Im Niemandsland von chryssantes ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Im Niemandsland -Eine Saber-Rider-Fanstory- Autor: chryssantes Rating: PG-13 Disclaimer: Alle Rechte an ‘Saber Rider and the Star Sheriffs’ verbleiben bei WEP! Die Hütte schien unbewohnt zu sein, aber er war sich da nicht so sicher. Diese Gegend zog Outlaws magisch an, deshalb war Vorsicht geboten. Die Aussicht, für die Nacht ein Dach über den Kopf zu haben war jedoch verlockend. Die Nächte waren zu dieser Jahreszeit schon recht kalt. Der an einigen Stellen leicht angeschmorte und zum Teil zerfetzte Kampfanzug schützte ihn mehr schlecht als recht vor den Wettereinflüssen. Die zahlreichen Wunden darunter waren notdürftig verbunden und schmerzten bei jeder Anstrengung höllisch. Fiebrig starrte Jesse Blue angestrengt zu der halbzerfallenen Hütte, die sich an die Felswand schmiegte. Der windige Unterschlupf eines Outlaws oder Kopfgeldjägers inmitten der kargen Wildnis würde ihm heute Nacht das Leben retten. Mit entsicherter Waffe schlich sich der junge Mann näher an die Hütte ran. Immer noch war kein Lebenszeichen von irgendeinem Bewohner zu sehen. Mit Mühe unterdrückte er einen aufsteigenden Hustenreiz. Verdammt, das hatte ihm gerade noch zu seinem Glück gefehlt! Mit einem kräftigen Tritt trat er die wacklige Tür ein und ging nach einem kurzen Moment des Zögerns in die Hütte hinein. Ein kalter Flintenlauf presste sich in seinen Rücken. Jesse erstarrte. „Waffe fallen lassen!“ begrüßte ihn eine bekannt klingende weibliche Stimme. ‚Scheiße!’ dachte er und ließ den Blaster zu Boden fallen. Der Flintenlauf bohrte sich ein weiteres Mal schmerzhaft in seinen Rücken und Jesse verstand, dass er weiter in die Hütte hineingehen sollte. Widerwillig befolgte er die Anweisung. „Dreh dich um!“ befahl die Frau. Jesse Blue drehte sich um und sah, wen er vor sich hatte. Seine Überraschung war ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. „Trista?!“ ‚Das Schicksal meint es wirklich nicht gut mit mir!’ Dachte Trista, als sie Jesses erschöpftes Gesicht musterte. Warum nur mussten sie beide sich ausgerechnet in dieser Einöde, im Niemandsland wieder über den Weg laufen? War ihr Leben nicht schon kompliziert genug? Innerlich seufzend betrachtete sie ihren Gefangenen etwas genauer. Von dem stolzen und überheblichen Kommandanten der Outrider war eine ausgemergelte Gestalt in einem halb zerrissenen Kampfanzug, bleichen Gesicht und fiebrigen Augen übrig geblieben. Das blaugrüne Haar hing ungepflegt und völlig mit Ruß bedeckt bis über seine Schulterblätter herab. Mit Gewalt unterdrückte Trista einen Anflug von Mitleid. Den hatte Jesse nicht verdient und er würde sie dafür hassen, wenn sie ihn damit belästigen würde. „Setz dich, Jesse!“ Mit einem Schwenk ihrer Waffe signalisierte sie ihm, sich auf die alte Bank in der Hütte zu setzen. Weit ab von ihren eigenen Sachen, die sie hier deponiert hatte. Etwas schwerfällig setzte sich Jesse auf das harte Möbelstück. Trotz Müdigkeit und Unwohlsein versuchte er irgendwie Haltung zu bewahren. „Du hast mich in der Hand, wie ich sehe.“ Erklärte er kühl und ließ sie dabei keine Sekunde aus den Augen. Erstaunt stellte er fest, dass Trista erwachsener und härter wirkte. Sie wirkte nicht mehr wie das burschikose Mädchen von damals. Jetzt hatte sie interessante Rundungen an der richtigen Stelle. Ihre Augen wirkten nicht mehr verträumt sondern hatten einen harten Ausdruck angenommen, der früher nicht da war. „Ja, einfach unerträglich, nicht wahr?“ spottete Trista und spielte dabei mit ihrer Flinte. Jesse verzog kurz das Gesicht. „Du hast dich verändert.“ Ein leichter Hauch von Schadenfreude durchflutete ihn, als Tristas Hände an der Flinte für einen kurzen Augenblick erstarrten. Trista fing sich schnell wieder. Sie kannte Jesses Hang zu beißenden und verletzenden Kommentaren, die den Gegner einschüchtern oder auf die sprichwörtliche Palme bringen sollten. „Was ist mit dir passiert?“ Hatte sie die Frage gerade laut ausgesprochen? Mist. Jetzt zeigte sie schon wieder eine Spur von Schwäche. Warum sollte es sie interessieren, was mit ihm los war? Sie hatte ihr eigenes schweres Päckchen zu tragen. Jesse Blue hatte vor langer Zeit das Recht verloren, Teil ihres Lebens zu sein. Jesse lächelte belustigt vor sich hin. Trista Derringer hatte sich nur äußerlich verändert. Ihre dumme Zuneigung zu ihm bestand immer noch. Wie lächerlich und absurd! Er würde Frauen nie verstehen. Was war mit ihm passiert? Eine gute Frage, wenn auch überflüssig. Eine ganze Menge war mit ihm passiert, seitdem sich ihre Wege trennten. Er war bis zur rechten Hand von Nemesis aufgestiegen und auf der Höhe seiner Macht in die Tiefe der Niederlage abgestürzt. Verdammt, woher sollte er wissen, dass der Anführer der Outrider ein Cyborg war? Das dessen Gehirn nach dem Tod seines sterblichen Körpers in den Zentralcomputer des künstlichen Planeten transferiert wurde, war eines der best gehüteten Geheimnisse dieser Rasse. Nicht einmal sein Verbündeter Jean-Claude, der selbst ein Outrider war, hatte Bescheid gewusst. Alles war perfekt gewesen bis zu dem Zeitpunkt, als Nemesis die Kontrolle über den Outriderplaneten an sich riss und auf Yuma zusteuerte, um alle mit in den Tod zu reißen. Das Duell mit den Star Sheriffs war eine Blamage. Hatten es die verdammten Blechsterne doch tatsächlich geschafft, ihn im Kontrollraum der Tritonmaterie kampfunfähig zu machen! Mit Unbehagen erinnerte sich Jesse an die Feuerwalze und den Phasierungsvorgang, der ihn halbtot in die Phantomzone mitriss. Wäre Jean-Claude nicht auf der Suche nach ihm gewesen, er hätte Nemesis auf seinen Weg in die Hölle begleitet. Die Zeit danach war ein Spießrutenlauf zwischen der in viele Splittergruppen zerfallenen Armee der Outrider. Da Jesse ein Mensch war, entlud sich ein Teil des Hasses auf ihn. Trotz Jean-Claudes Hilfe, gelang es Jesse nur knapp aus der Phantomzone in das Neue Grenzland zu fliehen. An Bord seines Schiffes befand sich eine Bombe, die explodierte, nachdem er sicher auf dem nächstgelegenen Planeten gelandet war. Vielleicht hatte sogar Jean-Claude selbst den Sprengsatz gelegt. Bei den Outridern war alles möglich. Er konnte nur von Glück reden, dass der Sprengsatz relativ spät hochgegangen war. Seitdem war er auf diesem gottverdammten Planeten auf der Flucht und versuchte sich im berüchtigten Niemandsland irgendwie durchzuschlagen. Kurz und gut, er hatte einen Höllentrip hinter sich, der ihn bis hierher, in das staubige Nichts von einem Planeten führte. Aber er wäre nicht Jesse Blue, wenn ihm nicht bald irgendetwas einfallen würde, wie er schnell wieder von hier entkommen konnte! Trista Derringer beobachtete interessiert den raschen Wechsel der Emotionen auf Jesses Gesicht. Der Mann war erschöpfter, als sie es zuerst vermutet hatte. Sein ansonsten beherrschtes Mienenspiel war jetzt lesbarer als früher. Es war für Jesse untypisch, seine Barrieren zu anderen Menschen zu senken. Als sie noch daran glaubte, dass sie beide ein Paar waren, hatte sie manchmal hinter Jesses Maske schauen können. Hinter all dem Egoismus und der Genialität, die den ehemaligen Outriderkommandanten ausmachte, glaubte sie ein Stück des anderen, verletzlichen Ichs ausfindig gemacht zu haben. Sie liebte Jesse Blue gerade wegen diesem inneren Ichs, das hin und wieder durch sein Gehabe schimmerte. Doch mit seinen harten Worten ’Du warst nie mein Mädchen, das habe ich dir nur vorgemacht!’ brach eine Welt für sie zusammen. Warum liebte er ausgerechnet April, obwohl die gar nichts von ihm wissen wollte? War es so, weil sie ein berühmter Star Sheriff und besonders hübsch war? Beide Frauen hatten nichts miteinander gemeinsam. Trista war nur eine kleine Sicherheitsagentin auf einem unbedeutenden Planeten und April war der große Star Sheriff, mit einem berühmten Daddy. Die alte Verbitterung stieg wieder in ihr auf, als sie an Jesses gemeinen Betrug dachte. Sie war ja so naiv gewesen! Sie hatte nur für ihn gelebt und fasziniert an seinen Lippen gehangen, wenn er sprach. Ihr war es gar nicht so richtig bewusst gewesen, dass sie an ihrer eigenen Spezies und an ihrer Familie Hochverrat beging. Jesse hatte sie dirigiert wie eine Marionette und sie war ihm dafür auch noch dankbar gewesen! Zornig wischte sie ihre Gefühle für diesen Mann weg. Der Verräter Blue brachte nur Ärger und jetzt saß er auch noch in ihrem Unterschlupf. Irgendwie musste sie ihn loswerden. Ihn zu töten, wäre die einfachste Lösung. Doch tief in ihrem Innern wehrte sich die alte Trista dagegen. Egal, was er ihr in der Vergangenheit auch angetan hatte, er würde immer ihre große Liebe bleiben. Beide starrten sich an und versuchten in der Mimik des anderen zu lesen. Trista brach als erste ihr Schweigen. „Sag mir einen Grund, warum ich dich am Leben lassen sollte.“ Jesse Blue zog eine Augenbraue hoch und grinste spöttisch. „Weil du auf mich stehst?“ Mit Genugtuung beobachtete er wie Tristas Gesicht erbleichte, um kurz darauf knallrot zu werden. „Das war die falsche Antwort!“ zischte sie und funkelte ihn fuchsteufelswild an. Jesses Herz veranstaltete einen kleinen Hüpfer als seine ehemalige Geliebte ihn so anfunkelte. Er musste sich plötzlich eingestehen, dass wütende Mädchen ihn schon immer schwach gemacht hatten. Sie war natürlich nicht mit April zu vergleichen, jedoch hatte Trista ihren eigenen Charme. „Tatsächlich?“ Grinsend zwinkerte er ihr zu. Tristas Gesicht verfärbte sich rot wie eine Tomate. Wut und Verlegenheit hielten sich in ihr die Waage. Was bildete sich dieser Mistkerl eigentlich ein?! Hielt er sie immer noch für das kleine dumme Mädchen, das er mit Leichtigkeit um den kleinen Finger wickeln konnte? Sie beschloss ihn in der nächsten Zeit bis zu einem gewissen Grad zu ignorieren. Sollte er doch auf der harten und kalten Bank hocken bleiben bis er schwarz würde! Jesses Belustigung verpuffte zusehends, als er bemerkte wie Trista ihn ignorierte. Sicher hatte sie immer noch die Waffe auf ihn gerichtet. Doch sie beschäftigte sich mit der Zubereitung des Abendessens. Der Duft des Eintopfs ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Trista blickte erst wieder auf als ein magenknurrender Jesse hungrig zu dem Topf blickte. Grinsend kostete sie den dampfenden Inhalt und verdrehte genießerisch ihre Augen. Jesses Augen hatten den Blick eines verhungernden Hündchens angenommen, was Trista amüsiert bemerkte. „Ich schätze, dass du seit längerem nichts mehr gegessen hast?“ Fragend musterte sie ihren Gefangenen. Jesse schickte ihr einen wütenden Blick zu. „Meine Verpflegung und andere Sachen zum Überleben sind mit meinem Schiff in die Luft gegangen. Ich bin seit zwei Tagen ohne Nahrung unterwegs.“ Sein hungriger Blick war wieder zu dem Suppentopf zurückgekehrt. Trista gab sich innerlich einen Ruck und füllte eine Tasse mit dem Eintopf. Sie gab noch eine Scheibe trockenes Brot hinzu. Ihre Vorräte waren knapp, jedoch würde sie die nächste Zeit damit über die Runden kommen. Vorsichtig stellte sie die Tasse mit dem Brot auf halber Strecke zwischen sich und Jesse ab. Nachdem sie sich wieder zu ihrem Platz zurückgezogen hatte, machte sich Jesse über die Suppe und das Brot her. Hungrig stopfte er die Nahrung in sich hinein und wischte mit dem Finger die Tasse nach dem letzten Suppenrest aus. Er war wirklich richtig hungrig und sein Körper benötigte Energie, um seine Wunden zu heilen. Mit Genuss leckte er sich die Finger ab. Ein Kichern von Trista ließ ihn in ihre Richtung blicken. Spöttisch sah sie ihn an und verzehrte mit Ruhe den Rest des Eintopfes. Sie hatte regelmäßig jeden Tag wenigstens eine Mahlzeit zu sich genommen. Jesses Gehabe glich dem eines Verhungernden. Da hatte sie wesentlich mehr Glück mit ihrer Flucht gehabt. Hunger war bis jetzt kein Problem gewesen. Nachdem sich beide an der mageren Mahlzeit gestärkt hatten, warf Trista Jesse ihre Zweitdecke zu. Die Nächte wurden mittlerweile ziemlich kalt und der Mann hatte nur einen halb zerfetzten Kampfanzug an, der ihn sicherlich nicht vor der Kälte schützen würde. Jesse sah eine Spur überrascht aus, als er die Decke bekam. Ohne Kommentar wickelte er sie um sich und versuchte sich auf der harten Bank irgendwie gemütlich zu machen. Tristas feine Ohren hörten ein unterdrücktes Stöhnen, als Jesse sich hinlegte. Nachdenklich legte sie ihre Stirn in Falten. Er schien schwerer verletzt zu sein, als sie es angenommen hatte. Nun gut, wenn er nichts sagte, würde sie morgen nach den Wunden sehen. Mitten in der Nacht wurde Trista durch lautes Husten und Stöhnen aus ihrem leichten Dämmerschlaf gerissen. Für einen Moment desorientiert, griff sie voller Panik nach ihre Waffe. Sie glaubte sich in die Zeit ihres Gefängnisaufenthaltes zurückversetzt, als die Mitgefangenen solchen Lärm verursachten. Erleichterung durchströmte Trista, als sie ihren Irrtum bemerkte. In dem durch das löchrige Dach fallenden Licht der Zwillingsmonde konnte sie gerade noch so die zusammen gekrümmte Gestalt ihres Gefangenen erkennen. Was war jetzt schon wieder sein Problem?! Vorsichtig näherte sie sich ihm mit ihrer Taschenlampe. In dem Licht sah Jesse wie der Tod aus. Seine Atmung war oberflächig und rasch. Er zitterte am ganzen Körper. Trista legte ihm eine Hand auf die Stirn und erschrak. Jesses Haut glühte. Sie beschloss ihn zu wecken und nach seinen Wunden zu schauen. In ihren Gedanken ging sie die Medikamente durch, die sie bei sich hatte. Ein starkes fiebersenkendes Mittel war auf jeden Fall dabei. Jesse riss die Augen auf, als Trista ihn an seinem Arm rüttelte. „Willst du…“, hier wurde er von einem heftigen Hustenanfall geschüttelt, „…mir jetzt deine Gastfreundschaft kündigen?“ Völlig erschöpft und mit vor Fieber glühenden Augen sah er zu ihr hoch. Trista funkelte ihn wütend an. „Jetzt hör auf, dich wie ein Idiot zu benehmen! Ich will dir helfen.“ Jesse zuckte nur schwach mit der rechten Schulter. „Ich weiß, dass es mir beschissen geht.“ Gab er zu und schloss vor Erschöpfung die Augen. Trista kaute an ihrer Unterlippe rum. Sie war nicht gerade medizinisch geschult. Ihr geringes Wissen musste aber für die Behandlung von Jesses Wunden reichen. Entschlossen holte sie Verbandsmaterial und Medikamente. Einen Topf mit Wasser stellte sie über die Feuerstelle und entzündete ein Feuer. Vielleicht würde sie das heiße Wasser noch brauchen. Vorsichtig entfernte sie mit Jesses Hilfe seinen Kampfanzug. Was da zum Vorschein kam ließ sie innerlich erschaudern. Tiefe entzündete Schnittwunden wechselten sich mit blasigen Brandwunden ab. Kein Wunder, dass Jesse Schmerzen und Fieber hatte. Sie säuberte und desinfizierte alle Wunden, die es nötig hatten. Bei den Brandwunden war sie ratlos. Jesse brauchte dringend ärztliche Hilfe. Das sagte sie ihm auch. Jesse schüttelte nur den Kopf und bedeutete ihr, die Notfallpackung für die Behandlung von Brandwunden aufzureißen und das Material auf seine Wunden zu kleben. Mit zusammengebissenen Zähnen ertrug er die Prozedur. Trista wickelte mehrere Bandagen um seinen Torso, Beine und Arme. Dann gab sie ihm eine alte Hose und ein altes Hemd aus ihrem Rucksack. Etwas erstaunt zog sich Jesse die Klamotten über. Tristas Blick bedeutete ihm nichts zu fragen. Schweigend akzeptierte er. Nachdem sie ihm eine Kombination von einem fiebersenkenden und schmerzstillenden Mittel verabreicht hatte, zog sie ihn mit sich zu ihrer Schlafstatt aus getrockneten Blättern und Gras. Aufseufzend ließ sich Jesse auf dem bequemeren Lager nieder. Schweigend akzeptierte er eine Tasse dampfenden Tees. Müde legte er sich wenig später nieder. Er bekam schon fast gar nicht mehr mit, dass Trista ihn liebevoll auf den Mund küsste und behutsam zudeckte. Danach legte sie sich ebenfalls schlafen. Es war kurz nach Sonnenaufgang, als Trista die Augen aufschlug. Neben ihr lag eine an sie gekuschelte atmende Gestalt. Schlagartig fielen ihr wieder die Geschehnisse der vergangenen Nacht ein. Sie hatte sich wie ein Samariter um Jesse gekümmert, trotz allem was er ihr angetan hatte. Es hatte ihr auf einer Art gefallen, sich um ihn zu kümmern und das er sie nahe an sich ran ließ. Dann hatte sie ihn spontan geküsst und es genossen. Ihr wurde wieder einmal bewusst, dass sich ihre alten Gefühle zu Jesse Blue nicht im Geringsten geändert hatten. Sie liebte ihn noch immer und das schmerzte. Würde sie denn niemals die Chance haben mit einem anderen Mann wirklich glücklich zu werden? Leise stöhnte sie auf. Ihr Leben war verpfuscht, weil sie sich in den Falschen verliebt hatte und den verkehrten Weg gegangen war. Die Zeit im Gefängnis war ein Albtraum. Die Behörden von New Wichita hatten die junge Frau verhaften und als Verräterin abgeurteilt in das Gefängnis werfen lassen. Die anderen Frauen in dem Zuchthaus waren überwiegend gewalttätig und gefährlich. Mit der Zeit hatte Trista sehr schnell gelernt in diesem Milieu zu überleben. Der überraschende Angriff der Triaden hatte die Türen der Gefängnisse geöffnet. Nachdem die Outrider vor Yuma besiegt worden waren, hatten die Verbrecherorganisationen wieder freie Bahn und plünderten ungeschützte oder verteidigungsschwache Planeten. Für den Frieden und die Zukunft des Neuen Grenzlandes stellte das planetenweit operierende Verbrechen eine große Bedrohung dar. Aber genau dieses ‚organisierte Verbrechen’ hatte ihr die Freiheit gebracht. Sie war insgesamt zu 30 Jahren Haft verurteilt worden. Erst als alte Frau hätte sie ihre Freiheit wieder zurückerlangt. Ihre Familie hatte sich von ihr abgewandt, was nicht weiter verwunderlich war. Voller Reue dachte Trista an ihren Onkel und Cousin, die von ihr an der Zerstörung des neuesten Renegademodells gehindert worden waren. Sie hatte ohne zu zögern auf ihre Verwandten geschossen. Jesse hatte sie wirklich vollkommen nach seiner Pfeife tanzen lassen und sie war auch noch glücklich dabei gewesen! Hastig befreite sie sich von Jesses Arm, der um ihre Taille geschlungen war und stürzte mit ihrer Waffe aus der Hütte. Wenig später schalt sie sich wegen ihrer Unvernunft. Sie hätte mit Leichtigkeit von einem herumstreunenden Outlaw oder Kopfgeldjäger erschossen werden können. Ihr reichte vollkommen der Outlaw, der sich in ihrer Hütte eingenistet hatte. So sehr sie Jesse auch liebte, ein gemeinsames Leben konnte sie sich mit ihm nicht vorstellen. Ein Verrat reichte ihr vollkommen. Noch einmal würde sie nicht den gleichen Fehler machen! Gleichzeitig war Jesse Blue einer der am meisten gesuchten Personen im Neuen Grenzland. Seine unmittelbare Anwesenheit gefährdete ihr Leben und ihre Freiheit. Das Beste war es getrennte Wege zu gehen. Je eher, desto besser. Entschlossen kehrte sie zur Hütte zurück. Jesse erwachte, da die Wärmequelle neben ihm plötzlich verschwunden war. Träge öffnete er die Augen und sah sich in der halb von Sonnenlicht durchfluteten Hütte um. Trista war nirgendwo zu sehn. Seufzend legte er sich wieder auf sein Lager zurück. Es ging ihm viel besser als in der Nacht zuvor. Plötzlich riss er die Augen auf und setzte sich hin. Nicht nur Trista war verschwunden, auch ihr Rucksack und alle Spuren, die irgendwie darauf hindeuten könnten, dass sie jemals hier in dieser Hütte gewesen war. Neben sich im Heu entdeckte Jesse seinen Blaster, Kleidung, Verbandsmaterial und etwas Trockennahrung. Das würde ihn sicher über die nächsten Tage bringen. Grinsend betastete er seinen Vorrat und in seinem Gehirn entstand schon der nächste Plan, wie er sich am besten in der nächsten Zeit durchschlagen könnte. Einen kurzen Augenblick verweilten seine Gedanken bei der Frau, der er diese Schätze verdankte. Er war sich sicher, dass sie sich eines Tages wieder sehen würden. Jesses Finger berührten seine Lippen, wo Trista ihn vergangene Nacht geküsst hatte. Es war ihm nicht bewusst, dass er lächelte. ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)