Eien ni furu yuki ga aru nara… von Danisa (If there were an eternally falling snow…) ================================================================================ Kapitel 5: Göttlich nur zu zweit -------------------------------- T___T Es geht endlich weiter!! *sniff* ;_; Ich dacht schon das wird gar net mehr!! ^^! Ein großes Dankeschön an meine nunmehr vier Kommischreiber! *Crazy_Neko, Luminara und Lacus die Hand schüttel* ^__^) Hoffe ihr bleibt mir treu! xP So... let's go!! ---------- Kapitel 5 „Göttlich nur zu zweit“ „Könnte ich doch jenen Traum noch einmal träumen; ach, seit der Wunsch sich erstmals in mir regte, schlossen meine Augenlider sich nicht ein einziges Mal im Schlaf.“ (Murasaki, Shikibu: Die Geschichte vom Prinzen Genji, 1. Band. S. 67, Z. 28-30) Hikaru wusste nicht warum er immer noch ziellos durch die Straßen Tokios umherwanderte, doch er tat es einfach. Dieser Stadtteil war ihm weitestgehend unbekannt. Nach Minato kam er wirklich nur ein Mal im Jahr, und dann wirklich immer nur wegen Sai... Doch irgendwie hatte er heute irgendwie nicht das beißende Verlangen verspürt sich sofort in die nächst-beste U-Bahn zu setzen und sofort wieder nach Hause zu fahren. Vielmehr hatte er sich dafür entschloss zu laufen. Irgendwie fand er es auf einmal seltsam entspannend wenn er diese Straßen hier entlang ging; die kleine Kinder hier auf den Bürgersteigen sah, ihre kleinen Hände fest die ihrer Mütter umfassend, als sie lachten als sie und herumhüpften und ihre Mütter noch auf einen frühen Einkauf begleiteten. So sah das Bild Tokios jetzt fast überall zu dieser Stunde aus, da es wirklich vorwiegend nicht arbeitende Mütter und deren Kinder waren, die jetzt als einzige unterwegs waren, da ihre Väter wahrscheinlich irgendwo in der Stadt arbeiteten. Doch irgendwie, und der blonde Dan wusste nicht warum, fand er es seltsam beruhigend wenn immer seine grünen Augen eine solche Szene sahen. Und er musste sogar unbewusst lächeln, als er noch von weitem einen kleinen schwarzhaarigen Jungen hörte, etwa 4 Jahre alt, der seine Mutter gerade fragte, was das für seltsame schwarze Steine waren, die ein Mann gerade eben noch in einem Fernseher auf einen großen Holzklotz gesetzt hatte. Und Hikaru fragte sich unwillkürlich, ob der kleine Junge wohl irgendwann Go für sich entdecken würde von dem er gerade unbewusst so faszinierend sprach, und ob es wohl auch ein Teil seines Lebens werden würde, genauso wie es ein Teil von seinem geworden war. Doch letztendlich steckte er nur noch etwas tiefer die Hände in seine Taschen und ging weiter, den hellen Papierfächer in seiner Tasche mit seiner linken Hand leicht, jedoch immer noch sicher umfassend. Und ohne das er wusste warum, sah er noch einmal in den strahlenden, blauen Himmel direkt über sich, der immer noch vereinzelt zwischen den hohen gläsernen Wolkenkratzern sichtbar war, und er atmete ein Mal tief die leicht kühle Luft um sich herum ein. Doch irgendwie, so sehr er es auch versuchte, wollte die seltsame Schwere nicht einfach verschwinden die auf seiner Seele lastete. Genauso wie die kleine Übelkeit anhand der Dinge, die gerade erst wieder vor wenigen Minuten geschehen waren und an denen er schon wieder an diesem Tag teilgenommen hatte… Er wusste, die Anzeichen waren zu klein als dass irgendjemand anders sie bemerken konnte, und er maskierte sie gut... Doch allein das minimale Zittern seiner Hände konnte er niemals ganz verbergen wenn er an diesem Tag aus Minato kam, mit einem Blumenstrauß weniger, dessen Verschwinden er immer unfähig war den anderen wirklich plausibel zu erklären und er sich dagegen mit Stille umfing um an nichts anderes denken zu müssen... Und er umfasste den kleinen Papierfächer unbewusst noch etwas fester in seiner Hand, sodass seine Finger sich nun fest um das dünne Holz schlossen. Er sah auf den Boden, und er erinnerte sich an den Traum, vor nunmehr drei Jahren den er seltsamerweise seitdem nicht hatte vergessen können… und er lächelte. Er drückte den Fächer in seiner blauen Tasche noch fester an sich, als würde er in diesem Moment wirklich nicht lebloses Holz umfassen sondern die Hand eines Freundes, den er beruhigen wollte. Diese Hand jedoch dieses Mal seine eigene war… >Ich vermisse dich, mein Freund… Wirklich sehr…< dachte er innerlich. Und etwas Feuchtes prickelte auf einmal hinter seinen Augenlidern, doch er blinzelte es weg, nicht wollend, dass er jetzt Schwäche zeigte. Jetzt, wo er nicht mehr geweint hatte seit ganzen drei Jahren lang. Monate später nachdem Sai verschwunden war… Jetzt zu weinen würde ihn nicht wieder zurückbringen… Er war so absorbiert von seinen Gedanken, dass er so kaum Notiz von dem Verkehr und den Autos nahm die immer noch unmittelbar an ihm vorbeifuhren. Er hatte auch keinen Grund dazu. Sein Weg nach Hause war nun einen guten 3 Stunden-Marsch entfernt. Es war jedoch nicht eher, dass ein gelbes Taxi fast neben ihm in der Warteschlange einer Ampel hielt und jemand plötzlich daraus unvermittelt, fast erstaunt seinen Namen sagte, dass er aufhorchte. „Shindou-kun?“ Der blonde Dan blinzelte und sah auf, nur um Touya Meijin nur wenige Meter neben sich in einem Taxi sitzen zu sehen- das Fenster leicht heruntergekurbelt und dessen schwarze, Augen ihn nun über dem Glas her ansahen. Die große Gestalt und das markante, wenn auch gealterte Gesicht, mit den schon leicht ergrauten Strähnen, unverkennbar. Und unwillkürlich machte Hikarus Herz einen mächtigen, fast schmerzhaften Hüpfer. Es war nicht so, dass er Touya Meijin fürchtete. Oh nein… das war es ganz sicher nicht. Doch der schwarzhaarige Mann und ehemalige Meijin Japans hatte unbestritten eine Aura um sich herum, der Hikaru noch nie hatte konkret habhaft werden können, und die merkwürdigerweise die seltsame Eigenschaft hatte, ihn merkbar unruhig machen zu können… Selbst damals im Krankenhaus hatte er es gespürt, als der ältere Mann zwar geschwächt aber immer noch seltsam Kraft einheischend vor ihm im dagesessen hatte, nur knapp einen Tag nach einem Herzinfarkt und seiner lebensrettenden Operation. Es war auch nicht der Fakt, dass dies vor ihm gerade der Vater seines größten Rivalen war… Es war einfach nur, das er sich in der Gesellschaft dieses Mannes- des ehemaligen Meijins- immer seltsam unruhig fühlte… Wie als würde er auf etwas gucken- etwas was so groß und unerreichbar für ihn war- dass die bloße Präsenz des älteren Mannes allein schon etwas Mächtiges und seltsam Angsteinflößendes hatte; selbst wenn der ältere Mann sich offiziell völlig aus dem Go zurückgezogen hatte. Es war als hätte ihm der Teil von Sai, der- der noch immer in ihm verblieben war- ein Gespür dafür gegeben. Und er erkannte nun das Talent dieses Mannes vor sich, obwohl er nicht einmal gegen ihn spielte. Nur von dem bloßen Bild seiner Aura her. Und eben dieser Mann mit dieser seltsamen, starken Aura sah ihn immer noch ruhig an. Und Hikaru verbeugte sich fast automatisch, mehr aus Gewohnheit sich vor einem Titel-Spieler zu verneigen als wirklich bewusst vor dem ehemaligen Meijin Japans, doch er tat es nichts desto trotz- neigte seinen Kopf instinktiv auf die richtige, angemessene Tiefe bevor er den Namen des älteren Mannes sagte, um dessen Präsenz anzuerkennen, ohne dass er es wirklich bemerkte. „Touya Meijin-sensei.“ Der Mann vor ihm neigte ebenfalls leicht den Kopf, in einer milden Geste, wie es ebenfalls Etikette war, und fing letztendlich an, nach einigen Sekunden, in seinem beruhigenden Tenor zu sprechen. „Was machst du hier, Shindou-kun? Hattest du hier etwas zu erledigen?“ „I-Iie.“ Antwortete Hikaru zögernd und verbeugte sich noch ein Mal hastig nachdem er seinen Kopf wieder leicht gehoben hatte. „Ich war nur hier um… nachzudenken…“ gab er schließlich leise zu. Zu wenig als das es für den Meijin eine angemessene Erklärung hatte gewesen sein können, doch es schien seltsamerweise genug zu sein. Der Mann vor ihm blieb stumm. Ihnen blieb nicht viel Zeit. Das Auto stand immer noch vor einer roten Ampel und drohte jeden Moment wieder loszufahren, und doch sah ihn der Meijin immer noch an, mit keinerlei Eile in seinen schwarzen, aufmerksamen Augen. Nicht einmal mehr mit Überraschung wie er es noch ganz zum Anfang getan hatte. Doch schließlich murmelte er ein paar Worte die Hikarus Kopf unvorbereitet nach oben schnellen ließen. „Steig ein, Shindou-kun.“ Und Hikaru konnte bei diesen Worten nicht anders als aufzusehen, etwas auf seinem Gesicht das nahe an Schock grenzte, als er den Mann anblickte und nun sah, wie sich der Meijin wieder von ihm wegdrehte hatte und wieder ruhig nach vorne sah. Schließlich jedoch sah er wieder auf, und diese alten wie ruhigen, schwarzen Augen sahen erneut in seine und hielten die seinen fest. „Ich würde mich sehr freuen.“ sagte er schließlich langsam und in einem Tonfall über die Jahre, geübter Perfektion. „Ich nehme an, du bist auf deinem Heimweg. Dann haben wir das gleiche Ziel. Es wäre schön, wenn du mich nach Shibuya begleiten würdest.“ Dann sah der zurückgetretene Meijin wieder nach vorne und seine schwarzen Augen entzogen sich Hikarus Blick der immer noch wie festgefroren dastand. „Ich würde dich natürlich bei deinem Apartment absetzten lassen.“ Fügte er an. Hikaru hatte keine Wahl. Wollte er nicht unhöflich sein oder vor dem ehemaligen Meijin der Welt völlig respektlos erscheinen, musste er wohl oder übel zustimmen... Die Worte des dunkelhaarigen Mannes ließen ihm keine Option für eine andere Möglichkeit. Und er hatte das seltsame Gefühl, dass auch Touya Koyo sich dieser Tatsache bewusst war… Also stieg er schließlich ein, mit leicht abgewandtem Blick, in das Taxi, das- leicht ironischer und ungläubiger weise- immer noch an der gleichen roten Ampel stand, und nahm schließlich neben dem ehemaligen Meijin Japans auf der Rückbank platz. Und es schien als ständen seine Vorhaben an dem heutigen Tag in der Tat unter keinem guten Stern… Denn kaum hatte Hikaru die Tür hinter sich geschlossen, wechselte die Ampel auch schon von rot auf grün um und das Taxi fuhr weiter. Hätte er nur drei Sekunden mehr gezögert, hätte er es verpasst… Der schwarzhaarige, 17-jährige Dan, mit den blonden Strähnen saß nun still da, immer noch in seinem hellblauen Anzug, mit leicht abgewandtem Gesicht und sah aus dem Fenster. Das Sonnenlicht schien ihm wärmend ins Gesicht, und er spürte, dass auch der Mann neben ihm, ihn nicht ansah. Doch die Präsenz des Meijins war auf einmal so nah, dass das bereits genug war, sich ihr trotzdem schmerzhaft deutlich bewusst zu sein. Trotz alledem jedoch, hüllte sich Hikaru in dichtes Schweigen. Auch wenn er letztendlich der Bitte des Meijins nachgegeben hatte- so bemerkte er doch, dass er kein Verlangen hatte sich mit dem Mann neben sich auch nur in geringster weise zu unterhalten… Und seine Finger verkrampften sich unwillkürlich ineinander, die Hikaru- seit er in das Taxi gestiegen war- locker in seinem Schoß verschränkt hatte. Wusste man nicht was man sagen sollte, oder wie man reagieren sollte ohne beleidigend zu erscheinen, sagte man am besten gar nichts. Eine nützliche Lektion, die er- nach einigen Jahren mit älteren Go-Spielern- schnell gelernt hatte und die ihm nicht mehr so schwer fiel, wie es noch in seiner Linderzeit gewesen wäre. Ein Schweigen würde in den meisten Fällen weniger respektlos erscheinen als ein unüberlegtes Drauflos-Gerede. Meistens wurde es in der tat sogar als sehr respektvoll angesehen, dass man in der Gesellschaft eines älteren Mannes schwieg bis er den ersten Schritt zu einem Gespräch unternahm. Und auch wenn das gerade das Entferntest von Hikarus Gedanken war das man sich vorstellen konnte, fragte er sich doch… woher diese plötzliche Abneigung kam die ihn in der Nähe des Meijins plötzlich übermannte... Der Meijin hatte ihm nichts getan. Hikarus konnte zugeben, dass der Mann sogar recht nett gewesen war, die wenigen Male die er bis jetzt in seinem Leben Kontakt mit ihm gehabt hatte. Außerdem war er auch, die ganze Zeit hinweg, durchgehend freundlich gewesen als er selbst ihn dann auch noch unangemeldet nach seinem Herzstillstand im Krankenhaus besucht hatte. Etwas was nicht viele getan hätten, da er ganz eindeutig nicht zur Familie gehörte, und noch weniger zu den engsten Freunden. Trotzdem hatte der Meijin ihn empfangen. Es gab sogar mal eine Zeit- ganz am Anfang- als er den Mann, fast genau wie alle anderen, fast bewundert hatte… Warum also diese plötzliche Ablehnung und Abgeschiedenheit… *Es ist wegen Sai…* wisperte ihm eine Stimme zu. Eine allwissende. Und Hikaru schloss die Augen. Es war immer wegen Sai. Sai war der Grund dafür, als er das erste Mal gegen den Meijin gespielt hatte. Sai war der Grund, warum er ihn überhaupt bemerkt hatte. Sai war der Grund als er das erste Mal richtig einen Stein gelegt hatte. Sai war auch der Grund gewesen, warum er damals so schnell ins Krankenhaus geeilt war… Und wenn er darüber nachdachte, so wurde es ihm auch bewusst, warum er das hier tat… Dieser starke, aufrechte Mann, der nun gerade neben ihm saß, war der ewige, erhoffte Gegner von dem Geist gewesen. Sein Rivale, solange Hikaru Sai gekannt hatte. Sein ewiger Rivale… Und nun war der energetische Geist mit dem langen Haaren aus der alten Heian-Zeit, nicht mehr da…. Und er selbst saß auf dem Platz auf dem eigentlich Sai hatte sitzen sollen. Neben ihm. Neben dem größten Go-Spieler der Welt… Einen Schritt näher, wenn auch nur körperlich, an der Hand Gottes… Und Hikaru bemerkte, dass er sich selbst bestrafte. Vielleicht an einem anderen Tag hätte es ihm nichts ausgemacht, hätte er es unterdrücken können; doch nicht jetzt… nicht an diesem Tag… Er bestrafte sich selbst, weil er gerade neben dem größten Go-Spieler der Welt saß und Sai es niemals vermocht hatte. Wegen Umständen die fortwährend außerhalb seiner Macht gelegen hatten… Er hatte kein Recht darauf, hier zu sein. Und die Augen des 17-jährigen Dans sahen nun auf einmal auf den vorbei fliegenden Verkehr hinaus, ohne Fokus zu finden... Und eine seltsame Härte und Bitterkeit tauchte nun in ihren grünen Tiefen auf, bevor er sie schließlich letztendlich langsam vor der Welt schloss und seinen Kopf leicht, fast sanft, an die kühle Scheibe sinken ließ. Nein… Er hatte gar kein Recht darauf, hier zu sein. Alles was er getan hatte… Alles was er war… …war nur wegen… …Sai. „Shindou-kun…?“ Diese Stimme riss ihn unvermittelt aus seinen Gedanken. Und Hikarus grünen Augen sahen auf, unendlich langsam, nur um den dunklen Augen des Meijins zu begegnen, der ihn von der anderen Seite des Taxis her anblickte, während leichtes Sonnenlicht nun die feinen weißen Strähnchen in seinem dunklen Haar betonte. Und Hikaru ließ seinen Blick wieder sinken, kaum fähig diesen ruhigen, wie aufmerksamen schwarzen Augen für länger als nur einen Augenblick stand zu halten. Etwas kontrahierte in seiner Brust... Doch er konnte nicht sagen, was es war. „Ist alles in Ordnung, Shindou-kun?“ Hikaru nickte einfach. Wunderte sich nur, warum sich sein Kopf auf einmal so schwer anfühlte und brachte schließlich heraus: „Iie…daijobu…“ Seine Stimme war kaum über einem Flüstern. Der Meijin sah ihn immer noch an. Selbst von seinem Platz aus und mit abgewandtem Gesicht konnte Hikaru spüren wie diese ruhigen- wie scharfen, vom Go geprägten- Augen auf ihm lasteten- ihn schier zu durchdringen schienen. Und Hikaru tat das einzige was er darauf tun konnte. Er bewegte sich nicht, saß einfach nur still da und wartete darauf, dass etwas kommen würde. Denn das es das würde, dass war ihm nun klar, von dem Moment an, an dem er in dieses Auto gestiegen war. Und schließlich…wurde er auch nicht enttäuscht. Der Mann neben ihm fing schließlich, nach einigen Minuten Stille, langsam an zu sprechen, obwohl der blonde Mann spürte das sich sein Blick wieder von seiner Gestalt abgewandt hatte und er nun nach vorne sprach, mit Blick geradeaus. „Dōmo arigato gozaimasu… dass du mich begleitest, Shindou-kun.“ Hikaru nickte einfach. Nicht wissend, wie er anders hätte auf diese Worte reagieren sollen, und blieb weiter stumm. Seine grünen Augen sahen weiter auf den ewigen, an ihm vorbeiziehenden Verkehr hinaus, und er wusste, dass sie Minato nun schnell hinter sich ließen. Auch der Mann neben ihm blieb nun still. Er schien nach Worten zu suchen, wie er beginnen sollte. Doch zu Hikarus leiser, innerer Überraschung spiegelte sich nach einigen Minuten der Stille plötzlich ein kleines Lächeln auf den Lippen des alten Mannes im Spiegelbild wider, dessen Reflexion Hikaru nun in dem Glas vor sich sah. Und Hikaru sah, wie der dunkelhaarige, ehemalige Meijin Japans- der nun in seinem traditionellen Kimono neben ihm saß- nun in einer stillen, fast nachdenklichen Art auf seine Hände sah. Mit einem feinen, fast verschwindendem Lächeln auf seinem Gesicht, dass Hikaru noch nie zuvor gesehen hatte. „Ich hatte eigentlich vor dich zu fragen, was du hier getan hattest, Shindou-kun“, fing der dunkelhaarige Mann dann an, ohne ihn anzusehen. „und ob du es vielleicht schon geschafft hast gegen Akira zu gewinnen. Doch ich werde es nicht tun.“ Und der hoch gewachsene Mann, mit dem schon leicht ergrautem Haar, schloss jetzt seine Augen. „Denn es würde die wirkliche Frage, die ich dir stellen will, verbergen…“ schloss er leise murmelnd ab. Und schließlich sahen die diese klaren, dunklen Augen des Mannes neben ihm, wieder in seine. Oder besser gesagt in die Reflexion seines eigenen Spiegelbildes, dass auch der Meijin von seinem Platz aus deutlich sehen musste. Und plötzlich war eine Stählernheit in dem Blick des alten Meijins die Hikaru noch nie an ihm gesehen hatte … Noch niemals außerhalb eines Go-Spiels. Und Hikaru empfand sich auf einmal unfähig dazu, den Blick von diesen Augen abzuwenden die ihn durch das Glas der Scheibe plötzlich in einem seltsamen, dunklen Feuer fixierten, und deren Intensität er in dieser Art erst zwei Mal in seinem Leben kennen gelernt hatte… „Ich wollte dich eigentlich bitten“, fing der alte Mann dann an „ob du noch ein Mal ein Spiel zwischen mir und Sai organisieren könntest…“ Hikarus Innereien verkrampften sich augenblicklich bei der Erwähnung dieses Namens. Und auf einmal hatte er das plötzliche Gefühl nicht mehr atmen zu können... Er öffnete seinen Mund… doch nichts kam heraus. Er hatte vieles erwartet. Doch nicht das. Niemals das… Er war wie gelähmt. >Sai… … Er will mit dir spielen. Sai…< dachte er zusammenhangslos, fast wie betäubt. Gleichzeitig zu seiner Panik, stahl sich jetzt jedoch auch eine plötzliche, wie völlig unbestimmte, Wärme in seine Brust als er das hörte… Und Hikarus Augen spiegelten ebenfalls für den winzigsten Moment einer Sekunde- völlig unbewusst zu ihm- die kleinste Andeutung eines Lächelns wieder… Er war plötzlich… glücklich. Glücklich, dass sich der sehnliche Wunsch des Geistes, der ihn über zwei Jahre seines Lebens begleitet hatte, auf eine Art erfüllt hatte… >Er will noch ein Mal mit dir spielen, Sai… Er hat dich immer noch nicht ganz vergessen…< Gleich darauf, auf dieses unbestimmte Glücksgefühl, sank jedoch auch schon etwas in seinem Herzen wie ein Stein anhand der Gewissheit, dass es für Sai niemals mehr möglich sein würde mit dem Mann neben sich zu spielen... Und Hikaru wandte sich ab, noch weiter von dem Fenster weg, sodass selbst der Meijin nun sein Gesicht nicht mehr sehen konnte. „Es tut mir leid, Touya-san… aber das ist leider nicht möglich. Sumimasen…“ sagte er schließlich leise, mit der leichtesten Andeutung einer Verbeugung- nicht ganz vergessend zu wem er gerade sprach. Obwohl es wahrscheinlich keinen Unterschied mehr gemacht hätte, da er sein Gesicht gerade sowieso, so weit wie möglich von dem des Meijins abgewandt hatte. Touya Koyo sah ihn immer noch an -Hikaru spürte noch immer seinen Blick zwischen seinen Schulterblättern- bevor der Mann sich schließlich abwandte… Und auch wenn der 4. Dan den Meijin nicht sehen konnte, konnte er sich doch den Ausdruck plötzlich vorstellen der nun auf das Gesicht des Mannes getreten sein musste als er schließlich nun leise sagte: „So desu ne…“ Und etwas verkrampfte sich zum zweiten Mal an diesem Tag plötzlich überaus schmerzhaft in Hikarus Brust als er plötzlich diese seltsame Stimme hörte, die nun plötzlich ohne Ansatz jeglicher Stärke an sein Ohr drang. Und plötzlich traf es ihn, dass nicht nur er selbst um den Geist trauerte. Dass nicht nur er ihn vermisste. Touya Koyo vermisste ihn ebenso. Auf seine ganz eigene, wenn auch gleiche Art. Er vermisste den ebenwürdigen Gegner, der ihm nur für ein Spiel vergönnt gewesen war, und der wieder verschwunden war, wie ein kleines loses Blatt im Wind, das aber trotzdem seinen Abdruck im harten Boden hinterlassen hatte, und den der Meijin nun unmöglich war, zu vergessen. Und plötzlich, als Hikaru diese Erkenntnis traf, dass der Mann neben ihm seltsamerweise um die Person trauerte, gegen die er nur ein Mal in seinem Leben gespielt hatte… wollte er plötzlich etwas sagen... Irgendetwas. Irgendetwas um den alten Mann zu versichern, der auf einmal so seltsam normal, so überhaupt nicht mehr kraft einheischend und plötzlich still, neben ihm saß… Plötzlich war da kein Unbehagen mehr und kein leiser Selbsthass in jeder kleinen Faser seinem Herzen den er in der Präsenz von Touya Koyo noch verspürte… Nicht wenn er plötzlich bemerkte, dass der Mann neben ihm Sai auf eine besondere Art vermisste, genauso wie er. Und auf einmal verspürte Hikaru auf einmal den unwiderstehlichen Drang dem Mann neben sich, der immer noch so aufrecht neben ihm saß, alles zu erzählen… Warum es nicht ging. Warum es nicht möglich war... War es niemals mehr möglich sein konnte... Niemals mehr möglich sein würde… Doch er konnte nicht… Etwas in seinem Inneren hielt ihn davon ab, so stark das es schmerzte. Und die Worte blieben ihm im Hals stecken. Er schluckte, um seinen plötzlich trockenen Mund zu befeuchten und vielleicht sogar um etwas auf diese Worte zu erwidern, selbst wenn es nur ein erneutes, atemloses „Sumimasen…“ war. Doch der ehemalige Meijin gab ihm gar keine Chance irgendetwas darauf zu erwidern. Denn er sprach auch schon weiter. Und in der Reflexion seines Spiegelbildes sah Hikaru, dass der Mann ihn immer noch nicht ansah und seinen Blick stattdessen nach vorne, weiterhin auf die dunkle Lehne des Beifahrersitzes, gelenkt hatte. „Shindou-kun… Weißt du was Go so einzigartig macht? Was gleichzeitig seine Größte Stärke ist und auch gleichzeitig seine größte Schwäche…?“ Hikaru blieb stumm, nicht sicher was er darauf antworten sollte, was er davon halten sollte. Doch schließlich schien der schon leicht ergraute Mann auch gar keine Antwort zu erwarten, denn er sprach weiter. „Go ist ein Spiel, das man nur zu zweit spielen kann. Die Göttlichkeit- das was Go ausmacht- erreicht man nur mit einem Partner, der genau so ist wie man selbst, und dessen Geist und Stärke die Fähigkeit haben dich höher und höher tragen zu können, in perfekter Reziprokation zu einem Selbst. Dann, und nur dann, wird sich die Hand Gottes einem eröffnen...“ Hikaru lauschte den Worten des Meijins ohne etwas zu erwidern, ohne etwas darauf zu sagen, mit immer noch leicht zu Boden geneigtem Blick. Noch niemals hatte er den Mann so sprechen hören wie jetzt. Solch verwirrende, wie seltsam persönliche Worte… Er verstand was er meinte. Doch irgendwie kam er gleichzeitig auch nicht auf den genauen Sinn, was genau er damit sagen wollte… Plötzlich jedoch hatte der blonde Dan die leise Ahnung er sollte verstehen, was der Meijin damit meinte. Dass es irgendwie wichtig war… Doch Hikaru kam nicht darauf… und er blieb still. Es war der letzte Satz der für eine sehr lange Zeit gesprochen werden sollte, als sie ihren Weg durch Minato und schließlich durch Shibuya fortsetzten. Der ganze restliche Weg war in- wenn nicht unangenehmes- jedoch dichtes Schweigen gehüllt. Und als Hikaru schließlich keine 20 Minuten später schließlich langsam, vor seinem Apartmentblock, aus dem Taxi ausstieg war es gerade einmal 10 Uhr Vormittags und die Sonne schien ihm immer noch so hell und klar entgegen wie sie es schon getan hatte als er vor 30 Minuten in das gelbe Taxi hinter ihm eingestiegen war. Kaum aus dem Taxi heraus und auf dem Bürgersteig, drehte er sich noch einmal um und verbeugte sich vor dem Mann, der immer noch auf der Rückbank hinten im Wagen saß. „Vielen Dank, dass sie mich mitgenommen haben…“ Der Mann im Inneren neigte seinen Kopf als Anerkennung, ohne jedoch weiter eine Emotion auf seinem Gesicht zu verraten. „Dō itashimashite.“ Antworte er. Und Hikaru ließ leicht den Kopf hängen. „Iie… Ich sollte es sein der sich bedankt.“ Wobei er sich noch einmal tief verbeugte. „Dōmo arigato.“ Der Meijin nickte. Er war gerade dabei dem Taxifahrer die nächste Adresse anzugeben, doch er kam nicht ganz dazu, als Hikaru schließlich noch einmal langsam seinen Kopf hob und die Frage stellte, die ihm schon die ganzen letzten Minuten beschäftigt hatte und ihm nicht mehr aus dem Kopf gegangen war. „Sie beneiden Akira auf eine Art, nicht wahr?“ fragte er dann leise, und zwang sich nur unterschwellig dazu, Akira beim Vornahmen zu nennen und nicht „Touya“ um jede Verwechslung auszuschließen. Selbst wenn sie sich schon so lange kannten klang es immer noch ungewohnt in seinen Ohren, seinen Rivalen bei seinem Vorname zu nennen. Touya Koyo blieb stumm. Er war mitten in seinen Worten abgebrochen und sah ihn jetzt wieder an. Mit seinen schwarzen, durchdringenden Augen. Und Hikaru wusste nicht warum ihn dieser Blick auf einmal unsicher machte. Da war so viel in diesen Augen, die ihn gerade mustern- ein seltsamer Ausdruck in ihnen, den Hikaru nicht deuten konnte… Schließlich jedoch wandte sich der Meijin wieder ab, wieder mit einem kleinen, seltenen Lächeln auf seinen Lippen. „’Ich habe meinen Sohn nie beneidet“, fing er dann leise zu zitieren an. „’in jenem Moment, in dem auch ich mein Gegenstück gefunden hatte, genauso wie er…’“ Er ließ den Satz offen in der Luft hängen. Die überraschende Lapse ins Altjapanische(1) verwirrte Hikaru. Und er wusste, dass er den Mann gerade auf diese Worte hin ansah, mit einem Gesichtsausdruck, der offene Verwirrung widerspiegelte. Der Meijin musste es ebenfalls gesehen haben, denn er drehte sich weg. „Halte Akira gut fest, Shindou-kun.“, sagte er schließlich dann, ohne ihn anzusehen, ohne Hikarus eigene Verwirrung schier bemerkt zu haben. In seiner Stimme war ein vager Unterton den Hikaru nicht deuten konnte, auch wenn er immer noch ganz leicht lächelte... „Ich mag vielleicht der beste Go-Spieler der Welt sein… doch der, am nächsten zu der Hand Gottes… bin ich nicht.“ Hikaru blieb stumm - teils von Überraschung und teils von Schock auf diese Worte. Und teils, weil er nicht verstand... Doch er hatte keine Zeit sich noch darüber Gedanken zu machen. Er sah nun zu, wie der ehemalige Meijin Japans dem Taxiführer schließlich letztendlich seine Adresse nach Hause gab und sah schließlich zu, wie das gelbe Taxi wegfuhr, ohne dass sich der groß gewachsene Mann auf der Rückbank noch ein einziges Mal zu ihm umdrehte. Hikaru sah dem Taxi mit gemischten Gefühlen nach. So lange, bis es schließlich um eine Ecke bog und letztendlich endgültig aus seinem Blickfeld verschwand. Und noch lange stand der 4. Dan mit den blonden Strähnen danach bewegungslos da, im wärmenden Sonnenlicht während weiterhin alles still um ihn herum war, und wusste nicht, warum ihm die letzten Worte des Meijins nicht mehr aus dem Kopf gingen… Touya Koyo war wieder einmal so schnell aus seinem Leben verschwunden wie er es auch betreten hatte... Und seltsamerweise hatte Hikaru auf einmal das distinktive Gefühl in seinem Herzen, das- wenn die Umstände heute nur anders gewesen wären - er sich wahrscheinlich gerne noch weiter mit dem alten Mann unterhalten hätte... Eines jedoch war sicher. Ihr kurzes Treffen hatte ihn, ganz ohne Zweifel, mit genügend Stoff zum Nachdenken für die nächsten Tage zurückgelassen… *** 1) Im Adel des alten Japan wurde nur in Gedichtform gesprochen. Dadurch hat sich der Adel im besonderen Maße von den Bauern abgegrenzt. Je geschmackvoller und stilvoller die Antwort, je höher stand der Mann im Rang. Denn, je höher der Status des Mannes war, desto größer war auch seine Bildung und das Repertoire von Gedichten und Zitaten mit denen er antworten konnte. „Die Geschichte des Prinzen Genji“ ist genauso geschrieben. ^^ Alle Figuren in diesem Buch reden nur in Metaphern. Und da wir uns vorstellen, dass die ganze Szene hier immer noch in Tokio stattfindet ist es nur klar, dass sie auch japanisch sprechen. Es ist durchaus heute noch nicht unüblich, etwas Gedichthaftes im Monolog zu haben; es signalisiert im heutigen Japan immer noch Status, Finesse und Ansehen. *** Dōmo arigato gozaimasu: Danke (sehr höflich und formell) Sumimasen: (hier) Es tut mir leid So desu ne…: Ich verstehe… Dō itashimashite: Gern Geschehen (aber ich bevorzuge die englische Version „You’re welcome“ ^-^) Dōmo arigato: Danke (etwas weniger formell als oben, aber immer noch höflich ^^) ---------- Ich weiß, dass Kapitel sagt so gut wie nix aus ^^! aber irgendwie fand ich es wichtig auch Touya Koyo mit reinzubringen, ich hoffe ihr werdet bald verstehen warum, das hat alles schon irgendwie Sinn bei mir. ^_^ Sonst hoffe ich, dass Kapitel hat euch gefallen, es war das längste bis jetzt(!) und ist mir wahnsinnig schwer gefallen... T___T Naja! ^-^ Hoffe ihr hinterlasst ein Kommi. Noch 1 Kapitel glaube ich, und dann kommt Sai zurück... ... >___< XP Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)