Sarcastic Drug von Chrolo (Geteiltes Leid ist halbes Leid) ================================================================================ Kapitel 11: Black-Sheep / Brain-Dead ------------------------------------ An der Decke der großen Eingangshalle hingen über 100 Lampen, eingehüllt in schwarzes Pergament, an der Wand waren mehr als 50 Schwarzlichter-Röhren befestigt und auf mehreren kleinen Holztischen standen jeweils 2 Kerzenständer pro Tisch. Es roch angenehm nach Opium, mit einem Hauch frischer Minze untermalen. Es war alles blitzeblank, als wenn hier täglich mehrere Raumpfleger unterwegs wären. Ein langer orientalischer Perserteppich führte durch die Halle, mit Schuhen musste man allerdings den daneben liegenden Gehstreifen aus weißem Marmor benutzen. Dieser Gehstreifen war auch so ziemlich das einzige Weiße in dem ansonsten finsteren riesigen Raum, in dem es mächtig zu hallen anfing, als Junichi zu sprechen begann: „Also meine Gäste, dies ist der Hauptsitz von Black Sheep! Wozu im tiefsten Ural, wenn man ihn auch direkt in Tokyo platzieren kann? Sehen sie sich ruhig um, genießen sie den Flair der Dunkelheit, machen sie nichts kaputt und seien sie im östlichen Flügel des ersten Stocks bitte leise, dort ruhen die ‚Berserker’!“ „Welche Berserker?“, fragte Makoto. „Potentielle Übeltäter, die ich aus dem Knast geholt habe und die mir nicht freiwillig gehorchen wollten!“ „Hmm, der hat ja eine hohe Erwartungshaltung!“, flüsterte Anna zu Makoto, welcher lächelnd nickte. „Ich musste sie erst einer Gehirnwäsche unterziehen!“, fuhr Junichi grinsend fort. „Aha, Gehirnwäsche…!“, murmelte Makoto. „Ich vertraue ihnen Kubota, sie haben vollste Entscheidungsfreiheit in diesem Anwesen! Nur rausgehen sollten sie nicht, ich bitte sie darum!“ „Na prima!“, flüsterte Anna wieder, die die Situation nicht ganz überblickte. „Kommen wir zur Sache… wer ist noch in meinem Team, bei diesem Spiel?“ „Schön, dass sie so viel Interesse zeigen, ich bin hocherfreut! …Nun ja, ein jamaicanischer Sträfling, der wegen Drogenkonsums und Totschlags zu 60 Jahren verurteilt war, sie werden morgen von ihm in das Spiel eingewiesen, und meine Wenigkeit. Aber ich überlege noch, wen anders ins Rennen zu schicken, da es diesmal sehr gefährlich werden könnte! Aber wahrscheinlich muss ich Toki Mishiba selbst umlegen, so will es Yokai-sama!“ „Yokai-sama? Sie meinen Royakan?“, fragte Makoto, seinen Blick jetzt auf Junichis Augen konzentrierend. „Aha, sie haben schon von ihm gehört?“ „Natürlich, den kennt doch Jeder!“, mischte sich Anna ein. „Schön! …Unser neues Sektenmitglied, wenn wir das Game gewinnen und ihm Toki Mishiba aushändigen oder ich ihn selbst umlege!“ „Oha! Und sie denken, dass er einfach so hierhin kommen kann, ohne dass die Armee eingreift?“, fragte der Brillenträger. „Nein, aber wir greifen dann ein, wenn wir uns Yokai-samas Loyalität sicher sein können! Unser Berserker-Trupp und Team Baracuda sind kampfbereit!“ „Was auch immer das für Leute sind, sie müssen stark und zahlreich sein!“ „Haha, darauf kannst du sich verlassen!“, warf Beiji ein. „Wir sind fast 300 Mann, alle hoch ausgebildet!“ „Wir haben die letzten 3 Jahre nicht auf der faulen Haut gelegen! 279 hypnotisierte Freaks und 23 Ex-Söldner von der koreanischen Armee, ausgerüstet mit High-Tech-Waffen, die die Welt noch nicht gesehen hat!“, prahlte Junichi stolz. „Ach, ihr wollt Krieg der Sterne nachspielen?“, fragte Anna spöttisch. Der Angesprochene guckte sie finster an: „Wenn das vorbei ist, gibt es kein Japan mehr!“ „Er leidet an Selbstüberschätzung…!“, brummte Makoto und zog Anna aus Junichis Blickfeld, seinen ‚Kidnapper’ mürrisch anstarrend. „Ach Kubota, sie werden sich an dem Spektakel erfreuen, da bin ich mir sicher!“ „Ich bin gespannt!“, meinte der fast beiläufig. Die politische Lage im Land interessierte den Schwarzhaarigen nicht sonderlich, irgendwelche landinternen Kriege waren ihm unwichtiger als die Curry-Sauce zum Hähnchen oder das Wetter von Morgen. Ihn beunruhigte höchstens die Tatsache, dass Junichi ihn frei herumlaufen ließ. War das Anwesen so gut vor Ausbrüchen geschützt? „Gar nicht so abwegig, bei den ganzen Freaks!“, murmelte er leise. Anna hielt sich immernoch Hilfe suchend an ihm fest. Oder vertraute er ihm schon? Dachte Junichi etwa, dass Makoto von sich aus hierbleiben würde? Sobald er weg wäre, könnte er Tokitoh beschützen, da war er sich sicher. Oder wollte Junichi seine Abwehranlagen an einem erfahrenen Typen wie Makoto Kubota testen? Makoto machte sich ernsthafte Gedanken darüber und hörte dem Redner gar nicht mehr so richtig zu, der mittlerweile aber sowieso nur noch dabei war, etwas über die kulturellen Umstände und die Namensentstehung von ‚Black Sheep’ erzählte. Er schaltete schließlich völlig auf Durchlauf, als Junichi begann, wieder von seinen Freaks zu prahlen und Beiji fröhlich seinen Senf dazu gab. „…Naja und deshalb sind wir uns auch so sicher, dass wir letztendlich über die ganze Region herrschen können! Ich meine mein Vater ist eh eine Schlafmütze, wenn da oben nur solche Schlaffis rumhängen, wird es ziemlich einfach!“, schloss Junichi ab. Beiji, er und die anderen drei Söldner gingen nun durch das große Tor, eine Treppe in einem – tatsächlich – weißen Treppenhaus hoch. Makoto ging hinterher, allerdings nicht nach oben. Er zog Anna mit nach unten, um Junichis Reaktion zu testen, aber es kam keine. Genjo Sanzo war andersweitig unterwegs; Er hatte zwar noch einen brummschädel vom Vorabend und dem morgigen Sturz, aber er war schon wieder auf der Suche nach einer Trinkgelegenheit, mit lächerlichen 140 Yen in der Tasche. Irgendwie war er aber auch melancholisch drauf, nachdenklich und angespannt. Er erinnerte sich zumindest noch vage daran, dass Makoto gesagt hatte, dass schräg gegenüber von ‚Haan’s Ramendojo’ eine Bar war, wo es Sake gäbe. Allerdings war er ziemlich blank. Neben den 140 Yen füllten eine Büroklammer und zwei rote Würfel die rechte Tasche seines Priestergewandes, welches er nach dem Streit mit Sha Gojo wieder angelegt hatte. Und stolze 35 Cent in der linken Tasche, mit denen er in Japan allerdings nicht viel anfangen konnte. Er fragte sich, wieso er sie damals aufgehoben und mitgenommen hatte. Die braune Robe unter dem Priestergewand wollte er jedenfalls eigentlich Keinem zeigen, schon im Waschsalon hatte er sie unauffällig mit in die Waschmaschine gesteckt, auf die Gefahr hin, dass sie einlaufen oder sich in Fussel auflösen würde. Aber als er dem Rothaarigen gegenüberstand, war es schon zu spät, da dachte er nur noch daran, sein kostbares Gewand vor der ‚dreckigen Wasserratte’ zu beschützen. So machte er sich dann auf den Weg zu einem weiteren Besäufnis, die Knarre in der einen, die 140 Yen in den anderen Hand. Zur Not musste er auf dem Weg noch einen Passanten um etwas Geld erleichtern. Toki Mishiba tat das, was er in den Tagen vor einem Game immer getan hatte, meditieren. Er saß im Schneidersitz in der Mitte des Wohnzimmers seiner bescheidenen Wohnung im südlichen Bezirk Tokyos und hatte die Augen geschlossen. Er bemerkte trotz der sonstigen Stille im Raum nicht einmal, dass der Hausmeister die Tür mit dem Generalschlüssel öffnete und ein Paket auf den kleinen Tisch aus Teak-Holz im kleinen Flur stellte, welches im Hausflur im Weg stand. Das Klingeln des Postboten zuvor hatte er auch nicht registriert. Also saß er weiterhin in der Raummitte, geistig vollkommen abwesend. In diesen Momenten könnte man ihm Autismus vorwerfen, aber er war nicht in seiner eigenen Welt, nein, er war einfach nicht da, lediglich sein Körper war existent, sein Geist war in diesen Momenten fern von allen Welten, im Nichts. Araki, Kasai und Tokitoh gingen in Richtung Präsidium, weil letzterer die Adresse von dem geistig Abwesenden haben wollte. Kasai würde ihm wohl bei Allem helfen, das war dem Schwarzhaarigen klar. Er fragte sich zwar hin und wieder wieso, aber an sich konnte er ja davon profitieren, also dachte er auch immer recht schnell wieder an etwas Anderes. Tatchan ging ungefähr 5 Meter hinter ihnen, sein Funkgerät in der linken Hand, Sanadas Brüllen im Ohr. Seit Osamu den Funkkontakt abgebrochen hatte, war sein Chef noch aufgewühlter und verschonte auch Tatchan nicht von seinen kurzen Ausrastern, die äußerst ungewöhnlich für ihn waren. Sanada war eigentlich die Ruhe in Person, das wachsame Auge hinter seinen Schützlingen. „Was kann nur so bedeutend sein, dass er so einen Gemütswandel vollzieht?“, murmelte er vor sich hin. An der Wache angekommen, brach auch der Blonde den Kontakt zu seinem Vorgesetzten ab, um möglichst lautlos agieren zu können und vor allem unauffällig ins Präsidium zu kommen. Sanadas Geschreie konnte man bestimmt 4 Meter weit hören, da war er sich sicher. Sanada war jetzt noch wütender, seine Dealerschaft hatte er längst aus seinem Büro geschmissen, nur sein Hund Ark quälte sich noch im Büro seines Herrchens rum. Aber während dieser Phase erntete er von seinen Untergebenen nicht wirklich viel Respekt, der ihm sonst ausnahmslos immer gebührte. Tatchan dachte nach, was er denn überhaupt im Präsidium solle, am Ende würde man ihn noch wegen grundlosem Betreten eines Präsidiums verhaften. So etwas gab es in Kyushu tatsächlich mal, tatchan hatte in der zeitung davon gelesen. Und er war doch ursprünglich mit dem Auftrag losgeschickt worden, die Gegend auszuchecken und nicht ein paar Passanten nachzulaufen. Als Kasai dann als Letzter durch den Haupteingang ging, war es fast zu spät um ihnen nachzusetzen, so entschied sich der Blonde dann auch, seinen Original-Auftrag auszuführen und watschelte von dannen, den Funkkontakt immernoch unterbrochen lassend. Makoto und Anna saßen auf zwei schwarzen Stühlen aus Metall, in einem riesigen Lagerraum, der gefüllt mit Holzbrettern und meterhohen Metallregalen war, die mit allem möglichen Zeugs gefüllt und beladen waren. Es roch nach Rost und Schwefel und Anna verlor schnell die Nerven; „Lass und hochgehen, hier stinkt’s und ich habe Kopfschmerzen!“, aber Makoto bewegte sich nicht, pustete den Rauch seiner Zigarette aus und ignorierte alles um sich herum völlig. „Ach mach doch was du willst, du warst immerschon ein Ignorant!“, versuchte es Anna auf die harte Tour, doch der Angesprochene rührte sich nicht. Anna erwartete zumindest das Zucken einer Wimper, aber es tat sich nichts, Makoto war fast so abwesend wie Toki Mishiba bei seinen Meditationen. „Tokitoh!“, rief er nach einer Weile plötzlich laut in den Raum. In Sekundenschnelle bildeten sich zwei, drei Schweißperlen auf seinem Gesicht und seine Entspanntheit wich einem stechendem Blick und zwei geballten Fäusten. Makoto erhob sich und lief durch den Lagerraum zu einer großen Tür, die er vorher gar nicht beachtet hatte. Anna war etwas überrascht von dem plötzlichen Aufschwung ihres alten Freundes. „Hier ist das Treppenhaus!“, rief sie ihm zu und streckte ihren Finger in Richtung Treppenhaus, woher sie gekommen waren, aber Makoto öffnete die große Stahltür und was er dann sah, gefiel ihm nicht sehr; „Massenvernichtungswaffen!? Verdammt, der Typ hat nicht übertrieben!“ Im selben Augenblick schoss ihm durch den Kopf, dass er Tokitohs Leben und Wohlbefinden nicht gefährden durfte. „Ich muss dieses Spiel annehmen!“, sagte er sich selbst und haute mit einer Faust gegen die alte Wand vom Lagerraum, sodass ein bißchen vom Putz abbröckelte. „Gute Idee!“, sagte Kenwyne, der just in diesem Moment durch eine Luke aus der Decke sprang. „Es gibt keinen Grund abzuhauen, wir haben die besseren Karten! Wieso stellt ihr euch nicht gleich freiwillig auf unsere Seite?“ „Ich habe keine Lust für wen anders zu arbeiten, ich bin faul!“, erwiderte Makoto, nicht im geringsten an die japanische Regierung denkend. „Tss, da kann man wohl nichts machen!? …Nun ja, ich bin da, um Sie ein wenig rumzuführen, Meister Junichi meinte, ich kann heute schon anfangen, Sie auf das Duell in 2 Tagen vorzubereiten!“ „Okay, aber wenn das Spiel gewonnen ist, vergesst ihr alle, dass wir uns getroffen haben!“, stellte Makoto seine Forderung. „Also ich merke mir eh keine Gesichter und Namen, für mich zählt nur das Hier und Jetzt! Ich weiß nicht mal mehr, was für Drogen es waren, wegen denen ich in den Knast musste!“ „Du weißt, was ich meine!“, sagte Makoto scharf. Kenwyne schien die Situation nicht sehr ernst zu nehmen, aber er nickte und schaute dann kurz zu Anna, die die Situation aus der Nähe beobachtete. „Puh, wie mühsam, ich hoffe echt, dass Meister Junichi selbst die dritte Person im Team ist, sonst muss ich noch wen einweisen, ich habe echt Besseres zu tun!“, seufzte Kenwyne. „Ist er stärker als du?“, fragte Makoto und sah Kenwyne herausfordernd an. „Ich glaube nicht!“, antwortete der Jamaicaner, der selbst im dunklen Lagerraum seine Sonnenbrille auf hatte und lachte kurz auf. „Ich glaube, ich bin stärker als ihr beide!“, behauptete Makoto kühl. Der Schwarze blickte auf und grinste seinen Gegenüber an. Beide standen sich selbstbewusst gegenüber und musterten einander. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)