Goldschimmer von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 6 - Piratencodex ------------------------ Kapitel 6 – Piratencodex Schmerzend hielt sich Jenn die Seite. Durch das Rennen hatte sie bereits Muskelkater und ihr Atem ging schnell und unregelmäßig. Hastig rannte sie durch das noch schlafende Dorf auf dem Weg zum Galgen. „Bitte, bitte lass ihn noch nicht am Galgen hängen.“ Wenn sie bereits zu spät kam würde sie nie hinter das Geheimnis des Buchen kommen und ihr Abenteuer wäre beendet, bevor es bereits begonnen hatte. Seit sie diesem Jack Sparrow begegnet war, lief ihr Leben völlig neben der Spur. Schnaufend lief sie den Hügel zum Markplatz hinauf und bog um die letzte Ecke, die sie noch von dem bevorstehenden Unglück trennte. „Nur ... noch ... ein ... paar ... Meter ...“ Als sie um die Ecke bog, drehte sie erschrocken auf dem Absatz wieder um und versteckte sich hinter der Hauswand. Beinahe wäre sie in die Arme ihres Vaters gerannt, der sich vergnügt mit dem Commodore über die bevorstehende Hängung unterhielt. ‚Was macht Henry hier?‘ Vorsichtig spickelte sie um die Ecke und belauschte interessiert das nebenstehende Gespräch. „Das heißt die Bürger wollten gar keine voreilige Hängung?“ Der Commodore runzelte die Stirn und schaute den Gouverneur fragend an. „Nein, natürlich nicht. Die haben nicht einmal mitbekommen, dass er gefangen genommen wurde.“ Jenn traute ihren Ohren nicht. Ihr Vater hatte Jacke angelogen. Nur, wieso? „Wieso hängt ihr diesen Mann dann bei Nacht und Nebel? Wenn Ihr mir diese Frage erlaubt Mister Tails.“ „Natürlich. Ich habe Euch doch erzählt, dass ich Sparrow neulich Nacht in dem Zimmer meiner Tochter festnehmen lies.“ Wels nickte und der Jenns Vater fuhr fort. „Dann könnt Ihr Euch doch sicherlich vorstellen, wie ich mich gefühlt habe, als meine Tochter sich doch tatsächlich für diesen Piraten eingesetzt hatte.“ Wels stimmte ihm zu. Er konnte sich Jenns Vater förmlich vorstellen ... „Und weiter?“ „Weiter? Was gibt es da noch weiters zu erzählen? Ihr glaubt doch nicht, dass ich eine Liaison zwischen meiner Tochter und Sparrow dulde?“ ‚WAAAAS?‘ Hinter der Mauer wurde Jenn kreidenblass. Ihr Vater glaubte doch tatsächlich, dass sie und Jack eine Liebschaft miteinander hatten! Das durfte doch wohl nicht wahr sein?! „Ihr meint, Eure Tochter hat was mit diesem Piraten? Das kann nicht sein! Sie ist mit mir Verlobt!“ Der Commodore schien genauso geschockt wie Jenn. „Ich verstehe Euch, dass Ihr genauso geschockt seid wie ich, aber wir müssen es nun einmal akzeptieren, dass meine Tochter ihn in dieser Sache zu verteidigen unbedacht gehandelt hat! Weiß Gott, zu was dieser Pirat sie gezwungen hat und was er mit ihr angestellt hat.“ Jammern ging Jenns Vater auf und ab. Jenn dagegen hatte sich immer noch nicht gefasst und schnappte nach Luft. Unbedachte gehandelt? Wann hatte sie schon jemals unbedachte gehandelt? Und was sollte das heißen ‚mit ihr angestellt hat‘. Immerhin war sie schon 21 Jahre alt und konnte ja wohl auf sich selbst aufpassen! Dazu noch war sie verlobt! Glaubte er wirklich sie würde ihren Verlobten betrügen? „Verzeiht Mister Tails, aber das kann ich mir nicht vorstellen, dass Jenn das freiweililg getan hat ...“ „Davon redet ja auch keiner!“ Schockiert starrte er in das Gesicht des Gouverneurs. „Ohhhh meine arme Jenn. Vielleicht hat er sie ja erpresst?“ Die Sorgen standen ihnen förmlich ins Gesicht geschrieben und wäre diese Situation nicht mehr als nur brenzlig gewesen, hätte Jenn sich darüber gefreut die beiden so außer sich zu sehen. „Genau. Also machen wir, dass wir voran schreiten. Ich muss dann heute noch mit meiner Tochter über diesen Vorfall sprechen.“ „Unbedingt!“ stimmte ihm der Commodore zu. „Ich glaube ich sollte auch ein paar Worte mit meiner Verlobten reden!“ Fassungslos griff er sich an die Stirn. „Meine Jenn ..., meine Verlobte!“ Aufmunternt klopfte ihm Jenns Vater auf den Rücken und drehte sich mit ihm ein Stück weg. „Mister Wels, ich kann mich doch auf Eure Verschwiegenheit verlassen?“ Immer noch geschockt nickte Wels ihm zu. „Natürlich, nicht auszudenken was das für ihren Ruf bedeuten würde! Und von unserem ganz zu schweigen! Dieses Scheusal hat sie gedemütigt und entehrt! Dafür wird er jetzt büßen!“ Er ballte seine Hände zu Fäusten und starrte auf den Marktplatz. Erst jetzt ließ Jenn ihren Blick auf das Specktakel neben den Beiden schweifen und ihr Herz setzte für einen Moment aus. Jack hatte bereits den Strick um den Hals und sein Gesichtsaudruck verriet ihr, dass er an eine Hilfe nicht mehr glaubte. „Oh nein, was tu ich jetzt?“ Panik stieg in ihr auf. Wenn sie jetzt nichts tat, war alles zu spät. Plötzlich kam ihr eine Idee. Wenn sie es schaffte, unbemerkt unter den Galgenbau zu kommen, konnte sie zumindest verhindern, dass er erstickte. Was sie danach tun sollte, stand noch in den Sternen. ‚Dir wird dann schon noch was einfallen Jenn‘ dachte sie sich im Stillen und setzte noch ein ‚hoffentlich‘ dazu. Vorsichtig schlich sie an ihrem Vater und ihrem Verlobten vorbei und versuchte die Aufmerksamkeit von Jack zu erregen. Doch dieser war mehr damit beschäftigt den Strick zu bewundern und sich dabei vorzustellen, dass er bald daran hängen würde, als ein Blick auf die fuchtelnde Jenn zu werfen. Als ob der Commodore es ahnen würde, drehte er sich und schaute sich um. Jenn schaffte es gerade noch hinter einem Regenfass zu verschwinden bevor er sie sehen konnte. ‚Zum Glück is es Nacht‘ schoss es ihr durch den Kopf und ärgerte sich über die guten Ohren ihres Verlobten. ‚Da könnte ich mich ja nie rausschleichen, der würde ja alles hören‘. Wels drehte sich wieder um und Jenn nutze die Chance und sprang ungesehen von einem großen Gegenstand zum Nächsten, um anschließend unter dem großen Holzboden zu verschwinden. Erleichtert atmete sie erst einmal auf und lehnte sich an einen Balken an. „Gut ... und jetzt?“ Die Frage beantwortete sich von selbst, denn in diesem Moment vernahm sie die Stimme ihres Vaters. „So Mister Sparrow. Dann verabschiedet Euch einmal von allen Menschen die Euch lieb und teuer waren. Denn Ihr werdet nie mehr die Gelegenheit haben, diese Nachts aufzusuchen!“ Gerade wollte Jack etwas darauf erwidern, was er denn mit „Nachts aufsuchen“ meinte, als der Gouverneur den Befehl zum Hängen gab und Jack mit einem Ruck durch den Boden segelte. „AH!“ Erschrocken, dass plötzlich Jacks Beine neben ihr baumelten, wusste sie einen Moment nicht was sie tun sollte. Schnell fasste sie sich wieder und drückte gegen die Stiefelsohlen, um ihn so ein Stück nach oben heben zu können. Jack versuchte mit seinen Händen den Strick etwas von seinem Hals zu lösen und röchelte bis er eine Erleichterung verspürte. Einen kurzen Moment lang schaute er nach unten und erblickte erstaunt in das schwitzende Gesicht von Jenn. „Was ...chrr ... macht … Ihr da ...?“ Jenns Vater schien von der ganzen Sache nichts mitzubekommen und erfreute sich, ebenfalls wie der Commodore, daran, Jack endlich hängen zu sehen. „Nach was sieht das wohl aus. HÄ?“ Wütend und schnaufend drückte sie ihn noch ein Stück höher. „Toll ...ganz tolle Idee ... und wie ... chrr .. gedenkt Ihr jetzt ...weiter zu machen? ...Chrr ... sollen wir das jetzt ... die ganze Nacht ... tun?“ Jack versuchte so unauffällig wie möglich mit Jenn zu sprechen. Er wusste, wenn ihr Vater die Hilfe mitbekam, wäre sie zur Beihilfe mitschuldig und selbst der Gouverneur könnte sie dann nicht vor einer Strafe bewahren. „Keine Ahnung. Soweit ... schnauff ... war ich mit meinem Plan noch nicht.“ „Toller ... Plan!!“, brachte Jack noch ironisch hervor. Lange würde sie das Gewicht nicht mehr halten können. Warum ging ihr Vater nicht endlich? Sonst hingen die Leute doch auch noch einige Tage lang zur Abschreckung am Galgen. Blitzartig wurde es ihr klar. Ihr Vater WOLLTE nicht, dass die Bürger die Erhängung mitbekamen. Natürlich! Es würde zuviele Frage aufwerfen warum so eine Aktion bei Nacht und Nebel durchgeführt wurde und ihr Vater müsste die Situation erklären und würde sich somit selbst an den Pranger stellen. „VERDAMMT! Warum seid Ihr nur so schwer? Ich kann Euch nicht mehr lange halten.“ „Macht weiter! Wenn Ihr jetzt los lasst, dann ist es aus mit mir!“ Immer noch zwanghaft hielt sich Jack an dem Seil fest und hoffte darauf, dass irgendein Wunder geschah. Jenns Vater dagegen dauerte die ganze Sache allmählich zu lange und wurde unruhig. „Dieser Sparrow hat aber eine Ausdauer. Das muss man diesem Mann schon lassen.“ Der Commodore war ebenfalls erstaunt wie lange Jack es bereits an diesem Strick aushielt. Wenn er gewusst hätte, dass Jenn die Sache hinauszögert, wäre die Verlobung sicher bereits gelöst. „Jack ... es ... es geht nicht mehr! Es tut mir Leid!“ „JENN! NEIN!“ Gerade als Jenn die Beine loslassen wollte, zischte ein Pfeil über den Platz und zerschnitt das Seil, an welchem eben Jack noch um den Tod gekämpft hatte, und blieb am Galgenpfahl stecken. Auf dem Pfeilende zeichnete sich deutlich eine schwarze Flagge ab. „WAS ZUM ...?“ Jenns Vater drehte sich erschrocken um und vernahm vom Hafen Kanonenschüsse und lautes Gebrüll. Sein Gesicht wurde schlagartig weiß, denn was er dort sah, lies ihm das Blut in den Adern gefrieren. Ein riesiges Schiff mit schwarzen Segeln ankerte im Hafen und beschoss die Stadt. Als er sich zur anderen Seite umdrehte, sah er wie eine große Meute brüllend mit Messern und Pistolen auf seine Wachmänner zu rannten. Jack dagegen flog mit all seinem Gewicht nach unten und landete direkt auf Jenns Körper, welchen er mit sich auf den Boden riss. Er konnte sich gerade noch rechtzeitig mit beiden Armen neben ihrem Oberkörper abstützen, bevor er völlig mit seinem gesamten Körpergewicht auf ihr lag. Er musste sich kurz sammeln, bevor er in die grünsten, verwirrtesten Augen blickte, die er jemals gesehen hatte. „Oh, Hallo Liebes!“ Sein Gesicht war direkt über ihrem und Jenns Herz begann schneller zu schlagen. Noch nie war ihr ein Mann bisher so nah gewesen und sein Körper so zu spüren hinterlies bei ihr eine Gänsehaut. Seine Augen waren so dunkel wie die Nacht und leuchteten auf, dass Jenn für einen Moment die Fassung verlor. Schnell jedoch kam sie wieder zur Besinnung in welcher Situation sie sich befand und begann mit ihren Fäusten auf seinen Arm einzuschlagen. „GEHT.VON.MIR.RUNTER!“ Jack dagegen machte keine Anstalten von ihrem Körper zu weichen. „Wieso denn? Also ich finde es sehr angenehm wie es ist.“ Wieder grinste er sie an und aus Jenns Mund entwich nur noch ein empörter Schrei. „ARGH! Geht von mir runter! Aber sofort!“ „Schon gut, schon gut.“ Missmutig rutschte er von ihr herunter und klopfte sich mit viel Sorgfalt den Staub aus der Jacke. „SCHNELL! ZIEHT EUCH ZURÜCK!“ Der Commodore zog sein Schwert und fuchtelte damit wild in der Luft herum. Sie waren eindeutig in der Unterzahl und er musste bereits mit ansehen, wie zwei seiner Männer brutal von den Piraten niedergestochen wurden. „NEIN! Wir können nicht weg! Sparrow liegt irgendwo da unten!“ Jenns Vater war aufgebracht und war im Begriff auf den Galgen zu zurennen, als er von seinem Hauptmann zurückgehalten wurde. „MISTER TAILS! Seid doch vernünftig. Ich täte auch nichts lieber als diesen Schurken am Galgen hängen zu sehen, aber wir müssen fliehen sonst überrennen uns die Piraten ebenfalls. Wir sind auf solch einen Angriff nicht vorbereitet!“ Hin und hergerissen stand der Gouverneur auf dem Platz und kam sich völlig hilflos vor. Jenn stand vom Boden auf und rückte ihr Hemd wieder gerade. Erst jetzt bemerkte Jack, in welchen Kleidern sie herum lief. „Miss Tails, so hätte ich Euch ja niemals vermutet. Ich muss sagen, das steht Euch ausgezeichnet.“ Sein Blick blieb an ihrem Dekolleté hängen. Da Jenn in diesem Moment aufgebracht war, hebte und senkte sich ihre Brustkorb verführerisch. Es zeichneten sich deutlich die Anfänge ihrer Brüste ab und für einen Moment vergaß er, dass er sich ja noch mitten in der Schlacht befand. „Danke für das Kompliment, aber ich glaube nicht, dass dies der richtige Zeitpunkt dafür ist!“ Die Panik ergriff von Jenn wieder Besitz. Wieso war Jack auf einmal auf sie herabgestürzt? „Was ist hier eigentlich los? Wieso schreien die Männer?“ Vor dem Lärm schützend hielt sie sich die Hände vor die Ohren. Ein kurzer Blick von Jack nach oben genügte um zu wissen was passiert war. Am Pfeil war deutlich eine schwarze Flagge zu erkennen und er musste grinsen. „Darf man fragen warum Ihr so bescheuert grinst? Ich weiß wirklich nicht was an dieser Situation so komisch sein soll!“ Jenn war am Rande der Verzweiflung angekommen. „Sagen wir es so Miss Tails. Meine Crew hat sich mal wieder nicht an den Piratencodex gehalten.“ Ein freches Grinsen zierte sein Gesicht und Jenn verstand nur Bahnhof. „Was bitte für ein Piratencodex?“ Jack seufze auf. „Der Piratencodex besagt, dass jeder Mann, der zurückbleibt, zurückgelassen wird.“ „Nicht gerade freundlich …“ Jack zuckte nur mit den Schultern. „Wisst Ihr, manchmal muss man eben Abstriche machen.“ „Tolle Abstriche seinen Captain zurückzulassen ...“ Missmutig verzog Jenn das Gesicht. Die Piraten taten immer so mutig, aber für sich gegenseitig einsetzen, wollten sie sich nicht. „Sie haben ihren Captain nicht zurückgelassen oder was glaubt Ihr, wer uns zur Hilfe kam?“ Sein Grinsen wurde breiter. „Ach Ihr meint, dass sind Eure Männer?“ Jack zwinkerte ihr zu und griff nach ihrer Hand. Verwirrt starrte sie erst ihn, anschließend ihre Hände an. „Was soll das? Was hab Ihr vor? „Ich würde sagen Miss Tails, das Abenteuer kann beginnen!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)