Das Elementarartefakt von Ireilas ================================================================================ 5. Die Reise nach Vestus ------------------------ Gleich nachdem das Handelsschiff anlegte, lief der kleine Quarz schrill jubelnd über den Strand. Aber nicht nur er, auch die Bürgermeistertochter eiferte dem Wesen nach: „Laaand! Boden! Ach, ich könnte den Sand knutschen!!“ Zarill war Seefahrten einfach nicht gewohnt. Genau genommen war sie das erste Mal auf einem Schiff mitgefahren, wer würde sich danach nicht auf Land freuen? Kopf schüttelnd kam Cekiu nach, in seinen Mantel umhüllt. „So Leute, kommt mal zu mir her.“, er wartete, bis die Zwei bei ihm standen, „Wir werden jetzt ein wenig Proviant kaufen gehen… aber bleibt bei mir, die Insel wimmelt von Dieben. Manchmal auch von Mördern, das ist aber eher selten.“ Bei seinen Worten schluckte Zarill mit großen Augen; auch dies war sie nicht gewohnt, eine Insel voll mit üblen Typen. Quarz winkte um Aufmerksamkeit: „He, Silberfuchs! Wäre es nicht besser, wenn wir ein neues Segel kaufen? Lange kann die Nussschale nicht mehr umherfahren!“ „Nenn mich nicht Silberfuchs - nicht auf dem Festland, schon gar nicht an so einem Ort wie diesem! Kopfgeldjäger lieben Handelsinseln…“, Cekiu räusperte sich, „Wir haben nicht genug Geld. Wenn wir Glück haben, geht sich um das Bisschen ein Vorrat für drei Tage aus.“ „Dann lasst uns Anfangen und wieder schnell von hier verschwinden!“, Zarill sprach schnell und leise; mit jeder Minute wurde ihr der Ort unsympathischer. Wie gesagt, so getan. Die drei Reisenden gingen im Schnellschritt über den tobenden Marktplatz, zwischen all den Leuten durch. Quarz ging weiter abseits, da er sich nicht so viele Sorgen machte wie Zarill, die ganz knapp hinter Cekiu ging. Der Kapitän verhüllte sein Gesicht wieder unter seiner Kapuze, es war einfach zu gefährlich sein bekanntes Gesicht zu zeigen. Bei einem Gemüsestand hielten sie Kurz an, schließlich waren Vitamine auf so lange Schiffsfahrten Lebenswichtig. Während Cekiu auf das kleine Wesen Quarz schauen musste, dass er keinen Mist aus dem Gemüse raussucht, schaute die Bürgermeistertochter ein Wenig umher: Es waren nur sehr wenige Frauen mit Kinder zu sehen, die meisten Leute waren nur Männer, von Erwachsen bis Alt, von Normal bis Betrunken. Kein Wunder, dass Zarill nichts von dieser Insel wusste, schon gar nicht etwas in der Schule hörte. Als sie umherschaute, blieb ihr Blick bei einer recht ungepflegten, jüngeren Frau hängen, die mit einem schwarzen, zerfetzten Umhang und einer Alkoholflasche vorbeitorkelte. Doch als die Frau mit den roten Haaren unheimlich zu ihr zurückstarrte, wandte Zarill ihren Blick schnell ab. Der erste Einkauf war erledigt und die Waren bezahlt, nun konnte der Mini-Bummel weitergehen. Die Drei stießen auf viele Geschäfte, die zwar Interessant waren, aber auch ziemlich Unnützlich für Seefahrten: Geschenkartikel, Hauspflanzen und Tiere, willkürliches Gerümpel aus der alten Zeit, Schrott, und noch vieles Mehr. In einer Seitengasse blieb Zarill plötzlich vor einem recht ordentlichen Kleidungsgeschäft stehen und blickte gebannt ins Schaufenster: Ein dunkelblaues, kurzes Kleid hatte es ihr angetan, die konnte einfach nicht weitergehen. „Aaach komm schon…“, seufzte Cekiu, „…erstens haben wir nicht genug Geld und zweitens besitzt du absolut keines… du kannst froh sein, dass ich für dich überhaupt Lebensmittel mit einkaufe.“ Traurig musste sie sich eingestehen, dass der Kapitän Recht hatte. Doch als sie auf die Straße gegenüber blickte und ein kleines Wettspielchen mit Karten entdeckte, kam ihr eine Idee… „Ceeeekiuuu…?“ schallte es von hinten, Zarills Stimme wirkte anders als sonnst. „Was ist?“ „Kannst du mir… eine Bronzemünze borgen…?“ „Was äh- was hast du mit einer einzigen Münze vor? Und wieso borgen? Sag bloß, du willst anfangen zu arbeiten… ausgerechnet DU?“ Kopfschüttelnd trat sie näher an Cekiu heran: „Nein, nein! Du wirst schon sehen, ich brauche nicht mehr und ich gebe sie dir auch gleich wieder zurück!“ „Okay… du musst ja wissen, was du tust.“, er legte Zarill eine Bronzemünze in die Hand und sah zu, wie sie sich dankend verbeugte; sehr eigenartig. Dann beobachtete er zusammen mit Quarz, wie sie zu dem Wettstand lief und diese Bronzemünze setzte- und gegen andere Leute spielte. „Das geht in die Hose…“, kommentierte Quarz. Cekiu konnte dazu nur nicken, bevor er die Arme verschränkte. Und da - nach den ersten fünf Minuten hatte sie gewonnen: nun waren es zwei Bronzemünzen! „Gar nicht schlecht, Kleine.“, Zarills Gegner grinste, „Willst du noch mal Spielen?“ „Klar.“ Und wieder waren fünf Minuten vergangen, als sich ihr Gewinn verdoppelt hatte. Aus zwei Bronzemünzen wurden Vier, dann Acht und schließlich eine Silbermünze. Aus ihr wurden wieder Zwei, Vier, Acht,… bis schließlich Sechs Goldmünzen daraus wurden. Schon seit längerem stand Quarz hinter ihr, um sie anzufeuern, der Kapitän lehnte noch immer auf der anderen Straßenseite an einer Wand, er wollte natürlich zusehen; aber ihm war es zu viel Publikum um Zarill herum geworden. „Komm schon! Wenn die nächste Karte ein Herzass ist, hast du zwölf Goldmünzen, Zarill!“, der kleine Quarz sprang vor Aufregung auf und ab. Langsam drehte das Mädchen die Karte ihres Stapels um… und es war ein Herzass- sie hatte gewonnen! Als der ganze Jubel um sie herum leiser wurde, kam sie mit Quarz zum leicht überraschten Cekiu zurück, legte ihm seine Bronzemünze in die Hand und bedankte sich noch einmal. So konnten die drei Reisenden die Insel verlassen. Zarill mit ihrem neuen Kleid, Quarz mit jede menge Schokoriegeln, Cekiu mit mehreren Hängematten (es gab bis jetzt schließlich nur ein Bett), und das Schiff neu gestrichen und mit einem neuen Segel. Jetzt konnte endlich die große Reise beginnen - die Reise nach Vestus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)