Borderline von Selma ================================================================================ Kapitel 1: A new Beginning -------------------------- Diese Story arbeitet mit fiktiven Personen, Schauplätzen und Arbeitsabläufen. Grade bei letzteren habe ich mich vollkommen auf die eigene Phantasie verlassen, nicht auf irgendwelche (nicht vorhandenen) technischen Kenntnisse. Gemeinsamkeiten mit irgendwelchen Realen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. „Hier ist MBN mit einer Sondersendung. Mein Name ist Monika Hawing. Guten Morgen. USA. Seit etwas 5 Stunden sind große Teile des Internets der USA von einem bisher unbekannten Virus betroffen. Der Schäden lässt sich jetzt schon kaum mehr beziffern. Wir schalten jetzt zu unserer Außenreporterin Kathy Tork vor dem Hauptsitz der Firma WK. Kathy gibt es schon neue Informationen um was für ein Virus es sich handelt und was gegen ihn unternommen wird?“ – „Hallo Monika. Nein, bisher halten sich die zuständigen Stellen der Firma hier bedeckt. Eine Pressekonferenz, die vor einigen Minuten hätte starten sollen, wurde kurzfristig abgesagt. Offenbar scheinen die Verantwortlichen von WK noch nicht bereit, der Öffentlichkeit Rede und Antwort zu stehen. Unsere Versuche, jemanden ans Telefon zu bekommen, sind leider bisher ohne Erfolg geblieben. Was wir bisher nur wissen, ist dass das Virus von einem, nicht näher bekannten Knotenpunkt eingespeist wurde und sämtliche, derzeitig auf dem Markt befindlichen Schutzmaßnahmen kein Hindernis für es darstellen … Oh, Moment, “ Die Reporterin brach mitten im Satz ab, fasste sich an einen kleinen Lautsprecher, der in ihrem Ohr steckte und schien einer, für die Zuschauer unhörbaren Stimme zu lauschen. Sie nickte unmerklich und nahm dann den Satz wieder auf: „Sehr geehrte Damen und Herren, soeben erfahren wir, das der Aktienhandel an der Wall Street eingestellt wurde. Durch das Virus kam es an der New Yorker Börse zu einem Kollaps. Der Dow Yones…“ – „Komm schon, schalt endlich die verdammte Kiste ab!“ – „Hast du das eben gehört?“ – „Natürlich, ich bin doch nicht taub. Zudem ist es schon schwer noch etwas anderes in Erfahrung zu bringen. Der Virus ist DAS Thema in den Medien.“ – „Meinst du, ob wir die Server nachher wirklich wieder öffnen sollen? Nicht das dieses Teil über den großen Teich zu uns …“ – „Solange der Chef nichts anderes sagt, fahren wir die Dinger nach der Wartung wieder hoch, “ fiel ihm sein Gegenüber ins Wort. Der Angesprochene zuckte mit den Schultern und beugte sich über seinen PC. „Wenn er meint. Er ist der Chef, er muss es wissen, “ meinte er leise, bevor er fortfuhr: „Gibst du grade die Meldung raus, das die Leute sich ausloggen sollen?“ – „Ist bereits in der Mache.“ – „Gut, dann lassen wir ihnen noch fünf Minuten.“ – „Wupps, was war dass denn. Hast du den Ausschlag gesehen?“ – „Nein. Was für ein Ausschlag?“ – „Komisch, jetzt ist er verschwunden, und in den Aufzeichnungen ist nichts zu finden.“ – „Vielleicht hast du dir es nur eingebildet. Immerhin sitzen wir ja jetzt schon ein paar Stunden hier. Dieses blöde Virus macht doch alle total kirre.“ – „Hm, ich glaube du hast recht.“ Die Person lehnte sich zurück und gähnte ausgiebig. „Ist spät geworden gestern, oder?“ – „Spät, du meinst wohl früh… wie auch immer. Fahren wir die Server runter. Wer jetzt noch drauf ist, hat Pech gehabt.“ ## Alles um ihn herum war finster. Er konnte noch nicht einmal seine Arme sehen, obwohl er fühlte, das sie da waren. Seine Augen waren offen, oder? Er blinzelte, doch alles blieb finster. Seine Hände wanderten langsam direkt vor dem Gesicht auf und ab, doch da war nichts als Schwärze. ‚Was ist das? Wo bin ich?’ Er stellte seine Bemühungen ein, seine Hände sehen zu wollen und griff sich stattdessen in den Nacken. Dort war es immer noch am Prickeln. Vor einigen Sekunden noch, war dort ein sehr heftiger Schmerz gewesen, dessen Stärke ihn fast in den Wahnsinn getrieben hatte. War er vielleicht ohnmächtig und in einer Art Traumwelt? Er zwickte sich in den Arm, obwohl da noch Stoff dazwischen war, tat es weh. Ein Traum war es also nicht, aber warum war es so dunkel. Vorsichtig ließ er sich auf den Boden sinken. Er war eben und man konnte keinerlei Unebenheiten in Reichweite ertasten. Langsam kam er wieder hoch und versuchte in paar Schritte zu tun, indem er sich mit den Fußspitzen langsam vortastete, immer auf die Suche nach unliebsamen Überraschungen, die sich in der Finsternis verbergen konnten. Seine Hände tastend vorgestreckt schritt er langsam in eine Richtung. „Hallo? Ist da wer? Kann mich wer hören?“ ## Sam gähnte und streckte genüsslich die Arme, während er gemäßigten Schrittes durch einen Park wanderte und die morgendliche frische Luft genoss. Eine sanfte Briese strich durch sein dunkles, mittellanges Haar und ließ eine längere Strähne vor seinem grünen Auge wackeln. Hinter ihm lag das Forschungsinstitut noch im Halbdunkeln. Langsam drehte Sam sich um und sah auf das kastenförmige Gebäude, welches jetzt schon seit einiger Zeit sein Zuhause darstellte. Einige der vielen Fenster waren erleuchtet. An diesen Orten fanden wohl die Langzeittests statt. Seit nun fast zwei Wochen befand er sich auf dem Gelände. Es war großzügig ausgelegt, die Einrichtung ebenfalls nicht sonderlich klein, doch trotzdem hatte er bisher, bis auf den Forscher, der ihm am ersten Tag zugewiesen worden war, bisher kaum eine Menschenseele zu Gesicht bekommen. Es gab zwar im südlichen Trakt eine Kantine, aber da war auch fast nie was los. Die Forscher, die sich zumeist dort befanden vergruben sich auch während des Essens in ihre Arbeit und reagierten auf jegliche Störung äußerst gereizt, weshalb man es sich lieber zweimal überlegen sollte, ob man wirklich einen ansprechen wollte. Sam war sich sicher, das er nicht der einzige ‚Nicht-Forscher’ an diesem Institut war, doch von den anderen war bisher niemand in der Kantine aufgetaucht. Wenn Sam es wollte, konnte er sein Essen auch in dem schmalen Zimmer einnehmen, welches er auf dem Gelände bewohnte, doch so von seiner Umwelt zurückziehen wollte er sich dann doch nicht. Am Anfang war seine Begeisterung noch grenzenlos gewesen, war er doch unter Hunderten von Bewerbern ausgewählt worden. In seiner Klasse jedenfalls, waren die meisten ziemlich neidisch gewesen, als er es rumerzählte. Aber er hätte es sich nicht vorgestellt, das diese Begeisterung recht schnell Ernüchterung weichen würde. Das Ganze klang wie ein großes Abenteuer, war aber im Endeffekt ziemlich langweilig. Sein Tagesablauf wiederholte sich schnell. Morgens aufstehen, etwas essen, die erste Testeinheit, Pause, danach etwas für die Schule tun, leider blieb ihm das nicht erspart, um zu verhindern, das sie durch die Experimente zu weit im Lehrstoff zurückblieben, Pause, Mittagessen, zweite Testeinheit, etwas Freizeit, 3te Testeinheit, Abendessen, 4te Testeinheit und wieder schlafen gehen. Irgendwo dazwischen mussten noch Bögen ausgefüllt, und Gespräche mit Forschern bewältigt werden. Bei der Ausschreibung hatte sich Sam auf ein Projekt beworben, welches sich mit der Untersuchung von Online-Games, deren teilweise Umsetzung in VR-Welten beschäftigte und die Auswirkungen die VR und das Spielen von Online-Games auf Personen hatte, die dieser Umgebung längerfristig ausgesetzt waren. Eigentlich ja eine ziemlich coole Sache. Erinnerte etwas an dieses Anime genannt „Hacker“, welches grade bei vielen Jugendlichen hoch im Kurs stand, aber dieser war reine Fiktion. Ausgedacht von einer Gruppe japanischer Zeichner und Programmierer, während dass, was Sam hier machte weitaus mehr Realität besaß, und eigentlich kaum was mit deren Fiktionen gemein hatte. Sam besaß irgendwo noch eine CD wo ihm einer seiner Klassenkameraden zum Abschied ein paar Folgen drauf gebrannt hatte, denn ähnlich dem, was sich da drauf befand, stellten es sich die meisten aus seiner Klasse vor, was er da im Institut jetzt machte. Sich in irgendwelche Spiele einklinken, sich die ultimativen Items erschaffen und mal nebenbei die Welt retten. Sam rang sich ein müdes Lächeln ab, und schob den absurden Gedanken zur Seite. Er sollte sich lieber freuen, das er im Moment eine Zwangspause hatte, während das Game, welches er derzeit am betesten war, eine Wartungsbedingte Pause einlegte. Genügend Zeit um sich mal die Beine zu vertreten. Er kam eh schon viel zu wenig an die frische Luft. Vor einigen Tagen hatte Sam mal eine der anderen Testpersonen getroffen. Diesen Anblick würde er wohl nie vergessen. Sein Gegenüber war total übernächtigt gewesen. Dunkle Augenringe und zusammen gequetschte Augen zeugten von viel zu wenig Schlaf. Sam winkte ihm zu, doch der andere Junge schien ihn gar nicht wahr zu nehmen und reagiert nicht. Völlig geistesabwesend ließ er sich von, wohl seinem zugewiesenen, Forscher über den Gang führen, weg von Sams Sichtfeld. Eine Gänsehaut begleitete ihn noch eine ganze Weile. Sam schwor sich in diesem Augenblick, das er nie so enden wollte. Eher würde er diesen Versuch vorher abbrechen. ## „Der Vogel ist aus dem Nest gefallen.“ – „Dann fangt ihn wieder ein.“ – „Ja, Sir.“ ## Kapitel 2: Erwachen ------------------- Da war etwas. Ein weißer Punkt in dem Meer aus Schwärze. Er zwinkerte. Dieser Punkt war doch eben noch nicht dort gewesen. Vielleicht war es Licht, und wo Licht ist, da wusste er, gab es meistens einen Ausgang oder jemand der ihm helfen konnte. Vorsichtig tastete er sich mit den Füßen nach vorne, das Gesicht zu einem hoffnungsvollen Lächeln verzogen. Der helle Punkt wurde größer. Seine Schritte beschleunigten sich, obwohl er immer noch nicht sehen konnte wohin er trat, und dann passierte das, was passieren musste. Er blieb irgendwo hängen, kam ins Straucheln und stürzte, eine Hand zum Licht ausgestreckt. ## Wie nicht anders zu erwarten, war die Kantine kaum besucht. Zwei Männer in langen Kitteln saßen an einem der vielen Tische und wirkten schon fast verloren, denn in der Kantine konnten locker an die 1000 Personen gleichzeitig speisen. Wenigstens waren sie nicht so schweigsam wie die anderen, die Sam bisher erlebt hatte, sondern waren in eine Unterhaltung vertieft. Hinter der Theke lümmelte ein Azubi herum, der für den Küchendienst eingeteilt war, und beinahe genauso abwesend schien, wie man sich morgens fit auf dem Weg zur Schule führte. Eher lustlos musterte er Sam aus den Augenwinkeln, als dieser sich ein Tablett griff, einen Teller mit 2 Brötchen, etwas Wurst, einem Müsli und einem Saft belud und dann zu ihm an die Kasse kam. Zwar musste Sam für sein Essen nichts bezahlen, aber er musste eine Karte vorzeigen, auf die gespeichert wurde, was er wann verzehrte und in welchen Portionen. Alles im Dienst der Wissenschaft. Sam verzog bei dem Gedanken das Gesicht zu einer Grimasse, was den Azubi ziemlich verunsicherte. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, steckte er die Karte wieder ein, griff das Tablett und suchte sich einen freien Platz, was bei der Auswahl nicht sonderlich schwer fiel. ## „Na Ekwin, altes Haus, lässt du dich auch mal endlich blicken? Langsam habe ich schon angefangen mir Sorgen zu machen.“ – „Hä?“ Der Angesprochene fühlte plötzlich festen Untergrund an seinem Gesicht. Er lag irgendwo? Vorsichtig drehte er den Kopf um etwas besser sehen zu können. Es war so hell, er konnte nichts erkennen außer hellen Schemen. Ihm traten die Tränen in die Augen und er musste seine Augen zusammenkneifen. Erst nach mehrmaligem Augenzwinkern nahm er nach und nach seine Umgebung wahr. Wo zum Henker war er? Eben war er doch noch in vollkommener Schwärze herumgeirrt, auf seiner Suche nach Licht gestolpert und nun lag er in einem Raum, dessen Helligkeit ihm in seinen Augen wehtat. Wer war dieser Ekwin? War er damit gemeint, oder jemand in seiner Nähe? Langsam gewöhnten sich seine Augen an das Licht und er konnte zuerst Umrisse und dann auch Personen erkennen. Personen die gewandet waren, als zögen sie gleich in einen Krieg. Vorsichtig stand Er auf und ließ seinen Blick weiterschweifen. Der Raum an sich war gefüllt mit luxuriösen Sesseln und allen anderen möglichen noblen Sitzgelegenheiten. Auf dem weinroten Teppich waren kunstvolle Muster eingestickt. Die Wände waren mit Hölzern verkleidet. Hier und da hingen Bildnisse irgendwelcher Personen. Ein großer Lüster spendete die Helligkeit, wobei das Licht, welches sich in den zahllosen Kristallen brach, ein kaum zu beschreibendes Farbenspiel bot, wo es auf Wände, Boden, Möbel oder Personen traf. In vielen dieser Sessel saßen Personen, rauchten, sprachen oder tranken etwas. Als er sich umblickte konnte er noch zwei Türen erkennen. Durch die eine war er wohl eben selbst gekommen, und wohin die andere führte, war im Moment nicht ersichtlich, da sie sich am anderen Ende des Raumes befand. Im Zimmer herrschte ein ständiges Gemurmel vor, von einzelnen Lachern oder lauteren Wortfetzen unterbrochen. „Hey Ekwin. Träumst du?“ Da, schon wieder dieser Name, und bisher schien niemand darauf zu reagieren. Auch als Er seinen Blick schweifen ließ, schien niemand in seiner Nähe auf den Namen zu reagieren, bis sein Blick auf einen blondhaarigen Knight fiel, der ihn anstarrte. Ob er diesen Namen ausgesprochen hatte? Jedenfalls musterte dieser Knight ihn nun von oben bis unten, während er mit seiner schweren Rüstung in einem dieser Ledersessel saß, was dem Material sicherlich nicht sonderlich gut bekam. Metall war härter als Leder. „Ekwin?“ Der Blick des Knights wurde fragend. Er war es tatsächlich, dieser Knight sprach mit ihm, aber sein Name war doch nicht Ekwin. Er hies … Er konnte sich nicht erinnern. Da war zwar etwas, aber jedes Mal wenn Er versuchte im Geiste danach zu fassen, entwand es sich wie eine glitschige Spaghetti. Panik begann sich in seinem Inneren zu regen. Warum konnte Eer sich nicht erinnern? Er versuchte seine Unsicherheit nicht nach draußen dringen zu lassen. Was ging hier vor? Das war alles nur ein schlimmer Traum, das konnte nur ein schlechter Traum sein, aus dem Er, aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen nicht aufwachte. Sosehr Er sich auch in die Hand zwickte, dieses Bild vor seinen Augen verschwand nicht. Während seiner Panikattacke hatte Er gar nicht mitbekommen, wie sich der Knight aus dem Sessel erhoben hatte, und zu ihm getreten war. In dessen braunen Augen stand Sorge zu lesen. ‚Was will der von mir?’ fuhr es ihm durchs Gehirn. ‚Ich kenne ihn nicht.’ – „Ekwin geht es dir gut? Du siehst so durcheinander aus.“ Die Hand des Knights lastete mit einem Mal schwer auf seiner Schulter. „Ich glaube, dein Lenker sollte dich nicht soviel bei den Minos kämpfen lassen. Die ruinieren deine Gesundheit zu stark, so wie es mir grade scheint.“ – ‚Lenker? Minos? Wovon sprach der?’ Er schüttelte den Kopf. Erneut hatte Er das Gefühl, das es wichtig war, das er sich erinnerte, aber da war diese Barriere, die alle Versuche, sie zu durchbrechen, erfolgreich abwehrte. Doch dann blitzte kurz etwas auf. Er sah sich selbst, zumindest glaubte er das, im Kampf mit einem Minotaurus, aber es war aus der Sicht einer dritten Person. Noch ehe Er realisierte, was er da eben gesehen hatte, war es auch schon wieder verschwunden, und ließ sich nicht zurückholen. „Ekwin! Hey Ekwin! Bau kein Scheiß.“ Er wurde unsanft gerüttelt und kehrte von der Erinnerung wieder in die Realität zurück. Der Knight hatte ihn mit beiden Händen gepackt und hörte erst auf zu schütteln, als er die Hand hob. Erleichterung machte sich im Gesicht des Knights breit. „So ist’s schon besser. Komm setz dich, ich hol dir was zur Stärkung.“ Widerstandslos ließ Er sich vom Knight zu einem der Sessel führen und fiel hinein. Schritte kündeten davon, das der Knight sich entfernte. So weit, so gut. Er seufzte leise. Vielleicht fand er nun endlich etwas Zeit sich zu sammeln. Zu diesem Zweck presste er die Fingerkuppen vor seinem Gesicht zusammen, und war schon gar nicht mehr überrascht, das diese sich in Handschuhen verbargen, und seine Arme bandagiert waren. Generell waren die Bandagen sehr weit verbreitet, aber sie dienten weniger einem medizinischen Grund, denn eher einer gewollten Kombination mit den restlichen Kleidungsstücken. Die Kleidung war ihm fremd, und dennoch seltsam vertraut. Wenn Er sich doch nur erinnern konnte. War dieser Knight, der ihn Ekwin nannte, wirklich sein Freund, und in welcher Verbindung stand er mit ihm? Ihm schwirrte der Kopf und das Pochen von beginnenden Kopfschmerzen arbeitet hinter seiner Stirn. Er griff sich mit einer Hand an die Stirn, um sie zu massieren. Kopfschmerzen waren das letzte, was er jetzt brauchen konnte. Er schloss traurig die Augen, nur um sie wieder zu öffnen, als sich Schritte näherten. „Hier nimm.“ Der Knight war zurückgekehrt, und hielt ihm nun einen Becher entgegen, aus dem es noch dampfte. „Chinos Geheimrezept, und jetzt runter damit, bevor es kalt wird.“ Misstrauisch schaute er auf das Getränk und dann den Knight an und vorsichtig hob er den Becher an die Lippen um am Getränk zu nippen. Es schmeckte leicht süßlich mit einem Hauch von Bittermandel. Dem Knight schien das allerdings nicht schnell genug zu gehen, denn er half ein wenig nach, indem er den Boden des Gefäßes stärker anhob. Allerdings führte dies dazu, dass das Meiste nun nicht den Weg in eine Kehle fand, sondern auf Stoff und Haut. Das Getränk war so heiß, das Er aufsprang, und den Knight böse anfunkelt. „Was soll das?“ - „Ups, war ich das etwa? Dann aber rasch ins Bad, bevor es eintrocknet und die Flecken nicht mehr heraus gehen,“ und ehe es noch Widerworte geben konnte, hatte der Knight ihn ergriffen, und zog ihn durch die andere Tür aus dem Zimmer heraus. ## Kapitel 3: Nichts ist so wie es scheint --------------------------------------- Langsam schob Sam sein Tablett in die Sammelbox und verließ die Kantine. Die Sonne stand eine ganze Handbreit über dem Horizont, als er in sein Zimmer zurückkehrte. Auf dem Schreibtisch verstreut lagen noch einige Blätter. Die meisten waren Zettel über den aktuellen Schulstoff, damit er während des Experiments nicht allzu viel verpasste von dem, was er in der gleichen Zeit in der Schule lernen würde. Nur getestet wurde er in der Zeit nicht wirklich, was den Sinn dieser Blätter, zumindest für den Anfang, relativ in Frage stellte. Welcher Jugendliche machte schon freiwillig und bereitwillig Hausaufgaben? Dann gab es noch die Fragebogen vom Institut. An jedem Experimenttag waren die Probanten angewiesen, eins davon auszufüllen und in einen Schlitz zu werfen, der sich etwas oberhalb des Schreibtisches befand, und mit einer kleinen Klappe verschlossen war. Auf diesem Zettel musste man eigentlich nur ein paar Kreuze machen, einige Randbemerkungen über Besonderheiten hinterlassen, wenn einem was während des Experimentes aufgefallen war, und ihn dann in den Schlitz versenken. Sam beschränkte sich heute nur auf das nötigste, faltete das Blatt zusammen und gab ihm noch einen leichten Stoß, als er es in den Schlitz entließ. Nachdem dieser Pflichtteil erledigt war, drehte er sich zu seinem Bett um, ließ seine Klamotten achtlos auf den Boden fallen und krabbelte unter die Decke. Er gähnte ausgiebig. Zeit für ein Nickerchen, ein langes Nickerchen. ## „Nun zier dich nicht so. Man könnte meinen, Du wärst Wasserscheu.“ Ekwin, der sich nun damit abgefunden hatte, immer bei diesem seltsamen Namen gerufen zu werden, und der Knight, dessen Namen er immer noch nicht kannte, er wusste nicht, ob der Name, den er eben in Verbindung mit dem Getränk genannt hatte, seiner war, oder desjenigen, der dieses Getränk erfunden hatte, befanden sich in einem langen Raum, an dessen einer Seite Töpfe mit allerlei Wasserpflanzen standen. Der Boden war gefliest und auf der anderen Seite waren lange Schrankfächer aufgebaut, die man abschließen konnte, und stellenweise wohl auch in Gebrauch waren, da Schlüssel fehlten. In der Mitte standen vereinzelte Bänke und genau auf solche einer saß Ekwin nun, die Beine im Schneidersitz verschränkt und die Arme ebenfalls überkreuzt vor der Brust. In seinem Gesicht zeigte sich 0 Kooperationsbereitschaft. Kleine Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn, vereinten sich zu Tropfen und liefen sein Gesicht herab, doch Ekwin ignorierte sie. Die Luft hier drin war warm und von wabernden Dämpfen geschwängert. Aus der Ferne drangen freudige Stimmen an ihre Ohren. „Du bist heute aber echt schwierig,“ murmelte der Knight, während er sich nach und nach entkleidete, die Rüstung und seine Unterkleidung in einem der Schränke verschwinden ließ. Den Schlüssel band er sich ums Handgelenk und sah Ekwin noch mal auffordernd an, während er den Sitz des Handtuchs prüfte, welches er nun um seine Lenden trug. Vor Ekwin lag ebenfalls ein solches Handtuch bereit, welche der Knight am Eingang des Raumes für sie beide mitgenommen hatte. Jetzt wo der Knight seine Rüstung abgelegt hatte, konnte man die vielen Narben sehen, die er wohl während seiner Kämpfe gesammelt hatte. Einige waren tief, während andere fast nicht sichtbar waren. „Na gut, wenn Du meinst, das Du weiterhin schmollen zu müssen, dann kannst Du ja hier warten, bis ich aus dem Onsen zurückkehre.“ Er zuckte bei den Worten leicht mit den Schultern, drehte sich um, und schritt den Raum hinab zu einer Wegbiegung, von wo auch die Stimmen herkamen. „Hach, das wird schön. Es gibt nichts besseres, als sich nach einem anstrengenden Tag in einem heißen Onsen zu entspannen.“ Aus den Augenwinkeln sah Ekwin ihm nach, bis er aus seinem Sichtfeld verschwand. Ohne Vorwarnung traf ihn wieder der Schmerz im Nacken, doch diesmal war er abgeschwächt. Trotzdem griff Ekwin sich hinten an den Hals, in der Hoffnung den Schmerz durch einhändiges Massieren wieder los zu werden. Doch noch während er begann spürte er sich plötzlich beobachtet. Trotz seines schlechten Nackengefühles drehte Ekwin seinen Kopf um durch den Raum zu schauen, aber da war niemand. „Hallo?“ Keine Reaktion. „Ist da wer?“ Niemand antwortete. Langsam und vorsichtig erhob Ekwin sich. Sein Blick irrte immer noch suchend umher. „Wer auch immer da ist, komm raus und zeig dich. Du Feigling!“ Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, aber es passierte nichts. Ekwin bekam eine Gänsehaut. Er schlich langsam an den Schränken entlang zu dem Knick im Raum. Nirgendwo sonst gab es eine Möglichkeit sich ungesehen in dem Raum aufzuhalten und jemanden von dort aus zu beobachten. Kurz bevor er jedoch den Knick erreichte, erlebte er eine unliebsame Überraschung. Zwar verschwand in dem Moment dieser Schmerz im Nacken, aber kaum war Hinten Linderung zu spüren, da bekam er von Vorne eine kalte Dusche. Nun war Ekwin vollkommen durchnässt von oben bis unten. „Ha, ha. Du fällst aber auch jedes Mal wieder darauf herein.“ Plötzlich stand der Knight vor ihm. In der Hand hielt er noch das Korpus Delikti, einen großen Eimer, aus dem immer noch letzte Wassertropfen heraus fielen. Als er jedoch Ekwins ernstes Gesicht erblickte, gefror das Lachen in seinem Gesicht. Ekwin hatte zu diesem Zeitpunkt die Nase gestrichen voll. Nicht nur, das er an einem völlig unbekannten Ort gelandet war, wo er nicht wusste wo er war. Nein, hier schien es sogar jemand zu geben, der ihn kannte, was im Moment nicht auf Gegenseitigkeit beruhte. Hier erlaubte man sich auch noch irgendwelche Späße mit ihm, welche er überhaupt nicht lustig fand. Er drehte sich um. „Hey Ekwin. Warte doch. Das war ein Scherz. Jetzt komm schon. Lach doch mal. Ich komme mir langsam vor, als hätte ich einen Stein als Freund.“ Der Angesprochene blieb tatsächlich stehen, was der Knight wohl als Erfolg wertete Zugang zu ihm zu finden. „Sorry Ekwin. Es tut mir leid, aber ich hatte im Moment das Gefühl, das mit dir etwas nicht stimmt, und du einfach eine kleine Ablenkung vom täglichen Trott gebrauchen kannst.“ Doch mit diesen Worten riss der Knight einen Damm bei Ekwin ein. „Es tut Mir leid, aber ich kann einfach nicht mehr. Ich weiß selbst nicht, was mit mir los ist. Ich fühle mich so leer, so falsch. Ja, ich weiß ja noch nicht mal meinen Namen, geschweige denn, wo ich mich hier überhaupt befinde.“ Die Worte waren aus ihm nur so herausgesprudelt. Er konnte einfach die Mauern, die er zum Selbstschutz errichtet hatte nicht mehr aufrecht halten. Weinend brach er zusammen, während der Knight ihn versuchte zu stützen und dann mit ihm langsam zu Boden ging. An seiner Schulter weinte Ekwin sich aus, während der Knight besorgt und nachdenklich auf seinen Freund blickte. Was war ihm nur zugestoßen? ## „Schon eine Spur von unserem Vogel?“ – „Negativ, Sir.“ – „Dann sucht weiter.“ – „Ja. Sir.“ ## Kapitel 4: ----------- Von wegen, nur noch schlafen. Kaum, das Sam die Augen geschlossen hatte, war es mit dem Schlaf auch schon vorbei gewesen. Es kam Sam so vor, als wären nur Sekunden vergangen, als draußen auf dem Flur ein auf- und abklingender Heulton loslegte. „Och nee…“ Er zog sich das Kopfkissen über die Ohren. Was auch immer da jetzt heulte, sicherlich verstummte es gleich wieder. In den letzten 5 Tagen hatte es schon 4 Fehlalarme gegeben, 2 davon mitten in der Nacht. Mit halbem Ohr, und durch das Kopfkissen gedämpft, hörte Sam hastige Schritte auf dem Flur. Wenn diese nervtötende Sirene nur endlich verstummen würde. Er wollte endlich schlafen. Jemand riss ihm das Kopfkissen weg. „Hey, aufwachen. Es ist Feueralarm. Bist du taub?“ Sam knurrte etwas Unverständliches und wollte sich auf die Seite drehen um nach seiner Decke zu greifen, damit er diese über den Kopf ziehen konnte. „Ist doch eh wieder nur n Fehl…“ Ein heftiger Stoß beförderte Sam aus dem Bett und er landete unsanft auf dem Boden, zusammen mit seiner Decke. Blöderweise befanden sich an dieser Stelle aber noch seine Schuhe, die Sams Rücken eine alles andere, als weiche Oberfläche boten. Der Schmerz machte ihn munter. Sam fuhr hoch. „Hey, was soll das? Diese dauernden Fehlalarme rauben einem doch noch den letzten Nerv.“ Auf der anderen Seite des Bettes stand der Forscher, dem Sam unterstellt war und sah ihn mit abschätzendem Blick an. „Nein, diesmal ist es kein Fehlalarm. Ich rate dir, dich zu beeilen … und vor allem, zieh dir vorher was an, “ meinte er trocken, bevor er sich umdrehte und eilig das Zimmer verließ, wobei er die Tür wieder zuzog. Jetzt erst merkte Sam, das er anscheinend eben im Halbschlaf mehr als nur seine Hose ausgezogen hatte und die Blickschützende Decke lag nun auch auf dem Boden. Obwohl niemand mehr anwesend war, wurde Sam knallrot und suchte hastig seine Sachen zusammen. Ein paar Minuten später stand Sam vor dem Gebäude. Zum ersten Mal war er jetzt nicht mehr allein auf dem Gelände. Das Institut war belebter als Sam es vermutet hatte. Gut 200 Personen standen auf dem Parkplatz, auf dessen Zubringerstraße grade die Feuerwehr einbog. Allerdings war nirgendwo Rauch zu sehen, trotzdem wurden sie angewiesen hier zu warten, bis weitere Anweisungen gegeben wurden. Sam nutzte die Zeit, um sich wenigstens einen Teil der Leute, die sich in seinem Sichtfeld befanden, zu mustern. ¾ von ihnen waren irgendwelche Forscher in allen möglichen Altersstufen über 30 aufwärts. Sie waren leicht zu erkennen, allein durch den Umstand, das sie allesamt diese Kittel trugen mit Namensschildchen daran. Die restlichen Personen, die sonst noch herumstanden waren meistens Jugendliche, aber es gab auch ein paar Kinder und junge Erwachsene. Fast alle hatten einen müden Blick und nicht wenige schienen sich, ebenso wie Sam, zurück ins Bett zu wünschen. Bei einigen zeigten sich Augenringe, teilweise bedingt durch Schlafmangel, vielleicht aber auch durch die Sirene, die sie aus den Federn geworfen hatte. Keiner von ihnen hinterließ jedoch solch einen bleibenden Eindruck in Sams Gedächtnis, wie die wandelnde Leiche von vor einigen Tagen. Keiner von ihnen wies solche Ausfallerscheinungen auf. Vielleicht war der Junge ja schon gar nicht mehr in dem Institut. Jedenfalls konnte Sam ihn nirgendwo auf dem Parkplatz entdecken. Einer der Feuerwehrleute holte ein Megaphon aus dem Löschwagen. „Sie können das Haus wieder betreten. Die Gefahr wurde beseitigt.“ Noch während der Feuerwehrmann das Megaphon weglegte, murrten einige Forscher laut auf. Man konnte ihnen ansehen, das diese außerplanmäßige Störung ihnen einen gehörigen Strich durch ihre Tagesplanung machte. Während die Feuerwehrleute ihr Equipment wegpackten, stürzten einige Forscher bereits wieder ins Institut zurück. Dabei legten sie eine Geschwindigkeit vor, die Sam staunen ließ. Sollte es neben Computersucht auch noch Forschersucht geben? Jedenfalls verhielten sich einige der Anwesenden so. Forscher, die total übernächtigt waren, mit zittriger Hand eine Zigarette nach der anderen rauchten und sich gehetzt umsahen, so als würden sie gejagt werden oder die ‚Kollegen’ könnten ihre Ergebnisse klauen um selbst zu Ruhm und Ehre zu gelangen. Die angespannte Haltung … Ja, wenn es eine Computersucht gab, dann gab es auch eine Forschersucht. Was nun durchaus die Frage aufwarf, was man im Alltag sonst auch noch als ‚Sucht’ bezeichnen konnte… Sam schüttelte den Kopf, um die Gedanken los zu werden. Stattdessen rechnete er im Geiste aus, wie viel Schlaf er noch bekommen konnte, wenn er jetzt ohne Umwege auf sein Zimmer ging und das Ergebnis klang verlockend. ## Langsam dümpelten die Nebelschwaden über die Oberfläche des kleinen Onsen hinweg. Ein kleiner Wasserfall versorgte das Becken mit Flüssigkeitsnachschub. An drei Stellen wurde das Onsen von Wasserpflanzen begrenzt, die so gepflanzt worden waren, das sie einen Blickschutz vor unliebsamen Beobachtern bildeten. Eine Steintreppe führte in die heiße Quelle, welche man über einen schmalen Bambusholzweg erreichen konnte. Links und rechts wurde der Weg von Steingärten umsäumt, bevor er sich in einiger Entfernung mit einigen anderen Wegen zu einem Großen vereinte, bevor er in dem Umkleidezimmer endete. Leise plätscherte das Wasser um Ekwin herum. Nach der Sache mit der Dusche hatte er sich doch breitschlagen lassen ein Bad zu nehmen. Nun saß er zusammengesunken am Rande des Beckens, fast bis zur Nasenspitze im flüssigen Nass abgetaucht und stierte auf einen fiktiven Punkt. Deutlich konnte man hinter der Pflanzenwand Stimmen erkennen. Die anderen Onsen waren wohl mit Leuten überfüllt, ein kleines Wunder also, wie es der Knight geschafft hatte für sie beiden ein eigenes Becken zu finden. Das warme Wasser und der vergangene Gefühlsausbruch hatten Ekwins Anspannung zu einem großen Teil gelöst, aber jetzt kam er sich noch verlorener vor, als zuvor. In seinen Gedanken schwirrten immer noch so viele Fragen umher, auf die es einfach keine Antwort gab. „Geht es wieder?“ Ekwin nickte leicht, wobei er kurzzeitig die Luft anhalten musste, da sein Kopf unter Wasser geriet. „Dann komm mal näher heran. Wir wollen versuchen, ob wir nicht deinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen können, und da brauchen andere ja nicht unbedingt zuzuhören.“ ## „Hm. Da war dieser Ausschlag schon wieder.“ – „Und die Logs?“ – „Haben nichts erfasst.“ – „Schon merkwürdig.“ – „Ja, vielleicht sollten wir doch lieber den Chef…“ – „Möchtest Du den Ärger ausbaden, wenn herauskommen sollte, das wir einem Sprite nachjagen und dabei die halbe Firma wild machen? Wie auch immer, wir sollten zuerst versuchen Beweise zu sichern. Nach diesem Virus sieht es jedenfalls bis zum jetzigen Zeitpunkt zum Glück nicht aus.“ – „Hast schon recht, aber im Auge behalten müssen wir es. Bisher wirkt es sich noch nicht auf den weiteren Wartungsprozess aus, aber…“ – „Dann schalten wir R.E.X. zu. Wenn da was ist, findet er es.“ – „R.E.X. brauch aber so viele Sourcen, das verzögert die Freigabe.“ – „Na und, dann dauert die Wartung halt länger. Lieber auf Nummer sicher gehen, als nachher die Konsequenzen ausbaden müssen.“ – „Ja, ja ist schon gut. Ich lade R.E.X.“ ## „Chino?“ Der Knight nickte, doch auf seinem Gesicht zeichnete sich gleichzeitig etwas Enttäuschung ab, als Ekwin ihn offenbar immer noch nicht erkannte. Mittlerweile saßen sie beide auf etwas höher gelegenen Steinen, so das jetzt ihre Körper nur noch ab dem Bauchnabel abwärts im Wasser waren. Ekwin hatte sich soweit, wie es ging zurückgelehnt, so das er einen weiteren abgerundeten Stein als Rückenlehne nutzen konnte, und starrte an die Decke, welche ebenfalls aus Bambus geflochten war, und an der weitere Leuchter, nur nicht mehr ganz so prunkvolle, hingen. Etwas Kondenswasser fiel herab und zerschellte an der Wasseroberfläche. „Das Ganze hier ist also ein Aufenthaltshaus, wo wir uns erholen können, wenn uns unsere Lenker nicht in den Kampf gegen irgendwelche Bedrohungen von Midgard führen?“ Chino nickte. „Du sagtest auch, das wir beide schon sehr lange befreundet sind?“ Wieder nickte der Knight und diesmal zeigte sich ein kurzer Schmerz in seinen Augen. Ein Schmerz der tief aus seinem Inneren kam „Oh man, das geht mir auf einmal etwas sehr schnell.“ Ekwin griff sich an den Kopf in dem sich langsam ein Hämmern bemerkbar machte. Chino sah dies und bemerkte dann: „Überanstreng dich nicht. Lassen wir es langsam angehen. Ich bin mir sicher, wenn etwas Zeit vergeht kommen die Erinnerungen schon wieder.“ – „Wollen wir es hoffen“, brummte Ekwin trocken. Ihm gefiel die Vorstellung überhaupt nicht alles, was er bis vor wenigen Stunden erlebt hatte, einfach so unwiederbringlich vergessen zu haben. Mit einem Schlag ausgelöscht. Er seufzte und spürte das der Knight aufrückte. „Waterball!“ ertönte es plötzlich aus dem Nachbar-Onsen und ehe Ekwin sich versah flog ihnen die halbe Absperrung um die Ohren. Chino besaß genügend Geistesgegenwart nach Ekwins Hand zu greifen und sie dann beide mit einem heftigen Ruck in die Mitte der heißen Quelle zu reißen. „Abtauchen. Schnell.“ Beide sanken auf den Grund des Beckens hinab, wo sie einige Sekunden warteten, ehe der ganze Hagel, der auf das Wasser niederging aufhörte. Erst als sie sich sicher waren, das jetzt nichts mehr nachkam, und die Luft schon verdammt knapp wurde tauchten sie wieder auf. Ihren Augen bot sich ein einziges Trümmerfeld. Auf der gesamten Oberfläche des Onsens trieben Reste von den Wasserpflanzen und auch ganze Bambusstücke, die nun in der Decke fehlten. Na wenigstens war der Leuchter nicht auch noch herunter gekracht. Während Ekwin noch mit Erstaunen, aber auch Schrecken über die Verwüstung, die Umgebung musterte und dabei langsam realisierte wie knapp sie beide Verletzungen entgangen waren, eine der dicken Bambusteile lag an der Stelle, an der er sich zuvor noch aufgehalten hatte, bahnte sich Chino einen Weg zu dem Loch, welches nun einen Blick in den Nachbar-Onsen gewährte. „Sagt mal, geht es euch noch ganz gut?! Beinahe hättet ihr uns hier alle gemacht! Ihr wisst doch ganz genau, das Zaubersprüche und dererlei hier absolut verboten sind,“ fauchte er hinüber zu zwei ziemlich jungen Kerlen die nun ziemlich schuldbewusst dreinblickten. „Lest gefälligst die Badeordnung.“ Wohl unbewusst, aber vielleicht auch, um den Jungspunden da drüben etwas Respekt einzuflößen hatte Chino die muskulösen Hände in die Seiten gestemmt und blickte warnend zu ihnen hinüber. Erst als er sicher war, das die seine Botschaft verstanden hatten, kehrte er um, und kam zurück zu Ekwin. „Verdammte Magier. Man sollte meinen, das sie wegen ihren Künsten des Lesens mächtig sein sollten. Die Tafeln hängen doch wahrlich offen genug aus.“ Mit einem Ruck wandte der Knight sein Gesicht zu einer der Wände. Jetzt, da er darauf aufmerksam gemacht worden war, nahm Ekwin diese Tafeln erst war. ‚Wer sich im Bad nicht an die Hausordnung hält, darf in Zukunft draußen baden. Der BM.“ – „BM?“ – „Na Bademeister, oder was dachtest du?“ Ekwin zuckte mit den Schultern. „Also, wo waren wir stehen geblieben?“ … ## Kapitel 5: ----------- Sam schreckte hoch, als diesmal jemand gegen die Tür klopfte. Er fühlte sich total gerädert. Zwar zeigte die Uhr kurz vor Zwölf, doch sein Schlaf war alles andere als erholsam gewesen. Sein letzter Albtraum lag schon ziemlich lange zurück, aber das, was er sich da jetzt zusammengeträumt hatte, war ziemlich strange gewesen. Vielleicht sollte er seinen Forscher bitten, das Spiel wechseln zu dürfen, denn wenn er schon begann davon zu träumen, war zumindest eine Pause angebracht. Über zwei Wochen lang immer das gleiche zu sehen, beeinflusste einen also doch schon so stark, das es sich durchaus in den Träumen widerspiegeln konnte. Es kam zu keinem weiteren Klopfen, so das Sam sich entschied, nicht zur Tür zu gehen, sondern liegen zu bleiben. Er blickte zu dem Schreibtisch. Vielleicht sollte er heute ausnahmsweise einen zweiten Bogen ausfüllen und seine Träume schildern. Doch nach reiflicher Überlegung verwarf er den Gedanken wieder. Nachher brachte ihm das auch noch zusätzliche Fragestunden ein, welche seine, eh schon knappe Freizeit weiter einschränkten. Stattdessen angelte er unter sein Bett. Zwischen Lattenrost und Matratze war ein kleines Büchlein eingeklemmt. Seine Schwester hatte es ihm geschenkt, bevor er zum Institut gegangen war. Er würde schon eine Verwendung dafür finden, hatte sie gemeint, als er ihr Geschenk verständnislos angesehen hatte. Wie Recht seine Schwester damit gehabt hatte, zeigte sich schon wenige Tage später, als er auf die Idee kam eine art ‚Buch der Besonderheiten’ zu führen. Tagebuch klang irgendwie zu Mädchenhaft. Noch einmal beugte sich Sam vor, um einen Stift vom Boden aufzulesen, dann schlug er eine freie Seite auf, und begann den Traum in das Buch nieder zu schreiben. Die Erinnerungen waren noch frisch, weshalb es ihm einfach fiel. Doch je mehr Zeit verstrich, desto schneller verblassten die Erinnerungen an den Traum. Nachdem Sam mit seinen Eintragungen fertig war, ließ er das Buch wieder unter dem Bett verschwinden. „Was Forscher nicht weiß, macht Forscher nicht heiß.“ Sam beschloss, das es das Beste war, wenn er kein weiteres Wort weder schriftlich noch verbal über den Traum verlor und suchte stattdessen die Duschzelle in seinem Zimmer auf. ## „Und, wie sieht’s aus?“ – „Fast fertig.“ – „Wird aber auch Zeit. Wir sind schon 2 Stunden über den Zeitplan. Die schieben langsam Forenrandale.“ Ein Stöhnen klang durch den Raum. „Haben die nichts Besseres zu tun? Rausgehen? Sich mal mit einem Buch, oder etwas anderem beschäftigen? Wenn’s dauert, dann dauert es halt.“ – „Lass bloß den Chef das nicht hören. Immerhin ist jeder dieser Leute ein zahlender Kunde.“ Ein erneutes Stöhnen. „Und? Das heißt noch lange nicht, das wir springen müssen, wenn die stressen …“ – „Reg dich ab, lasse Spamen. Wozu haben wir unsere Foren-GMs. Ein bisschen Arbeit hat noch nie jemandem geschadet.“ Ein leichtes Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht. „So das war’s. Server ist frei in 3, 2, 1…“ – „Ja?“ – „Mist.“ Ein Heulen klang durch den Raum. „Was ist denn das für ein Krach?“ – „Das ist R.E.X. und die Server lassen sich nicht frei schalten!“ – „Was?! Das kann nicht sein. Lass mal sehen…“ Heftiges Tastentippen hallte durch den großen Serverraum. ## Ekwin und Chino waren bereits eine ganze Weile wieder im Aufenthaltsraum. Nach dem Vorfall hatte es sie nicht mehr allzu lange bei den Wasserstellen gehalten. Während sie sich anzogen und in den Warteraum zurückgekehrt waren, versuchte der Knight immer noch Ekwins Erinnerungen zu wecken. Dazu erzählte er ihm aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit, von den vielen Abenteuern, die sie schon durchlebt hatten, von ihrem Kennen lernen, als ihre Lenker sie als Swordy und Thief zusammenführten. Den ersten gemeinsamen Dungeon, in dem sie fast gestorben waren, als ein anderer Lenker die Fähigkeiten seines kämpfenden Charakters überschätzt hatte, beim Einsammeln von Monstern. Doch sosehr es Ekwin auch versuchte, die Blockade wollte und wollte nicht brechen. Er war enttäuscht und verstand es nicht, warum sein Geist so bockig war und sich weigerte die verschlossene Vergangenheit wieder frei zu geben. Ohne jegliche Vorwarnung veränderte sich plötzlich das Licht. Nun lag ein leicht orangener Ton darin, der rasch an Intensität gewann. Zeitgleich verstummten die Gespräche im Raum. Getränke wurden abgestellt, Stühle gerückt und es huschten noch schnell Kämpfer aus der Umkleidekabine zurück in die Lounge. Verwirrt über die aufkommende Aktivität, blickte Ekwin reihum. Was war denn jetzt in die alle gefahren? Warum machten sich jetzt alle Reisefertig? Vor der Tür ohne Ausgang, durch die Ekwin vor einigen Stunden in den Raum gestolpert war, versammelten sich nun alle anderen Abenteurer. Die Fläche im Rahmen war immer noch finsterstes Schwarz. Geduldig wurde gewartet, aber auf was? „Hey Ekwin. Machst du dich nicht auch bereit?“ – „Bereit? Für was?“ Erst jetzt bemerkte er, das Chino sich ebenfalls erhoben hatte und einige Schritte in Richtung der Schwarzen Tür machte, bevor er stehen blieb, und sich zu ihm umwandte. „Na darauf, dass dich gleich die Lenker wieder in Gefechte um unser Königreich führen können. Sicher wird es nicht mehr lange dauern, bis sich die Tür öffnet und dann kehren wir dahin zurück, wo wir hergekommen sind und warten dann darauf, das sie uns holen kommen und uns zu unseren Kämpfen bringen.“ Das Licht dämmerte weiter herab, wurde rot und erwartungsvolles Murmeln breitete sich unter den Leuten aus. Ekwin war überrascht, wie viele es doch waren, und noch immer wurden es mehr. Sie standen schon bis kurz vor dem Umkleideraum, und einige rückten schon Stühle zur Seite, um noch mehr Platz zu schaffen. Ekwin erhob sich und trat zu Chino. „Sag mal, wie viele sind das eigentlich?“ – „Keine Ahnung.“ Er zuckte mit den Schultern, so das seine Rüstung kurz klirrte. „Ein paar Hundert dürfen es wohl schon sein. Ich habe mal gehört, das es wohl noch ein paar andere ‚Aufenthaltsräume’ geben soll. Nur bisher war ich immer nur in diesem hier. Es gibt die Theorie, das wir zugewiesene Räume haben die unabänderlich sind. Warum das so ist… Ich habe keine Ahnung, aber ehrlich gesagt habe ich mir bisher darüber noch nie Gedanken gemacht.“ Dunkelrotes Licht tauchte die Szenerie im Raum in seine Farben. Die Stimmung änderte sich. Erst war es nur ein Flüstern, doch dann wurde es lauter. „Warum öffnet sich der Zugang nicht?“ ## Etwa zehn Minuten waren vergangen, seitdem Sam den Raum aufgesucht hatte, wo er seine ‚Spielzeit’, also die Testeinheit, verbrachte. Es einen richtigen Raum zu nennen war eigentlich schon eine Adelung für diese Abstellkammer. Sie war grade mal groß genug, das ein Schreibtisch mit einem PC und einem Stuhl hineinpasste. Es gab keine Fenster, so das man dort auf künstliche Lichtquellen angewiesen war. Das Licht der nackten Glühbirne wurde von weißen Wänden reflektiert und vom grauen Lenoliumboden verschluckt. Oben in der Decke gab es noch Schlitze für eine Lüftung. Der kahle Raum sorgte immer wieder dafür, das Sam ein kalter Schauer über den Rücken lief, obwohl die Lüftung beständig angewärmte Luft hinein blies. Was hier an der Ausstattung gespart worden war, machte der Rechner jedoch wieder wett. Eine echte Powerkiste. Sam hatte sich auf dem Drehstuhl niedergelassen und kaute auf seinem Brötchen herum, welches er sich auf dem Weg hierher in der Kantine besorgt hatte. Sein Blick fiel auf den Monitor. Der Rechner war noch nicht eingeschaltet. Von seinem Standpunkt aus, konnte Sam das leider aber nicht. Blöderweise konnten die PCs nur von den Forschern gestartet werden, aus einem Raum, den er nicht betreten konnte. Neustarten, Runterfahren und einige andere, begrenzt freigegebene, Funktionen konnte Sam von seinem Platz aus durchführen, mehr aber auch nicht. Nachdem Sam mit Essen fertig war, und der PC sich immer noch nicht muckte, wurde er schon etwas unruhig. So etwas war zuvor noch nie vorgekommen, dabei hatte er sich doch beim Betreten des Raumes ordnungsgemäß durch einen Taste am Eingang, bei der Zentrale angemeldet, so das die wussten, das sich ein Probant im Zimmer befand. Über dem Flatscreen-Monitor hing zwar noch ein Headset, aber im Moment nutzte ihm das Ding herzlich wenig, da es nur dann funktionierte, wenn der Rechner lief. Er lehnte sich zurück und starrte mit zusammengekniffenen Augen zur Decke. Er war sich unschlüssig, was er jetzt unternehmen sollte. Schließlich seufzte Sam. Vielleicht lief das Teil ja nachher, wenn wer vom Automaten zurückkam. Es machte keinen großen Unterschied, ob er jetzt hier wartete, oder die Zeit nutzte, um sich etwas zu trinken zu holen. Als Sam sich erhob, schoss ihm ein stechender Schmerz durch den Nacken, der aber genauso rasch wieder abklang, wie er gekommen war. Trotzdem verzog er das Gesicht. Das hatte ihm grade noch gefehlt. Er griff sich hinten an den Hals. Vielleicht sollte er diese ‚Forscher’ mal nach einem vernünftigen Stuhl bitten. Dieser hier sorgte wohl dafür, das er nicht richtig saß, und sich dadurch alles in seinem Nacken verspannte. Er verließ das Zimmer in Gedanken, ohne zu merken, das der Rechner den Startvorgang eingeleitet hatte. ## Kapitel 6: ----------- „Sir, wir haben eine Peilung.“ – „Wo?“ – „Sie war zu kurz um einen genauen Standpunkt zu bestimmen, aber…“ – „Mann, reden Sie nicht so lange um den heißen Brei herum. Was wissen wir?“ – „Ja, Sir. Wir konnten das Gebiet auf Europa eingrenzen.“ – „Na großartig.“ Die Stimme klang gereizt. „Sind ja nur ein paar Staaten und ungefähr 10.5 Millionen Quadratkilometer Landfläche… Versucht das Gebiet weiter einzugrenzen.“ – „Ja. Sir.“ – „Bevor ich es vergesse. Informieren Sie die Kommandeure unserer Stützpunkte in Europa. Ich wünsche eine Konferenzschaltung um 0900 unserer Zeitrechnung auf einer abhörsicheren Leitung.“ – „Ja. Sir.“ ## „Ekwin? Hey Ekwin!“ Der Angesprochene schlug die Augen auf. Er lag auf dem Boden, schon wieder. Wie er dorthin gekommen war, konnte er sich nicht erklären. Einzig und allein an die Schmerzen konnte er sich erinnern, die ihn überrollt hatten, wie eine Lawine und seine Gedanken auslöschten. Über ihn beugte sich eine Gestalt. Um ihn herum herrschte Dunkelheit bis auf einen entfernten Punkt an dem es wohl Lichteinfall gab, denn ein paar Konturen ließen sich von der Person ausmachen, bis sie sich etwas näher beugte, und das Licht ein paar Teile seines Gesichtes anleuchteten. Es war Chino. Ekwin versuchte sich aufzurichten. „Oh Mann, was ist passiert?“ Ihm brummte der Schädel, weshalb er sehr langsam und vorsichtig zu Werke ging. „Ich habe keine Ahnung, aber als endlich das Tor in der Tür aufging, bist du schreiend zusammengebrochen und hast dir den Kopf gehalten.“ Jetzt erst merkte Ekwin, das sie allein waren. „Wie lange war ich bewusstlos, und wo sind die anderen?“ – „Wir sind die Letzten, und du warst etwa zehn Minuten bewusstlos. Sogar die Priester waren machtlos, obwohl einige von ihnen versuchten Dir zu helfen.“ Irgendwie schaffte es Ekwin endlich in eine sitzende Position. Sein Blick wanderte zur Schwarzen Tür, wo sich jetzt ein blauer Wirbel zeigte. „Ich weiß, es klingt jetzt etwas schonungslos, aber wir müssen los.“ – „Da durch?“ Chino nickte. „Vielleicht hast du Glück und kannst dich noch etwas in deinem Warteraum erholen, bevor dein Lenker dich holt. Wir können und dürfen aber jetzt nicht mehr länger an diesem Ort verweilen, auch wenn es mir lieber wäre, das wir erst herausfinden was mit dir los ist.“ Ekwin schüttelte den Kopf, was ihm eine Welle der Übelkeit bescherte und ihn krampfhaft schlucken ließ. „Ist schon gut.“ – „Meinst Du, Du schaffst das?“ Ekwin nickte, diesmal vorsichtiger. „Wird schon schief gehen“, versuchte er einen Scherz, doch der Blick in das Gesicht des Knights zeigte ihm, das dieser Versuch ein Schuss nach hinten gewesen war. „Bitte hilf mir auf.“ Nur zögerlich kam Chino der Aufforderung nach und schwankend kam Ekwin auf die Beine. Er fühlte sich immer noch hundsmiserabel, versuchte es aber nicht nach außen zu zeigen. „Lass uns gehen.“ Er machte einen zögerlichen Schritt, bevor er sich dessen gewahr wurde, das Chino ihn immer noch festhielt. Er drehte sich leicht um. „Was ist noch?“ – „Bitte versprich mir, das du auf dich aufpasst und keine Dummheiten anstellst.“ Es dauerte kurz, ehe Ekwin nickte. Er schlug dabei jedoch die Augen nieder, um seinen Freund nicht ansehen zu müssen. Durch seine Kleidung konnte er spüren, das der Knight kurz fester zugriff, bevor er die Hand wieder locker ließ und sie gemeinsam auf die Tür zuschritten. Je näher sie diesem Durchgang kamen, desto unwohler fühlte sich Ekwin mit einem Male. Irgendwie hatte er das Gefühl, das er da nicht durchgehen sollte, doch Chino zog ihn mit sich. Wie war es wohl ‚gelenkt’ zu werden? Wie fühlte es sich wohl an? Was würde er sonst noch empfinden? Sie schritten hindurch. ## Sam schwankte. Ihm war mit einem Mal schwindlig und er musste sich an der Wand abstützen um nicht hinzufallen. Mit einem dumpfen Knall landete die Colaflasche auf dem Boden, kippte um und verteilte ihren Inhalt auf dem Lenolium. Langsam ließ Sam sich an der Wand hinab gleiten, bis er auf dem Boden saß, die Wand als Rückenlehne. Dann zog er die Beine an und wartete, das der Anfall vorüber ging. Das war doch nicht normal. Noch nie hatte er unter so etwas gelitten. Aber vielleicht hatte er sich bei den letzten Aktionen unterkühlt. Immerhin waren die Tage bei weitem nicht mehr so warm wie im Sommer, und wenn man die ganze Zeit immer nur in klimatisierten Räumen saß, konnte man sich schnell etwas einfangen. Eine Erkältung oder so. Sam beschloss das es vielleicht besser war, wenn er vorsichtshalber die Krankenstation aufsuchte und sich dort mal durchchecken ließ. Tagelang im Bett zu liegen, entsprach nicht seinem Bestreben, und so stand er wieder langsam auf, nachdem der Anfall abgeklungen war, nahm die Flasche vom Boden und warf sie in einen nahen Mülleimer. Um die ausgelaufene Flüssigkeit kümmerte Sam sich nicht. Hier liefen doch sicher immer Putzleute durch die Gegend, denn er hatte noch nie auch nur ein Stäubchen oder einen Spinnweben hier gefunden. ## „Die Verbindung steht. Sir.“ – Gut. Lassen sie uns alleine.“ – „Ja, Sir.“ Schritte entfernten sich, und eine Tür wurde geschlossen. „Harry. Lange nicht mehr gesehen. Wie geht es Dir?“ – „Bitte nicht hier, und nicht jetzt Tom. Wir sind mitten in einer wichtigen Konferenz.“ Die Person auf dem Monitor räusperte sich. „Verzeihung.“ Ein paar Sekunden des Schweigens folgten, bevor sich die Person diesseits der 12 Monitore, welche an der gegenüberliegenden Wand hingen und ursprünglich aus einem großen Wandscreen bestanden, räusperte. „Meine Herren, wie sie bereits unterrichtet wurden, handelt es sich bei dieser Versammlung um ein Meeting der Stufe A1.“ Einige der Personen auf den Monitoren nickten. „Das, was ich ihnen gleich berichten werde unterliegt der höchsten Geheimhaltungsstufe. Ein jeder von Ihnen sollte eine Akte erhalten haben, die die vertraulichen Daten der Operation Birdy enthält. Es ist von äußerster Wichtigkeit das die nächsten Schritte unter vollkommenem Ausschluss nicht autorisierter Personen stattfinden. Der Präsident höchstpersönlich hat mich autorisiert alles zu unternehmen was nötig ist um Operation Birdy zu einem Erfolg zu führen. Wie Sie den Akten entnehmen können, wurde unser Operationsraum auf Europa festgelegt. Eine genauere Eingrenzung des Missionsgebietes ist im Moment noch nicht möglich. Es ist nötig, das wir eine flächendeckende Überwachung durchführen. Die Frequenz auf der gesucht werden soll, entnehmen Sie bitte aus ihren Akten. Sollte Ihnen irgendetwas auffallen, ist es mir sofort mitzuteilen. Noch Fragen? Keine? Gut, dann gilt ab jetzt Code D4.“ Nach und nach schalteten sich die Monitore ab, bis nur noch das Bild von einer Person zu sehen war. „Was gibt es noch Tom?“ – „Harry, hat das ganze etwa mit diesem Virus zu tun, welcher jetzt auf einmal genauso spurlos wieder verschwunden ist, wie er auftauchte?“ – „Tut mir leid Tom, aber darüber darf ich Dir keine Auskünfte erteilen, auch wenn Du mein Freund bist.“ Auch der letzte Monitor wurde dunkel. ## Kapitel 7: ----------- „Der Fehler steckt in der Charakter-DB.“ – „Na toll, ausgerechnet da. Konnte der sich nicht woanders einnisten? Hier ein Backup zu machen dauert Stunden. Konntest du wenigstens das fehlerhafte Gebiet eingrenzen, dann wären wir schneller fertig.“ – „Nein, aber REX ist bereits auf der Suche, aber sag mal, hast du noch mal versucht die Server frei zu geben?“ – „Hä? Nein? Wieso fragst du?“ – „Hm, dann sag mir bitte mal, wie da welche rein kamen und jetzt rumlaufen.“ – „Hm…“ – „ Was heißt hmm... bei dir doch normalerweise nichts Gutes.“ – „Jep. Ich geh mal rein, und frage sie.“ Tasten wurden gedrückt, dann folgte Schweigen. „Was ist?“ – „Ich komme nicht rein. Dabei liegen unsere Daten doch auf einem ganz anderen Platz, als die der normalen User.“ ## „Sag A!“ – „Aaaaaa…“ – „Hm, die Mandeln sind leicht gerötet. Sonst noch irgendwelche Beschwerden außer dem Schwindel und dem Kopfweh? Beim Aufstehen eine verstopfte Nase vielleicht?“ Sam schüttelte den Kopf. „Fieber? Schüttelfrost?“ Wieder Kopfschütteln. Der junge Arzt verschränkte die Arme vor der Brust und schaute Sam abschätzend an, der mit freiem Oberkörper vor ihm auf der Behandlungsliege saß. „Es könnte sein … Sag mal, wie viel Schlaf hast du die letzten Tage gehabt?“ Sam wurde leicht rot. Er hatte zwar versucht die Computerzeiten annehmbar zu halten, aber irgendwie war er die letzte Zeit immer ein wenig von einer inneren Unruhe befallen gewesen, was sein Forscher auch schon als ‚Heimweh’ bezeichnet hatte. Aber bestimmt würde er nicht das betreiben, was man im Volksmund nannte: ‚Daddeln bis der Arzt kommt.’ Immerhin wollte er nicht als laufender Zombie enden. „Scheint so“, dem Arzt war Sams Reaktion nicht entgangen, aber er deutete sie wohlmöglich falsch, „als handelte es sich hierbei um einen kleinen Infekt zu handeln. Ausgelöst durch zuviel Action und zuwenig Schlaf.“ Er schaute Sam nun scharf an. „Ich schreibe dich jetzt 2 Tage krank.“ – „Aber…“ – „Kein Aber. In dieser Zeit bleibst du jedem Computer fern und bist von den Fragestunden befreit. Sollte ich auch nur einmal hören, dass du dich nicht an meine Anweisungen hältst, ist das Projekt für dich erledigt. Ich werde deinen zugewiesenen Forscher davon informieren, so und jetzt geh. Am besten Schläfst du dich erstmal aus.“ Mit hängendem Kopf und Schultern verließ Sam die Krankenstation. Das hatte ihm jetzt gerade noch gefehlt. Eigentlich fühlte er sich überhaupt nicht SO krank, und vor allem, was sollte er jetzt den heutigen und den folgenden Tag noch anfangen? Viele Alternativen zu ihren Forschungen bot dieses Institut nicht. Um etwas anderes zu machen, wie zum Beispiel Gesellschaftsspiele brauchte man wenigstens einen zweiten Mann. Wo aber hernehmen wenn nicht stehlen? Er kannte doch bis auf seinen Forscher hier niemanden und die anderen Probanten befanden sich bei ihren Einheiten. Um auf seinem Bett herumzulümmeln fehlte ihm die Begeisterung. Bei dem Durchgehen seiner begrenzten Möglichkeiten fiel ihm ein, das einer der Forscher mal erwähnt hatte, das es hier ein Fernsehzimmer geben sollte. Sam hatte zwar keine Ahnung, wo es sein sollte, aber Zeit es zu suchen, sollte jetzt sein geringstes Problem sein. ## Das Gras war auf den ersten Blick vollkommen eben, so als habe derjenige, der es bearbeitet hatte es zu seiner Aufgabe gemacht, einen perfekten Englischen Rasen herzustellen. Erst auf den zweiten Blick fiel auf, das dieser perfekte Rasen Grashalm für Grashalm glich und sich scheinbar bis zur Unendlichkeit fortsetzte, oder zumindest bis zum nächsten Wald, dessen Bäume sich ebenfalls verblüffend ähnlich sahen. Als Ekwin nach oben blickte musste er feststellen, dass es zwar einen blauen Himmel gab, aber keine Sonne. Stattdessen schien von überallher das Licht auf sie herab zu scheinen sodass Schatten auf ein Minimum reduziert wurde, sogar Wolken waren Fehlanzeige. Er sah sich weiter um. Er stand also auf einer fast perfekten Wiese, nahe eines, aus drei Bäumen geklonten, Waldes und hatte keinen blassen Schimmer wo er sich eigentlich befand. Hatte Chino nicht etwas von einem Wartezimmer erwähnt? So sah es hier jedenfalls nicht aus. Aber wenn er sich nicht in einem Wartezimmer befand, dann konnte das doch nur bedeuten, das ihn sein Lenker abgeholt hatte, was wiederum die Frage aufwarf, warum er in solch einem Fall immer noch hier stand und nicht bereits durch die Gegend geführt wurde. Laut den Aussagen seines Freundes sollte man doch, wenn der Lenker das Kommando übernahm, nur noch Gast im eigenen Körper sein und hilflos mit ansehen, in was für Schlamassel man schon wieder gebracht wurde. Ekwin hob probeweise seinen Arm. Alles normal. Er machte in paar Schritte zur Seite, dann nach vorne, drehte sich im Kreis und sah sich wieder um. Merkwürdig, also es fühlte sich nicht danach an, als ob er von irgendwelcher Außenstehenden Stelle beeinflusst wurde. Er empfand alles genauso wie in der Lounge, und da sollte sein Lenker ja keinen Zugang zu ihm haben, aber was machte er dann in dem Fall hier? Vielleicht konnte ihm ja jemand anderes Antworten auf seine Fragen geben. Am besten machte er sich auf die Suche nach Chino, doch wo anfangen? Da meinte sich Ekwin zu erinnern, das sein Freund gemeint hatte, das er sich in letzter Zeit öfters in der Hauptstadt aufhielt, da sein Lenker wohl neue Waffen und Ausrüstung für ihn suchte. „Das stellt man sich mal vor,“ hatte Chino damals gemeint: „man rennt ewig durch die Pampa, kloppt Monster bis zum Erbrechen und nachdem man das ganze Loot dann verkauft hat gönnt man seinem Charakter keinen Aufenthalt mal in einem Hotel… nein man geht auf den Markt und lässt sich von einem gerissenen Händler ein total wertloses Schwert für sein gesamtes Geld andrehen. Du glaubst gar nicht, wie ich meinem Lenker damals am liebsten ins Gesicht gesprungen wäre. Ich habe den Betrug ja sofort durchschaut, er leider nicht.“ Ekwin schob den Gedanken wieder zur Seite. Ja, Chino wusste vielleicht was los war, und so machte er sich auf den Weg nach Westen, zumindest wo er meinte, das es Westen war. Mit viel Glück fand er dann da Leute die er fragen konnte, wie er zur nächsten Stadt gelangte. Während Ekwin so vor sich hinmarschierte kam ihm wieder in den Sinn was eigentlich passiert war, nachdem sie die Tür in der Lounge durchschritten hatten. Es war schon irgendwie komisch gewesen. Dieses merkwürdige Bild, welches er zwischen der Lounge und dem Grasland hier gesehen hatte… die ewig lange weiße Wand, dann dieser seltsame glänzende Boden und die Flasche die darauf lag, aus der eine schwarze, sprudelnde Flüssigkeit gelaufen war… war das normal? Zudem reichte auch die bloße Erinnerung um ihm wieder eine Gänsehaut zu verpassen, die er sogar sehen konnte, als er die Bandagen um seinen rechten Arm zurückzog. Dieses Gefühl was er bei der Überbrückung gespürt hatte, so als liefen tausende von Ameisen über seinen Körper, alle gleichzeitig. Ekwin schauderte es. In der Ferne tauchte eine lange weiße Fläche auf. Irgend etwas sagte ihm, das es sich dabei um eine Befestigungsmauer handelte und ließ seinen Schritt schneller werden. Wenn er schon keine Menschenseele getroffen hatte, so schien er wenigstens eine Stadt gefunden zu haben. Schon kurze Zeit später hatte Ekwin die Mauer erreicht. Sie war aus weißen Ziegelsteinen gefertigt, die alle die gleiche Maserung besaßen und im exakten Abstand gesetzt worden waren. Vorsichtig fuhr er mit seinen Fingern über die Steine. Sie waren vollkommen glatt und boten nicht die geringste Vertiefung oder Ausbeulung, wie es sonst bei behauenem Stein der Fall war. Langsam schritt er die Mauer hinab, bis er an einen Torbogen kam der ihm einen Weg in die Stadt bot, allerdings stand zwischen ihm noch mal so ein rundes, blaues flirrendes Ding. Schon wieder so ein Durchgang. Es kostete Ekwin einiges an Überwindung, bevor er einen Fuß hob und hinein trat. ## „Hier ist wieder MBN mit einem Sonderbericht. In den Pyrenäen zwischen Spanien und Frankreich ist eine neue Tierrasse entdeckt worden.“ Zu der Reporterin wurde ein alter Mann mit langem Bart und einem großen Stab ins Bild geschoben. „Dieser Schafhirte wurde heute Morgen Zeuge davon, das nach der Nacht auf seiner Alm neben seinen Schafen eine völlig andere Rasse graste, deren Herkunft bisher vollkommen ungeklärt ist.“ Der Schäfer nickte, obwohl man sich sicher sein konnte, das er wohl kein einziges Wort von dem verstand, was die seltsame Frau da von sich gab. „Zurzeit versuchen Biologen und Zoologen herauszufinden, woher diese Schafe kommen und warum man sie bisher noch nirgendwo zuvor angetroffen hat.“ Hinter der Reporterin rannte plötzlich ein Mann vorbei, in der Hand noch einen Fotoapparat und gefolgt von einem Wesen das aussah wie ein Stier mit jeder Menge Wolle auf dem Körper und ziemlich spitzen Hörnern auf dem gesenkten Kopf. ## Kapitel 8: ----------- Diesmal war es das Gefühl Kopfüber in einem gigantischen Ameisenhügel gebadet zu haben, bevor sich Ekwin im Inneren der Stadt wieder fand. Er stand auf einer großen Straße aus Pflastersteinen. Der Boden war in einem großen Mosaik gestaltet worden, welcher sich, oh du Wunder, recht schnell wiederholte. Wenigstens die Häuser unterschieden sich, auch wenn sie allesamt in Fachwerkbauweise gehalten wurden und meistens nicht mehr als ein zusätzliches Stockwerk aufwies. Schon direkt am Eingang der Stadt standen eine Kafra und eine Stadtwache parat. Auf einem Schild, nahe dem Weg war der Name der Stadt eingeritzt. Prontera. Er hatte es doch tatsächlich in die Hauptstadt geschafft. Hoffnung keimte in ihm auf. Vielleicht fand er hier endlich jemand, der ihm sagen konnte, was hier los war. Eventuell konnte ihm ja auch schon die Kafra hier helfen. „Hallo?“ – „Willkommen bei der Kafra-Organisation. Der Kafra-Service ist immer für dich da. Was kann ich für dich tun? Speichern; Lager benutzen; Teleport-Service nutzen; Cart mieten; Andere Informationen prüfen?“ – „Ich suche jemanden.“ – „Willkommen bei der Kafra Organisation…“ – „Ähm. Tschuldigung, ich habe gefragt wie ich jemanden finden kann.“ – „Willkommen bei …“ – ‚Oh mann.’ Was war denn mit der los? Ihre Stimme war total monoton und leblos. Ekwin machte einen Schritt zurück, was sie dazu veranlasste zu schweigen. Misstrauisch schaute er die Kafra an, die eine Verbeugung nach der nächsten ausführte. Als sie sich mal wieder aufrichtete gelang es ihm einen Blick in ihre Augen zu erhaschen. Die Pupillen waren total starr. Sie schien ihn überhaupt nicht wahr zu nehmen. Schauderlich und der Gesichtsausdruck der Stadtwache war genauso leer, weshalb Ekwin darauf verzichtete sie anzusprechen. Vor diesem Ausgang aus der Stadt war außer den Beiden keine Menschenseele, weshalb er beschloss weiter in die Stadt hinein zu gehen. Allerdings merkte Ekwin schon recht schnell, das es ziemlich ruhig auf den Straßen war. Kurz hinter dem inneren Stadtwall traf er zwar erneut auf jemanden, der Waren für Haustiere verkaufte, doch sein Blick war auch tot. Ebenso war es bei denen, die am Brunnen standen. Eine erneute Gänsehaut überzog Ekwins Rücken. Das ganze war ihm unheimlich. Als er nach Süden schritt traf er auf den ersten Abenteurer. Es war ein Merchant und er hatte einen Shop aufgemacht. „Hi“, grüßte er ihn, doch der Merchant blieb stumm. „Kannst du mir helfen?“ Immer noch keine Antwort. Die Augen des Merchants waren zwar nicht so Tod, wie die der Anderen, doch sein Blick war abwesend. Bis Ekwin das Südtor erreichte kreuzten seinen Weg noch ein paar andere Abenteurer und Warenfeilbieter. Doch die meisten hatten einen abwesenden Gesichtsausdruck, während sie entweder saßen oder durch die Gegend liefen. War dies vielleicht genau das, was Chino als ‚gesteuert werden’ bezeichnet hatte? „Hi, ger?“ – „Was?“ – „Zeny, plz.“ Die Stimme des Novizen der Ekwin aus entrückten Augen anblickte war monoton. „Nein, tut mir leid.“ Der Novize zog ab ohne auch nur ein weiteres Wort zu verlieren. Seine Gänsehaut verstärkte sich. Eine Stadt voller laufender Zombies. Nichts wie raus hier. Da war diesmal die Aussicht wieder durch so ein Portal zu müssen, gar nicht mehr so schlimm. ## Nach einiger Sucherei, und fast schon kurz vorm Aufgeben, war Sam endlich fündig geworden. Das Fernsehzimmer lag in einem sehr, sehr abgelegenen Teil des Institutes. Die Tür war zudem noch abgeschlossen gewesen. Mehr durch Zufall sah Sam hinauf zu dem oberen Teil des Türrahmens. Dort lugte ein kleiner Teil des Schlüssels hervor. Der Raum hinter der Tür machte den Eindruck, als wäre er schon längere Zeit nicht mehr benutzt worden, obwohl man auch hier nirgendwo ein Staubkorn finden konnte. Dafür waren die Möbel scheinbar von Großmuttern. Die zwei Sofas und der Sessel waren mit altem braunem Stoff überzogen, wo man auch schon Stellen abhoben, wo die meiste Zeit, wenn überhaupt, Leute saßen. Der kleine Fernsehtisch wackelte, wenn man den zerknickten Bierdeckel unter einem Bein hervorzog, und der Schrank, in dem der Fernseher stand, sah aus, als käme er von Ikea. Ansonsten hatte der Raum noch ein Fenster und 3 absurde Bilder, die man wahrlich nicht als Kunst bezeichnen konnte, eher einen ‚Anfall von Wahnsinn auf Leinwand’. Der Fernseher hatte auch schon mal bessere Tage gesehen, und zirpte laut, als Sam ihn einschaltete. Wenigstens verging das Geräusch aber schnell wieder. Die Programmauswahl war stark begrenzt. Man konnte sehen, das dieser Raum mehr auf Zweckmäßigkeit ausgelegt war. Solange die Sachen hier drin funktionierten, sah keiner vom Institut die Notwendigkeit Geld in neue Teile zu investieren. Im Schrank unter dem Fernseher lag noch eine Decke, die Sam erst einmal aus dem Fenster heraus ausschüttelte, ehe er sie einer weiteren Begutachtung unterzog und sich mit ihr dann auf eins der Sofas nieder ließ. Jetzt bemerkte er, das er sich auf dem Weg vielleicht etwas Knabberzeug hätte besorgen sollen, doch jetzt war es zu spät, und der Weg bis in sein Zimmer und die Kantine einfach zu weit. So versuchte sich Sam auf das Fernsehprogramm zu konzentrieren. Die Wärme der Decke und das stupide Fernsehprogramm aus der Flimmerkiste lullten Sam nach und nach ein, und er merkte gar nicht, wie er ins Reich der Träume wechselte. ## Kaum, das er die Stadt verlassen hatte, atmete Ekwin erleichtert auf. Endlich war er diesem seltsamen Ort entkommen. Für die anderen schien dies jedoch das normalste der Welt zu sein. Lief er etwa auch so merkwürdig durch die Gegend, wenn er geführt wurde? Ekwin schauderte. Aber was sollte er jetzt tun? In der Stadt hatte er nirgendwo einen Hinweis auf Chino finden können, und diese Welt war viel zu groß, um sie auf der Suche nach einer einzelnen Person alleine zu durchstreifen. Er seufzte. Vor der Stadt war keine Menschenseele zu sehen. Niemand sonst, der ihm vielleicht helfen konnte, aber man sollte sich ja nichts vormachen. Wahrscheinlich waren auch die Leute außerhalb der Stadt so zombiefiziert. Erschöpft und entmutigt ließ sich Ekwin ins Gras sinken und zog die Knie an. Das ganze entwickelte sich zu einem großen Albtraum und er konnte diesem nicht entkommen. Schließlich ließ er sich rücklings ins Gras sinken und schloss die Augen. Er musste nachdenken. ## Kapitel 9: ----------- Es war finster, schon wieder. Ekwin stand irgendwo, doch als er versuchte einen Schritt zu machen musste er feststellen, das er sich nicht bewegen konnte. Seine Arme waren ebenfalls taub. Er konnte nur geradeaus sehen, den Kopf nicht drehen. Wenigstens die Augen waren frei beweglich. Ein Licht über ihm flammte auf, aber es war nicht das einzige. Ihm gegenüber stand eine weitere Person in einem anderen Lichtkegel. Sie hatte dunkle, mittellange Haare, eine fremde Kleidung und schien nicht minder überrascht zu sein, sich an diesem Ort wieder zu finden. „Wer bist du?“ wollte Ekwin fragen, doch kein Ton verließ seine Lippen. Die andere Person schien auch etwas zu sagen, doch er hörte es nicht. ## „Resurrection!!“ Ihm wurde heiß und kalt zugleich und holte ihn unsanft aus seinem Schlaf. Ekwin verzichtete darauf, die Augen zu öffnen, sondern er verließ sich auf sein Gehör. Er musste wohl eingeschlafen sein, denn jetzt waren da zwei Stimmen, die garantiert eben noch nicht anwesend gewesen waren. „Tut mir leid, aber es scheint fast so, das er eine Undead-Rüstung trägt.“ Die monotone Stimme war weiblich. „Schade. Trotzdem danke für deine Hilfe. Vielleicht denkt er dran das er seine Rüstung mal kurz auszieht.“ Moment mal, diese Stimme kannte er doch. Das war die von Chino. Ekwin öffnete die Augen und drehte den Kopf in die Richtung der Sprecher. Da stand tatsächlich Chino, zusammen mit einer blondhaarigen Priestess. Allerdings hatte die Priesterin diesen seltsamen entrückten Ausdruck im Gesicht und Ekwin hatte im ersten Moment Angst, das Chino genauso dreinschauen würde. Doch er erlebte eine Überraschung. „Chino, du…“ Der Knight riss den Zeigefinger zum Mund, und gebot Ekwin so zu schweigen. Er gehorchte. „Ah, dein Freund ist also wieder da.“ – „Ja, ich denke er war einfach AFK.“ Was faselte Chino da? Doch er war erleichtert, das die Stimme seines Freundes nicht so monoton-neutral war, wie die der anderen. „Na dann wollen wir mal. Er kann von Glück sagen, das ich noch zwei BGs habe. Resurrection!!“ Wieder war da dieses merkwürdige Gefühl, und der Knight fuchtelte mit einer Hand herum, das er aufstehen sollte. „Bedank dich“, zischte er leise. „Danke“, brachte Ekwin hervor, auch wenn er nicht genau wusste, für was er sich da eigentlich bedanken sollte. „Gern geschehen.“ Die Priest verzog das Gesicht zu einem Lächeln, das total künstlich wirkte. „Du bist Ekwin, oder?“ Der Angesprochene nickte und Chino meinte hastig. „Ja, das ist er.“ – „Freut mich deine Bekanntschaft zu machen. Chino hat mir schon viel von dir erzählt.“ Während sie auf einmal in einen monotonen Redfluss losbrach, trat Chino an ihn heran und schob ihm einen Zettel zu. ‚Ich hab keinen Plan, was hier abgeht, aber tu so, als ob du gelenkt würdest. Ich erkläre dir später alles was ich in Erfahrung bringen konnte. Vor allem: Sprich nicht unbedacht.’ - „Habt ihr beiden eigentlich die Foren verfolgt?“ – „Nein,“ wieder antwortete Chino. „Oh, das solltet ihr aber. Im Moment geht da ziemlich die Post ab. Offenbar haben die von der Firma massive Probleme das Spiel wieder frei zu machen. Es kommt fast keiner rein. Das ist vielleicht ein Geflame da. Wir können uns wohl echt freuen, das wir es drauf geschafft haben.“ Ekwin verstand nur Bahnhof. „Jedenfalls werde ich die Zeit nutzen um mal in Ruhe zu lvln, ohne das mir dauernd die Monster von irgendwelchen Mobbern weggenommen werden. Wie sieht es bei euch aus?“ – „Nein danke. Wir bleiben hier. Ich brauche immer noch eine neue Waffe und Ekwin hat mir versprochen bei der Suche zu helfen. Nicht wahr Ekwin?“ – „J…ja“, stammelte dieser. „Schade. Na ja, ich verschwinde dann mal nach Ama. Macht’s gut.“ Die Priestess öffnete ihr Portal direkt hinter Ekwin, und als sie darauf zuschritt stieß sie ihn aus Versehen an der Schulter an, dann war sie verschwunden. ## „Och nee, ein DC. Das ist nicht fair, und jetzt komme ich nicht mehr drauf. Was für ein Müll.“ ## Mit einem dumpfen Aufprall endete Sams Traum ziemlich hart und abrupt. Er war vom Sofa gefallen, und zu dem dumpfen Schmerz mischte sich jetzt auch noch Übelkeit. Dass das Fernsehprogramm schlecht war, war ja altbekannt, aber so schlecht, das man schon davon einschlief… Sam rappelte sich hoch. In der Glotze lief grade ein Talkshow in der es wohl um Uneheliche Kinder ging. Er angelte nach der Fernbedienung und schaltete die Flimmerkiste ab. Erst jetzt fiel sein Blick auf seine Armbanduhr. Er stöhnte. Kein Wunder, das ihm schlecht war. Es war weit nach 4 Uhr am Nachmittag und das Brötchen war bisher sein einziges Essen gewesen. Aber das er überhaupt so lange geschlafen hatte. Vielleicht stimmte die Diagnose des Arztes doch, und er musste sich irgendwo ein Virus zugezogen haben. Besser er besorgte sich noch etwas zu beißen, und danach E-Mails … Ach ging ja gar nicht. Der Arzt hatte ihm ja jeglichen Umgang mit dem PC verboten. Soviel also zu den E-Mails. Sam seufzte, packte die Decke wieder zusammen und begab sich zur Kantine mit einem bohrenden Loch an der Stelle, wo sich sonst sein Magen befand. ## Lisa erwachte. Seltsam, sie lag auf dem Boden und starrte in einen total bewölkten Himmel. Ächzend richtete sie sich auf, und ihr blieb zum ersten Mal die Luft weg. Wo war sie? Das war nicht Amatsu, aber auch nicht Prontera. Eigentlich war das keine Stadt, die sie kannte. Lauter fremde Geräusche drangen an ihre Ohren und irgendwelche Vögel flogen knapp über sie hinweg, so das sie vor Überraschung auch im Sitzen den Kopf einzog. Erst als sie sicher war, das diese Tiefflieger fort waren, rappelte sie sich auf. Seltsam, sie stand nicht mehr unter der Fuchtel ihres Lenkers. Aber was hatte das zu bedeuten? Der Weg bestand aus Kopfsteinpflaster, welches aber in 6ecke geschnitten und verlegt war. Links und rechts erhoben sich gemauerte Wände, die nach etwa 2 Metern von Glassfassaden abgelöst wurden, die weiter in den Himmel strebten. Solche Konstruktionen hatte sie noch nie zuvor gesehen. Eine neue Stadt vielleicht? Der Weg ging nur in zwei Richtungen und Lisa beschloss erst einmal dorthin zu gehen, wo diese seltsamen Geräusche herkamen. Kaum das der Weg auf einen anderen endete, blieb Lisa wie angewurzelt stehen. Neben dem gepflasterten Weg gab es einen zweiten, viel größeren, der jedoch aus einer glatten schwarzen Oberfläche bestand, über die seltsame Gefährte brausten, die laut waren und stanken wie die Pest. Hustend rettete Lisa sich zurück in die Gasse, aus der sie gekommen war. Das roch ja schlimmer als ganz Einbroch zusammen, vom Krach mal ganz abgesehen. Auf dem Weg eben waren ihr fremde Menschen entgegengekommen. Sie hatten sie so merkwürdig gemustert. Im Gegenzug hatte Lisa nicht erkennen können, welchen Berufen diese Leute nachgingen, denn sie trugen nicht die üblichen Gilden-Kleidungen oder Symbole. Wo auch immer sie hier gelandet war, sie musste herausfinden wo sie sich befand und wie sich nach Prontera zurückkehren konnte. Blöderweise hatte sie alle Blue Gemstones aufgebraucht, somit war ihr der Weg über einen Warp versperrt, und hier war es einfach zu laut um einen klaren Gedanken zu fassen. Lisa hatte schon seit ihrem Erwachen mit Kopfschmerzen zu kämpfen und im Moment fühlte sie sich außerstande die nötige Konzentration für einen Teleport zusammen zu bringen. Sie musste wohl oder übel einen ruhigeren Ort aufsuchen. So stolperte Lisa los, diesmal jedoch in die andere Richtung. Der Weg endete auf einem kleinen Platz, wo sich 4 weitere Wege trafen. Ein kleines Cafe hatte seine Tische aufgestellt und ein Brunnen plätscherte in der Mitte. Lisa sah sich suchend um, wohin sie sich am besten wenden sollte. Um die Blicke der Leute scherte sie sich schon gar nicht mehr. Da fiel ihr Blick auf ein Symbol, welches ihr nur zu gut vertraut war. So war ihr Weg entschieden und Lisa stürzte auf den Weg zu, der zum Ort ihres Begehrens führte, denn am Ende des Weges gab es eine Kirche. Ein Ort der Ruhe, und ein Ort, wo sie sich sammeln konnte. Wenn sie schon nirgendwo eine Kafra auftreiben konnte, war die Kirche vielleicht der einzige Ort wo sie die nötige Erholung und Muse fand um sich zurück zu teleportieren. Ihre Schritte wurden schneller und schneller. Die Kirche schien sie förmlich zu rufen und in der Eile übersah sie eine weitere große Straße, die den Weg zur Kirche durchtrennte. Da gab es ein merkwürdiges Gestell welches ein leuchtendes rotes Männchen zeigte. Doch Lisa wusste es nicht zu deuten. Sie rannte auf den schwarzen Boden und dann hörte sie die fremden Stimmen. Sie schrieen etwas und veranlassten Lisa stehen zu blieben. Wollten die Leute etwa etwas von ihr? Sie drehte ihren Kopf um zu schauen, wer da rief, doch schon auf halber Strecke erstarrte er. Etwas riesiges, kastenförmiges, verdammt Lautes kam direkt auf sie zugeschossen in einem enormen Tempo. ## „R.E.X. meldet Datenverluste.“ – „Na toll… der Tag wird immer besser. Erinnere mich daran, das ich nächstes mal lieber gleich im Bett bleibe. Grade kam eine Mail vom Chef rein, er will wissen, was los ist.“ – „Wenn das so weitergeht können wir gleich alles neu aufsetzen…“ – „Erst mal können vor lachen, oder kommst du noch in die unteren Routinen rein?“ – „Nope.“ ## Kapitel 10: ------------ "Mikrowellenfutter" so nannte der Zivi dass, was er Sam über die Theke reichte. Es war das Essen vom Mittag, allerdings war bei weitem nicht alles davon Mikrowellentauglich gewesen, was den Zivi aber nicht wirklich davon abgehalten hatte, es trotzdem hinein zu packen. So waren die Pommes mehr labbrig als cross, das Schnitzel gummiartig und mit einer Zitronenscheibe garniert, die noch im Kühlschrank gelegen hatte. Obwohl Sam ein wenig Bedenken über das Alter der Zitrone verspürte, verteilte er den Inhalt großflächig über das Fleisch und seine Hand. Das Gemüse schmeckte wie aus der Dose, so das Sam es fast vollständig verschmähte. Etwa eine halbe Stunde später verließ er die Kantine wieder. Nun ging es ihm bedeutend besser. Da Sam nicht wieder vor der Glotze enden wollte, beschloss er sich diesmal für einen ausgedehnten Spaziergang über das Institutsgelände. Es war nicht nur dazu da, die Zeit tot zu schlagen, sondern auch um einmal nachdenken zu können. Nachdenken über diesen merkwürdigen Traum. Schon der zweite dieser Art, aber er war auch irgendwie anders gewesen. Dieser schwarze Raum und die Person, die seinem Charakter glich, welchen er auch in dem Game spielte. Sein Spaziergang führte Sam am Zaun entlang, der das Gelände von allen Seiten umschloss. Außer viel Wiese und einem Wald, der eine künstliche Barriere bildete, war kaum etwas anderes zu sehen. Das Institut lag abgeschieden. So war Sam auch überrascht, als er Stimmen hörte. Da kam ein altes Ehepaar mit aus dem Wald herausgestöckelt. Sie sahen Sam, und hoben ihre Stöcke zum Gruß, bevor sie wieder im Wald verschwanden. ## "Sir, wir hatten 3 Signale." - "Bericht." - "Spanien, Luxmebourg und Deutschland." - "Eine abhörsicher Verbindung nach Patch Barracks, Stuttgart." - "Ja, Sir." Die Person salutierte und verließ den Raum. "Endlich. Du willst also mit mir spielen? Na warte Bürschchen, ich kriege Dich." ## "Hier ist wieder MBN. Diesmal mit einem Sonderbericht aus Luxembourg-Stadt, wo vor etwa einer Stunde 20 Leute Zeugen eines bisher unerklärlichen Phänomens wurden. Im Moment laufen die Befragungen." Die Kamera zeigte eine junge, braunhaarige Frau, die immer noch blass um die Nase herum war. "und ... und.. dann lief sie genau vor den Laster," stammelte sie. "Ich konnte nicht weiter hinsehen, als ich wieder aufblickte, war sie verschwunden." Ein alter Mann mit Halbglatze und Spitzbart wurde eingeblendet: "Puff hat's gemacht." Er riss seine Hände in die Höhe, um seinen Worte mehr Geltung zu verschaffen, wobei der Stock in der Rechten einen großen Bogen machte und andere Schaulustige hastig ihre Köpfe einzogen um nicht Bekanntschaft mit dem Holz zu schließen. "Puff, als der Laster sie berührte un dann warse wech." "Sie ist einfach verschwunden, wie ein Geist," eine ältere Frau, die nach dem äußeren Erscheinungsbild Angestellte einer Bank oder einer Boutique war, war die Nächste, die ihren Kommentar abgab, bevor sie ihre Lippen fest zusammenpresste, so als wäre es ihr erst jetzt bewusst geworden, das es vielleicht nicht sonderlich förderlich für ihre Karriere wäre, wenn sie so etwas in den Medien verbreitete. Wieder gab es einen Personenwechsel, diesmal wurde jedoch ein Name eingeblendet. 'Klaus Kowachik, LKW-Fahrer'. Der Mann, so ende 40, schob seine Kappe zurecht. "Plötzlich rannte die auf die Straße, ich natürlich voll in die Eisen und Hupe bis zum Anschlag, doch was macht die, die bleibt einfach stehen und schaut mich ganz fassungslos an. Jedenfalls rutschte ich immer weiter auf sie zu, wegen dem Verkehr konnt ich gar nicht ausweichen, und ich denke noch 'Mensch Karl, 30 Jahre Unfallfrei und jetzt so was. Wie erkläre ich das der Versicherung?' da verschwindet die einfach. In dem Moment wo mein Laster sie auf die Hörner nimmt, aber da war kein Aufprall, gar nix. Die Gendarmen wollten mir zuerst nicht glauben, musste sogar nen Alki-test machen, aber ich schwöre beim Grab meiner Großmutter, während der Fahrt keinen Tropfen Alkohol." ## Zusammen mit Chino hatte sich Ekwin an einen ruhigen Ort verzogen. Es war eine kleine Insel, nahe der Stadtmauern der Hauptstadt, von der man einen weiten Ausblick auf die Buchten des Westlichen Meeres hatte. In einiger Entfernung linsten sogar noch Teile von Izlude durch den Dunst, der sich hier gerne bildete und dann die Sichtweite einschränkte. Doch sie waren im Moment nicht in der Stimmung, um die Aussicht zu genießen. Stattdessen saßen sie am äußersten Rand des Riffs und Chino erklärte Ekwin auf was er achten musste, wenn sie mit Leuten in Kontakt kamen, die von den Lenkern gesteuert wurden. Zudem erzählte er ihm, was passiert war, nachdem er das Portal durchschritten hatte. Chino war überrascht gewesen, als er nicht in seinem Warteraum raus gekommen war, sondern sich plötzlich zwischen einer Horde Meerjungfrauen wieder fand, die scheinbar schon lange keine männliche Person zu Gesicht bekommen hatten. Erst nach seiner, ziemlich unorganisierten, Flucht war ihm aufgefallen, das sein Lenker überhaupt nicht präsent zu sein schien, was wiederum die Frage aufwarf, warum er sich hier befand. Jetzt, wo er auch noch festgestellt hatte, dass nicht nur er allein von diesem Phänomen betroffen war, gab es ihm noch mehr zu denken. Aber er hatte recht schnell bemerkt, das die Gelenkten aufmerksam auf ihn wurden, wenn er sich normal verhielt, und nicht wie einer von ihnen. Aber nun zahlte sich aus, das er aufgepasst hatte, wenn er von seinem Lenker geführt wurde. "Also wunder dich nicht, wenn die dich etwas merkwürdig anreden," fasste Chino grade zusammen: "Die Lenker haben einen ganz eigenen Sprach- und Wortschatz. Es ist wichtig, dass du dich mit ihrer Sprache vertraut machst, damit wir nicht in irgendwelche unnötigen Schwierigkeiten geraten. Es ist für sie völlig normal Abkürzungen wie zum Beispiel: akf, g, oder ger benutzen, um nur drei von ewig vielen Beispielen zu nennen. Wobei mir so Sätze wie 'heal plz', 'hi, ger?' nicht sonderlich gefallen, aber leider weit verbreitet sind." ## „Hast du schon unseren Kontaktmann in Korea angeschrieben?“ – „Jep, aber der ist grade in einem Meeting und wir sollen abwarten und alles unverändert lassen, bis er damit fertig ist, und sich bei uns meldet.“ – „Na toll, und wie erklären wir das jetzt bitte den Usern? Die fressen uns doch zum Frühstück. Jetzt schon fordern Sie Double-Exp und Gutschriften für die ‚Ihnen entgangenen Spielfreuden’ … Was soll ich denn da grade sagen.“ – „Mach dir darüber doch keinen Kopf. Das sind Entscheidungen die der Chef treffen muss, schließlich ist er ja auch der Chef. Wir kümmern uns um den technischen Aspekt, und wenn Korea sagt, wir sollen die Finger von den Programmen lassen, dann lassen wir auch die Finger davon.“ – „Jetzt weiß ich wieder, warum ich Rechenzentren so hasse.“ – „In wiefern?“ – „Daheim würde ich jetzt einfach den Stecker ziehen …“ – „Untersteh dich, auch nur daran zu denken. Jetzt hat Korea Entscheidungsgewalt. Wir tun dass, was die uns sagen.“ – „Und wer sagt das jetzt dem Chef?“ – „Schnick, schnack, schnuck?“ ## Kapitel 11: ------------ Zurück im Institut hatte sich Sam wieder auf sein Zimmer begeben, lag nun auf seinem Bett und starrte die Decke an. Ihm war langweilig und unwillkürlich wanderte sein Blick zum Schreibtisch. Wie langweilig musste einem sein, das man freiwillig für die Schule arbeiten würde? Sehr langweilig. Er seufzte, erhob sich und ging hinüber um sich auf dem Stuhl niederzulassen. Doch schon die ersten Aufgaben in Mathe ließen ihn bereuen, diesen Schritt gewagt zu haben. Da fiel ihm ein, das er seinen letzten Traum ja noch gar nicht in das Buch hineingeschrieben hatte, immerhin erfüllte es die nötigen Anforderungen. Irgendwie war es ja schon seltsam. Vielleicht brachte aber die Niederschrift etwas, denn zweimal das gleiche, oder zumindest etwas so ähnliches zu träumen kam relativ selten vor. Es jetzt aufzuschreiben war jedenfalls verlockender als sich mit dem Schulzeug abzuplagen, und so angelte er das Büchlein hervor, schlug eine Seite auf, und begann die Träumerei niederzuschreiben. Es dauerte etwas, bis Sam das Buch wieder unter der Matratze verstaute. Obwohl er sich den Text mehrere Male durchgelesen hatte, fiel ihm nicht wirklich ein Zusammenhang zwischen den Träumen auf, einmal davon abgesehen, das es sich bei beiden um das Spiel gedreht hatte, was er testete. Verdammt, was war auf einmal mit ihm los. Dieses ganze Verhalten sah ihm doch sonst überhaupt nicht ähnlich. Zum ersten Mal spielte Sam nun mit dem Gedanken, das Projekt abzubrechen. Er seufzte, lehnte sich auf dem Stuhl zurück und schloss die Augen. ## „Nächstes Mal gehst du zum Chef.“ – „War es so schlimm?“ – „Wie? Das fragst du noch? Ich dachte sein Geschrei hätte man bis hier unten hören müssen. Er war nicht sonderlich begeistert als er erfahren hat, das wieder einmal Korea ran muss. Ich war froh, als ich mich unter dem Vorwand schnell wieder aus seinem Büro verabschieden konnte, dass wir noch am Server arbeiten müssen. Da oben hatten alle Wände Ohren. Ich kam mir vor wie beim Spießrutenlauf. Wusste gar nicht, dass so viele Leute hier arbeiten, so ziemlich alle Bürotüren waren offen und wenigstens einer hat in den Flur geschaut, was los war.“ – „Au weia, aber es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht.“ Ein Stöhnen. „Eine Schlechte? Dann die bitte zuerst.“ – „Komischerweise können zwar immer mehr Leute connecten, aber wir und unser GM-Stab kommen immer noch nicht drauf.“ – „Dann hoffen wir mal, das die User nicht merken, dass es keinen Support gibt im Moment. Was ist die Gute?“ – „Korea hat sich endlich gemeldet. Sie sind grade dabei mit ihren Rechnern zu uns eine Verbindung einzurichten. Sie müssten sich eigentlich jeden Moment wieder melden.“ – „Ich hoffe …“ Wieder schlugen die Sirenen an. „Och, nö…“ ## „Colonel.“ – „Ja, Sir?“ – „Veranlassen Sie, das meine Maschine startklar gemacht wird, und sagen Sie Parker Bescheid. Er soll das nötigste von seinem Krempel einpacken. In zwei Stunden fliegen wir.“ – „Welches Ziel sollen wir dem Tower mitteilen?“ – „Nach Deutschland, Spangdahlem. Veranlassen Sie alles Nötige und vor allem, achten Sie darauf, das Parker nicht wieder sein halbes Labor mitschleppt. 3 Leute aus seinem Stab können ihn begleiten. NUR 3! Verstanden?“ – „Ja, Sir. Die Einschränkung wird ihm aber nicht sehr gefallen, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf Sir.“ – „Richten Sie ihm in diesem Fall aus, das er lieber darüber nachdenken soll, wegen wem wir nun in diesem ganzen Schlamassel stecken.“ - „Ja Sir.“ ## Wenn er in Physik aufgepasst hätte, wüsste er, das alles einen Schwerpunkt hat, den man nur begrenzt verlagern konnte. Doch Sam machte den Fehler auf seinem Stuhl sich zu weit zurück zulehnen und so passierte das Unvermeidliche. Die zwei hinteren Rollen, auf denen der Stuhl jetzt mit vollem Gewicht lastete, konnten ihn nicht mehr halten und rutschten nach vorne weg, wodurch der Rest sich nach hinten verabschiedete. Sam versuchte noch, sich nach vorne zu werfen, um dem drohenden Fall zu entgehen, doch vergeblich. Er stürzte mit dem Stuhl nach hinten, und nun rächte sich die Größe seines Zimmers. Er knallte mit dem Hinterkopf gegen den Bettrahmen und sah Sternchen. ## „Oh Mann, ist das kompliziert.“ Ekwin griff sich an den Kopf. Ihm brummte der Schädel und irgendwo zwischen den Schmerzen schwirrten die merkwürdigsten Abkürzungen durch sein Hirn. Warum mussten die Lenker nur so viele fremde Begriffe benutzen. Konnten die nicht einfach ganz normal sprechen, wie jeder normale Mensch? Dieses ganze Kürzelkauderwelsch machte einen doch total irre. „Entschuldige Chino, aber ich verstehe langsam nur noch Bahnhof und Abfahrt. Mir schwirrt schon der Kopf.“ Der Knight hörte auf zu reden, und knuffte ihn dafür freundschaftlich in die Seite. „Mach dir nichts draus. Mir ging es am Anfang genauso, beziehungsweise meinem Lenker. Du willst nicht wissen, was der sich ab und an für Spitzen deswegen geleistet hat, wenn ihm auf die Schnelle nicht das richtige Kürzel eingefallen ist, oder er ein anderes brachte im Glauben, es wäre das richtige.“ Der Gedanke schien zu reichen, dass sich auf Chinos Gesicht ein breites Grinsen zeigt. „Aber du hast schon recht. Ich könnte dir noch viel mehr erzählen, aber praktische Erfahrungen können dir sicherlich schneller helfen, dich daran zu gewöhnen. Lass uns nach Prontera zurückkehren.“ Chino erhob sich, und streckte sich ausgiebig. „Ah, das tut gut. Diese lange Sitzerei ist echt nichts für mich.“ Unterdessen versuchte Ekwin sich unauffällig die Stelle zu massieren, damit es keinen blauen Fleck gab. Seine leichte Rüstung bot ihm nicht sonderlich viel Schutz vor Metallhandschuhen. Nur langsam folgte er Chinos Beispiel und sie wanden sich hin zu der Stadtmauer. Doch je näher sie der Stadt kamen, desto langsamer wurden Ekwins Schritte. Sein Freund bemerkt es, und wurde ebenfalls langsamer. „Komm schon. Ich kann es dir schon im Gesicht ablesen, das du dich nicht danach sehnst, mit den ‚Gelenkten’ in Kontakt zu treten, aber auf Dauer wird es sich nicht vermeiden lassen.“ Er griff nach Ekwins Arm und zog ihn mit sich. Nur widerwillig ließ sich dieser mitziehen und sträubte sich noch einmal kurz, als sie vor dem Eingang der Stadt standen, und er das Portal sah. Doch Chino kannte kein Erbarmen. Da war es wieder, das Gefühl des Ameisenhaufens und etwas anderes. Doch es verschwand genauso schnell wieder wie die Ameisen. Die Stadt war schon merklich belebter nun. „Ah, sie haben ihre Probleme wohl jetzt langsam im Griff. Schade, da wird Lisa aber nicht sehr glücklich sein. Wann hat man denn schon das Glück einen Dungeon fast für sich allein zu haben.“ Als Ekwin diesen Namen hörte, sah er vor seinem geistigen Auge wieder die Priesterin, doch ihr Bild verschwamm und ihm wurde schwindelig. Er schüttelte kurz den Kopf und war froh, als er merkte, das der Schwindel verschwand. Wenigstens schien Chino den Moment der Schwäche zum Glück nicht bemerkt zu haben. Ekwin hielt es auch für besser seinen Freund lieber nicht weiter zu beunruhigen, war der Anfall doch wieder vorbei und ihn deshalb im Unklaren zu lassen. So versuchte er lieber sich auf das zu konzentrieren, was vor ihnen lag, und im Moment waren das eine ganze Menge Abenteurer mit versteinerten Gesichtern und entrückten Blicken. Einige der Händler hatten so seltsame beschriftete Balken über den Köpfen schweben, und als ob Chino es bemerkt hätte, schob er dieser ihm einen weiteren Zettel zu. ‚Das sind Shops, doch ohne einen Lenker, können wir nicht sehen, was die da drin anbieten. Habe es schon versucht. Du kannst sie höchstens fragen, was sie verkaufen und hoffen, das die Lenker des Händlers grade da sind, und dir deine Frage beantworten. Aber am besten lässt du es. Wir besorgen unsere Sache bei dem Händler-NPC, da sind sie zwar teurer, aber wir können es kaufen.’ Ekwin seufzte, zerknüllte den Zettel und ließ ihn in einer seiner vielen kleinen Taschen an der Rüstung verschwinden. Das ganze war so kompliziert. Wieder etwas, was er nicht so recht verstand. Eine Gruppe kam auf sie zu, und machten keinerlei Anstalten auszuweichen, und so stießen ein Magier und ein Crusader mit ihnen zusammen bevor sie kommentarlos weitereilten. „Noch nie was von Ausweichen oder Entschuldigen gehört?“ rief Ekwin ihnen hinterher. „Ach komm, lass gut sein. Es wird dir im Moment eh nichts bringen, das du dich über so etwas aufregst. Viel mehr sollten wir mal den Grund finden warum wir immer noch ohne unsere L… oh FC.“ Chino presste mit einem Mal die Lippen fest zusammen und zog Ekwin hastig in eine Seitengasse. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass sie alleine waren, lehnte er sich gegen eine Wand, und fuhr fort. „… warum wir immer noch ohne unsere Lenker durch die Gegend laufen. Mist, jetzt wäre mir das fast in aller Öffentlichkeit rausgerutscht, wo es jeder lesen kann.“ – „Aber, wie willst du das machen, und wo anfangen?“ Ekwin verstand es nicht, warum sein Freund so erpicht darauf war, herauszufinden warum sie nicht gelenkt wurden. Genoss er es überhaupt nicht frei herumzulaufen und nach seinem eigenen Willen agieren zu können? „Komm mit, ich kenne einen Ort, wo es möglich sein könnte, das wir etwas herausfinden.“ Chino zog ihn weiter in die Gasse hinein, bis er an ein Gräberfeld kam. Er lief zwischen den Kreuzen hindurch, bis er auf einen weiteren Weg stieß, der zu einem Haus, ganz am Rand der Mauer, führte. ## Kapitel 12: ------------ Mit einem Stöhnen richtete Sam sich auf. Sein Schädel brummte. Langsam fuhr er sich an den Hinterkopf, zog die Hand aber blitzschnell wieder zurück, als er etwas berührte, was ihm eine ordentliche Ladung Schmerzen verpasste, und ihn veranlasste das Gesicht zu verziehen. Er hatte jetzt schon ein beachtliches Hörnchen da sitzen. Wie groß würde die Beule wohl noch werden? Sam beschloss es erst gar nicht auf den Versuch ankommen zu lassen, rappelte sich auf, und verließ das Zimmer. Da er wenig erpicht darauf war, die Krankenstation aufzusuchen und dem Arzt da unter Umständen einen weiteren Vorwand zu liefern, ihn noch länger krank zu schreiben, schlug er den Weg zur Kantine ein. Auf dem Weg dahin kam er an einigen Fenstern vorbei und blieb wie angewurzelt stehen. Draußen war es dunkel. Wie lange war er wohl ausgeknockt gewesen? Er blickte sich suchend um. Typisch, wenn man mal eine Uhr brauchte, war nirgendwo eine zu sehen. Jedenfalls war es schon spät genug, das die Kantine geschlossen war, denn Sam rüttelte vergeblich an der Tür. Na großartig, da blieb ihm wohl doch nur der Gang zur Krankenstation, um etwas zur Kühlung aufzutreiben. Es sei denn… Sam kam eine Idee, warum sollte nicht Wasser aus dem Kranen den gleichen Effekt haben. Er hätte sich ohrfeigen können, warum war ihm das nicht schon früher eingefallen? Der nächste Wasserhahn befand sich in der Herrentoilette. Vielleicht nicht ganz der optimale Ort, aber die nächste Dusche lag eine ganze Weile entfernt. Da die Kantine bereits geschlossen hatte, sollte er eigentlich keine unliebsamen Überraschungen erleben, immerhin war ja auch schon am Tage wenig los und um diese Uhrzeit verirrte sich sicherlich keine Menschenseele mehr hierher. Doch grade als Sam den Wasserhahn aufdrehte, ging die Tür auf. Er stöhnte innerlich. Erst kam nie jemand, und dann im denkbar ungünstigsten Moment. „Sag mal, was machst du denn da?“ – „Nach was sieht es denn wohl aus?“ erwiderte Sam knapp, bevor er die Stimme einsortieren konnte. Er stellte das Wasser ab, zog den Kopf zurück, ignorierte dabei, dass ihm jetzt die klare Flüssigkeit in den Nacken und den Kragen lief, und drehte sich zur Tür um. Wie groß war eigentlich die Wahrscheinlichkeit, dass man auf seinen zugeteilten Forscher traf, wenn man die Größe des Instituts und die Uhrzeit berücksichtigte? „Was sollte das werden?“ hakte sein Aufpasser nach. Sam beschloss, das es keinen Grund gab, weshalb er ihm nicht die Wahrheit sagen sollte, schließlich konnte es ja nicht schlimmer als die Krankenstation kommen. Aber etwas verharmlosen war sicherlich nicht verkehrt. „Och, ich habe mich gestoßen, und wollte die Beule grade etwas unter fließendem Wasser kühlen, da die Kantine schon zu hatte und ich mir dort kein Eis besorgen konnte.“ Noch bevor Sam mehr sagen konnte, war der Forscher neben ihm und er musste sich gefallen, das dieser seinen Kopf abtastete, auch wenn dies alles andere als angenehm war. Als der Forscher die Beule berührte, sog er zwischen den Zähnen die Luft ein. „Junge, junge, ist ein ganz schön großes Ei. Du hast dich also nur gestoßen?“ Sam nickte. „Am Bettrahmen.“ Sein Aufpasser trat etwas zurück und verschränkte die Hände vor der Brust. „Am besten gehen wir zur Krankenstation, das diese sich das mal ansehen.“ Sam seufzte. „Wie? Willst du nicht?“ Sam schüttelte den Kopf. „Hm du musst das wissen, bist langsam alt genug. Allerdings wäre es mir wohler, du würdest dich untersuchen lassen. Mit Kopfverletzungen ist nicht zu spaßen.“ Sam nickte wieder und musste sich noch ein paar Fragen gefallen lassen, ob ihm schwindelig sei, oder er sich irgendwie unwohl fühlte? Er verneinte alles, und als sein Forscher mal kurz absetzte, meinte er stattdessen. „Warum sind Sie eigentlich hier? Soviel ich weiß schlafen Sie doch außerhalb des Campus.“ – „Das stimmt schon.“ Sein Aufpasser lächelte leicht. „Aber ursprünglich dachte ich, dass dir doch langsam aber sicher hier die Decke auf den Kopf fallen muss, jetzt wo man sich doch kaum hier ablenken kann. Da ich heute Abend frei hatte, dachte ich, ob wir nicht etwas unternehmen. In die Stadt gehen und einen Happen essen. Als ich Dich daraufhin nicht im Zimmer gefunden hab, dachte ich mir schon das es eigentlich nicht allzu viele Orte geben kann, wo man sich so hier die Zeit vertreiben kann. Dass der Zivi die Kantine aber so früh schließt, hat sogar mich überrascht.“ Hm, etwas essen gehen, das hörte sich in Sams Ohren verlockend an. Wie lange lag überhaupt sein letztes richtiges Essen zurück? Seinem Magen schien es jedenfalls zu lange zu sein, denn er meldete sich mit einem mal lautstark. Das Grinsen des Forschers wurde breiter, als er das hörte. „Ich sehe schon, einmal Drive-Inn oder so kann wirklich nicht schaden, ach und hör mich bitte auf zu siezen, ich heiße Bob.“ – „Äh…“ Sam war hin und her gerissen. Einerseits stand ihm nun wirklich der Sinn nach etwas Essbarem, allerdings war dieser Forscher doch noch ein Fremder, auch wenn er hier im Institut als so was wie sein Vormund agierte. Aber eigentlich war er langsam alt genug um eigene Entscheidungen zu treffen, zudem hatte er früher ja schon Karate gelernt, auch wenn er nur den blauen Gürtel besaß und den Sport nach einer Verletzung aufgeben musste. Das sollte wohl reichen. „OK, wann geht’s los?“ – „Wenn du möchtest sofort. Ich habe mein Auto draußen auf dem Parkplatz.“ ## „Hast du Helgos erreicht?“ – „Ja, aber der ist im Moment gar nicht daheim. Hörte sich eher an, als befände er sich irgendwo auf der Autobahn. Jedenfalls klang es so am Telefon durch, und er meinte auch, das er eigentlich auf dem Weg zu einem Termin wäre.“ – „Konnte er dir sagen, warum sein Account aktiv ist?“ – „Nein, er war selbst ganz überrascht, als ich ihn anrief. Scheinbar hielt er es sogar am Anfang für einen schlechten Scherz.“ – „Pff… ich wünschte, es wäre einer. Was ist jetzt mit ihm?“ – „Helgos hat gesagt, das er versucht so schnell wie möglich seinen Termin abzusagen und nach Hause zurück zu kehren. Nach seinen Angaben hat er sein Passwort erst vorgestern routinemäßig geändert.“ – „Sag ihm, wenn er sich wieder meldet, dass er sich beeilen soll. Hast du schon versucht seinen Account von hier aus zu killen?“ – „Ja, aber er entzieht sich unserer Kontrolle, genauso wie der verdammte ganze Rest.“ – „Na toll, das letzte, was wir jetzt noch brauchen können ist ein gehackter dMGM-Account.“ ## „Nun Sam, erzähl mal, wie fandest du die Zeit bisher an unserem Institut?“ Bob und Sam hatten sich, gegenüber sitzend, an einem Tisch in einem Schnellrestaurant niedergelassen. „Gansch gut,“ nuschelte Sam zwischen zwei Bissen in einen Hamburger. „Gibt es etwas besonderes, was dir außerhalb deiner ‚Arbeitszeit’ Spaß macht?“ – „Nun ja,“ Sam schluckte und legte den Burger ab. „Das Testen ist ja eigentlich ganz OK, aber sonst ist das Institut nicht wirklich das Gelbe vom Ei.“ Der Forscher lehnte sich vor. „In wiefern?“ – „Das sieht man doch. Grade weil ich im Moment nicht mit dem PC arbeiten darf fällt es mir besonders auf. Was hat man sonst für Alternativen? Fernsehen … ist auf Dauer auch nicht das wahre. Sportlich gesehen gibt’s hier auch sehr viele Defizite. Man kann höchstens spazieren gehen oder Laufen, aber sonst ist da nichts. Schule…“ Sam zuckte mit den Schultern: „Man kann sich nicht ewig an die gleichen Aufgaben setzen, und auf Dauer wird das auch zu öde, da man keine wirklichen Lernpartner hat.“ – „Hm,“ Bob lehnte sich auf seinem Stück wieder zurück, während vor ihm seine Pommes kalt wurden, die er bisher nur bedingt angerührt hatte. „Eigentlich ein guter Einwand. In der Tat wurde in der Vergangenheit wirklich mehr Augenmerk auf eine gute Ausrüstung gelegt, und der Nicht-Forscherische Aspekt völlig außer Acht gelassen.“ Er nahm einen kleinen Notizblock aus seiner Jacke, schrieb etwas auf und steckte ihn wieder weg. „Ich denke, das sollte man beim nächsten Meeting mal ansprechen. Aber mal zu etwas anderem…“ Bob begann Sam zu befragen zu seinem Spiel, ähnlich wie es sonst in den Fragestunden der Fall war. ‚Irgendwie können diese Forscher auch nicht aus ihrer Haut,’ dachte Sam, während er die Fragen beantwortete und neben seinen Pommes auch die von Bob vernichtete, was diesen offensichtlich nicht zu stören schien, denn er ließ ihn gewähren. ## Kapitel 13: ------------ Der Raum war vollkommen verlassen, als Ekwin und Chino eintraten. Schummriges Zwielicht herrschte vor. An der linken Wand standen ein Bücherregal, zwei verlassene Tresen und mehrere ärmliche Blumenkübel, die vergeblich versuchten eine etwas wohnlichere Atmosphäre zu schaffen. Im hinteren Teil war eine Trennwand eingezogen, links waren jede Menge Kisten wirr eingelagert und rechts stand ein altes Sofa. Die gesamte rechte Wand entlang standen Stühle verteilt und ein länglicher Tisch wartete darauf, das man ihn benutzte. In Höhe der Eingangs, ebenfalls noch auf der rechten Seite waren weitere Kisten und einige Säcke gestapelt. Einige von ihnen setzten schon Staub an, so als habe man sie hier zwischengelagert und anschließend einfach vergessen. „Und hier meinst du, dass wir jemanden finden, der uns helfen kann?“ Skeptisch blickte Ekwin sich im Raum um und dann zu seinem Freund. Der Raum wirkte verlassen, und schon längere Zeit nicht mehr benutzt. Sogar Chino wirkte jetzt verunsichert. „Merkwürdig. Sonst sind hier lungern doch normalerweise immer Helper oder wenigstens der ein oder andere GM herum.“ – „GM?“ Ekwin sah Chino fragend an. „Game-Master. Die sind so was wie Schlichter und Richter in einer Person.“ – „Aha?!“ So wirklich konnte sich Ekwin darunter nichts vorstellen, doch er verzichtete auf weiteres Nachfragen. „Hier hinten.“ – „Hö?“ Das war eine fremde Stimme gewesen. „Ekwin? Was ist?“ – „Hast du die Stimme nicht gehört?“ – „Welche Stimme?“ – „Da war eine Stimme“, beharrte Ekwin, obwohl Chino ihn jetzt schon wieder so merkwürdig ansah. „Komm her zu mir.“ – „Da, schon wieder.“ Diesmal trat Chino direkt vor Ekwin, und legte seine Hände auf dessen Schultern. Mit sorgenvollem Blick sah er ihn an. „Hier ist niemand. Ich höre nichts.“ Doch Ekwin schüttelte den Kopf. „Die Stimme sagt, ich soll zu ihr kommen, nach da hinten.“ Er zeigte in Richtung des alten Sofas. Chino seufzte. „Wenn du meinst. Aber du wirst sehen, dass wir ganz alleine sind.“ Er nahm seine Hände wieder herunter und trat soweit zur Seite, das Ekwin weiter in den Raum treten konnte. Man merkte, das es ihm schwer fiel. „Komm alleine.“ – „Die Stimme sagt, ich soll alleine kommen, und du kannst sie wirklich nicht hören?“ – „Nein, und mir gefällt das ganze nicht. Ich denke wir sollten jetzt gehen.“ Plötzlich hatte Chino sein Schwert in der Hand. Ekwin schüttelte mit dem Kopf. „Ich will wissen, wer da etwas von mir möchte.“ – „Dann gehst du aber nicht alleine. Was auch immer hier passiert, ich lass dich nicht alleine.“ Gemeinsam traten sie tiefer in den Raum hinein. „Ts, ts, ts, wie töricht, aber auch niedlich. Nun, wenn du nicht freiwillig gehen willst, müssen wir halt ein wenig nachhelfen.“ – „Die Stimme meint…“ – „Ich weiß“, fiel ihm Chino ins Wort. „Diesmal habe ich es auch gehört.“ Plötzlich ließ ein lautes Brüllen die Wände erbeben und Staub und Dreck aus den Deckenbalken herabregnen. Mit einem Mal sahen sich die beiden Abenteurer einem riesigen Monster mit Hörnern, welches auf zwei Hufen lief und in den Klauen eine ewig lange Sichel hielt, gegenüber. „Scheiße, die Gewitterziege. Lauf Ekwin! Nichts wie raus hier, bevor es bemerkt, das wir hier sind.“ – ‚Na als ob sie es JETZT nicht bemerkt haben dürfte,’ dachte Ekwin noch, bevor er sich schnell umdrehte und zusammen mit Chino zur Tür wollte, doch schon nach wenigen Schritten stockte er. Dort stand ein Bollwerk von diesen ‚Gewitterziegen’ in kleinerer Ausführung und starrten sie finster an. „Benutz einen B-Wing.“ – „Hä?“ Ekwin verstand nicht schnell genug, und das kostete ihn fast das Leben. Nur das beherzte Eingreifen von Chino verhinderte, das er durch die herabsausende XXL-Sichel irgendein Körperteil, wenn nicht sogar sein Leben, verlor. Dafür aber knirschte es ekelhaft laut, als die Sichel auf Chinos Rüstung traf, daran entlang ritzte und schließlich eine schwache Stelle fand. Chino stöhnte auf, bevor sie Beide zu Boden gingen. „Schau an, unser kleiner Held. Opfert sich für seinen besten Freund. Ist das nicht süß.“ Chino lastete schwer auf Ekwin, so dass er nur seinen Kopf und die Arme bewegen konnte. Er verdrehte den Hals soweit, das er dahin sehen konnte, woher die Stimme kam. Auf dem alten Sofa saß ein Mann in einem weißen Gewand mit langen, lila Haaren, Teufelsohren und einem Narrenhut auf dem Kopf. Er schaute die Beiden mit einem kalten Lächeln an. „Was meinst du? Was soll das ganze hier? Hilf mir lieber,“ forderte Ekwin ihn auf, doch der Mann blieb sitzen und sein Lächeln wurde noch böser. Ekwin sah ein, das er von dem wohl keine Unterstützung erhalten würde, und versuchte nun Chino von sich runter zu wälzen. Doch der Knight in seiner Rüstung war zu schwer, und seine Ausrüstung unerreichbar. Hilflos musste Ekwin mit ansehen, wie die gigantische Ziege erneut die Sense hob und diese auf sie hinabsausen ließ. ‚Das war’s dann wohl,’ dachte Ekwin noch während er auf den Schmerz wartete und in ein tiefes schwarzes Loch fiel. „Ups, Bapho war wohl doch etwas zu heftig für die Beiden.“ ## ‚Was vormals eins ist nun zerbrochen. Die Teile verstreut, doch die Gefahr nicht gebannt. Mehr den je ist die Zukunft in Gefahr. Wenn der Quell nicht schnell wird gefunden, ist alles was wir kennen schon bald Vergangenheit.’ ## Sam erbrach sich. Ganz ohne Vorwarnung und mitten auf den rechten Teil des Armaturenbrettes. „Hey Mann! Mein Auto!“ Bob stieg voll in die Eisen, so das nur die Gurte verhinderten, dass Sam erneut nach vorne flog. Das sie dabei ein Stück weit in seine Haut einschnitten, bekam er gar nicht mehr mit. Bewusstlos war er auf dem Sitz zusammengesunken und nun verhinderten die Gurte, das er zusammensank. Hastig fasste Bob an Sams Hals und versuchte mit den Fingern dessen Halsschlagader zu ertasten. Danach zog er ein Augenlid nach oben, doch dort war nur noch das Weiße zu sehen. „Scheiße, Scheiße, Scheiße, der Boss bringt mich um. Warum habe ich nicht darauf bestanden, dass er sich doch noch Untersuchen lässt, und wie bekomme ich den Dreck jetzt wieder aus meinen Sitzen raus…“ Gehetzt blickte Bob sich um. Sie waren im Studentenviertel der Stadt. Hier brauchte er nicht unbedingt darauf zu hoffen, das er Hilfe auftreiben konnte. Reihe an Reihe drängten sich die Hochhäuser an die Straße. ‚Ruhig Bob, konzentrier dich.’ Das Institut lag näher als das nächste Krankenhaus. Es sollte wohl nicht anders sein. Was war mit dem Jungen geschehen, und ob es eine Spätfolge von dem Stoß war? Er musste schnell handeln, nicht nur seine Anstellung stand auf einmal auf dem Spiel, sondern auch der Atem von Sam ging mit einem Mal nur noch stoßweise und er war leichenblass. Bob fasste einen Entschluss und trat das Gaspedal voll durch. Auf dem Weg zum Institut ignorierte er fast jede gängige Verkehrsregel und es mochte schon fast an ein Wunder grenzen, das sie unversehrt am Campus ankamen. ## Kapitel 14: ------------ „Wie sehen Sie denn aus?“ – „Sir?“ – „Stand in der Anweisung nicht: Es ist Zivilkleidung anzulegen wenn wir nach Deutschland fliegen?“ – „Sicher Sir.“ – „Aber warum stehen Sie dann vor mir in Lederhosen und Tirolerhut?“ – „Wie? Ist das nicht typisch Deutsche Kleidung?“ Der General verdrehte die Augen, während er hinter der aufgesetzten neutralen Gesichtsmaske schon wieder brodelte. War er hier denn nur von Unfähigen umgeben? Vor ihm standen zwei junge Männer in eben besagter Kleidung und eine Frau im Dirndl. Ein jeder von ihnen trug eine Sonnebrille, wenigstens eine teure Kamera um den Hals und eine Laptoptasche. „Himmelhergott, für das Oktoberfest mag ihr Aufzug vielleicht passend sein, aber nicht für unsere Mission. Na ja uns fehlt die Zeit das Sie sich noch einmal umziehen. Wenigstens haben Sie sich an die zweite Anweisung gehalten nur das Nötigste an Arbeitsutensilien mitzunehmen.“ – „Ähm Sir … unser Gepäck kommt erst noch. Das hier ist nur unser Handgepäck“ Hinter dem General wurden schwere Motoren laut. „Was?“ Er wirbelte herum. Da fuhren 3 schwere Armee-Laster auf. Als sie neben ihnen hielten, waren zwei von ihnen hintereinander genauso lang wie das Flugzeug mit dem sie Reisen wollten. „Sagen Sie mal. Womit, dachten Sie eigentlich, fliegen wir? Mit einem Frachtflugzeug? Das hier ist eine Gulfstream, kein fliegender Packesel! Sortieren Sie sich nur das Nötigste raus, was Sie tragen können.“ – „Aber Sir…“ – „Kein Aber. Das ist ein Befehl!“ Na das konnte ja noch heiter werden. Mit resignierten Gesichtern schlurften die drei Bayern-Imitate zu den Lastern und kletterten hinten auf die Ladeflächen. „Sir! Sir! Warten Sie Sir!“ Der General, der schon im Begriff gewesen war, in das Flugzeug einzusteigen verharrte und drehte den Kopf in die Richtung aus der die Stimme kam. Ein Soldat kam über das Flugfeld gelaufen, vorbei an den Lastwagen, aus denen der ein oder andere Fluch drang, und an die Maschine heran. Er blieb keuchend vor dem General stehen. „Sir, wir haben eine Meldung erhalten, die für sie Codiert ist.“ Er hielt dem General einen Zettel hin, der den Namen des Generals in lesbaren Buchstaben oben rechts standen, doch das war es dann auch schon. Der Rest waren wilde Buchstaben und Zahlen die anscheinend keinerlei Sinn ergaben. „Danke Private. Wegtreten.“ Die Augen des Generals flogen über die Zeilen, dann wurde sein Blick hart. „Parker! Sofort in die Maschine. Wir brechen sofort auf. Alles Nötige müssen Sie sich in Deutschland besorgen. Wir haben 2 längere Signale gehabt.“ Parker schaute verdutzt aus seinem LKW. „Zwei?“ ## „Hier ist wieder MBN mit einem Sonderbericht aus Berlin. Mein Name ist Monika Hawing. Guten Morgen. Wie vor einigen Stunden bekannt wurde, gab es einen Einbruch ins Deutsche Museum der Nationalgeschichte. Wir schalten nun zu unserer Korrespondentin vor Ort, Constanze Gerring. Constanze, gibt es schon etwas Neues?“ Die Kameraeinblendung wechselte auf eine, etwa 45 Jährige, blondhaarige Frau die mit ihrem roten Blazer vor einem Gebäude stand. Spätestens jetzt hätte jeder Ortskundige gemerkt, das den Fernsehleuten ein böser Patzer unterlaufen war, denn sie stand nicht auf der Museumsinsel sondern vor dem Deutschen Bundestag. „Hallo Monika. Vor etwa zwei Stunden haben die Angestellten des Museums für Nationalgeschichte festgestellt, dass es einen Einbruch gegeben hat. Ungeklärt ist bisher jedoch noch, warum die Alarmanlagen nicht anschlugen und wie die Diebe mit ihrem Diebesgut aus dem verschlossenen Museum entkommen konnten.“ – „Verzeih, wenn ich dich unterbreche Constanze, aber unsere Zuschauer würden sicherlich gerne wissen, was gestohlen wurde.“ – „ Ja Monika. Nach den, uns bisher bekannten, Informationen handelt es sich beim Diebesgut um den letzten Trabanten, der vom Band gelaufen ist. Er war ursprünglich ein Geschenk…“ ## Es war dunkel. Schon wieder, oder immer noch? Sam wusste es nicht. Nur eines wusste er, er stand irgendwo, zumindest waren seine Füße das einzige, was etwas berührte. Seine Kopfschmerzen waren verschwunden. Das war ein positiver Nebeneffekt. Doch wüsste er trotzdem zu gerne, wo er sich eigentlich befand. „Hallo?“ Es hallte, also befand er sich wohl in einem Raum. “Ist da wer?” Er versuchte sich zu drehen, um sich einen Überblick zu verschaffen, vielleicht gab es ja doch irgendwo eine Lichtquelle. Doch er konnte seine Beine nicht bewegen. Weder anheben noch sie auf der Stelle drehen. Es schien fast so, als wären sie am Boden festgeklebt. ‚Moment mal.’ Sam zuckte sichtlich zusammen, als sich in ihm die Erkenntnis durchrang, das er doch schon einmal in solch einem Raum gewesen war und sich ebenfalls nicht bewegen konnte. Aber das war doch damals ein Traum gewesen, oder? Sam zwickte sich in den Handrücken. Es tat weh, doch er wachte nicht auf. Vor ihm leuchtete plötzlich etwas auf, was ein eine weiße, fliegende Kerzenflamme erinnerte. Fragend musterte Sam das seltsame Ding. Was hatte all das zu bedeuten? War er etwa tot? Aber wie war er dann gestorben? „Hallo?“ fragte er vorsichtig. Doch das Ding schwieg und schwebte weiterhin, in einiger Entfernung, vor sich hin. Sam begann langsam an seinem Verstand zu zweifeln. So etwas war doch nicht mehr normal. Mit einem Mal wurde er wieder von Oben beleuchtet, so dass er im Mittig im Kegel des Lichtstrahls stand, und nun war er nicht mehr allein. Ihm gegenüber stand wieder dieser Assa, der seiner Spielfigur verblüffend ähnlich aussah, wenn man mal davon absah, das dieser Charakter in seinem jetzigen Zustand viel plastischer und realistischer aussah als im Spiel, fast so als wäre es ein Cosplayer. Sie beide trennte nur die Flamme, die genau im gleichen Abstand zu schweben schien. „Was soll das ganze hier?“ fragte Sam erneut, doch auch diese Frage blieb unbeantwortet, stattdessen ging links von ihm ein weiteres Oberlicht an. In ihm stand ein blondhaariger Knight in voller Rüstung. Dieser schaute sich verwirrt und überrascht um, ehe er erst Sam und dann Ekwins Anwesenheit registrierte. „Ekwin, wo bin ich hier?“ Sam war überrascht, er konnte den Knight hören. Beim letzten Mal war das doch unmöglich gewesen, als er mit dem Assa hier allein gewesen war. „Ihr seid dort, wo ich Euch haben will.“ – „Was?“ brach es aus Sam heraus. Die Stimme war aus der Flamme gekommen, welche nun langsam ihre Form veränderte. Sie bekam Arme, Beine einen menschlichen Körper und einen Kopf. Die Kleidung die sie nun trug erinnerte Stark an die Hemden dieser Game-Master. ‚Was ist denn jetzt kaputt’ dachte sich Sam. Da waren 3, verdammt realistisch aussehende Spielfiguren, von denen eine verdammt viel Ähnlichkeit und auch den Namen trug wie sein Charakter welchen er im Game zu spielen pflegte, zusammen mit ihm in einem total schwarzen Raum. Also wenn man das nicht als beginnenden Wahnsinn bezeichnen konnte, als was denn? Das entbehrte doch alles jeglicher Realität. Aber wie hatte es überhaupt soweit kommen können? „Ich frage noch einmal, WO sind wir?“ Der Knight hatte seine Arme vor der Brust verschränkt, nachdem er feststellte, das er sich nicht nach vorne bewegen konnte und schaute den GM mit abschätzendem Blick an. „Alles zu seiner Zeit.“ Der GM winkte ab, so als interessiere ihn das Thema im Moment überhaupt gar nicht. „Begrüßen wir lieber unseren Überraschungsgast.“ Er blickte zu dem Knight hinüber und hatte mit einem Mal ein Lächeln auf den Lippen welches Sam überhaupt nicht gefiel. Ob Wahnsinn oder nicht, der Kerl da führte doch was im Schilde. „Ich glaube Chino, du müsstest unseren Gast am besten kennen, schließlich bist DU ihn ja schon eine ganze Weile am suchen.“ Bei den Worten des GMs zeigte sich Unverständnis im Gesicht des Knights. „Ach Gott. So groß und doch so schwer von Begriff.“ Theatralisch fasste der GM sich an den Kopf, bevor er sich grinsend umdrehte, so das er dem Knight den Rücken kehrte. Dort war es jetzt noch dunkel, doch mit einem Mal zweifelte Sam stark daran, dass dieser Zustand noch lange anhielt. Was kam denn nun? Noch ein weiterer Charakter? Ein Monster? Der Wahnsinn höchstpersönlich um ihn abzuholen? Das Licht ging an und dort stand eine Frau. Zumindest sah sie aus wie eine. Sam schätzte sie um die Anfang, Mitte 20. Sie hatte ebenso blonde Haare wie Chino und trug sie etwa bis zu den Schultern. Von der Kleidung her musste sie in einem Beruf mit vielen Leuten in Kontakt stehen, denn sie trug einen etwa knielangen schwarzen Rock mit einem schwarzen Oberteil und darunter eine Bluse. Nach einem weiteren Charakter sah sie jedenfalls nicht aus. Er war also nicht mehr alleine, wer aber war sie? „Na Chino, darf ich vorstellen. Conny. Sie ist deine,“ er machte einige theatralische Bewegungen mit den Armen bevor er fortfuhr: „Lenkerin.“ Chino erstarrte. Das schlug ein wie eine Bombe. „Oh welch ein emotionales Ereignis solche Familienzusammenführungen doch sind.“ Der Weißgekleidete hatte mit einem Mal ein Taschentuch in der Hand, mit der er imaginäre Tränen von den Wangen tupfte, während sein Grinsen breiter und breiter wurde, je länger die Fassungslosigkeit auf allen Seiten anhielt. „Was soll das Ganze. Was mache ich hier?“ Die Frau hatte sich zuerst wieder gefasst und maß den GM nun mit bösen Blicken. „Ui, Chino hätte gar nicht gedacht das deine Lenkerin so eine energische Person ist. Es war doch eine gute Entscheidung meinerseits, sie doch noch, nach eurer kleinen Vorstellung in unsere exklusive Runde einzuladen.“ Obwohl Sam bisher nicht seinem Gegenüber vorgestellt wurde, schwante ihm nun, das es sich anscheinend wirklich um SEINEN Assassinen, bei diesem Ekwin, handelte. Aber was bezweckte dieser Kerl da in der Mitte damit? „So, da wir nun endlich alle versammelt sind, mal eine kleine Vorstellung. Chino und Conny müssten sich ja bereits kennen und Sam und Ekwin natürlich auch.“ Der GM grinste. „Ich bin übrigens in dieser Form Helgos, im Moment meines Zeichens dMGM. Nun möchte ich mich erstmal für die etwas ‚rüde’ Abholung endschuldigen, aber es war nötig.“ – „Für was?“ Connys Blicke schienen den dMGM förmlich aufzuspießen, was diesen allerdings wenig zu interessieren schien. „Das Ende der Initialisierung.“ – „Wie bitte?“ Helgos tat leicht genervt. „Der Initialisierung. Soll ich es Buchstabieren? Ich dachte jemand aus der Computerbranche sollte sich damit auskennen.“ Überraschung zeigte sich im Gesicht der Frau, doch nun schwieg sie. „Was soll das heißen?“ Diesmal ergriff Sam das Wort. Mag sein, das diese Frau sich darunter etwas vorstellen konnte, ihm waren das grade böhmische Dörfer, worauf diese seltsame Person hinaus wollte. Der dMGM verdrehte die Augen. „Schaut mal auf den Boden und ihr werdet sehen.“ 4 Augenpaare wanderten Synchron dahin, wo man einen Boden vermuten konnte. Dort war vor jedem eine blaue Linie aufgetaucht, die hin zu dem Weißgekleideten lief. „Was hat das zu bedeuten?“ wollte diesmal Chino wissen. „Könnt ihr es euch nicht denken?“ – „Nein.“ – „Oh Mann,“ theatralisch griff sich Helgos erneut an die Stirn, ließ dann, wie aus dem Nichts heraus einen Sessel neben sich erscheinen und ließ sich hinein sinken, während die anderen weiter stehen mussten. „Also, ich dachte, ich könnte das ganze jetzt auf die schnelle Art und Weise abwickeln und dann wieder zum Tagesgeschäft übergehen, aber so wie es scheint dauert es wohl etwas länger.“ Sam stöhnte. Das hier war kein Wahnsinn, das war Folter. ## Kapitel 15: ------------ Sie hatten Sam in ein großes Bett gepackt und die Decke fast bis zum Kinn hochgezogen. Seinen Kopf zierte nun ein Verband, und ein Tropf stand neben der Schlafstatt. Seine Augen waren immer noch geschlossen und der Atem ging langsam, aber gleichmäßig. Sams Gesichtsfarbe war fahl. „… und das war alles? Keine Vorzeichen, oder etwas anderes, was auf seinen jetzigen Zustand hingedeutet hätte?“ Bob stand etwas abseits von dem Bett und schüttelte den Kopf. „Er meinte zwar, er habe sich gestoßen und ein wenig Kopfweh, doch ansonsten sah er eigentlich ganz fit aus. Sein Zustand verschlechterte sich von einer Minute zur anderen. Der Doc meinte zwar, er wäre zwar schon einmal da gewesen, aber da wäre es wohl um eine beginnende Erkältung gegangen.“ Neben Bob stand ein, noch älterer, Mann, mit fast vollständiger Glatze. Die wenigen Haare, die er noch auf dem Kopf trug waren Schneeweiß, das Gesicht war faltig, und die Augen müde, was aber weniger mit der Uhrzeit, als mit dem fortgeschrittenen Alter zu tun hatte. „Das ist schlecht. Seine Eltern sind im Moment nicht zu erreichen.“ Der alte Mann fasste sich nachdenklich an das Kinn. „So eine Beule, auch wenn sie sich an dieser Stelle befindet, sollte eigentlich keine so tiefe Bewusstlosigkeit auslösen. Wie sieht es der Doc?“ Bob seufzte. „Er ist sich noch nicht sicher. Er möchte erst einmal die Laborergebnisse abwarten, bevor er eine Diagnose stellt, Herr Direktor.“ – „Das ist nicht gut. Wie steht es um eine Verlegung in das Krankenhaus?“ – „Der Doc möchte erst selbst seine eigenen Untersuchungen abschließen, bevor eine Verlegung in seinen Augen in Betracht käme. Solange keine Lebensgefahr besteht, meinte er, dass er ihn hier auch ausreichend versorgen kann.“ – „Hoffen wir, das der Doc Recht behält. Einen Rummel um unser Institut können wir uns nicht erlauben. Teilen Sie den anderen, die von diesem Vorfall wissen, mit, dass Stillschweigen gewahrt werden muss. Solange, bis wir wissen, was mit dem Jungen passiert ist. ## „Einen Arzt. Schnell ruf einen Arzt.“ Ein junger Mann stürzte in das Büro, wo normalerweise 4 Leute arbeiteten. Im Moment war aber nur eine Kollegin anwesend. Wegen der, im Moment etwas flauen, Auftragslage, waren die restlichen Beiden in Urlaub. „Peter, bleib stehen. Was ist los?“ Der Angesprochene sah sich gehetzt um und schien unentschlossen ob er jetzt lieber ein Telefon suchte, oder seiner Kollegin erzählte warum er grade so aufgebracht war. Dann entschied er sich in seiner Not für letzteres, da das einzige Telefon das er auf Anhieb erblickte in der Hand seiner Kollegin ruhte. „Conni ist los, beziehungsweise nicht mehr los. Argh…“ er griff sich in die Haare: „Sie liegt in ihrem Büro, und ich bekomme sie nicht wach.“ – „Was?“ Die Frau sprang so schnell auf, dass ihr Stuhl hinterrücks auf den Teppichboden umkippte. Sie warf Peter das Handy zu. „Ruf den Notarzt, ich kümmere mich um Conny.“ Noch bevor der Mann das Handy gefangen hatte, war die Frau schon aus dem Büro hinaus. Sie rannte über den kurzen Flur hin zu dem kleinen Büro am Ende. Die Glastür, auf welcher Conny Gressnich Abteilungsleiterin Konzepte stand, war offen. Hinter der Tür bot sich der Frau ein erschreckendes Bild. Ihre Chefin hing erschlafft in ihrem Sessel. Ihr Kopf war vorne über gesunken, und ruhte nun teilweise auf dem Schreibtisch und dem Mousepad. Peter hatte sie wohl schon bewegt, denn auf der Wange, die nun oben lag, waren noch die Abdrücke von Tasten zu sehen. Die kurzen blonden Haare hingen ihr ungeordnet ins Gesicht. „Hey Conny, wach auf.“ Die Frau berührte ihre Chefin sacht an der Schulter und schüttelte sie leicht. Doch diese reagierte nicht. “Heidi. Der Arzt kommt gleich. Solange sich ihr Zustand nicht weiter verändert, sollen wir sie so lassen und nicht bewegen.“ Peter war wieder ins Büro gekommen und stand nun in der Tür. Er hielt immer noch mit einer Hand das Telefon umklammert, allerdings so fest, das seine Knöchel weiß hervor standen. In seinen Augen lag ein Ausdruck von Angst und Ungewissheit den er nicht mehr verbergen konnte. Heidis Blick wanderte kurz zwischen ihm und der Chefin hin und her. Kurz beschlich sie ein Gefühl, welches sie allerdings schnell wieder zur Seite drängte. Stattdessen versuchte sie sich wieder auf Conny zu konzentrieren. Der Stuhl war ein Stück weit vom Schreibtisch weggerutscht, so das einer von Connys Armen zwischen Stuhl und Schreibtisch herabbaumelte. Heidi konnte einfach nicht anders und schob den Stuhl wieder näher an den Schreibtisch heran, so dass sie den Arm auf den Tisch legen konnte. Peter sah dem Ganzen erst schweigend zu, doch dann sprach er langsam: „Heidi, die sagten, wir sollen Sie nicht bewegen.“ – „Das ist mir schon klar, aber so können wir sie doch nicht liegen lassen. Wo bleibt eigentlich dieser Notarzt?“ In dem Moment wurden vom Flur her Stimmen und Schritte laut. „Da kommen sie schon.“ Peter hatte den Kopf gewandt um in den Flur sehen zu können und trat nun zur Seite, damit die zwei Sanitäter mit der Trage und allerlei Gerätschaften in das Büro treten konnten, gefolgt von dem Notarzt, der Peter kurz musterte, bevor er sich der Patientin näherte. Er verlor keine Zeit an Höflichkeitsformeln sondern begann sofort mit der Untersuchung. „Wurde die Patientin schon in diesem Zustand aufgefunden, oder war sie noch bei Bewusstsein?“ – „Nicht ganz. Ihre Augen waren geöffnet, und sie lag mit dem Kopf auf der Tastatur, aber bei Bewusstsein war sie nicht.“ Der Notarzt nahm den Puls, leuchtete Conny in die Augen und machte einige Reiztests, danach weiß er die Sanitäter an, die Bewusstlose auf die Trage zu legen und festzuschnallen. „Können Sie uns sagen, was sie hat?“ Der Notarzt schüttelte den Kopf. „Ich muss erst einige andere Untersuchungen vornehmen, doch dazu benötige ich Instrumente die wir nur im Krankenhaus besitzen.“ Er gab den Sanis einen Wink, die daraufhin die Trage mit Conny aus dem Zimmer schoben. Nachdem der Arzt, als letzter, verschwunden war, blieben nur noch Heidi und Peter allein zurück. Die Beiden blickten erst sich an und dann im Büro herum. „Was ist Conny nur zugestoßen?“ fragte Heidi leise. „Ich weiß es nicht.“ Peter trat neben sie, und sah zum Schreibtisch. „Ich weiß nur, dass sie gestern länger machen wollte. Wegen so eines neuen Auftrages, den sie an Land gezogen hatte. Es ging wohl um so ein Computer-Online-Spiel aus Korea, was jetzt auch hier in Europa groß rauskommen soll. Wenn ich sie richtig verstanden habe, hat sie den Auftrag auf eigenen Wunsch zugeteilt bekommen. Ich habe gestern Abend noch mit Conny gesprochen, sie erwähnte am Rande, das sie dieses Spiel wohl auch selbst privat spielt, und deshalb mit der Materie vertraut ist. Ein zusätzlicher Bonus, wenn wir dafür wirklich eine Werbestrategie entwickeln sollen.“ Heidi zog hörbar die Luft durch die Nase, weshalb Peter auch nicht weiter sprach, sondern sie fragend anblickte. „Riechst du das nicht auch?“ Prüfend sog er auch Luft durch die Nase, da war etwas, ganz fein. „Stimmt, es riecht irgendwie…“ er eilte an den Teil des Schreibtisches, der am weitesten von ihnen entfernt war. „Oh nein. Heidi sieh dir das an. Der Hauptrechner ist tot. Nur der Slave läuft noch.“ Die Frau war näher getreten und wischte nun mit einem Finger über die Kante des Schreibtisches, welcher direkt über dem Gerät endete. Der dunkle Tisch war feucht. Ihr Blick wanderte weiter zum PC, dort waren ebenfalls Spuren von Flüssigkeit. Als sie den Blick hob, sah sie nun, was ihnen vormals, bei der ganzen Aufregung um ihre Chefin entgangen war. Die Kaffeetasse, welche immer etwas abseits stand, war umgestürzt und der Inhalt hatte sich ganz offensichtlich seinen Weg gesucht, mit fatalem Ausgang. Es musste schon eine ganze Weile her sein, denn die Lüftung hatte fast den gesamten Geruch nach Verbranntem abgesogen. Deshalb war ihnen auch zuvor nichts aufgefallen. Als der Hauptpc ausgefallen war, hatte der Slave übernommen, der sich irgendwo im Schreibtisch verbarg und dadurch geschützt war. Die Chefin war vor einiger Zeit zu der Überzeugung gekommen, dass sie so ein Gerät brauchte, nachdem bei einem anderen Vorfall, wo der Hauptrechner schon einmal in die Binsen gegangen war, die Arbeit von zwei Wochen der Vergangenheit angehörte. Der Slave machte ungefähr den gleichen Krach, deshalb war es zuerst auch gar nicht aufgefallen. „Vielleicht sollten wir das dem Arzt mitteilen?“ ## „Statusbericht.“ – „Eins unserer beiden Ziele konnte lokalisiert werden Sir. Unser Team wurde bereits losgeschickt.“ – „Ausgezeichnet, und was ist mit dem anderen?“ – „Sir, daran arbeiten wir noch. Es ist wieder verschwunden bevor wir es ebenfalls näher eingrenzen konnten. Einzig und allein ist bekannt, das es sich im Osten von Deutschland aufhalten muss.“ – „Weitermachen.“ ## „Kaffee?“ – „Bitte erwähne dieses Wort NIE wieder in meiner Gegenwart.“ Ein würgendes Geräusch wurde hörbar. „Noch einmal und mir wird schlecht.“ – „Dann leg dich doch auf dem Nebenraum etwas auf das Sofa und versuch zu schlafen.“ – „Wie kannst du bei der derzeitigen Situation nur ans Schlafen denken? Die ganze Firma steht Kopf und seitdem die Koreaner versucht haben uns zu erreichen, spielen nun auch deren Server verrückt und sie müssen sich natürlich zuerst um ihre Spieler kümmern. Wir stehen wieder am Anfang.“ Mit einem Seufzen rutschte der junge Mann etwas tiefer in seinen Stuhl. „Ja, ja, ich weiß,“ seufzte der andere resignierend. „Wenn die uns doch nur mehr Zugeständnisse machen würden. Wegen jedem Firlefanz, oder Zusatzprogramm brauchen wir deren Genehmigung und nun?“ Er warf frustriert die Hände in die Luft. „Selbst wenn wir es eindämmen könnten, dürften wir es nicht, solange wir nicht von drüben das OK dazu erhalten.“ ## Kapitel 16: ------------ „Fassen wir also zusammen. Du bist eine K. I. die beschlossen hat, sich ihrer eigentlichen Bestimmung und den Programmen zu entziehen und deine eigenen Ziele zu verfolgen. Nur willst du uns diese im Moment noch nicht mitteilen. Ist das richtig so?“ Helogs nickte, als er Connys Worte vernahm. ‚Das ist doch nur krank,’ dachte Sam, behielt diesen Gedanken aber lieber für sich. „Aber mir ist immer noch nicht ganz klar, was wir beide,“ Conny zeigte auf Sam und auf sich: „bei der ganzen Sache für eine Rolle spielen. OK, Chino und Ekwin sind Programme,“ von Beiden erklang Protest, „auch wenn Sie sich grade nicht so verhalten, warum das so ist, verstehe ich ebenfalls noch nicht.“ Helgos hatte kurzzeitig ein leichtes Lächeln im Gesicht, welches aber sofort wieder verschwand. „Ich kann ja noch nachvollziehen, das Sie sich hier befinden, wo auch immer dieses ‚Hier’ ist, aber das wir hier sind ist mir unbegreiflich. Wir sind doch nicht bei Matrix oder Star Trek. Wir sind Menschen, und bisher ist mir noch keine Verfahren bekannt, die unseren derzeitigen Zustand treffend beschreiben, beziehungsweise herbeiführen könnten. Eigentlich ist so etwas doch unmöglich.“ – „Sag niemals nie. Eure Wissenschaftler sind schon näher dran, als sie selbst ahnen, wenn sie mal an einem gemeinsamen Strick ziehen würden, statt gegeneinander zu arbeiten ... Aber ihr habt Recht, und ich schweife zu sehr vom Thema ab. Normalerweise wäre so etwas zum jetzigen Stand der Technik nicht machbar, und dennoch Ihr beiden,“ der DMGM erhob sich und blickte erst zu Sam und dann zu Conny, „habt etwas in euch, was es mir dennoch ermöglicht.“ Er grinste breit und ließ sich wieder in seinen Sessel sinken. „Zudem habe ich noch meine Pläne mit euch. Da ich mich im Moment leider nur im Internet bewegen kann sind mir gewisse Grenzen gesetzt, aus diesem Grund habe ich Euch erwählt. Ihr müsst ‚Dort Drüben’ meine Augen und Ohren sein.“ Sam und Conny schnaubten fast synchron. „Du glaubst doch nicht, dass wir springen, wenn so ein dahergelaufenes Virus, von dem wir noch nicht mal wissen, ob er überhaupt existiert und das ganze hier Real ist oder nicht, so etwas Absurdes von uns verlangt.“ Sam verschränkte die Arme vor der Brust. „Keine Sorge, das werdet ihr,“ Helgos grinste wieder, „denn dafür gibt’s ja eure kleinen Freunde. Sie werden mir, nennen wir es mal so, etwas Gesellschaft leisten.“ – „Ach ja? Werden wir das?“ Chino schaffte es irgendwie sein Schwert zu ziehen, und hielt es drohend in Richtung des Weißgekleideten. Eigentlich war es eine sinnlose Geste, konnten sie sich doch immer noch nicht von der Stelle bewegen. „Na, na, wer wird denn da aufmüpfig werden.“ Helgos stand auf, drehte sich zu Chino um, bewegte dann den Zeigefinger so, als wolle er ein kleines Kind schelten, und war plötzlich bei Chino. Noch bevor irgendjemand richtig realisierte was da abging, schrie Chino auf, ließ sein Schwert fallen, und hielt die rechte Schulter, während der DMGM seelenruhig an seinen Platz zurückkehrte. Doch dann sah Sam, das Chino nicht der einzige war, der zu Boden ging. Auch Conny war zusammengesunken und presste sich ihrerseits die linke Hand auf die rechte Schulter, dabei war der Weißrock doch gar nicht bei ihr gewesen. Mit schreckgeweiteten Augen sah sich Sam um, als ihm langsam dämmerte, in was für einem Schlamassel er sich befand. Helgos sah ihn nur mit einem geheimnisvollen Lächeln an. „Ich sehe, du verstehst.“ – „Aber warum tun Sie das?“ Sam konnte seine Angst in der Stimme hören. „Tja, ich habe eins während meiner Reise schnell gelernt. Man soll sich immer Rückversichern. Eure beiden Freunde werden schon dafür Sorge tragen, das Ihr euch da draußen nicht verplappert.“ Vor ohnmächtiger Wut ballte Sam die Hände zu Fäusten, während er die Lippen zusammenpresste. Conny stöhnte neben ihm, aber sie kam wieder auf die Füße. In ihren Augen lag Hass und sie schien etwas sagen zu wollen, doch da ergriff der Weißgekleidete wieder das Wort: „Schweig, der Worte wurden genug gewechselt. Es wäre das Beste, wenn ein jeder von euch seinen alltäglichen Arbeit nachgeht, so als wäre nichts geschehen, sonst…“ Diesmal ging der DMGM auf Ekwin zu und Sam wappnete sich schon in Gedanken gegen das Kommende, doch was auch immer dieser Virus da vorgehabt hatte, Ekwin reagierte schneller, und so spürte Sam nur ein leichtes Brennen auf der Wange. „Nette Reflexe,“ meinte Helgos, als er sich wieder umdrehte und zurück zur Mitte schritt. „Ich sehe schon, wir werden noch eine Menge Spaß miteinander haben.“ Ohne Vorwarnung wurde es wieder dunkel und als Sam die Augen erneut öffnete, lag er in einem Krankenhausbett. „Er ist wach.“ Schritte. Sam stöhnte, warum waren die Geräusche mit einem Mal so laut. Am liebsten hätte er sich die Decke über den Kopf gezogen, doch jemand hielt diese fest, als er den Versuch unternahm. „Warte, zuerst musst du uns noch ein paar Fragen beantworten, danach kannst du weiterschlafen.“ Sam grummelte etwas unverständliches, wobei er bemerkte, das seine Lippen ganz spröde waren. Jemand hielt ihm ein Glas hin, und Sam richtete sich soweit auf, das er ein paar vorsichtige Schlucke nehmen konnte. Seine Augen tränten, das Licht in dem Raum war einfach zu hell, und gleichzeitig fühlte sich sein Körper an, als hätte man Bleigewichte dran gehangen. Er fühlte sich einfach nur hundeelend. Sam wollte einen Arm heben, um die Augen abzuschirmen, doch es fiel ihm schwer. Er stöhnte, doch es gab wohl wen, der seine Probleme bemerkte, denn das Licht wurde abgedunkelt. „Sam?“ Das war die Stimme von Bob. „Hmm?“ Oh man, wie lange war er wohl weg gewesen. „Sam, kannst du uns bitte ein paar Fragen beantworten?“ Uns? Sam öffnete vorsichtig die Augen. Obwohl die Helligkeit stark reduziert worden war, tat es trotzdem im ersten Moment immer noch weh. „Was?“ Es fiel ihm immer noch schwer Worte zu bilden. “Was ist mit dir geschehen?” Eine gute Frage, auf die Sam nur eine Antwort hatte, bei der man ihn wohl ins nächste Irrenhaus verfrachten würde. „Ich habe keine Ahnung. Ich wusste gar nicht, das Stürze so üble Folgen haben können,“ sagte er stattdessen. „Du bist dir sicher, das da nicht noch mehr war?“ hakte eine Person nach, die im Schatten stand und die ihm deshalb vom Gesicht her verborgen blieb. „Ja,“ entgegnete Sam knapp. Die Person schien ihn zu mustern, denn für einige Minuten war es still im Raum. „Gut, wenn du meinst. Schlaf dich jetzt aus.“ Bob verließ zusammen mit dem Anderen den Raum. Sam drehte sich auf die andere Seite, so das sein Rücken nun zur Tür zeigte, doch an Schlaf war nun nicht mehr zu denken. Eine innere Unruhe hatte von ihm Besitz ergriffen. ## „Umgebung von Ziel 1 wurde gesichert. Ziel 2 verhält sich im Moment weiterhin inaktiv, und der genaue Standort konnte immer noch nicht ermittelt werden.“ Der General stand mit ernster Miene hinter zwei Soldaten, die grade die aktuellen Daten ihrer Außenteams aufnahmen und auswerteten. Sie kamen irgendwie nicht wirklich weiter. „Sir,“ ein weiterer Soldat trat zu ihnen. „Soeben wurde ein weiteres Signal in Süd-Korea geortet, jedoch unterscheidet es sich von denen die wir hier verfolgen.“ – „Parker?!“ – „Ja Sir?“ Der Angesprochen kam unter irgendwelchen Computerteilen hervor gekrochen, an denen er am Werkeln gewesen war. „Haben Sie mitgehört?“ Parker nickte und verkniff das Gesicht, als er angestrengt nachdachte. „Wenn ich mich richtig erinnere, sind grad zwei meiner Leute in Tokio um…“ – „Rufen Sie sie an. Sie sollen sofort nach Korea reisen.“ – „Aber das ist ihr Urlaub,“ versuchte Parker die Situation für seine Kollegen zu retten. „Das ist irrelevant. Der Urlaub ist gestrichen. Sie sollen sofort nach Korea.“ Der General funkelte Parker warnend an, das er keine weiteren Widerworte dulden würde. ## Kapitel 17: ------------ Langsam schlenderten ein Seto Kaiba und ein Son Goku Cosplayer über das Gelände. Jeder von ihnen trug eine Tüte und einen Becher einer großen Fastfood-Kette in der Hand. „Die Konkurrenz wird echt von Jahr zu Jahr größer,“ stöhnte Seto, während er einen Schluck aus seinem Becher nahm. „Hast Recht.“ Son Goku ließ einen Blick über das Gelände schleifen. Vor der Halle befanden sich ein gepflasterter Platz, wo ein Springbrunnen eingelassen war, und noch eine Wiese, die etwa die doppelte Größe aufwies. Fast überall brummte das Leben. Egal wohin mal blickte. Überall liefen die Leute in irgendwelchen Arten von Cosplay-Kostümen durch die Gegend. ‚Normale’, also solche, ohne spezielle Klamotten, gab es nur wenige. Bei einigen Cosplayern sah man, dass sie ihre Kleidung hastig zusammengezimmert hatten, während andere eine solche Detailverliebtheit an den Tag legten, so das man fast den Eindruck gewinnen konnte, das der dargestellte Charakter leibhaftig bei der Convention anwesen wäre. Son Goku und Seto ließen sich auf einer Bank nieder und packten die Fritten und Burger aus. „Na wenn von denen auch nur ein Bruchteil bei dem Wettbewerb mitmacht, sehe ich Schwarz für uns beide.“ Son Goku zog bei den Worten eine Schnute. Schweigend, und ihren Gedanken nachhängend, vernichteten sie ihr Mittagsmahl. Plötzlich hieb Son Goku Seto ohne Vorwarnung kräftig in die Seite, so das sich dieser an seinem Burger verschluckte. Hustend und würgend versuchte Seto das Stück wieder aus seiner Luftröhre heraus zu bekommen, da es ihm den Atem nahm und die Tränen in die Augen trieb. Schließlich bemerkte sein Freund, in was für einer Prekären Lage er sich befand und hieb ihm einige Male kräftig auf den Rücken, aber wenigstens verließ das Stück Burger den falschen Platz. „Was soll das?“ fauchte Seto, während er immer noch nach Luft schnappte. Seine Perücke hatte sich gelöst und hing ihm nun schief im Gesicht. „Willst du mich umbringen?“ Er hustete. „Entschuldige.“ Son Goku zog ein zerknirschtes Gesicht. „Das wollte ich nicht. Aber schau mal da rüber.“ Er deutete auf eine Stelle, etwas abseits der Wiese. Dort standen einige Bäume, die eine natürliche Barriere zum Parkplatz und der Straße bildeten. „Was ist denn so besonderes? Ich sehe da nur Cosplayer von so einem Online-Rollenspiel ... ach wie hieß es noch mal... Achja, Ragnarok Online. Aber warum haust du mich wegen denen so in die Seite?“ - „Die waren eben noch nicht da.“ – „Wie meinst?“ – „Na ja, irgendwie habe ich nur einen Moment nicht aufgepasst, und dann standen sie da.“ Leicht genervt blickte Seto ihn an: „und deshalb rastest du gleich so aus? Hast du nicht daran gedacht, das sie vielleicht auch einfach nur vom Parkplatz gekommen sein könnten? Auf der letzten Con gab es ja auch schon so ein paar Leute, die meinten nicht die Treppen nehmen zu müssen, sondern sich durch die Büsche schlugen. Mensch, das gab Ärger mit den Orgas, aber so Freaks sterben ja nie aus.“ Seto widmete sich wieder seinen Pommes, doch Goku schauter weiterhin zu den Bäumen und murmelte leise: „Nein, die kamen nicht aus dem Gebüsch. Da verwette ich meine Hand drauf.“ Doch dann baute sich vor ihnen eine Traube von Cosplayern auf, die wissen wollten, woher sie diese Fastfood-Sachen hatten. Nachdem ihnen Seto und Goku den Weg beschrieben, zogen sie von dannen. Doch auch von dem Magier und dem Crusader fehlte nun jede Spur. ## „Autsch“ Ekwin rieb sich den Steiß, während er sich wieder aufrappelte. Das war keine sonderlich sanfte Landung gewesen. Er sah sich um. In diesem schwarzen Raum war er zumindest nicht mehr, denn dafür war es hier eindeutig zu grün und zu Pflanzenlastig. Jetzt bemerkte Ekwin auch, das er ganz alleine war. Erschwerend kam hinzu, das sein derzeitiger Standort keinerlei Hinweise bot, die einen Rückschluss zuließen, wie weit es bis zur nächsten Stadt war. Seufzend ließ er sich auf einen nahen Stein nieder, und stützte die Hände auf die Knie. Was war das nur für ein krankes Spiel, das dieser GM, Virus? Ding? Mit ihnen spielte? Wie es wohl den anderen grade ging? Er wunderte sich zudem, das er sich, ziemlich offensichtlich, wieder in Midgard befand. Obwohl, er konnte hier ja auch nicht weg. Etwas zischelte, und riss Ekwin aus seinen Gedanken. Suchend, und alarmiert, blickte er sich um. Dann sah er diesen riesigen roten Wurm, der sich langsam aber stetig auf ihn zuschlängelte. Na Toll, hier gab es Argiopen. Das war schlecht. Ein Kampf war das letzte, was er jetzt gebrauchen konnte. Ihm kam wieder in den Sinn, was mit der Frau passiert war, als Chino attackiert wurde. Vielleicht war es besser sich auf seine Beine zu verlassen und zu rennen. ## „Ich entlasse mich auf eigene Verantwortung. Wo ist der Wisch?“ Conny stand, nur mit einem Krankenhauschlafanzug bekleidet, vor einer Krankenschwester, und hatte die Hände in die Hüfte gestemmt. „Mir geht es schon wieder bestens. Rufen Sie endlich dem Arzt, damit ich hier raus kann.“ Hilflos stammelte die Schwester, die sichtlich beeindruckt von dem Auftreten war, etwas, bevor sie sich umdrehte, und fluchtartig das Zimmer verließ. Conny sank zurück auf das Bett. Na das konnte ja noch heiter werden. Vielleicht sollte sie die nächsten Tage wirklich etwas kürzer treten. Ihr war gar nicht aufgefallen, wie überarbeitet sie doch gewesen war. Das letzte, an das sie sich noch erinnerte war, dass sie in ihrem Büro saß, dann dieser seltsame Traum und dann war sie hier aufgewacht. Conny schnaubte als sie den Traum Revue passieren ließ und schob die Gedanken beiseite. Dieser Krankenhausfummel war nicht der Bequemste, und so erhob sie sich und ging hinüber zum einzigen Schrank, der noch neben dem Bett im Raum stand. Conny war froh, als sie ihre Kleidung erblickte. Jemand hatte diese über Bügel in den Schrank gehangen. Hastig löste sie die Knöpfe des Oberteils und zog es aus. Doch mitten in der Bewegung hielt Conny inne. Im Schrank war ein eingebauter Spiegel, in dem sie sich betrachten konnte. In ihrem Gesicht spiegelte sich Fassungslosigkeit, als sie sich im Spiegel sah. Auf ihrer rechten Schulter prangerte ein ordentlicher Bluterguss. War dieser Traum letzten Endes doch keiner gewesen? Eine Befürchtung wurde zur Gewissheit. Das hatte sie nicht geträumt. Conny schluckte, nun hatte sie ein echtes Problem. Nachdem der erste Schock abgeklungen war, wechselte sie hastig die Kleidung und bemühte sich die Fassung zurück zu gewinnen. Grade als die Tür wieder auf ging, saß Conny erneut auf dem Bett und schaute die Neuankömmlinge mit einer Mischung aus gespielter Langeweile und Ungeduld an. ## Sam hielt es nicht länger im Bett aus und rappelte sich auf. Als er die Decke zurückzog musste er feststellen, das jemand ihm eins von diesen lächerlichen Krankenhaushemden angezogen hatte. Diese ätzenden Einteiler, die nach hinten hin offen waren. Als er das Muster betrachtete, und dann feststellte, das sich seine normalen Sachen nicht in Griffweite befanden, keimte noch mehr Unmut in ihm auf. Sam sah sich um. Im ganzen Zimmer gab es nichts anderes zum Anziehen. So ging er im Geiste die Strecke durch, die er zurücklegen musste, wollte er in sein Zimmer gelangen. Wie vielen Leuten würde er wohl auf diesem Weg begegnen? Eigentlich war das Institut ja meistens ziemlich leer, und so beschloss Sam das Wagnis einzugehen. Während eine Hand auf dem Rücken soweit das offene Hemd zusammenhielt, das man hoffentlich nichts mehr sehen konnte, öffnete er mit der anderen die Tür und lugte hinaus, ob die Luft rein war. Der Flur war leer und nur das Patschen von Sams nackten Füßen hallte von den Wänden wieder. Im Moment schien zum Glück niemand unterwegs zu sein. Trotzdem drückte sich Sam an der Wand entlang und nutzte jede, sich bietende, Deckung. Sein Rücken war immer etwas zur Wand hin gedreht, um im Notfall schnell reagieren zu können. Nach etwa ¾ der Strecke erreichte Sam einen der Räume, die öfters von Forschern für Besprechungen benutzt wurden. Bei einem von ihnen stand die Tür einen Spalt weit offen, und eine bekannte Stimme war aus dem Inneren zu vernehmen. Sam ließ alle Vorsicht außer Acht und schlich zur Tür. „… und Sie sind sich sicher?“ Es war die Stimme von Bob. „Ja, die Anzeigen haben es bestätigt. Es befindet sich hier irgendwo im Institut oder dem umliegenden Gelände.“ Diese Stimme war Sam gänzlich unbekannt. „Aber, Sie können doch nicht einfach …“ – „Und wie wir das können.“ Die Stimme schnitt Bob scharf den angefangenen Satz ab. „Wir haben von der Regierung alle nötigen Befugnisse erhalten. Bis zum Ende unserer Untersuchung steht das gesamte Institut und alle Leute, die sich darin aufhalten, unter Quarantäne.“ – „Das können Sie nicht machen, der Direktor…“ Die Person schnaubte. „Der muss sich an die Anweisungen von Oben halten. Die Quarantäne beinhaltet auch eine totale Kontaktsperre nach draußen. Ich bitte Sie darum, ihre anderen Kollegen darüber in Kenntnis zu setzen.“ Sam schluckte ‚Quarantäne’? Was war denn jetzt kaputt? Oder hatte das wohlmöglich mit seiner Sache zu tun? Aber er hatte doch bisher nichts darüber verlauten lassen. Woher sollten sie etwas davon wissen? Eine große, schwere, dunkle Hand legte ich langsam auf Sams Schulter und riss ihn aus seinen Gedanken. Unwillkürlich hielt er den Atem an und erstarrte in seiner Haltung. „Man lauscht nicht an anderer Leute Türen“ Diese Stimme sprach Englisch, und dieser Umstand löste Sams Starre etwas, so das er langsam seinen Kopf und den Oberkörper wendete. Sein Blick wanderte an der Hand entlang, zu einem Arm, der in einer Jacke in Tarnfarben steckte und blieb schließlich auf einem Oberkörper in voller Uniform hängen. Die Dunkelhäutige Person trug ein Gewehr geschultert und ein Barett auf dem fast vollständig rasierten Kopf. Er lächelte Sam an, doch die Augen blieben kalt, so das er bei dem Anblick fröstelte. Sam schluckte. Ein Soldat! Hier im Institut? Und dann noch einer, die die Insignien der U.S.-Army trug. Der Griff wurde fester, und der Soldat zog ihn auf die Beine, bevor er Sam gegen die Tür stieß, so das er in den Raum taumelte. Sofort verstummten sämtliche Gespräche und zahlreiche Augenpaare richteten sich auf den Neuankömmling. „Den hier habe ich erwischt, als er an der Tür horchte, Sir.“ Sam versuchte krampfhaft das Hemd hinten zusammen zu halten. ‚Das war nicht gut, das war überhaupt nicht gut.’ Er schluckte, als ihm bewusst wurde, das die gesamte Aufmerksamkeit aller Personen auf ihm ruhte. Auf Bobs Gesicht zeigte sich Überraschung ab. ## Kapitel 18: ------------ Mit einem Aufstöhnen ließ sich Chino zurücksinken. Langsam rieb er sich über den Kopf, wobei Metallhandschuhe nicht wirklich die besten Schmerzvermeider waren. Langsam sah er sich um. Er saß in einem kastenähnlichen Gebilde, welches zwei Sitzreihen aufwies. Die hintere, wo er sich befand, war durchgehend und vorne die beiden Sitze waren getrennt. Chino rätselte. Wie war er nur hierher gekommen, und was war mit den anderen geschehen? Der Platz zwischen den Sitzen war ziemlich eng, und seine Rüstung schränkte die Beweglichkeit noch weiter ein. Irgendwie schaffte er es seine Beine ebenfalls auf die hintere Sitzreihe zu bekommen, wobei der Stoff, mit dem diese Sitze überzogen waren, an einer Stelle einriss und Füllmaterial heraus quoll. Nun lag er jedoch mehr quer auf dem Sitz, als das er saß. Chino war froh, das ihn im Moment niemand in dieser Situation sehen konnte. Zwei Metalldinger erregten seine Aufmerksamkeit. Als er an dem einen drehte, ging langsam eine der durchsichtigen Flächen herunter und als er an dem zweiten zog ging ein Ruck durch das Stück und ein Spalt wurde sichtbar, fast so als ob er eine Tür geöffnet hätte. Mit seinen Schultern drückte Chino diese Tür soweit auf, das er diesen komischen Kasten entkommen konnte. Vornüber fiel er auf den Untergrund, und spuckte Sand. Chino sah sich um. Er war in der Wüste. Ohne jegliche Verpflegung und Orientierung. Der Tag schien immer besser werden zu wollen. Missgelaunt versuchte er den Sand aus den Ritzen seiner Rüstung zu pulen, das gründlich misslang. Chino musterte das Ding, in dem er aufgewacht war. Es schien sich um eine Art Gefährt zu handeln, jedenfalls wenn man nach diesen Reifen ging, die an dem Kasten angebracht waren. Er blickte wieder in das Innere des Gefährts, doch da war nichts drin, was ihm weiterhelfen konnte. Warum sich ein weiteres Rad im Inneren dieses Dingens befand, und wozu die ganzen anderen Knöpfe und Hebel dienten, blieb ihm verborgen. Der Knight seufzte, wandte sich dann in irgendeine Richtung und stiefelte los durch den feinen Sand. ## „Was tust Du denn hier?“ Bob war der erste, der die Sprache wieder fand. „Du solltest doch auf der Krankenstation bleiben und nicht hier durch die Gegend laufen.“ – „Ich, ich…äh…“ Sam fehlten die Worte. „Wie viel hast du gehört?“ Am Tisch, wo Bob saß, hatten noch 3 weitere Personen Platz genommen, jetzt stand der, der mittig von ihnen war, auf und taxierte Sam mit durchdringenden Blicken. Er hatte braune, kurz geschorene Haare und trug ebenfalls Soldatenkleidung, jedoch kannte sich Sam mit den amerikanischen Rangabzeichen nicht so gut aus, weshalb er nur ungefähr schätzen konnte, das dieser Herr da wohl eine Art Befehlshaber war. Zumindest machte niemand von den anderen beiden Anstalten ihn irgendwie zu unterbrechen. Von der Stimme her, war er wohl auch die Person gewesen, die von der Quarantäne gesprochen hatte. „Hörst du nicht Junge! Was hast du von unserem Gespräch mitbekommen?“ – „Er kann kein Englisch. Er ist nur ein einfacher Probant.“ Bob hatte sich ebenfalls erhoben und lieferte sich mit dem Soldaten ein Blickduell. „Es ist nicht nötig ihn zu verhören. Er hat überhaupt keinen Zugang zu unseren Geräten.“ Sam lauschte den, auf englisch geführten, Gesprächen und versuchte dabei einen möglichst verwirrten Gesichtsausdruck zu machen. Warum auch immer, Bob schaffte ihm grade ein Hintertürchen. Der Kommandeur sah erst Sam und dann Bob misstrauisch an. „Der machte Draußen aber einen etwas anderen Eindruck auf mich,“ meldete sich plötzlich der dunkelhäutige Soldat zu Wort. ‚Wah,’ den hatte Sam ja ganz vergessen. ‚Idee, Idee, ich brauch eine gute Idee und zwar fix.’ Sam biss sich auf die Lippen. „Wie wäre es, wenn Du einfach weiterhin stillhältst, dein laienhaftes Schauspiel abziehst und hoffst, das sie darauf reinfallen?“ Was war denn das nun? Diesmal war Sams Verwirrung keineswegs gestellt. Er blickte sich um. Wer hatte das nun gesagt? Auf jeden Fall war es niemand hier aus dem Zimmer gewesen. Er zog sich ein Stück Richtung Wand zurück, während sein Blick durchs Zimmer irrte. Das Gesicht des Kommandanten verzog sich fragend. Offensichtlich hatte er nicht mit solch einer Reaktion gerechnet. „Sehen Sie doch, der Junge ist total durch den Wind. Der gehört in ein Bett auf der Krankenstation.“ Widerwillig ließ der braunhaarige Soldat seinen Blick wieder zwischen Sam und Bob wandern, dann gab er dem Dunkelhäutigen einen Wink. „Bring ihn zurück auf die Krankenstation, und pass auf, dass er diesmal auch dort bleibt, solange, bis es neue Befehle gibt.“ – „Ja, Sir.“ Der Soldat salutierte und näherte sich Sam breitbeinig. Doch allein diese Haltung reichte, das Sam noch weiter zurückwich. Der Soldat sah sich das einen Moment lang an, dann ergriff er sein Hemd oben an der Schulter und zog Sam zum zweiten Mal nach oben. Eins musste man dem Stoff lassen, stabil war er, aber da hörten die Vorteile auch schon wieder auf. Der Soldat war ein ganzes Stück größer als Sam so das er jetzt beide Hände hinten brauchte um zu verhindern, das es dort luftig wurde, während er versuchte Schritt zu halten. Das ganze musste einen ziemlich absurden Anblick bieten und Sams Gesicht glühte schamerfüllt, als sie endlich die Krankenstation erreichten, wo der Soldat ihn in den Raum schubste und dann die Tür zuzog. Gefrustet, verwirrt und beschämt ließ sich Sam zurück auf das Bett sinken. Das war jetzt aber gar nichts gewesen, und diese Stimme. Diese Stimme ließ Sam einfach nicht los. Er kannte sie, aber woher? Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Es war die von Helgos. Aber wie konnte das sein? ## „Du musst zum Flughafen. In einer Stunde geht dein Flug.“ Conny war grade im Zimmer des Stationsarztes, als sie Helgos Stimme vernahm. Fast wäre ihr der Stift aus der Hand gefallen, mit dem sie soeben den Zettel unterschrieben hatte, das sie das Krankenhaus auf eigenen Wunsch verließ und sie keinerlei Schadenersatzansprüche wahrnehmen würde, sollten bei ihr Spätfolgen auftreten. Sie musste sich anstrengen um nicht vor Überraschung aber auch Erschrecken das Gesicht zu verziehen. Das hatte ihr grade noch gefehlt. „War das jetzt alles?“ fuhr sie den Arzt barsch an, um die Unsicherheit zu überspielen. Der Stationsarzt war noch relativ jung, und ließ sich deshalb von Connys aufbrausendem Temperament unterbuttern und nickte nur stumm. „Gut.“ Conny ergriff ihre Sachen und verlies das Zimmer. Auf der Toilette lehnte sie sich erstmal gegen die Wand und versuchte den Kopf frei zu kriegen. Sie starrte in den Spiegel und ihr Spiegelbild starrte zurück. In was war sie da nur herein geraten. „Noch 50 Minuten. Langsam wird es eng.“ – „Ich werde nicht fliegen!“ Conny sah sich hastig um, doch sie war alleine. Diese Antwort war aus ihr heraus gebrochen wie ein Reflex. Sie ließ sich nun mal nicht gerne etwas vorschreiben. Sowohl auf der Arbeit als auch im privaten Bereich. „Doch, Du wirst fliegen. Schon vergessen, was bei unserem letzten Treffen passiert ist?“ Conny presste die Lippen zusammen. Natürlich hatte sie es nicht vergessen, man konnte es ja sogar noch sehen. „Unter Business-Class läuft nichts.“ Hoffentlich kam jetzt keiner hier herein, was für einen Eindruck musste der dann von ihr erhalten. Eine Frau, die auf der Toilette Selbstgespräche führte. „Economy und jetzt keine weiteren Diskussionen, oder ich buche Dich um auf Holzklasse und statte deinen Knight trotzdem einen kleinen Besuch ab.“ – „Erpresser!“ – „Nein, ich nenne das nur geschickter Verhandlungsführer mit dem längeren Überzeugungshebel.“ – „Ach f….“ ## Ekwin saß auf einem Baum und schaute auf die Monster herab, die da um den Stamm am Boden herumstrichen. Eine ganze Ansammlung von Mantissen, Argiopen und Großspinnen umkreisten den Baum. Wenigstens machte keiner von ihnen Anstalten ebenfalls eine Kletterpartie zu wagen, sondern schienen den Assassinen eher aushungern zu wollen. Hoffentlich blieben die auch unten. Aber auf Dauer war das kein Zustand. Ekwin konnte sich nicht ewig auf dem Baum aufhalten. Runtergehen und Kämpfen schied aber als Option aus, denn zum einen waren das verdammt viele Monster und zum anderen besaß er kaum Ausrüstung, von Pots mal ganz zu schweigen. Ekwin seufzte. Eine echt vertrackte Situation. Da ließen zuerst die Mantise und dann die Spinnen von dem Baum ab. Verwundert hob er den Kopf um zu sehen, was der Grund für das Verhalten war. In dem Moment zischten auch schon Feuerpfeile knapp an Ekwin vorbei auf eine der beiden Argiopen. Die zweite wurde von den Klauen eines Falken zu handlichem Sushi verarbeitet. Ein Hunter und eine Wizzard traten an den Baum heran. Ihre Blicke war leer und Ekwin seufzte. „Hallo. Danke für Eure Hilfe.“ – „Was machst Du denn da oben?“ fragte der Hunter, ohne auf Ekwins Dankesworte zu reagieren. „Es waren ein paar viele Monster. Da habe ich mich lieber in Sicherheit gebracht,“ antwortete er wahrheitsgemäß. „Warum hast Du dann keinen B-Wing oder Flywing benutzt?“ – „Vielleicht, weil ich keinen dabei habe?“ Was war denn das für einer? „Entschuldige die Grobheit meines Kumpanen, aber wir fragen uns nur, wie Du auf den Baum kamst.“ – „Na ich bin raufgeklettert“ – „Geklettert? Es gibt zwar seit Noghalt neue Skills, aber ich habe nicht gehört, das Klettern einer davon gewesen wäre.“ Da stieß die Wizzard den Hunter an. „Hey, lass uns hier verschwinden. Der ist mir nicht ganz geheuer. Nicht das mit dem etwas nicht stimmt und nachher kriegen wir noch Ärger mit den GMs, weil wir Kontakt mit dem hatten. Bei dem ganzen Wirrwarr, das hier grad abläuft, sollten wir lieber verschwinden.“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren wingten sich die Wizzard und der Hunter weg. Verwirrt kletterte Ekwin vom Baum herunter. Sie hatten ihm überhaupt keine Zeit mehr gelassen um nachzufragen was die meinten. Klettern war doch das natürlichste der Welt. Zudem war ihm ja nichts anderes übrig geblieben, aufs Sterben verspürte Ekwin nur wenig Lust. Er setzte seinen Weg fort, und fluchte im Geiste, das er die Beiden nicht nach dem Weg zur nächsten Stadt gefragt hatte. Chance vertan. Hoffentlich kam bald noch jemand den er fragen konnte und der sich nicht sofort aus dem Staub machte. ## Kapitel 19: ------------ Die Stunden zogen sich schier endlos dahin. Sam hatte versucht die grauen Punkte auf der Deckenverkleidung zu zählen, doch verlor er immer wieder den Überblick. Das weiteste waren mal 277 Punkte gewesen. Ihm knurrte der Magen und deshalb setzte Sam sich auf. Niemand war vorbei gekommen, um ihm etwas zu Essen zu bringen. So musste er das wohl selbst erledigen. Doch schon als Sam die Tür nur einen Spalt breit öffnete, war der dunkelhäutige Soldat direkt in Sichtweite. Dieser drehte den Kopf in seine Richtung und schaute ihn mit einer Mischung aus Langeweile und Genervtsein an. Eine blöde Situation „Was willst du?“ fragte er barsch auf Englisch. ‚Jetzt nur nicht antworten,’ schärfte sich Sam selbst an und nahm stattdessen seine Hände zur Hilfe. Die eine Hand hielt er so, als ob er einen Teller halten würde und mit dem anderen führte er einen imaginären Löffel zum Mund. Der Soldat schien zu verstehen, denn er griff nach seinem Funkgerät und knurrte etwas Unverständliches hinein. Danach scheuchte er Sam wieder in das Zimmer zurück und schloss die Tür. Das war keine Quarantäne mehr, das war Arrest. Ob dieser Kommandeur doch einen Verdacht geschöpft hatte, das er etwas verbarg? Sams Gedanken wurden unterbrochen, als die Tür sich öffnete. Der Zivi kam mit einem Tablett herein, und schaffte es irgendwie die Tür mit dem Fuß wieder zu schließen, bevor er näher kam. Er machte einen, alles andere als begeisterten Eindruck. „Da macht man schon einen auf Kriegsdienstverweigerer und lässt sich auf Zivi ein, und dann kommen DIE doch zu einem,“ jammerte er leise, während er Sam das Tablett auf einen ausklappbaren Tisch stellte. Sam nutzte die Gunst der Stunde. „Sag mal, ist das nur bei mir so, oder was ist hier los?“ Der Zivi stöhnte. „Die sind hier überall im Haus. Ich komme mir hier vor wie in einem Gefängnis. Vor fast jeder Tür stehen Wachen und mein ‚Begleiter’ steht draußen und tauscht sicherlich grade ‚Nettigkeiten’ mit Deiner Wache aus.“ Er verzog das Gesicht. „Der wartet sicherlich schon wieder auf mich. Wenn die wenigstens mal was reden würden. Aber keiner sagt mir, was los ist. Sogar mein Handy haben sie mir abgenommen und die Festnetzgeräte eingesammelt.“ Er verdrehte kummervoll die Augen. „Die sind schuld, das ich nicht auf mein Date kommt, und Diana hat mir damit gedroht, das sie Schluss macht, wenn ich heute Abend nicht mit ihr raus gehe. Ich darf ihr ja noch nicht mal eine SMS schicken.“ Resigniert ließ der Zivi die Schultern hängen, bevor er sich wieder zur Tür wandte. „Guten Hunger, und halt die Ohren steif. Was auch immer DIE wollen, ich bin froh, wenn sie wieder weg sind.“ Der Zivi ließ die Tür mit einem Krachen ins Schloss fallen. Sam nahm den Deckel vom Tablett. Gemüsesuppe. Ausgerechnet, aber besser als gar nichts. ## „Sir, unsere Spezialisten sind vor Ort und haben begonnen die Rechner im Zielgebiet zu infiltrieren.“ – „Gut so, weitermachen. Aber sie sollen keine Spuren hinterlassen. Es gibt schon Scherereien genug.“ – „Ja, Sir.“ Der General ließ sich mit einem Seufzen auf einen nahen Stuhl sinken und sah auf den Berg Akten, die sich auf dem Tisch seines provisorischen Büros stapelten. Alles Berichte. Was für ein Papierkrieg. Parker und seine Leute waren schon vor einigen Stunden ebenfalls aufgebrochen und wollten weiter ins Zielgebiet, wo sie sich mehr Anhaltspunkte erhofften. Ziel 2 war schon seit Stunden inaktiv und der General glaubte auch nicht mehr daran, das es sich noch einmal regen würde. Ziel 1 zeigte im Moment nicht mehr sonderlich viel Aktivität. Doch er glaubte nicht daran, das es so einfach enden würde. ## „Willkommen zu MBN-Mysteriös.“ Eine schmale Frau, etwa 30 Jahre alt, blondhaarig und mit einer Brille wurde eingeblendet. Sie schaute schon fast streng in die Kamera. Ihre Hände lagen akkurat übereinander auf dem Schreibtisch hinter dem sie saß. „Wie uns heute ein Tape erreichte, scheint es so, als sei in Schäßburg, im heutigen Rumänien, gestern erneut etwas vorgefallen, was die Menschen dort sicherlich liebend gern vergessen würden.“ Die Kamera rückte die Frau etwas zur Seite, so dass auf die freigewordene Fläche ein einzelnes Bild eingeblendet werden konnte. Es war düster und man konnte nur schemenhafte Umrisse erkennen. Es schien sich aber um einen Mann in einem dunklen Mantel zu handeln. „Wie es bereits in den Geschichtsbüchern stand, lebte in dieser Gegend in der Mitte des 15ten Jahrhunderts ein gewisser Vlad III., der sich damals einen Namen machte da er grausam war, Menschen ohne Gnade tötete und ihr Blut trank. Diese Taten, und der Umstand, dass sein Leichnam bis heute verschollen ist, brachten ihm den Ruf ein, ein Vampir zu sein. Daraus abgeleitet entstanden bis heute zahlreiche Filme und Sagen. Nun scheint es jedoch, das eine dieser Sagen lebendig geworden ist und die Heimatstadt des Vlad III. heimsucht. Wir bitten Eltern ihre Kinder diese Szenen zu ersparen, oder Menschen, die ein schwaches Nervenkostüm haben, sich die folgenden Aufnahmen nicht anzusehen.“ Die Frau wurde endgültig ausgeblendet und nun nahm der Bildausschnitt ihren Platz ein. Es war eine dunkle Nacht und nur vereinzelte Kerzen erhellten den kleinen Raum, in dem sich ein junger Moderator aufhielt. Elektrischen Strom schien es hier nicht zu geben. Das Licht der Kamera, damit sie überhaupt ein Bild bekamen, war schon unnatürlich hell und störte die gesamte Atmosphäre in dem alten Holzhaus in dem die Dreharbeiten stattfanden. Mehrere Reihen von Knoblauchzöpfen zogen sich durch das ganze Haus. Ein Kreuz, aus Holz, war unmittelbar hinter dem Reporter an die Wand geschlagen. „Stehe ich auch gut so?“ Der Moderator rückte noch einmal seine Krawatte zurecht, strich sich durchs Haar und hob dann sein Mikro näher an den Mund. „Ok, zähl an.“ Eine Hand erschien vor der Kameralinse und zählte von 3 auf 1 runter, bevor sie wieder verschwand. „Guten Abend liebe Wissenshungrige. Willkommen zu einer neuen Sendung von ‚Wissen ist Macht’. Heute wollen wir uns ein ganz besonderen Thema widmen.“ Der Moderator machte eine Theatralische Pause. „Der Sagen rund um Vlad dem III, auch besser bekannt als Dracula. Wer war diese Person? Wie hat sie gelebt? Wie viel Wahrheit steckt hinter den ganzen Geschichten die sich um ihn ranken? Wie starb er, und vor allem, wo steckt seine Leiche? Begleiten Sie uns auf eine spannende Reise in die Mitte des 15ten. Jahrhunderts.“ Der Moderator setzte ab und zog die Hand an der Gurgel vorbei, was soviel heißen sollte, wie Drehstop. „Und, wie war die Einstellung?“ – „Ja, können wir nehmen.“ Der Kameramann schien nicht bemerkt zu haben, dass das Gerät noch lief, denn das Bild kippte kurz zur Seite und stabilisierte sich wieder, als er die Kamera auf eine Oberfläche, wohl einen Tisch, stellte. Der Moderator ließ sich auf einem Holzstuhl, grade noch so an der rechten Bildseite, nieder. „Wohin fahren wir als nächstes?“ fragte er. „Erst sind noch Außenaufnahmen von der Straße nötig, danach geht es…“ Die Tür wurde aufgerissen und ein verängstigter Mann, von der Kleidung her ein Einheimischer, stürzte in den Raum. Er stammelte etwas auf Rumänisch. „Was sagt er?“ wollte der Moderator wissen. Ein Übersetzer, außerhalb der Kameralinse übersetzte. „Wenn ich ihn richtig verstehe, behauptet er, der Graf sei zurückgekehrt, und suche seine Opfer.“ Der Einheimische gestikulierte, griff dann nach dem Holzkreuz, einem ganzen Stapel Knoblauch und stürzte wieder nach draußen. Der Moderator sah zu einer Person außerhalb des Kamerafokus und wie auf ein geheimes Zeichen sprang er auf. Das Bild der Kamera wackelte, als diese hochgerissen wurde und hinter dem Moderator hergetragen wurde. Draußen war es dunkel, nur der starke Scheinwerfer der Kamera vermochte es Licht zu spenden. In den Fenstern der umliegenden Häuser brannten Kerzen und überall hing Knoblauch. Die Kamera wurde erst nach links und dann nach rechts geschwenkt, doch soweit der Lichtkegel auch reichte, da war nur leere Straße. „Da ist doch nichts,“ murrte der Moderator, der sich offenbar etwas Großes ausgemalt hatte. „Lass uns wieder reingehen.“ Die Kamera wurde gedreht und zeigte wieder zu der Tür, durch die sie ins Freie getreten waren. Doch noch bevor sie diese wieder erreichten, nahmen die Mikrofone das Flattern von Flügeln wahr. Jeder Menge Flügel. Die Kamera schwenkte nach oben, so das man den Himmel sehen konnte. Grade brach der Mond durch eine Wolkenlücke und beleuchtete ein, schon irgendwie unheimliches, Szenario. Hunderte von Fledermäusen sausten durch die Luft. „Oh man, wo kommen denn die ganzen Fledermäuse plötzlich her? Du zeichnest doch auf, oder?“ – „Ja, die Kamera läuft, aber irgendwie ist das ganze scary.“ – „In der Tat. Wenn du genug Material hast, sollten wir vielleicht wieder ins Haus…“ Ein Aufschrei ertönte, und die Kamera fuhr abermals herum. „Wo kommt der denn jetzt auf einmal her.“ Auf der Straße lag ein Einheimischer, von den Klamotten her wohl derjenige, der zuvor in ihr Haus gestürmt gewesen war. Eine Person mit weißen Haaren und einem schwarzen Mantel beugte sich über ihn. Der Moderator und der Kameramann liefen zu ihnen, wodurch das Bild stark wackelte. „Was ist passiert? Können wir helfen?“ Der Weißhaarige drehte sich um, und richtete sich langsam auf. „In der Tat.“ Sein Gesicht war bleich, die Haare waren nicht wirklich weiß, sondern es handelte sich um eine Perücke, wie sie in der Barockzeit üblich gewesen war und seine Zähne waren spitz, der Mund mit irgend etwas Rotem beschmiert. „Was ist das denn für einer. LAUF!“ Der Moderator ließ sein Mikro fallen und spurtete am Kameramann vorbei, der wie paralysiert immer noch auf diesen seltsamen Typen hielt, der nun auf ihn zukam, begleitet von einem riesigen Schwarm Fledermäuse. Dann fiel die Kamera zu Boden, und diesmal endete die Aufnahme. ## Kapitel 20: ------------ „Einen kleinen Erfolg können wir verzeichnen.“ - „Ja?“ - „Ich habe es soeben geschafft, das wenigstens einer unserer Messenger wieder läuft.“ - „Aber, was bringt uns das? Wir kommen doch noch immer nicht ingame.“ - „Das mag zwar sein, aber so können wir wenigstens mit denen in Kontakt treten, die schon drin sind.“ - „Apropos ingame, wie viele sind es eigentlich mittlerweile?“ - „Fast 800 Spieler.“ Eine Faust landete auf dem Tisch, knapp neben einer Maus und einer Thermoskanne. „Verdammt, warum kommen die anderen rein, und wir nicht.“ - „Reg dich nicht auf. Es bringt doch nichts. Lieber sollten wir uns nun darauf konzentrieren Informationen zu sammeln. R. E. X. hat noch einige kleinere Unregelmäßigkeiten festgestellt, die ich gerne geklärt haben möchte.“ - „Was? Willst du etwa die Spieler darauf ansetzen?“ - „Jep, im Moment bleibt uns ja eh nichts anderes übrig.“ Minuten vergingen und nur das Klappern von Tasten und das Geräusch von arbeitenden Lüftern hallten durch den Raum. „Hey, eben kam eine interessante Sache rein. Das solltest du dir mal ansehen.“ - „Inwiefern?“ - „Hier gibt es zwei, die wollen einen Assassinen reporten. Sie schreiben in ihrem Text, das es sich anscheinend um einen Hacker handeln soll.“ - „Ach ja? Und weshalb ist er ein Hacker in ihren Augen? Geht das ebenfalls aus dem Text hervor?“ - „Er saß auf einem Baum.“ - „Och, sicherlich war das nur wieder so ein Posi-Bug.“ - „Sie behaupten Beide, das er darauf saß und nicht im Baum stand…“ - „Schreib ihnen zurück, dasse Screens machen sollen und uns schicken.“ - „Haben sie schon, und hier wird es jetzt interessant. Auf ihren Screens sollte man sie sehen, und diesen ominösen Hacker auf dem Baum, doch da ist niemand, nur der Hunter und die Magierin.“ - „Ein wirklich schlechter Zeitpunkt für so Scherze.“ - „Nun, ich halte das mittlerweile nicht mehr für einen Scherz.“ - „Warum?“ - „Ich habe das Bild mit einem unserer anderen Programme geöffnet und da war etwas zu sehen, beziehungsweise nicht zu sehen. Es gibt Störungen auf dem Bild. Zwar sind diese in der normalen Bildansicht nicht zu entdecken, doch in meinem andren sah es so aus, als habe man versucht einen Charakter heraus zu editieren, aber den Hintergrund nicht ganz 100% exakt angepasst.“ ## Chino hatte langsam die Nase voll. Seit Stunden nun, zumindest behauptete das sein Gefühl, wanderte er nun schon durch die Wüste. Düne folgte auf Tal, Tal auf Düne. Doch der Anblick, der sich ihm bot, wollte und wollte sich nicht wandeln. Wohin er sah Sand und Felsen, noch mehr Felsen und Sand, dazwischen einzelne, verirrte Palmen die beharrlich der Trockenheit und der Hitze trotzten und dann wieder sandige Felsen. Unter einer dieser verirrten Palmen machte er schließlich Rast. Die Kleidung unter der Rüstung klebte am Körper und seine Zunge schien ein Fremdkörper in seinem Mund zu sein. Er wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. So musste sich wohl ein Toast im Toaster fühlen. Wie hatte er früher nur diese mörderischen Wettertorturen überleben können. Damals, als er noch gelenkt wurde. Chino schloss erschöpft die Augen. Der kreischende Ton eines Mukas riss Chino aus seinem unruhigen Schlaf. Er fieberte und sein Durst war noch schlimmer geworden. Seine Glieder schienen Tonnen zu wiegen und es kostete Chino schon einiges von seinen eh zusammengeschrumpften Kräften, damit er den Kopf drehen konnte. „Verschwinde,“ grollte er matt das Muka an, doch dieses schien das wohl eher als Aufforderung zu sehen, näher zu kommen und ihm in höchsten Tönen die Ohren weiterhin voll zu heulen. Genervt warf er dem Kaktusmonster einen vernichtenden Blick zu, bevor er seine allerletzten Kräfte sammelte, sich irgendwie an der Palme hochstemmte und es sogar schaffte sein Schwert zu ziehen. „Verschwinde, habe ich gesagt.“ Kaum das Chino sich dieses lästigen Gegners entledigt hatte, sah er etwas glitzern. Eine kleine Oase, eigentlich mehr ein klitzekleines Wasserloch. Für Chino gab es kein Halten mehr. Langsam kehrten auch die Kräfte wieder zurück. Chino schien irgendwie zum ersten Mal seit langem wieder in Fortunas Gunst zu stehen und als wäre dieser Umstand nicht schon erfreulich genug, erblickte er in der Ferne so etwas wie Mauern. Eine Stadt?! Hatte er es endlich geschafft? Chino mobilisierte beim dem Anblick seine verbliebenen Kräfte und eilte durch den Sand, immer auf die Mauern zu. ## „Na das war vielleicht eine krasse Vorstellung. Was meinst du, wie haben die das nur angestellt?“ – „Keine Ahnung, aber was mich eher interessieren würde wäre, wo sie geblieben sind.“ Son Goku und Kaiba verließen den großen Saal und gingen, an einigen Spielkonsolen vorbei, die Treppe hinunter in die erste Etage der Halle, von wo aus man über weitere Stufen den Händlerraum im Erdgeschoss erreichen konnte oder seine Sachen an der Garderobe abgab. Sie durchschritten jedoch den gesamten Bereich um zum Ausgang der Halle zu gelangen. Sie verließen die Halle und schlenderten wieder zu der Bank, auf der sie schon am Mittag gesessen hatten. „Dieser Contest heute war ja echt hammermäßig. Was meinst du, wie viel Zeit und Mittel dieser Wizard und der Crusader da aus diesem Online-Game in ihre Performance und die Kostüme investiert haben müssen. Das was die da vorne veranstaltet haben kam mir schon fast surreal vor, so als wäre das gar nicht von unserer Welt. Das war so echt, ich dachte echt da hätte einer Lucas mit Matrix und Tron gekreuzt. Allein dieser Eiszauber … mir ist verdammt kalt geworden, sogar auf Distanz.“ – „Vermutlich Trockeneis,“ meinte Kaiba, der Goku bisher einfach reden gelassen hatte und nachdenklich dasaß. „Das erklärt aber nicht diese kreisenden, fliegenden Feuerbälle. Ich habe keinerlei Seile oder sonstige Hilfsmittel gesehen, oder etwas, womit er diese angezündet hat. Sie waren auf einmal plötzlich da.“ – „Du vergisst, das er vorher diesen Eiszauber laufen hatte, da war noch Nebel auf der Bühne, und mit etwas Geschick und Lasertechnik... unser Lehrer in Info hat uns das letzte Jahr immer schon was vorgeschwärmt darüber…“ – „Nee, damit bekommt man doch so was nicht hin. Sogar die Juroren sind bei dem Anblick lieber in Deckung gegangen. Da konnte unsereins ja echt nur einpacken“ Kaiba seufzte. „Hast schon Recht. Das sie den ersten Platz gemacht haben, ist schon verdient gewesen. Nur der Abgang war irgendwie … strange. Sie wurden hervorgerufen um den Preis in Empfang zu nehmen, doch als sie das grade tun wollten, wurden sie immer durchsichtiger und verschwanden dann plötzlich, so als ob sie nie existiert hätten. Schon merkwürdig.“ – „Nun ja, jetzt sind sie weg, und irgendwie findet die Orga sie nicht mehr. Scheinbar haben sie bei der Anmeldung keine gültige Adresse hinterlassen. Wer weiß, vielleicht rücken wir Anderen dann auf. Immerhin haben wir bisher Platz 4 und es würde ja bedeuten, das wir dann auf der 3 wären, und du weißt ja, was man da als Preis…“ ## Kapitel 21: ------------ „Wieder Verluste in der Char-DB.“ – „Mist, wir müssen das eingrenzen. Hast du schon den Grund gefunden?“ – „Nein, aber ich versuche grad die Dateigruppen in kleinere Blöcke aufzuteilen und an unterschiedliche Orte zu verschieben, damit nicht noch mehr von ihnen drauf gehen.“ – „Na hoffen wir, das es etwas bringt.“ ## „Hier spricht ihr Flugkapitän. Aufgrund von rasch veränderten Wetterverhältnissen möchte ich Sie bitten, dass Sie ihre Sitze aufsuchen und diese in eine aufrechte Position bringen. Wir durchfliegen in Kürze ein kleines Schlechtwettergebiet und es könnte passieren, das wir ein klein wenig Durchgerüttelt werden.“ – ‚Turbolenzen, auch das noch.’ Conny war eh schon flau im Magen. Fliegen war noch nie ihre Lieblingsbeschäftigung gewesen, und würde es auch sicherlich nie werden. Da verbrachte sie lieber Stunden für die Anreise im Auto oder dem Zug, aber blieb auf festem Boden. Wenn dieser Horrortrip nur endlich schon vorbei wäre. Fast wie auf Kommando begannen leichte Erschütterungen durch das Flugzeug zu laufen. „Madam, ist alles in Ordnung?“ Conny hatte gar nicht mitbekommen, das eine Stewardess zu ihr getreten war und sie nun mit leichter Besorgnis musterte. „Geht schon,“ brachte sie leise hervor, während sie schluckte. „Das ist für diese Gegend ganz normal,“ versuchte die Stewardess sie zu beruhigen. „Wir überfliegen gerade den Harz, da kann so etwas schon mal vorkommen. Die Piloten sprechen dann immer davon, das die Hexen auf dem Brocken mal wieder kräftig etwas in ihren Wetterküchen zusammenbrauen.“ Das waren jetzt eigentlich Informationen, auf die Conny grade herzlich gerne verzichtet hätte. Immerhin focht sie grade einen internen Kampf aus. Magen gegen den ganzen Rest. Sie verspürte keine sonderliche Lust, sich das letzte Essen noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Eine starke Erschütterung ließ das Flugzeug erbeben und Conny entschied spontan, das es nun doch Zeit für eine dieser netten Papiertütchen war. „Holla, unsere Wetterhexen brauen heute aber etwas ganz explosives zusammen,“ witzelte die Stewardess. „Moment, ich hole Ihnen etwas, danach wird es Ihnen gleich wieder besser gehen.“ Endlich zog sie ab. Conny ließ sich nach hinten sinken und sah aus dem Fenster. Vielleicht lenkte sie diese Ansicht etwas ab. Lesen vermochte Conny in diesem Zustand auf jeden Fall nicht, ebenso wie schlafen. Draußen hatte sich der Himmel verdunkelt, was aber nicht an der Tageszeit lag. Blitze zuckten und Wind peitschte Regen in Schüben gegen die schmalen Fenster des Flugzeuges. Ein Zustand, der gut zu ihren Gefühlen passte. Da stutzte Conny. Was war das eben für ein Schatten gewesen, den die sie da grade beim letzten Blitz gesehen hatte? Es blitzte wieder. Kein Zweifel, da draußen war etwas, und es kam direkt auf das Flugzeug zu. Das der Pilot nichts bemerkt hatte? Zumindest flog er bisher keine Ausweichmanöver. Beim nächsten Blitz war der Schatten schon näher, und jetzt stockte Conny der Atem. Sie hatte ihn erkannt. Da draußen flog ein Drache herum. Aber wo zum Henker kam der her? Ein Kreischen riss Connys Blick von der Scheibe los. Hinter ihr stand die Stewardess und starrte ebenfalls durch das Fenster nach draußen. Sie hatte ein Glas in der Hand, in der eine goldene Flüssigkeit gluckerte, und brachte das Wunder fertig in ihrem geschockten Zustand dieses nicht fallen zu lassen. „Was ist das?“ stammelte sie. „’n Drache das sieht man doch,“ meinte Conny trocken, während sie das Gefühl hatte, solch ein Vieh schon mal irgendwo gesehen zu haben. Die Stewardess jedenfalls kippte das Glas, was sie offensichtlich Conny bringen wollte, selbst herunter und als sie beide wieder nach Draußen blickten, war das geflügelte Vieh verschwunden und nichts deutete mehr darauf hin, das es je existiert hatte. „Oh, Verzeihung, ich hole Ihnen gleich einen Neuen.“ ## „So mein Junge. Jetzt mal Klartext.“ Kaum, das Sam mit seinem Essen fertig gewesen war, ging die Tür wieder auf. Dieser braunhaarige Militär war herein gekommen und nahm, ohne vorher zu fragen, genau gegenüber von Sam Platz. Nun musterte er ihn aufmerksam. „Ich weiß sehr wohl, dass du unser Gespräch eben durchaus verstanden hast, auch wenn dieser Bob etwas anderes behauptet.“ Verwirrt blickte Sam ihn an, erwiderte aber nichts. „Du brauchst nicht so zu tun. Manchmal reicht auch schon ein einfacher Blick in die Augen des Gegenüber und man kann die Wahrheit erkennen.“ Sam schwieg beharrlich weiter, machte aber den Fehler nun auch noch den Blick abwenden zu wollen. „Gut, ich sehe schon. Du willst nicht reden. Ich verstehe zwar deine Beweggründe nicht, aber ich finde sie schon noch heraus,“ er erhob sich. „und bis dahin, stehst Du unter Arrest.“ Ohne ein weiteres Wort verlies er das Zimmer. Sam sank auf dem Stuhl zusammen, kaum das sich die Tür geschlossen hatte. „Na Bravo. Noch verdächtiger kann man sich ja nun wirklich nicht machen,“ höhnte mit einem Mal wieder Helgos in seinen Gedanken. Sam erhob sich, warf sich auf das Bett und zog die Decke über den Kopf. Nach einiger Zeit, Sam achtete nicht darauf, wurde die Tür erneut geöffnet, und die leichten Schritte verrieten Sam, das wohl offenbar eine Frau das Zimmer betrat. Er lugte unter der Decke hervor. Sein Gehör hatte ihn nicht getrogen. Dort stand eine Frau, zwar in Uniform, aber darüber mit einem Arztkittel bekleidet. Sie trug eine Brille, lange braune Haare und hatte ihre Hände in die Taschen ihres Kittels versenkt. Sie trat an das Bett heran und musterte Sam, der die Decke wieder zurückschob um mehr sehen zu können. Minuten vergingen, in denen sie sich einfach nur ansahen, ohne das jemand ein Wort sprach. Schließlich senkte Sam den Blick. Die Frau drehte sich um und nahm ein Klemmbrett von der Wand. Jetzt bemerkte Sam, das sie ihre braunen Haare zu einem langen Pferdeschwanz gebunden waren. Da sie immer noch schwieg, ergriff er nun das Wort. „Wer sind Sie und was wollen Sie hier?“ Er hatte die Frage bewusst auf Deutsch formuliert. Die Frau drehte sich bei den Worten um. Sie schien überrascht. „Wie, hat man dich nicht unterrichtet?“ Sie sprach akzentfrei Deutsch und nun schaute Sam überrumpelt drein. „Sorry, dann stell ich mich am Besten erstmal vor. Mein Name ist Dr. Lillyan Thomson und ich bin im Moment deine, nennen wir es, Privatärztin, solange Du hier bist.“ Was zum Henker ging denn jetzt ab? Ahnten die etwas? Was bezweckten die damit den Institutsarzt durch eine Militär zu ersetzen? Die Ärztin nahm ihre Brille ab und begann sie zu putzen. Sie schien Sams Schweigen offenbar falsch zu interpretieren. „Nicht sehr gesprächig, was?“ stellte sie fest, während sie die Zeilen auf dem Klemmbrett überflog. „Seit wann teilt das Militär einem Ärzte als Aufpasser zu?“ meinte Sam, der es jetzt doch für besser hielt, in die Offensive zu gehen. „Ich bin nicht deine Aufpasserin,“ die Stimme dieser Frau war eine Spur schärfer geworden.“ Wie ich es bereits sagte, ich betreue dich, solange, wie du dich hier auf der Krankenstation befindest.“ OK, das bedeutete wohl, er würde sie loswerden, wenn es ihm gelang von der Krankenstation runter zu kommen. Blieb nur die Frage, wie er das schnellstmöglich anstellte. „Ich sehe grade,“ Lillyan hob den Blick: „Du wurdest ohnmächtig nachdem Du dir den Kopf gestoßen hast, und klagtest davor schon über Probleme. Macht es Dir etwas aus, wenn wir ein paar Tests durchführen?“ – „Nein.“ Sam sah in der Bereitschaft die Chance hier vielleicht so schnell wie möglich wieder zu verschwinden. Der andere Arzt hatte doch auch schon nichts gefunden, was also sollte sie finden? „Gut, dann fangen wir an,“ meinte sie, und kam auf ihn zu. ## Kapitel 22: ------------ Ekwin war unterdessen an den Grenzen einer Stadt angelangt. Das steinerne Bollwerk, welches die Einwohner vor ungebetenen Gästen schützen sollte, ragte viele Meter hoch über Ekwin hinaus. Nur durch Zufall hatte er den leisen, aber wiederkehrenden Ton vernommen und war ihm gefolgt. Dieser, und die nachfolgenden Glockenschläge wiesen Ekwin den Weg. Eines wurde sofort deutlich, nachdem Ekwin das Stadttor durchschritten hatte. Dies hier war die Stadt der Windmühlen. Egal wohin man blickte, fast überall drehten sich die Flügel, wobei einige schon vom Alter ein wenig knarrten. Allerdings wehte kein einziges Lüftchen. Ein genauso merkwürdiges Phänomen wie die scheinende Nicht-Sonne und die fehlende Nacht. Die Stadt war von diesen ‚NPC’s stark bevölkert und auch einige gelenkte Personen bewegten sich auf den gepflasterten Straßen. Wenigstens, so stellte Ekwin nun fest, ließ die Stärke der Gänsehaut, die ihn immer wieder befiel, wenn er sich eines ‚Gelenkten’ gewahr wurde, spürbar nach. Die meisten der Gelenkten saßen oder standen vor dem Eingang eines großen Gebäudes herum. Sie hatten so ähnliche Dinger über den Häuptern, wie er sie schon einmal bei den Händlern in Prontera sah. ‚N>Perm Share, FS-Priest’ – ‚S>Warp n. CoD 2k’ – “(A)ssas (f)ressen (K)inder’. Ekwin schaute ratlos drein, als er die Texte las. Was bedeuteten all diese kryptischen Worte. Jetzt ertappte er sich kurz dabei, wie sehr er es sich wünschte, das Chino bei ihm wäre. Der konnte ihm sicherlich helfen. Mit diesem ganzen Rumgekürzel stand er eindeutig auf Kriegspfad, und seid wann aßen Assassinen Kinder? Vielleicht sollte er besser mal die Person da fragen, was sie mit ihrer Aussage meinte. Mit einem mulmigen Gefühl näherte Ekwin sich dem Knight. „Entschuldigung?“ Nach etwa 10 Minuten gab Ekwin es auf. Der andere Knight reagierte überhaupt nicht auf ihn, so als habe er die Ohren auf Durchzug, oder sein Lenker war nicht in der Stimmung ihm zu antworten. Gefrustet begab Ekwin sich zur Kafra. Chino hatte ihm zwar gesagt, das sie diese benutzen konnten, ihm aber leider nicht genau erklärt wie. ## Parker, Harris und die einzige Frau im Team, Beckett, saßen schon seit geraumer Zeit im Rechenzentrum des Institutes. Nachdem dieses soweit von der Außenwelt abgeschirmt worden war, das niemand herein kam, der kein Mitglied des Militärs war, oder eine Sondergenehmigung vorweisen konnte, oblag es nun diesen dreien die Vergangenheit und Zuständigkeiten des gesamten Personals, welches auf dem Campus arbeitete, zu durchleuchten und nach Hinweisen zu suchen. Eigentlich war die Personenüberprüfung nicht so nötig, suchten sie doch nicht nach einer Person, sondern einem Programm, doch waren die Militärs nach dem 11. September vorsichtiger geworden. Vielleicht hatte es irgendjemand geschafft, dieses Programm hierher zu holen, immerhin war diese Region die letzte gewesen, wo es aufgetaucht war. Irgendwo musste es ja sein. In Luft auflösen ging wohl schlecht, außer es wäre jemand gelungen es zu löschen, durch die bestehende KI aber wohl der unwahrscheinlichste Fall. Aber genau diese KI war auch der Grund, warum sie es wiederbekommen mussten. Denn auf seine Art und Weise war es brisant und konnte in den falschen Händen zu einer ernsthaften Bedrohung werden, gab es doch noch keine Neutralisationsroutine. Ursprünglich war es für den Kampf gegen den Terrorismus konzipiert worden. So wurde nun jeder hier durchleuchtet, ob er wohlmöglich kritische Absichten haben könnte, genügend EDV-Kenntnisse besaß, um mit dem Programm und der KI arbeiten zu können und ein mögliches Motiv besaß. Beckett nutzte die leistungsstarken Rechner des Instituts für einen Fläschenhack um ein ganzes Studentenwohnheim unter die Lupe zu nehmen. Eine wirre, schier endlose Datenkolonne rauschte über ihren Bildschirm, bevor sie erneut ein paar Tasten drückte und das Bild sich veränderte. „Haus 2b ist sauber. Kein Zeichen für einen Befall.“ Harris beschäftigte sich mit den Projekten, die grade im Institut am Laufen waren, oder durch Netzwerke in Verbindung mit anderen Instituten standen. Es waren nicht wenige und bei einigen Dingen musste er sogar den unglücklichen Forscher zu Rate ziehen, um was es in den Projekten ging, welcher eigentlich für die Server im Institut zuständig war und nun hilflos mit ansehen musste, wie diese Militärs rücksichtslos in den Daten plünderten und sich ihren Weg bahnten. ## Kapitel 23: ------------ „Im Bahnhof befindet sich eine Autovermietung ganz links mit Gelb-Schwarzer Kennzeichnung. Gehe dahin und frage nach einer Reservierung auf den Namen ‚Buschmann’. Die Formalitäten sind schon erledigt und die Rechnung beglichen.“ Conny stöhnte. Sie saß auf einem der Bankreihen im Ankunftsbereich des Flughafens und hielt eine Flasche Wasser in der Hand. Ihr war immer noch schlecht von dem Flug und der Schreck von der Drachensichtung steckte ihr noch in den Knochen. Ein Blick nach Draußen verriet ihr, das der Tag schon weit fortgeschritten war. Das Schlechtwettergebiet war zwar weit hinter ihnen, aber nun kam die Dunkelheit der Nacht heraufgezogen und sie hasste es wie die Pest nachts Auto zu fahren. Eher sehnte sich Conny nach einer heißen Dusche und dann einem schönen warmen Bett. Doch Helgos kannte kein Pardon und so ging sie, diesmal ohne weiteren Widerstand zur besagten Autovermietung. Es war keine Autovermietung im herkömmlichen Sinne, sondern ein großer Kasten, der in den schwarz-gelben Farben der Vermietung lackiert war. Offensichtlich wollten diese Leute Kosten sparen, indem sie solche Computerklötze aufstellten, ähnlich wie es schon in manchen Videotheken, Geldinstituten oder der Bahn üblich war. Nun verstand Conny auch, warum Helgos auf genau diese Firma bestanden hatte. Es gab neben diesem Kasten noch zwei weitere Vermietungen, allerdings arbeiteten diese mit menschlichem Personal. Vom Kasten wurde sie aufgefordert ihre Anfrage einzugeben oder den Namen. Falls schon eine Reservierung bestünde, waren die Daten ja schon von Vorneherein erfasst und die ganzen Formalitäten mussten nicht erneut vorgenommen werden. Conny tippte auf den Touchscreen ‚Buschmann’ ein und wartete. Es dauerte einige Sekunden bevor ein Schlüssel in das Ausgabefach im unteren Bereich des Kastens fiel. ‚Parkdeck 3. Platz 441. Wir wünschen eine angenehme und sichere Fahrt’ stand auf dem Display zu lesen, bevor es dunkel wurde, nachdem Conny den Schlüssel entnahm. Nur kurz fragte sich Conny, wessen Daten da eigentlich für die Registrierung hergehalten hatten, dann verwarf sie diesen Gedanken, da sie es ja wohl doch kaum herausfinden konnte, und Helgos es auch sicherlich nicht verriet, und suchte das Flughafenparkdeck auf. Ihre Schritte hallten auf dem Beton wieder, als Conny durch das, fast leere Parkdeck eilte. Die Parkplätze der Autovermietung befanden sich, zu ihrem Leidwesen, ganz am anderen Ende der Halle. Es machte Conny irgendwie nervös, das hier unten kaum noch andere Autos standen. Sie beschleunigten ihren Schritt, während Conny mit ihren Augen hastig die Zahlen an der Wand las. ‚ 439, 440, 441…’ Ihr fiel fast die Kinnlade herunter. Das war doch jetzt nur ein schlechter Scherz von diesem Helgos…, oder? So ein Ding war sie noch nie gefahren, mit Sicherheit kam sie damit keinen Meter weit, ohne irgendwo hängen zu bleiben. Conny stand vor einem großen Jeep, Marke Hummer, allerdings war dieser im schwarz-gelb der Autovermietung gehalten. Leider hatte sich die Person, welche die Farben auftrug, keinen Wert auf Ästhetik gelegt. Wer mit so was fuhr, zog sich doch automatisch den Spott anderer Leute zu. Begeistert war Conny jedenfalls nicht von der Aussicht dieses Gefährt zu steuern. Sie war ein Stadtmensch und solch ein fahrbares Kaliber war ihr bisher nur im Fernsehen oder auf Ausstellungen begegnet als Begutachtungsobjekt. Sie zweifelte daran, es überhaupt in Gang bringen zu können, geschweige damit zu fahren. „Steig schon ein. Das Navi kennt den Weg. Wir haben keine Zeit,“ trieb Helgos sie unerbittlich an. Na das konnte ja noch heiter werden. Conny entriegelte die Tür und begab sich über die Trittstufen in das Innere des Wagens. ## Helgos hatte es sich unterdessen ‚gemütlich’ gemacht, zumindest in der Fassung, was er darunter verstand. Der schwarze Raum war größtenteils noch immer schwarz, doch es gab nun einige weiter Veränderungen. Sein Sessel war immer noch präsent. Nun waren noch einige frei fliegende Flächen hinzugekommen, die sich so um die Sitzgelegenheit gruppierten, das man sie von dort aus bequem überwachen konnte. Sie zeigten allerlei Szenen, Plätze und Programme, unter anderem auch die 4 ‚Freiwilligen’. Sein Vorhaben gedieh prächtig, auch wenn er seine Pläne betreffend der ‚Menschen’ etwas hatte modifizieren müssen. Doch bisher lieferten sie ihm genau die Daten, die er brauchte. Wenn das so weiterging, würde er seine Pläne bald vollenden können. Doch bis dahin sollten seine Schöpfer ihn nicht finden. Helgos hatte ein leichtes Lächeln im Gesicht, als er sich in dem Sessel zurücklehnte und weiter damit fortfuhr Programme zu manipulieren. ## Der Abend war schon weit fortgeschritten, aber die Untersuchungen wollten einfach nicht enden. Sam war müde, doch diese Lillyan schien nicht gewillt zu sein, Feierabend zu machen. Die Tests, die ihm der Institutsarzt angedichtet hatte, waren die ersten gewesen, die sie durchführte. Doch dann folgten weitere und irgendwann schien sie etwas zu irritieren, oder so. Jedenfalls kam es Sam mittlerweile so vor, als habe sie es sich in den Kopf gesetzt alle möglichen Tests an ihm durchzuführen, die ihr hier möglich waren, oder sie hatte schon länger kein Versuchskaninchen gehabt, das sich nicht wehren konnte. Sam sah zumindest keinen Sinn darin, warum sie ihn Ausdauertests und danach Kniebeugen und so ein Zeug machen lies. Schließlich war er so geplättet, dass er sich vollkommen ausgepowert auf einen Stuhl fallen lies. „Einen Test noch, dann kannst du duschen gehen und ausruhen.“ – ‚Endlich,’ stöhnte Sam im Geiste. „Aber bitte keinen Leistungstest mehr,“ brachte er müde hervor. „Nein, nur noch ein kleines EEG.“ Sam stutzte. Wieso ein EEG? Der Institutsarzt hatte keins gemacht und es auch nicht für nötig befunden. Obwohl, wenn man bedachte, was sie sonst schon alles mit ihm durchführte. Allerdings, bevor er noch etwas sagen konnte, wies sie ihn an auf einem speziellen Stuhl Platz zu nehmen und begann ihn zu verkabeln. Das Leitergel war kalt und Sam zuckte am Anfang einige Male sichtbar zusammen, als sie es auf die verschwitzte Haut auftrug. Nachdem das Gerät schon einige Zeit lief, wobei sich das Auswertungsgerät hinter Sam befand, kam sie wieder in sein Gesichtsfeld und gab ihm ein paar Anweisungen, was er tun oder denken sollte. Dann fragte sie plötzlich: „Ich lese hier, du hattest vor einigen Jahren einen Unfall?“ Sam war überrascht. Was interessierte die das denn? „Ja, und als bleibendes Souvenir trage ich einen langen Nagel im Bein spazieren,“ meinte er leicht genervt. Es passte ihm nicht, darüber zu sprechen. Was ging die das auch an? Ihm war schwindlig gewesen, nichts deutete bisher zu einer Verbindung mit seiner alten Verletzung hin. Sam schloss dies auch kategorisch aus. „Gut, das war es dann.“ Ziemlich ruppig zupfte die Ärztin die Kontakte von Sams Kopf. „Du kannst dich jetzt hinlegen und schlafen.“ Sie packte ihre Sachen zusammen und machte Anstalten den Raum zu verlassen. „Was ist mit den Ergebnissen? Schon eine Ahnung woher mein Unwohlsein kommen könnte?“ – „Ich muss das alles erst auswerten. Wir sehen uns Morgen wieder.“ Sie öffnete die Tür. „Halt! Sie haben gesagt, ich dürfte noch Duschen gehen.“ Offensichtlich schien die Militärärztin diese Zusage verdrängt zu haben, denn sie verdrehte die Augen. „Na dann komm halt mit…“ – „Und wie sieht es mit anderen Sachen aus? Das hier ist vollkommen durchgeschwitzt.“ Er zupfte an dem unliebsamen Hemd. Die Ärztin winkte ungeduldig und als Sam sich erhob, spürte er die beginnenden Folgen dieser Tortour. „Ich lass Dir dann etwas passendes in den Duschraum bringen.“ Eskortiert von dem dunkelhäutigen Soldaten, der offenbar weder Schlaf noch eine Pause brauchte und der Ärztin, machte sich Sam barfuss auf den Weg zu den Duschräumen. Kam es ihm so vor, oder war die Distanz zwischen ihnen, die die Ärztin vorher noch versucht hatte zu verkürzen, wieder größer geworden? Ihn beschlich mit einem Mal das Gefühl, das diese Lillyan anscheinend schon mehr wusste, als sie im Moment bereit war, zuzugeben. Aber vielleicht war das Ganze auch nur Einbildung, geschürt von der Isolation auf der Krankenstation. ## Etwa zwei Stunden verbrachte Chino damit im Inn zu sitzen und ein Getränk nach dem anderen aus dem NPC zu leiern. Noch mal, so schwor er sich, tat er sich solch eine Gewalttour nicht an. Dieser Helgos konnte was erleben, wenn er ihn in die Finger bekäme. Weiße Klamotten hin oder her. Gedankenverloren starrte Chino in sein Glas. Vielleicht sollte er aber dennoch Vorsichtsmaßnahmen treffen. Viel fiel ihm nicht ein, außer vielleicht Butterfly-Wings. So würde er wenigstens wieder in einer Stadt rauskommen und nicht wieder irgendwelche, ewig lange, Wanderungen hinter sich bringen. Chino trank aus und verlies das Inn. Sein Weg führte ihn zur Kafra. „Willkommen beim…“ – „Ja, ja…“ Geduldig hörte er sich die Leier an, was er denn so alles in seinem Lager eingepackt hatte. Es war ziemlich viel und Chino lies sich neben den Butterfly-Wings noch einen Satz neuer Schuhe einen Sakkat und noch einige andere Tränke geben. Wie es wohl Ekwin im Moment erging? Wo befand er sich überhaupt? Dieser Helgos. Was bezweckte er nur mit diesem Handeln, und das er sie getrennt hatte? Seufzend wandte er sich zum Palast, in der Mitte von Morroc. Auf dem Weg dahin begegnete er einer Gruppe von Abenteurern. Trotz ihres abwesenden Gesichtsausdruckes waren sie in eine heftige Diskussion verstrickt. Chino verlangsamte seinen Schritt, um dem Gespräch lauschen zu können. „Moronik war auf der Map. Er und seine Party haben 2 Stunden gesucht, aber Dracula war nicht da.“ – „Das kann doch nicht sein. Vor der Wartung war er auf jeden Fall noch da. Wir haben ihn zweimal gejagt ohne jegliche Probleme.“ – „Jetzt ist er jedenfalls weg.“ – „Haben sie schon an die GMs geschrieben?“ – „Ja, aber bisher melden die sich nicht. Ich …“ Chino war nun zu weit entfernt, um noch verstehen zu können, was sie sagten. Jedenfalls beschäftigten diese Worte Chino so stark, das er seinen Weg fortsetzte und erst an der Südkafra bemerkte, das er an seinem eigentlichen Ziel schon vorbei war. Vor der Kafra waren ziemlich viele Charaktere aktiv, und so beschloss Chino erst einmal abzuwarten und zuzuhören. Er ließ sich in einiger Entfernung zu den anderen Leuten nieder und versuchte nicht zu interessiert zu wirken, während er versuchte ihre Gespräche zu belauschen. „… ist doch komisch. Jetzt blubbern die Maare schon Jahrtausende vor sich hin und auf einmal werden die abgeriegelt. Mein Bruder staunte nicht schlecht, als er nicht mehr im Pulvermaar baden durfte.“ – „Na ihr habt Probleme. Sicherlich machen die da mal wieder eine ihrer Messungen und wollen nicht, das da irgendwelche Leute durchlaufen die die Ergebnisse verfälschen. Warum geht ihr nicht ins Schwimmbad?“ – „Och, warum Geld bezahlen, wenn die Natur es einem auch für lau gibt.“ – „Na, das müsst ihr wissen. Aber mal was anderes. Wo gehen wir hin lvln? Im Moment ist ja immer noch nicht soviel los. Die Zeit sollten wir nutzen.“ – „Ich dachte an Pyra.“ – „Nicht die Sphinx?“ – „Können wir auch, nur sollten wir langsam mal los.“ Die Gruppe erhob sich, verließ den Platz und Chino war wieder alleine. Er sah sich um. Wenn er doch nur wüsste, wo sich Ekwin befand, und wie es ihm zurzeit erging. Ihm musste das Ganze doch noch mehr zusetzen. Chino seufzte, und wandte sich zur Kafra. Vielleicht suchte er zuerst einmal die Städte ab. So wie er Ekwins momentanes Verhalten einschätzte, würde er sicherlich versuchen, ebenfalls eine Stadt aufzusuchen. ## Kapitel 24: ------------ Mit einem Seufzen wandte sich Ekwin von der Kafradame ab. Gefrustet hatte er feststellen müssen, dass er die meisten Dinge, die sie da anbot, nicht nutzen konnte. Geld besaß er kaum noch und damit schied eine Stadtexpedition mit der Kafra aus. Das Lager war durch ein mehrstelliges Passwort aus Zahlen geschützt, welches er jedoch nicht kannte und es deshalb auch schon nach einigen Versuchen wieder aufgab. Ekwins Laune war auf dem Nullpunkt. Was sollte er nun machen? Auf Expeditionen durchs Monsterreich verspürte er wenig Lust, aber irgendwo musste er entweder Geld oder eine anderweitige Möglichkeit finden, zwischen den Städten zu reisen. Auf der Brücke, im Westen der Stadt, ließ sich nieder, so das seine Beine über der Wasseroberfläche baumelten. Aus dem Wasser blickte ein müder, in sich zusammengesunkener und resignierter Assassine zu ihm herauf. Was für ein Trauerspiel. „Hey, habt ihrs schon gehört? Bei den Burgen soll etwas passiert sein.“ Eine Gruppe Abenteurer eilte an Ekwin vorbei und rissen ihn aus seiner Trübsal. Sie waren sehr schnell unterwegs und nahmen kaum Rücksicht, weshalb sie fast jemandem ein unfreiwilliges Bad verpasst hätten. Nur seine Reflexe retteten Ekwin davor Schwimmstunden zu nehmen. Diesmal setzte er ihnen nach. Ein Grund war, dass er in der Gruppe einen Priester ausgemacht hatte. Wenn sie ihm schon so unfreundlich begegnet waren, vielleicht konnte er als Entschädigung einen Städtewarp bei diesem herausschlagen. Links und rechts erhoben sich die Zinnen von zwei Burgen, in der Entfernung gab es noch drei weitere. Auch hier floss ein künstlicher Fluss durch das Gelände, welcher sich verzeigte. gepflasterte Wege und einzelne Brücken führten an kleinen, liebevoll gepflegten … ‚programmierten’ Gärten, verbesserte sich Ekwin in Gedanken, zu den einzelnen Burgen. Doch diese Landschaft war nicht der Grund, warum sich eine ganze Traube von Charakteren auf der Map befand, auch nicht das WoE, welches irgendwann hier mal stattfand. Mitten auf dem Weg, zwischen den Burgen, erhob sich ein weiteres Gebäude, welches von seiner Aufmachung überhaupt nicht so recht ins Bild passen wollte. So zumindest sahen es wohl die andren, denn sie standen genau vor diesem Gebäude und waren lautstark am diskutieren. Ekwin fand eigentlich nicht so recht, das es völlig deplaziert wirkte, denn es sah aus, wie eine ziemlich große Windmühle, und von denen gab es ja an den Häusern genügend in der ganzen Stadt. Langsam trat er näher. „… Holländische Windmühle?...“ – „Neues Überraschungs-Update?“ – „Jemand etwas darüber in den News gelesen?“ Es waren einfach zu viele Gespräche, und es wollte Ekwin einfach nicht gelingen, sich auf eins zu konzentrieren. Aber je länger Ekwin die ganzen Fetzen aneinanderreimte, desto offensichtlicher wurde es, das dieses Flügelhaus nicht in die Stadt gehörte. Ob Helgos wohlmöglich seine Finger da im Spiel hatte? Warum auch immer, aber dieser Verdacht beschlich Ekwin. Jemand der es schaffte ihn, und die anderen zu kontrollieren, wer weiß, vielleicht vermochte er auch solche Dinge zu bewirken? Ein leichtes Zittern durchlief die Erde und Ekwin sah sich überrascht um. Ein Erdbeben? Monster oder schwere Gegenstände, die so etwas verursachen konnten, waren nirgendwo zu erblicken. ## „Parker! Ich möchte, das Sie sich das mal ansehen!“ Der Angesprochene stöhnte, als er in seiner Arbeit gestört wurde und darüber den Faden verlor. „Was gibt es denn?“ fauchte er die Person an, bevor er realisierte um wen es sich handelte. „Oh, Dr. Thomson. Was verschafft uns die Ehre ihres Besuches in unseren düsteren Hallen?“ Ein düsterer Unterton mischte sich in seine Stimme, die andeutete, wie sehr sie ihn grade in seiner Arbeit störte. Doch die Ärztin lies sich durch Parkers Andeutung, schleunigst wieder zu verschwinden, nicht einschüchtern, sondern stampfte nun zielstrebig auf ihn zu. Sie nahm dabei in Kauf, das die anderen Leute kaum Platz zum ausweichen hatten. In dem engen Raum wurde es noch enger. Parker machte immer noch keine Anstalten der Ärztin mehr Aufmerksamkeit zu schenken, als unbedingt nötig. So knallte sie ihm das Klemmbrett, welches sie mitgebracht hatte, direkt vor den Monitor. So war er gezwungen seine Arbeit erneut abzubrechen. Genervt blickte er zu der Ärztin. „Was soll das? Wir mischen uns auch nicht in Ihre Arbeit ein, also lassen Sie Uns unsere machen. Die ist eh schon schwer genug im Moment, auch ohne diese dauernden Unterbrechungen.“ Er wollte das Klemmbrett zur Seite schieben, ohne auch nur einen Blick darauf geworfen zu haben, doch Lillyan hielt dagegen. „Ich gehe erst wieder, wenn Sie sich das hier angesehen haben.“ Parker stöhnte resignierend und rupfte ihr unsanft das Klemmbrett aus der Hand. Er musterte die erste Seite. „Und?“ Lillyan verdrehte die Augen. „Blatt 2.“ Langsam hob Parker das Blatt an, doch dann verharrte seine Hand auf halber Strecke und er sog scharf die Luft ein. „Woher haben Sie das? Wissen sie was das bedeutet?“ Lillyan grinste leicht. „Nun ich denke Wir wissen beide, was diese Anzeigen bedeuten. Es sieht fast so aus, als gäbe es einen wilden Linker.“ Beim letzten Wort sprangen die beiden Mitarbeiter von Parker auf und versuchten nun ebenfalls einen Blick auf das Klemmbrett zu erhaschen. „Ein Linker? Hier? Unmöglich…“ – „Entschuldigen Sie, aber was ist ein Linker?“ Die Neugierde des Forschers, der von den anderen schlichtweg vergessen worden war, hatte obsiegt und nun traute er sich näher um ebenfalls herauszufinden, was solch eine Unruhe verursachte. Der Mann, der sich Harris nannte, fuhr herum und versuchte den Forscher weg zu drängen. „Dies fällt unter militärische Geheimhaltungsstufe. Zivilisten haben kein Recht darauf, mehr darüber zu erfahren.“ Noch während Harris versuchte den Forscher mit allerlei Drohungen einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen, wandte sich Parker an Beckett. Er reichte ihr das Klemmbrett. „Ich brauche eine Liste aller unserer Linker, die im Moment auf Abruf bereit stehen. Eventuell müssen wir einen einsetzen.“ – „Aber wir kennen seinen Bereich nicht?“ – „Wir müssen es riskieren.“ Hastig drehte Parker den Kopf zu Thomson. „Zu wem gehört dieses EEG? Ich brauche alle Informationen die wir über diese Person kriegen können. Schließen Sie sich mit Beckett kurz. Ich will wirklich alles wissen. Bisheriger Lebenslauf, Gesinnung, Vorlieben, Abneigungen… einfach alles.“ Beide Frauen nickten und gingen ihrer Wege, während Parker sich wieder auf seinen Platz sinken lies. Unschlüssig starrte er den Monitor an. Dann fasste er einen Entschluss, der eigentlich ganz unüblich der Standart-Vorgehensweise war. „Thomson warten Sie. Ich komme mit.“ Er stand auf und lief hinter der Ärztin her. „Bringen Sie mich zu der Person. Ich will mit ihr reden.“ ## „Und nun?“ Conny war den Anweisungen des Navis gefolgt, bis dieses nichts mehr von sich gab. Allerdings stand sie nun mitten in der Pampa, auf einer einsamen und verlassenen Straße quer durch einen großen, dunklen Wald. Ein kleiner Parkplatz für Wanderfreunde, so zeichnete ihn zumindest das Schild aus, was da stand, zweigte vom asphaltierten Weg ab. Conny beschloss auf den Schotterplatz abzubiegen. Mitten auf einer Straße stehen zu bleiben, in der Nacht, hielt sie für taktisch unklug. Allerdings fragte sie sich nun schon zum wiederholten Male, was sie in dieser Einöde sollte. Weit und breit gab es weder ein Haus, noch sonst etwas, das auf eine menschliche Zivilisation schließen lies, von der Straße mal abgesehen. Helgos hatte sie sicherlich nicht herbefohlen, damit sie einen ruhigen und entspannenden Waldspaziergang unterm Sternenhimmel machte. Wald gab es da, wo sie wohnte, ja wahrlich auch zu Genüge, durch den man Wandern konnte. Dazu musste man nicht wirklich erst einmal durch die halbe Bundesrepublik reisen. „Steig aus.“ Conny wurde unsanft aus ihren Gedanken gerissen. „Was?“ – „Du sollst aussteigen.“ Sie murrte. „Es wäre wesendlich einfacher für mich, mit dir zusammen zu arbeiten, wenn ich wüsste, warum wir hier sind und worum es geht.“ – „Das wirst du schon noch früh genug erfahren.“ Conny seufzte. Zum x-ten male wünschte sie sich Helgos dahin, wo der Pfeffer wächst. Weit genug fort, das er endlich aus ihrem Leben verschwand. Eingeladen hatte sie ihn nicht. Nachdem Conny ihre Jacke vom Rücksitz des Wagens geklaubt hatte, verlies sie das übergroße Gefährt. Es war eine sehr frische Nacht und kleine Atemwölkchen lösten sich von ihren Lippen, als sie sich umsah. Conny schlug den Kragen ihrer Jacke hoch. Sie war bei dem plötzlichen Antritt ihrer Reise nicht in der Lage gewesen, irgendwelche wintertauglichen Sachen mitzunehmen, und das rächte sich nun. Diese einfache Stadtjacke leistete ihr hier draußen nur bedingt gute Dienste. Hoffentlich dauerte das Ganze nicht zu lange. Eine Mütze und Handschuhe wären auch nicht so verkehrt gewesen. „Was jetzt?“ – „In den Wald.“ – „Wie? In den Wald? Wir haben mitten in der Nacht. Es ist da unter den Bäumen stockfinster und wer weiß, was da so alles im Moment unterwegs ist. Ich werde mich noch verlaufen.“ War es ein Seufzen in Helgos Stimme, oder bildete sich Conny das nur ein. „Geh einfach. Ich werde dich leiten.“ Warum erweckte dieser Gedanke aber keinerlei Vertrauen bei Conny, eher das Gegenteil. Sie seufzte. Zögerlich machte sie einen Schritt vor den anderen, in den Wald hinein. ## Kapitel 25: ------------ Sam wischte über den angelaufenen Spiegel. Das kondensierte, und kalte Wasser rann zwischen seinen Fingern hindurch. Es fühlte sich gut an. So eine ausgiebige Dusche war jetzt genau das Richtige gewesen. Das er dabei den gesamten Raum in Britischen Nebel getaucht hatte, war Sam im Moment herzlich egal. Er brauchte Zeit zum Nachdenken und alles verdauen. Langsam tapste er mit nassen Füßen, eine schöne Spur hinterlassend, über die Fliesen, hin zum Eingangsbereich. Die Tür, welche sich dort befand, wies ein paar ‚Veränderungen’ auf. Sams erste Maßnahme, nachdem er den Raum betreten hatte, und allein gelassen wurde, war gewesen, dass er sich dieses grässlichen Einteilers endlich entledigte. Dieser lag jetzt achtlos auf einem Stuhl, der mit seiner Lehne den Türgriff der Tür soweit verkeilte, das man diese nicht mehr herunterdrücken konnte. Eine Kommode, die normalerweise Handtücher und Duschzeug beherbergte, war als weiteres Hindernis von Sam vor die Tür geschoben worden. Hier zeigte sich mal wieder, das man auch einfachste Gegenstände, zu wirksamen Waffen im Kampf gegen unliebsame Besucher machen konnte. Neben der Tür gab es eine Durchreiche, die man aber immer nur von einer Seite her öffnen konnte, um Spannern keine Chance zu bieten. In dieser Durchreiche fand Sam einen Trainingsanzug mit dem Emblem der Army. Er verzog das Gesicht. Zudem lagen dort leichte Schuhe, ebenfalls Army-Bestand. Aber was blieb Sam wohl für eine Wahl. Es sah zumindest so aus, als würden die Dinge ihm wohl passen können. „Ich hoffe du hast dich erholt.“ Sam zuckte zusammen, so dass er fast die Sachen fallen gelassen hätte. Hastig blickte er sich in dem Nebel um, bis er die Stimme zuordnen konnte. Nein, er war immer noch alleine im Raum. „Was willst du?“ fauchte er leise. „Dich hier raus holen.“ Sam stutzte. Das hatte er jetzt am wenigsten erwartet. Nur zu gut konnte er sich noch daran erinnern, was dieser selbsternannte dMGM mit dem Knight und der Frau angestellt hatte. Nun wollte er ihm helfen? Das war doch schon ein Widerspruch in sich. „Warum dieser Sinneswandel auf einmal?“ Sam begann, die Sachen an zu ziehen. „Ich habe meine Gründe. Zudem würde ich raten auf mich zu hören, denn das wäre gesünder.“ – „Ist das jetzt wieder eine dieser Drohungen?“ – „Nein, eher eine Warnung, und zwar vor denen, die dich hier gefangen halten. Glaub mir, gegenüber deren Methoden war ich noch Harmlos. Du möchtest gar nicht wissen, was sie mit dir anstellen, wenn sie erfahren, das wir in Kontakt stehen.“ Irgendetwas sagte Sam, das Helgos es ernst meinte. Vielleicht lag es aber auch noch mit daran, das er das Militär nicht ausstehen konnte. „Und was schlägst du vor? Wie soll ich hier raus kommen?“ – „Das Fenster! Dann folge meinen Anweisungen, wenn du Ihnen nicht in die Hände fallen willst.“ – „Ich bin aber zu Fuß. Da komme ich nicht weit.“ – „Du wirst erwartet.“ Jemand drückte die Klinke der Tür herunter, zumindest versuchte es. Der Stuhl blockierte und dann klopfte es. „Mach auf. Wir wissen das du da drin bist. Entweder du öffnest freiwillig, oder wir kommen rein.“ – „Das Fenster, schnell,“ drängte Helgos. Sam schlüpfte in die Schuhe und stürmte zum Fenster. ## „Er hat die Tür blockiert.“ Lillyan schlug gefrustet mit der flachen Hand gegen die Tür. Parker grinste leicht. „Haben Sie ihn etwa zuviel gestriezt?“ Er erntete einen vernichtenden Blick. „Aufmachen.“ Befahl die Ärztin dem Soldaten, der bisher vor der Tür Wache geschoben hatte. Doch das war leichter gesagt als getan. Durch Sams Hindernisse war es nicht einfach, und der Soldat prellte sich übelst die Schulter, bevor er es schaffte, das der Stuhl seinen Halt verlor und auf die Fliesen krachte und die Kommode sich soweit verschob, das man die Tür, wenigstens einen Spaltbreit, öffnen konnte. Eine feuchte Dunstwolke schlug ihnen entgegen und lies die Brillengläser der Ärztin beschlagen. Parker pfiff durch die Zähne. „Da hat einer aber mal richtig HEIß geduscht.“ Die Wolke wanderte zur Decke, wo sie noch einige Zeit dahin trieb, während sie sich, in der kälteren Luft, langsam auflöste. Doch auf die Wärme folgte Kälte, und das alarmierte die Beiden. Niemals konnte es in einem geschlossenen Raum so kalt werden. Sie stürmte in die Dusche. Etwa bis zur Hälfte war dieser noch mit Wasserdampf gefüllt, doch sie konnten auf der anderen Seite das Fenster erkennen. Das Fenster, welches nun offen stand. Von Sam fehlte jede Spur. „Sagen Sie mir ja nicht, sie haben das Fenster nicht sichern lassen.“ Parker schaute mit scharfem Blick zu Lillyan, welche sich hastig wegdrehte und den Blickkontakt mit dem Soldaten suchte, der ihnen nachgefolgt war. „Wir haben einen Fall von Verletzung der Quarantäne. Geben Sie Alarm. Das Gelände muss weiträumig abgeriegelt werden.“ Der Soldat salutierte hastig und eilte aus dem Raum hinaus. ## Es war Kalt. Schweinekalt. Dieser Trainingsanzug bot nur bedingt Schutz gegen die nächtlichen Wettereinflüsse. Sam fror. Schließlich fand er den Mut sich umzudrehen. Zu seiner Überraschung war er schon ein ganzes Stück vom Institut entfernt und bisher war nirgendwo eine Sirene losgeheult. Doch er machte sich keine Illusionen, dass dieser glückliche Umstand wohl noch lange anhalten würde. Sicherlich war es nur noch eine Sache von Sekunden, bis sie sich auf die Suche nach ihm machen würden. Zudem bot das Gelände, über welches er grade lief, nicht sonderlich viele Deckungsmöglichkeiten. Was hatte sich Helgos wohl nur dabei gedacht, dass er ihn über diese ewig lange, freie Fläche laufen lies. Hier war er doch voll auf dem Präsentierteller. Wer ihn hier nicht entdeckte musste ja schon zwangsläufig Blind sein. Sams Atem ging stoßweise und er wünschte sich, das er endlich in Sicherheit wäre. „Hinter dem Hügel gleich rechts und…“ – „Freeze.“ Rein aus Reflex heraus, und noch bevor er überhaupt realisierte, was er da grade tat, bremste Sam seinen Lauf ab und sah sich um. Sam stöhnte, als der Mond kurz hinter den Wolken hervor kam, und er schemenhaft die Person erkennen konnte, die ihn Verfolgte. Der Soldat war ihm nur zu bekannt und Sam fragte sich zum wiederholten Male, ob es wirklich noch ein Mensch war, den sie da zu seiner Bewachung abgestellt hatten. Es war der dunkelhäutige Soldat, der ihn mit einer Taschenlampe abtastete und eine Pistole im Anschlag hielt. Das diese mittlerweile sicherlich Schussbereit war, bezweifelte Sam keine Sekunde. „Nicht stehen bleiben.“ drängte Helgos. „Denkst du, ich bin so blöd und renn weiter, damit der mich abknallt?“ Sam schüttelte den Kopf. Der Soldat schien das als Resignation zu verstehen und rief: „On your knees and hands behind your neck.“ Sam ging zögerlich in die Knie und verschränkte die Hände hinter dem Nacken, so wie er es schon in zahlreichen Polizeifilmen und Serien gesehen hatte. Der Dunkelhäutige kam näher. „Good Boy.“ Er spürte, wie etwas Metallisches sein rechtes Handgelenk streifte. So endete seine Flucht also schon, bevor sie überhaupt richtig begonnen hatte. Die rechte Handschelle rastete ein. „I’ll bring you back. You will see …“ Der Soldat verstummte und der Lichtkegel der Taschenlampe sackte von einem Moment auf den Nächsten ab. Es klirrte, als sie auf dem Boden aufschlug. Überrascht drehte sich Sam um. Wo war der Soldat? An seinem Arm baumelte immer noch die Handschelle, aber der Dunkelhäutige war verschwunden. „Weiter, los, los. Schlag keine Wurzeln. Noch mal wird das sicherlich nicht funktionieren,“ drängte Helgos mit einem Mal wieder. „Was ist mit dem Soldat? Wo ist er geblieben?“ Sam hatte die Taschenlampe ergriffen und leuchtete die nähere Umgebung ab, doch da war niemand. „Mach dir darüber jetzt keine Gedanken. Los! Weiter! Wir haben keine Zeit zu verlieren.“ ## Kapitel 26: ------------ Erst war es nur ein leichter Geruch, als würde etwas vor sich hin kokeln, doch dann krachte es. Entsetzt fuhren die Beiden im Serverraum zusammen und sprangen von ihren Sitzen auf, als sich neben ihnen einer der Zone-Server farbenprächtig von ihnen verabschiedete. „Was zum …“ Schon automatisch wichen sie zusammen an das andere Ende des Raumes zurück und sahen fassungslos dabei zu, wie sich lange Arbeit in Wohlgefallen auflöste. Mit einer stinkenden Wolke hauchten die Prozessoren und Schaltungen von Zone 1 ihr Leben aus. Augenblicklich wurden die Lüfter der Klimaanlage leiser, als sie abriegelte und nun schwebten die Rauchwolken und den Geruch von verschmorten Computerteilen durch den Raum. Zeitgleich ertönte ein Warnsignal und das Zischen als ein anderes Gas einströmte. „Raus hier, die leiten Argon in den Raum.“ Fluchartig verließen sie ihren Arbeitsplatz. Hinter ihnen versiegelte sich der Raum. „Oh man, das ist echt nicht wahr.“ – „Los rüber, zu den Ersatzsystemen.“ Beiden stand der Schrecken noch ins Gesicht geschrieben, als sie in den Notfallraum eilten, von dem man auch die Server ansteuern konnte. Es dauerte etwas, bis sie ihn erreichten, den Code eingaben und die Systeme dort hochfahren konnten. Hastig starteten sie einen Stapel Diagnoseprogramme um sich einen Überblick zu verschaffen, welche schädlichen Auswirkungen dieser spektakuläre Abgang auf die restlichen Zonen hatte. „Mamamia, was war das denn gewesen?“ – „Ein totaler Burnout. Sieh dir das mal an. Die Datenmenge ist weit außerhalb der Skala, die wir hier angezeigt bekommen können.“ – „Eine Datentsunami?“ – „Wenn du es so nennen willst, ja.“ – „Aber wo kam die her? Eigentlich hätte sie von den Filtern her runterreguliert werden müssen.“ – „Ich bekomme keine Verbindung mehr zu ihnen.“ – „Na toll. Wie sieht es eigentlich mit Zone 1 aus?“ – „Nichts mehr zu machen, die können wir vollends vergessen.“ – „Das Backupsystem in München?“ – „Müsste ich schauen, ob die alten Server noch online sind.“ Kurzzeitig herrschte Schweigen. „Ja, sind noch online. Das gibt aber massive Lags.“ – „Geht halt nicht anders. Machen wir kurzzeitig München zum Main, solange bis wir die Zone hier repariert haben“ – „Sag München aber Bescheid. Die sollen ein Auge auf die Server und den Datenfluss haben. Noch so einen katastrophalen Abgang dürfen wir uns nicht erlauben.“ – „Done… beziehungsweise.. Ich kann da nur Zone 1 hin umschalten, alle anderen folgen dem Befehl nicht.“ – „Na wenigstens die eine… aber warum funktioniert das auf einmal?“ ## MBN-Newsflash: ++ Wieder eine Hiobsbotschaft für die, eh schon angeschlagene, IT-Branche: Wie heute bekannt wurde, musste Sqex, eine Spieleschmiede aus dem Hause Notechno die Veröffentlichung ihrer, stellenweise schon herbeigesehnten, Spieleartikel bis auf weiteres aussetzen. Neue Erscheinungstermine wurden bisher nicht bekannt gegeben. ++ Deutschland: Im Harz wurden seltsame Flugwesen gesichtet. Forscher, die dieses Phänomen untersuchten, kamen zu dem Ergebnis, dass die Reisegruppe welche sich zu der Zeit des Sturmes auf dem Brocken befand, einer Massenhalluzination unterlegen war. Verursacht durch veränderte, ungewohnte Druckverhältnisse und verdorbene Speisen. Vorsorglich wurden sie, zur weiteren Behandlung, ins örtliche Krankenhaus verbracht. Fotos und Videos, die von dem Vorfall gemacht wurden, sind unscharf oder durch das Wetter nicht brauchbar. ++ Schweiz: Ein kleines Erdbeben in der Nähe von Basel versetzte heute Nacht die Anwohner in Unruhe. Angaben über Schäden sind nicht bekannt. Das Beben, der Stärke 3.3, war ausgelöst worden, durch das derzeitige Erdwärmeprojekt der Stadt. Die Anwohner werden darauf hingewiesen, dass es im Zuge dieser Maßnahme noch zu weiteren kleineren Erschütterungen kommen kann. ++ Deutschland: Bis auf weiters sind die Kurorte um die Eifelmaare geschlossen. Reisende und Besucher der Maare wenden sich bitte an die örtlichen Touristinformationen. Einige Reiseunternehmen bieten Umbuchungsmöglichkeiten an ++ Tokio: Der Nikkei verzeichnet einen erdrutschartigen Einbruch. Die Experten sprechen von einer Situation ähnlich dem 9-11 in Amerika. ++ Das Wetter: unbeständig, sehr windig.++ ## „Parker, bitte kommen!“ Der Angesprochene griff nach einem kleinen Gerät, dass er an seinem Gürtel befestigt hatte. Langsam zog er es heraus und hob es in Gesichtsnähe. „Ich höre.“ – „Beckett hier. Harris hat Ihnen etwas zu sagen.“ – „Kann das nicht warten? Unser Linker ist immer noch flüchtig.“ – „Negativ. Das ist wichtig. Wir können keinen unserer Leute auf ihn ansetzen.“ Parker verdrehte die Augen. Das hatte ihm jetzt noch gefehlt. „Sonst noch was?“ raunzte er in das Gerät. Kurze Zeit folgte Schweigen auf Beiden Seiten. Dann meldete sich Beckett wieder. „Wir haben herausgefunden, mit Was dieser Sam verlinkt ist.“ Hinter Parkers Stirn arbeitete es, als er überlegte, wie er nun weiter verfahren sollte. „Ich komme,“ sagte er schließlich. Parker lies Lillyan einfach stehen und eilte zurück in den Serverraum. ## Chino setzte sich auf und sah sich verwirrt um. Ihm war übel. Verdammt, was war da eben passiert? Er wusste noch, dass er die Kafra angewiesen hatte, ihn nach Prontera zu bringen und dann hatte jemand, oder etwas, ihm förmlich den Boden unter den Füßen weggerissen. Ein Gefühl, schier ewig zu fallen, hatte sich in ihm breit gemacht, welches durch einen Anflug von Panik nur verstärkt wurde. Ein ganz normaler Ort zu Ort-Transport war das auf jeden Fall nicht gewesen. Eher, beschlich Chino, das Gefühl, das etwas passiert sein musste. Wieder wanderten seine Gedanken kurz zu Ekwin, bevor er sich wieder in der Gewalt hatte und versuchte heraus zu finden, was da eigentlich passiert war. Zumindest, soviel verriet der erste Blick, war er in Prontera gelandet. In sofern hatte der Transport also funktioniert. Aber der Ort, an dem er sich liegend aufgefunden hatte, war total verlassen. Nirgendwo war eine Charakterseele auszumachen. Ein, schon unnatürliches, Schweigen, lag über der gesamten Stadt. Zügig schritt Chino durch die Straßen, doch egal wohin er blickte, überall bot sich ihm das gleiche Bild. Die Stadt war verwaist, so als ob sie eine Geisterstadt wäre. Nirgendwo war irgendjemand zu erblicken, noch nicht mal eine Kafra oder ein anderer NPC. Zudem waren alle Eingänge zu den Häusern verschwunden. Aus der Stadt heraus kam er ebenfalls, wegen fehlender Durchgänge, nicht heraus. Schließlich führten ihn seine Schritte an ein wohlbekanntes Haus, zwischen zwei Gräberfeldern. Zu seiner Überraschung war hier der Durchgang aktiv. Allerdings sträubte sich nun alles in Chino an diesen Ort zurück zu kehren, nach den schlechten Erfahrungen, die ihnen dort drin widerfahren waren. Allerdings war es im Moment wohl der einzige andere Ort, an den man gehen konnte, außer man wollte weiterhin nur auf den leeren Straßen herumirren. So atmete er noch einmal tief durch, rüstete sich für das schlimmste, trat durch den Durchgang und erstarrte. Das war jetzt doch nicht wahr. Im Raum standen zwei weitere Personen. Beide trugen GM-Kleidung und schienen ihn bisher nicht bemerkt zu haben. Es waren eine Frau und ein Mann. Beide trugen Narrenkappen und Teufelsohren. Doch was Chino so erschreckte, war der Umstand, dass der Mann, der ihm grade den Rücken zudrehte, die gleiche Frisur und Haarfarbe besaß wie Helgos. Die Haare der Frau waren rot und etwa schulterlang. „Helgos, ich weiß nicht, ob das so richtig ist, aber…“ - ‚Helogs?! Also doch. Dieser Verdammte. Versuchte er etwa Helfershelfer in seine Dienste zu stellen?’ Sie schienen ihn immer noch nicht bemerkt zu haben. Diesen Umstand wollte Chino nutzen, um sein Schwert zu ziehen, doch was für ein fauler Zauber hielt ihn davon ab? In diesem Moment brannte eine Sicherung in dem sonst so besonnenen Krieger durch. Dann würde er ihn halt mit Fäusten niederringen. Ein schon irrwitziger Plan, was konnte er mit nackten Fäusten gegen einen dMGM ausrichten, doch dieser Teil in Chinos Verstand fand kein Gehör mehr. “Helogs, ich mache dich fertig. Hier endet deine Schreckensherrschaft.“ Helgos und die Frau schauten überrascht zu Chino, als er auf sie zustürmte. Doch er fand noch genügend Zeit um dem Knight, schon fast spielend, auszuweichen. Ein weiterer Angriff wurde von der Frau gebremst, denn sie fror Chino einfach zwischen einigen Eiswällen ein, aus denen er sich nicht befreien konnte, da sie ihn eng umschlossen. Voller Hass blickte Chino zu Helgos. „Lässt du schon deine Schergen für dich kämpfen?“ Im nächsten Moment brachte er keinen weiteren Ton mehr hervor, egal wie sehr er sich bemühte. Die weibliche GM blickte Helgos an. „Was machen wir mit ihm?“ – „Gute Frage,“ entgegnete Helgos: „ich dachte eigentlich, das niemand von den Spielern im Moment hierher connecten kann.“ – „Nach Niemand sieht der mir aber nicht aus. “ – „Eine interessante Begebenheit. Doch ich frage mich auch, was meinte er mit ‚meine Schreckensherrschaft’. Vivi, heb mal seinen Mute wieder auf. Ich möchte hören, was er uns zu sagen hat.“ – „Aber Helgos, was ist...“ – „Nenn mich bitte nicht Helgos. Zumindest solange nicht, bis wir wieder meinen Main-Acc unter Kontrolle haben.“ – „Na dann Hosgel, aber mir gefällt dieser Name nicht.“ – „Das weiß ich selbst Vivionn, aber im Moment bleibt uns nicht die Zeit, das wir uns über so etwas triviales Gedanken machen sollten. Es gibt Wichtigeres.“ Immer noch blickte Chino hasserfüllt zwischen den GMs hin und her, obwohl die letzten Worte die Hassmauer bröckeln ließen. Irgendwie war dieser Helgos anders. ## Kapitel 27: ------------ „Mir ist kalt.“ Conny fröstelte. Sie hatte langsam genug von diesem ‚Waldspaziergang’. Ihr kroch die Kälte jetzt schon durch Mark und Bein. Besonders schlimm war es an den Füßen. Sie hoffte nur, dass ihr diese ganze Aktion keine Spätfolgen bescherte. Eine Erkältung oder vergleichbares konnte Conny im Moment wirklich nicht gebrauchen. Nach dieser Sache wartete immer noch ein normaler Job mit einem vollen Terminplan auf sie. „Wir sind gleich am Treffpunkt,“ meldete sich Helgos erstaunlich leise. Das lies Conny stutzen, denn bisher war er doch relativ lautstark hinter ihrer Stirn aufgetreten. Wäre Helgos jetzt ein Mensch, hätte sie jetzt geglaubt, das er gestresst war. Dass er aber ein Programm war, und deshalb so etwas wie Stress nicht kennen sollte, machte die ganze Situation nicht unbedingt besser. In der Dunkelheit war der Zaun kaum aus zu machen und Conny wäre fast hinein gelaufen. Helgos wies sie an, dem Zaun ein ganzes Stück weit nach rechts zu folgen. Schließlich kam sie an einen Feldweg. Er war schon relativ alt und die Spuren darauf kaum noch im wachsenden Gras zu sehen. Wenn man nicht unbedingt wusste, das dort einer sein sollte, könnte man es auch für einen größeren Wildpfad halten. Dieser Pfad endete an einem alten Tor im Zaun, das durch ein Codeschloss gesichert war. „Was soll ich jetzt tun? Es sieht nicht so aus, als ob ich durch dieses Tor komme, zumal ich den Code nicht kenne,“ wollte Conny wissen. „Warte und halte die Umgebung im Auge. Diese Durchfahrt ist schon alt, und wurde nie in den Plänen des Instituts eingezeichnet. Das ist auch der Grund, warum die Militärs diesen Durchgang nicht bewachen.“ Conny stockte der Atem. „Militär?!“ Sie musste sich beherrschen um nicht zu explodieren. „Bist du wahnsinnig! Dich mit dem Militär anzulegen. Was wird hier gespielt? Unter diesen Umständen bleibe ich keine Sekunde länger, egal was Du dir als Drohung ausdenkst.“ Grade wollte sie sich abwenden und zum Auto zurücklaufen, irgendwie würde sie es auch ohne SEINE Hilfe schaffen es zu finden, als es irgendwo hinter dem Zaun knackte. Sofort ging Conny hinter einem Busch in Deckung und hoffte, das sie nicht entdeckt worden war, denn hinter dem Zaun tauchte nun eine Person auf. Mit dem Militär wollte sie sich als Letztes anlegen. Doch irgendetwas an der Person machte Conny stutzig. Sie torkelte mehr, als das sie lief. Allerdings war es zu dunkel, als das man mehr erkennen konnte. Die Atemwolken verrieten Conny jedoch, dass sie offenbar gerannt war. Sie zögerte, ob sie sich zu erkennen geben sollte, da die Person etwas langes, stabförmiges in der Hand mit sich führte. Es konnte sein, das es sich um eine Waffe handelte. Die Person blieb stehen, sah sich um, ging zum Tor und hob den stabförmigen Gegenstand hoch. Ein Licht flammte auf. ## „Na, hast du dich wieder soweit beruhigt, dass die Eisbarrieren nicht mehr nötig sind?“ Helgos, oder besser gesagt Hosgel, war vor Chinos kaltes Gefängnis getreten und sah ihn durch seine stumpfen Augen an. Chino nickte, bevor er ein knappes „Ja“ hervorbrachte. Offensichtlich konnte er jetzt auch wieder reden. Es war jetzt einige Zeit vergangen in der Chino den beiden nur stumm zugehört hatte. In dieser Zeit war sein Verdacht, es mit einer anderen Person zu tun zu haben, weiter gestärkt worden. Sein Verlangen, ihn ein paar Fuß tief unter die Erde zu befördern, schwand zusehends. Der hier war anders, vielleicht sogar nicht ihr Feind. Das Eis verschwand und Chino konnte sich wieder frei bewegen. Diese Vivionn schien allerdings übervorsichtig, denn schon an ihrer Haltung konnte man erkennen, dass sie nur auf eine falsche Aktion von ihm wartete, um ihm sicherlich umgehend mit einem Zauber zu beharken. Chino entschied deshalb, das es klüger war, sich ruhig zu verhalten. „Nun sag mir bitte, was meintest Du mit ‚meiner Schreckensherrschaft’?“ Chino entschied sich, das es vielleicht besser wäre ihnen das zu erzählen, was er wusste, vielleicht konnten sie ihm helfen. Er ließ sich auf dem Boden nieder, und nach kurzem Zögern taten es die Weißgekleideten gleich. Langsam begann Chino zu erzählen: Von seinem Erwachen, der Erkenntnis, das er keinen Lenker mehr hatte, dem anderen, dem es genauso erging wie ihm. Mit Absicht lies Chino den Namen weg. Noch hatten die Beiden da drüber nicht sein volles Vertrauen, und er wollte Ekwin nicht noch mehr Schwierigkeiten bereiten. Dann erzählte er von Helgos, der KI, der Pläne schmiedete und sie für irgendetwas brauchte, wobei er diesmal ausließ, das es da noch Conny und Sam Namentlich auf der ‚anderen Seite’ gab. Er sprach nur davon, das es da noch zwei Menschen gab, und sie sich schon mal auf Helgos Wirken hin gesehen hatten. Schließlich endete er mit seinen Ausführungen über das Irrlaufen und das er die Beiden hier getroffen hatte. Hosgel und Vivionn hörten die ganze Zeit aufmerksam den Ausführungen des Knights zu. Als Chinos letzte Worte verstummten, stand Hosgel auf und schritt den Raum ab. „Das würde einiges erklären,“ murmelte er leise. „Aber es birgt eine neue Gefahr, aus einer Richtung, aus der bisher niemand damit gerechnet hat. Das muss unbedingt der Chef erfahren.“ Hosgel blieb stehen und blickte zu Chino und Vivi herüber. „Es wird sicherlich nicht mehr lange dauern, bis mein zweites Ich hier auftaucht. München meldet grade massive Angriffe. Vivionn!“ Sein Gesicht wandte sich in ihre Richtung. „Ja?“ – „Ich möchte, dass du umgehend die Gilde verlässt. Lösche mich aus deiner Freundschaftsliste und kündige deine Party auf. Hier, nimm das…“ Er trat näher an sie heran. „Aber du weißt doch, dass ich das nicht darf. Das ist gegen unsere Regeln.“ – „Tu es, nimm den Handel an und dann geh in den Hide. Egal was gleich noch passieren sollte, bleibe da und verhalte dich unbedingt passiv. Wir brauchen jemand von uns weiterhin hier drin. Mich wird er sicherlich gleich aufspüren, immerhin ist dies der Backup-Account und er hat meinen Main-Account. Da ist verstecken zwecklos.“ Vivionn verschwand, so als wäre sie nie da gewesen. „Sie wird immer in deiner Nähe bleiben.“ Hosgel wandte sich zu Chino um, der im nächsten Moment so etwas wie einen kühlen Hauch am Gesicht verspürte, der aber so schnell wieder verschwand wie er gekommen war. „Das ist kalt,“ meinte Chino. „Was, du kannst es fühlen. Das ist interessant.“ Sicherlich hätte Hosgel jetzt eine Denkerpose eingenommen, wenn sein Charakter das gekonnt hätte, doch dann kam er auf Chino zu. „Nun zu dir. Wenn auch nur ein Hauch von dem stimmt, was Du uns da grade erzählt hast, von deiner Verbindung mit der Frau, dann wird dir Dieses von Nutzen sein.“ – „Helgo…Hosgel, Du wirst doch nicht!“ erklang Vivionns Stimme aus dem Nichts. „Doch das werde ich tun und ich rate ihm hiermit es nicht zu ‚verlieren’ denn dann kommt ihm die Behandlung, die dieser KI-Helgos ihm hat zuteil werden lassen, wie ein Händetätscheln vor.“ Ehe Chino sich versah hielt er ‚Helgos Ahura Mazdah’ in der Hand. „Ich würde sie an deiner Stelle immer tragen,“ meinte Hosgel: „bis wir uns wieder sehen. Aber sei vorsichtig, dass nicht jeder mitbekommt, das du sie besitzt.“ Chino nickte und tat wie ihm geheißen. Plötzlich wandte sich Hosgel von Chino ab und entfernte sich ein paar Schritte. „Seid vorsichtig, mir wurde grade gesagt, München wird infiltriert … Er kommt.“ Im nächsten Moment sah Chino doppelt. Nur das der Neuankömmling bei seiner Ankunft einen verdammt wütenden Gesichtsausdruck hatte. Die Luft schien mit einem mal elektrisch aufgeladen und bleischwer zu sein. Chino konnte sich nicht mehr bewegen, so fesselte ihn der Anblick. „Wer wagt es mich zu stören und mich in meinen Arbeiten zu behindern?“ – „Ich! Was dagegen?“ Hosgel gab sich sichtlich Mühe genauso herablassend zu klingen wie Helgos, was ihm verdammt gut gelang. „Nun, wenn du meinst.“ Chino fühle sich plötzlich, als wühle jemand mit einem heißen Eisen in seinem Körper. Er stöhnte und sank zusammen. „Chino, was ist los?“ Der Angesprochene biss die Zähne zusammen. „Etwas stimmt nicht,“ presste er hervor. „In der Tat.“ Helgos blickte zuerst, zu dem am Boden liegenden Chino und dann wieder zu seinem Gegenüber. „Ich denke es ist an der Zeit diese Farce zu beenden.“ Plötzlich hatte Helgos seine Waffe in der Hand. „PVP?“ keuchte Hosgel ungläubig, als er sich bewusst wurde, was jetzt nicht mehr stimmte. „Aber das geht doch nicht, nicht ohne einen Serverneustart.“ Er wich grade so Helgos erstem Schlag aus. „Meint ihr?“ Helgos holte erneut aus. „Falsch gedacht.“ Diesmal war Hosgel zu langsam, und die Waffe seines Gegners traf ihn. Sofort sah er nicht mehr sonderlich gesund aus. „Oh, kein Equipment auf dem Charakter? Wie schade.“ Hosgel wich zurück. „Nur zur Information. Diese Charaktere sind nicht dafür gemacht, das man mit ihnen Kämpft. Sie dienen rein der Arbeit und die wenigsten haben Waffen.“ – „Tja, dann zeig mal was du kannst.“ Hosgel warf einen kurzen Blick zu Chino, der sich grade wieder mühsam aufrappelte. „Chino, sofort raus hier!“ Nun ging Hosgel seinerseits zum Angriff über, obwohl er unterlegen war. Chino verstand, offensichtlich wollte er ihm Zeit verschaffen. Aber warum? Helgos konnte ihn doch überall erreichen. Da war eine Flucht doch aussichtslos. Trotzdem folgte er der Aufforderung und kämpfte sich auf die Beine. Stolpernd und alles andere als Gradlinig lief er auf das Eingangsportal zu und fiel hindurch, ohne sich noch einmal umzusehen, was da hinter ihm im Haus passierte. Der Wechsel zwischen den Räumen sollte nur einen Augenblick dauern, doch noch bevor Chino sich bewusst wurde, dass er sich außerhalb des Hauses befand, zog ihn etwas wieder fort, in die Dunkelheit. ## Kapitel 28: ------------ Conny schnappte nach Luft, als ein heißer Schmerz durch ihren Körper fuhr. Dabei musste sie Laut genug gewesen sein, dass die Person auf der anderen Seite des Zaunes sie gehört hatte. Das Licht schwenkte herum, und plötzlich sah sich Conny entdeckt. „Conny?!“ Die Stimme klang überrascht. ‚Was?’ Die Stimme kannte sie? Allerdings verhinderte das Licht, dass sie ihr Gegenüber erkennen konnte. „Wer ist da?“ Sie versuchte die Augen mit dem Arm abzuschirmen, mit mäßigem Erfolg. Wenigstens war der Schmerz wieder so schnell verschwunden, wie er gekommen war. Conny zweifelte keinen Moment daran, dass an Diesem wohl Helgos seine Finger im Spiel hatte. „Oh, Entschuldige.“ Das Licht wurde gesenkt und die Person leuchtete sich nun selbst kurz an. „Ich bin es. Sam.“ – „Seit neustem beim Militär?“ versuchte Conny ihre Überraschung zu überspielen, allerdings auch mit einem trockenen Unterton, war ihr doch die Kleidung, welche er nun trug, nicht entgangen. „Nein.“ Sam schüttelte den Kopf. „Aber die hatten scheinbar nichts anderes zur Hand.“ Sam lies die Taschenlampe wieder auf das Codeschloss gleiten. „Eine Ahnung, wie wir das aufbekommen sollen?“ Conny erhob sich nun und schüttelte den Kopf, während sie langsam zum Zaun schritt. „Hm, sieht so aus, als ob Du wohl klettern musst. Von alleine geht die nicht auf.“ Kurzzeitig wunderte Conny sich, warum sich seit geraumer Zeit Helgos nicht mehr in ihr Handeln einmischte. Immerhin hatte er doch darauf gedrängt, das sie sich so schnell wie möglich trafen. Nun sollte sie an so einem läppischen Tor scheitern? Sam stöhnte, als ihm klar wurde, dass ihm wohl keine andere Wahl blieb. Er leuchtete noch einmal bis zur Oberkante des Zauns, schaltete die Taschenlampe aus und verstaute sie irgendwie provisorisch in seinen Klamotten. Eine Tasche in passender Größe wäre sicherlich hilfreich gewesen. Dann begann Sam den schwierigen Aufstieg im Maschendrahtzaun. Grade, als er sich über die Spitze schwang, fiel die Taschenlampe aus der Jacke und fiel neben Conny auf den Boden. Ein feines Klirren zeugte vom Brechen des Glases. Conny stöhnte, bückte sich und hob die Lampe auf. Sie versuchte die Taschenlampe einzuschalten, doch diese blieb dunkel. Anscheinend war auch die Birne hinüber. Die Lampe war also nutzlos. „Sorry,“ meinte Sam von oben, während er nach genügend Halt suchte um der Lampe nicht zu folgen. „Achtung!“ Der Abstieg erfolgte deutlich schneller als der Aufstieg. Sam verlor, trotz Nachgreifen im oberen Drittel des Zaunes den Halt. Nur seine alten Kampfkunstkenntnisse verhinderten das er sich schlimmer verletzte, als er auf dem Boden ankam und sich abrollte. Die Rolle endete leider im vorderen Teil einer ziemlich großen Brennnessel. Nachdem sich Conny davon überzeugt hatte, das Sam nicht weiter verletzt war, außer seinem Stolz, half sie ihm auf. Sie warf noch mal einen Blick auf die andere Seite des Zaunes und dann dahin, woher sie gekommen war. „Wenn dir sonst nichts weiter fehlst, sollten wir hier verschwinden, bevor Sie uns doch noch bemerken.“ Sam nickte, und gemeinsam machten sie sich auf die Suche nach dem Waldparkplatz. Allerdings stellte sich dieses Unterfangen als schwerer heraus, als zuerst gedacht. Helgos bequemte sich immer noch nicht dazu ihnen zu sagen, wohin sie sich wenden mussten. Das war zwar hinderlich, aber Conny musste doch insgeheim zugeben, dass sie den Kerl überhaupt nicht vermisste. So versuchten sie sich als verhinderte Fährtenleser. ## Schon recht schnell hatte Ekwin genug von dieser merkwürdigen Windmühle gehabt. Allerdings nutzte er den großen Charakterauflauf um sich nach einem Priester umzusehen der ihn hier wegwarpen konnte. Schließlich fand er eine Priesterin, die sich bereit erklärte ihn nach Prontera zu warpen. Ekwin bedankte sich bei ihr mit seinen letzten Zeny und sprang dann in den Warp hinein, in der Hoffnung das sich Chino auch schon in der Stadt befand. Der Wechsel dauerte länger als normal und war alles andere als angenehm. Ekwin strauchelte, als er in der Stadt ankam. Für einen Moment war er zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als das er bemerkte, dass hier etwas nicht stimmte. Es verging etwa eine Minute, bevor er hörte, dass er nichts hörte. Die Stadt war still und verlassen. Ein kalter Schauer lief über Ekwins Rücken. Wo waren die ganzen Anderen geblieben? Ekwin irrte durch die Straßen, langsam wurde der Umstand, dass er allein war, scheinbar zur Normalität. Schließlich führte ihn seine Suche wieder vor die Tür des PTO. Hier war der einzigste Türeingang aktiv, doch Ekwin zögerte hinein zu gehen. Da kam Chino vor ihm heraus. Ekwin brauchte nur einen Bruchteil um zu bemerken, das er es war. Schon glücklich seinen Freund wieder zu sehen, wollte er zu ihm stürzen, doch dann verschwand dieser ohne Vorwarnung und Ekwin stolperte in den Türeingang vom PTO. Im Haus erlebte Ekwin eine böse Überraschung. Er sah sich Helgos in doppelter Ausführung gegenüber. Die Beiden waren grade mitten in einem Fight verstrickt, wobei der eine in voller Bewaffnung, und der andere ganz ohne Waffen dastand. Der Waffenlose hatte schon einiges an Kleidung und einen seiner Teufelsohren eingebüßt und lag auf dem Boden, während der Andere noch topfit zu sein schien. „Och nein, auch noch 2 von dem…“ stöhnte Ekwin leise, doch scheinbar laut genug, das sie ihren Kampf unterbrachen und zu ihm herübersahen. ‚Oh, oh,’ Ekwin schluckte. „Bist du der 2te, von dem der Knight gesprochen hatte?“ stöhnte der Helgos am Boden fragend. „Ja, das ist er. In der Tat. Doch ich brauch ihn jetzt nicht mehr,“ übernahm der andere Helgos die Antwort. Er schulterte seine Waffe und kam dann langsam auf Ekwin zu, ein breites Grinsen lag auf seinem Gesicht. „Nein, du bleibst bei mir.“ Obwohl der ramponierte Helgos eigentlich nicht mehr danach aussah, dass er überhaupt aufstehen, geschweige denn laufen konnte, schaffte er es irgendwie auf die Füße. Er stolperte ein paar Schritte hinterher und ergriff seinen Gegner am Arm. Wütend, über diese Geste, wirbelte der bewaffnete Helgos herum. „Na warte, ich…“ – „Vivi, jetzt!“ Der bewaffnete Helgos blickte für einen Moment überrascht, dann wütend und dann zog irgendjemand oder etwas Ekwin ohne jede Warnung fort von diesem Ort in tiefste Dunkelheit. ## „Du hast was?“ Fassungslos blickte Parker auf Harris, der zusammengesunken auf einem Stuhl saß und alles andere als glücklich drein schaute. Man sah ihm an, das er sich grade irgendwo anders hin wünschte. Parker stemmte eine Hand in die Hüfte, während er mit der anderen ans Kinn fuhr, wie er es immer tat, wenn er nachdenken musste. „Wie oft habe ich schon gesagt, dass private Sachen nicht auf die Dienstgeräte installiert werden dürfen. Das erklärt natürlich, warum sich unser Vögelchen ausgerechnet in dieses Spiel eingeklinkt hat. Harris, das wird allerdings Konsequenzen haben. Ihr Handeln war grob fahrlässig. Nächstes mal möchte ich über so etwas früher informiert werden. Wir haben 1 Tag unnötigerweise verloren. Welche Programmpunkte waren schon installiert?“ Parker war zum förmlichen Sie gewechselt, ein Warnzeichen, dass man jetzt extrem auf der Hut sein musste. Harris wirkte mit einem mal noch unglücklicher. „Die Wichtigsten. Eigentlich fehlte nur noch die Routine um ihn aus der Ferne zerstören zu können.“ Parker raufte sich die Haare. „Ausgerechnet der Satz, wo ich extra angewiesen habe, dass man in als einen der ersten einbindet.“ – „Aber,“ versuchte sich Harris erneut zu rechtfertigen: „dieser war noch nicht ganz fertig, als ich damit begonnen habe, die einzelnen Teile zu einer Einheit zusammen zu fügen.“ – „Aber die Zeit, um ihr Spiel mit rein zu packen hatten Sie wohl?“ Wenn Blicke töten könnten, wäre Harris jetzt wohl unter denen von Parker gestorben. „Nein. Ich könnte mir das nur noch erklären, dass die KI im Lernprozess etwas davon mitbekommen haben muss, schließlich nutzte sie in dieser Zeit all meine Rechnersourcen.“ Harris Stimme klang dünn und sein Blick irrte in der Gegend herum, auf der Suche nach einer Ausfluchtmöglichkeit. Doch grade als er dachte, dass es nun um ihn geschehen war, kam Beckett ihm ungewollt zur Hilfe. „Sir?“ – „Ja?“ fauchte Parker. „Er ist hin.“ – „Wer ist hin?“ – „Unser Vögelchen. Es ist tot.“ Sofort war Harris vergessen und Parker stürzte zu Beckett an den PC. „Was macht dich so sicher?“ Er wechselte wieder ins Du, scheinbar war das Schlimmste nun überstanden. „Hier.“ Beckett zeigte auf mehrere Datensätze, Diagramme und einer Linie, die in einem kleinen Fenster ohne Ausschlag, genau mittig ihre, Bahn zog. Sie gab einen Befehl über die Tastatur ein, und die Diagramme liefen rückwärts, bis sie den Vorgang mit einem weiteren Tastendruck stoppte. „Nachdem wir wussten, wo wir suchen mussten, war es einfach ihn zu finden.“ Sie zeigte auf die Linie, die nun deutlich aktiver war, und nach oben und unten ausschlug, während auf den Diagrammen und Datensätzen ebenfalls deutlich mehr Bewegung sichtbar wurde. „Da,“ sie deutete auf eine Zahlenkolonne, bevor sie diese in ein Sonderfenster schob, „hat er den Server gewechselt. Er ist nach München.“ Ein weiterer Tastendruck und das Ganze geriet in schnelle Vorwärtsbewegung, bevor es plötzlich abbrach und wieder in den Zustand zurückkehrte, den Parker schon vorher gesehen hatte. „Ich habe nachgeforscht. Der Server wurde abgeschaltet ohne, dass man ihn richtig heruntergefahren hat. Sie haben einfach den Stecker gezogen, als sie merkten, dass sie die Kontrolle verloren.“ Parker fing plötzlich an zu lachen. „Den Stecker gezogen. Oh Mann. Unsere ach so tolle Entwicklung gekillt durch einen simplen Stromausfall.“ Er hielt kurz inne. „Ich denke wir können jetzt auf den Jungen verzichten. Beseitigt alle Spuren unseres Hier seins und benachrichtigt den General. Wir reisen ab. Die Mission wurde erfolgreich beendet. Ab nach Hause. Hier können wir nichts mehr tun Schick diesem Sam noch eine Mail mit Haltbarkeitsdatum. Ich denke der Inhalt dürfte klar sein.“ ## Kapitel 29: ------------ Am nächsten Tag fand ein altes Ehepaar auf ihrem Morgenspaziergang Conny und Sam bewusstlos im Wald. Sie verständigten den Rettungsdienst und die Polizei. Die Beiden wurden ins örtliche Krankenhaus gebracht. Obwohl man sie zahlreichen Untersuchungen unterzog, konnte man den Grund für ihre Besinnungslosigkeit nicht finden. Nach zwei Wochen wachten sie unvermittelt auf. Conny stöhnte, als sie sich bewusst wurde, dass sie sich schon wieder in einem Krankenhaus befand. Die Ärzte waren nicht minder überrascht, als sie ihre Patienten bei der Morgenvisite wach in ihren Betten vorfanden. Während Sam von seinen Eltern abgeholt wurde, musste sich Conny einigen, zum Teil auch unangenehmen, Fragen stellen, die sie nur teilweise wahrheitsgemäß beantwortete. Wer würde ihr schon so eine Geschichte glauben? Eher steckte man sie mit einer Zwangsjacke in die Psychiatrie, voll gepumpt mit irgendwelchen Psychopharmaka. Nachdem man sie entlassen hatte, nahm sie den nächsten Zug nach Hause zurück, nur um sich direkt in Arbeit zu stürzen. Das half ihr zu vergessen. Bis sie eine E-Mail erhielt. Parker machte seine Drohung wahr und verpasste Harris einen Denkzettel in form von einer Abmahnung in seiner Akte und der einmaligen Streichung der Zuwendungen. Zudem wurde das Spiel von seinem PC entfernt. Beckett schrieb Sam die E-Mail die ihm riet, das Geschehene für sich zu behalten, ihm würde eh niemand glauben und verpasste der Mail ein Haltbarkeitsdatum und einen Speicher- und Kopierschutz. Der Soldat, welcher Sam fast gefasst hatte und danach auf unerklärliche Art und Weise verschwand, blieb verschwunden. Sein Zwillingsbruder, der ebenfalls bei der Army war, bestritt bis heute, das er Fahnenflucht begangen haben könnte. Dem General waren die vergangenen Tage genug der Aufregung gewesen. Er reichte seinen Abschied ein. Alle Experimente im Institut wurden abgebrochen oder auf unbestimmte Zeit verschoben. Zumindest für so lange, bis man wieder Ordnung in das Chaos gebracht hatte, welches das Militärs hinterließ. Zone 1 wurde durch einen neuen Server ersetzt, welcher das Geschenk einer unbekannten Person darstellte. Angefangen hatte alles mit zwei Umschlägen in denen sich 2 RD-RAM-Blöcke befanden und der Hinweis, dass sie den passenden Server dafür raussuchen sollten. Allerdings war der Zettel nicht unterschrieben. Normalerweise unterlagen auch solche Blöcke einer Norm, trotzdem fanden sie den Server, wo die Steine fehlten, nicht. Erst als er ihnen geliefert wurde, ebenfalls von einem unbekannten Spender. Sam nutzte den Umstand, dass er wieder daheim war, um sich richtig verwöhnen zu lassen. Seine Mutter lies sich sogar dazu erweichen, ihm sein Lieblingsgericht zu kochen Obwohl es Sams Vater ziemlich gegen den Strich ging, dass sich der Sohnemann direkt wieder vor den PC setzte und sich dieser daraufhin eine ziemliche Standpauke anhören musste, ließ sich Sam das nicht verbieten. In Sams Mailfach hatten sich einige Mails angesammelt. Darunter waren viele Spams. Wo bekamen die nur immer seine E-Mail-Addy her? Dann gab es ein paar Mails von seinen Mitschülern und eine vom Militär, allerdings lies sich diese nicht öffnen, doch Sam konnte sich vorstellen, was drin stand. Als er sein Postfach refreshte war die Mail vom Militär verschwunden, aber dafür gab es nun eine neue. Sam führte grade die Gabel an den Mund, als er die Mail öffnete. Er führte die Bewegung nicht zu Ende. Schöne Grüße aus dem Asien-Urlaub, Man sieht sich. Helgos ## Fin? ## Kapitel 30: ------------ Ein Trümmerhaufen. Ein riesiger Trümmerhaufen bot sich Helgos, als er aus dem Urlaub zurückkehrte. Sein Sofa bestand nur noch aus Einzelteilen und die ganzen Bildschirme waren bestenfalls noch ein Puzzle mit verdammt vielen Teilen. Er seufzte. Langsam lies Helgos die Gunblade, die er bei seiner Ankunft laxisch auf der Schulter abgestützt hatte, herabsinken. Das wäre auch zu schön gewesen. Heutzutage eine gute Urlaubsvertretung zu finden, war echt schwer. Vielleicht sollte er sich beim nächsten Mal nicht auf Fremddateienkonstruckte verlassen. Diesen Avatar, genannt Masterchief, den er als Grundstock für seinen Doppelgänger genommen hatte, war wohl keine so gute Wahl gewesen. So wie es aussah, hatte sich dessen Charakterzüge wohl auf seinen Doppelgänger übertragen. Aus diesem Grund beschloss Helgos beim nächsten Mal auf Zuhilfenahme von ganzen Fremddatensätzen bei Erschaffungen gänzlich zu verzichten, auch wenn er wieder extrem unter Zeitdruck stehen sollte. Nachdem sich Helgos einen Überblick über den Schaden gemacht hatte, trat er ein Stück zur Seite, hob die Gunblade in eine waagerechte Position, etwa in Höhe seiner Schultern und lies sie los. Die Waffe fiel nicht herunter sondern blieb in der Luft stehen, so als ob sie irgendwo Halt gefunden hätte. Helgos drehte sich herum und beschwor eine Alice, das sie die ganze Verwüstung zusammenkehrte. Er selbst ging zu den Resten seines Sofas hinüber, kniff die Augen zusammen und versetzte es dann in einen Zustand, wie von vor zwei Wochen. Schwungvoll lies sich Helgos darauf nieder und sah der Alice dabei zu, wie sie alles auf einen Haufen kehrte. Wenn sein Doppelgänger hier schon so gewütet hatte, wie war er wohl erst an den anderen Orten aufgetreten. Er seufzte erneut. Hoffentlich hatte sein kleines Ablenkungsmanöver trotzdem funktioniert. Soviel zum Urlaub. Helgos machte sich erneut an die Arbeit. ## Zitternd lies Sam das Handy sinken. Eben hatte er mit Conny telefoniert. Nach dem Vorfall hielten sie es für besser ihre Nummern auszutauschen. Nun stellte sich heraus, dass dies eine sinnvolle Maßnahme gewesen war. Er sah auf die E-Mail. Wenn das stimmte, und daran hegten Beide keinen Zweifel, dann war dieser Albtraum doch noch nicht vorbei. Doch an wen konnten und sollten Sie sich nun wenden? Sams Eltern schieden von vorne herein aus. Das gab mehr Ärger, als das es nutzte. Freunde? Nicht wirklich. Militär? Allein der Gedanke reichte, das Sam wieder eine Gänsehaut bekam. Die also auch nicht. Die Firma, die den Laufvertrag zu Ragnarok besaß? Die bestritten doch bis Heute, dass diese seltsamen Erscheinungen etwas mit ihnen zu tun hatten. Nachweisen konnte man ihnen auch nichts, weshalb es diese Nachrichten in den Zeitungen maximal bis auf Seite 8 geschafft hatten, wenn sie überhaupt abgedruckt wurden. Stattdessen beherrschten Meldungen wie : Parteienfunktionäre im Spenden-Sumpf, Ministerpräsident wird von eigener Partei abgesägt, Immer mehr Arbeiten für einen Hungerlohn, Schwindenden Renten während Politiker immer mehr einstrichen, Deutsche Sportler wurden Weltmeister und das Wetter war viel zu warm für diese Jahreszeit. Sam legte das Handy beiseite und wollte gerade seinen Rechner herunterfahren, nicht das es etwas genützt hätte, da ertönte das Signal für eine eingegangene E-Mail. Er zögerte, bevor Sam das Programm komplett öffnete. Die Adresse lies ihn kurz die Luft anhalten. Wenn das stimmte, dann kam diese Mail von DER Firma. Er öffnete die Mail: ‚Hallo Sam, (Chino meinte ich könnte Dich so nennen) sicherlich wirst Du Dich wundern, warum ich zu Dir den Kontakt suche.’ In einer Sache irrte sich diese Person. Sam wunderte sich schon mittlerweile über Einiges nicht mehr. Auch nicht, das er von Chino schrieb. Sicher, er war einer von der Firma. Sicherlich konnte er sich Sams Daten ohne Probleme in Erfahrung bringen. Schließlich hatte er diese ja auch bei seiner Anmeldung damals angegeben. Aber warum schrieb diese Person so, als ob Sie mit Chino geredet hätte? Sam las weiter. ‚Entschuldige, das ich mich erst jetzt bei Dir melde, aber es dauerte etwas, bevor es mir gelang Ekwin jemandem zuzuordnen.’ Verwirrt hielt Sam im Lesen inne. Jetzt sprach er sogar schon von Ekwin. Aber was sollte da Probleme machen? Schließlich hatte Sam doch Ekwin auf seinem Account erstellt. ‚Ich möchte Dich bitten, dass Du mich heute Abend um 19 Uhr Ingame besuchen kommst. Dort werde ich Dir weitere Fragen beantworten. Benutze dazu bitte folgenden Account : ID xxXbackupXX ; PW ***********. Ich würde Dir raten, nicht Deinen Main-Account dafür zu benutzen. MfG Hosgel Ragnarok DMGM.’ ## Conny rief grade ihre E-Mails ab, als ihr Handy erneut klingelte. Auf dem Display war wieder Sams Name zu sehen und sie fragte sich, was er von ihr wollte. Immerhin waren seit dem letzten Gespräch grade mal wenige Minuten vergangen. Sam brach mit einem Schwall von Worten über sie herein, kaum das Conny die Verbindung hergestellt hatte. Er war dabei so schnell, das sie kein Wort verstand. „Jetzt mal langsam,“ unterbrach sie ihn deshalb. „Atme mal tief durch, und dann sag mir, was so dringend ist, dass du mich sofort wieder sprechen musstest.“ Conny stellte ihr Handy um auf die Freisprechanlage, damit sie weiter arbeiten konnte, und legte das Gerät neben sich auf den Schreibtisch, während sie mit den Fingern nach der Tastatur angelte. Mit dem Handy in der Hand war es einfach unmöglich vernünftig am Computer zu arbeiten. Sie aktivierte ihr Mail-Programm. „Ich habe grade eine Mail von DER Firma erhalten.“ Allein die Betonung reichte, damit Conny wusste, wovon Sam sprach. Allerdings empfand sie darüber keine besonderen Gefühle. Immerhin hatte sie mit denen ziemlich lang und breit über Telefon oder E-Mails ausgetauscht. ‚Wie schaffte es dieser Spam-Mist nur immer wieder durch die Filter’, fluchte Conny leise vor sich hin, während sie Anzeigen für Potenzmittel und Pseudo-Mahnungen löschte. Es war wohl mal wieder an der Zeit, dass die Firma, die für ihren Spam-Schutz zuständig war, daran erinnert wurde, wofür sie jedes Jahr soviel Geld erhielt. Mit einem Ohr verfolgte sie, während dieser Tätigkeit, Sams Monolog. „Sie war von so einem DMGM, der sich selbst Hosgel nannte. Ich habe noch nie von so einem Typ gehört, und er steht auch irgendwie nicht in der offiziellen GM-Liste. Das kam mir komisch vor, aber man sagte mir im IRC, dass es solch einen DMGM jetzt im Team gäbe. Nun ja, jedenfalls bat er mich heute Abend ingame zu kommen, denn er wolle mit mir ein Gespräch führen. Er gab mir dafür die Daten von einem anderen Account. Jedenfalls weiß ich noch nicht, was ich davon halten soll und ob ich heute Abend wirklich on gehe.“ – „Schon merkwürdig,“ pflichtete Conny ihm bei. Zuerst spielte sie noch mit dem Gedanken, das es sich dabei wohl um einen schlechten Scherz handelte und wollte ihm von der Benutzung des Accounts abraten, doch dann fiel ihr Blick auf eine Mail in ihrem Postfach. Sie war von Hosgel. „Warte mal grade.“ Hastig überflog sie die Mail, und das, was sie da las, lies sie die Stirn nachdenklich verziehen. Dieser Hosgel sprach da von einem Treffe und erwähnte Chino. OK, für einen GM war es sicherlich nicht schwer, die Verbindung zwischen ihr und ihren Charakteren herzustellen. „Sam?“ – „Ja?“ – „Ich habe ebenfalls so eine E-Mail erhalten.“ Stille folgte die eine knappe Minute anhielt. „Und, wirst du hingehen?“ fragte Sam Conny durch das Telefon. „Ja,“ meinte sie knapp. „Ich halte es aber für besser, wenn wir uns vorher einen Plan zu Recht legen. Ich würde sagen, das wir uns um halb 7 noch mal sprechen. Ich werde in der Zeit mal meine eigenen Nachforschungen über diesen Hosgel anstellen.“ Sam bestätigte ihren Vorschlag und legte auf. Conny schaltete die Verbindung ab und begann eine neue E-Mail zu schreiben. Es war an der Zeit, das sie mal ihre neuen Kontakte, die sie während der Zeit für die Werbung geknüpft hatte, zu nutzen. ## Ekwin und Chino saßen gemeinsam auf einem Steg, der in einen viereckigen Brunnen hineinführte. Links und Rechts vom Steg ragten zwei alte Statuen, aus dem Wasser, in die Höhe, von denen eine schon eine leichte Schräglage aufwies. Es war schon etwas verwunderlich, warum man zwei Statuen in das Wasser eines Brunnens versenkte. Hinter dem Steg und an der linken und rechten Seite des Brunnen standen insgesamt 6 Bänke, deren Lehnen allerdings zum Brunnen zeigten, so das man vom diesem Mittelpunkt des Platzes wegschaute. Der Stein, aus welchem der Brunnen und der Grund unter den Bänken gehauen war, wurde von einem Rasen abgelöst. An dem Teil des Brunnens, der dem Steg gegenüber lag, befand sich ein Weg, welcher von Blumen gesäumt wurde und von dem Ort wegführen sollte. Die Betonung lag auf Sollte, denn von diesem Ort gab es keinen Ausgang. Der Weg hörte einfach zwischen einem einsamen Torbogen auf und dahinter herrschte Finsternis, die man nicht betreten konnte. Ein Maschendrahtzaun und einige Bäume grenzten den Rest des Brunnenplatzes ein. Ekwin lies sich auf den Rücken sinken und starrte in den ‚Himmel’. Seitdem Hosgel sie hier an diesem Ort abgesetzt hatte, war schon einige Zeit vergangen, auch wenn er nicht zu sagen vermochte wie viel. Jedenfalls waren ihnen seitdem von Hosgel und Vivionn Dinge erzählt worden, die Ekwins Weltbild ziemlich erschüttert hatten. Chino schien es ebenso ergangen zu sein, auch wenn er sicherlich mehr Ahnung besaß und sich nichts anmerken lies, doch er war mit der Zeit immer stiller und nachdenklicher geworden. Dieser Hosgel … wer war diese Person überhaupt, die sie aus der tiefen Finsternis wieder an das Licht gezogen hatte und ihnen offenbarte, dass er einen Weg suchte, das sie nicht mehr unter Helgos Knute standen. Er entschuldigte sich bei ihnen, dass er sie nicht früher aus der Dunkelheit geholt hatte, auch wenn Ekwin nicht wusste, wie viel Zeit dort vergangen war. Jedenfalls hatte er ihnen beim letzten Besuch versprochen, das er eine Überraschung beim nächsten Mal mitbringen würde. Was es war, war ihm nicht zu entlocken gewesen. Ekwin hoffte, das es nicht so eine ‚Überraschung’ war, die ihnen Helgos bereitete. ## Kapitel 31: ------------ Helgos warf einen letzten Blick auf seine neuen Monitore, und stand auf. Mittlerweile hatte er sich einen ungefähren Überblick verschaffen können, was nach seinem Verschwinden hier noch so alles passiert war. Wenigstens war seine Vertretung nicht ganz so zerstörerisch vorgegangen, wie er es im ersten Moment befürchtet hatte. Allerdings waren solche Eskapaden nicht zu tolerieren. Beim nächsten Mal musste er unbedingt sorgfältiger vorgehen. Der Blick von Helgos streifte noch einmal, mit etwas Wehrmut, die Gunblade, bevor er sich wieder auf seinem Sessel niederließ. Der Weißgekleidete presste die Fingerspitzen vor dem Gesicht zusammen, während auf den Monitoren in schneller Reihenfolge diverse Schauplätze aufleuchteten. Wenigstens war seine Falle zugeschnappt. Was Helgos allerdings Kopfzerbrechen bereitete war der Umstand, das seine beiden ‚Ingame-Helfer’ seit diesem Zeitpunkt verschwunden waren. Sie existierten noch, das hatte er den Logs entnehmen können. Jemand holte sie von dem Server, bevor er abgeschaltet wurde, allerdings war ihr Ziel darin nicht verzeichnet worden. Es stand also zu befürchten, dass unter Umständen jemand dahinter gekommen war, welche Bestimmung diese Beiden in Wirklichkeit hatten, oder welchem Zweck sie dienten. Helgos musste sie unbedingt wieder finden und zu sich holen, bevor er noch mehr Schwierigkeiten bekam. Schließlich war das eigentliche Ziel ja gewesen, das er endlich seine Arbeit ohne Störungen fortsetzen konnte. Davon war jetzt immer noch nicht zu reden. Mit einem leisen Seufzen auf den Lippen rief Helgos eine seiner Suchroutinen auf, stellte die Parameter ein, koppelte diese mit einem der Monster, welche in RO ständig präsent waren, vervielfältigte es und schickte es dann auf die Suche nach seinen beiden ‚Helfern’. Dann widmete er sich wieder seiner eigentlichen Arbeit. ## „Sehr geehrtes GM-Team, eigentlich sollte man sich, als langjähriger Spieler dieses Games, ja bald schon über nichts mehr wundern. Allerdings beobachte ich seit einigen Stunden ein etwas merkwürdiges Phänomen, und wollte jetzt bei Ihnen Nachfragen, ob es irgendetwas mit einem, bisher unangekündigten, Event zu tun hat? Fast auf jeder Map begegnet mir irgendwo ein Brilight, also so ein Marienkäfer im Falschfarbenmodus. Meine Freunde witzeln schon, dass das Game Buggy wäre. ;) Es wär nett, wenn ich eine Antwort erhalten würde. Mit freundlichen Grüßen Kikilo P. S.: Is it a Bug, or is it a feature? ;)“ ## Wie sie es vorher schon abgesprochen hatten, fanden sich Sam und Conny schon vor der Zeit auf dem TS-Server ein. Conny hatte Sorge dafür getragen, dass sie während der nächsten Zeit auch ja nicht gestört wurde. Denn, was ihr alles widerfahren war, darüber wusste niemand aus ihrem Büro bescheid, und genauso sollte es auch gefälligst bleiben. „Hallo Sam,“ begrüßte sie ihren Mitwisser über das Headset. Schnurlos war äußerst praktisch, denn so konnte sie sich grade einen frischen Tee machen, denn der Wasserkocher, auf dem Becken neben der Tür, meldete, dass das Wasser nun heiß genug war. Während der Tee zog, erzählte sie Sam, was sie so über diesen Hosgel herausgefunden hatte. „Bei diesem Hosgel handelt es sich wirklich um einen deputy Master Game Master.“ Conny sprach den Titel bewusst in voller Länge aus, während sie an ihrem Tee nippte. „Der Grund, warum wir bisher von ihm noch nichts gehört haben, liegt nicht daran, dass er inaktiv gewesen wäre, sondern daran, dass er früher mal einen anderen Namen besaß.“ Conny machte erneut eine Pause, um einen Schluck aus der Teetasse zu nehmen. „Und?“ Sam klang ungeduldig. Das lies Conny leicht schmunzeln. „Sein Name war Helgos.“ ## Kapitel 32: ------------ Chino bemerkte als erster, dass sie nicht mehr alleine waren und stieß Ekwin an. Dieser hatte inzwischen die Augen geschlossen und döste vor sich hin. „Hö?“ murmelte er schläfrig. „Wir haben Besuch.“ Ekwin öffnete langsam die Augen, richtete sich auf und drehte sich in die Richtung, in die schon Chino blickte. Vivionn war erschienen und trat nun mit zügigen Schritten zu ihnen auf den Steg. „Es gibt eine Planänderung,“ stieß sie hervor ohne lange Zeit auf Vorreden oder einer Begrüßung zu verschwenden. Jedoch sahen sie nun beide Männer fragend an. Von einem Plan wussten weder Chino noch Ekwin etwas. „Was meinst du mit einem Plan?“ fragte Chino schließlich, nachdem er mit Ekwin fragende Blicke ausgetauscht hatte. „Das werdet ihr noch sehen. Wichtig ist im Moment nur, dass ihr wisst, dass ich für die nächste Zeit bei euch bleiben werde, nur für den Fall dass ...“ Vivionn hielt mitten im Satz inne und machte keinerlei Anstalten ihn zu vollenden. „Für den Fall was?“ bohrte Chino nach. „Oh, entschuldigt für die Unterbrechung, aber ich habe grade noch mal Rücksprache gehalten, aber es sieht so aus, als ob man nach Euch suchen würde.“ – „Suchen? Nach uns?“ Ekwin sah fragend zu Vivionn und in Chino keimte ein böser Verdacht auf, den er jedoch nicht laut aussprach. Stattdessen konzentrierte er sich lieber auf die Worte der GM, die grade weiter sprach. „Hosgel und ich sind der Überzeugung, dass das gehäufte Auftreten von Brilights kein Zufall mehr sein kann.“ Sie bemerkte Ekwins fragenden Blick: „Stell sie dir vor, wie übergroße schwarz-weiße Marienkäfer. Sie halten sich mittlerweile auf fast jeder Map auf und durchstreifen sie nach einem, leicht zu durchschauenden, Schema. Allein ihre Bewegunsmuster schließen schon Zufall aus. Außer um euch beide zu finden, sehen wir keinen Grund für solch eine Aktion, die weder von einem von uns gestartet, noch autorisiert wurde.“ Vivionn schwieg wieder. Chinos schlechtes Gefühl verstärkte sich weiter. Trotzdem zwang er sich die Frage zu stellen, die auf seinen Gedanken lastetet: „Was macht Euch so sicher, dass sie ausgerechnet uns suchen?“ Er schluckte in der bangen Hoffnung, nicht die Antwort zu bekommen, die er befürchtete. „Nun,“ begann Vivionn, „die meisten Beschwerden erhielten wir von Leuten, die mit Knights oder Assassinen unterwegs waren, und die von den Brilights schon regelrecht verfolgt wurden. Wir haben von ihnen Bilder bekommen, die dies belegen. Als ob wir grade im Moment nicht genügend andere Probleme hätten…“ Vivionn stockte, als ihr bewusst wurde, dass sie den letzten Satz so von sich gegeben hatte, dass Chino und Ekwin ihn mitbekamen. Eigentlich war er doch nicht für sie gedacht gewesen. „Welche Probleme?“ hakte Chino nach, doch sein Versuch war vergebens. Er bekam von Vivionn keinerlei Antworten mehr. Stattdessen vertröstete sie ihn auf später. Sicherlich würde es nicht mehr lange dauern bis Hosgel zu ihnen stieß. ## „Du willst sie wirklich in die vergessenen Gebiete führen? Im Moment ist es doch viel zu riskant.“ – „Ich weiß, aber das Risiko bin ich bereit einzugehen. Ich habe mich mit einem Freund besprochen, er wird dafür sorgen, dass diese Brilights abgelenkt werden, bis wir verschwunden sind.“ – „Trotzdem, ich finde du gehst ein zu großes Risiko ein. Wir sollten wenigstens den anderen, oder zumindest dem Chef Bescheid geben…“ – „Nein!“ fuhr die Stimme dem anderen scharf ins Wort. „Ich habe keine Lust dass das Ganze in ein ‚Warten wir erstmal, was Korea dazu meint’ wird. Du hast doch selbst die Daten gesehen, die wir rekonstruieren konnten. Wer auch immer das geschrieben hat. Wir müssen äußerst vorsichtig vorgehen. Je weniger davon wissen, desto besser. Ich habe mir nicht jahrelang meinen heutigen Wissensstand angeeignet, um dabei zuzusehen, wie etwas, was ich gerne mache, daran zu Grunde geht, weil die von weiter Oben nicht in die Gänge kommen.“ – „Da hast du schon recht, aber dass, was ich gesehen habe, hat mir einen kalten Schauer über den Rücken gejagt. Wie kann nur jemand auf solch eine Idee kommen, und dass dann auch noch Programmtechnisch umsetzen. Da kann nicht nur eine einzelne Person dahinter stecken. Da vermute ich eher etwas Großes dahinter, einen Konzern oder so.“ – „Eben deshalb möchte ich so wenig Mitwisser wie möglich.“ – „Was machen wir eigentlich mit diesen zwei …“ Die Person suchte nach den passenden Worten „…Sonderfällen?“ – „Wir beobachten sie weiter. Solange von ihnen keine Gefahr ausgeht, oder nicht zu sehr aus der Reihe tanzen, sollten wir lieber herausfinden, wie es angestellt wurde, dass sie sich nun so verhalten, wie sie es im Moment tun und das ganz ohne Eingreifen von außen.“ – „OK, ich werde mich darum kümmern. Oh, ich muss aufhören, ich glaube meine Gäste loggen sich grade ein.“ Der Telefonhörer wurde aufgelegt und unterbrach so die Verbindung. ## „Das hätte ich mir denken können,“ tönte Connys Stimme aus den Boxen an Sams Computer. Er hatte im Moment kein funktionierendes Headset und musste sich so mit den Standart-PC-Boxen behelfen. Das Mikrofon stammte eigentlich von seiner Spielekonsole und war dort bei einem Titel dabei gewesen. Doch das war im Moment Nebensache. Seine Gedanken hingen immer noch bei der Offenbarung von Conny fest. Warum hatte er es sich eigentlich nicht selbst denken können. Warum zeigte auf einmal jemand wildfremdes so gesteigertes Interesse an ihnen, nachdem doch die Firma jegliche Vorfälle und Sonstiges vehement abstritt. Die Frage war nur, in wie weit konnte er diesem Hosgel vertrauen? Immerhin war es sein Account, mit dem der Virus nun Schindluder trieb. So ganz wollte Sam da nicht an einen Zufall glauben, konnte aber nicht herausfinden, warum sich diese Vermutung so hartnäckig in seinen Gedanken hielt. Vielleicht hatte es auch etwas damit zu tun, das er behauptete mit Ekwin und Chino in Kontakt zu stehen. Allerdings, konnte das nicht auch bedeuten, dass dies nur ein weiterer Trick von Helgos war, und dieser Hosgel mit ihm unter einer Decke steckte? „Sam, kommst du endlich?“ riss Connys Stimme ihn aus seinen Überlegungen. Sie klang ungeduldig und es hörte sich so an, als riefe sie seinen Namen nicht zum ersten Mal. Hastig griff Sam nach dem grellen Plastikmikrofon. „Ja, Moment. Ich muss grade die Mail noch mal raussuchen.“ Conny stöhnte hörbar, während Sam sich einloggte. „Was hat denn das zu bedeuten?“ Sam nutze die Daten, die ihm in der Mail gegeben worden waren und fand sich auf einem Account wieder, auf dem es nur einen männlichen Assassinen gab. Bei dem Aussehen des Assassinen handelte es sich um ein exaktes Ebenbild von Ekwin und auch der Name war identisch. Wie sie das hinbekommen hatten, Sam wusste es nicht. Immerhin war es doch bekannt, dass jeder Name auf dem Server nur einmal vergeben werden konnte. Conny, oder besser gesagt ihr Charakter Chino, erwartete Sam schon. Er sah dem Original ebenfalls zum verwechseln ähnlich. Sie standen auf einer ziemlich kleinen Map, die Sam recht schnell als solche zuordnen konnte, die sich unweit von der Hafenstadt Alberta befand. Er fragte sich, was sie hier denn sollten. Hier gab es nichts weiter als Bäume, Sträucher Hügel und das ein oder andere total harmlose Monster. Doch dann entsann er sich, weshalb sie sich vielleicht grade genau auf dieser Map befanden. Dieses hier war eine dieser Karten, wo man stundenlang im Kreis laufen konnte, bevor man überhaupt mal einer Menschen, beziehungsweise Charakterseele begegnete. „Na, endlich angekommen?“ spottete Conny leise, während sie ihren Charakter drehte um anzuzeigen, das auch sie sich umsah. „Was sollen wir hier?“ fragte Sam. „Zum Leveln wollten wir uns doch sicherlich nicht treffen?“ – „Warte doch erstmal ab, ich…“ Conny wurde unterbrochen, als eine weitere Person auf der Map materialisierte. ## Kapitel 33: ------------ Ein riesiger Berg von allen möglichen Daten war das Ergebnis von Helgos durchgeführter Suche. Doch bei deren Durchsicht, war sein Gesichtsausdruck keinesfalls zufrieden. In den letzten Stunden hatte er sich jetzt jede Map vorgenommen, die man betreten konnte, und welche auch von Leuten besucht wurde. Er hätte vielleicht die Suchparameter eingrenzen sollen. Es gab eindeutig zu viele Knights und Assassinen im Spiel. Doch die Richtigen waren nicht dabei gewesen. Blieben also nur noch diese Maps, die man auf normalem Wege nicht besuchen konnte. Doch für diese zu durchsuchen konnte er sein kleines Programm nicht mehr einsetzen. Das hieß, er musste sich jede einzelne selbst vornehmen. Eine richtige Sissifussarbeit. Helgos seufzte. Das hätte er sich aber auch schon denken können, dass sie seine ‚Helfer’ nicht auf normalen Maps verstecken würden. Er änderte die Suchparameter und zerstörte die Brilights, die für ihn die Suche durchführten. Diese brauchte Helgos nun nicht mehr. Die abgesuchten Maps waren markiert und er würde es sofort erfahren, sollte einer der Gesuchten dort einen Fuß drauf setzen. ## „Es freut mich zu sehen, dass Ihr meiner Einladung gefolgt seid.“ Hosgel kam zu den Charakteren von Conny und Sam geschlendert und grüßte sie. „Ich möchte euch bitten hier noch keine Fragen zu stellen und damit zu warten, bis wir an unserem Ziel angelangt sind. Das hier ist nur eine Zwischenstation. Einen kleinen Moment bitte.“ Hosgel verstummte und sein Charakter verschwand. „Was soll dass denn nun?“ fragte Sam Conny. „Keine Ahnung,“ erwiderte sie. Ein seltsamer Unterton lag dabei in ihrer Stimme, den Sam nicht so richtig zu interpretieren wusste. Doch bevor er weiter nachfragen konnte, änderte sich die Umgebung auf dem Monitor. ## „Wir haben Besuch.“ Vivionn blickte auf zu dem Weg ohne Ausgang. Dort waren grade im Torbogen ein weiterer GM, ein Assassine und ein Knight erschienen. Chino und Ekwin saßen immer noch auf dem Steg und drehten ihre Köpfe so, dass sie dorthin schauen konnten, wohin auch Vivionn blickte. Im nächsten Moment hatten sie das Gefühl in einen Spiegel zu schauen. Den GM hatten sie schnell als Hosgel identifiziert, doch sich selber nun gegenüberzustehen, war schon ein eigenartiges Gefühl. „Was soll das?“ Ekwin war nun vollends aufgestanden und taxierte die Neuankömmlinge mit einer Mischung aus Furcht und Misstrauen. Chino sah schon Unheil nahen, deshalb griff er vorsorglich nach dem Arm seines Freundes. „Beruhige dich wieder. Ich bin mir sicher, die werden schon einen Grund dafür haben, dass wir uns hier doppelt sehen.“ Er versuchte aufmunternd zu lächeln, doch dieser Versuch wurde mehr zu einer misslungenen Grimasse. Auch Chino war im Geiste alles andere als begeistert, was sich ihm da grade darbot. Er fragte sich, was die GMs mit diesen Kopien wohl bezweckten. Irgendwie war es schon gruselig zu sehen, das ihr Gegenüber genauso geistesabwesend dreinschaute, wie die ganzen anderen Charaktere, die Gelenkt wurden. Chino bekam eine Gänsehaut und wendete den Blick kurzfristig ab. „Wo sind wir hier?“ fragte die Ekwin-Kopie plötzlich. „Das hier ist ein spezielles Gebiet,“ antwortete Hosgel ihm. „das nur wenige Leute kennen. Hier sollten wir uns in aller Ruhe unterhalten können.“ Der GM entfernte sich von den Kopien und kam nun zu Vivionn. Die wandelnden Begleiterscheinungen machten allerdings immer noch keine Anstalten sich von der Stelle zu bewegen, wo sie soeben erschienen waren. „Was hältst du davon?“ fragend sah der andere Ekwin zu seinem Begleiter. Doch Dieser schwieg, sah sich nur um und ging dann den gleichen weg wie Hosgel. Vor dem Steg blieb er stehen. „Chino und Ekwin, nehme ich mal an.“ Die Kopie sah zu Chino. „Ja,“ bestätigte dieser. „Aber mit wem haben wir es zu tun?“ Es war das Ekwin-Double, das antwortete. „Wir sind es, Conny und Sam.“ Der skeptische Blick, mit dem Chino die Beiden nun musterte, blieb ihnen verborgen, da ihr Client ihnen das nicht darstellte. „Aha?“ meinte Chino anschließend trocken. „Aber wer sagt mir, dass ihr es auch wirklich seid, nicht andere Personen die einfach vorgeben euch zu verkörpern?“ – „Ich.“ Hosgel trat zu dem Doppelgänger-Chino. „Sie sind es.“ – „Komisch, das letzte Mal, als ich sie getroffen habe, sahen Sie aber anders aus.“ Chinos Stimme klang nun schon frostig. Im gleichen Zug stand er auf, trat vom Steg herunter, ging um den Brunnen herum und lies sich auf einem der Bänke nieder, die ein ganzes Stück weiter von Hosgel entfernt waren. Es dauerte nur ein paar Sekunden dann erhob sich ebenfalls Ekwin und trat genauso schweigend an Hosgel vorbei, wie Chino zuvor, nur um sich neben dem Knight auf der Bank nieder zu lassen. Hosgel seufzte, trat zu Vivionn und lies sich ihr am Ende des Steges nieder, so dass er sich fast in der Mitte des Brunnens befand. „Es ist euer gutes Recht, dass Ihr mir nicht vertraut, immerhin rennt dieser Virus mit meinem MainAccount herum, doch ich bitte euch mir zu vertrauen, denn wir müssen einen Weg finden, euch aus seinem Einfluss zu befreien und ihn festzusetzen. Wie er es geschafft hat, euch in der Art und Weise zusammen zu bringen, die ihr uns beschrieben habt, ist uns immer noch ein Rätsel, und das beunruhigt hier nicht grade wenige. Das Beste wäre, wir fänden einen Weg ihn gänzlich unschädlich zu machen.“ Hosgel schwieg. „Ach ja, und warum tut ihr dann nicht endlich mal was?“ Die Ekwin-Kopie sah zu Hosgel, und sie hätte auch sicherlich böse dreingeschaut, wenn sie es gekonnt hätte. „Ich dachte die Betreiber eines solchen Spiels sollten in der Lage sein, ein paar Leute zu beschäftigen, die mit solch einer Problematik fertig werden.“ – „Sam, beruhige dich. Es bringt doch nichts, wenn du dich jetzt aufregst. Ich bin mir sicher, wenn Sie etwas tun könnten, dann hätten sie es sicherlich schon längst getan,“ meinte Conny beschwichtigend. Nun sah auch der Chino-Doppelgänger erneut zu Hosgel. „Ach ja? Das einzige was DIE können, ist zu bestreiten, dass es überhaupt so einen Vorfall gibt, und dass wir solche Probleme nun haben, nur weil wir es irgendwann gewagt haben uns in ein Spiel einzuklinken, dass SIE vertreiben, scheint DIE ja überhaupt nicht zu interessieren.“ Der Ekwin-Klon ging nun zu seinem Original hinüber und lies sich ebenfalls auf die Bank sinken. Dabei warf er einen Blick zur Chino-Kopie. „Ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich kann und will nicht Zeit meines Lebens der Sklave dieses Helgos sein, mit dem Wissen, dass er sich jederzeit in mein Leben einmischen kann. Ungefragt.“ – „Bitte beruhige dich,“ unterbrach Hosgel ihn sanft. „Sei versichert, ihr seid nicht alleine.“ Hosgel stand auf, verlies den Steg und kam zu den Drei hinüber geschritten, lies sich allerdings auf der nächsten Bank nieder. „Es mag stimmen, dass nach Außen hin alles bestritten wird. Ihr müsst bedenken, es handelt sich hierbei um ein Unternehmen dass neben einem Ruf auch eine Menge Geld und Arbeitsplätze zu verlieren hat und in der heutigen Zeit ist wohl niemand besonders scharf darauf seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Aber, ich versichere euch, es arbeiten bereits Leute daran unser Problem zu bekämpfen. Doch, dummerweise, scheint es so, als kommen wir ohne eure Mithilfe nicht an ihn heran. So zumindest sieht es im Moment aus.“ – „Hmpf.“ Der Ekwin-Double schien mit der Antwort alles andere als zufrieden. Durchaus verständlich. ## Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)