Heilloser Romantiker von Pansy ================================================================================ Kapitel 29: Kapitel 29 ---------------------- Kapitel 29 Noch ein ganzer Tag verrann, an dem sich Joe nicht bei Rick meldete. Es waren bestimmt weit mehr als zwanzig Nachrichten bei ihm eingegangen, auf die er sich allesamt nicht rührte. Einsam lag Rick in dem großen Bett seines Freundes und wünschte sich den blonden jungen Mann sehnlichst zurück an seine Seite. Wie seine Lippen schmeckten, konnte sich der Dunkelhaarige nur noch vage vorstellen. Es war eindeutig an der Zeit, dass er sie erneut auf seinen spüren durfte. Die Ruhe um ihn herum stimmte ihn ganz melancholisch, die Stille trug wesentlich dazu bei, dass er sich tiefer ins Kissen kuschelte und dieses umarmte statt den Körper seines Freundes, der ihm lieber gewesen wäre. Wie sehr er ihm fehlte war eindeutig: unendlich! Er fühlte sich nicht nur allein, sondern irgendwie unvollständig. Ein wichtiger Teil seines Lebens galt für ihn als vermisst und egal, welche Bemühungen er unternommen hatte, er war nicht aufzufinden. /Ich hab’ dich so lieb, komm’ doch zu mir zurück…/ Leise seufzte er ins Kissen und bekam seinen eigenen warmen Atem ab, als er zwischen seinem Mund und dem Stoff entwich. Mehr als ihn per Handy anzufunken vermochte er nicht zu tun, auch wenn es eigentlich zu wenig war, doch er war einfach ratlos, was er anderes unternehmen könnte. Selbst seine Mutter hatte keine Ahnung, wo ihr Sohn steckte, eher hatte sie geglaubt, Rick müsse es wissen, aber er wusste es nicht. Verdammt, er kannte Joes Aufenthaltsort nicht! „Wo bist du?“, klagte er leise, wurde einzig von Joes Schlafzimmer erhört, das sich nicht darum scherte, wie es ihm erging. Draußen fiel heftiger Regen und prasselte stetig auf die Regenrinne, die unter dem immer stärker werdenden Gewicht des Wassers im Wind ächzte. Das Haus, in dem Joes Wohnung lag, war erst kürzlich grundsaniert worden, doch das Dach hatte nicht die Restauration erhalten, das es nötig gehabt hätte. Glücklicherweise gab es noch ein Stockwerk über der Wohnung des Blonden, so dass Rick vor einer etwaigen Überraschung gefeit war. Es war bereits einmal vorgekommen, dass der Regen durch die Dachziegel drang und trotz dessen wurden wieder einmal die Gelder zurückgehalten, ganz nach dem Motto, dass die Mieter doch zusehen sollten, wie sie ihr Mobiliar trocken hielten. Lautes Geklapper ließ den Dunkelhaarigen hochfahren. Verwirrt blickte er um sich und versuchte, das unbekannte Geräusch zu orten. Es schien von über ihm zu stammen, also lehnte er sich enttäuscht wieder zurück. Wäre auch zu schön gewesen, wenn das Joe gewesen wäre, der endlich heimgekehrt war. Resigniert schloss er die Augen, verbarg das tiefe Blau, das einst vollkommen erstrahlte und fiel alsbald in einen traumlosen Schlaf. Es war früher Nachmittag und Rick flüchtete vor der Realität. Friedlich lag er in Joes Bett und weilte dort fast regungslos. Nur ein sachtes Auf und Ab seiner Brust brachte die Decke in leichte Bewegung. Nach etwa einer Stunde blinzelte er und wünschte sich sofort zurück in den Schlaf, der allemal besser war als einsam zu wachen. Tief sog er den Geruch ein, der ihn umgab. Alles duftete nach dem Größeren, was seine Unlust, den Tag doch noch sinnvoll anzugehen, bestärkte. Eine kleine Stimme in seinem Ohr ließ seine Augen weiten. „Das hat er nicht!“, gab Rick Widerbatt. Nie und nimmer glaubte er daran, dass Joe zu Julia gegangen war. Warum sollte er auch; und dennoch breitete sich in seinem Magen Unwohlsein aus. Mit gerunzelter Stirn schob er die Decke von sich und stand wenig später am geschlossenen Fenster, sah hinaus auf die schweren Wolken, die sich über der Stadt festzubeißen schienen. Große Tropfen fielen dumpf auf die Fensterbank und zerplatzten sofort beim Aufprall. Er entschied sich dafür, sich zu vergewissern, ob ihn sein Gefühl betrog oder nicht. Obwohl er nach dem gefassten Entschluss sofort hinaus stürmen wollte, bewegte er sich langsam und nahm erst einmal eine heiße Dusche. Mit geschlossenen Lidern genoss er das sanfte Rasseln des Wassers, das sich vor dem Abguss zusammen mit dem schäumenden Duschgel sammelte. Wohliger Duft von Tiaré-Blume verbreitete sich im Bad und hüllte ihn in ein tropisches Aroma. Er liebte es, sich in den Gerüchen, die das Duschen gewöhnlich mit sich brachte, zu wiegen und verharrte ein paar Minütchen länger als nötig unter dem Hahn, der stetig das erquickliche Nass auf ihn herab sandte. Anschließend trocknete er sich mit dem größten Badetuch ab, das er finden konnte. Bald sein gesamter Körper konnte darin verborgen werden, was er natürlich ausprobierte. Mit einem kleinen Tuch wischte er den Beschlag vom Spiegel und sah hinein. Ihm gefiel nicht, was er erblickte, so dass er sich gleich wieder von seinem Spiegelbild abwandte und… Da gab es ein Problem. Er hatte ja gar keine frische Kleidung mehr hier. Dann musste eben Joes Kleiderschrank herhalten! Barfüßig schlich er ins Schlafzimmer zurück. Warum er sich wie ein Dieb fortbewegte, konnte er nicht beantworten, doch irgendwie kam er sich wie eine Elster vor, die nach etwas Glänzendem spähte. Nur dass der Glanz nun die Gewissheit war, sich bald ein Teil von Joe überzustreifen. Um sich blickend, was eigentlich vollkommen irrational war, tapste er leise in den Schlafraum und öffnete so geräuschlos wie möglich erst die rechte, dann die linke Schranktüre. Ein Meer von Hemden, Pullovern, Hosen und Jacken fiel ihm beinahe entgegen. Der ordentlichste Mensch war Joe nicht und das sah Rick nun ganz deutlich vor sich. Aber es grämte ihn nicht, ganz im Gegenteil, es rief ein kleines Schmunzeln auf seine Lippen. Die erste fröhliche Regung seit mehr als zweiundsiebzig Stunden. Lächelnd besah er sich das Chaos und mit beiden Händen wühlte er alsbald wohl bedacht darin herum. Ein schwarzer Wollpullover hatte es ihm irgendwie angetan und er zog erst ein T-Shirt an, bevor er sich jenen überstreifte. Kritisch beäugte er seine nackten Beine und zog letztenendes seine eigene Jeans vor, da er für Joes zu klein war, auch wenn es reizvoll gewesen wäre, eine anzuprobieren, aber für so dreist befand er sich dann doch nicht. Neu gestylt warf er einen kurzen Blick in den Schrankspiegel und nickte sich selbst zu. „Auf geht’s“, meinte er und schloss die Kleiderschranktüren wieder. Da Rick absolut keine Ahnung hatte, wie Julia mit Nachnamen hieß, geschweige denn, wo sie wohnte, trabte er mit einem dunkelblauen Regenschirm in Richtung des kleinen Italieners, wo das Mädchen arbeitete. Vielleicht hatte er ja Glück und sie hatte gerade Schicht. Und wenn nicht, konnte er sich ja immer noch dort nach ihrer Adresse erkundigen. Wenn er einen verzweifelten Blick und ein aufrichtiges Flehen simulieren würde, würde der Chef schon mit Straße und Hausnummer rausrücken; hoffte er, auch wenn er dazu kein gekonntes Schauspiel brauchen würde. Mit einem suchenden Blick betrat er das Restaurant und als er sogleich die rothaarige Kellnerin erblickte, begann mit einem Mal sein Herz wie wild zu pochen. Zielstrebig ging er auf sie zu und gleich als sie ihn bemerkte, wandte sie ihm den Rücken zu und verzog sich erst hinter den Tresen und verschwand dann hinter einer Schwingtüre. Verdutzt stand Rick da und sah das Holz, wie es noch leicht hin und her schwang. „Hier entlang bitte“, meinte eine tiefe Stimme neben ihm. Beinahe hätte er ein ’Hä?’ erwidert, konnte sich aber der Schmach noch gerade so erwehren. Stattdessen würgte er ein „Bitte?“ hervor, weshalb ihn der hagere Mann mit gerunzelter Stirn anblickte. „Erwarten Sie wohl noch jemanden? Also ein Tisch für zwei oder gar drei?“ „Nein, ich bin allein.“ Wie sehr das letzte Wort doch schmerzte… „Folgen Sie mir bitte.“ Rick leistete keinen Widerstand, er wusste sowieso nichts mit sich anzustellen und nach mitten im Weg Herumstehen war ihm auch nicht. Mit einem „Danke“ ließ er sich an einem kleinen runden Tisch in der, wie es ihm schien, hintersten Ecke des Italieners nieder und spielte sogleich mit der Karte, die vor ihm lag, drehte sie wild im Kreis, wobei er gar nicht auf sie achtete, sondern immer nur die Schwingtüre im Visier hatte, durch die Julia ja irgendwann wieder treten musste. Minuten vergingen, in denen der Kellner von eben zweimal bei ihm aufkreuzte und erfragte, was er denn trinken wolle. Beim dritten Mal erbarmte sich Rick dann doch und bestellte ein Wasser. Als ihm dieses gebracht wurde, winkte er den recht kleinen Mann nahe an sein Gesicht. „Wäre es möglich, Julia zu mir zu schicken?“ Der Ober blickte sich um und sah ihn dann verwundert an. Vermutlich fragte er sich, wo sie geblieben war. „Ich denke schon“, erwiderte er und nickte Rick freundlich zu. /Wäre doch gelacht, wenn ich sie nicht dazu bringen würde, mit mir zu reden./ Irgendwie schlich sich plötzlich ein unbändiger Tatendrang in Ricks Gemütszustand und seine Augen begannen feurig zu funkeln. Das Blau glitzerte wie ein Meer, das die Sonne reflektierte. /Komm’ her, dann werde ich die Informationen nur so aus dir herausquetschen!/ Leise begann er zu lachen ob seiner eigenen Gedanken. Er war an sich harmlos wie eine Fliege und könnte nie einem Menschen Furcht einjagen, und dass er dermaßen barsch dachte, amüsierte ihn. Vielleicht konnte er ja doch irgendwann einmal ein Mann werden, der von allen respektiert und angehimmelt wurde. „Was willst du?“, fragte eine Frauenstimme hart. „Bitte setz’ dich kurz“, bat Rick und deutete mit einer Hand auf den freien Stuhl ihm gegenüber. Widerwillig leistete sie folge, aber ihre ganze Körperhaltung verriet, wie unangenehm ihr das war. Ihre Mimik verhieß nichts Gutes und der Dunkelhaarige blickte sie betont freundlich an. „Wie geht’s dir?“ „Ach, rede hier nicht um den heißen Brei, Rick. Es interessiert dich doch sowieso nicht ernsthaft, was ich tue oder lasse, geschweige denn, wie es mir geht. Joe hat mich nur wegen dir verlassen und das werde ich dir nie verzeihen!“ Als sie aufstehen wollte, legte er eine Hand auf ihren Unterarm. „Warte bitte. Hast du Joe in den letzten zwei Tagen mal gesehen?“ „Ha, kaum ein Paar und schon läuft dir der Geliebte davon?“ Hatte sich Rick nicht eben ausgemalt, wie er Julia derart anfahren und einschüchtern würde? Und nun war er es, der klein auf seinem Stuhl saß. Der Sarkasmus hatte ihn tief getroffen, denn irgendwie hatten ihre Worte einen wahren Charakter. „Also, hast du?“, presste er gequält hervor. „Nein, habe ich nicht. Nun lasse mich endlich zufrieden!“ Verärgert rückte sie ihren Stuhl zurück und erhob sich. „Und lass’ dich hier nie wieder blicken!“, fügte sie zischend hinzu und ging ihrer Arbeit wieder nach. „Was hätte er auch von dir wollen können!“ Ob seiner lauten Stimme erschrak Rick und realisierte erst, als es zu spät war, was er hinter Julia hergerufen hatte. War er denn nun total übermütig oder so verzweifelt, dass er seine gute Erziehung völlig vergaß? Schnaubend kehrte die Kellnerin zurück, griff nach dem noch unberührten Wasserglas und kippte es Rick über den Kopf. Ein paar Gäste lachten, andere tuschelten eifrig und nahmen ihre Blicke nicht von der Szene, die sich direkt vor ihren Augen darbot. „Mrs. Henry! Das ist ein Gast!“, rief eine zornige Stimme hinter ihr. Mit nassen Haaren stand der Dunkelhaarige auf und ging geradewegs an Julia vorbei, die ihn immer noch wütend anfunkelte, auf den Inhaber des Restaurants zu. „Das war meine eigene Schuld, nehmen sie ihr das nicht übel.“ Er legte einen Geldschein auf den Tresen und verließ den kleinen Italiener ohne sich noch einmal umzudrehen oder was zu sagen. Aufgrund der ganzen Aufregung hatte er den Schirm drinnen stehen gelassen und lief nun ungeschützt durch den dichten Regen. Noch einmal würde er keinen Fuß in das Restaurant setzen, vor allem jetzt nicht, wo er die, wie er fand, berechtigte Wut der Kellnerin zu spüren bekommen und sich selbst unbeherrscht reden gehört hatte. Sie hatte Recht, er hatte ihr Joe ausgespannt, wenn man das so sagen konnte, aber weder war er gerade glücklich darüber noch war der blonde junge Mann anwesend, um ihm durch eine Umarmung den Kummer zu nehmen, der schwer auf seinem Herzen lastete. Patschnass betrat er Joes Wohnung und hinterließ eine dunkle Spur hinter sich, während er ins Bad schlurfte. Er war nicht gewillt, zu sich nach Hause zu gehen und daher war er wieder hierher zurückgekommen. Betrübt pellte er sich aus der triefenden Kleidung und ließ sie achtlos auf die weißen Fließen gleiten. Splitterfasernackt sah er in den Spiegel zu seiner Linken und sah dabei mehr oder minder durch seine eigene Silhouette hindurch. Mit einer Hand fuhr er sich durchs Haar und seufzte. Den Blick von sich abwendend beugte er sich nach vorne und drehte den Wasserhahn der Badewanne an. Sofort schoss klares Wasser aus ihm heraus, das sich nicht viel später dampfend in der Wanne sammelte. Um die vielen kleinen Seifenblasen zu erzeugen, die er so gerne hatte, versetzte er es mit einem grünlichen Mittel, das herrlich nach Orange und Apfel roch. Als sich genug Schaum gebildet hatte, tauchte er erst einen Fuß, dann den anderen ins heiße Nass, das sich gierig um seine Haut legte. Die Stellen, die es berührte, begannen leicht zu kribbeln und während er immer mehr Details seines Körpers dem Wasser preisgab, wuchs das Prickeln und war am Ende so enorm, dass er für einen Moment alles um sich herum vergaß und sich allein dem physischen Befinden hingab. Rötliche Stellen zeichneten sich auf seiner Haut ab und selbst seine Wangen leuchteten voller Inbrunst. Wenn man sich ihn so betrachtete, sah er wirklich kerngesund aus, aber sein Äußeres stellte einen krassen Gegensatz zu seinem Inneren dar. Er wollte vergessen… Vergessen, dass er alles zunichte gemacht hatte… Vergessen, dass er die Schuld an allem trug… Vergessen, dass Joe wegen ihm… gegangen war. Vergiss der Liebe Schmerz, verweilt in deiner Brust. Horch’, die traur’ge Terz spielt des Liedes Frust. Vergiss die Taten, vergiss die Worte, vergiss den Ursprung all der Seelenmorde. Verdräng’ das Leid und den Kummer gar, Heil ist die Zeit, wie immer dar. Mit geschlossenen Lidern atmete Rick stetig und flach, wog das Wasser im sachten Rhythmus zur traurigen Sinfonie seines Herzens. Feiner Nebel umgab sein Gesicht, das darunter glänzte und das tiefe Blau vor all der Trübsal verbarg. Wenn er wirklich einfach nur vergessen könnte… Eine geschlagene Stunde lang blieb er regungslos im Wasser liegen. Als er allmählich zu frieren begann, schlug er die Augen auf und blickte in ein Gemisch aus Nebel und weißen Fließen. Er atmete tief aus und stand auf. Rasch griff er nach dem überdimensional großen Handtuch, das zwar vom Nachmittag noch ein wenig klamm war, aber er kuschelte sich dennoch hinein. Bald jede Facette seines Körpers, bis auf die Füße und das Gesicht waren nun in roten Stoff gehüllt. Bald einer Mumie gleich trottete er ins Schlafzimmer, denn er brauchte abermals frische Kleidung. Der Abend war bereits fortgeschritten und überdeckte den Raum mit dunklen Schatten. Langsam tastete sich Rick bis zum Schrank vor. Ihm war gerade nicht nach elektrisch erzeugtem Licht zumute. Wenn er etwas anhatte, egal was, würde er sich ein paar Kerzen suchen, doch nun musste es ausnahmsweise ohne Glühbirnen gehen, die manchmal lästig auf ihn wirkten. Mit einem leisen Knarren öffnete er die Schranktür und griff sofort überlegt hinein, schließlich wusste er noch, wo was in etwa liegen musste. „Wer ist da?“, ertönte es schlaftrunken, aber streng hinter ihm. Vor Schreck wirbelte Rick herum und stieß dabei mit dem Ellbogen am harten Holz an. „Au, verflucht!“, stöhnte er auf und sah sich alsbald in einem Licht wieder, das von der bläulich leuchtenden Nachttischlampe ausging, die rechts neben dem Bett hing. Starre Sekunden sahen sich die beiden Personen einander an ohne den kleinsten Laut von sich zu geben. „Deine Freude mich wiederzusehen, muss ja gigantisch sein, wenn du dafür alle Hüllen fallen lässt“, meinte Joe irgendwann neckisch und verkniff sich ein breites Grinsen dabei in keinster Weise. Verworren blickte Rick an sich herab und sah das Handtuch zu seinen Füßen liegen. Augenblicklich schoss ihm das Blut in die Wangen und zierte sie mit einem kräftigen Rot. Er griff nach dem Stoff und hielt es sich provisorisch vor den Körper, selbst wenn er dies nicht mehr nötig hatte. „Seit wann bist du wieder hier?“, fragte der Dunkelhaarige mit einem Anflug von Hast. „Halbe Stunde würde ich sagen und ich muss gestehen, ich wusste nicht einmal, dass du auch hier bist.“ Joes Lässigkeit bewirkte, dass sich Rick noch mehr verhaspelte. Er fühlte sich ihm irgendwie ausgeliefert, was ihm gar nicht behagte. Dabei wusste er nicht einmal warum. Aber die Coolness, ob echt oder nicht, war ihm einfach unbegreiflich, da sich seine Emotionen im Gegenzug überschlugen. Und obendrein der undeutbare Blick machte das Chaos in ihm perfekt. „Kannst du mir sagen, wo du warst? Ich habe mir Sorgen gemacht, konnte nicht mehr schlafen, habe kaum gegessen, habe sogar Julia nach dir gefragt, habe deine Mutter angerufen und-“ „Hole mal Luft!“, warf der Blonde ein und rollte sich aus dem Bett. Mitten im Satz verstummte Rick und wandte sein Gesicht von seinem Freund ab. Wenig später legten sich warme Finger um sein Kinn und drehten es zurück. „Ich war bei deinen Eltern“, meinte Joe nun ohne jedwedes Lächeln auf den Lippen. Instinktiv trat Rick einen Schritt zurück und befreite sich dabei aus Joes Griff. „Wo warst du?“, erfragte er scharf die bereits gegebene Antwort. Die Distanz hatte der Größere schnell wieder getilgt und legte nun seine Arme um Ricks Hüfte. Zornig wollte dieser sich erneut von ihm loslösen, schaffte es aber dieses Mal nicht. „Soll ich mir denn dein durch sie ausgelöstes Leid noch länger anschauen, ohne mein bestmögliches zu geben, dich wieder glücklich zu sehen?“ Er fixierte Rick und sah ihn sehr ernst an. Dieser schluckte erst einmal nur, denn die Nähe beraubte ihn aller Sinne und die Wut nahm ihm den letzten Funken Verstand. Plötzlich wurde er ganz fest an Joes Körper gedrückt, wobei er seinem Geruch mit einem Mal vollkommen ausgesetzt war. Er schloss die Augen und verlor sich in dem Gemisch aus Aftershave und Deodorant. Insbesondere die Nuance des Eigengeruchs war schuld daran, dass er laut aufstöhnte. „Du hast mir gefehlt“, hauchte Joe halb in Ricks Haar hinein. Das sagte der Richtige. Wusste Joe überhaupt, welche Gefühlsschwankungen er durchgemacht hatte ob der Tatsache, dass er keine Ahnung gehabt hatte, wo er gesteckt hatte!? „Du hast leicht reden“, seufzte der Kleinere leise vor sich hin. „Ich konnte nicht anders… ich musste gehen, damit ich wieder einen klaren Verstand bekomme. Die Gefühle für dich haben mich übermannt… Weißt du, Rick, ich…“ Eine lange Pause entstand, in der Joe mit sich rang und den Dunkelhaarigen dabei immer fester an sich drückte. „Ich habe einen Menschen noch nie so sehr geliebt und das macht mir Angst.“ Dass Rick den Gehalt der Worte in diesem Moment wirklich begriff, kam einer wagemutigen Behauptung gleich, aber eines stand fest: Er war froh, Joe zu spüren, seine Hände auf seinem Körper zu fühlen, die Wärme, die von ihm ausging, wahrzunehmen und zu wissen, dass es kein Traum war… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)