Bicontrolled von Stiffy ================================================================================ Kapitel 3: ...a sad memory. --------------------------- „Er scheint dich zu mögen!“, grinst Susanne mich an, als ich ihr am Abend von Marius erzähle. Eigentlich wollte ich sie nur kurz anrufen, doch sofort lud sie sich bei mir zum Abendessen ein und wollte alles genauestens berichtet bekommen. Ich zögerte lange, bevor ich ihr auch von dem Kuss erzählte. Ihre Augen wurden immer größer. „Hm...“, mache ich nun auf ihre Aussage hin und sehe die Tasse in meinen Händen an. „Nichts ‚Hm’! Er hat dich geküsst, Mann! Der Kerl steht auf dich!“ „Quatsch! Warum sollte er denn? Wir kennen uns noch nicht mal zwei Tage lang!“ „Na und? Er will sich immerhin wieder mit dir treffen! Da ist doch alles klar! Glückwunsch!“ Ich seufze und stelle das Glas ab. „Mensch Susanne... Selbst wenn es so ist... ich will nichts von ihm...“ „Wieso denn nicht? Nach dem, was du sagst, sieht er doch echt toll aus und ist auch noch nett! Was steht also noch im Wege?!“ „Das weißt du genau! Ich kann nicht nach drei Jahren einfach so mit jemand anderem zusammen sein!“ „Wieso denn nicht? Er kann es doch auch!“ Das sitzt. Ich schließe meinen Mund wieder und schlucke. „Es... Es tut mir leid...“ Sofort gemerkt, dass sie einen Fehler gemacht hat, spricht sie jetzt mit sanfter Stimme und rückt ein Stück zu mir heran, legt mir die Hand auf den Arm. „Das weiß ich doch...“ Ich greife nach der Hand und halte sie fest. „Aber ich kann das einfach nicht so schnell... Ich liebe Fabian doch...“ „Ich weiß...“ Ich lehne mich im Sofa zurück. Mein Blick fällt auf den Rücken des großen Bilderrahmens, der am Regal lehnt. Ich konnte es nicht ertragen, die Fotos weiterhin täglich zu sehen... doch ganz wegräumen konnte ich sie auch nicht. „Wart’s einfach ab...“, meint Susanne nach einer Weile. „Vielleicht beginnst du ihn ja zu mögen...“ Ich nicke, spreche jedoch meine Gedanken nicht aus. Ich glaube nicht, dass ich überhaupt noch mal so für jemand anderes empfinden kann... Als Susi weg ist, gehe ich ins Bett. Eigentlich hatte ich vor, noch etwas für den morgigen Arbeitstag zu tun, doch ebenso wie heute Nachmittag würde das auch jetzt wohl nichts bringen... Jetzt schwirrt mir nämlich nicht nur Fabian im Kopf herum, sondern auch noch Marius. Denn eigentlich ist Susanne mit ihren Gedanken gar nicht so alleine... Sogar ziemlich viel habe ich über den vergangenen Tag nachgedacht... Wieso war Marius so nett zu mir, wieso wollte er, dass ich noch länger bleibe, ließ mich sogar bei sich im Bett schlafen... und wieso hat er mich geküsst? Kann es sein, dass da vielleicht doch mehr war? Aber wieso? Ich bin ein vollkommen fremder Mann für ihn... Oder wollte er mich von Anfang an nur ins Bett bekommen? Ich ziehe mir die Decke bis zu den Schultern und starre in die Dunkelheit. Mir täte es leid, wenn es so wäre... Er ist hübsch und wirklich sehr nett, doch mehr als Freundschaft kann ich nicht für ihn empfinden, auch in Zukunft nicht... und wenn ihm das nicht genug ist? Verdammt, was hast du bloß mit mir gemacht, Fabian? ~ * ~ Die nächste Woche zieht sich viel zu lange hin. Während der Arbeit im Büro, bei der ich alleine an meinem Schreibtisch sitze, denke ich viel nach. Fabian gelten meine meisten Gedanken, vor allem weil er immer noch ein paar Sachen bei mir hat und wir uns zu alldem auch noch treffen wollten, um zu klären, wie wir weiter mit der Wohnung verfahren, deren Miete wir immerhin bis jetzt zusammen trugen... Doch ich denke auch viel an das bevorstehende Wochenende. Das letzte Mal Kanufahren war ich vor knapp sechs Jahren mit ein paar Freunden... Es war toll, aber ein seltenes Erlebnis. Eigentlich freue ich mich sogar wahnsinnig auf Freitag! Und um genau zu sein, freue ich mich auch, Marius wiederzusehen. Vielleicht entwickelt sich bei uns ja wirklich eine Freundschaft... Es würde mir jedenfalls gefallen! ~ * ~ Als es endlich Freitag ist und ich meine Sachen zusammenpacke, klingelt das Telefon. Widerwillig nehme ich ab, als ich Fabians Handynummer auf der Anzeige erkenne. „Was verschafft mir die Ehre?“, murmle ich mürrisch und stopfe von einem Moment auf den anderen wieder ziemlich aggressiv ein paar Klamotten in meinen Rucksack. Mittlerweile werde ich einfach nur noch wütend, wenn es zu Fabian kommt... Die Phase der erschütternden Enttäuschung scheine ich endlich überwunden zu haben. „Passt es dir, wenn ich am Sonntag vorbeikomme und wir das mit der Wohnung klären?“ „Bin am Wochenende nicht da...“ „Echt? Was machst du denn?“ „Was geht dich das an?“ Ich schnüre mit aller Kraft das Band meines Rucksackes zu. Hoffentlich bekomme ich den Knoten wieder auf... Dann lasse ich mich aufs Bett fallen. Ein Seufzen ist zu hören. „Na gut... Wann passt es dir dann? Dienstag?“ „Meinetwegen...“ „Okay... ich komm gegen Abend.“ „War’s das?“, zische ich in den Hörer. „Ja...“ „Gut.“ Damit lege ich auf und feuere den Hörer ins Kissen. Die Auflösung dieser Wohnung... oder zumindest eine Änderung im Vertrag. Langsam aber sicher geht alles zu Ende, das ich je mit ihm hatte... es tut höllisch weh! Ein paar Minuten lang bleibe ich starr auf dem Bett sitzen und sehe mich im mittlerweile sehr leeren Schlafzimmer um, bevor ich mich aufraffe. Genug geschmollt, noch schnell duschen und dann los ins Wochenende! Irgendwie habe ich plötzlich aber gar keine Lust mehr... ~ * ~ Marius strahlt mich an, als er mir die Tür öffnet... und gleich habe ich das Gefühl, dass meine Laune einen kleinen Satz nach oben macht. „Hey!“ Er nimmt mir den Rucksack ab. „Du hättest mir mal deine Nummer geben sollen!“ „Wieso? Gibt es ein Problem?“ „Nein, nicht wirklich... Ich wollte dich nur fragen, ob du vielleicht irgendwo ein Zelt auftreiben kannst... Meins ist vollkommen zerfressen... Naja, hab mir jetzt das Iglu unserer Nachbarin geliehen...“ „Hätte eh keins gehabt... aber wozu gibt es Telefonbücher?“ Mit einem breiten Grinsen dreht er sich zu mir um. „Ohne Nachnamen?“ „Ach Mist! Eins zu Null für dich!“ Ich krame mein Portmonee heraus und ziehe eine kleine Karte hervor. Nach einem kurzen Blickwechsel nimmt er sie entgegen. „Bekomm ich auch deine Privatnummer?“, fragt er dann und dreht die Karte in seinen Fingern. „Natürlich... Hast du nen Stift?“ Nachdem diese Sache dann also geklärt ist, setzen wir uns in die Küche und ich bekomme eine Tasse frischen Kaffee. „Wie war deine Woche?“, fragt Marius und setzt sich mir gegenüber. „Stressig... Viiiel zu viele Kunden, die abgefertigt werden wollen...“ „Echt? Ich dachte immer ihr Steuerfritzen habt zehn hübsche Sekretärinnen, die für euch die Arbeit machen...“ Er streckt mir mit ironischem Grinsen die Zunge hin und lacht. „Natürlich! Und außerdem hab ich auch noch drei die mir den Haushalt machen, kochen und mich anderweitig prächtig verwöhnen...“ „Wusst ich’s doch...“ Er legt den Kopf schief und lächelt. Er hat schöne Zähne... überhaupt ein schönes Lächeln. „Und wie war deine Woche?“, frage ich nun ihn. „Nicht viel anders als bei dir... Es scheint echt die perfekte Zeit dafür zu sein, ein Auto nach dem anderen zu Schrott zu fahren... Mein Chef wollte mich heute Nachmittag erst noch mit einplanen, weil irgendso ein Typ unbedingt seinen Angeberschlitten bis morgen wieder haben will... Aber wie du siehst, ich bin dem entkommen...“ „Was musstest du ihm dafür versprechen?“ „Eine heiße Nacht, und dass seine Frau nichts davon erfährt...“ Kaum hat er es ausgesprochen, beginne ich wie wild zu husten und zu würgen, versuche den Kaffee nicht über den ganzen Tisch zu spucken. Marius springt auf und klopft mir auf den Rücken. Sein Lachen erfüllt die Küche. „Geht’s wieder?“, fragt er, als ich es geschafft habe, meine Atemwege wieder frei zu bekommen. Ich nicke. „Na das hoffe ich doch! Ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn du wegen meiner Beichte jämmerlich erstickt wärst...“ Noch immer dieses Grinsen, irgendwie schelmisch. Seine Hand liegt ruhig auf meiner Schultern. „Ne im Ernst, das war nur ein Scherz... Kein Grund also zu sterben. Ich musste ihm nur versprechen, dafür nächsten Samstag seine Schicht zu übernehmen, weil seine Frau da wegen einer Operation ins Krankenhaus kommt...“ ~ * ~ Um drei Uhr schleppen wir gemeinsam Marius’ Kanu zum Auto und fahren dann zum Treffpunkt. „Wie viele sind wir eigentlich?“, frage ich ihn, als wir im Auto sitzen. „Äh... zähl mal mit... Matthias und Helen, Julian mit Alexander, Nadja mit ihrem neuen – Peter glaub ich –, Michael, Emilie mit Tom, und Karen... zehn oder?“ „Zwölf... du hast uns vergessen...“ Ich grinse und sehe aus dem Fenster. Um ehrlich zu sein wurde mir bei seiner Aufzählung ein bisschen unwohl. Julian mit Alexander... wie es sich anhört ein schwules Paar also... hoffentlich denken sie nicht, dass auch Marius und ich... ach quatsch, ich mach mir viel zu viele Gedanken! Aber auch so... ein bisschen nervös bin ich schon. Ich mag es, neue Leute kennenzulernen, aber nicht einmal die Person, mit der man hingeht, richtig zu kennen, ist schon etwas anderes... Ziemlich schnell allerdings merke ich, dass meine Sorgen, wenn ich in sofern überhaupt welche hatte, total unbegründet waren. Mit sprichwörtlich offenen Armen werde ich empfangen. Einer nach dem anderen stellt sich mir vor und auf den ersten Blick wirken sie eigentlich alle sehr sympathisch... Wir lassen die Boote zu Wasser und verstauen die mitgebrachten Sachen darin, anschließend uns selbst. „Vorne oder hinten?“, fragt Marius und stützt sich auf einem der Paddel ab. „Hinten...“, antworte ich nach einem Moment des Nachdenkens. „Okay!“ Er drückt mir das Paddel in die Hand und klettert ins Kanu. Dieses wackelt mit einem Mal ganz schön. Irgendwie schon ein komisches Gefühl, in so ein kleines Ding zu steigen... Na ja, schwimmen kann man im Notfall ja auch noch... Zögernd steige ich in den kleinen, freien Raum, nicht wirklich sicher, wie ich dies am Besten anstelle. Neben mir beobachte ich eine der Frauen, wie sie galant das Gleiche vollführt. Ein Fuß hinein und dann... „Wow! Vorsicht!“ Dem Wasser gefährlich entgegenfallend und eine schnellen Bewegung neben mir, dann werde ich zurück gerissen. Vollkommen verdattert sehe ich mich um. „Du willst doch nicht jetzt schon Baden gehen, oder?“ grinst er mich an. Wer war er noch gleich... A... A... Alexander? Ja genau! „Danke“, ist das Einzige, was ich hervorbringe, während er mich angrinst und hinter mir das mittlerweile schon sehr bekannte Lachen von Marius verklingt. „Keine Ursache!“ Mein nächster Versuch verläuft weniger tollpatschig und so schaffe ich es schließlich hinter Marius in das wacklige Ding. „Na geht doch!“ Er grinst und reicht mir ein Paddel nach hinten. „So... und auf geht’s! Hast du das schon mal gemacht?“ „Jup... aber das scheint schon Ewigkeiten zurück zu liegen...“ Marius stößt uns vom Steg ab und mit einem Mal fühl ich mich vollkommen sicher. Komisch, dabei war es gerade schon eine ziemliche Überwindung, überhaupt in dies Teil zu steigen... Vor uns ist ein Boot, die anderen noch hinter uns. Zwei einzeln, vier Doppel. Es dauert nicht lang, dann hat uns... ähm... Michael eingeholt und im selben Moment verstärkt Marius seinen Schlag deutlich. „Ey, das ist nicht fair, ihr seid immerhin zwei!“, lacht Michael und paddelt kräftig mit. „Dafür haben wir aber auch mehr Gewicht zu bewegen!“, ruft Marius zurück. Das Doppelkanu vor uns eingeholt, beginnt tatsächlich eine Art Wettkampf... und mit einem Mal fühl ich mich einfach unglaublich frei. Etwas später, nach bestimmt zwei Stunden Fahrt, taucht das knallgelbe Kanu neben uns auf. Emilie und Tom... zusammen seit acht Jahren, sie schwanger im vierten Monat... Ganz von alleine hat Marius irgendwann angefangen, mir seine Freunde alle ein wenig näher zu führen. So weiß ich zum Beispiel, dass Julian sein bester Freund ist, den er seit fast neun Jahren kennt und mit dem er in der Werkstatt zusammen arbeitet, und dass dieser nun seit drei Jahren mit Alex zusammen ist... oder, dass Michael schon ewig etwas von Karen will, diese ihn aber immer wieder abblitzen lässt... und so weiter... „Darf ich dich mal was fragen?“, ist es nun Emilie, die sich in einigem Abstand neben uns hertreiben lässt. Wie von alleine sehe ich kurz auf ihren Bauch. Eigentlich quatsch, im vierten Monat sieht man eh noch nichts... „Klar...“ Ich merke wie sie zögert, Marius einen kurzen Blick zuwirft. „Naja... seid ihr beide... zusammen?“ Es braucht einen Moment, bis ich nichtsahnend ihre Frage endlich realisiert habe. „Emilie!“, höre ich Tom hinter ihr zischen. „Was denn? Ich bin nun mal neugierig!“ Es ist Marius, der für mich diese Frage beantwortet, obwohl ich das ja auch selbst gekonnt hätte. Irgendwie war ich einfach nur überrascht. „Mensch... du kannst dir wohl echt nicht vorstellen, dass auch ich mal einfach nur nen normalen Freund mitbringe, was?“, lacht er. „Also nicht? Oh!“ Einen Moment wirkt sie überrascht, dann verlegen. „Ähm... sorry, Kai...“, grinst sie. „Ach quatsch!“, antworte ich nur ebenso grinsend. Trotzdem komme ich mir grad irgendwie doof vor. Also haben wirklich alle gedacht, dass ich was mit Marius habe? Wohl immer noch etwas verlegen und nicht genau wissend, was sie denn jetzt sagen soll, beginnt sie schließlich Smalltalk. Erst über das perfekte Wetter für eine Kanutour, dann doch direkter auf mich bezogen, wie ich Marius kennengelernt habe, und so... Und kaum habe ich mich versehen, wird zur ersten Pause gerufen. „Ich hoffe, die Frage von Emilie hat dich wirklich nicht gestört...“, meint Marius zu mir, als er unser Kanu am Steg vertäut. „Quatsch! Wieso sollte es?“ Ein Zucken mit den Schultern. „Weiß nicht, könnte ja sein...“ Eine halbe Stunde später geht’s weiter. Die restliche, knapp dreistündige Fahrt vergeht schnell. Ich komme mit meinem voriger Retter Alexander ins Gespräch, während Marius und Julian vor uns herumalbern. Dies führt zu spritzendem Wasser und schließlich wieder zu einem kleinen Wettrennen. Ein schönes, befreiendes Gefühl... Und dann kommen wir an unserem Nachtplatz an, einem kleinen Stück Wiese umgeben von Bäumen. Es werden die Kanus an Land gezogen und dann die Zelte aufgebaut. „Wow, das ist ja noch kleiner, als ich dachte...“, grinst Marius mich an, auch wenn er dabei fast ein wenig peinlich berührt klingt. „Ich hoffe, du hast keine Berührungsängste...“ „Das hättest du schon gemerkt...“ Auch ich muss grinsen, doch plötzlich spüre ich, wie mir die Hitze ins Gesicht schießt und ich ihn nicht länger ansehen kann. Ich muss daran denken, wie er mich im Arm gehalten hat, als ich geweint habe... Wie peinlich! „Stimmt...“ Er bohrt den letzten Hering in den Boden, steht dann auf und klopft sich die Knie ab. „Fertig!“ Ich sehe mich zu den anderen Zelten um. Alle stehen schon, nur Matthias und Helen werkeln noch herum und wirken weniger glücklich dabei. Als sie es mit Michaels Hilfe auch endlich geschafft haben, finden wir uns alle irgendwo in der Mitte wieder. Alexander und Julian, Nadja und Peter, sowie Marius und ich werden zum Feuerholzsuchen eingeteilt. Mit mittlerweile knurrenden Mägen marschieren wir los. „Ich find es toll, dass du mitgekommen bist...“, meint Marius, nachdem er eine Weile lang einfach nur singend durch die Bäume gestreift ist und hier und da etwas aufgehoben hat. „Ja...“ Ich fühle wie ich schon wieder ein wenig unsicher werde. „Schön, dass du mich gefragt hast!“ „Klar!“ Er grinst und fragt dann zögernd: „Wie geht es dir denn sonst so?“ Seinem Blick ist deutlich anzusehen, dass er sich nicht sicher ist, ob die Frage zu indiskret war. „Ganz gut...“, erkläre ich. „Etwas Ablenkung tut wirklich gut.“ „Stimmt.“ Marius bleibt unvermittelt stehen, nachdem er einen weiteren Ast aufgehoben hat. Sein Blick trifft meinen. „Du wirst schon sehen... ein ganzes Wochenende mit mir kann dich nur auf andere Gedanken bringen...“ Ein weiteres breites Grinsen. Die Sonnenstrahlen fallen durch die Zweige auf sein Gesicht. Plötzlich sieht er wahnsinnig hübsch aus. Und ich weiß nichts zu sagen. „Hey ihr zwei!“, ertönt es unerwartet zusammen mit knackenden Schritten hinter uns. Ich entdecke Julian, als ich mich umdrehe, der beladen mit Feuerholz auf uns zukommt, hinter ihm Alexander. „Na, aber sehr fleißig wart ihr nicht gerade...“, grinst Julian und stößt Marius von der Seite an. „Aber Nadja und Peter haben auch genug... lasst uns zurück gehen...“ Julian verwickelt Marius sogleich in ein Gespräch, als wir zurück gehen. Es geht um irgendetwas Technisches. „Haben wir euch irgendwie gestört?“, fragt Alexander, der neben mir läuft. Überrascht sehe ich ihn an. „Nein. Wie kommst du darauf?“ „Ich weiß nicht... Es wirkte irgendwie so als hättet ihr gerade über was wichtiges gesprochen...“ Er zuckt mit den Schultern und grinst. „Nein, eigentlich nicht...“ Es stimmt, wir haben wirklich über nichts wichtiges gesprochen, und eigentlich bin ich sogar einen Moment lang froh gewesen, dass sie gekommen sind... Ich schaue mich um zu Marius und Julian, wie sie lachend über irgendwas gestikulieren. „Seit wann kennst du Marius?“, frage ich ein wenig leiser an Alexander gewandt. „Seit knapp drei Jahren... kurz nachdem ich mit Julian zusammen kam...“ Einige Minuten laufen wir danach schweigend weiter, bis Alexander mich nach meiner Arbeit fragt und wir so ins Gespräch kommen. Bei den anderen schließlich angelangt, frage ich mich schon, wieso ich vorhin eigentlich nichts gesagt habe... Marius Worte waren nichts besonderes, haben mir fröhlich ein schönes Wochenende versprochen... und doch wusste ich nichts zu erwidern... Es werden Kartoffeln und Fleischstücke aufgespießt und über dem Feuer gebraten, es wird viel gelacht und es fällt nicht schwer, sich darin einzugliedern. Nach einer Weile schon habe ich nicht mehr das Gefühl, ihnen allen ein Fremder zu sein. Es ist ein schönes Gefühl... Und nur einmal kurz, als Nadja und Peter erzählen, dass sie jetzt endlich zusammenziehen wollen, muss ich an Fabian denken. Auch jetzt hätte ich ihn gerne bei mir... Der Abend wird später und kühler und schnell verziehen sich die anderen in die Zelte. Marius und Julian bleiben sitzen, reden munter weiter. „Wie wär’s? Wollen wir noch ein bisschen spazieren gehen?“, fragt Alexander mich. „Die beiden brauchen eh noch Stunden, bis sie sich voneinander trennen können... haben sich ja schon sooo lang nicht mehr gesehen...“ „Gerne.“ Alexander geht zu seinem Freund und legt die Arme um ihn. Sie küssen sich und in dem Moment beneide ich sie irgendwie. Marius’ und mein Blick treffen sich, ich spüre, wie ich rot werde. Alexander und ich entfernen uns von der kleinen Stelle und verschwinden zwischen den Bäumen. Der Vollmond erhellt kleine Flecken zwischen den Schatten der Bäume und irgendwie ist es schon fast ein wenig unheimlich. „Was hältst du von Marius?“, fragt Alexander, als wir ein paar Schritte gegangen sind. Seine Frage überrascht mich. „Ähm... er ist nett... ich denke, ich mag ihn irgendwie...“ Ich finde nicht die richtigen Worte, die ich eigentlich sagen will. Wie beschreibt man dies winzige, schöne Gefühl, das ich in seiner Nähe habe? „Marius war am Mittwoch bei uns...“ Alexander schweigt kurz, als wisse er nicht, wie weiterreden... und ich frage mich, was er damit sagen will. „Er erzählte, dass er am Wochenende jemanden kennengelernt hat... um ehrlich zu sein, ist das schon lange nicht mehr vorgekommen...“ „Was meinst du?“ Er seufzt. „Ach, ich weiß nicht, ob es richtig ist, dir solche Sachen zu sagen...“ Ich schweige. Was soll ich schon anderes tun? „Hm...“, macht er, fährt sich nachdenklich durch die Haare... fährt aber letztendlich doch fort. „Es ist so, dass er vor etwas mehr als einem Jahr ziemlich von einem Kerl verarscht wurde... seitdem hatte er höchstens ein paar kurze Affären, wollte nie etwas festes...“ Er zuckt mit den Schultern und sieht mich an. „Okay, und was hat das mit mir zu tun?“ „Na ja, irgendwie habe ich das Gefühl, dass es bei dir anders ist... so wie er von dir erzählt hat und auch, wie er dich ansieht...“ „Aber... wir kennen uns doch erst seit einer Woche... und was heißt schon kennen...“ „So was geht manchmal schneller, als man denkt, glaub mir... aber ich meine ja auch nicht, dass er in dich verliebt ist oder so... ich glaube einfach, dass es dazu kommen könnte... Und auch wenn ich jetzt wie ein großer Bruder klinge... ich will nicht, dass er noch mal so verletzt wird...“ Ich bleibe stehen, einfach weil ich mich gerade nicht fähig für einen weiteren Schritt fühle. Alexanders Worte überraschen mich... und sie gefallen mir nicht. Sie machen schon wieder alles so kompliziert... „Ich habe nicht vor, ihn zu verletzten... ich hatte noch nicht einmal vor, überhaupt etwas mit ihm anzufangen... Ich mag Marius, aber nicht auf diese Weise...“ Alexander steht in einem schwachen Lichtfleck vor mir. Soweit ich es erraten kann, sieht er sehr nachdenklich aus. Glaubt er wirklich, dass Marius vielleicht mehr will? Verdammt, warum kann er so was nicht für sich behalten? „Weiß du was, vergiss das Ganze am besten... vielleicht hätte ich so gar nicht erst anfangen sollen...“ „Okay...“, sage ich, obwohl uns wohl beiden klar ist, dass ich diese Gedanken nun nicht mehr so schnell aus meinem Kopf bekommen werde. Vielleicht wollte Alexander auch genau das... „Ich kenne das Gefühl, auf diese Weise verletzt zu werden...“, sage ich unvermittelt, als wir wieder losgehen. „Mein Freund hat sich vor kurzem von mir getrennt...“ „Oh... das tut mir leid!“ „Schon okay. Ich denke, ich beginne ganz langsam mich damit abzufinden...“ „Hast du ihn geliebt?“ „Ja... sehr sogar... und ich vermisse ihn schrecklich...“ „Darf ich fragen, wieso?“ „Natürlich...“ Dennoch zögere ich einen Moment. „Weißt du... er war schon immer eigentlich mehr der Typ für Affären...“, beginne ich dann. ~ * ~ Knapp eine Stunde später kommen wir wieder bei unserem Lagerplatz an. Ich habe Alexander mehr erzählt als ich wollte und danach erzählte er mir, wie er Julian kennenlernte, und dass er mit seinen Eltern noch immer deshalb zerstritten ist. Es hörte sich schön an, wie er seine Liebe zu Julian schilderte und ganz langsam bemerkte ich ein paar Dinge, die zwischen Fabian und mir schiefgelaufen sein könnten... zum Beispiel, dass wir fast nie miteinander über unsere Probleme sprachen. „Scheint, als haben Marius und Julian auch aufgegeben...“, meint Alexander, als wir zum ausgebrannten Feuer zurückkommen. „Also dann, man sieht sich morgen... gute Nacht im Schlafsack!“ Er lacht und wir trennen uns an den Zelten. Leise ziehe ich den Reißverschluss herunter und krabble ins Innere des Zeltes, so vorsichtig wie möglich, um einen eventuell schlafenden Marius nicht zu wecken. „Da bist du ja...“, kommt es jedoch fast im selben Moment aus der Dunkelheit. Erschrocken fahre ich zusammen und dann geht auch noch das fahle Licht der Taschenlampe an. „Du bist noch wach?“, frage ich mit der Hand vor den Augen. „Wir sind erst vor ein paar Minuten in die Zelte...“ Er dreht den Lichtkegel der Taschenlampe weg von mir, so dass ich ihn nun gefahrlos ansehen kann. Er lächelt, wie immer... Zögernd beginne ich mich auszuziehen, bis auf die Boxershorts. Ich habe das Gefühl, die ganze Zeit seine Blicke zu spüren, und ich muss daran denken, was Alexander gesagt hat. Kopfschüttelnd und frierend schlüpfe ich in den Schlafsack. „Ich mag deine Freunde...“, spreche ich nach ein paar Minuten. Das Licht ist noch immer an. Marius hat sich mir zugedreht, allerdings mit geschlossenen Augen. Nun zieht er zufrieden die Mundwinkel in die Höhe. „Das freut mich...“ Ich sehe ihn an und wir schweigen wieder. Ein paar der kurzen Haarsträhnen fallen ihm in die Stirn und ich muss mich zusammenreißen, sie nicht von diesem Ort zu entfernen. Am liebsten würde ich meine Finger einfach danach ausstrecken. Marius gähnt und rutscht ein bisschen im Schlafsack herum. Warum macht er die Lampe nicht aus? Doch auch ich mache keine Anstalten, dies zu ändern. Der matte Schein wirft Schatten in Marius Augenhöhlen und neben seine Nase. Ich habe das Gefühl ihn noch stundenlang einfach nur ansehen zu können. Ich weiß nicht einmal wieso. END – PART 3 zur kleinen Erinnerung: Julian & Alexander sind die Hauptcharas aus meiner Story "Such Dich in mir"... wer also mehr über sie wissen will, einfach mal da schauen ^__~ (PS: ist aber schon etwas älter die Story XD) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)