Goldschimmer von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 8 - Oh du schön(e Vergangen)heit ---------------------------------------- Für Jenn war der Tag schneller Vergangen als ihr lieb war. Erst hatte sie kräftig der Crew mitgeholfen das Deck zu schrubben, wobei sie auch beinahe Jack mit dem Mop erschlagen hätte, um anschließend Segel zu hissen und mit Gibbs einige Seile zu flechten. Jack hatte ihre Begeisterung für das Segeln mit ein wenig Misstrauen aufgefasst. Warum sollte sie auf einmal so gefallen an diesen Dingen finden, wo sie sich doch erst so angestellt hatte? Vielleicht hatte er sich ja doch in ihr getäuscht und so ein verwöhntes Mädchen war sie überhaupt nicht. Er dachte an die Nacht zurück wo er gehängt werden sollte. Sie hatte ihn erst aus dem Gefängis holen wollen, hatte sich anschließend auf den Galgenplatz geschlichen und dann auch noch versucht ihn von dort zu befreien. Wenn er es sich mal genauer betrachtete, dann war ihr Risiko größer als seines gewesen. Jack seufzte auf. Gibbs hatte ihn abends noch zur Seite genommen und ihn drauf angesprochen, warum er diese Frau mitgebracht hatte. Jack hatte es ihm versucht zu erklären, doch irgendwie schien er das ganze falsch aufgefasst zu haben. Gibbs hatte ihm vorgeworfen, nicht mehr der Pirat zu sein, welcher er war, als er an Land ging. Und er musste Gibbs Recht geben. Früher hätte er sich das Buch einfach beschafft und der Rest wäre ihm egal gewesen. Warum hatte er es sich nicht einfach weggenommen als er die Gelegenheit dazu hatte? Wäre er bei ihrer ersten Begegnung nicht einfach abgehauen, hätte er es jetzt in den Händen gehalten. Apropos Buch, bei Gelegenheit müssten sie sich mal um das Buch kümmern. Sie waren nun zwei Tage schon unterwegs und hatten es immer noch nicht fertig gebracht, hinter das Geheimnis zu kommen. Die ersten Seiten hatten nicht allzuviel verraten. Vielleicht verbarg sich ja im inneren Teil mehr Informationen. ‚Am Besten wir machen das in Ruhe wenn wir Tortuga verlassen haben.‘ Ein zweiter Seufzer entwich seinem Mund und erregte somit Jenns Aufmerksamkeit. „Jack, was ist los mit Euch?“ Neugierig mustere sie den Captain der bisher schweigend neben ihr gestanden hatte und sich dabei an den Mast anlehnte. „Nicht Liebes, alles in Ordnung.“ Sein Blick fiel auf die Seile und er war wieder überrascht. „Miss Tails, ich bin beeindruckt. Ich hätte nicht gedacht, dass Ihr so saubere Knoten schafft. Lernt man sowas auch beim Kindermädchen?“ Neckisch setzte er sich neben sie, nahm die Seile in die Hand und lies sie dabei durch seine Finger gleiten. „Ob Ihr es glaubt oder nicht Jack, Ja sowas lernt man bei uns Zuhause.“ Jack senkte den Kopf und schaute sie dabei fragend an. Sie seufzte auf. „Bei mir Zuhause war es schon immer eine der wichtigsten Dinge im Leben, eine gute Hausfrau und Mutter zu sein. Karriere, Politik oder Krieg waren Dinge, die an mir vorrüber gegangen sind, die mich auch nicht zu interessieren hatten. Als Tochter des Gouverneurs hat man viele Verpflichtungen müsst Ihr wissen. Tanzbälle, Veranstaltungen, immer nett aussehen und lächeln ...“ „Klingt ja nicht gerade nach Abenteur.“ Lässig lehnte er sich zurück und stütze sich mit beiden Händen auf dem Boden ab. Dabei starrte er in den Himmel. „Ist es auch nicht. Und Ihr habt Recht wenn Ihr sagt, ich sei zu einem gewissen Teil verwöhnt. Wie sollte es auch anders sein, wenn man nichts anderes gewöhnt ist? Aber ich kann Euch versichern Jack, es ist nicht angenehm so ein Leben zu führen.“ Traurig senkte sie ihren Kopf und Jack erkannte in ihren Augen, dass es für sie sehr bedrückend sein muss, so zu leben. „Ihr lebt in einem goldenen Käfig Miss Tails. Was erwartet Ihr denn vom Leben? Alles was Euch auch nur im Geringsten bleibt, ist eventuell die Wahl Eures Ehegatten.“ „Ha, nicht mal das bleibt meine Entscheidung.“ Wütend trat sie mit dem Fuß gegen ein Bündel Seile, welches vor ihr lag. „Ist das so? Dann ist es in der Tat sehr bedrückend. Nacher ist Euer Ehegatte noch ein Eunuch!“ Bei seinen eigenen Worten bekam er große Augen und schüttelte hastig die Gedanken aus seinem Kopf. „Grausige Vorstellung, nich?“ „Mein Vater hat bereits gewählt. Und wenn ich von dieser Reise zurückkomme, dann werde ich ihn heiraten.“ „Darf man fragen wer der Glückliche ist? Vielleicht ist sein Name ja sogar schon bis zu mir auf’s Meer gedrungen?“ Aufmunternd strahlte er sie an doch bei der Nennung seines Namens klappte Jack die Kinnlade nach unten. „Das ist nicht Euer Ernst? DER Commodore Wels? Oh mein Gott, was hat sich Euer Vater nur dabei gedacht!?“ Mit der einen Hand fasste er sich geschockt an die Brust und mit der anderen Griff er nach dem Segelmast und wackelte gefährlich hin und her. Jenn seufzte auf. „Ja DER Commodore! Er ist ein ehrhafter Mann. Ihr braucht überhaupt nicht so tun als ob mein Vater eine schlechte Wahl getroffen hätte! Und selbst wenn, dann ...“ Sie stockte. Warum erzählte sie ihm das eigentlich alles? „...dann was, Miss Tails?“ er deutete mit seinen Händen an, dass sie weitererzählen sollte. Doch sie schwieg. Wortlos stand sie auf und drehte sich noch einmal zu ihm um. „Vergesst es Jack. Ihr würdest es sowieso nicht verstehen. Ihr seid frei und ungebunden. Genießt es, aber lasst meine Sorgen auch die Meinen sein.“ Aprupt machte sie auf dem Absatz kehrt und ging zu Gibbs und der restlichen Crew an die Reling. Schweigend blickte Jack ihr noch hinterher und richtete seinen Blick wieder auf das gebundene Seil. ‚Commodore Wels also ... Na da hat sich ihr Vater ja einen rausgesucht ...‘ Aber wieso verschwendete er überhaupt einen Gedanken daran? Es ist ihr Leben, wie sie es schon richtig sagte. Ihn geht das Ganze überhaupt nichts an. Zum Glück war er nur mit dem Meer verbunden. Und das würde auch so bleiben! „JAWOHL!“ Ruckartig schoss er nach oben und sprach diese Worte lauter aus, als er es vorgehabt hatte. Verwundert starrte ihn Jenn und seine Crew an und schüttelten mit dem Kopf. „Ähm ... weitermachen! Gut so!“ Stolzierend ging er an ihnen vorbei und verschwand dann anschließend unter Deck. „Mister Gibbs, darf ich Euch eine Frage stellen?“ Noch immer den Blick auf die Türe zur Kajüte gerichtet, wand sie sich an Jacks ersten Maat. „Aber sicher Missy, was für eine Frage habt Ihr denn? Und lasst doch bitte das Mister weg, wir sind doch unter Piraten.“ Ein Zwinkern löste bei Jenn wieder eine Erleichterung aus. Wenn Ihr Vater wüsste, dass Piraten gar nicht mal so übel sind, wie er immer animmt ... Doch das würde sie ihm wohl nie klar machen können. „Was hat Jack eigentlich für Probleme?“ „Jack und Probleme? Oh ich glaube da müsst Ihr Euch täuschen. Für Jack gibt es keine Probleme. Ich glaube nicht einmal wenn er am Galgen hängen würde, sähe er dort ein Problem.“ Er lachte bei seiner eigenen Einschätzung des Captains auf. ‚Wenn der wüsste wie Jack am Galgen geschwitzt hat ...‘ Sie unterbrach ihren Gedanken aber gleich wieder und fuhr fort. „Was soll dann immer dieses ...“ Sie fuchtelte genau wie Jack mit den Händen durch die Luft und wackelte dabei mit dem Oberkörper hin und her. „Ist er Dauerbetrunken oder hat er einfach nur zuviel Sonne abbekommen?“ Wieder lachte der Matrose auf. Ja, der gute, alte Jack. Er wird immer so eingeschätzt. „Nein Missy, er ist einfach so. Das ist seine Art. Keiner weiß warum er so drauf ist. Aber eins könnt Ihr mir glauben, Ihr dürft ihn nicht unterschätzen.“ Er tippte sich mit dem Finger grinsend an die Nase. „Er bekommt alles mit und von wegen Betrunken und so. Glaubt meinen Worten.“ „Er ist nicht dauerbetrunken?“ „Aye!“ Jenn konnte es nicht fassen. Sie hatte ja schon befürchtete, dass er mal einen kräftigen Schlag auf den Kopf bekommen hatte ... aber das es schon immer so gewesen ist, ängstigte sie ein wenig. Andererseits ... es machte ihn auf eine gewisse Art und Weise sogar ein wenig Liebenswert. Aber auch nur ein klein wenig. Wenn er nicht gerade mal der unausstehliche, manierlose, rüpelhafte Pirat war. „Ach Ihr werdet Ihn noch schätzen lernen. Glaubt mir, er ist kein schlechter Mensch. Aber ein hervorragender Pirat und Captain. NICHT WAHR MÄNNER?“ „AYE!“ Im Einklang hob die Crew wieder gemeinsam die Hände in der Luft und stimmten ihm einstimmig zu. Jenn wunderte es irgendwie auch nicht. Wenn sie Jack so beobachtete sprach er mit seinen Männern immer freundlich und er wurde auch nie ausfallend oder behandelte sie unfair. Vielleicht hatte sie ja doch ein schlechteres Bild von ihm als sie gedacht hatte. Und nur vielleicht, sollte sie ihm eine Chance geben, dies zu beweisen. Aber heute, da war sie sich sicher, bestimmt nicht mehr. Denn die Nacht war bereits schon hereingebrochen und sie fühlte sich müde und geschlaucht. „Ich bin so müde. Ich glaube ich werde nun zu Bett gehen.“ Gähnen streckte sie eine Hand in die Luft und hielt sich die andere Hand vor den Mund. „Aye tut das Missy. An die Seeluft müsst ihr Euch erst noch gewöhnen. Die kann einen am Anfang ganz schön umhauen.“ „Da habt ihr Recht Gibbs. Also dann, Gute Nacht!“ Sie winkte der Besatzung noch kurz zu und und ging dann die Treppen zu ihrer Kajüte hinunter. Als sie in das rechte Abteil einbog, bemerkte sie, dass bei Jack im Raum noch Licht brannte. Leise schlich sie sich an die Türe und spickelte durch das Schlüsselloch. Mit den Beinen auf dem Tisch, und den Stuhl nach hinten gelehnt, saß Jack mit dem Kompass in der Hand und fluchte vor sich hin. „Dreckskompass ... was soll das? Tortuga liegt doch in der entgegensetzten Richtung!“ Überrascht zog Jenn eine Augenbraue nach oben. War er vielleicht doch verrückt? ‚Wieso spricht er mit seinem Kompass?‘ schoss es ihr durch den Kopf und erschrack, als Jack in Ihre Richtung schaute. ‚Hat er mich etwa gesehen?‘ Jack schaute zur Türe und seufzte. „Warum ... ? Ich weiß nicht was du mir sagen willst!“ Er machte den Kompass wieder zu und schüttelte ihn kräftig mit der Hand. Leider etwas zu kräftig, denn Jack verlor das Gleichgewicht und er segelte mit samt dem Stuhl nach hinten. „AHH“ Mit voller Wucht prallte er auf dem harten Boden auf. „VERDAMMT!“ Schmerzvoll rieb er sich den Hinterkopf. „Wieso sind auch diese Holzböden immer so hart.“ Murmelnd hielt er sich den schmerzenden Kopf und schaute die Dielen böse an, so, als ob diese etwas für sein Ungeschick könnten. Jenn hatte genug gesehen. Nicht nur dass Jack unter Beobachtung sich komisch verhielt, nein, er verhält sich auch ungesehen merkwürdig. Hastig tappste sie in die entgegengesetzte Richtung und schloss ihre Zimmertüre mit einem lauten Klacken. Immer noch am Boden sitzend richtete Jack seinen Blick wieder Richtung Türe. Hatte eben ein Geräusch gehört? Stöhnend richtete er sich auf und schwankte blinzelnd und mit der Hand am Kopf zur Türe. Als er seinen Kopf herausstreckte sah er nur den dunklen Gang. „Jack du wirst alt.“ Vor sich hin murmelnd wandt er sich gerade, als er in Jenns Zimmer noch Licht brennen sah. ‚Oh Miss Tails ist noch wach.‘ Leise schlich er sich an die gegenüberliegende Türe und legte sein Ohr daran. Sie summte! Jenn hatte bereits ihre Kleidung abgelegt und saß nun in Unterwäsche bekleidet an einer Kommode und kämmte summend ihre Haare. Die Unterwäsche war der neuste Schrei in Paris und ihr Vater hatte sie ihr im letzen Monat von seiner Handelsreise mitgebracht. Seufzend legte sie die Haarbürste auf den Tisch und stand auf. Jack hatte zwischenzeitlich seine Position von der oberen Hälfte auf die untere Hälfte der Türe verlagert und spannte nun ebenfalls durch das Schlüsselloch. Seine Augen weiteten sich bei dem Anblick der sich vor ihm bot. „Atmemberaubend!“ Erschrocken hielt er sich beide Hände vor den Mund und starrte auf das Schloss. Hoffentlich hatte sie ihn nicht gehört. Jenn hielt einen Moment inne und ihr Blick richtete sich zur Türe. Wieso fiel kein Licht durch das Schloss? Aufatmend lehnte sich Jack zurück als er bemerkte dass Jenn sich zur Seite abwand und nicht auf die Türe hinzu ging. „Das war knapp.“ Er zog ausatmend die Augenbrauen nach oben und drehte sich mit ausgestreckten Händen und viel Schwung um, als hinter ihm die Türe aufgerissen wurde. „IHR!“ Langsam, ganz langsam drehte er sich auf einem Fuß wieder nach hinten und blickte in das Wut verzerrte Gesicht von Jenn. Ihm fiel auf, dass sie zwischenzeitlich ein langes Nachhemd übergeworfen hatte und ein klein wenig Enttäuschung machte sich bei ihm breit. „Oh Liebes, Ihr seid noch wach?“ Verlegend lächelte er sie an und hoffte dass sie nicht dahinter kommen würde, weshalb er sich vor ihrem Zimmer aufgehalten hatte. „WIE KÖNNT IHR ES WAGEN ZU SPANNEN. HÄÄ?“ ... anscheinend hatte sie es doch bemerkt ... „Liebes, bitte, beruhigt Euch! Ich habe noch Licht gesehen und wollte Euch nur eine gute Nacht wünschen, denn auf hoher See soll man sich gegenseitig Gute Nacht sagen, da es sonst den Seemännern Unglück bringt und das wollen wir ja nicht, Klar soweit? Ha ... haha ... ha ...“ Oben auf dem Deck waren Gibbs und der Rest des Besatzung gerade dabei die letzten Seile wegzuräumen, als sie aus dem untern Abteil laute Schrei vernahmen. Verdutzt schauten sie sich gegenseitig an. „ICH BRING EUCH UM!“ „Miss Tails! LIEBES!“ „DAS WERDET IHR MIR BüßEN!“ „Ich habe doch nichts getan!“ .... „Was ... was wollt Ihr denn mit der Bettpfanne? NEIN! MISS TAILS!“ „Sieht aus als ob Jack Ärger hätte ...“ Jonny schaute zu Gibbs, der nur mit den Schultern zuckte. „Keine Ahnung Jonny was Jack jetzt schon wieder ausgefressen ....“ er konnte seinen Satz nicht einmal beenden als Jack bereits stürmisch durch die Tür gerannt kam und sich gerade noch rechtzeitig ducken konnte. Ein Keramiktopf zerschellte mit voller Wucht an einem Mast. „....hat ...“ Gibbs Mund stand offen als er seinen Captain dabei beobachtete wie er hastig zurück stürmte und versuchte die Türe zu zuhalten. Doch Jenn schien von der anderen Seite immer wieder dagegen zu drücken und Jack hatte alle Hände voll zu tun, dass diese auch zu blieb. Mit dem Rücken drückte er dagegen und hielt sich mit beiden Händen seitlich am Rahmen fest. „MISS TAILS, Jenn! Bitte, Liebes so beruhigt Euch doch!“ „WENN ICH EUCH IN DIE FINGER KRIEGE!“ „Ufff ...“ Sein Blick fiel jetzt auf seine Truppe die ihn entsetzt anstarrten. „Was steht ihr da nur so dumm rum! Helft mir gefälligst! Das ist ein Befehl!“ „Na... natürlich Captain!“ Gibbs und ein weiterer Mann drückten nun ebenfalls mit voller Wucht gegen die Türe. „Was hast du denn getan Jack, dass sie so wütend auf dich ist? Mein Gott hat diese Frau eine Kraft!“ „Ich weiß nicht was du meins, Gibbs! Ich habe nichts getan!“ Mit vollem Körpereinsatz lehnten sie sich die Männer gegen die Türe bis sie nur noch ein lautes „PAH!“ vernahmen und der Druck nachlies. Erleichtert sanken sie vor der Türe zusammen. Nur Jack stand noch davor und atmete aus. „Ihr ist wohl die Kraft ausgegangen! HA, GEWOOOOONNEN!“ Das siegessicheres Lächeln brachte Jack von seinen Männern einen bösen Blick ein und er machte sich schnell an sein Steuer, bevor auch diese noch mit einem Gegenstand nach ihm warfen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)