Cruel, bloody Paradise von abgemeldet (Ihr heiliges Spiel um meine verdammte Seele) ================================================================================ Kapitel 56: Trench´s Entscheidung --------------------------------- Dieser Gedanke behagte Trench nicht wirklich. Er schüttelte ihn ab wie Schmutz von der Kleidung. Er konnte – er wollte keinen solchen Gedanken fassen. Wortlos trottete er hinter Rion her. Er mühte sich redlich, doch Rions Worte blieben wo sie waren, in seinem Kopf. Fast als hätten sie sich in sein Hirn gebrannt. Trench ärgerte sich ob seiner inneren Zerrissenheit. Er als Herrscher über die Feuerläufer? Das war völlig aus der Luft gegriffen. Nur ein Mensch könnte auf eine solch absurde Idee kommen. Die Ebene des verdorrten Grases wich einem noch trostloseren Bild. Den Boden überzog eine unwegsame Schicht aus uralten Lava Rückständen und grauem Gestein. Loses Geröll lag herum. Das Land durchzog ein schmaler Fluss aus stehender Lava. Alles auf dieser Insel schien sich dem Feuer unterworfen zu haben. Ein ätzender Gestank lag in der stehend stickigen Luft, der das Atmen erschwerte. Der Schwefelgeruch lag wie eine unsichtbare Last auf der Lunge. Es beeinträchtigte das Lufthohlen zwar nur leicht, jedoch spürbar. Es war ein unheimliches Gefühl der Beklemmung. Eines, worauf Rion auch gern verzichtet hätte. „Hey, sieht so aus als wären wir auf dem direkten Weg zur Hölle“, meinte er an Trench gewandt. Dieser nickte ihm kurz zu: „Na ja, ganz so abwegig ist das auch nicht… Schließlich befinden wir uns auf dem Vorhof zur Hölle“. „Wow, sehr einladend“, entgegnete Rion knapp. Mit jedem Schritt wirbelten sie feinen Lavastaub auf und lösten Gesteinsbröckchen aus dem Boden. Der Untergrund der Insel schien mehr als fragil konstruiert zu sein. Die Insel vollzog eine scharfe Linkskurve. Sie lag friedlich eingebettet im ruhig anmutenden Meer, mit welchem Beide bereits ihre Bekanntschaft gemacht hatten. Einmal war wirklich genug. Nach einem langen Fußmarsch durchbrach Rion die Stille zwischen ihnen: „Trench, was ist das dort für ein Ort?“. Sein Blick streifte über die Umrisse, welche in weiter Ferne bedrohlich aus der Erde zu schießen schienen. Es waren nur noch Bruchstücke einer besseren Zeit, welche dieses Land einst gesehen haben mochte. „Es sind die Ruinen von Calm“, antwortete Trench ihm, „Calm war ein Dorf indem einst die Feuerläufer und die Flüchtlinge vom Festland zusammen lebten. Das ist ewig her. Es gab Gerüchte über Rebellionen gegen die Königsfamilie und man ließ es vernichten. Seither meiden alle Wesen diesen Ort“. Rion nickte monoton und konnte den Blick nicht von den in den Himmel ragenden Zeugnissen damaliger Zeit wenden: „Waren es Rebellen?“. „Ich weiß es nicht, ich war noch ein Kind“, gab er zu, „Aber das spielte auch keine Rolle. Allein der Verdacht genügt hier zu Lande um ganze Landstriche dem Erdboden gleich zu machen. Das war damals, als die Macht der Dämonen noch sehr groß war. Heute ist sie arg geschwächt. Die Macht der jetzigen Dämonen ist nur noch ein winziger Teil der Macht, welche sie einst hatten. Die Blütezeit gab es natürlich unter Luzifer, das weiß jeder. Doch auch unter dem 2. Prinzen Kain hatten sie eine glanzvolle Zeit. König Deelord ist nur noch ein Schatten der einstigen Monarchen…“. „Was ist mit Wendigo?“, wollte Rion wissen. „Wendigo? Du kennst ihn?“, wunderte Trench sich. „Nicht direkt. Ich hatte nur bereits die umstrittene Ehre ihm über den Weg zu laufen“, antwortete er. Trench sah ihn überrascht an: „Wirklich? Nun Wendigo ist stärker und fähiger als sein Vater, doch er ist sehr unbeherrscht. Trotzdem ist er der Thronfolger der Hölle. Er wir Deelord nachfolgen. Dann wird es vielleicht einen erneuten Krieg zwischen Himmel und Hölle geben“. „Einen Krieg? Wie kommst du darauf?“, Rion stellte die Frage eher in den leeren Raum. Trench zögerte: „Die Macht der Engelkönigin wächst. Deelord fürchtet sie, da er ihr bereits im 1. Krieg unterlag. Doch Wendigo hat keine Angst vor ihr. Er wird die Geschichte umdrehen wollen. Er will die Herrschaft über Acris. Oger ist sein Verbündeter. Wenn es zum Krieg kommt, sind die Feuerläufer dabei. Sie werden die Menschen vernichten oder sie unterwerfen. Es wird ein grausames Massaker geben, Rion. Besonders dann, wenn Sie in die Geschichte eingreift…“. „Wer?“, wunderte er sich. „Komet“, Trench sprach ihren Namen fast flüsternd und voller Ehrfurcht aus. „Schon wieder dieses Schwert“, meinte Rion und verdrehte die Augen, „Das ist doch nur eine Waffe“. „Aura ist auch nur eine Waffe. Und ich sehe was du damit tun kannst. Nicht auszudenken, was sie in den falschen Händen ausrichten würde“, seufzte Trench. „Du weißt eine menge darüber…“, bemerkte Rion und sein Blick traf ihn wie ein scharfer Schnitt. „Natürlich, ich bin zur Hälfte ein Dämon“, erinnerte er ihn. „Dann willst du den Fall des Himmels?“, die Frage traf Trench völlig unvorbereitet. „Ich… ich weiß es nicht Rion. Aber es ist immer besser auf der Seite des Siegers zu stehen. Es ist sicherer für das eigene Leben“, musste er zugeben. „Also kämpfst du für deinen Bruder?“, Rion formulierte es wie eine Frage, es war jedoch eher eine Feststellung. Trench blickte ihn aus leeren Augen an: „Nicht jeder kann sich alles im Leben aussuchen. Ich habe keine große Wahl, Rion. Ich bin ein Riese, ein Halbdämon und ich werde für meine Landsleute kämpfen“. „Das ist feige“, Rions Stimme war trotz dieser Aussage völlig ruhig. Trench senkte den Blick: „Ich kann nicht anders. Ich kann mir die Seite nicht aussuchen. Für welche Seite wirst du kämpfen?“. Auf Rions Lippen lag ein angedeutetes Grinsen: „Ich kämpfe für gar keine Seite. Die einzigen auf der Welt für die ich kämpfen werde sind meine Freunde“. Trench wagte nicht den Blick zu heben, er beließ in dort wo er war. Dort, wo er hingehörte. Am Boden. Das passte seiner Meinung nach am Besten zu ihm. Ja, er war ein Feigling. Rion hatte Recht. Und es tat auch gar nicht so weh wie er dachte. Es war in Ordnung, denn er selbst, Trench, wusste dies ganz genau. Niemand konnte etwas dafür, niemand könnte dies ändern. „Was wirst du jetzt tun?“, wollte Rion von ihm wissen. „Gar nichts. Ich gehe nach Chasam und warte dort was sich tut. Wenn es zum Krieg kommt, dann werde ich meinen Bruder um Vergebung bitten und ihm zur Seite stehen, wenn es nicht mehr anders geht“, versuchte er zu erklären. Rion konnte seine Worte nicht fassen: „Du willst dich doch nur vor dir selbst verstecken. Nicht vor deinem Bruder oder deinen Landsleuten, nur vor dir selbst und vor den Entscheidungen. Du kannst doch nicht dein Leben lang andere für dich entscheiden lassen!“. „Du verstehst das nicht…“, begann Trench mit zaghafter Stimme. „Nein. Und ich will es auch gar nicht verstehen. Ich bin vielleicht nur ein Mensch, kein Dämon, kein Engel. Aber ich werde nicht abwarten und zusehen, wie Acris den Bach runter geht nur weil zwei Freaks den Hals nicht voll kriegen können“, unterbrach er ihn. „Das ist ja auch nicht dein Krieg“, sagte der Riese traurig. „Und trotzdem sind alle daran beteiligt. Dein Volk würde dich jetzt brauchen. Du könntest wenigstens versuchen es zu verhindern“, bat Rion ihn. „Nein!“, entgegnete Trench bestimmt, „Ich werde dir helfen zu deinen Freunden zu gelangen, dann ziehe ich mich hierhin zurück“. Rion blickte ihn enttäuscht an: „Mach doch was du willst, es ist ja dein Leben. Und zum Glück bin ich nicht du“. Trench nickte still, den Blick noch immer fest am Boden. Er wusste nicht warum, doch obwohl seine Worte ihn verletzten, wusste er um die schreiende Wahrheit darin. Rion hatte Recht damit, aber das änderte nichts. „Nordöstlich vor uns befindet sich ein Dorf. Wir sollten dorthin“, schlug Trench vor und hoffte somit von sich abzulenken. Rion wandte den Blick von ihm ab. Es hatte wenig Sinn mit ihm. Er würde seinen Standpunkt nicht ändern. In seinen Augen war der Riese ein erbärmlicher Feigling. Er konnte seine Schwäche nicht begreifen. Ihr Weg führte über zwei flache Steinbrücken geradewegs auf das Dorf zu. Sie durchschritten das grob gezimmerte Holztor mit der Aufschrift „Chasam“. „Was wollen wir hier?“, wollte Rion von ihm wissen. „Wir? Gar nichts. Ich bringe dich zu einer Weisen, sie wird wissen was zu tun ist“, klärte Trench auf. „Und du verschwindest?“, der Vorwurf stach ganz deutlich heraus. Trench seufzte und ging voraus: „Ich verlange nicht, dass du mich verstehst“. „Das kann ich auch nicht“, stellte er klar. „Ich weiß“, nickte Trench. Rion stellte sich ihm wütend in den Weg: „Nicht mal jetzt versuchst du zu kämpfen. Versuch doch wenigstens deine Entscheidung zu vertreten. Ob sie mir nun gefällt oder nicht“. Trench wich ihm aus: „Wozu? Du brauchst mich nicht zu verstehen“. „Ich möchte es aber“, gab Rion zu. Der Riese drehte sich zögerlich um, sah ihn jedoch noch immer nicht direkt an: „Komm, die Zeit ist knapp“. Rion verzog das Gesicht: „Wovor hast du solche Angst?“. „Du hast keine Angst, das ist dein Problem“, entgegnete Trench ihn, „Warum sollte ich kämpfen? Wer kämpft, stirbt früh. Ich will noch nicht sterben“. „Ich auch nicht“, machte Rion deutlich, „Aber es gibt im Leben nun mal Wesen für die es sich zu kämpfen lohnt. Für die man sterben würde um sie zu retten“. „Ich bin kein Held, Rion!“, rief er plötzlich und Tränen standen in seinen Augen, „Ich bin nicht wie du“. „Das verlangt doch auch niemand“, versicherte Rion ihm und legte ihm die Hand tröstend auf den Arm, da er die Schulter des Riesen nicht erreichen konnte, „Komm, gehen wir zu dieser Frau. Du hast Recht. Jeder entscheidet für sich selbst. Ich frage dich nicht mehr danach, okay?“. Trench schluchzte. „Aber nur wenn du mir etwas versprichst…“, fuhr Rion fort. Der Riese sah ihn zum ersten Mal wieder direkt an: „Was?“. „Das du dein Herz entscheiden lässt, nicht deinen Kopf“, war seine Bitte. Trench lächelte sanft: „Okay, ich verspreche es“. Rion erwiderte das Lächeln und klopfte ihm aufmunternd gegen den Arm. So erreichten sie ein gewöhnlich aussehendes Steinhäuschen, wie es viele in dem kleinen Örtchen gab. Trench klopfte mit dem Handrücken gegen die massive Tür. „Ich dachte du wolltest gehen?“, grinste Rion und hob die Augenbraue. Trench zuckte mit der Schulter: „Das hat noch einen Moment Zeit“. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis die Tür geöffnet wurde und eine große, hagere Frau ihren Kopf hinaus streckte: „Wer ist dort?“. „Ich bin es, Trench“, sprach er vor, „Ein Freund von mir braucht deinen weisen Rat, geschätzte Hedda“. „So, nun wenn es so ist, dann kommt herein meine Kinder“, bat sie mit freundlichem Lächeln. Hedda musste bereits sehr alt sein. Tiefe Furchen durchzogen ihr spitzes Gesicht. Das lange, graue Haar war zu einem Dutt gebunden. Sie trug ein fliederfarbenes, langes Kleid trotz der Wärme. „Setzt euch“, bot sie ihnen an. Die Stube war sehr klein. Neben dem offenen Herd und einem Schrank voller Holzgeschirr stand ein einfacher Tisch mit vier Stühlen. Die alte Dame stammte vom Volk des Lichts. Man sah es an ihrer Erscheinung. Vom selben Volk wie auch Ventan. Sie musste wahrlich sehr, sehr alt sein. Rion nahm platz, Trench setzte sich vorsichtshalber auf den Dielenboden. Alles um sie herum bestand aus Holz oder Stein und wirkte kalt. Doch bei dieser Hitze, die draußen herrschte war es eine willkommene Abwechslung. „Was führt euch zu mir? Und sag trench, warum bist du zurückgekehrt? War es nicht schön draußen in der weiten Welt?“, begann sie und servierte ihren Gästen einen Becher eiskaltes Wasser. „Ich bin zurück, weil ich einen Freund begleite…“, entgegnete Trench. „Rion“, stellte er sich vor. Hedda lächelte ihm freundlich zu: „Guten Tag, junger Mann. So ist das also. Nun, wie kann ich euch dieses Mal behilflich sein?“. „Ich muss in das Gebiet der Riesen gelangen und drei meiner Freunde vor ihnen retten. Können sie mir sagen, wie ich auf dem schnellsten Weg dorthin komme?“, bat er sie. Hedda überlegte kurz: „Der schnellste Weg ist selten der Klügste…“. „Das ist egal. Ich komme schon durch“, versicherte er ihr. Ihr Blick wurde beinahe traurig, als sie sich zu ihm setzte und ihre knochige Hand auf seine legte: „Du hast eine schwere Last zu tragen mein Junge. Das sieht man sofort. Eine Last, die niemand schmälern kann. Sie lässt sich stets nur mehren. Mein armer Junge. Was tun sie dir nur an damit?“. „Du kannst etwas in mir sehen, hab ich recht?“, fragte er ganz offen, da ihm die Zeit davonlief. „Ja“, ihre Stimme war voller Mitleid, „Doch es ist hart für mich das in Worte zu fassen. Alles ist umhüllt von rot. Ein Zeichen der Blutschuld, ein Zeichen von Tod, Mord, Sünde. Ich vermag es nicht genau zu sagen. Noch liegt alles im Nebel. Doch es ist dir nicht möglich alle zu retten. In deinen Augen lese ich vieles. Doch es lässt sich nicht ordnen. Alles ist wirr, im Chaos versunken. Doch dein Weg ist gepflastert mit der Farbe rot. Ein schlimmes Omen. Es wird schon sehr bald etwas geschehen. Ich vermag nicht zu sagen was…“. „Kannst du mir sagen was zu tun ist?“, erkundigte Rion sich mit einem flauen Gefühl im Magen. „In naher Zukunft? Nun… dein Weg führt dich über die Stadt „Madec“ weiter bis zum Feuerberg. Dort liegt etwas seit langer Zeit und schläft. Es ruht bis du es holen kommst. Erst dann sehe ich dich im Gebiet des Königs“, begann sie ihre Prophezeiung. „Was soll ich da suchen?“, wunderte er sich, „Ich brauche nichts aus einem Feuerberg“. „Vergiss nicht deinen Auftrag. Die Zukunft sagt du würdest etwas brauchen. Etwas Winziges und doch Bedeutendes“, beharrte sie auf der Richtigkeit ihrer Weissagung. Plötzlich fiel es Rion wieder ein: „Du meinst einen Splitter? Hier? Scheiße, ich hätte die Dinger beinahe vergessen“. „Du darfst trotz allem nichts überstürzen“, beruhigte sie ihn, „Suche in Madec einen Mann, der feuerfeste Stiefel verkauft. Du wirst sie dringend brauchen. Suche deinen Weg im innersten der Flamme. Vergiss das nicht. Es ist sehr wichtig“. „Ja, ich danke dir, Hedda. Ich vergesse es nicht“, versprach er, trank seinen Becher leer und erhob sich. „Die Zeit ist wahrlich dein Feind und großes Unheil rückt an, doch versuche stets einen kühlen Kopf zu bewahren“, gab sie ihm mit auf den Weg. Rion nickte ihr zu und verabschiedete sich. Trench wollte es ihm gleichtun, doch Rion hielt ihn auf: „Du hattest Recht, Trench. Du hast dich entschieden, also solltest du hier bleiben. Ich gehe allein“. „Aber… warum? Ich dachte ich solle dir helfen?“, schien er verwirrt. „Es ist besser wenn du hier bleibst. Ihre Prophezeiung – sie sprach von Blut und von Schuld. Sie sagte ich könne vielleicht nicht alle retten. Bitte bleib du hier und lass dein Herz entscheiden was du mit deinem Leben anfangen wirst. Ich möchte nicht riskieren, dass du stirbst, weil du meinen Kampf führst. Ich verlange das von niemandem. Diesen Weg muss ich allein machen. Ich werde meine Freunde befreien, aber nicht auf Kosten eines anderen Lebens. Niemand wird für meine Ziele draufgehen Trench, niemand. Das verspreche ich“, verdeutlichte Rion ihm eindrucksvoll. Sichtlich beeindruckt verabschiedete Trench sich von ihm: „Möge dein Gott mit dir sein auf deinem Weg und dir im Kampf die Hand führen. Ich bin stolz mich deinen Freund nennen zu können, Rion“. Dieser grinste nur: „Du redest einen scheiß. Leb wohl, Alter. Du wirst mir fehlen… irgendwie“. So setzte Rion seine Reise allein fort zu der Stadt Madec. Und über allem lag das kalte Lächeln der Engelkönigin. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)