Das stimmt nicht! von Sitamun (Ich schon ...) ================================================================================ Kapitel 2: Axel, es tut mir so Leid ... --------------------------------------- Jedes Mal, wenn die Nacht versiegt ... Jedes Mal, wenn der Tag aufgibt ... Jedes Mal höre ich seine Worte und jedes Mal höre ich sie deutlicher. Nein, es sind nicht meine Ohren, die sein Flehen wahrnehmen; allein mein Herz leidet. Und ich weiß nicht, wie ich mein Leiden vermindern kann. Ich will nicht mehr, kann nicht mehr. Es tut so weh, so unglaublich weh. Ich verstehe jene Worte, ihre Bedeutung wird für mich immer verständlicher. Ich will das nicht. Ich will sie nicht verstehen. Diese Gefühle, die sie in mir wecken, schmerzen mich noch mehr. So tief in mir, in meinem Herzen, das ich selbst jetzt, nachdem ich wieder mit dem vereint bin, der mich erschuf, nicht habe. Natürlich gab er mir das Gefühl zu leben, zu sein, doch jetzt ist er nicht mehr hier und in jedem Augenblick, in dem er nicht hier ist, nicht bei mir ist, entsteht in mir ein anderes Gefühl, eines, das ich vorher nicht kannte. Und jetzt, da ich es kenne, wünsche ich mir, ich hätte es nie kennen gelernt. Ich kann nicht sagen, was es ist; in meinen, seinen, Erinnerungen kommt dieses Gefühl in dieser Form nicht vor, nicht so stark, nicht so schmerzhaft. Ich könnte weinen, so grauenhaft viel weinen ... aber ich kann’s nicht. Diese Worte und ihre Bedeutung ... ich fühle mich so schuldig. Ich hätte das nicht tun dürfen. Was? Es könnte so vieles sein. Zu vieles. Mein Gewissen quillt geradezu über mit den ganzen Vorwürfen. Alles. Wenig. Viel. Gar nichts. Gott, was? Doch es bleibt still. Nur jene Worte. Nur ihr Echo. Und es wird immer lauter. Immer und immer lauter. Als schreie er direkt in mein Ohr. Nein, mein Herz. Es blutet doch schon so stark. Und ich kann diese Wunde nicht verheilen. Sie wird nicht verheilen. Einfach so. Das Blut wird nicht gerinnen. Ich bin mir nicht sicher, doch ich glaube den Grund zu kennen. Stelle ich, nein, stellt er, sich vor einen Spiegel, sieht sich an, blickt sich selbst in diese blauen Augen, die den meinen so ähnlich sind, dann sehe ich meine Traurigkeit in ihnen. Dieser junge Mann, den ich im Spiegel sehe, strahlt nicht mehr vor Glück, vor Selbstsicherheit, wie er es sonst immer tat; er ist traurig, weil ich es bin. Er könnte weinen, weil ich es will. Doch er hält meine Tränen zurück. Er leidet. Wegen mir. Und ich kann es nicht ändern. Ich weiß nicht, warum. Dieses Blau sieht aus wie ein Meer aus Tränen, die nicht in die Freiheit gelangen. Dieses Meer ist verschlossen in ihm, in mir. Der Schlüssel ging schon lange verloren. In einer Welt, die niemals war. Er kann nicht mehr gefunden werden. Es tut weh, so sehr ... Erlösung, Freiheit, ist zum Greifen nah, doch ich kann meine Hand nicht heben, meinen Arm nicht strecken, nur den Worten lauschen und mein Herz weiter bluten lassen. Mich von diesen Gefühlen weiter beherrschen lassen, die ich nicht fühle. Ich hätte nicht gedacht, dass ... Schon wieder ... seine Worte ... ich höre sie ... nein, ich fühle sie ... so laut ... noch lauter ... Wenn ich jetzt darüber nachdenke, in einem Moment, der so oder so nicht mehr von Bedeutung ist, der einfach nur verstreicht wie jeder andere, obwohl ich weiß, dass er es eben nicht tut, dann fällt mir auf, dass ich all die Antworten kannte. All die Fragen, auf die sie passten. Er hat sie gestellt. Und in jenen Worten wirft er es mir vor. Ich glaube nicht, dass er mich verstand. Oder versteht. Er lebt noch, wenn überhaupt. Ich weiß doch, dass er da ist. Auch, wenn ich ihn nicht sehe. Er hofft auf Antworten, die einzig und allein ich kenne. Doch wie soll ich sie ihm geben? Ich kann das nicht mehr. Wir sind nicht mehr zusammen; getrennt durch meine eigene Hand. Damals dachte ich, ich könnte ihn wieder sehen, wir seien irgendwann wieder vereint, ich hatte so gehofft ... Ich wollte ihm die Antworten doch noch geben; er hatte sie doch so verdient. Immerhin ... ist er doch mein bester Freund. Ja, ist! Er ist noch! Auch wenn wir Niemande nicht das Recht dazu haben, zu sein. Irgendwo ist er. Vermutlich auch dort, wo der Schlüssel ist. Trägt ihn dicht an ihm. An die Stelle gedrückt, wo sein Herz sein sollte. Sicherlich ... Dieser Schlüssel hält ihn am Leben, ja? Bewahrt ihn davor, wo auch immer er sein mag, komplett ins Nichts zu versinken. Dieses Nichts .. In dieser Welt, die niemals war. Ist er es, der sein Rufen weiterleitet? In mein Herz? In das Herz, dass ich mal hatte? Dieser Mann im Spiegel starrt an sich hinunter, auf seine rechte Hand. Da ist er, der Schlüssel. Sein Metall so kalt und trügerisch schützend. Mit Sicherheit ein zweischneidiges Schwert. Durch ihn höre ich scheinbar, wie er meinen Namen schreit, in mein Herz, so quälerisch laut und voller Sehnsucht. Ich weiß nicht, warum er zu schreien scheint, ob ihn allein der Drang, mich zu sehen, mich zu haben, mich zu fühlen, diese Kraft verleiht. Hat er in dieser Welt überhaupt noch Kraft? Oder ist es die des Schlüssels? Die, die mich wieder mit meinem alten Selbst vereinte? Warum? Gott, verdammter, sag mir, warum nimmt dieses Fragen kein Ende? Warum höre ich meinen Namen immer deutlicher? Roxas! Es tut weh, so sehr ... Ich will nicht mehr! Er soll endlich schweigen! Dieses Meer ist bereits überfüllt! Ich kann nicht mehr! Ich habe keine Kraft mehr, keine Kraft mehr dafür, ihm zuzuhören! Immer deutlicher zu fühlen, wie sehr ich doch Schuld daran bin! An diesem Schlamassel! An dieser Folter! Ich hätte nie einfach so gehen dürfen ... ich hätte seinen Worten lauschen sollen, als er sie noch sagen konnte, mit seinem Mund, mit seiner Stimme, die mich so sehr berührte! Mein bester Freund, dessen Nähe ich nie so offensichtlich haben wollte und von der ich jetzt nicht genug kriegen kann! Hasst er mich jetzt deswegen? Trotz seines Schreiens? Seiner Qual? Gott, verdamm mich! Ich kann nicht mehr ... Axel, es tut mir so Leid ... So schrecklich Leid ... Verzeih mir ... Lass uns zusammen in dem Meer meiner blauen Augen, in dem Meer meiner ungeweinten Tränen untergehen ... Lass uns wieder Freunde sein ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)