Liebe wie Gurkensushi von Memphis (YUAL mit BxB-Oneshots!) ================================================================================ Kapitel 27: Subtil ------------------ Nun, subtil war nicht unbedingt das, als was man Tim beschreiben würde. Eher das Gegenteil. Er sagte alles ziemlich direkt, einfach, weil er wollte, dass man ihn verstand.Aber manchmal gab es Dinge, die zu … nervenaufreibend waren, um sie wirklich auszusprechen. Also versuchte er auf seine Art subtil zu sein. Immer noch viel direkter, als die meisten Menschen, die er kannte, trotzdem auf seine Art … dezent und zurückhaltend. Aber Filo ignorierte das. Filo verstand, was Tim ihm sagen wollte, aber wenn er es nicht direkt aussprechen würde, würde er all die Pseudo-Subtilität ignorieren und nicht darauf reagieren. Nur leider war das Tim eher begrenzt bewusst, eigentlich gar nicht. Tim fühlte sich nicht ernst genommen und ratlos, aber allen voran frustriert. Er war ein direkter, ehrlicher Mensch. Aber das war nicht so einfach, wie es klang. Und es gab eben manchmal Gründe, sensible und subtil zu sein. Besonders, wenn man Angst hat, sich sonst völlig lächerlich zu machen. Tim hat sich früher nicht viel daraus gemacht, wenn andere ihn für lächerlich oder anders hielten. Leider kam man irgendwann in das Alter, in dem plötzlich andere und ihre Meinung über dich, soviel wichtiger wurde, als alles andere. Tim wollte, wie wir alle, gemocht werden. Besonders von Filo. Er hat es mit einer Einladung ins Kino versucht. Ein … Date. Tim wurde rot bei dem Gedanken. Nicht weil ihn ein Date nervös machte, sondern die ganze Situation unendlich peinlich abgelaufen war. Tim wollte ein Date. Filo brachte ihre Kumpels mit, die sich letztendlich darüber amüsierten, dass Tim sich frisiert hatte. Mit Gel und so etwas wie Sinn für Ästhetik – Tim hatte sowas, ehrlich! Und er eine Halskette trug, weil er gehört hatte, dass wäre fashionable. Das einzig schön an dem Kinobesuch, war ein entschuldigendes Lächeln von Filo, als sie sich letztendlich verabschiedeten. Wahrscheinlich war Filo ab diesem Moment wirklich bewusst, auf was Tim hinsteuerte. Aber anderseits: Tim war nie der Typ gewesen, etwas durch die Blume zu sagen, also warum in etwas zu viel hinein zu interpretieren? Das war zumindest Filos Sicht der Dinge. Die Blumen, die Blumen danach, waren grauenhaft für Beide gewesen. Es steckte sogar ein Kärtchen darin, mit dem aussagekräftigen Inhalt: “Hey, Filo! Ich Du Blumen sa” Bis auf das “Hey, Filo!” war alles andere wieder durchgestrichen. Die Blumen waren zu Filo nach Hause geliefert worden und die Karte war nicht unterschrieben. Seine Schwestern löcherten ihn den ganzen Abend, den nächsten Morgen und dann noch am Abend, von wem die Blumen waren. Filo hatte eine Vermutung, aber sprach sie nicht aus. Schon gar nicht vor seinen Schwestern. Er wusste nur nicht, ob ihn seine Vermutung beunruhigend sollte, als er sprach er Tim am nächsten Tag in der Schule nicht darauf an. Tim hatte für sich beschlossen, Filo nie wieder Blumen zu schenken. Vor allem, weil das viel teurer und viel weniger effizient gewesen war, als er erhofft hatte. Aber Tim war noch lange nicht bereit, seine Waffen zu strecken. Noch hatte er ein paar Pläne im Petto. Er hatte gegooglet, wie man seinem besten Freund sagte, dass man ihn liebte. Die Schminktipps hatte er geflissentlich ignoriert, die waren wahrscheinlich eher verstörend als hilfreich. Auch wenn er bei ihrem … Kino-Date versucht hatte, sie zumindest einigermaßen zu adaptieren. Die Blumen hätte er auch besser ignorieren sollen. Aber einen Kaffee trinken gehen, das müsste klappen, hatte Tim beschlossen. Dazu nahm man keine Kumpels mit, oder? Hoffentlich nicht. “Kaffee trinken? Jetzt? Ernsthaft, Tim? Kaffee?” Filo zog seine Augenbrauen hoch und schaute ihn an, als hätte Tim nun völlig seinen kümmerlichen Verstand verloren. Hatte er vielleicht auch, Tim könnte heulen. Google hatte ihn betrogen und belogen. Kaffee hätte funktionieren müssen. “Meinetwegen Cola?”, versuchte er es zaghaft, ließ dabei aber die Schultern hängen. “Wir haben Cola hier, wenn du welche willst.” Filo nickte Richtung Küche. Tim hatte gerade an seiner Tür geklingelt, um acht Uhr abends. Tim hatte wenig Verständnis von richtigem Timing, hatte er noch nie gehabt. Er verstand deshalb auch nicht, wo der Haken an seinem Kaffee-Plan gewesen war. “Nein, nein, schon gut. Ich … geh wieder heim. Bis morgen.” Er lächelte noch kurz verunglückt, hob seine Hand zum Abschied und verließ Filos Grundstück mit einem Gang, wie ein geprügelter Welpe. Filo konnte nur seufzen. Das gerade eben, war selbst für Tim seltsam gewesen. Und Filo war sich nun ziemlich sicher, was Tim hier versuchte. Filo war immerhin nicht dumm. Aber ihm war die ganze Sache einfach nicht geheuer. Das Tim so … anders geworden war, die letzten Tage und Wochen, war eine beunruhigende Veränderung in ihrer Freundschaft. Sie hatten auch seit Wochen nichts mehr außerhalb von der Schule unternommen. Wenn man von dem Kino-Besuch absah. Was aber – zu Filos Verteidigung – daran lag, dass Tim sich für gewöhnlich immer selbst einlud oder ihre Pläne schmiedete. Filo hatte das immer begrüßt, vor allem, weil Tim in sowas richtig gut war. Gut, Filmeabende, Lanparties und Zockernächte waren kein Kunststück, aber manchmal kam Tim auch auf ganz abgefahrene Ideen, wie eine … Nachtwanderung. Nachtwanderung klang banal, aber sie waren einfach der Hammer, wenn man ohne Taschenlampe und nur mit Mondlicht im Wald unterwegs war. Da bekamen knackende Äste und raschelnde Büsche eine ganz andere Atmosphäre. Filo war sich nicht sicher, ob er in seinem Leben schon so viel Angst hatte. Außer vielleicht bei ihrer Biking Tour zum Rockside letztes Jahr. Auch ein Plan von Tim und völlig hardcore. Vier Tage quer durch Deutschland, nur mit ihren Bikes und Rucksäcke. Das Festival danach war die pure Erholung gewesen – und zum Glück waren ihre Freunde mit dem Auto gefahren und hatten Zelte und Proviant dabei … Aber ehrlich, Filo mochte Tims Pläne. Filo mochte viele Dinge an Tim. Allen voran, seine Ehrlichkeit, seinen Mut und diese “Scheiß auf andere Leute, wir machen unser Ding”- Einstellung. Nur schien gerade das alles nicht da zu sein. Tim war im Moment nicht Tim und Filo war sich nicht sicher, ob er deshalb nicht ein schlechtes Gewissen hatte. Es brauchte einige Tage, bis Tim den Mut aufbrachte, einen weiteren Versuch zu starten oder überhaupt mit Filo zu sprechen. Er hatte Filo in der Pause einfach am Arm gepackt und von ihren Freunden weg gezehrt. Ohne ein Wort der Erklärung. Dafür war er viel zu aufgeregt. Als sie in einer ruhigen, recht unbeobachten Ecke des Pausenhofes standen, ließ er endlich von Filo ab und streckte ihm im Gegenzug seine Hand hin – mit einem Geschenk. “Du hast nicht ernsthaft einen Ring für mich gekauft?!” Filo starrte völlig entsetzt, auf den sehr schlichten Silberring, der in Tims ausgestreckter Hand lag. Harmlos und unschuldig, sah dieses kleine, teuflische Dinge aus. Tim hatte den Kopf gesenkt, so dass seine Haare sein Gesicht zumindest zum Teil verdeckten. Filo sah trotzdem, wie sich eine feine Röte über Tims Gesicht zog. Und er sah, wie Tims Hand zitterte. Hätte er den Ring genommen, hätte er auch bemerkt, dass Tims Hand völlig verschwitzt war. “Bitte nimm den Ring …” Tims Stimme war leise und verzweifelt. Er war am Ende angekommen. Mehr hatte er nicht mehr in der Hinterhand. Für mehr würde er nicht mehr den Mut aufbringen – und Geld hatte er auch keines mehr. Der Ring war teurer gewesen und er wusste schon beim Kaufen, dass es eine völlig bescheuerte Idee war. Ja, Tim war bewusst, dass alles bis dahin irgendwie bescheuert war, aber er konnte einfach nicht anders … So war er eben. “Ich, Tim …” Filo seufzte, fuhr sich nervös durch die Haare. Das war eine … heikle Situation. Aber ehrlich, musste es denn gerade ein Ring sein? Kamen Ringe nicht erst viel, viel, viel später. Viel später? “Bitte ...” Filo konnte hören, dass Tim den Tränen nahe war und das war mehr als er ertrug. Er ging einen Schritt auf ihn zu, legte seine Hand auf die von Tim und zog ihn dann mit einem Ruck zu sich. Völlig überrascht, brauchte Tim einen Moment, um auf den Kuss von Filo zu reagieren. Der Kuss war etwas hektich und nervös. Filo war sich nicht mal sicher, was er da gerade machte, aber irgendwie so würde das bestimmt richtig sein. Immerhin vergrub Tim seine freie Hand in Filos Haaren und zog in näher an sich. Ihre Hände berührten sich dabei immer noch, der Ring zwischen ihnen. Filo spürte, wie Tims Hand leicht zitterte und er lächelte in den Kuss. Nur etwas widerwillig lösten sie sich von einander. Aber alles musste mal sein Ende finden, vor allem, wenn sie gerade mitten in der Schule war und eine Pause nicht ewig ging. Nicht das der Pausengong schon geläutet hatte, aber Filo musste noch etwas los werden. Unbedingt. “Tim, ich sag dir jetzt etwas, was unheimlich wichtig zwischen uns sein wird”, bereitete Filo seinen besten Freund nun auf die nächsten Worte vor. Er hielt dabei immer noch Tims Hand. Tims Augen sahen ihn ein wenig besorgt, aber auch hoffnungsvoll an. “Versuch nie wieder, wirklich never ever again, subtil zu sein. Okay? Nie wieder. Und keine Blumen!” “Ja, die Blumen sind gestrichen.” Tim lachte erleichtert und beugte sich nun von allein zu Filo, um ihn erneut einen Kuss auf den Mund zu geben. Einen kurzen, aber vor Glück überschäumenden. “Ich mag dich, Filo.” Ein breites Strahlen in Tims Gesicht. So hatte sich Filo das vorgestellt. Genau so. Er erwiderte das breite Grinsen und protestierte nicht einmal, als Tim ihm den Ring in die Hand drückte. “Du … du willst aber nicht, dass ich ihn trage, oder?”, fragte Filo ihn, starrte auf das Stück Metall in seiner Hand, konnte sich einfach nicht vorstellen, Schmuck zu tragen. Das war einfach nicht sein Ding. “Gott bewahre, du sähst furchtbar damit aus! Keine Ahnung, was ich mir dabei gedacht habe! Aber behalte ihn bitte.” Tim lächelte ihn an. Und Filo dachte kurz, dass er vielleicht sogar einmal bereit war, diesen Ring zu tragen, wenn er dafür jeden Tag dieses Lächeln bekommen würde. Deshalb schob er den Ring in seine Hosentasche und schaute zu Tim, der ihn entspannt und glücklich beobachtete. So kannte er Tim, so war Tim. Entspannt und glücklich und ehrlich und fantastisch. “Soll ich, also soll ich … auch was sagen?”, fragte Filo schließlich. Nervös bei dem Gedanken und sich nicht sicher, ob er es überhaupt über die Lippen bringen würde. Weil er noch nie sehr direkt oder mutig gewesen war – Tim übernahm das normalerweise immer für sie beide. “Nah!” Tim winkte ab und zog ihn nochmal zu einem Kuss heran, bevor der Pausengong tatsächlich läutete. Tim brauchte keine gesprochene Liebesgeständnisse. Er verstand es nämlich, wenn Filo subtil war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)