Sarcastic Drug von Chrolo (Geteiltes Leid ist halbes Leid) ================================================================================ Kapitel 5: Lucky Biscuit / Boundless Hospitality ------------------------------------------------ 5.Kapitel Ein schwarzhaariger Kerl mit einer olivgrünen Wollmütze und braungebrannter Haut linste die Beiden schon die ganze Zeit durch die Schlitze seiner Augen an. Er hatte einen wahrlich diabolischen Blick und machte Tokitoh ziemlich Angst. „In der Tat, sehr ominös…!“, murmelte Makoto, der den Typen jetzt auch unauffällig beobachtete. „Was meinst du? Sollen wir schonmal nach oben zu den Gästezimmern gehen?“, fragte Tokitoh. Makoto wisperte ein „Nein!“ zu Tokitoh und zündete sich vorsichtig eine seiner Mintzigaretten an, obwohl auch hier das Rauchen eigentlich verboten war. Aber auch der Priester hatte hier geraucht, was um so dreister war, da er seine Zigaretten vorher von Kazuo gekriegt hatte. „Ich schau ihn mir mal genauer an!“, sagte er und stand auf. Er ging zum Buffet und füllte sich einen Ananasring, ein paar Löffel Amarena-Kirsch-Crème und paar Kekse der Marke PRITZ auf den Teller. Dann schaute er auf den Teller von dem ominösen Beobachter und erspähte ein Stück Entenbrust darauf, was er auf dem Buffet vorher nicht gesehen hatte. Er näherte sich dem Mann zielstrebig, mit uneinnehmbarem Blick. Als er vor ihm stand, schaute ihn der Typ finster an. „Was willst du?“ „Ist die Entenbrust schon alle? Das Buffet bot keine!“, fragte Makoto ruhig, die abweisende Haltung und genervte Tonart des Mannes ignorierend. „Was weiß ich? ...Verschwinde!“, raunzte der Mann und funkelte ihn bösartig an. Seine Augen öffneten sich nicht weiter als einen Spalt, aber Makoto erkannte eine gewisse Leere. „Hmm, sind sie ein Flagellant?“, fragte Makoto unbeeindruckt, als er einige schwere Narben an den Oberarmen des Mannes sah, der eine Bomberjacke trug, die Ärmel aber hochgekrempelt hatte, sodass er allen seine Verletzungen zeigen konnte. Aufgerissene und geflickte Arme, Brandnarben entlang der Finger und das alles ziemlich symmetrisch. „Verschwinde, sonst hast du eine sitzen!“, brummte der Mann. Makoto sah zum Fenster und nahm einen kräftigen Zug an seiner Pourret, bevor er sich bückte und dem Mann mit stechendem Blick in die Augen schaute: „Wenn du etwas von uns willst, dann sag es jetzt, ansonsten könnte ich ungemütlich werden!“ Zielstrebiges Klarstellen der Tatsachen war nicht untypisch für ihn, aber er handelte immer spontan und es gab Tage, da kugelte er gern mal den ein oder anderen Arm aus oder riss ihn gar ab. Sein eiskalter Blick, sein übermenschlich harter Griff und ein unglaublich gutes Einschätzungsvermögen machten ihn auf jeden Fall zu einem überlegenen Gegner, mit dem man sich nicht anlegen sollte. Aber der Typ schreckte nicht zusammen, sondern gab Makoto blitzschnell eine Kopfnuss. Makoto schrie nicht auf, taumelte nur etwas zurück und hielt sich in Folge die rechte Hand an den Kopf. Als er sich wieder gefangen hatte, nahm er sich die Entenbrust vom Teller des Mannes und schritt grinsend zu seinem Platz zurück. „Hä? Was war das denn?“, fragten Tokitoh und Jakuro fast gleichzeitig, die das Geschehen natürlich beobachtet haben und das Handeln des Braunhaarigen nicht ganz nachvollziehen konnten. „Wir brauchen uns keine weiteren Gedanken machen! …Der Mann ist blind!“, sagte Makoto und stellte seinen Teller an seinem Platz ab. „Was? Wie kommst du denn darauf? Er hat uns die ganze Zeit angestarrt!“, erwiderte Tokitoh mit einem ungläubigen Blick. „Er sah mich nicht an, seine Augen waren leer… nein, er nahm einen tiefen Atemzug bevor er zuschlug, deswegen war ich auch überrascht und konnte nicht rechtzeitig ausweichen!“ Makotos Schädel brummte noch, aber er hatte schon immer einen Eisenschädel, sowas steckte er locker weg. Jakuro schaute ihn ehrfürchtig an und schluckte. Er war vorher schon beeindruckt von ihm, aber langsam wurde der Brillenträger ihm doch etwas unheimlich. „Er ist bloß ein harmloser Flagellant!“, fügte Makoto hinzu und zerteilte den Ananasring in kleine Stückchen, von denen er Tokitoh auch gleich eins anbot. „Gern!“, sagte Tokitoh und Makoto steckte ihm das Stück vorsichtig in den Mund. „Geht’s noch?“, fragte Jakuro und schaute Tokitoh verständnislos an. Makoto grinste ihn neckisch von der Seite an, den Kopf noch zu Tokitoh gedreht. Tokitoh lächelte und schluckte das Stück Ananas runter. Dann kam Kazuo mit einer azurblauen Amphore an, in der haufenweise Glückskekse waren. Er hielt sie Makoto hin. „Hier, für unsere Gäste; die Wahrheitsquote ist beängstigend!“ Makoto griff sich einen und legte ihn unbeachtet hinter seinen Teller, der noch gut gefüllt war. Die meisten Anderen im Saal waren schon fertig mit essen und machten sich wieder an die Arbeit. Die Angestellten mussten alle bis in die Nacht arbeiten, durften dafür morgens ausschlafen. So hatte Kazuo die Arbeiter zufrieden stellen können und die Leistung etwas erhöht, da er eine Stunde weniger bezahlen musste, was ihm die Arbeiter aber trotzdem gut hießen, da sie immerhin ein demokratisches Wahlrecht innerhalb der ABG besaßen. Jakuro griff auch in die Amphore, die ihm Kazuo präsentativ hinhielt und nahm sich einen Keks von ganz unten. „Humbug!“, murmelte er extra laut, das Kazuo es auch mitbekam, aber der Blonde lächelte nur. Er bot ihm sogar noch Tabak und Blättchen an, die Jakuro dankend annahm. „Ich will auch einen!“, rief Tokitoh, der nach Sanzos unrühmlichen Abgang alleine auf der gegenüberliegenden Tischseite saß. Kazuo ging auf die andere Seite und stellte das schwere Tongefäß auf den Tisch. Tokitoh ließ seinen Arm in der großen Öffnung verschwinden und wühlte freudig in den Keksen rum, bis er sich einen packte und rauszog. Jakuro hatte seinen währenddessen gegessen. Er schaute sich den Zettel an und rümpfte die Nase. ~Deine Zukunft ist mies, denn du hast den richtigen Augenblick des Handelns verpasst~ „Hey!“, rief er missmutig und sah sofort nach links, zu Makoto. „Was ist?“ „Du bist Schuld! Weil du mich davon abgehalten hast das Büro vom Tojo-Clan hoch zu jagen, winkt mir jetzt ein schlechtes Leben!“ „Ich dachte, das wäre Humbug…!?“, meinte Makoto ruhig. Daraufhin drehte sich Jakuro beleidigt weg und zerriss den kleinen Zettel zu ein paar Papierfetzen, die er daraufhin in seine selbstgedrehte Zigarette stopfte. Ein wenig abstrakt und krumm sah der Glimmstängel sowieso aus, da er sich in den zwei Jahren Gefängnis überhaupt keine gedreht hatte. „Es bringt Unglück, wenn man seine Weissagung verbrennt!“, meinte Kazuo und lächelte ihn an. Jakuro schloss die Augen, streckte ihm die Zigarette hin und bat um Feuer. „Ignorant!“, mochte sich Kazuo jetzt denken, aber er kam der Bitte nach und holte ein Feuerzeug aus der Hosentasche, wobei er nach wie vor sein freundliches Lächeln behielt. „Hmm, bei mir steht nur irgendein unverständlicher Kram!“, sagte Tokitoh mürrisch und las laut den Inhalt seiner 'Weissagung' vor: ~Eine monotone Suche bringt Tristesse. Der Opponent gibt sich in falscher Eloge~ „Aah, du hast einen Hinweis erhalten, das kommt hin und wieder vor! Du musst ihn nur noch entschlüsseln!“, sagte Kazuo begeistert. „Eine Metapher, ist ganz einfach!“, entgegnete Makoto. „Eine Metapher? Was ist das denn?“, fragte Tokitoh. „Naja, eine Umschreibung für etwas…! Eine Bedeutungsübertragung!“ „Dann sag mal, was da umschrieben wird, ich habe keinen Schimmer davon!“ „Monoton heißt auch eintönig, das heißt, dass eine eintönige Suche Tristesse, also Traurigkeit bringt. In dem Fall wahrscheinlich schwermütige, melancholische Stimmung…!“ „Und was heißt das?“, bohrte Tokitoh weiter nach. „Das wir unser Vorgehen umstellen sollten!“, sagte Makoto. Ob er an Glückskeks-Weissagungen glaubte, war unklar, aber er schien nicht desinteressiert. Seinen eigenen Keks hatte er noch hinter seinem Teller liegen. Er nahm einen Löffel von seiner Amarena-Kirsch-Crème und erklärte weiter: „Also, zum zweiten Teil… der Opponent ist der ‚Gegenspieler’! Nicht unbedingt ein Feind, aber das wäre nicht auszuschließen. Eloge… sieht so aus, als würde uns mal wieder jemand in die Fänge gehen…!“ „Wieso?“, fragte Tokitoh neugierig. „Ich schätze, dass wir irgendeinen vom Tojo-Clan finden und der sich dann aus der Sache rausreden will… eine Eloge ist eine Lobesrede!“ „Hahaha, das sähe denen ähnlich!“, meinte Jakuro, der als Vize des Mizugi-Clans schon viel mit den Dealern des Tojo-Clans zutun gehabt hatte. „Und das ist auch wirklich wahr?“, fragte Tokitoh. „Wer weiß...?!“, meinte Kazuo lächelnd und trug die schwere Amphore zurück in den benachbarten dunklen Raum, aus dem er sie auch geholt hatte. „Nicht unbedingt!“, sagte Makoto und probierte sich jetzt an dem Knabbergebäck, welches er sich auf den Teller getan hatte. Makoto naschte gerne und war immer offen für etwas Neues. Auch diesmal lohnte es sich wieder, die Kekse mundeten ihm vorzüglich!“ „Delikat!“, sagte er zu Kazuo, der gerade wieder kam und nahm einen weiteren Keks in die Hand. „Ja, die sind von PRITZ, finde ich auch total lecker!“, bejahte Kazuo Makotos Aussage. Als Makoto schließlich aufgegessen hatte, nahm er seinen Glückskeks und gab ihn Kazuo wieder. „Tut mir leid, aber ich brauche keine Informationen oder Weissagungen!“ Kazuo schien damit gerechnet zu haben und empfand es auch nicht als unhöflich, sondern nahm den Keks wortlos zurück und lächelte freundlich. Schließlich gingen Jakuro, Tokitoh und Makoto, der den besoffenen Priester hinter sich herzog, dann auch nach oben. Kazuo zeigte ihnen die beiden Zimmer. Sie waren nicht gerade klein, man hätte locker vier Betten pro Zimmer haben können, aber Kazuo empfand es als besser, wenn sich wichtige Gäste auch wohl fühlten und Freiraum genießen konnten. Tokitoh sprang sofort auf ein Bett und knuddelte es ausgiebig, da es so einladend aussah. Weiche Matratzen, Daunendecken und Kissen aus Straußenfedern machten es aber auch zu einer beschaulichen und vor allem gemütlichen Schlafstätte. Die schönen Verzierungen an den Wänden taten ihr Übriges, dem Gast eine wundervolle Atmosphäre zu bescheren. „Schön! ...Sie scheinen viel Geld übrig zu haben!“, bemerkte Jakuro. „Nein, ich habe nur einige Gäste von höchster Priorität, die hier Sachen in die Reperatur geben, die woanders nicht repariert werden konnten. Wir sind bekannt für unsere Qualität! Wenn du hier keinen Erfolg hast, kannst du dein kaputtes Teil gleich wegwerfen!“ Jakuro schaute Kazuo ehrfurchtsvoll an. Er war noch sehr jung und hatte schon so einen geschäftlichen Erfolg…; wenn er da an sich dachte…; er musste immer stehlen, dealen und sich um Kohle prügeln, bis er mit 27 endlich den Job als Vize hatte. Mittlerweile war er 38 und hatte zwei lange Jahre im Gefängnis hinter sich. „Naja und diese Gäste wollen hier auch oft übernachten, weil sie meistens von weit her kommen! Ihr habt Glück, dass ich euch umsonst hier übernachten lasse! Aber stellt keinen Unsinn an, die kostbaren Ornamente sollten am besten heile bleiben!“, fügte Kazuo hinzu und zeigte auf eine chinesische Vase aus der Ming-Dynastie. „Naja, bei dem Priester mache ich mir schon Sorgen…!“, sagte Jakuro. „Deshalb wirst du ihn auch beschäftigen, bis wir wach sind!“, sagte Makoto schnippisch und ging zu Tokitoh ins Zimmer. Er lächelte dem Braunhaarigen noch einmal zu und sagte „Gute Nacht!“ zu Kazuo, dann schloss er die Tür. „Aber… aber… was soll denn das? Ich dachte, er pennt mit dem Priester in einem Zimmer?!“, meinte Jakuro und starrte mit offenem Mund auf die geschlossene Tür. „Hmm... sieh es doch so, er vertraut dir!“, sagte Kazuo und schob den weggetretenen Priester in sein Zimmer. Genjo fiel aufs Bett und man hörte direkt ein unregelmäßiges Schnarchen, da er auf dem Mund lag. Jakuro legte seine Tasche mit den Sprengköpfen ab und setzte sich auf das Bett, was noch übrig war. Sein Gesicht sprach Bände, das hatte er sich anders vorgestellt. Kazuo wünschte ihm eine gute Nacht und schloss die Tür von außen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)