Cruel, bloody Paradise von abgemeldet (Ihr heiliges Spiel um meine verdammte Seele) ================================================================================ Kapitel 38: Die Perlen der Sirenen ---------------------------------- Akt 3: Die Perlen der Sirenen Mit einem Mal schreckte Rion hoch. Er war schweißnass. Die Haare klebten in seinem Gesicht. Nahmen ihm sie Sicht auf den blauen Himmel. Die grelle Sonne. Rion verzog das Gesicht und hatte gleich einen netten Gruß dafür bereit: „Du mich auch…“. „Er ist wach!“, rief Oceane erleichtert und beugte sich über den am Boden liegenden Rion. „Wieso wach…? Heißt das… ich lebe noch?“, seine Stimme klang mehr als überrascht. Er richtete sich ein Stück weit auf, die Ellenbogen stützen ihn. Der Körper fühlte sich noch immer schwer an. Die zittrigen Finger strichen ein paar der Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Ja… natürlich. Unsere Perlen wirken Wunder“, lächelte sie. „Perlen“, wandte er den nun freien Blick zu ihr herüber. Sie nickte und setzte sich zu ihm: „Wenn eine Sirene weint, dann kommen keine Tränen dabei heraus, sondern kleine, perlmutt schimmernde Kugeln. Diese sehen wie die Perlen von Muscheln aus. Sie sind bei den Menschen sehr begehrt… aber kaum jemand kennt ihre Magie“. „Was? Warte mal…moment!“, Rion konnte nicht ganz folgen, „Du willst mir sagen, das du Perlen heulst?“. Oceane kicherte und nahm seine Hand. Vorsichtig legte sie eine Träne hinein: „Hier. Das ist mein Geschenk an dich. Meine Entschuldigung. Solltest du je wieder in der Situation sein lange unter Wasser atmen zu müssen, dann musst du diese Träne schlucken. Sie lässt dich atmen wie ein Fisch“. Rion sah erst die Perle an, dann Oceane: „Wow… das ist ja cool!“. Sie legte die Stirn in Falten. „Äh… ich meine…danke!“, grinste er und verstaute die Perle vorsichtig in seiner Tasche. „Auch ich muss mich bedanken…“, vernahm er Zentas Stimme vom Meer aus, „Und ich entschuldige mich… leb wohl“. Damit verschwand sie ohne auf eine Antwort zu warten. „Sie ist schüchtern…“, zuckte Oceane mit den Schultern, „Aber auch ich muss mich entschuldigen. Nicht alle Menschen sind so schlecht“. „Schon gut…“, entgegnete er, „Du warst im Recht“. „Du musst sicher wieder nach Hause…?“, obwohl sie es als Frage formulierte, wusste er dass es sich um eine Feststellung bandelte. „Ja, das stimmt“, nickte er, „Weißt du… es gibt eine menge Leute, die auf mich warten“. Sie ließ den Blick sinken: „Dies ist nicht ganz deine Welt, was?“ Rions Augen weiteten sich überrascht. „Na das Meer… es ist wohl nicht der rechte Ort für die Menschen“, fügte sie hinzu. Er spürte deutlich, wie die Anspannung aus seinem Körper wich: „Achso… das meinst du“. „Wartet eine Frau auf dich?“, fragte sie erschreckend direkt. „Eine Frau? Nein…“, grinste er und ertappte sich dabei innerlich doch zu zweifeln, „Naja das heißt… eigentlich doch“. Ihr Blick spiegelte Verwunderung wieder: „Das musst du doch wissen“. „Ich denke schon, das Maideya auf mich wartet“, rang er sich zu einer Aussage durch. „Aber sie ist nicht deine Freundin?“, wollte sie wissen. Er schüttelte den Kopf: „Eine Freundin…“. Sie nickte mit sanftem Lächeln: „nun, wenn es so ist, dann solltest du gehen“. Er stimmte ihr zu. Sie pfiff einmal schrill. Kurz darauf teilte das Wasser sich und der Hals der Wasserschlage schoss aus den Tiefen. „Da möchte sich noch jemand entschuldigen“, sagte sie und deutete mit ihm mit dem Kopf in die Richtung der Schlange. „Ach… is schon okay“, entgegnete er sofort und war nicht besonders scharf auf einen weitern Kontakt mit dem Ding. „Sie bringt dich sicher ans Festland“, beschloss Oceane. Rion sah sie mit großen Augen an. Es kostete ihn einige Überwindung, doch schließlich nahm er auf ihrem Rücken platz. Oceane verabschiedete sich etwas traurig: „Leb wohl…Rion“. „Ich wird mein Bestes geben“, zwinkerte er ihr mit breitem Grinsen zu, „Jetzt muss ich erstmal meine Leute finden“. „Rion“, wandte sie sich erneut an ihn. Aufmerksam sah er sie an: „Ja?“. Sie schlug die Augenlieder zu: „Sieh dich vor. Der Grad zwischen Freundschaft und Liebe ist ein sehr schmaler… und manchmal vermischen sich die Grenzen beider Gefühle und hinterlassen nichts als Verwirrung…“. Er wusste nicht recht was er sagen sollte. So gab Oceane ihrer Seeschlange ein Zeichen zum Aufbruch. Rion versuchte sich so gut es ging auf dem Ungetüm zu halten, während es durch die Wellen schoss. Sie blickte ihm lange nach: „Leb wohl… du musst wahrlich besonders sein. Schließlich bist du der einzige Mensch dies und jenseits der großen Nebelmauer, der die Sirenenbucht lebend verlassen hat. Wenn es auch sehr knapp war. Die Menschen können sich glücklich schätzen solch einen Helder auserwählt zu haben. Obwohl ich fürchte, dass sie mal wieder die Letzten sein werden, die dies begreifen…und wenn sie dies dann doch tun, hoffe ich, dass es nicht schon zu spät ist“. „Das ist unmöglich…“, hauchte Wisdom in die Leere seines Zimmers. Unmöglich. Dieses Wort wiederholte sich immer und immer wieder in seinem Kopf. „Dafür gibt es keine logische Erklärung. Ich verstehe nicht wie er das gemacht hat… Es ist einfach nicht möglich“. So sehr er sich zu beruhigen versuchte. Die Gedanken ständig neu zu ordnen vermochte. Heute gelang es ihm nicht. „Er hätte sterben können“, schoss es durch seinen Kopf. Obgleich es falsch war. Das Wort HÄTTE störte ihn dabei. Denn für diese Hand voll Minuten WAR er tot. Rion, der Auserwählte, dieser seltsame Junge welchen er selbst zu seinem Schützling erklärt hatte. Er hätte ihn fast verloren. Dabei war er mehr als das. Mehr als er jemals hätte zugeben können. Viel mehr als er es selber begriff. Und dies war mehr Ironie als er zu diesem Zeitpunkt zu ertragen in der Lage war. So ein Fehler durfte ihm nicht mehr unterlaufen. Nie wieder. Das schlimmste daran war jedoch, das er es nicht hatte kommen sehen…Hatte er, Wisdom, der große Engel der Weisheit seine Fähigkeiten verloren? Oder gelang es Rion einfach nur sich zu entziehen? Beides wäre nicht besonders positiv für ihn gewesen. Ganz im Gegenteil. Wie sollte er ihn so länger schützen können? Mitten in diesen wirren, schmerzhaften Gedanken stieß jemand den rechten Flügel der Tür zu seinem Zimmer auf. „Ah, die Engelkönigin“, erkannte er ohne ihr einen Blick zu schenken. Er hatte also seine Fähigkeit noch. Das war gut. Das war sogar sehr gut. „Was bildest du dir ein?“, fuhr sie ihn an und schlug vor Wut seine Kristallkugel vom Sockel hinunter. Das war nicht das was sie gedacht hatte. Gut, sie wollte, dass er sieht wie dieser Mensch leidet. Wie er ein Spielball der Mächte wird. Doch dieses Mal ging es zu weit. Sein jetziger Tod war nicht eingeplant. Sie wollte ein Spektakel. Sie wollte Blut, Tränen, Spiele, Spaß. Aber so hatten sie nicht gewettet. Sie war auch wütend darüber, das er es war, der ihr diesen Spaß immer wieder kaputt machte. Immer mischte er sich ein. Immer machte er jede noch so schöne Quälerei kaputt. Es war ein regelrechter Hass, der sich in ihr entlud. Dabei wusste sie nicht wen von beiden sie nun in diesem Moment mehr hasste. Rion oder Wisdom? Sie hatte so genüsslich auf ihrem Thron gesessen und sich ihres Lebens gefreut. Und jetzt das. Er zerstörte beinahe alle ihre Pläne. Und vor allem brachte es Rions Seele den Dämonen näher. Wisdom war unvorsichtig geworden. Und sie wollte es sich nicht länger mit ansehen. Seine Augen blickten regungslos aus der über den Boden rollenden Kugel zu ihr herüber. Denn egal wie lange sie rollte, er selbst bewegte sich nicht darin. Sie warf ihren Kopf galant zurück. Alles um sie herum wurde von ihren seidigen, Goldsträhnen erfüllt. Ihre zarten, weißen Finger deuteten auf ihn: „Du! Willst du mich ruinieren?!“. „Aber nie im Leben könnte ich das, meine Königin“, seine Stimme hatte einen zuckersüßen Klang, der sie noch wütender machte. „Ich will ihn zerstören, Wisdom. Er gehört mir! Ciel gehört mir! Es wird an mir sein ihn zu zerreißen! Ich, nicht du!“, keifte sie ungehalten und stampfte mit ihren hohen Absätzen auf den Steinboden wie es sonst nur ein bockiges Kind tun würde. Wisdom sah sie ruhig an: „Glaubst du wirklich, das ich ihn töten wollte?“. „Wer hätte sonst die Macht dazu?“, war die zickige Gegenfrage. „Danke meine Königin, dass ihr meine außergewöhnliche Stärke so hervorhebt“, entgegnete er, „Ich hätte da an euch gedacht…“. Sie schritt elegant wie eh und je zur Tür zurück: „Nun sei sicher ich werde ihn töten… doch noch ist es nicht so weit. Noch nicht…“. „Sicher werdet ihr das…“, blitzte ein Hauch von Arroganz in seiner Stimme auf. Ihre Lippen wurden schmal: „Ich warne dich. Hör auf ihn zu prüfen. Du wirst ihn noch umbringen“. „Nichts liegt mir ferner als ihn zu töten“, erinnerte er sie. „Übertreib es nicht, sonst seid ihr beide dran!“, waren ihren abschließenden Worte. „Oh nein, du falsche Schlange… übertreib du es nicht“, murmelte Wisdom als ihre Schritte auf dem Flur verhallten. Doch diese nervtötende, aufbrausende Person hatte ihn auf eine Idee gebracht. Es konnte nur noch eine Kreatur geben, die diese Macht besaß. Seine Gedanken bestätigten sich, als er Destinya an ihrem Spinnrad sitzen sah. Mit dem Bindfaden in den winzigen Händen und einem fast diabolischen Lächeln auf den Lippen. Sie schien seine psychische Anwesenheit zu spüren, denn sie drehte sich sofort um: „Das Schicksal liebt ihn…Wisdom“. Er brach sogleich den Kontakt ab, da sie ihn zu sehr beanspruchte. Ihre Macht war seltsam stark. Stärker als zuvor. Das war kein gutes Zeichen. Sie hatte ein erschreckendes Interesse an der Sache. Wisdom ärgerte sich innerlich Destinya unterschätzt zu haben. Das konnte furchtbare Konsequenzen haben. Über deren Auswirkung er sich noch nicht ganz im Klaren war. Wendigo lag auf seiner antiken Liege aus Ebenholz mit dem blutroten Samtbeschlag. Seine Atmung wurde ruhiger. Sein Puls beruhigte sich mit jedem Atemzug. „Wie hast du das gemacht?“, stürzte Deelord zu seinem Sohn und machte erst Zentimeter vor ihm Halt. „Sei gegrüßt Vater…“, verdrehte er die Augen. „Wie hast du das mit den Erinnerungen gemacht? Das mit Kain?“, überschüttete er ihn mit Fragen. Wendigo rieb sich über die Schläfen: „An diesem seltsamen Ort an dem er sich nun befindet sind einige der Mächte außer kraft gesetzt. Es herrschen andere Kräfte vor. Das Schutzschild war schwach daher war es möglich durch das psychische Feld zu brechen und ihm visionelle Träume in Form von tatsächlicher Erinnerung zu schicken die tief in seiner Seele verschlossen waren“. „Was?“, kam Deelord nicht ganz mit. „Unwichtig Vater…“, seufzte Wendigo. Man sah deutlich die Fragezeichen in seinem Blick: „Ach egal! Mach das noch mal“. Wendigo hob die Augenbrauen: „Nein“. „Warum nicht? Ach los, komm schon. Mach es doch noch mal. Nur noch einmal. Nur für mich“, bettelte er. Wendigo erhob sich und machte sich auf den Raum zu verlassen. „Für deinen alten Vater…“, fügte er hinzu. „Es erfordert eine hohe psychische Kraft das zu tun. Ich mache das nicht zum Spaß“, entgegnete er. „Aber wenn, dann sag bescheid“, rief Deelord ihm nach. Wendigo verließ schnellen Schrittes den Raum: „Was für ein seniler Sack… Er sollte abtreten und mir den Weg freimachen“. Seine Wut ließ die Schritte schneller werden. Deutlich schneller. Ja, sein Vater hatte wieder einen dieser peinlichen Versager-Schübe. Es lag an Kain. Alles war nur seine Schuld. Kain. Wie er diesen Namen hasste. Schnaubend machte er vor dem hoben Fenster halt und blickte hinaus. Vor ihm lag nichts als die karge Ödnis der Hölle. Gut, die hasste er in etwa so sehr wie Kain. Und abermals erwischte er sich dabei an seinen toten Bruder zu denken. Mehr noch, dessen verfluchten Namen zu nennen. Zumindest in Gedanken. Aber daran war sein Vater Schuld! Er war es doch, der ihm Kain ins Gedächtnis rief. Kain, dessen Namen, dessen bloße Existenz er so erfolgreich zu verdrängen verstand. Nun war er auch für ihn wieder existent geworden. Und allein dafür hasste er Rion. Da er es für dessen Schuld erklärte. Aber es war auch so herrlich einfach. Das war Wendigos Weltanschauung… und sogleich sein größtes Problem. Seine Augen formten sich zu immer schmaler werdenden Schlitzen: „Und dafür wirst du leiden… ihr alle!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)