Borderline von Selma ================================================================================ Kapitel 25: ------------ Sam wischte über den angelaufenen Spiegel. Das kondensierte, und kalte Wasser rann zwischen seinen Fingern hindurch. Es fühlte sich gut an. So eine ausgiebige Dusche war jetzt genau das Richtige gewesen. Das er dabei den gesamten Raum in Britischen Nebel getaucht hatte, war Sam im Moment herzlich egal. Er brauchte Zeit zum Nachdenken und alles verdauen. Langsam tapste er mit nassen Füßen, eine schöne Spur hinterlassend, über die Fliesen, hin zum Eingangsbereich. Die Tür, welche sich dort befand, wies ein paar ‚Veränderungen’ auf. Sams erste Maßnahme, nachdem er den Raum betreten hatte, und allein gelassen wurde, war gewesen, dass er sich dieses grässlichen Einteilers endlich entledigte. Dieser lag jetzt achtlos auf einem Stuhl, der mit seiner Lehne den Türgriff der Tür soweit verkeilte, das man diese nicht mehr herunterdrücken konnte. Eine Kommode, die normalerweise Handtücher und Duschzeug beherbergte, war als weiteres Hindernis von Sam vor die Tür geschoben worden. Hier zeigte sich mal wieder, das man auch einfachste Gegenstände, zu wirksamen Waffen im Kampf gegen unliebsame Besucher machen konnte. Neben der Tür gab es eine Durchreiche, die man aber immer nur von einer Seite her öffnen konnte, um Spannern keine Chance zu bieten. In dieser Durchreiche fand Sam einen Trainingsanzug mit dem Emblem der Army. Er verzog das Gesicht. Zudem lagen dort leichte Schuhe, ebenfalls Army-Bestand. Aber was blieb Sam wohl für eine Wahl. Es sah zumindest so aus, als würden die Dinge ihm wohl passen können. „Ich hoffe du hast dich erholt.“ Sam zuckte zusammen, so dass er fast die Sachen fallen gelassen hätte. Hastig blickte er sich in dem Nebel um, bis er die Stimme zuordnen konnte. Nein, er war immer noch alleine im Raum. „Was willst du?“ fauchte er leise. „Dich hier raus holen.“ Sam stutzte. Das hatte er jetzt am wenigsten erwartet. Nur zu gut konnte er sich noch daran erinnern, was dieser selbsternannte dMGM mit dem Knight und der Frau angestellt hatte. Nun wollte er ihm helfen? Das war doch schon ein Widerspruch in sich. „Warum dieser Sinneswandel auf einmal?“ Sam begann, die Sachen an zu ziehen. „Ich habe meine Gründe. Zudem würde ich raten auf mich zu hören, denn das wäre gesünder.“ – „Ist das jetzt wieder eine dieser Drohungen?“ – „Nein, eher eine Warnung, und zwar vor denen, die dich hier gefangen halten. Glaub mir, gegenüber deren Methoden war ich noch Harmlos. Du möchtest gar nicht wissen, was sie mit dir anstellen, wenn sie erfahren, das wir in Kontakt stehen.“ Irgendetwas sagte Sam, das Helgos es ernst meinte. Vielleicht lag es aber auch noch mit daran, das er das Militär nicht ausstehen konnte. „Und was schlägst du vor? Wie soll ich hier raus kommen?“ – „Das Fenster! Dann folge meinen Anweisungen, wenn du Ihnen nicht in die Hände fallen willst.“ – „Ich bin aber zu Fuß. Da komme ich nicht weit.“ – „Du wirst erwartet.“ Jemand drückte die Klinke der Tür herunter, zumindest versuchte es. Der Stuhl blockierte und dann klopfte es. „Mach auf. Wir wissen das du da drin bist. Entweder du öffnest freiwillig, oder wir kommen rein.“ – „Das Fenster, schnell,“ drängte Helgos. Sam schlüpfte in die Schuhe und stürmte zum Fenster. ## „Er hat die Tür blockiert.“ Lillyan schlug gefrustet mit der flachen Hand gegen die Tür. Parker grinste leicht. „Haben Sie ihn etwa zuviel gestriezt?“ Er erntete einen vernichtenden Blick. „Aufmachen.“ Befahl die Ärztin dem Soldaten, der bisher vor der Tür Wache geschoben hatte. Doch das war leichter gesagt als getan. Durch Sams Hindernisse war es nicht einfach, und der Soldat prellte sich übelst die Schulter, bevor er es schaffte, das der Stuhl seinen Halt verlor und auf die Fliesen krachte und die Kommode sich soweit verschob, das man die Tür, wenigstens einen Spaltbreit, öffnen konnte. Eine feuchte Dunstwolke schlug ihnen entgegen und lies die Brillengläser der Ärztin beschlagen. Parker pfiff durch die Zähne. „Da hat einer aber mal richtig HEIß geduscht.“ Die Wolke wanderte zur Decke, wo sie noch einige Zeit dahin trieb, während sie sich, in der kälteren Luft, langsam auflöste. Doch auf die Wärme folgte Kälte, und das alarmierte die Beiden. Niemals konnte es in einem geschlossenen Raum so kalt werden. Sie stürmte in die Dusche. Etwa bis zur Hälfte war dieser noch mit Wasserdampf gefüllt, doch sie konnten auf der anderen Seite das Fenster erkennen. Das Fenster, welches nun offen stand. Von Sam fehlte jede Spur. „Sagen Sie mir ja nicht, sie haben das Fenster nicht sichern lassen.“ Parker schaute mit scharfem Blick zu Lillyan, welche sich hastig wegdrehte und den Blickkontakt mit dem Soldaten suchte, der ihnen nachgefolgt war. „Wir haben einen Fall von Verletzung der Quarantäne. Geben Sie Alarm. Das Gelände muss weiträumig abgeriegelt werden.“ Der Soldat salutierte hastig und eilte aus dem Raum hinaus. ## Es war Kalt. Schweinekalt. Dieser Trainingsanzug bot nur bedingt Schutz gegen die nächtlichen Wettereinflüsse. Sam fror. Schließlich fand er den Mut sich umzudrehen. Zu seiner Überraschung war er schon ein ganzes Stück vom Institut entfernt und bisher war nirgendwo eine Sirene losgeheult. Doch er machte sich keine Illusionen, dass dieser glückliche Umstand wohl noch lange anhalten würde. Sicherlich war es nur noch eine Sache von Sekunden, bis sie sich auf die Suche nach ihm machen würden. Zudem bot das Gelände, über welches er grade lief, nicht sonderlich viele Deckungsmöglichkeiten. Was hatte sich Helgos wohl nur dabei gedacht, dass er ihn über diese ewig lange, freie Fläche laufen lies. Hier war er doch voll auf dem Präsentierteller. Wer ihn hier nicht entdeckte musste ja schon zwangsläufig Blind sein. Sams Atem ging stoßweise und er wünschte sich, das er endlich in Sicherheit wäre. „Hinter dem Hügel gleich rechts und…“ – „Freeze.“ Rein aus Reflex heraus, und noch bevor er überhaupt realisierte, was er da grade tat, bremste Sam seinen Lauf ab und sah sich um. Sam stöhnte, als der Mond kurz hinter den Wolken hervor kam, und er schemenhaft die Person erkennen konnte, die ihn Verfolgte. Der Soldat war ihm nur zu bekannt und Sam fragte sich zum wiederholten Male, ob es wirklich noch ein Mensch war, den sie da zu seiner Bewachung abgestellt hatten. Es war der dunkelhäutige Soldat, der ihn mit einer Taschenlampe abtastete und eine Pistole im Anschlag hielt. Das diese mittlerweile sicherlich Schussbereit war, bezweifelte Sam keine Sekunde. „Nicht stehen bleiben.“ drängte Helgos. „Denkst du, ich bin so blöd und renn weiter, damit der mich abknallt?“ Sam schüttelte den Kopf. Der Soldat schien das als Resignation zu verstehen und rief: „On your knees and hands behind your neck.“ Sam ging zögerlich in die Knie und verschränkte die Hände hinter dem Nacken, so wie er es schon in zahlreichen Polizeifilmen und Serien gesehen hatte. Der Dunkelhäutige kam näher. „Good Boy.“ Er spürte, wie etwas Metallisches sein rechtes Handgelenk streifte. So endete seine Flucht also schon, bevor sie überhaupt richtig begonnen hatte. Die rechte Handschelle rastete ein. „I’ll bring you back. You will see …“ Der Soldat verstummte und der Lichtkegel der Taschenlampe sackte von einem Moment auf den Nächsten ab. Es klirrte, als sie auf dem Boden aufschlug. Überrascht drehte sich Sam um. Wo war der Soldat? An seinem Arm baumelte immer noch die Handschelle, aber der Dunkelhäutige war verschwunden. „Weiter, los, los. Schlag keine Wurzeln. Noch mal wird das sicherlich nicht funktionieren,“ drängte Helgos mit einem Mal wieder. „Was ist mit dem Soldat? Wo ist er geblieben?“ Sam hatte die Taschenlampe ergriffen und leuchtete die nähere Umgebung ab, doch da war niemand. „Mach dir darüber jetzt keine Gedanken. Los! Weiter! Wir haben keine Zeit zu verlieren.“ ## Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)