich abperlen lassen, einfach ignorieren und vergessen. So sehr er es auch wollte. War er wirklich so fixiert immer das Schlechte zu sehen? Aber es gab doch auch einfach kaum schöne Dinge. Dinge, die einen glücklich machen konnte. Zumindest er hatte davon noch nicht all zu viele gesehen und erleben dürfen. Dabei versuchte er immer, noch irgendwo etwas Positives zu finden. Er machte gerne Späße und lachte. Er kannte sogar das Schönste auf diese Welt. Nichts machte ihn glücklicher als seine beiden Mädchen: Seine Tochter uns seine Nichte. Er liebte sie über alles und würde alles für sie tun – auch sein Leben geben, wenn es nötig wäre. Sie waren sein Ein und Alles! Und dieser Knilch wagte es, ihm das abzustreiten. Als wolle er nicht glücklich werden! Behauptete sogar, er wüsste nicht einmal, wie man glücklich würde! Er schüttelte heftig seinen Kopf, nahm ihn vom Bett hoch. „Arsch!“, murrte er, schüttelte erneut scharf den Kopf. Jetzt dachte er schon wieder an ihn. Dabei hatte er das doch lassen wollen. Zum x-ten Mal sagte er sich das in Gedanken. Er dachte schon viel zu häufig, viel zu oft an ihn. So aussichtslos wie das alles war. Er gab seinen Mädchen doch nur Nachhilfe. Da war nicht mehr und nicht weniger, vor allem nicht mehr – redete er sich ein. Erfolglos. Er sah das junge Gesicht vor seinen Augen. Wie das schwarze Haar kurz und frech ins Gesicht fiel, halb über die Brille lugt und wohl doch die neugierigen und lebensfrohen Augen berührte. Die schlanke Hand schob die Strähnen beiseite und ein keckes, ehrliches Grinsen legte sich auf das junge Gesicht. Ein Schluchzer entwich seinen Lippen. Doch er hörte ihn nicht, konnte nur weiter das Gesicht des jungen Studenten in seiner Einbildung anstarren. Grüne Augen lächelten warm, die schmalen Lippen waren leicht geöffnet, fordernd. Aber der Ausdruck des sonst immer fröhlichen und weltoffenen Gesichts veränderte sich radikal. Der junge Mann war aufgebracht, stierte ihn sauer an. Wut lag in den so warmen Augen. Enttäuschung. „Arschloch!“, harschte er wieder auf. Hatte die Worte des Jüngeren noch genau im Ohr. Er begegnete dem Zorn des anderen mit noch mehr Zorn, beschimpfte ihn erneut und wusste noch genau, was er ihm seinerseits wirklich an den Kopf geworfen hatte. Aber er wusste nicht mehr, warum sie sich gestritten hatten. Womit es angefangen hatte. Es war irgendetwas Harmloses gewesen, glaubte er. Wahrscheinlich. Bestimmt. Er setzte die Flasche Hochprozentigen wieder an seine Lippen, schmeckte einen Moment etwas Salziges bevor der Schnaps seine Mundhöhle enterte und heiß und brennend seine Kehle hinunter rann. Er schüttelte sich. Mit einer Hand wischte er sich fahrig übers Gesicht – natürlich nicht wegen des salzigen Geschmacks auf seinen Lippen. Aber trotz seiner gedanklichen Widerworte spürten seine Finger etwas Feuchtes auf seinen Wangen. Er hörte ein leises Schluchzen. Tatsächlich, er weinte. Er ließ die Flasche fallen, drückte seine Hände gegen sein Gesicht, gegen seine Augen und schüttelte wieder heftig sein Haupt. Es wollte nicht in seinen Kopf, was an diesem Jungen so besonders war, sein konnte. Er war nichts Besonderes! Schon gar nicht für ihn! – selbst gedacht glaubte er sich diese Worte nicht. Zugegeben, er hatte etwas an sich. Er war anders in erster Linie; irgendwie. Ein Kunststudent, die waren alle nicht immer ganz beisammen. Künstler eben. Und er verstand sein Handwerk. Seine Zeichnungen und Bilder waren irre. Wie der Künstler selbst, so ein kleines bisschen. Alle guten Künstler, die Meister ihres Faches waren, hatten einen an der Marmel. Wie man so schön sagte. So sah er das zumindest und da bildete auch dieser keine Ausnahme. Aber das änderte trotzdem nichts an all den Gedanken, die er hegte. Die ihm selbst so unangenehm waren. Und selbst wenn er sich noch so oft vorbetete, wie verrückt der andere war (wobei er in diesem Punkt auch gerne übertrieb) und dass er auch ein Mann war, verdammt noch mal, wirklich nichts änderte seine Gedanken, die Bilder vor seinen Augen oder in seinen Träumen. „Scheiße!“, sein Körper herrschte auf, erhob sich vom Boden. Er wirbelte herum, war einen Moment verwirrt. Das alles überforderte ihn. Er wollte das alles nicht. Es sollte doch endlich aufhören! Er stolperte und verlor fast sein Gleichgewicht. Der Alkohol waberte und rauschte durch seine Adern, lies sich von seinem Blut durch seinen Körper tragen und seine Sinne erobern. Er stöhnte auf, kämpfte mit der Erdanziehungskraft und stolperte vorwärts. Die Welt schwankte vor seinen Augen, sein Körper wankte sich seinen Weg durch das große Schlafzimmer. Schließlich lehnte er an der Wand, am Türrahmen und fand sich im angrenzenden Badezimmer wieder. Er schüttelte leicht seinen Kopf und der Schwindel glomm wieder auf. Er versuchte ihn zu unterdrücken, zu bekämpfen. Schaffte es. „Scheiße…“, murmelte er, griff sich an die Stirn. Ihm war schlecht und er war sich nicht sicher wovon. Vom Alkohol? Von den Bildern in seinem Kopf? Aber er hoffte nur, dass er etwas Falsches gegessen hatte. Vielleicht auch nur zu viel Aufregung? Das war unwahrscheinlich. Wegen so eines kleinen Streites machte er sich doch sonst auch nicht fertig. Schon gar nicht, wenn er nicht mehr wusste, worum es ursprünglich gegangen war. Auch wenn das zwischen ihnen immer zweitrangig war. Es ging nicht um das, worüber sie anfingen zu streiten, sondern um das, was sie unabsichtlich in all ihrer Rage sagten. Ein leises Knurrgeräusch drang an seine Ohren, ein Blubbern. Die Übelkeit nahm zu. Er hechtete zur Toilette, stand er doch glücklicherweise schon im Badezimmer, lehnte sich über die berühmte Porzellanschüssel und erbrach das Abendessen und den Alkohol dieser Nacht, der doch eigentlich seine Sorgen ertränken und fortspülen sollte. Er keuchte und lehnte sich zurück. Er wollte sich irgendwo anlehnen, doch fiel er nieder, lag ausgestreckt auf dem Fußboden. Er hustete leicht erschrocken, hatte nicht damit gerechnet. „Verdammt“, fluchte er kraftlos. Ging sein Leben wirklich so den Bach runter oder erschien es ihm im Moment einfach nur so? „Das geht doch nicht…“, wimmerte er. Ob er die Pleite seiner Karriere oder seine Liebe gegenüber diesem Kunststudenten meinte, war ihm nicht bewusst. Aber er fragte sich das auch nicht. Eine Weilte lag er einfach nur dort auf den Fliesen. Murmelte hilflos irgendwelche Worte vor sich her, hörte sich selbst nicht zu und verdrängte erfolglos alle Gedanken, die ihn penetrierten. In diesem Moment war er einfach am Ende. Er wollte, dass die Welt stehen blieb – nur einen Augenblick. Er wollte verschnaufen, seine Gedanken sammeln, sich von seinen Problemen lösen um sich einen Moment später mit neuer Energie und neuen Ideen darauf zu stürzen. Eine kurze Pause, mehr nicht. Er atmete tief durch, stützte sich auf, langsam, damit ihm nicht wieder schwindelte. Er stand auf, fühlte noch die Kühle der Bodenfliesen. Das Erbrochene spülte er hinunter in die Kanalisation und schritt zum Waschbecken. Er stellte sich das kalte Wasser an und wusch sich das Gesicht, kühlte es, erfrischte sich. Erfrischte sein Denken. Er sah auf, sah in den Spiegel. Wassertropfen standen auf seiner Stirn, tropften von seiner Nase und seinem Kinn. Seine blauen Augen sahen ihn müde an, waren von roten, verweinten Rändern geziert. Denkfalten standen in seinem Gesicht, auf seiner Stirn, um seine Augen. Er sah alt aus. Viel älter als sonst und viel älter, als er eigentlich war. Mit 35 empfand er sich noch nicht als besonders alt. Manche sagten ihm sogar, er würde jünger aussehen; manchmal wie Ende zwanzig. Das war ihm eigentlich egal. Aber jetzt sah er älter aus, verbrauchter und abgezehrter. Als hätte er sein Leben schon hinter sich, damit abgeschlossen… Noch einmal schlug er sich eine Hand voll Wasser ins Gesicht, sah wieder hoch. Er sah noch immer alt aus, viel zu alt für seinen Geschmack. Er seufzte leise, nickte leicht. Wenn er sich so im Spiegel sah, wusste er, dass er ausgedient hatte. Die Musik, die er so liebte und mit der er seine Brötchen verdiente, lebte von der Jugend – zu der er nicht mehr zählte, zählen konnte. Würde er noch auf die Bühne zurück finden? Viel wichtiger, würde er vielleicht auch noch einmal jemanden finden können? Aber wenn er sich so sah, bezweifelte er das. Wer würde sich schon in jemanden mit so einem Gesicht verlieben? – Ein Kunststudent sicher nicht. - Dieser Kunststudent sicher nicht… Er schüttelte seinen Kopf. Wollte es nicht wahrhaben, sich nicht eingestehen. Aber er konnte es auch nicht weiter leugnen. Es zerfraß ihn doch. Das sah er doch. Er spürte wieder Tränen aufsteigen, wie sie sich in seinen Augen sammeln wollten. Aber was machte es für einen Unterschied, wenn er es sich nicht eingestand oder sah, dass es hoffnungslos war? Er war in beiden Fällen unglücklich. Zutiefst unglücklich, wenn er ehrlich war. Und das hier war der beste Moment um sich selbst gegenüber ehrlich zu sein. Ganz ehrlich: Er war einsam. Vor allem abends, nachts, wenn er in seinem großen, weichen Bett lag und an die weiße Decke starrte, mal wieder nicht schlafen konnte. Es fehlte ihm einfach jemand an seiner Seite. Eigentlich hatte er alles, was man sich wünschen konnte: Gute Freunde, tolle Kinder und mit seiner Musik hatte er schon vor mehr als vier Jahren alles erreicht, was er je erreichen wollte: Geld, Ruhm, Ehre und so weiter. Er könnte sich locker jemanden kaufen, der an seiner Seite war, ihn liebte. Aber er wollte sich keine Liebe erkaufen. Wollte nicht jeder Mensch ehrlich geliebt werden? Sicherlich. Er seufzte, stützte sich schwer auf das Waschbecken. Nie hätte er damit gerechnet, sich noch einmal zu verlieben. Geschweige denn in einen anderen Mann oder Jungen. Die zwölf Jahre waren ja doch ein Unterschied. Er war wirklich noch jung, unbedarft, lebhaft. Er wusste, dass er sein Leben noch vor sich hatte, mittendrin war. Genauso wie seine Kunst. Voller Leben und Energie, voller Ideen, Freude und Lust. Und mit wie viel Elan er seinen Mädchen Nachhilfe gab, so viel Geduld mit ihnen hatte und ihnen so einfach und leicht die Welt erklären konnte. Und all das ohne einen von ihnen irgendwie besonders zu behandeln, obwohl man ihre Namen doch auf der ganzen Welt kannte, seine Musik. Es schien dem Jungen so egal zu sein, dass er hier im Haus eines Megastars aus und ein ging. Als würde ihm das nicht auffallen, dabei wusste er es ganz genau. Ob der Kleine auch wusste, dass er sich das die ganze Zeit wünschte? Jemanden, der ihn nicht nach seinen Erfolgen beurteilte oder das öffentliche Bild für bare Münze nahm und nicht einfach nur mit ihm sprach, um auch mal seine fünf Minuten Ruhm zu bekommen. Vielleicht war dieser Student deshalb so besonders in seinen Gedanken? Weil er ihn wie einen ganz normalen Menschen behandelte. Aber das taten doch noch mehr Menschen. Er schüttelte wieder den Kopf. Seine Überlegungen drehten sich im Kreis. Sie landeten immer wieder an dem selben Punkt, wo auch immer sie anfingen. Warum ausgerechnet dieser Kerl? Er war doch nur irgendein Kunststudent, davon gab es doch ein paar mehr. Aber vielleicht sollte er einfach aufgeben nach dem Warum zu fragen. Wieder sah er in den Spiegel, blickte in seine eigenen unwissenden Augen, sah den müden Blick. Es war, wie es war. Hieß es in billigen Soaps nicht immer, arrangier dich mit deinem Leben und alles wird gut? Er hatte das schon als Kind dämlich gefunden. Nur weil er es sich eingestand, tauchte sich die Welt doch nicht plötzlich in zartes Rosa und der Typ fiel ihm um den Hals. Das war doch albern! Er seufzte auf. Da nutzten ihm all sein Ruhm und all sein Geld auch nichts. Diese Liebe, wenn er sie nun so nannte, könnte er sich nicht erkaufen und nicht erschleichen. Der Kleine hatte seine Ideale - Auch wenn er so etwas nicht versuchen würde. Bye-bye du einsame Chance, jemanden wie ihn zu erobern. Er selbst machte ja nicht mehr viel her... Er sah sein Spiegelbild an, es nickte. Seine Augen studierten seine Erscheinung, verglichen sie mit der Erinnerung aus besseren Zeiten. Lange stand er einfach nur da, starrte sich an. Frustriert von dem, was er sah, was er war. Seine Gedanken und seine innere Stimme waren verstummt, bis ein leises Grollen in seiner Brust anwuchs. Es brauch aus ihm heraus. All sein Frust und die Unzufriedenheit, der Unmut entluden sich mit einem Schlag. Er schrie auf und schlug seine Faust in den Spiegel, zerstörte das Bild, das er nicht ertragen konnte. Die Scheibe splitterte, zerbrach in Teile und Stücke. Glas bohrte sich in seine Haut, seine Faust. Splitter fielen runter, klierten im Waschbecken. „Hngh…“, hisste er auf. Schmerz durchzog seine Hand, seinen Arm hinauf. Sein Gesicht in der gesprungenen Scheibe verzog sich in Schmerzen, für einen Moment. Seine Brauen zogen sich zusammen, er blickte auf seine blutende Faust. Geräuschvoll atmete er aus. Für einen Moment hatte er den Frust, den anwachsenden Hass gegen sich und den Schmerz in seiner Brust vergessen. Endlich einmal erfolgreich von sich drücken können und er wusste jetzt, was man unter „süßem Schmerz“ verstand. Körperlicher Schmerz konnte tatsächlich seelischen überschatten, ausblenden. Für diesen Moment wollte er ja auch nichts anderes. Ein kleines Grinsen legte sich auf seine Lippen. Kein fröhliches Lächeln, kein glückliches Schmunzeln, einfach nur der Ausdruck einer Idee, die sich in ihm formte. Jetzt wusste er, wie er seinen Moment Ruhe, die Pause bekam, die er so nötig hatte. Er nahm eine der Scherben aus dem Waschbecken. Groß genug um sie fest in der Hand zu halten, scharf genug um tief in sein Fleisch schneiden zu können. Das Blut tropfte noch immer von seiner Hand, aber das Rot der Tropfen auf dem Weiß des Porzellans des Wachbeckens ignorierte er. Wenn man sich die Haut aufschnitt, floss eben Blut. Er verließ sein Badezimmer und setzte sich wieder vor das Bett, nahm erneut einen kräftigen Schluck aus der Schnapsflasche. Die spirituose Flüssigkeit brannte in seinem Rachen und hinterließ eine Spur Wärme in seinem Körper. Er lehnte sich einen Moment zurück, genoss das betäubende Gefühl des Alkohols. Er hob die Hand mit der Scherbe, sah sie an und sein Spiegelbild in ihr. An ihrem Rand spiegelte sich das Blut aus seiner Handinnenfläche. Scharf... Noch einmal griff er fest zu, holte aus und stieß sie voller Kraft in seinen Arm. Wieder durchzuckte Schmerz seinen Körper und er stöhnte gequält, aber auch erleichtert auf. Der Schmerz übertönte alle anderen Gedanken in seinem Kopf. Wenn auch nicht für lange. Leider. Er holte wieder aus, stach die Scherbe wieder in seinen Unterarm, zog die Wunde größer. Stach wieder zu und wieder und wieder... Schmerz durchfloss in stetigen Wellen seinen Körper, hörte nicht auf seine Nerven zu reizen und ihn abzulenken, wegzulenken von all den anderen Dingen in seinem Leben. Er genoss es. Das Blut sickerte aus seiner Haut, floss aus seinen Wunden und Schnitten. Mit einem erleichterten Seufzen ließ er schließlich seinen Arm sinken. Das Blut tropfte und lief auf den Boden, sickerte in den Teppich. Müde blickte er auf seinen Arm hinab; sah sich an, was er getan hatte. Sein Arm war blutverschmiert, Haut aufgeschnitten und zerrissen. Er schmunzelte leicht, tatsächlich amüsiert. Auf seinem Handgelenk prangte noch immer eine seiner ersten Tätowierungen: Slit Me. Als hätte er es damals schon gewusst, dass es eines Tages wirklich so kommen würde. Er lehnte seinen Kopf zurück und schloss seine Augen. Der alles einnehmende Schmerz pulsierte durch seine Adern. Unbeachtet ließ er seinen Tränen ihren Lauf, konnte sie auch nicht mehr länger zurückdrängen. Er schluchzte, wollte sich die Tränen wegwischen. Sie vermischten sich mit seinem Blut. Sein verschleierter Blick zeigte ihm seine roten Hände, rot von seinem eigenen Blut... Er realisierte langsam, was er angerichtet hatte. Das Blut sickerte einfach weiter aus seinen Wunden. Er versuchte seinen Blick wieder zu klären, abzusehen, wie schlimm es wirklich war. Er hatte sich seine Pulsadern aufgeschnitten! Dabei wollte er doch gar nicht sterben. Er hatte doch noch seine Mädchen, um die er sich kümmern musste. Er konnte sie doch nicht allein lassen! Außerdem arbeitete er doch gerade an einem neuen Album. Seine Musik lebte. Es sollte besser werden als alle vorangegangenen zusammen! Und vielleicht war ja auch seine Chance bei dem Kleinen, diesem Kunststudent, nicht so schlecht wie gedacht. Er lächelte ihn doch immer so charmant und zweideutig an… Er wollte leben. Er musste! Er weinte immer mehr Tränen, sein Schluchzen wurde heftiger. „Verdammt!“, murmelte er. Wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, vermischte sie mit dem noch immer fließenden Blut. „Scheiße!“; fauchte er laut, sprang auf und Schwindel überkam ihn erneut. Er drehte sich desorientiert im Kreis, sah nur noch Schwarz vor seinen Augen. „Fuck! Verdammt…!“ Er trat gegen das Gestell seines Bettes, versuchte den Schwindel zu verdrängen. Doch die Schwärze vor seinen Augen nahm zu, seine Gedanken erstarben – wie er es eigentlich gewollt hatte. Dann fiel sein Körper bewusstlos zu Boden, sein Blut aber verteilte sich weiter auf dem beige-braunen Teppich seines Schlafzimmers. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)