Liebe wie Gurkensushi von Memphis (YUAL mit BxB-Oneshots!) ================================================================================ Kapitel 39: Die Anderen ----------------------- Er wusste, was die Anderen über ihn sagten. Er wusste auch, dass sie recht hatten mit ihm. Selbst wenn sie nicht mal die Hälfte über ihn wussten. Nein, nicht mal ein Bruchteil kannten sie von ihm. Trotzdem hatten sie recht. Er war wie ein wild gewordener Hund. Sie warteten nur darauf, dass er wieder um sich biss. Und oh Gott, wie fest er beißen konnte. Mit Fäusten und Tritten. Bis er Blut auf seiner Zunge schmeckte. Häufig sein eigenes. Aufgerissene Fingerknöchel. Aufgeschlagene Lippen. Aufgebrachte Gefühle, die nicht zu beruhigen waren. Er wusste, dass sie sich wünschen, man könnte ihn einfach loswerden wie einen Hund. In der Tonne ertränken. Einschläfern. Er konnte es in ihren Blicken sehen. Die Ablehnung. Verachtung. Hass. Sie waren wie sein Spiegelbild. Reflektieren alles, was er schon über sich wusste. Nichts davon, was es vielleicht mehr zu wissen gab. Gab es mehr zu wissen? “Du solltest damit aufhören, weißt du.” Seine Stimme klang so, als wüsste er alles über ihn. “Ich meine damit, dass du dich selbst so zerfleischt.” Er verdrehte die Augen, schnaubte kurz dabei. Abgerundet wurde es durch ein abfälliges Lächeln. Er würde die Aussage nicht mit einer verbalen Antwort honorieren. “Nein, ernsthaft, Alter. Ich verstehe einfach nicht was dein Problem ist.” Diesmal gab es nicht einmal Mimik als Reaktion. Stattdessen konzentrierte er sich auf seine Arbeit vor ihm. Ein Zaun und Holzlasur. Neben ihm hörte er nur ein Seufzen. Er kannte das Geräusch. Enttäuschung. Natürlich kannte er es. Es war das logische Ende bei einer Unterhaltung mit ihm. Und das, was jedes Mal ein bisschen mehr an ihm riss. Solange reißt, bis er wieder beißt. Aus dem Augenwinkel konnte er beobachten, dass der Andere sich anstatt zu gehen, an den ungestrichenen Teil des Zauns lehnte und ihn ansah. Er wartete. Lauerte. Es war eine Falle. Der Griff um den Pinsel wurde stärker. Er konnte seine Fingerknöchel sehen, wie sie unter dem Schorf weiß wurden. Er würde nicht in die Falle tappen. Er wusste, dass sie alle nur auf eine Chance warteten, ihm eine Kugel in den Kopf zu jagen und ein Messer in den Rücken. Er wünschte, er könnte auf der Hut sein. Aber am Ende blieb er nur ein wilder Hund, der sich nach Berührung sehnte. So ausgehungert nach Liebe, wie er Angst davor hatte. “Hör mal, du kannst mit mir reden. Okay? Ich weiß, es ist gerade … nicht leicht. Aber wirklich, ich bin da. Egal, was ist.” Der Hund in ihm jaulte bei diesen Worten auf. Wie sehr wünschte er sich, er könnte ihnen glauben. Darauf vertrauen. Aber Vertrauen wurde bestraft. Es tat weh. “Mhm”, sagte er nur. Ihm wurde auf die Schulter geklopft. Mit einer unwirschen Bewegung versuchte er alles von der Berührung abzuschütteln. Aber nur die Wärme ging. Die Angst blieb. Er folgte dem Anderen mit seinem Blick, als dieser mit einem Kopfschütteln Richtung Haus ging. Kurz trafen sich ihre Augen. Er konnte nicht weg sehen, sonst hatte er verloren. Keine Schwäche zeigen. Er bekam ein Lächeln. Er zeigte seine Zähne. Der Andere verschwand im Haus. Aber er war trotzdem nicht alleine. Die Anderen waren immer überall. Vielleicht wussten sie es nicht, aber er konnte sie hören. Wenn sie über ihn redeten. Auf der Straße. Im Supermarkt an der Kasse. In der Tankstelle. In ihren Vorgärten. Überall wo er hinkam. Sie stellten sich viele Fragen über ihn. Kannten keine Antworten. Und er würde ihnen keine geben. Was war mit ihm falsch gelaufen? Warum war er so kaputt? Was war, wenn er wieder gewalttätig wurde? Wie konnte man es nur mit ihm aushalten? Wie konnte man es nur mit ihm aushalten? Wie konnte man es nur mit ihm aushalten? Wie konnte man es nur mit ihm aushalten? Er schmiss den Pinsel weg, trat gegen die Dose mit Holzlasur. Mit einem dumpfen Geräusch knallte sie gegen die Holzlatten. Hinterließ einen unschönen Fleck. Er trat gegen den Zaun, und nochmal. Sein großer Zeh fing an zu pochen. Mit einem weiteren Tritt konnte er endlich das Holz knirschen hören. Er spürte Blicke auf sich. Er zog die Schultern hoch, verschwand ins Haus. “Fertig mit dem Zaun?” Der Andere hatte es sich mit einem Glas Cola auf dem Sofa gemütlich gemacht. Decke über sich geworfen. Der Fernseher lief. Er nickte. Für ihn hatte sich der Zaun erledigt. Der Andere hätte aber aufsehen müssen, um die Antwort zu sehen. Tat er nicht. Die Antwort war sowieso nicht wichtig gewesen ... “Und, geht es dir jetzt besser?” Die Frage wäre so oder so gekommen. “Klar, warum nicht …” Er zuckte mit den Schultern. Behielt aber den Anderen im Auge. Dieser sah ihn nicht an. Er gab ihm Raum. Freiheit. Oder wollte er einfach seine Nähe nicht? Er setzte sich zu ihm. Jetzt wurde er angesehen, wieder mit dem Lächeln. “Willst du einen Schluck?” Ihm wurde die Cola unter die Nase gehalten. Er griff danach. Das Glas war warm vom Körperkontakt. Die Cola schmeckte scheußlich. Er verzog das Gesicht und stellte sie sofort weg. Der Andere hob seine Decke hoch, bot ihm Nähe an. Er ignorierte ihn. Eine Falle, das durfte er nicht vergessen. “Willst du irgendetwas bestimmtes sehen?”, fragte der Andere in die Stille. “Nein, nicht wirklich.” Er wollte wieder dieser Ruhe. Diese Fast-Nähe. Dieses Fast-in-Ordnung. Nur nicht reden. “Wie hältst du es mit mir aus?” Statt einer Antwort drückte sich sachte ein Fuss gegen sein Bein. Der steckte unter einer Decke und er legte seine Hand darauf. Er wusste, es war nicht viel. Aber gerade soviel, wie er geben konnte. Er sah in seine Richtung. Fast-Glück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)