Jura Tripper 1 1/2 over von abgemeldet (~I'll find my day, maybe far and away... far and away~) ================================================================================ Kapitel 7: XIX. Der Lauscher an der Wand * XX. Vor und hinter der Traumhülle * XXI. Fragen und Antworten -------------------------------------------------------------------------------------------------------- Falls es Euch interessiert, wie die Kinder eigentlich aussehen: unter http://animexx.4players.de/fanarts/fanart.php4?id=79670&sort=zeichner könnt ihr Euch ein Bild zu Jura Tripper 1 1/2 over ansehen, das meine Freundin Willow/Curse mir zur "Beendigung" geschenkt hat und dem bald noch weitere Illustrationen folgen werden. ~~~ XIX. DER LAUSCHER AN DER WAND * XX. VOR UND HINTER DER TRAUMHÜLLE * XXI. FRAGEN UND ANTWORTEN XIX. Der Lauscher an der Wand Zwei Piepser erklangen, ein Sirren. Der Punktestand stieg, und die Stimmung mit ihm. Treffer. Ausweichen. Treffer. Ausgewichen. Ausgewichen - Treffer. Ja! Es ging voran, fast war es geschafft. Ein Schuss. Treffer. Ein waghalsiger Sprung, gerade noch erreicht. Speed. Drosseln der Geschwindigkeit. Schuss. Treffer. Plötzlich ein Hindernis, falsche Reaktion. Das war noch zu schaffen! Es musste noch zu schaffen sein! Ausweichen. Sprung. Daneben. Straucheln - Fall... Dann ein schriller Doppelton, der alle vorherigen übertönte. Der Bildschirm wurde schwarz. Wie das Zusammenkrabbeln kleiner Käfer formierte sich eine Frage auf der glänzenden Plastikfläche: Continue - End? Nerd gab keine Antwort. Fast achtlos legte er das Ding beiseite, nein, warf es beinahe, ließ den Kopf sinken und sah ins Leere. Das Lächeln war verschwunden, hinweg getrieben in Datenströmen. Auf einmal verspürte Sive eine merkwürdige Traurigkeit. Sie schüttelte den Kopf, bemüht, sie zu verscheuchen, aber es fiel ihr schwer. Sie hatte Mitleid mit diesem Jungen, auch wenn sie nicht ganz verstand, warum. Es war doch nur ein Spiel! Aber für Nerd was es mehr als das, das spürte sie. Mit einem leisen Seufzer richtete er sich nun auf und griff wieder nach dem Game Boy, den er zuvor beiseite geworfen hatte. Eine Falte bildete sich auf seiner Stirn und der Gesichtsausdruck, mit dem er das Gerät betrachtete, war eine Art gequältes Lächeln, aus dem fast so etwas wie Spott sprach. Gleich würde er ihn wieder anschalten und es noch einmal versuchen, und, sollte es wieder misslingen, eben noch einmal und noch einmal und so weiter. Es war ein Spiel. Man konnte immer wieder von vorn beginnen. "Da bist du." Es war eine Feststellung, nichts weiter, ausgesprochen von God, der mit Snake aus dem Gang auf der anderen Seite kam. Er lag gegenüber von Sive, doch hinter ihrer Ecke verborgen war sie noch immer ungesehen. Nicht dass sie deshalb begeisterter gewesen wäre. Wenn es etwas gab, was ihr gerade noch gefehlt hatte, dann das hier, dachte Sive verstimmt. Der ruhige Morgen war also vorbei. Nerd blickte auf, ohne große Überraschung, jedoch auch ohne den Game Boy beiseite zu legen. "Was ist?", fragte er gleichmütig. Snake antwortete: "God sagt, wir müssen reden!", um gleich darauf eine Kopfnuss zu kassieren. "Aua!" "Wir müssen reden," teilte God Nerd mit. "Das hab ich doch gesagt!" protestierte Snake, doch die beiden anderen schienen ihn nicht zu beachten. God schwieg, sein Blick lag auf Nerd und dem, was er in Händen hielt, der Beschäftigung, der er augenscheinlich schon seit einer ganzen Weile nachgegangen war. Nerd merkte es und die Blicke der beiden trafen sich. Wenn er jetzt eine blöde Bemerkung macht, dann knall' ich ihm eine, dachte Sive inbrünstig, völlig vergessend, dass sie eigentlich nicht gesehen werden wollte. Was wollten die Typen eigentlich von Nerd? Sie verstand nicht, warum er dauernd mit denen rumhing. Das war doch echt keine Gesellschaft, wo lag der Grund? Irgend jemand hatte mal etwas darüber gesagt, aber so sehr Sive auch nachdachte, sich konnte sich weder erinnern, wer, noch, was es gewesen war. Dann sah God weg. Nerd steckte den Game Boy ein und stand auf. "Also, worum geht es?" Jetzt schien God leicht in Verlegenheit. "Äh... um das. Um das, meine ich." "Um deine Tochter?" Volltreffer. Allerdings sah der Ältere aus, als wäre es ihm lieber gewesen, wenn Nerd das ganze etwas weniger direkt ausgedrückt hätte. "Ja, genau darum geht es!" rief Snake. Kopfnuss - "Aua!" Gods Laune schien wahrlich nicht die beste zu sein. "Wir müssen überlegen, was wir tun." Was du tust, dachte Sive boshaft, erst dann wurde ihr siedendheiß klar: Es ging um sie. Da wurde über sie geredet, und sie hätte eigentlich nicht dabei sein sollen, oder? "Was willst du denn tun?", fragte Nerd. God schaute aus der Wäsche, als wüsste er das auch gern, hatte aber nicht den blassesten Schimmer. "Na ja," druckste er mit finsterer Miene, "irgendwas eben." Sive bekam es mit der Angst zu tun. Diese Typen waren so unzurechnungsfähig, was, wenn sie sie kidnappen und dann an die Armee verkaufen wollten? Oder - Aber nein, dachte sie und entspannte sich ein bisschen, soviel Fantasie hatten die gar nicht! "Ich dachte, wir könnten sie vielleicht irgendwo verlieren..." murmelte God. "Das meinst du nicht wirklich, oder?" kam die trockenen Antwort. "Natürlich!" behauptete God sofort, "warum denn nicht? Nichts ist einfacher!" "Ja," entgegnete Nerd lakonisch, "außer, dass Boss in seiner Überbesorgtheit absolut niemanden abhanden kommen lässt, nicht einmal deine Tochter. Ganz besonders nicht deine Tochter." "Danke für die schlauen Ratschläge. Das weiß ich selber," zischte God wütend, anscheinend noch beunruhigter durch den ständigen Gebrauch des schönen Wortes ?Tochter'. Nerd fuhr zurück und schwieg plötzlich. "Warum wollt ihr sie eigentlich unbedingt los werden?" warf da auf einmal Snake ein. "Ich meine, sie ist doch eigentlich recht nett!" Genau, dachte Sive. Ihr Charme ließ sich eben einfach nicht abstellen. "Warum?" rief God aufgebracht und riss die Arme hoch, "Warum?!" Es lag schon wieder eine Kopfnuss in der Luft, Snake ging ein paar Schritte rückwärts, der gegenüberliegenden Wand entgegen. "Ähm... ich mein ja nur..." murmelte er verlegen, "Warum?" "Das fragst du noch?!" "....weshalb?..." "Weil..." Gods Stimme verlor sich. "...wieso?" "Darum!" Triumphierend verpasste God ihm eine Kopfnuss. Snake rieb sich die schmerzende Stelle und taumelte rückwärts... rückwärts... rückwärts... um die Ecke. Sein Kopf schoss etwa zwei Zentimeter neben ihr hervor. "Hallo, Sive!" begrüßte er das Mädchen und winkte ihr direkt in das von tiefster Neugierde gezeichnete Gesicht. Sive bekam einen solchen Schreck, dass sie den Arm von der Wand nahm und umkippte. Hilfsbereit wie stets kam Snake sofort, ihr aufzuhelfen, stolperte dabei allerdings über seine eigenen Spinnenbeine und fiel der Länge nach hin. "Was machst du hier?" kreischte Sive, die neben ihm lag, ihr pochendes Herz beruhigte sich nur schwer. "Deine Seite ist da drüben!!" Anklagend zeigte sie um die Ecke. Snake sah seinen Irrtum sofort ein. "Tut mir leid," meinte er kleinlaut, sprang auf und war bereits dabei, sich auf dem selben Weg zurückzuziehen, den er gekommen war, als er noch einmal den Kopf um die Ecke streckte: "Aber willst du nicht auch hierher kommen? So ganz allein ist dir doch bestimmt langweilig!" Langsam aber sicher begann Sive zu begreifen, weshalb God sich so oft bemüßigt sah, Snake eine zu verpassen. "Mir - ist - nicht - " wollte sie ihm noch wutentbrannt hinterher schleudern, da tauchte hinter Snakes lächelndem Gesicht plötzlich ein zweiter Kopf auf, der sie sah und die Augen zu Schlitzen formte. " - langweilig..." piepste Sive noch, als God mit immer größeren Schritten auf sie zustampfte. Und er sah alles andere als freundlich aus. Er wird mich umbringen!, schoss es Sive blitzartig durch den Kopf.... Oh nein, und ich weiß noch nicht mal, was ein Testament ist!! Die Hände zu Fäusten geballt, blieb God vor ihr stehen und stierte Sive an, die da rücklings auf die Arme gestützt am Boden lag. Was er sah, schien ihm im übrigen nicht sehr angenehm zu sein, denn er verlegte seinen Blick im Laufe des Gespräches souverän auf einen Punkt irgendwo über ihrem Kopf. "Du hast gelauscht," stellte er erbarmungslos fest. Sive nickte ängstlich, es war ja doch unleugbar. "Du hast gelauscht." Verlor es dadurch, dass es wiederholte wurde, irgendwie an Gültigkeit? Sive nickte wieder, mittlerweile etwas genervt. Es war doch offensichtlich, oder? "Du hast gelauscht!" Jaaaaa!, dachte sie mit einem nicht geringen Anflug von Trotz. War der Typ blöd? Ach ja, klar, er war. "Ja, ich hab gelauscht!" rief Sive entnervt, riss die Arme hoch und schlug prompt mit dem Kinn auf dem Boden auf. Sie zog die Beine an und rappelte sich auf, bis sie wieder auf den Füßen stand. Jetzt waren die Positionen wenigstens in etwa gleichmäßig verteilt. "Du hast gelauscht," wiederholte God zum vierten Mal. Er sah irgendwie fassungslos aus. "Wie hast du das gemacht?" "Hä...." ächzte Sive, "äääh... wie bitte?" Die Korrektur war einzig und allein Liams Erziehung zuzuschreiben, nicht jedoch Respekt vor dem Gegenüber. "Ist doch klar, wie sie das gemacht hat," trat Snake vermittelnd ein. "Sie ist halt deine Tochter!" "IST SIE NICHT!" brüllten zwei verstörte Stimmen (in etwa so verstört, dass Sive vergaß, von sich in der 1. Person zu sprechen), aber das schien Snake nicht die Aussicht vermiesen zu können, ein Patenkind zu bekommen. "Sive, wie heißt dein Papa?" erkundigte er sich freundlich. Die jedoch gab sich verstockt. "Sag ich nicht!" grollte sie, und nach einer kurzen Pause: "Mein Papa würde das auch nicht sagen!" "Das hab ich befürchtet..." ertönte irgendwo im Hintergrund ein Gemurmel. "God, wie heißt du?" fragte Snake. Dieser schien ebensowenig zu einer Auskunft bereit. "Sag ich nicht!" "Sag ich ja..." Der Murmler war Nerd. "Also, jetzt kommt schon," rief Snake und rang die Hände, "was habt ihr denn?" "Du bist hässlich," teilte God Sive mit, die Arme verschränkt und grimmig dreinschauend. Sive wusste genau, wenn er so anfing, waren ihm die Argumente ausgegangen. "Stimmt, God, sie ist dir wie aus dem Gesicht geschnitten!" fiel Snake ein. Prompt verpasste Sive ihm eine Kopfnuss. "Ich bin keine Blondine!", schimpfte sie, "Merk dir das! Ich hab braunes Haar..." "Aber seht mal," hielt Snake dagegen, sich den Kopf reibend und offenbar fest entschlossen, als Versöhner zu fungieren, "rein theoretisch [Anm. d. Verf.: Kennt er das Wort überhaupt? *__*] könntet ihr doch tatsächlich verwandt sein!" Er wollte es wohl behutsam angehen. Sive schielte unauffällig zu God und God tat dasselbe. Verwandt?! Ein Schauder lief ihr über den Rücken, so schrecklich hatte sie sich nicht mehr gefühlt, seit... ihr fiel kein Vergleich ein, und das war selten in Sives Leben. "Ihr seht euch ähnlich, ihr habt den gleichen Nachnamen, ihr versteht euch prima..." zählte Snake auf, "ihr..." "WAS?!" greinten zwei Stimmen. "Pah." God verschränkte die Arme, verzog das Gesicht, als hätte er Zahnschmerzen, und sah demonstrativ in die andere Richtung. "Hmpf." Sive verschränkte die Arme, verzog das Gesicht, als hätte sie Zahnschmerzen, und sah demonstrativ in die andere - andere - Richtung. "...verhaltet euch sogar ähnlich." schloss Snake strahlend. Geplättet ließ Sive den Kopf hängen (und sie wollte gar nicht wissen, was God gerade tat). Das war einfach gemein von Snake. Der machte das extra... der wollte sie nur ärgern... Sive mochte es nicht, geärgert zu werden.... ihr Papa hätte sich nie mit so einem Deppen angefreundet... ihre Mutter hätte so einen Deppen nie geheiratet... sie wäre so einem Deppen nie begegnet... warum sagte Nerd nicht mal was, nur der Abwechslung halber... Pfadfinder waren das Letzte... sie hatten den gleichen Nachnamen.... sie sahen sich ähnlich... sie verstanden sich prima... "Aber... aber... aber... das kann unmöglich mein... mein Papa sein!" schrie Sive in heilloser Verzweiflung. Völlig fassungslos stand sie da, und man konnte beinahe zusehen, wie hinter ihrer Stirn kindliche Illusionen zusammenstürzten. "Mein Papa ist... wunderbar... und nett... und groß.... und... der da..." Sive schluckte hart. "Der da ist einfach nur mittelmäßig..." XX. Vor und hinter der Traumhülle "Sive! Da bist du ja." hatte Liam gerufen und "Was steht ihr hier noch rum? Wir müssen weg!", Boss. "Die Armee ist in der Stadt!" "Liam..." hatte Sive gedehnt erwidert, war aber nicht mehr dazu gekommen, weiter zu sprechen, da Boss sie sich auf höchst unrühmliche Weise unter den Arm geklemmt hatte, davongeeilt war und die anderen damit mehr oder weniger zwang, ihm zu folgen. Während sie durch die Gänge hasteten, teilte er ihnen atemlos mit: "Manua kennt einen geheimen Weg. Wie konntet ihr euch nur in einer solchen Situation von der Gruppe entfernen? Wir haben in aller Eile packen müssen, Presi lag noch auf dem Kopfkissen. Wir müssen uns beeilen." Erst in einem der entfernteren Kellergänge, dessen Ausgang angeblich nur wenige Schritte von ihrem Fahrzeug entfernt lag, fand Sive wieder festen Boden unter den Füßen. "Die Armee ist in Lupar und sucht euch und den Stimosaurus!" erklärte Manua den versammelten Pfadfindern ernst, in der einen Hand eine Laterne. "Im Moment verhören sie gerade meinen Vater und ich habe mich davongestohlen, um euch zu warnen." "Das ist sehr mutig von dir, Manua," erwiderte Boss dankbar, "aber.... äh... was macht der hier?" Aus dem Dunkel trat eine grell leuchtende Gestalt hervor und grinste fröhlich: "Hi!" "Kuzni?", fragte Manua verwundert, mit einem Blick auf ihren Küchenjungen. "Er hilft mir. Wir beide werden euch jetzt erst mal eine Weile begleiten, da es nicht ganz ungefährlich für uns sein dürfte, nach Lupar zurückzukehren, nachdem wir euch zur Flucht verholfen haben. Ich hoffe nur," fuhr Manua fort und tiefe Sorge klang aus ihrer Stimme, "dass sie sich nicht an meinem Vater rächen werden." "Manua... wir sind wirklich sehr froh, dass du all das für uns tust. Wir werden dir nie genug danken können," meinte Princess gerührt. Manua antwortete nicht, sondern nahm nur ihre Laterne und begab sich an den Anfang der Gruppe. Kuzni folgte ihr in einem Abstand von wenigen Schritten. "Schön, dass wir wieder zusammen sind, Zans," meinte Silence, glücklich darüber, seinen Freund wieder auf dem Arm tragen zu können. "Das finde ich auch, Silence," schnatterte Zans, "ich habe mich da oben schrecklich gelangweilt ohne euch!" "Und wo willst du uns jetzt hinbringen, Manua?" fragte President ausgiebig gähnend, um sogleich verlegen die Hand vor den Mund zu nehmen. Wie Boss gesagt hatte, war er gerade erst wach geworden, als ihre Gastgeberin sie alle mit der Hiobsbotschaft überrascht hatte. Noch einmal wandte Manua sich um. Im trüben Licht der Laterne konnten die Kinder ihr Gesicht nicht erkennen, doch der Tonfall ihrer Worte versprach wenig Rat und noch weniger Hoffnung. "Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass wir zu denen müssen, die mehr über die Technik und die alte Kultur wissen. Ich selbst kann euch nicht weiterhelfen. Ich habe dieses Wissen nicht." Und nun waren sie also wieder unterwegs, zu denen, ?die mehr über die Technik und die alte Kultur wussten.', wie Manua als eine Bewohnerin Noahs es ausgedrückt hatte. Wer diese wohl sein mochten? Liam saß im Tricelosa [das, ich weiß, ich weiß, zu diesem Zeitpunkt noch gar keins war! - Amber] und blickte versonnen aus dem Fenster, den Lärm um sich herum fast ganz vergessend. Seit er entdeckt hatte, wer seine Eltern waren, stellte er fest, wie sich das Gefühl, hier zu sein, in ihm wandelte. War es anfänglich beängstigend real gewesen, fast realer als sein wirkliches Leben, begann es nun mehr und mehr einem Traum - Wachtraum? - zu ähneln. Egal was sie machten oder wie sie handelten, unabhängig davon, ob sie diese Weisen finden würden - am Ende würden er und seine Freunde wieder in ihren Leben auf der Erde erwachen. Am Ende. Aber wo lag das Ende? Gab es so etwas überhaupt? Liam ahnte, dass diese trügerische Sicherheit gefährlich werden konnte, doch sie ließ sich nicht abschütteln. Sie stellte eine Art Puffer dar für die ebenso neue geistige Unordnung, Verwirrung, über die er gern in Ruhe mit den anderen gesprochen hätte. Doch bis jetzt hatte sich noch keine Gelegenheit dazu ergeben - wie schon so oft. "Durch und durch mittelmäßig." Das war das einzige, was Sive hatte verlauten lassen, bevor Boss sie gekidnappt hatte. Liam löste seinen Blick von der weiten Landschaft und kehrte langsam ins Innere des altmodischen Gefährts zurück, das sich tapfer seinen Weg über Stock und Stein bahnte. Durch und durch mittelmäßig. Auch God, der ihm gegenüber saß, schien diesen Satz nicht aus dem Kopf zu bekommen, Liam lächelte belustigt. ?Durch und durch mittelmäßig. Durch und durch mittelmäßig.', schien sein Zopf, der im Rhythmus des Fahrzeugs wippte, zu verkünden. Sive hatte anscheinend einen Volltreffer geleistet, wie fast immer auch gleichzeitig ein Blindtreffer. Durch und durch mittelmäßig. Von allen Beleidigungen, die sie God an den Kopf hätte werfen können, war das wohl mit Abstand die schlimmste. Neben Snake begann nun Nerd seinen Game Boy auszupacken. Auch Crybaby, Young Lady, Doc und Tank waren schweigsam, nur die Kleinen redeten fortwährend durcheinander. Man hatte sich schließlich darauf geeinigt, vorerst auf Gondowana zuzufahren, nach Manua der Sitz des Königs und die größte Stadt des Landes. "Liam..." Liam spürte, wie sich eine Hand in seine schob. "Ja, Sive?" sagte er, ohne aufzusehen. Sive sah auf die gegenüberliegende Bank, wie er, wandte dann aber ihren Blick Liam zu. "Es ist komisch, nicht war?" Liam nickte, er konnte nicht sagen, wie Sive ihm aus der Seele sprach. "Ich verstehe nicht. Ich... muss nachdenken." fuhr sie fort, stockend und zerstreut. "Sheerla und Neesan... glaubst du, sie verstehen es?" Liam musste lächeln. "Sicher nicht," entgegnete er. "Sie werden gleich kommen und mit uns darüber sprechen." "Weißt du jetzt etwa alles und bist Wahrsager?" fragte Sive, weit weniger scherzhaft als ihre Worte. "Nein," meinte Liam, "aber wenn wir zu ihnen hinüber gehen, werde ich recht haben." Die beiden erhoben sich und durchquerten den hinteren Teil des Tricelosas. Blicke fielen auf sie, Blicke aller Art und nicht alle hinterließen Angenehmes. "Liam!" rief eine freundliche Stimme, als sie vorbeikamen, "Möchtest du vielleicht etwas essen?" Es war das erste Mal, dass sie ihn beim Namen nannte, und es fühlte sich reichlich seltsam an. Princess hielt ihm ein Stück Obst hin. Ganz Mutter war sie gerade dabei, für die Kinder einige der roten Früchte, die Manua ihnen als Proviant mitgegeben hatte, zu schälen. Wie aus Reflex wollte Liam auf dieses Angebot sofort nein sagen, besann sich dann aber und nahm es fast stürmisch entgegen. Während er aß, fiel es ihm gerade noch ein, sich zu bedanken. Princess schien seine gute Erziehung zu gefallen, sie lächelte. Sie wusste ja nicht, woher er sie hatte, dachte Liam schmunzelnd und stirnrunzelnd in einem. "Mich mochte sie noch nie," murrte Sive. Erst da fiel Liam auf, dass Princess ihr gar nichts angeboten hatte. "Das stimmt doch gar nicht." meinte er sanft. "Sie mag dich sehr, das weißt du doch. Sie hat nur manchmal Probleme, mit deiner Art klarzukommen." "Meinen Papa mag sie auch nicht," schmollte sein Gegenüber, anscheinend unbelehrbar. Überrascht zog Liam die Augenbrauen hoch. Was war denn das? "Ich mag sie auch nicht!" teilte Sive ihm rigoros mit. "Wen?" fragte Blunder kauend, auch Princess sah auf. "Princess!" Sive warf ihr einen zornigen Blick zu und Princess erhob sich brüsk. Tief atmete sie durch und erwiderte dann nadelspitz: "Ach... du magst mich also nicht. Na schön, dann kann ich auch nichts daran ändern. Du kannst allerdings getrost davon ausgehen, dass ich..." "Ich mag dich nicht!" "...ich dich...." Vergeblich versuchte Princess, zu Wort zu kommen. "Ich mag dich nicht!" "auch nicht..." So langsam schien sie es aufzugeben, funkelte Sive nur giftig an. "Ich mag dich nicht!" Das Ganze hätte wie eine von Sives üblichen Antipathietiraden abgehen können, wenn nicht wie auf den Plan gerufen auf einmal God neben ihr gestanden hätte. "Sei nicht so frech zu Princess, immerhin ist sie deine Mutter!" wies er sie scharf zurecht. "Meine..... was?!" kreischte Sive empört und entsetzt, von der peinlich berührten Atmosphäre, die auf einmal im Raum stand, völlig unbeeindruckt. "Moment mal... Ich weiß ja nicht, wie lange du sonst brauchst, um etwas zu begreifen, aber diese rosarote Zicke da war und ist niemals meine Mutter!" Princess sah aus, als ob sie Sive am liebsten geküsst hätte, für das, was sie nicht war. "Sie ist..." - Ach Sive, dachte Liam, du bist die ehrlichste Lügnerin, die ich kenne! - "...Liams Mutter!" Die Hände in die Hüften gestemmt, stand Sive da und konnte nur fassungslos den Kopf schütteln. Und wenn man sie fassungslos nennen konnte, dann war God wohl völlig aus dem Rahmen. "Du.... du.... meinst.... dass...." Er schnappte nach Luft, man konnte beinahe hören, wie es in seinem Gehirn arbeitete. "Dann..." Was 'dann' war, schien nicht nur ihm schlagartig klar zu werden, denn Princess wurde auf einmal puterrot. "Princess ist Liams Mutter." bekräftigte Sive, offenbar krampfhaft bemüht, ernst zu bleiben. "Liam...!" God wandte seine verstörte Aufmerksamkeit dem Inhalt des Gesprächs zu, der verlegen da stand und trotz allem froh war, dass es endlich heraus war, "Du..." Er ballte die Fäuste, wodurch Sive sich gezwungen sah, einzugreifen. "God," bemerkte sie tadelnd, "Ich erinnere dich daran, dass er nichts dafür kann!" God ließ die Faust sinken und sah zu Boden. Eine Weile herrschte Schweigen. Dann meinte er langsam, an Sive gewandt: "Das macht dir wohl Spaß, wie?" Verwirrt blickte Sive ihn an, schien nicht zu verstehen. "Du siehst es wohl als einen Sport an, uns hier alle gegeneinander auszuspielen?! Princess ist meine Verlobte, und das weißt du!" "Ich..." Sive öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn dann aber wieder. "Enthüllungen, Enthüllungen, Enthüllungen! Vielleicht willst du dich wichtig machen und denkst, du kannst dir alles erlauben, weil du ja aus der Zukunft kommst! Aber so läuft das nicht!" God stand da, alles um sich herum vergessend und schien sich als Ziel seiner gesamten Wut nun Sive ausgesucht zu haben. "Ich...." Sive verschluckte sich, ihre Augen wurden glasig. Sie schien kurz davor, loszuheulen. "God, hör auf damit," bat Liam, wurde aber ignoriert. Dann schob Princess Blunder beiseite und stellte sich vor ihren Verlobten hin: "Das reicht jetzt!" Er schien sich ihrer Gegenwart nur allmählich bewusst zu werden, immer noch blickte er an Princess vorbei Sive an. "Wenn es so ist, dass wir in Zukunft nicht mehr verlobt sind, dann ist es eben so!" Fest sah Princess God ins Gesicht. "Dafür kann niemand etwas, auch nicht deine Tochter! Also hör auf, dich wie ein Chauvi zu benehmen, Donivan! Ich weiß nicht, was morgen ist, ich weiß ja nicht einmal, was heute ist! Aber wenn ich in Zukunft mit einem anderen verheiratet bin, dann..." - bewußt schien sie ihre Worte nicht genauer gewählt zu haben - "...bist du froh darüber?" schlug God vor und nur wenig Sarkasmus schwang in diesen paar Worten mit. "...bin ich... ich bin..." Princess schnaubte, was sich ziemlich undamenhaft anhörte, kehrte God jäh den Rücken zu und verschwand in der Mädchentoilette. God sah ihr hinterher. Schließlich räumte auch er das Feld. In diesem Moment kam rein zufällig Boss an, sei's seinem Gespür für peinliche Auftritte zu verdanken oder lediglich dem Aufruf der Autorin, streckte den Kopf durch den Türspalt und rief God, der gerade an ihm vorbeiging, schelmisch zu: "Na? Ehekrach?" Die darauffolgende Morddrohung schien ihn im übrigen nicht im geringsten zu beeindrucken. Erst als Crybaby ihn mit den Worten "Brian, Princess ist Liams Mutter," knapp in den Inhalt der vorangegangenen Szene einweihte, war auch Boss leicht baff. XXI. Fragen und Antworten "Sag mal, hast du eigentlich einen Führerschein?" "Was?!" President bremste Hals über Kopf, legte einen Gang ein, nahm ihn wieder heraus, zog eine verzweifelte Grimasse und beantwortete damit Sheerlas Frage. "Ich hab ja nur gefragt", erklärte diese mit einem milden Anflug von Verteidigung in der Stimme, "Ich hab ja nur gefragt. Stimmt's, Neesan? Wie alt bist du eigentlich?" Neesan seufzte nur, und Sheerla, die sich wirklich vorgenommen hatte sich zu bessern, was die Bevormundung ihres Bruders anging, errötete. "Sorry..." murmelte sie verlegen, kletterte vom Beifahrersitz, auf dem sie geturnt hatte und verkrümelte sich an die Wand. "Ist schon gut," meinte Neesan versöhnlich, "Ich habe mich nur gerade gefragt, was der Krach da hinten eben zu bedeuten hatte." "Princess hat geschrien," ließ sich Tiger beiläufig hören. President fuhr herum, ohne auf die Bäume zu achten, die auf einmal bedrohlich nahe kamen: "Du bist nicht mit Boss raus gegangen?!" "Warum sollte ich?" gab Tiger angriffslustig zurück. Sie hatte die Situation nicht gesucht und die Tür war in greifbarer Nähe. "An deiner Stelle hätte ich es getan," bemerkte Sheerla mit einem gewissen Respekt in der Stimme. "Was?!" Tiger zog eine Augenbraue hoch. Neesan lächelte. "Papas Part." President an seinem Steuer räusperte sich nachdrücklich. Acht sehr ähnliche Augen wandten sich einander zu. "Worauf wollt ihr hinaus?" "Wir sollten einander kennenlernen. Stimmt's, Sheerla?" Das saß. Sheerla nickte heroisch und zog sofort das Gespräch wieder an sich: "Also, President, wie alt bist du? Und du, Tiger, sagtest etwas über Princess. Wie lange kennst du sie?" Einen Moment lang wechselten die Erwähnten nur distanzierte Blicke, als sei es ihnen gar nicht recht, so ausgehorcht zu werden. "Ihr seid direkt," gab Tiger schließlich zu. "Ich weiß," grinste Sheerla, "das ist gesünder und besser, als sich die Köpfe mit Vorurteilen einzuschlagen." Mit dem Kinn wies sie sacht in Richtung Tür. "Ich bin 17," gestand President geknickt. "Ja, ja, sagt nichts. Ich weiß, dass man mir das nicht anmerkt." "Stimmt. Du wirkst älter," räumte Sheerla ein und sowohl President als auch Tiger, die das Gegenteil angenommen hatten, staunten. "Ich kenne Princess noch gar nicht sehr lange, erst, seit wir hier auf Noah sind," antwortete Letztere dann gefasst. "Aha," nickte Sheerla, "und wie - " " - und ihr - " zog Tiger blitzschnell nach, " - hast du - " " - seid - " Tiger hatte gewonnen und Sheerla hielt den Mund, "seid Zwillinge?" Diesmal wandte sie sich ausdrücklich an Neesan. "Ja," gab dieser bereitwillig Auskunft, "zweieiige Zwillinge. Wir sind neun Jahre alt." "Ich kann das alles noch immer nicht recht begreifen," meinte President, den Blick in einer Art verträumter Konzentration auf das Steuer gesenkt, "ich meine... dass ich und Tiger..." "Sag bloß nichts Falsches!" zischte diese sofort und während Princess sich ihrem Kleid angepasst hatte, glich Tigers Gesichtsfarbe nun der ihres Haarschopfes. "Ihr müsst euch nicht streiten", stellte Neesan fest, ganz so, als sei es die natürlichste Sache der Welt: "Ich hab euch beide lieb." Die Eltern schmolzen augenblicklich. Sheerla war es, die in geübter Manier jegliche Ansätze von Sentimentalität im Keim erstickte. "Tiger, du hörst viel zu sehr mit dem Beziehungsohr," kritisierte sie, und "President, ich glaub, du macht gerade eine schwere Identitätskrise durch, nicht wahr?" "Und du... du bist ein ganz besonders kluges kleines Mädchen, kein einziges Mal bist du bei dem Wort ?Identi... Identä..... Identiti...' ...äh... hängengeblieben," versetzte Tiger säuerlich. "Ich weiß," strahlte Sheerla keck. "Das hab ich von dir. Opa sagt das auch immer." Zukunft hin oder her, diese Geschöpfe hatten wohl immer ein As im Ärmel. "Kinder sind wie kleine Engel," sagte President in ruhiger Weisheit. "Die Frage ist nur, wann hören sie auf damit, so zu sein?" Und an Tiger gewandt: "Ich brauche unbedingt ein Buch über schwer erziehbare Kinder. Glaubst du, in Gondowana kann man Erziehungsratgeber kaufen?" "Das weiß ich nicht," entgegnete Tiger, ohne deutlich zu machen, ob sich ihre Antwort auf die erste oder auf die zweite Frage bezog. "Ich weiß nur eins, das wird nicht einfach mit uns." "Du hast den ganzen Schrank voll davon stehen!" - "Schau dir erstmal die hinter der Tür an!" gaben Neesan und Sheerla über Kreuz zurück. "Ach ihr," seufzte Tiger, und dann tat sie etwas, was sie ganz sicher nie getan hätte, wenn außer President auch nur irgend jemand anders anwesend gewesen wäre: Sie kam quer durch den Fahrerraum auf die beiden zu, legte den Arm um Sheerlas Schultern und streichelte Neesan in seinem Sitz über den Kopf. "Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt Kinder möchte. Ich hätte Sorge, was aus ihnen wird, wenn ich sie allein lasse. Ich glaube, ich hätte lieber etwas Freiheit. Ist das sehr schlimm für euch?" Sie wandte den Kopf und sah President ins Gesicht, als ob sie um sein Einverständnis bitten wollte: "Aber wenn... dann hätte ich am liebsten Jungen und Mädchen." "Ich weiß nicht, ob ich ein guter Vater wäre," gab President besorgt zu bedenken. "Ich hätte Angst, meine Kinder falsch zu erziehen. Was ich in Büchern finde, hilft mir nicht immer. Ich würde auch nicht wollen, dass sie zu einsam sind, während ich viel arbeiten muss. Ich glaube, ich hätte gern zwei. Damit sie aufeinander aufpassen können." "Ich weiß," rief ein energisches Mädchen aufgeregt. "Ich hab es mir gedacht," flüsterte ein Junge versonnen und still. "Princess? Princess, bist du da drin?" Zaghaft klopfte Liam an die Tür, auf der groß und deutlich ?irls' stand. Das ?G' war heruntergefallen, weil irgend jemand sie besonders heftig hinter sich zugeschlagen hatte. Seit nahezu einer Stunde hatte sich Princess nun in der Toilette eingeschlossen. Nicht gerade das feinste Boudoir, aber immerhin etwas - Liam selbst, obschon erst seit knapp zwei Tagen da, hatte bereits am eigenen Leib erfahren dürfen, wie schnell man einen Koller bekam, wenn man ständig mit mindestens vierzehn Leuten auf engstem Raum zusammen sein musste. "Princess? Ich... ich bin's. Liam." "Liam?" "Ja?" "...Komm rein." Ein Geräusch war drinnen zu hören, dann öffnete sich die Tür des winzigen Kabäuschens. Bevor er über die Schwelle trat, musste Liam noch einmal mahnend an die heiligste Regel der menschlichen Zivilisation denken, die er nun um der Liebe Willen im Begriff zu brechen war: Keine Jungs im Mädchenklo! Aber eigentlich war ihm das ziemlich egal. Und falls vor Gericht eine Rechtfertigung von Nöten sein würde, die hatte er ja: Dank Princess' Heißblütigkeit stand schließlich nur noch ?irls' dran. Nachdem er eingetreten war, betrachtete Liam aufmerksam ihre Augen, doch Princess erriet seine Gedanken. "Ich habe nicht geweint. Ich wollte nur allein sein. Ich hab es da draußen einfach nicht mehr ausgehalten." Ihr Gesicht blieb abgewandt, der Tonfall teilnahmslos. "Das kann ich verstehen," meinte Liam aufrichtig, bevor er sich neben sie auf den Klodeckel hockte, um fortan nichts weiter zu sagen. Schweigen war seine Art, den Gegenüber reden zu lassen, und auch in diesem Fall schien sie zu wirken. "Du bist ein lieber Junge, der beste, den man sich wünschen kann, aber.... ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass ich deine Mutter bin!" rief Princess mit erstickter Stimme. Ihre Hände im Schoß verkrampften sich und sie senkte die Lautstärke, während sie weiter sprach, als wollte sie verhindern, dass ihr Ausbruch nach draußen drang: "Ich... ich mag sie ja beide. Aber ich kann die Zukunft nicht ändern, und das macht mir Angst." "Aber die Zukunft kann auch dich nicht ändern," wies Liam sie ruhig hin. Princess sah ihn an und ihr Blick wurde nahezu unmerklich wärmer. "Das mag sein..." flüsterte sie zögernd, nicht völlig überzeugt, "aber... dennoch..." "Du wirst glücklich sein." "Aber jetzt.... nun..." Betrübt ließ sie den Kopf sinken, sah wieder auf ihre gefalteten Hände. "Pst!" wisperte Liam und legte ihr den Finger auf die Lippen, "Ich weiß es. Du singst, während du badest!" Ein Schauer lief durch ihren Körper, der Liam zuerst erschreckte, doch dann wurde ihm klar, dass nicht nur Sive ein höchst wechselhaftes Geschöpf war - alle Frauen waren so beschaffen! Denn Princess kicherte ganz offen. "Ist.... ist das wirklich wahr?" Ein neuer Glanz in ihren Augen verriet, dass sie in diesem Moment nicht nur ihren Sohn in ihm sah. Liam nickte heftig, ein spitzbübisches Lächeln erschien auf seinen Lippen. "Ja! Es ist wahr! Sogar Sive hat es schon gehört." "Sive..." wiederholte Princess mit einem Anflug von Ratlosigkeit, "glaubst du, sie ist mir böse?" "Das glaube ich kaum." Liam schüttelte leicht den Kopf. "Es ging ihr weniger darum, glaube ich. Sie weiß ja, dass du sie eigentlich magst." "Tue ich das?" fragte Princess unverhohlen. "Äh.... äh...." Liam kugelte sich wieder ein. "Ja. Doch. Aber ihr streitet euch oft." "Ihr seid gute Freunde, nicht wahr? Und sie ist oft bei dir... uns." "Ja," antwortete ihr Sohn warm, "ja, wir... kennen uns schon... lange. Wir sind Großcousins. Und sie kommt jeden Donnerstag, außer... oh..." Das mit dem Kochen lass lieber, schoss in Liams Kopf blitzartig ein Riegel vor. Er konnte sich lebhaft vorstellen, wie Princess darauf reagieren würde. Doch diese schien die Pause gar nicht bemerkt zu haben. Etwas ganz anderes schien sie zu beschäftigen. "Ihr streitet oft, sagst du?" "Ihr," korrigierte sie Liam, "du und sie. Und ihr vertragt euch wieder." Princess nickte leicht mit dem Kopf, als würde diese Antwort ihr irgendeine Richtung weisen. "Und ihr beide? Streitet ihr oft?" "N...nein," erwiderte Liam zögernd. "Sie ist schwierig, das stimmt. Du auch, nebenbei, nimm's mir nicht übel. Aber nicht ich bin es, mit dem sie die meisten Probleme hat." "Mit wem dann?" "...Mit der ganzen Welt." beantwortete Liam die Frage kurz und bündig. Princess schwieg. "Was braucht man zum Vertragen?" wollte sie plötzlich wissen. "Du hast keine Geschwister, nicht wahr? Ich auch nicht..." Liam seufzte, er hätte gern welche gehabt... deshalb mochte er auch seine kleine Cousine so gern. Aber Princess' Frage berührte ihn in diesem Moment mehr als das, er spürte, dass sie auf eine Antwort wartete. Er musste gar nicht überlegen, die kleinen Sives und Sheerlas und Neesans in seinem Kopf kannten sie längst: "Streit," zählte er auf und ließ sich auch nicht beirren, als Princess ihn fragte, ob das denn von Belang sei, "ja. Streit. Das ist das Allererste. Und dann... Aufrichtigkeit. Bemühen!" "Aufrichtigkeit... Bemühen... Streit..." Ein Schatten flog über Princess' Stirn, sie wiederholte die Worte mehrere Male und Liam ließ sie, nickte nur ernst. Dann wandte sie sich ihm zu, einen Ausdruck von freudiger Überraschung auf dem Gesicht. Princess öffnete den Mund, um zu sprechen, nahm seine Hände... "Liam, du..." - sie schwieg einen Moment, suchte nach Worten - "du... verstehst es." schloss sie warm. Liam lächelte nur, lächelte sein Liam-Lächeln, dass hier und jetzt viel kindlicher schien als viele Male zuvor und Princess umarmte ihn, drückte ihn ganz fest. Dann fiel ihm noch etwas ein und er musste es Princess sogleich mitteilen. Also nuschelte er direkt in die nach Rosenparfum duftende Schulter, die ihm so vertraut war: "Wie soll ich dich nennen?" Princess ließ ihn los, runzelte die Stirn. "Wie...?" Liam sah auf seine Hände. "Ich kann dich... auch als große Schwester sehen, wenn du das möchtest. Ich meine.... wenn du... wenn dir das lieber ist." Princess blinzelte. "Liam," sagte sie, "nenn mich... Wendy." "Wendy?" fragte Liam, um sicher zu sein, denn er glaubte, ein leichtes Zögern bemerkt zu haben. Der Name schien aus einer anderen Gedankengegend zu stammen als die Zukunft, die sich noch ereignen würde. "Rosarote Zicke?" schlug er schmunzelnd vor. Nun musste auch Princess lachen. "Nein. Das ist mir dann doch etwas zu... unkonventionell. Nenn' mich Mama. Das ist okay." meinte sie kurzentschlossen, stand auf und klopfte sich das Kleid ab. "Okay," meinte auch Liam, "okay... Mama." Er erhob sich ebenfalls, Princess öffnete die Tür und die zwei gingen, hinterließen ein nun wieder verwaistes Kämmerchen, das leer stehen würde - bis wieder irgend jemand merken würde, dass er etwas Einsiedlertum bitter nötig hatte. Und das konnte, realistisch gesehen, bei 15 Leuten gar nicht so lange auf sich warten lassen. ["Weißt du, Liam..." hängte Princess mit dumpfer Stimme an... "Selbst wenn ich... ich, wohlgemerkt!... diese Szene in einem Hollywood-Film gesehen hätte...." "Dann...?" fragte Liam ahnungsvoll.... "selbst dann... brrr... wäre sie mir megakitschig vorgekommen! Das ist alles Ambers Schuld!" Liam wiegte den Kopf. "Nein.... das war alles die Nena-Musik, mit der sie sich dabei zugedudelt hat! War ja klar, dass dabei nix Gescheites rauskommen kann!" ANM. D. AUTORIN: "Hey! Jetzt ist aber Schluß mit dem Geläster! Ihr verhaltet euch völlig OOC! Jetzt lasst mich das Ganze nochmal durchlesen und nervt mich nicht! - Bitte! - Amber!] Text & Story (c) by Amber 2001/2002 Illustrations (c) by Willow 2001/2002 Idee (c) by Curse! (Willow, Priss-chan & Amber) 2001/2002 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)