Cruel, bloody Paradise von abgemeldet (Ihr heiliges Spiel um meine verdammte Seele) ================================================================================ Kapitel 65: Der Thron der Riesen -------------------------------- So harrte er der Dinge, die dort von Osten her ihren Lauf nahmen. Aura glomm leicht auf, sie ruhte über seine Schulter gelegt auf den Gegner wartend. Rion entdeckte die Riesen als kleine Punkte in weiter Ferne. Sie brachten die beachtliche Distanz in für ihren massigen Körper unglaublichem Tempo hinter sich. Rion musste zugeben dies nicht bedacht zu haben. Die Anspannung stieg in seinen Körper. Trotz allem bewarte er sich nach Außen hin eine unbeeindruckte Fassade. „Man trifft sich also doch immer zweimal im Leben“, lachte Oger triumphierend auf. „Sieht ganz so aus“, stimmte Rion ihm zu. „Aber ein drittes Mal wird es nicht geben“, versicherte der Riese mit dröhnender Stimme, „Ich bin gewillt den Auftrag des Herrn auszuführen“. Rion konnte darüber nur schmunzeln: „Nicht mal ein König ist sein eigener Herr? Das ist tragisch, Oger“. Oger spuckte vor sich auf den Boden: „Bringen wir es zu Ende, du Wurm!“. Rion schien dies Recht zu sein: „Dann mal los Hoheit, ich hab´s echt eilig“. Der Riese deutete seinen Begleitern fern zu bleiben: „Ich brauche euch hier nicht. Diesen Fehler werde ich allein korrigieren…“. Die Riesen sahen einander mit verwirrter Miene an: „Sollen wir nicht helfen, Chef?“. „Ja, der soll ganz gefährlich sein… wissen Sie noch, letztes Mal…“, begann der links stehende Riese, doch er wurde von Oger sofort unterbrochen: „Fresse halten!“. „Ja, Chef!“, standen die zwei sogleich stramm. Oger warf ihnen einen wütenden Blick zu und wandte sich dann Rion zu: „Gefährlich? Pah! Was soll an einem so mickrigen Menschen denn schon gefährlich sein? Ihr Waschlappen!“. Rion lockerte seine Schultern. Das ungute Gefühl, welches er hatte nahm nur noch stärker zu. Er konnte es sich nicht erklären aber irgendetwas lag in der Luft. Und das lag nicht unbedingt am ätzenden Gestank seiner Gegner. „Nach meinem Sieg wird er sein Wort halten müssen, dann herrsche ich endlich über ein richtiges Reich, nicht nur über diesen öden Flecken Nichts“, freute Oger sich diebisch. Rion zog eine Augenbraue hoch: „Du laberst eindeutig zu viel, Alter…“. Verächtlich setzte Oger seinen massigen, muskulösen Körper in Bewegung. Mit erstaunlich schnellen Schritten stürmte er auf Rion los, wie ein wild gewordener Stier. Furienartig schlug der Riese völlig blind und planlos nach ihm. Rion sah die großen Fäuste nur so auf sich herabschnellen. Ihm blieb keine andere Chance als sich unter ihm hinwegzurollen. Es gab kaum eine Gelegenheit für ihn sich aufzurichten oder zu verschnaufen. Rion hoffte darauf, dass Oger sich verausgaben und müde werden würde. Dem war allerdings nicht so. Er sah nicht eine winzige Möglichkeit aus der Schlagbahn dieses Typen zu gelangen. Sein einziger Vorteil Oger gegenüber, war Rions Schnelligkeit und die ihm gegebene Wendigkeit. Den Trumpf mit Aura konnte er nicht ausspielen. Dazu kam er zu seinem Unglück nicht. So verstrich eine gefühlte Ewigkeit, die Rion fast ausschließlich auf dem harten, steinigen Boden verbrachte. Hin und wieder streiften die Fäuste des Riesen ihn haarscharf. Rion ging so langsam die Puste und die Geduld aus. Doch auch der Riese schien mit der Zeit zu schwächeln. Zumindest schnaubte und pustete er bereits sehr verdächtig. Rion wünschte sich noch etwas mehr Energie aufgespart zu haben. Das war nun allerdings zu spät. Beide wurden merklich langsamer, die Kräfte verließen sie sichtbar. „Jetzt haben sie ihn da wo sie ihn haben wollten, Chef!“, rief der Linke erfreut. Der sabbernde Riese nickte lachend und sah damit noch dümmlicher aus als sonst. Oger wischte sich den Schweiß von der Stirn: „Wenn das so wäre, dann wäre er jetzt schon Mus“. Die Nebenstehenden begannen ihren König lautstark anzufeuern. Dieser schien neue Kräfte zu sammeln. Rions schwitzende Finger klebten an Auras Griff. Er wechselte die Schwerthand und wischte sich die Hände an seinem Shirt ab. Dann griff er Aura fester, wartete auf den nächsten Schlag des Riesen. Ogers Faust schlug ins Leere, er hatte alle Kraft darauf konzentriert und sich dabei sehr weit herunter gebeugt. Rion konnte sein Glück über diese unerwartete Chance nicht fassen. Er holte weit mit dem Schwert aus, als etwas seine Aufmerksamkeit aus dem Nichts auf sich zog. „Rion!“, erreichte Maideyas aufgebrachte Stimme ihn. Sofort zog er instinktiv zurück und verharrte. Seine Augen suchten die Umgebung ab. Und wirklich. Mitten auf der hügeligen Ebene stand eine sichtlich erschrockene Maideya. „Was machst du hier?“, galt ihr sogleich seine ungeteilte Aufmerksamkeit. „Oh…ich…es tut mir leid. Ich wollte dich vor den Riesen warnen…aber“, war sie nicht fähig die Situation zu schildern. Zu groß war ihr Schock über das sich bietende Bild. Die Riesen waren längst da. Sie hatten ihn gefunden. Ihn herausgefordert. Cassandra hatte ihn verraten und nun hatte sie, ausgerechnet sie seinen Sieg gefährdet. Aller Mut wich aus ihrem Körper. Maideya fühlte sich mit einem Mal völlig leer und tot. Sie war nicht mehr als eine reaktionslose Hülle. Nicht fähig sich zu bewegen stand sie stumm da. „Lauf weg!“, bat Rion sie, „Hau ab, Maideya! Bleib nicht hier“. Doch sie rührte sich nicht. „Hier spielt die Musik“, erinnerte Oger ihn. Rion hatte nicht mehr die Zeit sich darauf einzustellen. Der Schlag des Riesen traf ihn hart und beförderte ihn unsanft auf den schwach bewachsenen Boden. Aura schlitterte weit über den Boden und blieb unweit von Maideya liegen. Ungläubig starrte das Mädchen auf das Schwert, dann auf Rion. Er rührte sich nicht. Sie ließ sich zu Boden gleiten, es zog ihr sprichwörtlich den Boden unter den Füßen weg. Die Riesen applaudierten ihrem König mit überschwänglichem Jubelgeschrei: „Hoch lebe unser König! Der Held ist gefallen!“. „Rion…“, hauchte Maideya fassungslos und schlug sich die Hände vors Gesicht, „Was haben wir getan?“. Noch immer bewegte Rion sich nicht. Ein schmaler Fluss von Blut rann aus seiner Nase und dem Mundwinkel. Nachdem Oger sich ausgiebig hatte feiern lassen, wandte er sich seinem besiegten Gegner zu: „Was für ein schönes Ende…“. Er beugte sich über Rion. Dieser lag auf dem Bauch. Rion gab einen schmerzverzehrten Laut von sich. Seine Finger bewegten sich. Er Atmende schleppend. Mit kaltem Lächeln trat Oger ihm in die Seite. Mit einem kurzen Aufschrei des Schmerzes rollte Rion sich auf den Rücken. Auf der Stelle, an welcher er gelegen hatte, blieb eine feine Blutspur zurück. Ihm wurde schwarz vor Augen. Oger konnte er nur Schemenhaft wahrnehmen. Er hörte sich an, als wäre er ganz weit weg. Rion wollte sich aufrichten, doch sein Körper war ein einziger, unerträglicher Schmerz. Maideya war völlig verzweifelt und innerlich zerrissen. Sie wollte… nein, sie musste etwas tun. Wenn sie so untätig zusehen würde wie alle Anderen, dann würde Rion heute sterben. Mit zittrigen Fingern tastete sie nach Aura, die dort im Gras lag. Das Metall war eiskalt. Noch nie zuvor hatte sie es gewagt Rions heilige Klinge zu berühren. Sie zögerte und fasste dann doch nach dem Griff des Schwertes. In ihrer Hand war sie erwartungsgemäß nichts als ein Haufen rostiges Metall. Sie konnte nicht sagen, ob sie traurig darüber war oder erleichtert. Der große Respekt, den sie vor Aura hatte, ließ sie nur noch länger zögern. „Bringen wir es endlich zu Ende“, diese Worte wischten all ihre Zweifel weg. Entschlossen wie nie fasste sie Aura, wie sie es von ihm gewohnt war. Sie hatte noch nie in ihrem Leben eine Waffe in der Hand. Sie hatte nie gekämpft und sie wollte es auch nie müssen. Sie hatte nie jemanden getötet. Nie daran auch nur einen Gedanken verschwendet. Sie hatte nicht mal ein Wesen verletzt. Sie hatte sich immer geschworen dies nie zu tun. Sie hatte noch nie in ihrem Leben Hass verspürt. Nie – bis zu diesem Augenblick. Sie war fest entschlossen Oger zu töten, um Rion zu retten. Oder beim Versuch mit ihm zu sterben. Ihre Hand zitterte noch immer. Oger erhob langsam seinen Fuß über Rions Kopf. Dieser konnte das nahe Unheil kaum mehr sehen. Plötzlich griff jemand zwischen ihre Hände und nahm ihr das Schwert weg. Maideya war zu erschrocken, um es zu verhindern. Neben ihr stand ein großer Mann, mit langem, wehendem, dunklem Haar. Er hatte sehr feine Gesichtszüge. Maideya war völlig verwirrt und unfähig zu reagieren. Er lächelte sanft zu ihr herunter: „Verzeihung meine Dame, es ist Zeit den Platz in der Geschichte einzunehmen…“. Im nächsten Augenblick hatte der so sanft wirkende, feminine Mann Oger Auras Klinge durchs Herz gebohrt. Mit geweiteten Augen stolperte der König der Riesen zurück: „Du bist ein Verräter…“. Trench senkte den Kopf und warf das Schwert neben Rion zu Boden. Oger konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. Taumelnd trat er am Rand der Klippen ins Leere und stürzte hinter Trench in die Fluten. Die durch ihn ausgelöste Welle schwappte seicht über den Klippenrand hinaus und wässerte den trockenen Boden unter den Füßen der Umstehenden. Die beiden Riesen blickten sich an, dann knieten sie nieder: „Es lebe der König!“. Trench schenkte ihnen keine Beachtung, er kniete neben Rion und hielt sein Ohr dicht über Rions Mund. „Er atmet noch“, beruhigte er Maideya. Vorsichtig kam diese näher: „Wer bist du?“. „Mein Name ist Trench“, stelle er sich vor. Auch Maideya nannte ihren Namen. Trench hob Rion mit größter Vorsicht vom Boden auf. Maideyas Augen ruhten die ganze Zeit auf dessen ruhig atmendem Körper als wolle sie seinen Herzschlag von dort aus überwachen. „Er kommt durch…“, versicherte er Maideya. Diese lächelte: „Natürlich tut er das. Rion ist stark“. „Du bist seine Freundin, richtig?“, Trench wusste nicht so genau warum er das wissen wollte. Eigentlich war es mehr als unhöflich ein junges Mädchen nach so etwas zu befragen. „Ich bin eine Freundin, ja“, wich sie aus, „Mehr nicht…leider“. „Eigentlich ist er doch sehr clever… ich frage mich warum er es nicht sieht“, seufzte Trench. „Was?“, wunderte sie sich. „Das du ihn sehr gern hast…“, führte er seine Gedanken weiter aus. Maideya errötete leicht und beschloss darüber zu schweigen. „Du bist ein sehr mutiges Mädchen“, bewunderte er sie. „Nein… das bin ich leider nicht. Ich bin ein Feigling. Es ist meine Schuld, dass es Rion jetzt so schlecht geht“, warf sie sich selbst vor. Er schüttelte das offene Haar: „Das ist nicht wichtig. Du warst bereit es mit einem übermächtigen Gegner aufzunehmen, um ihn zu retten. Nur das zählt“. „Danke“, lächelte sie und die Erleichterung war ihr deutlich anzusehen, „Darf ich dich etwas fragen?“. Er bejahrte: „Ja…sicher“. So fuhr sie fort: „Woher kennst du Rion eigentlich?“. Er seufzte: „Das ist eine sehr lange Geschichte. Ich kenne ihn bereits eine ganze Weile. Ich könnte dir unglaubliche Geschichten über ihn erzählen…“. „Seit ihr Freunde?“, fragte sie nach. Er zögerte einen Augenblick: „Ich weiß es nicht… immer wenn wir uns sehen, streiten wir. Ich kann nicht sagen, ob Menschen das Freundschaft nennen“. Sie musste lachen: „Ja, ich glaube dann seit ihr wirklich gute Freunde. Rion streitet sich ständig“. „Er hat oft von dir gesprochen“, verriet Trench ihr, „Himmel und Hölle hat der Junge in Bewegung gesetzt um dich und die Anderen zu finden. Dafür hat er sogar ein großes Waffenturnier gewonnen, ein Dorf gerettet und wichtige Menschen kennen gelernt“. Maideya lauschte ihm gespannt, während er die Riesen zurück nach Hause schickte und auf dem Weg zur alten Fennie ein wenig aus dem Nähkästchen plauderte. Es dauerte eine Weile, bis sie das Gasthaus erreichten. Fennie machte Rion sofort ein Krankenbett zurecht und Maideya half ihr dabei, während Trench sich vorstellte und vom Kampf mit Oger erzählte. Rion öffnete die schweren Augenlieder und blinzelte noch immer etwas weggetreten in den kleinen Raum, der völlig ruhig lag. Er erkannte die nüchternden Wände, die rissige Zimmerdecke und die einfachen Möbel sofort wieder. Es war ihm, als hätte er nur eine Weile geschlafen. Seufzend richtete er sich auf und ignorierte den stechenden Schmerz in seinem Kopf. „Wie fühlst du dich?“, fragte Maideya aus einer der Zimmerecken plötzlich. Rion zuckte kurz: „Manno, Maiddy. Willst du, dass ich einen Herzinfarkt bekomme?“. „Es tut mir leid…“, entgegnete sie, „Geht es?“. „Ach ich weiß nicht. Ehrlich oder nur so gefragt?“, wollte er wissen. „Ehrlich, was sonst?“, gab sie zurück. Er ließ sich auf sein Kopfkissen zurück fallen: „Ich fühle mich als hätte mich jemand durchgekaut und ausgerotzt“. „Rion…“, ermahnte sie ihn, „Kannst du nicht einfach nur sagen, dass es dir nicht gut geht?“. „Ich sollte ehrlich sein“, grinste er. „So schlecht scheint es dir dann ja doch nicht zu gehen“, schlussfolgerte sie daraus. „Ich komme schon klar“, versicherte er ihr, „Was ist passiert?“. Maideya setzt sich zu ihm auf die Bettkante und begann ihm von dem Kampf mit den Riesen und von Trench zu berichten. Cassandras Verrat und ihr dummes Verhalten ließ sie dabei jedoch unter den Tisch fallen. Sie hatte ihre Erzählungen kaum beendet, da öffnete sich die Tür und Trench trat herein. „Hey, Alter“, begrüßte Rion ihn, „Wie siehts aus bei dir? Noch alles frisch?“. „Alles frisch? Du redest wie ein Neandertaler“, beschwerte Trench sich. „Danke…“, grinste er breit, „Nein, im Ernst. Danke, Kumpel. Ohne dich könnte man meine Einzelteile jetzt in Krümelform aus dem Erdboden pulen…“. Trench schüttelte den Kopf: „Wie du redest… man müsste ein Lexikon schreiben, um dich zu verstehen. Rede doch mal mit mir, wie ein normales Wesen“. „Ich bin nicht normal“, erinnerte Rion ihn. „Das stimmt. Niemand ist so wahnsinnig und lebensmüde wie du“, nickte Trench. „Doch“, widersprach er ihm und Rions Augen trafen die des Riesen, „Du…“. Er zögerte kurz: „Ich?“. „Ich habe gehört, dass du ein Held bist. Respekt, Trench“, meinte Rion anerkennend. Trench schüttelte energisch den Kopf: „Du hast mir den Mut gegeben. Ohne dich, hätte ich mich nie vom Schatten der Vergangenheit lösen können. Dieses Phantom hätte mich bis in mein Grab verfolgt. Durch dich habe ich die Kraft gehabt mich ihm zu stellen. Ich war dir das schuldig…“. „Das ist Blödsinn“, sagte Rion bestimmend. „Und ich bin stolz auf mich, dass dies so ist. Du hast mir beigebracht was es heißt Mut zu zeigen und sein Leben für Andere einzusetzen. Jetzt fühle ich mich frei. Ich bin ein ganz Anderes Wesen“, fuhr er fort. „Das freut mich“, gab Rion nach. Trench und Maideya sahen ihn überrascht an. „Was denn? Willst du nicht stundenlang diskutieren? Zumindest bis du das letzte Wort hast?“, fragte Maideya vorsichtig nach. „Nein…“, war seine knappe Antwort, „Wie geht es jetzt bei dir weiter?“. „Ich werde euch den Weg von der Insel zeigen. Dann kehre ich zu meinem Volk zurück. Es wird ein schwerer Weg und es wird nicht leicht für mich. Aber ich werde mich dem stellen. Das bin ich ihnen schuldig. Ich werde die Fehler der Vergangenheit wieder gut machen und den Riesen dort ein besseres Leben ermöglichen. Seite an Seite mit den übrigen Wesen. Zumindest habe ich das so gedacht“, antwortete Trench nachdenklich. „Dann kann ich dir nur die Daumen drücken. Ich glaube ganz fest daran, dass du das schaffst. Du darfst nur nie aufgeben“, entgegnete Rion ihm, „Versprich es mir“. Er nickte entschlossen: „Ja, ich möchte es dir versprechen“. „Dann tu es auch“, lachte Rion zwinkernd, „rede nicht so viel drum herum“. Trenchs Augen glänzten, als er den Arm fest um Rion legte: „Ich verdanke dir alles. Ich habe vergessen wer ich bin. Warum ich überhaupt existiere. Ich wollte nur noch sterben. Du hast mir geholfen wieder der zu werden, der ich einst war. Ich verspreche dir alles mir mögliche zu tun, damit mein Volk glücklich leben kann. In Frieden mit anderen Rassen“. Rion erwiderte seine freundliche Umarmung: „Hey, ist doch in Ordnung… jetzt heul nicht gleich“. „Warum sollte ich nicht? Ich bin einfach so glücklich…“, schluchzte er und drückte ihn nur noch fester. Rion verzog das Gesicht: „Man, Trench. Jetzt reiß dich doch mal zusammen. Ich kriege gar keine Luft mehr“. Erschrocken ließ er von Rion ab und wischte sich seine Tränen weg. Dennoch schämte er sich für keine von ihnen. Maideya saß still daneben. Für sie war es ein Wunder, dass Rion bereits wieder der Alte war. Dass er lachen und streiten konnte wie eh und je. So, als wäre gar nichts geschehen. Als wäre alles nur ein böser Traum gewesen. Einzig Rions Blessuren im Gesicht erinnerten sie daran, dass sie nicht träumte. Rion durfte das nie erfahren, das schwor sie sich. Nach einem Ausgiebigen Essen war es endgültig an der Zeit Abschied zu nehmen. Rafahl war bereits wieder genesen und erfreute sich bester Gesundheit. Geroh und er hatten in den letzten Tagen augenscheinlich sehr gut gegessen. Ihre Wangen waren von einer gesunden, rötlichen Färbung. Sie waren gestärkt und bereit die Reise fortzuführen. Rion war auch wieder auf einem guten Weg. Von den Verletzungen war so gut wie nichts mehr zu sehen. Auch Maideya und Cassandra hatten eine erholsame Zeit gehabt. Die Freunde standen an der Tür. Jeder hatte die gute alte Fennie zum Abschied umarmt und fest gedrückt. Sie hatte sogar einen Rucksack voller Marschverpflegung gepackt. Geroh hütete diesen wie einen Schatz. Trench stand etwas abseits der Gruppe. Rion war der Letzte, der sich von Fennie verabschiedete. Nur langsam ließ sie ihn los: „Es bricht mir das Herz dich weggehen zu sehen…“. „Es tut mir leid, Fennie“, versicherte Rion ihr, „Aber wir müssen weiter. Es war wirklich schön bei euch. Wir alle waren gerne hier…“. Sie nickte und strich ihm über die schmale Wange: „Ich weiß. Ich habe euch so lieb gewonnen, Kinder“. Tränen liefen über ihr Gesicht. Rion fühlte sich ziemlich schlecht: „Bitte weine nicht…“. Sie schluchzte laut und umarmte Rion erneut: „Es ist so schwer euch gehen zu lassen. Du bist wie ein Sohn geworden, in all der Zeit. Bitte pass immer auf dich auf. Und auf dein Mädchen. Versprich es mir“. Maideya blickte ertappt zu Boden. Rion grinste leicht: „Ja, versprochen“. „Dann geht. Mögen alle Götter dieser Welt ihre Hände schützend über euch ausbreiten“, brachte sie unter Tränen hervor. Rion strich ihr sanft über den Rücken: „Pass du auch immer auf dich auf. Wir denken an euch“. Ihre Augen glitzerten vor Freude und Schmerz. „Halte die jungen Leute nicht auf“, bat ihr Mann sie etwas barsch. Rion hatte ihn ewig nicht mehr gesehen: „Wir werden jetzt abreisen. Lebt wohl“. Er hielt ihn am Arm zurück. Rion erschrak etwas. Sein Griff war rau und fest. Überrascht blickte Rion ihn an. „Es tut mir leid, Junge. Ich habe dir großes Unrecht getan. Du hast das getan, was wir erwachsenen Männer längst hätten tun sollen. Wir liegen in deiner Schuld“, begann er. Rion musste zugeben nicht damit gerechnet zu haben: „Ach, kein Ding. Fennie hat mehr als genug für uns alle getan. Wir sind quitt“. Er nickte etwas mürrisch: „Dann will ich euch nicht aufhalten“. „Fennie braucht sie…“, wandte Rion sich an ihn, als die Anderen ihnen bereits den Rücken gekehrt hatten, „Vielleicht mehr als jemals zuvor“. Er blickte ihn wortlos an, nickte ihm dann jedoch zu und legte seinen Arm etwas hölzern um seine Frau. Rion lächelte ihr zu und folgte dann Trench zu den Klippen. Er sah nicht mehr zurück. Zu sehr schmerzte es ihn die freundliche, alte Dame so zurück zu lassen. Er wusste, wie schwer der Abschied für sie war. Sie hatte eine Aufgabe gehabt. Einen Grund täglich aufzustehen. Er hoffte, dass sie einen Neuen finden würde. Irgendwann… . Maideya blieb auf dem Weg stehen und blickte zu ihrem Blümchen herüber. „Was hast du?“, wunderte Cassandra sich, „Wieder dieses hässliche Ding?“. Sie staunten nicht schlecht. Dort, wo vor kurzem noch ein verwelktes Pflänzchen stand, wuchs jetzt eine perlweiße Blume. Cassandra starrte es ungläubig an. „Ich lag falsch… Cassandra“, meinte Maideya plötzlich. Sie legte die Stirn in Falten. Maideya lächelte selig: „Ich kann diese Blume sein, wenn Rion der Wassertropfen ist. Und umgekehrt…“. Cassandra verdrehte die Augen. Sie verstand nichts davon. Maideya hingegen hatte seither ein glückliches Lächeln auf den roten Lippen. „Hier sind wir“, eröffnete Trench ihnen und blieb plötzlich stehen. Maideya wäre beinahe mit Geroh zusammen gestoßen, der vor ihr ging. Alle blickten gebannt auf die Stelle, welche Trench ihnen andeutete. Vor ihnen glitzerte es blassblau. „Es ist ein magischer Weg. Er führt direkt durch das Meer auf den Gegenkontinent. Ich selbst hab es nie ausprobiert. Es heißt man muss einfach nur hineinspringen“, fuhr er fort. „Du glaubst doch wohl nicht, dass ich da rein springe?“, Geroh deutete ihm an einen Vogel zu haben, „Ich kann nicht schwimmen“. „Das musst du auch nicht“, versicherte Trench ihnen. „Du willst uns wohl umbringen…“, Geroh konnte ihm nicht trauen. „Danke, Trench“, nickte Rion ihm zu, „Ab hier kommen wir alleine weiter“. „Ich habe zu danken…“, lächelte der Riese freundlich. Sie verabschiedeten sich mit Handschlag. Dann stellte er sich an den Rand der Klippen. Die Anderen, selbst Geroh folgten seinem Beispiel. Wenn er es auch zögerlich und mit Angst im Bauch tat. Sie alle hatten geschworen Rion bis in die Hölle zu folgen. Das würde er nun beweisen. Hier und heute. Wenn es sein musste, konnte Rion auf sie zählen. Auf sie alle. „Rion…“, meinte Trench noch, bevor sie gehen konnten. Er blickte sich um: „Du Freak bist ja immer noch hier. Du solltest deinen Arsch bewegen und sehen, dass du zu deinen Leuten kommst“. Trench lachte auf: „Du hattest Recht. Ich vermisse dich jetzt schon. Ich werde nie wieder einen so verrückten Kerl finden wie dich“. „Sei froh“, entgegnete er und grinste ihn breit an. „Ihr Menschen würdet sagen wir sind Freunde, richtig?“, musste er unbedingt noch von ihm wissen. Rion hob den Daumen, „Logo, Alter“. Trench winkte ihnen zu und man konnte die Sehnsucht und die Trauer des Abschieds in seinen Augen sehen. „Auf drei“, bereitete Rion den Sprung vor. Alle nickten zustimmend. Maideya fasste Rion und Cassandra an den Händen. Rafahl und Geroh folgten ihrem Beispiel. „Alle zusammen…“, schlug Maideya vor. Rion zählte ab und bei drei sprangen alle zusammen ins Ungewisse hinein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)