Borderline von Selma ================================================================================ Kapitel 8: ----------- Diesmal war es das Gefühl Kopfüber in einem gigantischen Ameisenhügel gebadet zu haben, bevor sich Ekwin im Inneren der Stadt wieder fand. Er stand auf einer großen Straße aus Pflastersteinen. Der Boden war in einem großen Mosaik gestaltet worden, welcher sich, oh du Wunder, recht schnell wiederholte. Wenigstens die Häuser unterschieden sich, auch wenn sie allesamt in Fachwerkbauweise gehalten wurden und meistens nicht mehr als ein zusätzliches Stockwerk aufwies. Schon direkt am Eingang der Stadt standen eine Kafra und eine Stadtwache parat. Auf einem Schild, nahe dem Weg war der Name der Stadt eingeritzt. Prontera. Er hatte es doch tatsächlich in die Hauptstadt geschafft. Hoffnung keimte in ihm auf. Vielleicht fand er hier endlich jemand, der ihm sagen konnte, was hier los war. Eventuell konnte ihm ja auch schon die Kafra hier helfen. „Hallo?“ – „Willkommen bei der Kafra-Organisation. Der Kafra-Service ist immer für dich da. Was kann ich für dich tun? Speichern; Lager benutzen; Teleport-Service nutzen; Cart mieten; Andere Informationen prüfen?“ – „Ich suche jemanden.“ – „Willkommen bei der Kafra Organisation…“ – „Ähm. Tschuldigung, ich habe gefragt wie ich jemanden finden kann.“ – „Willkommen bei …“ – ‚Oh mann.’ Was war denn mit der los? Ihre Stimme war total monoton und leblos. Ekwin machte einen Schritt zurück, was sie dazu veranlasste zu schweigen. Misstrauisch schaute er die Kafra an, die eine Verbeugung nach der nächsten ausführte. Als sie sich mal wieder aufrichtete gelang es ihm einen Blick in ihre Augen zu erhaschen. Die Pupillen waren total starr. Sie schien ihn überhaupt nicht wahr zu nehmen. Schauderlich und der Gesichtsausdruck der Stadtwache war genauso leer, weshalb Ekwin darauf verzichtete sie anzusprechen. Vor diesem Ausgang aus der Stadt war außer den Beiden keine Menschenseele, weshalb er beschloss weiter in die Stadt hinein zu gehen. Allerdings merkte Ekwin schon recht schnell, das es ziemlich ruhig auf den Straßen war. Kurz hinter dem inneren Stadtwall traf er zwar erneut auf jemanden, der Waren für Haustiere verkaufte, doch sein Blick war auch tot. Ebenso war es bei denen, die am Brunnen standen. Eine erneute Gänsehaut überzog Ekwins Rücken. Das ganze war ihm unheimlich. Als er nach Süden schritt traf er auf den ersten Abenteurer. Es war ein Merchant und er hatte einen Shop aufgemacht. „Hi“, grüßte er ihn, doch der Merchant blieb stumm. „Kannst du mir helfen?“ Immer noch keine Antwort. Die Augen des Merchants waren zwar nicht so Tod, wie die der Anderen, doch sein Blick war abwesend. Bis Ekwin das Südtor erreichte kreuzten seinen Weg noch ein paar andere Abenteurer und Warenfeilbieter. Doch die meisten hatten einen abwesenden Gesichtsausdruck, während sie entweder saßen oder durch die Gegend liefen. War dies vielleicht genau das, was Chino als ‚gesteuert werden’ bezeichnet hatte? „Hi, ger?“ – „Was?“ – „Zeny, plz.“ Die Stimme des Novizen der Ekwin aus entrückten Augen anblickte war monoton. „Nein, tut mir leid.“ Der Novize zog ab ohne auch nur ein weiteres Wort zu verlieren. Seine Gänsehaut verstärkte sich. Eine Stadt voller laufender Zombies. Nichts wie raus hier. Da war diesmal die Aussicht wieder durch so ein Portal zu müssen, gar nicht mehr so schlimm. ## Nach einiger Sucherei, und fast schon kurz vorm Aufgeben, war Sam endlich fündig geworden. Das Fernsehzimmer lag in einem sehr, sehr abgelegenen Teil des Institutes. Die Tür war zudem noch abgeschlossen gewesen. Mehr durch Zufall sah Sam hinauf zu dem oberen Teil des Türrahmens. Dort lugte ein kleiner Teil des Schlüssels hervor. Der Raum hinter der Tür machte den Eindruck, als wäre er schon längere Zeit nicht mehr benutzt worden, obwohl man auch hier nirgendwo ein Staubkorn finden konnte. Dafür waren die Möbel scheinbar von Großmuttern. Die zwei Sofas und der Sessel waren mit altem braunem Stoff überzogen, wo man auch schon Stellen abhoben, wo die meiste Zeit, wenn überhaupt, Leute saßen. Der kleine Fernsehtisch wackelte, wenn man den zerknickten Bierdeckel unter einem Bein hervorzog, und der Schrank, in dem der Fernseher stand, sah aus, als käme er von Ikea. Ansonsten hatte der Raum noch ein Fenster und 3 absurde Bilder, die man wahrlich nicht als Kunst bezeichnen konnte, eher einen ‚Anfall von Wahnsinn auf Leinwand’. Der Fernseher hatte auch schon mal bessere Tage gesehen, und zirpte laut, als Sam ihn einschaltete. Wenigstens verging das Geräusch aber schnell wieder. Die Programmauswahl war stark begrenzt. Man konnte sehen, das dieser Raum mehr auf Zweckmäßigkeit ausgelegt war. Solange die Sachen hier drin funktionierten, sah keiner vom Institut die Notwendigkeit Geld in neue Teile zu investieren. Im Schrank unter dem Fernseher lag noch eine Decke, die Sam erst einmal aus dem Fenster heraus ausschüttelte, ehe er sie einer weiteren Begutachtung unterzog und sich mit ihr dann auf eins der Sofas nieder ließ. Jetzt bemerkte er, das er sich auf dem Weg vielleicht etwas Knabberzeug hätte besorgen sollen, doch jetzt war es zu spät, und der Weg bis in sein Zimmer und die Kantine einfach zu weit. So versuchte sich Sam auf das Fernsehprogramm zu konzentrieren. Die Wärme der Decke und das stupide Fernsehprogramm aus der Flimmerkiste lullten Sam nach und nach ein, und er merkte gar nicht, wie er ins Reich der Träume wechselte. ## Kaum, das er die Stadt verlassen hatte, atmete Ekwin erleichtert auf. Endlich war er diesem seltsamen Ort entkommen. Für die anderen schien dies jedoch das normalste der Welt zu sein. Lief er etwa auch so merkwürdig durch die Gegend, wenn er geführt wurde? Ekwin schauderte. Aber was sollte er jetzt tun? In der Stadt hatte er nirgendwo einen Hinweis auf Chino finden können, und diese Welt war viel zu groß, um sie auf der Suche nach einer einzelnen Person alleine zu durchstreifen. Er seufzte. Vor der Stadt war keine Menschenseele zu sehen. Niemand sonst, der ihm vielleicht helfen konnte, aber man sollte sich ja nichts vormachen. Wahrscheinlich waren auch die Leute außerhalb der Stadt so zombiefiziert. Erschöpft und entmutigt ließ sich Ekwin ins Gras sinken und zog die Knie an. Das ganze entwickelte sich zu einem großen Albtraum und er konnte diesem nicht entkommen. Schließlich ließ er sich rücklings ins Gras sinken und schloss die Augen. Er musste nachdenken. ## Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)