Machst du, dass die Sonne wieder scheint? von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Machst du, dass die Sonne wieder scheint? Früher habe ich nie wirklich über Sachen nachgedacht für die ich mich entschieden oder die ich getan habe. Ich habe nie über die möglichen Folgen meiner Entscheidungen nachgedacht. Aber woher soll man wissen, was richtig ist? Und wer sollte es einem sagen? Wieso nimmt einem niemand diese Last ab zu entscheiden ob man etwas tun sollte oder nicht? Und wer sagt einem ob etwas richtig oder falsch ist? Es kann so viel abhängen von einer einzigen, winzigen Entscheidung und sie kann so viel verändern. So eine winzige Entscheidung war bei mir in den Wehrdienst einzutreten und dann nach Vietnam beordert zu werden. Diese Entscheidung hatte mein Leben vollkommen auf den Kopf gestellt und schwerwiegende Probleme mit sich gebracht. Schließlich saß ich in dem Kampfflieger nach Vietnam. Ich wusste nicht, was mich dort erwarten und ob ich je wieder zurückkehren würde, doch das war mir eigentlich auch egal, denn ich hatte eh alles verloren was mir lieb war. Meine Frau und mein Kind. Ich versuchte meine Gehdanken zu verdrängen und den Schmerz, von dem ich erfüllt war, zu unterdrücken. Aus den Lautsprechern ertönte die Stimme des Piloten der verkündete, dass wir unser Ziel, Menkong Delta, in Kürze erreichen würden. Mein Blick fiel auf meine schweißnassen Hände, die sich in das Sitzpolster krallten. Ich blickte mich um uns sah wie sich Nervosität und Ungewissheit auf den Gesichtern meiner Einsatzkameraden widerspiegelten. Ich wandte mich ab und starrte wieder scheinbar desinteressiert aus dem Fenster. Unter uns erstreckte sich eine zerstörte Landschaft. Wo sich scheinbar ehemals Felder erstreckt hatten, war nur noch verbrannter brauner Boden zu erkennen, auf dem keine Pflanzen mehr gedeihen konnten. Genauso sah es in meinem Inneren aus dachte ich verbittert. Alles zerstört, leer und tot. Langsam setzte die Maschine zur Landung an und die Räder berührten die holprige Bahn. Solch eine zerstörte Landebahn gibt es in Amerika sicherlich nicht, sie wäre schon längst geschlossen worden. Zu unserem Glück hatten wir einen guten Piloten, denn nicht jeder hätte die Maschine auf so einer Landebahn gerade halten können. Endlich öffneten sich die Türen des Fliegers und wir traten in die sengende Hitze Vietnams. Die schweren Kampfanzüge lagen uns wie Bleigewichte auf den Schultern und die stählernen Helme beeinträchtigten unsere Sicht erheblich. Trotz dieser Schwierigkeiten machten wir uns sofort auf, um in unser Übungslager zu marschieren. Dort trainierten wir eine Woche lang, um mit den extremen Bedingungen wie der Hitze zurecht zu kommen und unsere Fähigkeiten zu steigern. Bald darauf konnten wir endlich zu unserem ersten Einsatzort gefahren werden. Das Training war hart, doch ich glaubte, dass das was uns nun erwartete noch um einiges heftiger werden würde. Eigentlich hätte mich dieses Schauspiel vollkommen aus der Fassung bringen müssen. Überall in dem gesamten Gebiet herrschte der Tod. Leichen lagen verstreut herum und wurden von unseren Männern zu kleinen Haufen gestapelt. Einzelne zerstörte Häuser, die alleine in der Einöde herumstanden. Ein schreckliches Bild, doch irgendwie konnte es mich nicht wirklich erreichen. Ich fühle mich kaltherzig, doch konnte ich gegen dieses Gefühl nicht das geringste tun. Ich war viel zu viel mit mir selbst beschäftigt und mit dem was sich vor meiner Reise ereignete. Ich wollte es nicht wahrhaben, aber es setzte mir mehr zu, als ich erwartet hatte und zugeben wollte. Es war ja auch verständlich, denn wer könnte schon einfach über die Trennung von geliebten Menschen hinwegsehen. Doch weiter konnte ich nicht nachdenken, denn schon hielten die großen tarnfarbenen Kampffahrzeuge , in denen wir saßen, an unserem Hauptlager an. Unsere Truppe stieg aus und stellte sich in einer Reihe vor dem Fahrzeug auf. Der Sergeant stellte sich vor uns und orderte an, die Waffen zu präsentieren. Also hoben wir allesamt unsere stählernen, schweren, großkalibrigen Gewehre an und legten sie wie befohlen an die Schulter. Ich hatte Respekt vor diesen Teilen. Natürlich hatte ich im voraus schon eine Menge Schusstraining hinter mir, doch ich war mir immer noch nicht sicher, ob ich mit diesem Teil umgehen könnte. Endlich durften wir uns rühren. Nun war es an der Zeit für den Sergeant uns in kleine Trupps einzuteilen. Zu sechst bezogen wir dann unsere Zelte. Es war anders als erwartet. Ich dachte eigentlich, dass man in riesigen Zelten mit der ganzen Truppe übernachten würde, doch anscheinend hatte ich mich da wohl geirrt. Endlich kamen wir an unserem Zelt an. Ich hatte Glück. Meine Kameraden schienen nett zu sein. Doch eigentlich war es ja auch egal ob sie nett waren oder nicht, schließlich waren sie ja hier um Krieg zu führen. Ich öffnete das dunkelgrüne Zelt und trat ein. Mir war schon vorher klar, dass ich kein fünf Sterne Hotelzimmer erwarten würde, doch so karge hatte ich es mir auch wieder nicht vorgestellt. Es waren lediglich sechs Liegen im Zelt. Keine Kissen, kein gar nichts. Nur eine alte braun-graue Decke, die auf den Liegen lag. Ich musste mich erste einmal setzten. Leicht erschöpft von der Hitze versuchte ich meinen zwanzig Kilo Rucksack von meinen Schultern zu bekommen. Nach einigem Probieren gelang mir dies auch, doch durch die Kugelweste und die ohnehin schon viel zu schweren Kampfanzüge wurde einem die ganze Sache nicht unbedingt erleichtert. Ich musste jedoch zugeben, durch diese Anzüge bekam ich ein Gefühl der Unbesiegbarkeit, die mir recht gut tat. Ich fühlte mich stark und auch bereit in den Kampf zu ziehen. Ich hatte ja nichts mehr zu verlieren. Außer mein Leben, doch dieses schien mir nicht mehr als wichtig. Es war mir egal. Nach einiger Zeit, in der ich in mich gekehrt dasaß und die anderen ausgepackt hatten, merkte ich wie sich jemand neben mich gesetzt hatte. Es war Brandon Charg, wie ich auf seinem goldenen Namenschild, das wir alle auf unseren Anzügen hatten, lesen konnte. „Na? Geht’s dir nicht gut? ... Familie?“, fragte er mich. Damit hatte er mich getroffen. Ich redete nicht gerne darüber. Also beschloss ich einfach kurz und knapp zu antworten: „Nein ... nicht mehr“ Die letzten Worte waren mehr geflüstert, weil sie Brandon nicht unbedingt galten. Sie galten niemanden. Nicht mal mir selbst. Aber ich sagte sie und es erweckte erneut Trauer in mir. Meine Familie, dachte ich mir nur, als ich plötzlich eine Hand auf den Rücken spürte. Ich schreckte auf. Brandon hatte gemerkt wie ich so teilnahmslos dasaß und ergriff erneut das Wort: „Naja, wie auch immer ... es geht mich ja nichts an ... ich bin jedenfalls Brandon Charg.“ Er reichte mit seine Hand. Ich nahm dankend an und schüttelte sie. „Lorenor Blake.“, gab ich knapp zurück. Er lächelte mich an. Mir war es rätselhaft wie er es schaffte in solch einer Situation, in der wir alle momentan steckten, so ausgelassen und locker zu bleiben. Hatte er den Ernst der Lage etwa noch nicht erkannt? Hatte er noch nicht bemerkt, dass er hier war um andere Menschen zu töten? Ich war es. Und trotzdem. Mir war es egal. Ich konnte einfach kein Mitleid für die anderen Menschen empfinden. Ich fragte mich langsam schon, ob ich überhaupt ein Mensch war. Ich war nicht in der Lage klar zu denken. Bekam Depressionen, versank im Selbstmitleid. Doch war ich ja eigentlich selber schuld. Dies wurde mir allmählich klar. Ich hatte diese Entscheidung alleine getroffen. Und die Konsequenz daraus hatte ich ja bereits erfahren. Aber musste ich denn gerade damit bestraft werden? Da war es wieder. Dieses elende Selbstmitleid. Ich versuchte krampfhaft es auszuschalten, doch gelang es mir einfach nicht. Ich konnte es nicht, egal wie sehr ich es doch versuche. ----------------------------------------------------------------------------- so, dass war dann da erste kapitel...hoffen es gefällt euch, kommentare sind natürlich immer erwünscht^^ die ff ist übrigens in der deutschstunde entstanden...eigentlich sollte jede gruppe nur ungefähr eine seite schreiben....jah, bei uns sind es dann irgendwie doch 14 geworden^///^ Kapitel 2: ----------- Nächster Tag: 1.Einsatz Heute war es endlich so weit. Mein erster Einsatz. Ich war aufgeregt und nervös. Noch mehr als bei meiner Hochzeit. Dieser Gedanke schon wieder. Mit einem mal kam wieder eine gewisse Wut und Enttäuschung in mir hoch. Doch ich empfand sie seltsam angenehm. Das machte mir selbst Angst. Ich versuchte jegliche Gefühle in mir zu unterdrücken. Doch war eine gewisse Wut jetzt nicht gerade angebracht, um diesen Krieg ohne verrückt zu werden zu überstehen? Ich versuchte jedoch nicht mehr viel darüber nachzudenken und mich erst einmal aus das zu konzentrieren, was uns unser Offizier sagte. Nachdem er alle Informationen, die für unseren Einsatz wichtig waren, bekannt gegeben hatte machten wir uns zu Fuß auf den Weg. Nun waren alle Trupps wieder vereint. Ich lief neben Brandon und meinen anderen Zeltkameraden. Ich hatte mich gestern gleich schlafen gelegt um für den heutigen Tag ausgeschlafen zu sein, sodass ich mich ihnen nur kurz mit Namen vorgestellt hatte. Im Laufschritt ging es einige Kilometer südwärts des Lagers. Je näher wir unserem Ziel kamen, desto klarer wurde mir, dass dieser Einsatz sicher mehrere Leben kosten würde. Denn wenn ich mich so umsah konnte man nur zerstörte Häuser und leere Patronenhülsen finden. Vereinzelt sogar Leichen. Ich versuchte nicht hinzusehen um nicht irgendwelchen Schuldgefühlen zu verfallen oder gar Mitleid zu entwickeln. Denn dann, glaubte ich, würde ich in diesem Krieg nicht überleben und an ihm kaputt gehen. Mein Anzug wurde immer leichter. Anfangs hatte ich sehr große Probleme mit ihm gehabt, da ich mich in ihm kaum bewegen konnte doch nun, da wir schon eine Weile liefen wurde es immer besser. Ich dachte noch einmal an den heutigen Morgen zurück als ich mich umzog: Ich nahm meine Kugelweste und starrte sie lange an. Sollte das eine Art Schutzengel für mich sein? Doch ich glaubte wenn man eine Kugelweste Schutzengeln gleichsetzt würde, würde dies schon an Gotteslästerung grenzen. Also verwarf ich dies schnell wieder und schnallte sie mir um. Ich spürte wie mein Brustkorb beim Atmen gegen die Weste presste. Ich zog sie fest zu. Die Gefühle, die ich dabei hatte, konnte ich nicht beschreiben. Ich wusste nicht welche es waren, ich wusste nur, dass sie da waren. Langsam näherten wir uns unserem Ziel. Der Boden wurde immer staubiger die Sonne unerträglicher. Wir hatten für heute den Auftrag ein Dorf anzugreifen. Warum wurde uns nicht gesagt, nur das wir es tun sollten. Endlich konnte ich das Dorf aus der Ferne erkennen. Aber als Dorf hätte ich es nicht angesehen. Von weitem konnte man die Wellblechdächer erkennen, die in de Sonne blitzten. Vereinzelt konnte man auch Steinhäuser erkennen, die rissig braun etwas aus der Dorfmitte herauslugten. Rund um das Dorf konnte man eine Art Schutzmauer erkennen, die höchstwahrscheinlich wegen dem Krieg angelegt worden war, denn sie sah ziemlich neu aus. Der Offizier Pfiff durch seine Finger. Wir wussten was das bedeutete. Wir mussten in unseren Trupps zusammenkommen. Dann pfiff er erneut und streckte seine Hand Richtung Dorf. Wir sollten stürmen. Wir hatten gestern noch einmal den genauen Plan durchgesprochen, sodass jeder wusste wo, wie und wann er angreifen musste. Wir machten uns bereit und zückten unsere geladenen Waffen. Mein Trupp wurde für die Nachhut eingeteilt. Eigentlich hatte ich mir gewünscht an der vordersten Front mitzukämpfen, doch ich schluckte meinen Ärger herunter und beschwerte mich nicht. Ich konnte zwar nicht über die Schutzmauer schauen, da ich auf meinen Einsatz warten musste, doch wurde mir schon durch zuhören klar, was auf der anderen Seite vor sich ging. Ich hörte die Todesschreie der Menschen, die sich erbittert bekämpften. Nach Minuten, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen, war meine Truppe endlich an der Reihe dazu zustoßen. Als erster erklomm ich die Mauer und suchte fieberhaft nach einem guten Platz zum runter klettern. Mir fiel ein, dass ich derzeit ein gutes Ziel für die Schusswaffen meiner Feinde bot. Geduckt lief ich weiter. Verdammt, wo waren nur die anderen hin? Ich hätte besser aufpassen sollen. Bloß nicht stehen bleiben, redete ich mir ein. Plötzlich sah ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Erschrocken fuhr ich herum und sah einen vietnamesischen Soldaten in einer zerschlissenen Rüstung an eine Hauswand gepresst stehen. Er richtete sofort seine Waffe auf mich. Mein Herz schien einen Augenblick lang auszusetzen und ich dachte das war das Ende. Trotzdem lief ich unbeirrt weiter, denn etwas in mir wehrte sich dagegen den Tod einfach so zu akzeptieren. Ich hörte einen ohrenbetäubenden Knall und spürte wie die Mauer unter mir von der Kugel getroffen wurde und zerbarst. Dadurch verlor ich den Boden unter den Füßen und stürzte in einem Hagel aus Steinsplittern auf den Boden. Sofort sprang ich wieder auf die Beine und griff nach meiner Waffe, die ich zum überklettern der Mauer auf den Rücken geschnallt hatte. Ich stand meinem Gegner gegenüber und feuerte ohne groß nachzudenken ab, während er noch nachladen wollte. Der Rückstoß ließ mich nach hinten taumeln, dennoch beobachtete ich meine Kugel, die seine Schutzweste durchschlug und sein Blut hinter ihm an die Wand spritzte. Der Vietnamese stieß ein Keuchen aus und starrte mich aus weit aufgerissenen Augen an, als könnte er nicht fassen, was ich ihm gerade angetan hatte. Er stammelte irgend etwas in seiner Heimatsprache, was ich nicht verstand, rutschte an der Wand hinunter, sodass sein Blut ein abstraktes Muster an der Wand hinterließ und fiel schließlich nach vorne. Ich hatte meinen ersten Menschen getötet und ich wusste es würde nicht der letzte sein. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ ja wo wir jetzt hier gerade mal zu wort kommen....*räusper* wollten wir werbung machen für den Muhahahahahahaha Zirkel (in dem wir natürlich sind^^)http://animexx.4players.de/community.php/Tekken4-ever/ wir haben da nämlich einen rollenspiel-thread über one piece, in dem noch einige rollen zu vergeben sind. wenn ihr interessiert seid könnt euch per ens bei uns melden^^ wir sind übrigens auch nicht abgeneigt, noch einen neuen rs-thread zu eröffnen^o^ Kapitel 3: ----------- Ich verbannte jegliches Mitleid aus meinem Herzen und stieg achtlos über die Leiche und die Blutlache die sich unter ihr gebildet hatte hinweg, um mich endlich ins Kampfgetümmel zu stürzen und für einem Moment alles zu vergessen, was ich aufgegeben hatte um hier zu sein. Was danach geschah nahm ich nur noch wie einen bösen Traum war. Ich konnte mich an so gut wie nichts mehr erinnern, nur noch wie ich von einer ungeheuren Wut und Aggressivität gepackt worden war und mich in das Geschehen stürzte. Es war für mich wie ein Erwachen, als ich merkte wie mein Magazin leer war. Schweratmend blickte ich mich um, doch sah ich niemanden auf meiner Augenhöhe. Verwirrt machte ich einen Schritt zurück. Ich merkte wie ich auf etwas drauftrat. Ich hob meinen Springerstiefel und hob es auf. Es war eine Patronenhülse. Ich betrachtete diese genauer und erschrak, als ich die Markierung erkannte. Ich ließ die Hülse fallen und mein Atem ging um einiges schneller. In Panik wandte ich mich in alle Richtungen und sah mich um. Um mich herum lagen nur Leichen. Alle Viere von sich gestreckt, liegend in ihrem eigenem Blut. Ich wollte nicht glauben, dass ich diese Menschen umgebracht hatte. Ich blickte auf den Lauf meines Gewehres. Bin ich es wirklich gewesen? Zögernd berührte ich den Lauf doch schreckte sofort wieder zurück, denn ich verbrannte mich daran. Das war der eindeutige Beweis, ich bin es gewesen, der diese Menschen um mich herum umgebracht hatte. Geschockt sah ich auf meine Hand, an der nun kleine Brandblasen bildeten. Ärgerlich schüttelte ich den Kopf. Ich hatte keine Schuld an dem Geschehenem, redete ich mir wieder und wieder ein. Was sollte ich auch tun? Es war schließlich praktisch meine Pflicht meine gefallenen Kameraden zu rächen. Auch unser oberster Offizier hat uns in diesem Glauben immer wieder bestätigt und ich ließ mir damals nur zu gerne einreden, dass ich für all die Zerstörung nichts konnte. Tief in mir wusste ich, dass ich sehr wohl mitschuldig war, doch ich ließ dieses Wissen einfach nicht an mich herankommen. Ich wollte es einfach nicht wahr haben. Einerseits war ich froh, dass mich meine Gefühle nicht überrannten, doch gleichzeitig hasste ich mich für meine Kaltherzigkeit. Schnell kehrte ich dem Ort des Schreckens den Rücken zu und ging langsam auf das Tor zu. Zwar hatte ich noch nicht weiter nach Überlebenden gesucht, doch etwas in mir wollte einfach nur weg. Ich hatte das Bedürfnis zu rennen. Immer schneller und schneller und alles hinter mir zu lassen. Meine unterdrückten Schuldgefühle und vor allem meine Vergangenheit. Vor meinem inneren Auge spielte sich alles noch einmal ab. Ich hatte gerade meiner Frau Nami berichtet, dass ich vor hatte zum Wehrdienst zu gehen. Innerlich war ich von Stolz und Vorfreude erfüllt, wie einem in den Filmen immer vorgemacht worden war. Natürlich hatte ich nicht damit gerechnet, dass ich ihr damit eine große Freude machen würde, doch ich hatte angenommen sie sei eben so stolz auf mich, wie ich mich momentan gefühlt hatte. Doch das Gegenteil war der Fall. Zuerst schaute sie mich nur mit großen Augen an, die sich mit Tränen füllten, doch dann brach es aus ihr raus wie eine Flutwelle. Sie flehte mich an es nicht zu tun und als das nicht funktionierte fing sie an zu schreien und zu weinen. Ich wollte Nami in den Arm nehmen und trösten, doch sie stieß mich von ihr weg und sagte leise mit großer Bitterkeit in der Stimme: "Was ist wenn du nicht zurückkommst? Du weißt genau das mein Vater im Krieg sterben musste und nun willst du mir das noch einmal antun? Noch einmal ertrage ich das nicht! Und selbst wenn du zurückkommst, der Krieg verändert die Menschen und ihre Sichtweise, du wirst nie wieder der Lorenor sein, den ich in Erinnerung hatte. Und was ist mit unserer Tochter? Was soll ich ihr sagen wenn sie fragt wo du bist?" ihre Stimme zitterte als sie fortfuhr. "Soll ich ihr sagen, dass ihr Vater in Vietnam ist und unschuldige Zivilisten grausam ermordet? Und das nur weil sein Vaterland und seine verdammte Ehre das von ihm verlangen?" Schluchzend verbarg Nami das Gesicht in den Händen. So aufgebracht hatte ich sie noch nie gesehen. Ich fühlte mich hilflos Angesicht ihres Ausbruches. Tröstend legte ich ihr meine Hand auf den Rücken und sagte beruhigend: "Es wird ja nicht für lange sein. Ich werde bestimmt zurückkommen. aber verstehst du, mein Vater ist auch in den Krieg gezogen und heil zurückgekommen, er wird mich als Feigling hinstellen, wenn ich es nicht auch tue." "Lieber ein Feigling als tot." erwiderte meine Frau aufbrausend "Du wirst dich entscheiden müssen, entweder deine Ehre oder ich!" "Na gut" schrie ich sie an "Dann ziehe ich meine Ehre vor." Damit schien Nami nicht gerechnet zu haben, denn sie starrte mich kurz fassungslos an und rastete dann vollkommen aus. Sie verpasste mir eine Ohrfeige und schrie: "Na dann geh doch im Namen deines Landes Unschuldige Menschen töten, aber wenn du dich dafür entscheidest, hast du hier nichts mehr zu suchen! Ich will dich nie mehr wiedersehen. Hast du verstanden? Nie wieder!!!" Ich war so wütend wie noch nie und rannte regelrecht in unser Schlafzimmer um meine Sachen zu packen. Geräuschvoll schloss ich meinen Koffer und schleifte ihn in den Flur. Ich hörte immer noch Namis Schluchzen. Eigentlich wollte ich zu ihr gehen und ihr sagen, dass es mir Leid tat, doch ich konnte nicht,. Es war meine Entscheidung zum Wehrdienst zu gehen und da ich mich schon angemeldet hatte konnte ich es auch nicht mehr rückgängig machen. Ich zog meine Jacke an und hörte das Tapsen nackter Füße auf dem Fliesenboden. Es war meine Tochter. Becky. Wir sahen uns an. Eine einzelne Träne lief über ihre Wange und tropfte auf den Boden. Stille. Ich knöpfte langsam meine Jacke zu und wich ihrem Blick aus, schließlich fragte mich Becky mit leiser Stimme: "Papa, kommst du zurück?" Ängstlich schielte sie auf meinen gepackten Koffer und ihre Augen sahen mit einem mal anders aus als sonst. Dunkler und Trauriger. Mir war klar, dass sie alles mit angehört hatte. Ich kniete mich vor sie und sagte sanft: "Ich komme zurück, ich verspreche es mein Schatz." Ich drückte meine Tochter ein letztes mal an mich und raunte ihr ins Ohr: "Bitte pass gut auf deine Mama auf und sag ihr, dass ich sie liebe." Ich konnte dieses Erlebnis einfach nicht vergessen, es verfolgte mich wie ein böser Schatten, den ich nicht los wurde. Vor dem nun zerstörten Dorf entdeckte ich den Rest meines Trupps, der zum glück vollständig war. doch wie lange noch? Mittlerweile schien meine Ausrüstung Zentner zu wiegen und ich sehnte den Augenblick herbei, an dem ich sie ablegen konnte. Müde rieb ich mir die tränenden, von der Sonne geblendeten Augen. Brandon kam gleich auf mich zu und klopfte mir freundschaftlich auf den Rücken. Endlich bekamen wir den herbeigesehnten Befehl unseres Kommandanten zum Lager zurückzukehren, was wir auch sofort ausführten. Kapitel 4: ----------- Einige Wochen später: Vorsichtig nährten wir uns unserem nächstes Ziel. Ein kleines Dorf, das zwar keine Bedrohung für irgendeine Rebellion darstellte, aber dennoch ausgelöscht werden sollte. Ich hatte es aufgeben den Sinn in der Abschlachtung harmloser Bauern zu suchen, denn es gab ihn nicht. Doch ein Befehl war ein Befehl und er musste ausgeführt werden, ob wir wollten oder nicht. Und was sollte mich das auch kümmern? Ich signalisierte Brandon, dass ich bereit war und er gab das Zeichen weiter an den Rest unserer Truppe weiter. Brandon und ich hatten uns inzwischen angefreundet. Ihm war aufgefallen, wie sehr mich meine Vergangenheit belastete und er versuchte mir zu helfen. Er war der einzige mit dem ich darüber sprechen konnte und ich hatte Angst, dass sich das ändern könnte, dass Brandon stirbt und ich noch einsamer als zuvor werde würde. Nun konnte ich Nami zum ersten mal wirklich verstehen, doch was nützte das? Ich schüttelte den Gedanken ab und wartete auf das Zeichen zum Angriff. Als dies endlich kam, griffen wir an. Es war wie immer. Nichts anderes als ein Job, den man ausführt. Ohne mit der Wimper zu zucken entsicherte ich meine Waffe und löschte das erste Leben aus, das mir über den Weg lief. Ich wütete wie ein Todesengel und metzelte die Leute nieder, bloß weil es mein Befehl war. Es war nichts ehrenhaftes daran, nicht das, für das ich in den Krieg gezogen war, doch was sollte ich mich beschweren? es würde mir nur Probleme bereiten. Als die letzten Schreie der Bewohner verstummt waren durchsuchten wir die Häuser nach Überlebenden, die sich irgendwo versteckt haben könnten. Schleichend begab ich mich in ein Haus. Ich erwartete, vielleicht dem Feind zu begegnen, also lege ich meine Waffe an und machte mich weiter auf den Weg durch die Räume. Ich versuchte so leise wie möglich zu sein, um nicht gehört zu werden, falls dieses Haus ein Falle darstellen sollte. Plötzlich hörte ich etwas. Ich war gerade durch den langen verstaubten Flur gegangen, als ich aufhorchte. Ich konnte noch nicht sagen was ich da hörte, nur das ich es hörte. Ich wollte und musste einfach herausfinden was dort war. War es ein Vietnamese, so müsste ich in umbringen, dache ich mir und machte mich schon dazu bereit, dieses etwas was ich dort hörte zu erlegen. So leise wie möglich versuchte ich das Geräusch zu orten. Es kam aus einem der hinteren Zimmer. Alle Türen waren geschlossen bis auf eine. Es war die letzte auf der linken Seite. Ich schlich mich an. Langsam öffnete ich mit der Hinterseite des Gewehres die hölzerne, verwurmte Tür und legte mein Gewehr erneut an. Ich stellte mich bereit zu schießen in die Tür und suchte mit dem Gewehr nach demjenigen, der diese Geräusche gemacht hatte. Ich konnte diese immer noch hören. Jetzt jedoch war klar, dass es ein Schluchzen war. Ich blickte mich im Zimmer um. Es schien früher mal eine Art Wohnzimmer gewesen zu sein. Doch nun war alles zerstört und lag zerstreut im Zimmer herum. Ich ging auf die Couch zu, die man nicht mehr hätte als solche bezeichnen können. Dann trat ich jedoch auf etwas weiches. Ich blickte zur Seite. Dort lag ein Mantel. Das musste ein Mensch sein, dachte ich mir, als ich den gewölbten Mantel anhob. Und tatsächlich. Es war eine junge Frau, die dort tot auf dem Boden lag. Sie war Vietnamesin. Nun war sie tot und lag in ihrem eigenen Blut. Ich konnte die Frau nicht genau erkennen, da sie auf dem Bauch lag, also wollte ich sie umdrehen. Sie schien schon etwas länger tot zu sein. Das Blut war vertrocknet und die Leiche starr. Nachdem ich sie umgedreht hatte erkannte ich ihre Todesursache. Sie wurde mit einem Schuss genau ins Herz getroffen. Ich nahm den Mantel und legte ihn wieder über die Frau. Wie sie mich doch an sie erinnerte! Dachte ich mir nur und seufzte. Plötzlich hörte ich etwas poltern. Schnell wandte ich mich um. Ich brachte meine Waffe sofort in Position. Ich war bereit abzudrücken. Doch augenblicklich erschrak ich. Ich ließ vor lauter Schreck die Waffe zu Boden fallen. Ein dumpfer Aufschlag erfolgte, doch diesen bekam ich gar nicht mit. Ich war viel zu geschockt was ich da gerade sah. Ein kleines Mädchen saß zusammengekauert in der Ecke und weinte. „Becky...„, flüsterte ich. Schlagartig verkleinerten sich meine Pupillen und ich riss erschrocken die Augen auf. Durch den Aufprall des Gewehres blickte die kleine verschreckt auf. Sie presste durch ihr weinen einen spitzen Schrei aus und sprang auf. Die kleine war total fertig. Sie lief zu ihrer Mutter und legte sich schützend auf sie. „Lass uns in ruhe! Ihr kriegt meine Muter nicht und mich auch nicht!„, schrie sie aus Leibeskräften und brach gleich darauf wieder in Tränen aus. Ich war immer noch zu geschockt von diesem Anblick eben in der Ecke. Wieso musste sie ihn denn an seine eigene Tochter erinnern? Ich versank im Gefühlschaos. Ich konnte nicht mehr klar denken. Allein der Gedanke, dass ein kleines Mädchen seine Mutter verloren hatte machte mich wahnsinnig wütend. Aber warum musste sie Becky denn so ähnlich sehen? Wäre ich mir nicht hundertprozentig sicher gewesen, dass Becky jetzt irgendwo in Amerika bei ihrer Mutter sein würde, die sich hervorragend um sie kümmerte, hätte ich dieses kleine Mädchen hier für sie gehalten. Diese Tatsache setzte mir mehr zu als mir lieb war. Immerzu musste ich an meine eigene Familie denken. Die, die ich verloren hatte. Ich bekam quälende Schuldgefühle und mein Magen krampfte sich zusammen. Ich war doch selber dran Schuld, dass unschuldige Menschen starben. Das wurde mir nun klar, doch nun war es schon zu spät. Ich hatte zahlreiche Menschen getötet. Darunter garantiert auch Familienväter, so wie ich einer war. Ich kam mir elend vor. Wieder blickte ich zum kleinen Mädchen. Sie saß immer noch weinend bei ihrer toten Mutter. Ich ging langsam af sie zu. Sie sah auf und blickte mich mit großen verheulten Augen an. Ich streckte ihr die Arme entgegen. Sie wich einen Schritt zurück. Ich ging näher an sie heran und setzte einen freundlichen Gesichtsausdruck auf, auch wenn in mir eine ganz andere Stimmung herrschte. Ich versuchte sie zu beruhigen: „Hey, Kleine! Ich tu dir nichts! Ich will dir nur helfen! Ich bring dich hier raus!" Sie sah mich an. Ich wollte ihrem Blick ausweichen, doch ich durfte es nicht. Ich wollte ihr helfen und dazu musste ich nun einmal ihr Vertrauen gewinnen. Mein plötzlicher Sinneswandel kam mir selbst komisch vor, doch ich akzeptierte ihn. Ich empfand ihn nun sogar als human. Nun lächelte ich sie leicht an. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen. Ich winkte sie mit dem Händen herbei. Ihre braunen Augen blickten mich durchdringend an. Sie schien aus ihnen lesen zu wollen ob sie mir vertrauen konnte. „Ich tu dir nichts, vertrau mir!" Versicherte ich ihr erneut mit ruhiger Stimme. Zögernd richtete sie sich ganz auf. Sie schien sich noch nicht hundertprozentig sicher zu sein, doch nun ging sie langsam auf mich zu. Ich breitete die Arme noch mehr aus. Immer wieder fragte ich mich, wie es dem Kind jetzt gerade nur gehen musste und was in ihrem Kopf vorginge, doch das würde ich niemals erfahren. Doch ich war mir sicher, dass sie mit der ganzen Situation hier überfordert war. Nun ging auch ich einen Schritt auf sie zu. Dann umarmte ich sie. Ihr Körper war kalt und ihr Herz schlug schnell und unregelmäßig gegen die Kugelweste, doch ich spürte es durch sie hindurch. Sie begann wieder zu weinen. Ich merkte wie sie versuchte sich an meinen Anzug zu krallen, doch das ging nicht, also schloss ich sie noch fester in den Arm. Ich schloss die Augen und atmete tief ein und aus. Ich hörte ihr Wimmern, dass nach einiger Zeit wieder abebbte. Ich strich ihr sanft über den Rücken um sie zu beruhigen. Ihr Kleid war dreckig und verschlissen. Ich drehte den Kopf zur Seite und sah zu meiner Schulter. Das Gesicht der kleinen war darin verborgen und eine Hand hatte es daneben geschafft den Stoff des Anzugs zu fassen. Ich zog sie ein wenig von mir weg, sodass sie mir in die Augen sehen musste. „Ich werde dir helfen! Vertraust du mir?" Fragte ich sie ernst anblickend. Die kleine sah mich mit Tränen in den Augen an. Ich wischte eine herablaufende Träne mit der Hand aus ihrem verschmutzten Gesicht. Wie gerne ich jetzt auch geweint hätte, doch das ging einfach nicht. Ich durfte jetzt einfach nicht weinen. Ich durfte vor ihr keine Schwäche zeigen. Hätte ich jetzt geweint, wäre ich aus meinem Gefühlschaos wahrscheinlich gar nicht mehr herausgekommen. So viele verschiedene Dinge gingen mir durch den Kopf, dass es mir schon schwer viel sie noch zu zählen. Doch ich musste diese Dinge erst einmal verwerfen. Jetzt musste ich mir zunächst überlegen, wie ich es schaffen sollte das kleine Mädchen aus diesem Krieg herausbringen könnte. Ich hatte eine Idee. Ich war mir noch nicht sicher, ob es funktionieren würde, aber ich würde alles dafür geben, das es klappte. Da fiel mir ein, dass ich auf meine Frage noch keine Antwort bekommen habe und fragte erneut, vor ihr hockend um ihr in die Auge zu schauen und die Hände auf ihren Schultern ruhend. Sie atmete tief und sah mich groß an. Wir beide schwiegen eine Zeit lang. Keiner sagte etwas. Sie sah mir so in die Augen, als suche sie darin eine Antwort darauf, ob sie mir vertrauen könne. Dann plötzlich und an den Moment werde ich mich mein ganzes Leben lang erinnern, lächele sie leicht, kam ein Stück näher und umarmte mich. „Ich vertraue dir! Bitte enttäusch mich nicht!„ flüsterte sie mir ins Ohr uns löste sich dann wieder von mir. In mir waren gerade tausende von Glücksgefühlen freigesetzt worden. Ich wollte ihr unbedingt helfen. Sie hatte ja nichts mehr. Keine Mutter, kein Zuhause und nichts zu essen. Sie hatte einfach nichts. Ich musste sie einfach mitnehmen. Es machte mir jedoch sehr zu schaffen, dass mich die kleine so sehr am meine Becky erinnerte. Es machte mich nämlich einerseits auch traurig, wenn ich dem Mädchen in die Augen sah, denn diese sahen fas so aus wie die von Becky. Groß und dunkelbraun. Ich hatte ständig ein bild von Becky vor meinen Augen. Ich bekam sie einfach nicht mehr aus meinem Kopf, aber wollte ich das denn? Wollte ich sie aus dem Kopf bekommen? Nein. Sicherlich nicht. Dazu liebe ich sie viel zu sehr. Genau wie Nami. Eigentlich hätte ich diese Gedanken jetzt erst einmal beiseite schieben müssen, doch ich tat es nicht, denn sie verliehen mir eine gewisse Kraft. Die Kraft die ich brauchte. Endlich lächelte ich ihr zurück. Sie lächele wieder etwas breiter. Es kam mir mit einem Mal vor, als würde ich dieses Mädchen schon seit langem kennen. Ich ging wieder vor ihr in den Stand. Sie folgte mit ihrem Augen meinen Bewegungen und hob den Kopf, als ich aufgerichtet stand. Ich bückte mich leicht und hielt ihr die Hand hin. „Komm mit, ich bring dich jetzt erst Mal in Sicherheit!" Sagte ich ruhig. Doch anstatt meine Hand zu nehmen breitete nun sie die Arme aus. Sie gähnte. Das brachte mich erneut zum Lächeln. Sie war ihr wirklich so ähnlich, dachte ich noch, also ich sie au den Arm nahm. Ich hielt sie ganz vorsichtig um ihr nicht wehzutun. Sie kam mir so gebrechlich in meinen Armen vor. Sie war total abgemagert, sodass ich jeden einzelnen Knochen durch das Kleid hindurch spüren konnte. Das löste Wut in mir aus. Wut auf den Krieg. Und ich war mit daran Schuld. Das werde ich mir nie mehr verzeihen können und eins wurde mir klar: Nami hatte Recht. Langsam ging ich mit der kleinen zur Tür. Ich blickte noch einmal zu ihr und sah, dass sie in meinem Arm eingeschlafen war. Das musste wohl etwas viel heute für sie gewesen sein, doch ich schwor ihr, dass das bald ein ende haben würde. Ich lausche. Nichts war zu hören außer dem leise Atem des Mädchens und meinem eigenen. Es war totenstill. Langsam öffnete ich mit dem vorhin noch aufgehobenen Gewehr die Tür, dann steckte ich es zurück auf meinen Rücken. Ich nahm nun wieder die zweite Hand hinzu um die kleine besser tragen zu können und drückte sie noch ein wenig fester an mich heran. Dann ging ich hinaus. Der Einsatz musste schon zu Ende sein. Niemand war mehr zu sehen oder zu hören. Ich wollte aber auch nicht nachschauen, ob noch jemand hier war. Ich wollte nur noch zum Lager zurück. Ich lief los. Gut das sie schlief, denn ich musste vorbei an den ganzen Leichen. Plötzlich spürte ich einen Kloß in meinem Hals, als ich die ganzen Toten auf dem Boden liegen sah. „Es tut mir schrecklich Leid!" Flüsterte ich immer wieder, während ich nur noch weg wollte. Ich hatte eindeutig genug. Genug von Krieg. Ich rannte und rannte. Mein Ausrüstung spürte ich nach einiger Zeit nicht mehr, denn das Rennen verlieh mir eine Art Freigefühl und Energie, was ich vorher noch nie empfand. Es war ein schönes Gefühl. Und plötzlich schien mir Leben wieder einen Sinn zu machen. Ich hatte eine Aufgabe. Ich musste das Mädchen unbedingt hier herausschaffen. Allein dafür musste ich schon weiterleben. Endlich war das Lager in Sicht. Nun musste ich ein wenig aufpassen. Ich musste es ins Zelt schaffen, ohne dass mich jemand bemerkte. Zum Glück dämmerte es schon, sodass es etwas leichter war. Ich schlich mich leise zurück. Am Zelt angekommen atmete ich erst einmal auf. Ich hatte es geschafft. Ich konnte immer noch nicht ganz glauben was heute passiert war. Es kam mir alles so unwirklich vor, doch ein Blick an mir runter war Beweis genug, dass es Realität war. Damit ging ich mit dem schlafenden Kind ins Zelt. Ich wurde schon erwartet. Brandon saß auf seiner Liege in eine Decke gewickelt. Er hatte eine Öllampe angezündet. „Da bist du ja endlich!" Sagte er halb wütend und halb erleichtert. Er sprang auf, als ich ganz im Zelt war und wollte mich umarmen, doch dann bemerkte er das Mädchen auf meinem Arm. „Ein Mädchen?" Brachte er nur heraus. Er sah mich groß an. „Ja, ich hab sie aus einem Haus am Einsatzort geholt. Sie hat ihre Mutter verloren. Sie war ganz allein." Antwortete ich schnell um Brandon nicht mehr ganz so verwirrt dastehen zu sehen. „Verstehe...„, kam nur knapp von ihm und er machte mir den Weg zu meiner Liege frei. Ich trat hindurch. Das Mädchen schlief immer noch. Behutsam legte ich es auf der Liege ab und deckte es zu. Es war fast so, als würde ich Becky ins Bett bringen. Das machte mich ein wenig traurig, denn ich wusste, dass das nicht mehr passieren würde. Ich würde Becky nie mehr zudecken können. Und auch Nami nicht. „Was hast du dir nur dabei gedacht Lorenor? Wieso hast du sie mit hierher genommen?" Fragte mich Brandon flüsternd. „Ich weiß es nicht." Antwortete ich. „Aber irgendwie erinnerte sie mich an Becky erinnert und ich konnte es einfach nicht übers Herz bringen ein hilfloses, kleines Mädchen allein zu lassen." Sagte ich auf das schlafende Kind blickend. Kapitel 5: ----------- Am nächsten morgen erwachte ich von einen sanften streicheln auf meinen Kopf. Verschlafen blinzelte ich nach oben und erkannte das Mädchen. „Guten morgen Soldat.“ Sagte sie lächelnd. Ich hatte vor der Liege geschlafen. Die Arme darauf gelegt. Ich machte Anstalten aufzustehen. Ich sah mich um. Niemand war da. Die anderen mussten beim Frühstück sein. Ich sah wieder zum Mädchen. Sie lächelte immer noch. Es schien ihr wieder besser zu gehen. Das freute mich. Ich würde sie hier schon rauskriegen. Irgendwie. Das wusste ich. Ich wuschelte ihr durch die Haare. „Nenn mich bitte nicht Soldat.“ Sagte ich. „Wie denn dann?“ Fragte sie mich. „Nenn mich Lorenor.“ Grinste ich sie an. Sie schien sich bei mir nun mehr als sicher zu fühlen, so wie ich das beurteilen konnte. „Lorenor...ein schöner Name.“ Lächelte sie zurück. „Wie heißt du denn?“ Fragte ich sie freundlich. „Aissa“ Sagte sie nur. Dann war es still. Ihr Gesichtsausdruck wurde erneut trauriger. „Was hast du?“ Fragte ich sie besorgt und hockte mich zu ihr herunter. „Werde ich meine Mutter wiedersehen?“ Fragte sie mich uns versuchte in meinen Augen eine Antwort zu finden. „Aissa“, fing ich an. „ich denke nicht. Du wirst das alles hier bald nicht mehr sehen. Ich werde dich hier wegbringen. Das hier ist nichts für dich.“, sagte ich ernst. Sie verstand und nickte nur leicht mit dem Kopf. Dann kullerte eine Träne ihre Wange hinunter. „Ich hab Angst.“ Flüsterte sie. Ich umarmte sie. „Das brauchst du nicht. Ich bin doch da.“ Sagte ich und sah ihr durchdringend in die Augen. Ich hoffte ihr damit klarmachen zu können, dass sie mir wichtig war. Erneut formten sich ihr Lippen zu einem zaghaften Lächeln. „Siehst du! Lächelnd gefällst du mir gleich besser.“, sagte ich und tätschelte ihren Kopf. Brandon und die anderen kamen vom Essen zurück. Ich begrüßte alle und Brandon kam mit einer Schale auf mich und Aissa zu. „Hey, auch schon wach?“ Scherzte Brandon und hielt mir die Schüssel entgegen. Darin befand sich eine Art grauer Schleim. Angewidert nahm ich sie entgegen. „Ich wollte dich vorhin nicht wecken. Deshalb hab ich heimlich was mitgehen lassen. Das könnt ihr euch teilen.“ Erzählte Brandon stolz. „Darf ich vorstellen? Das ist Aissa.“ Präsentierte ich Brandon und wies auf Aissa. Brandon kam auf sie zu, verbeugte sich, gab ihr einen Handkuss und sagte: „Guten morgen, die Dame. Es ist mir eine Ehre sie kennen zulernen. Wie ist ihr befinden heute?“ Fragte Brandon übertrieben und grinste sie dabei an. Er wollte sie damit aufmuntern. Was ihm auch gelang. Aissa grinste ihn verlegen an. „Mir geht’s gut“ Sagte sie noch. Brandon erzählte mir noch schnell die Einzelheiten über den nächsten Einsatz, der in ein paar Tagen stattfinden sollte. Aissa saß derweil auf der Liege und aß die Schüssel komplett leer. Dann wolle sie hinausgehen. An die Luft. Ich merkte dies und wollte sie gerade zurückhalten, da ich Angst hatte sie könnte gesehen werden, als Brandon mich zurück hielt. „Lass sie Lorenor. Es ist niemand draußen. Die Trupps aus den Zelten um uns herum sind bei einer Untersuchung. Die kommen so schnell nicht wieder. Lass sie rausgehen.“ Sagte er. Ich nickte nur. „Sie hat mehr von dem Zeug verdrückt als ich!“ Scherzte Brandon noch und klopfte mir auf die Schulter. Er wusste wie viel sie mir bedeutete. Ich hatte trotzdem Angst um sie und folgte ihr unauffällig aus dem Zelt. Dort stand sie. In den Himmel blickend mit dem Rücken zu mir. Der Wind ließ ihre schulterlangen schwarzen Haare und ihr Kleid im Wind wehen. Sie sang etwas, aber ich konnte es nicht verstehen. Sie flüsterte es fast. Ich lauschte ihr eine Weile bis sie aufhörte. Ich hatte zuvor die Augen geschlossen und nur ihre Stimme gehört, doch nun öffnete ich die Augen wieder. Ich sah zu ihr. Sie stand immer noch da und schaute in den Himmel. Dann wich sie zwei Schritte zurück und drehte sich zum gehen um. Genau in meine Richtung. Den Blick auf den Boden gerichtet. „Machst du das die Sonne wieder scheint?“ Fragte sie mich flehend mit zitternder Stimme. Ich schaute nach oben. Der Himmel war bedeckt von einer Staubschicht und leuchtete grau-braun. Kein schöner Anblick. Da musste ich ihr Recht geben. Ich hätte ihr alles versprochen, so auch dies. Ich nicke und sagte: „Ich werde mein bestes dafür geben.“ Ich wollte Aissa nicht verlieren. Ich kannte sie jetzt zwar erst knapp einen Tag, aber für mich war sie schon wie eine Tochter. Ich wusste wie es ist eine Tochter zu verlieren und genau das wollte ich nicht noch einmal durchleben, also würde ich alles daran tun Aissa nicht zu verlieren und ihr zu helfen. Nach einigen Tagen, in denen ich mich immer mehr mit Aissa angefreundet. Ich hielt es für das beste dem Sergeant von Aissa zu erzählen. Ich hatte eine sehr schwere und heftige Diskussion mit ihm, doch am Ende schien auch er ein wenig Herz zu zeigen und duldete sie. Er stellte jedoch eine Bedingung. Ich müsse auf meine Kriegsentschädigung verzichten. Kurz entflammte Wut in mir. Mit war dieses blöde Geld verdammt noch mal egal Ich wollte nur ein Menschenleben retten. Ich willigte sofort ein. Mir war ein Mensch nun einmal wichtige als Geld. Die nächsten Tag verliefen relativ ruhig. Doch dann stand unser nächster Einsatz bevor. Innerlich sträubte ich mich dagegen wieder so ein Massaker anzurichten. Was sollte Aissa von mir denken? Doch es half nichts, ich konnte mich nicht weigern den Befehl auszuführen, sonst würde Aissa sicher weggeschickt werden und das wollte ich auf keinen Fall. Dazu war sie mir viel zu wichtig geworden. Ich wollte nicht noch einmal so einen Verlust wie den von Becky durchmachen. Becky war zwar nicht tot, aber wenn man sie nicht sehen, sie nicht hören kann, was war das dann schon? Nervös ging ich in mein Zelt um die Kampfausrüstung anzulegen. Es war früh am Morgen uns Aissa schlief noch. Ich hoffte es würde auch so bleiben und ich könnte mich unbemerkt auf den Weg machen, doch natürlich wachte sie von den Geräuschen die ich machte auf. Ich schnallte mir gerade meine Waffe auf den Rücken, als sie ihre Augen aufschlug. Angstvoll schaute sie mich an und rückte instinktiv weg von mir. Ihr Verhalten versetzte mir einen Stich in mein Herz. Mit zitternder Stimme fragte sie mich: "Was hast du vor?" "Ich...ich führe nur einen Befehl aus. Ich bin bald wieder zurück und dann wird alles wieder gut." "Das glaube ich nicht.", sagte sie leise und eine Träne lief über ihre Wange. "In unserem Dorf waren auch Soldaten, die mir gesagt haben, dass alles gut wird. Aber nichts ist gut geworden. Es sind andere gekommen. Und sie haben mir meine Mutter weggenommen. Sie waren böse!" "Aber ich bin nicht böse, Aissa. Das weißt du doch oder?" "Ja, du bist nett. Aber wenn du deine Waffe umhast bist du jemand anders. Dein Gesicht ist kalt und deine Augen böse. Eure Waffen verwandeln euch. Ihr seid dann Todesengel und denkt ihr könnt über Leben und Tod entscheiden." "Nein das denke ich nicht.", rechtfertigte ich mich. "Aber warum tötest du dann trotzdem?" Ich war zu erschüttert um zu antworten. Und ich hätte auch nicht antworten können, selbst wenn ich meine Fassung wiedergewonnen hätte, denn ich wusste die Antwort nicht. Aissa hatte Recht. Was habe ich mir angemaßt zu denken ich könnte über Leben und Tod entscheiden bloß weil ich eine Waffe trug und jemand mir gesagt hatte, dass ich es tun sollte? Niemand sollte das Recht haben so über die Menschen zu richten. Nicht einmal der Präsident selbst. Kapitel 6: ----------- Schweigend schulterte ich meine Waffe. Ich musste viel nachdenken. Aber den Befehl ausführen musste ich trotzdem, und sei es um Aissa im Lager behalten zu können. Brandon bemerkte auf dem Weg wie schweigsam ich war und sprach mich drauf an. Ich erzählte ihm von meinen Zweifeln. Schließlich schwiegen wir beide nachdenklich. "Gibt es nicht irgendeine Möglichkeit, wie du mit Aissa nach Hause zurückkehren kannst?" Ich wusste es gab keine. Niemand würde mir erlauben einfach so aus der Armee auszusteigen und mit einem Kind nach Amerika zu fliegen. Seufzend starrte ich auf den Boden. Was wäre wenn mir bei diesem Einsatz etwas passieren würde? Was würde dann aus Aissa werden? Wer würde sich um sie kümmern? Tausende von Fragen schwirrten in meinem Kopf herum. Doch plötzlich hatte ich einen Geistesblitz. Denn wenn ich verletzt und unfähig zu kämpfen wäre, dann könnte ich die Erlaubnis bekommen als Kampfunfähiger wieder nach Amerika zu fliegen. Aber wie sollte ich das Anstellen. Mich einfach vor einen vietnamesischen Soldaten stellen und ihn auf gut Glück schießen lassen? Was wäre wenn ich bleibende Schäden davontragen oder sterben würde? Doch schließlich hatte ich eine Lösung. Eine Lösung die mir einerseits ein wenig Angst machte aber auch Hoffnung gab. "Brandon? Ich hab die Lösung, ich weiß wie ich wieder nach Hause zurück kann!" "Na dann erzähl mal." "Also", begann ich aufgeregt. "wenn ich verletzt werden würde und nicht mehr kämpfen könnte, dann würde ich die Linzens bekommen um wieder nach Hause zu fliegen." "Und wie willst du das anstellen?", fragte Brandon misstrauisch. "Ganz einfach. Du schießt mir ins Bein." "Was?! Das mach ich nicht. Vergiss es." "Warum? Komm schon, tu es für mich!“, flehte ich ihn an, doch Brandon sagte : „Sie werden meine Munition erkennen. und was soll ich dann sagen? Das du mich beim Poker geschlagen hast und ich mich rächen wollte?" "Natürlich nicht. Ich sage einfach es war ein Querschläger." Brandon dachte nach. "Ja, das könnte gehen. Und wann sollen wir das machen?" "Beim Einsatz. Wir bleiben abseits des Geschehens und dann schießt du." Zwar guckte mich Brandon nervös an, doch er nickte schließlich zustimmend und wir machten uns auf den Weg zu meinem hoffentlich letzten Einsatz. Während dem Chaos des Kampfes schlichen Brandon und ich uns abseits von den anderen in eine Gasse. "Los Brandon beeil dich., gab ich ihm nervös zu verstehen. Dieser nickte nur und fuhr mit seiner Zunge über seine trockenen Lippen. Langsam entsicherte er seine Waffe und legte an um mich am Bein zu treffen. Ich presste mich gegen die Wand um nicht zurückzuweichen. Trotz der enormen Hitze lief mir ein Kälteschauer den Rücken hinunter und ich beobachtete wie Brandon innerlich einen Kampf auszufechten schien. An seiner Schläfe pochte eine Ader im Takt seines hektischen Atems. Sein Finger wanderte langsam zum Abzug und verharrten dort. Verdammt, nun mach endlich dachte ich. Innerlich starb ich tausend Tode und versuchte mich gegen den Schmerz zu wappnen der jeden Augenblick kommen würde. Ich sah Brandon an und er erwiderte meinen Blick. Nach einigen Sekunden nickte ich sachte, um ihm noch einmal meine Zustimmung zu signalisieren. Er erwiderte mein Nicken und blickte mein zitterndes Bein da. Seine Hand am Abzug zitterte und vor lauter Angst wollte ich meine Hände in die Mauer hinter mir krallen, doch meine Finger fuhren nur scharrend über die raue Oberfläche. Mein Blick fixierte seine Waffe und schließlich drückte er ab. Ich hatte mir zwar gedacht, dass es weh tun würde, doch mit so einem Schmerz hatte ich nicht gerechnet. Mein Oberschenkel schien zu explodieren und ich brach mit einem Schmerzensschrei in die Knie und fiel auf den sandigen Boden. Brandon kam sofort angelaufen und half mir mich aufzusetzen. Ich unterdrückte ein Stöhnen und schaute auf mein Bein. Die Kugel hatte ein kleines Loch hineingestanzt, was im krassen Gegensatz zu den unheimlich Schmerzen stand, die ich in diesem Moment erlitt. Die Kugel schien in meinem Oberschenkel zu verbrennen. Mein Blut fühlte sich an als würde es kochen und färbte meine Tarnhose rot und mir wurde schlecht von dem Anblick. "Oh mein Gott, Lorenor. Habe ich was falsch gemacht?" "Nein." antwortete ich gepresst. Ich grinste ihn an, obwohl mir eigentlich nicht gerade danach zu mute war, doch ich wollte ihm so die Richtigkeit seines Handelns signalisieren. "Ein Streifschuss hätten sie nur behandelt, aber hier mit würde ich Wochenlang ausfallen müssen." Ich sah das Brandon meine Worte nicht beruhigten, sondern im Gegenteil, noch mehr verletzten. Seine Augen schimmerten feucht als er mit seinem Messer mein Hosenbein aufschnitt und mit dem Stoff mein Bein notdürftig verbannt. Er zog mich vorsichtig auf die Beine und stützte mich beim Gehen. Als wir zu dem Sanitärfahrzeug gelangten blickte ich Brandon noch einmal fest in die Augen und sagte: "Danke." Daraufhin sah er weniger schuldbewusst drein und hob mich vorsichtig in das Fahrzeug um mich in die Obhut des Arztes zu geben. Wir erklärten ihm, dass ich von einem Querschläger getroffen wurde, was er auch widerspruchslos glaubte. Ich wurde als kampfunfähig erklärt und konnte dem Sergeant meinen Erlass vorlegen. Durch eine lange Diskussion erreichte ich es, dass Aissa mich begleiten durfte mit einer gewissen Vorfreude, aber auch Ungewissheit betrat ich das Zelt um zu packen. Dort lag Aissa und schlief. Sie musste den ganzen Tag im Zelt bleiben. Das war schon langweilig, das gebe ich zu. Aber es wäre einfach zu gefährlich gewesen ihr zu erlauben draußen herumzulaufen. Ich ging an die Liege. Sanft schüttelte ich sie an der Schulter. Verschlafen sah sie mich an und rieb sich die Augen. „Ist es schon morgen?“, fragte sie schlaftrunken. Ich musste lachen. Sie schaffte es immer mich zum Lachen zu bringen. „Das war es heute morgen, es ist jetzt schon Nachmittag! Hast du etwa die ganze Zeit durchgeschlafen?“, fragte ich sie amüsiert. Ich konnte meine gute Laune nicht verbergen. Sie sah mich verdutzt an. „Was hast du den?“, fragte sie mich, als ich dabei war hastig alle Sachen zu packen. Mein tarnfarbener Rucksack war nun bis oben hin voll. Ich zog die Schnüre zu und drehte mich zu Aissa um, die mittlerweile in eine senkrechte Position gewechselt hatte. Sie starrte mich immer noch verwirrt an. Sollte ich es ihr jetzt schon sagen? Eigentlich hatte sie ja das Recht dazu es jetzt schon zu erfahren, doch ich entschied mich noch ein wenig zu warten. „Komm mit Aissa.“, sagte ich ihr und sie stand auf und folgte mir. Ich hatte keine Zeit mehr mich richtig von Brandon zu verabschieden. Das war das einzige, dass mich ein wenig störte und traurig machte, doch ich musste nach vorne blicken. Ich machte mich mit Aissa auf zu dem Fahrzeug, dass uns zum Fughafen bringen sollte. Kapitel 7: ----------- Ich wollte Aissa gerade hineinheben, als ich jemanden rufen hörte: „Lorenor! Warte!" Es war Brandon, der angelaufen kam. Ich setzte Aissa wieder ab. Sie lächelte mich an. „Er hat dich nicht vergessen" ,gab sie lächelnd von sich. Ich wuschelte ihr über den Kopf. „Hey!" Meckerte sie gespielt empört rum. Er grinste und sah dann wieder zu Brandon. Dann umarmte er mich, als er mich erreicht hatte. Lange standen wir so da. Ich hatte ihn als Freund gewonnen. Als richtigen. Das wurde mir klar, als er auf mich geschossen hatte. Das hätten nur richtige Freunde getan. (joa, schon klar...feinde hättens auch gemacht, aber die hätten ihm noch ganz woanders hingeschossen°^^°) Und er war und ist so einer für mich. Ich konnte mir eine Träne nicht verkneifen, doch heulte ich nicht los. Ich wollte ja schließlich nicht als Heulsuse dastehen. Ich drückte ihn noch einmal fest an mich heran und löste mich dann aus der Umarmung. „Die sollen doch nichts falsches denken!" Scherzte ich herum. Brandon grinste. Auch er hatte Tränen in den Augen, aber so wie es aussah war ihm dies nicht bewusst. „Danke für alles!" Sagte ich Brandon noch als ich nach Aissa in das Fahrzeug stieg und die Tür sich schloss. Aissa kurbelte das Fenster herunter. „Du?" Fing sie an. „Ja?" Fragte nun Brandon. „Vermisst du mich schon?" Fragte Aissa. „Ja, und wie! Aber um dich muss ich mir keine Sorgen machen. Pass lieber auf Lorenor auf, dem muss geholfen werden. OK?" grinste Brandon. Sie nickte. „Mach ich." „Schön!" Damit setzte sich das Fahrzeug in Bewegung und fuhr Richtung Flughafen. Dort hielt das Fahrzeug einige hundert Meter vor dem Terminal an. „Von hier aus müsst ihr zu Fuß weiter. Ich darf nicht weiter heranfahren." Erklang die Stimme das Fahrers. Also stiegen wir aus. Es war eine steinige Gegend in der er uns rausgelassen hatte. Fast so wie in den Einsatzorten. Dies ließ wieder einige Erinnerungen hochkommen. Doch diesmal versuchte ich nicht die zu unterdrücken, sondern sie zuzulassen. Ich konnte nicht leugnen was ich getan hatte, denn ich wusste, dass wenn ich es tat, es falsch sein würde. Ich hatte diese Entscheidung nun mal vor einiger Zeit getroffen und dazu musste ich nun stehen, auch wenn ich mein allergrößtes Ziel noch nicht erreicht hatte und ein Ziel vielleicht gar nicht in Sicht war. Doch nun wollte ich mich erst mal auf Aissa konzentrieren. Sie schaute dem fahrenden Auto nach. „Komm lass und nach Hause fliegen." Sagte ich zu ihr. „Nach Hause?" Fragte sie großäugig. „Ja." Ich machte schon ein paar Schritte auf dem angedeuteten Gehweg zum Flughafengebäude, als ich mich noch einmal umdrehte. Aissa stand immer noch da. Sie stand mit dem Rücken zu mir und schaute in die Ferne. Ein Windzug kam vorbei, der mich leicht zittern ließ, obwohl es eigentlich ziemlich warm war. „Komm! Lass uns gehen." Sagte ich abermals zu Aissa und hielt ihr meine Hand hin. Sie sah sie lange an. Dann legte sie ihre in meine Hand. „Ja." Sagte sie nur zufrieden und beide gingen die verstaubte und zerstörte Straße Hand in Hand entlang. „Sieh mal Aissa, die Sonne scheint!„, rief ich erfreut und zeigte auf den großen Feuerball am Himmel, der so wunderbar warm leuchtete. Aissa packte meine Hand fester als wir in der Halle auf unser Flugzeug warteten. Sie war aufgeregt, das merkte ich. War ihr auch nicht zu verübeln, sie hatte vorher die Flugzeuge nur aus der ferne gesehen, und dann waren es meist welche, die sie uns ihr Dorf bedrohten. „Kein Angst!" Sagte ich ihr, als wir den Gangway zur Maschine betraten. Die Stewardess wies uns unsere Plätze zu. Wir hatten Glück. Wir bekamen zwei Plätze am Fenster. Ich setzte mich neben Aissa. Sie hatte Angst. Sie zitterte. Ich nahm ihre Hand. Schon nach wenigen Minuten hatte sie sich wieder beruhigt und atmete normal. Dann startete die Maschine. Nun hatten wir einen acht Sunden langen Flug vor uns. Ich sah mich gerade von meinem Platz aus ein wenig im Fliege um, als ich etwas warmes an meinem Arm spürte. Es war Aissa, die an meinem Arm eingeschlafen war. „Bald bist du zu Hause." Sagte ich und gab ihr einen leichten Kuss auf die Stirn. Sie kuschelte sich noch mehr an mich heran. Ich versuchte auch etwas zu entspannen und schloss, das Gesicht leicht an die Kopflehne gelegt, die Augen. Ich konnte aber nicht schlafen. Etwas beschäftigte mich schon die ganze Zeit. Seit meinem Aufbruch nach Vietnam. Ich musste es versuchen. Ich musste. Es war viel zu wichtig um s nicht zu versuchen. In mir machte sich ein flaues Gefühl breit, dass ich kannte. Es war jedoch nicht gerade unangenehm, es gehörte halt dazu, doch ob es nun, in dieser Situation dasselbe sein wird, war mir noch nicht klar. Doch ich würde es versuchen, dafür kämpfen. So wie ich es schon für das Mädchen getan hatte. Ich schob Aissa ein Kissen zwischen ihren Kopf und meine Arm und versuchte mich dann vorsichtig von ihr loszumachen. Es gelang mir. Sie schlief friedlich weiter. Ich wartete noch einen kleinen Augenblick und stand dann mit meinem Handy auf. Ich ging Richtung Cockpit und erkundigte mich, ob ich telefonieren dürfte. Die Stewardess nickte. Sofort wählte ich die Nummer. Es war ein Wunder, dass ich es überhaupt geschafft hatte, überhaupt eine Zahl zu drücken, so aufgeregt und nervös ich war. Da war es das Freizeichen. Ich hatte Angst. Mit zitternden Knien bahnte ich mir nach dem Telefonat den Weg zwischen den engen Gängen zu meinem Sitzplatz. Zwei große Augen blickten mich fragen an. „Wo warst du denn?" Fragte Aissa leicht ängstlich. Ich hatte sie allein gelassen. Das war nicht richtig, doch das Gespräch war einfach zu wichtig für mich, doch Aufschluss hatte es mir weniger als wenig gegeben. „Es ist alles in Ordnung, ich war nur kurz telefonieren." Sagte ich schnell um sie zu beruhigen. Sie wollte gerade noch etwas sagen, als im Bordfernsehen ein Cartoon gezeigt wurde. Sie hatte zuvor noch nie einen Fernseher gesehen, also schaute sie wie gebannt auf den Bildschirm und sah fasziniert zu, wie sich die gestalten in diesem kleinen Kasten bewegten. Dieses Bild amüsierte mich. Sie saß mit offenem Mund da und konnte durch nichts abgelenkt werden. Nicht einmal durch das Abendessen, dass gerade serviert wurde. Kapitel 8: ----------- Nach acht langen Stunden ohne Schlaf und vielen Gedanken, setzten wir endlich zur Landung an. Ich war so aufgeregt wie noch nie in meinem Leben. Nun würde sich zeigen, ob ich heute das Glück meines Lebens erfahren, oder die größte Trauer erleben würde. Ich nahm Aissa an die Hand und steuerte sie vor mich her. Ich brauchte sie jetzt. Ihre Hand gab mir die Stärke, die ich jetzt brauchte, egal was gleich passieren würde. Wir zwängten uns durch die Menschenmenge, die aus dem Flugzeug strömte. Wir kamen gut durch, da ich immer noch meine Ausrüstung trug, die mir bei den anderen Passagieren so viel Respekt verschaffte, dass sie meinem und Aissas Weg wichen. Aber das wollt ich gar nicht. Ich wollte sein wie jeder andere. Weder bevorzugt noch benachteiligt, doch da musste ich jetzt durch. Es wartete schließlich, oder nicht, etwas viel wichtigeres auf mich. Ich schaute mich immer wieder suchend um. Doch ich sah nicht was ich suchte und ersehnte. Die Menge löste sich langsam auf. Immer noch nichts. So langsam verlor ich den Glauben und senkte meinen Kopf. Ich war den Tränen nahe. Erst jetzt wurde mir klar, dass ich sie über alles liebte. Ich sah eine Träne, die sich von meiner Wange den Weg zum Boden bahnte. Plötzlich zog mich etwas an meinem Ärmel. Es war Aissa. „Guck mal, da schaut dich wer die ganze Zeit an." Flüsterte Aissa mir ins Ohr als ich mich zu ihr heruntergebeugt hatte. Die Tränen hatte ich mir vorher weggewischt. Sie solle nicht sehen, dass ich geweint hatte. Ich blickte auf. Konnte es sein, das...... .Diesen Gedanken dachte ich nicht mehr zu Ende. Da stand sie. Nami. Sie sah mich direkt an. Ich erwiderte ihren Blick. Sie war wirklich auf meinen Anruf hier her gekommen. Sie hatte mir am Telefon nur gesagt, wie wisse noch nicht genau ob sie kommen würde und dass sie sich das ganze noch einmal durch den Kopf gehen lassen müsse, doch nun stand sie wahrhaftig da. Ich blieb wie angewurzelt stehen, war nicht in der Lage mich zu bewegen. Ich sah sie nur an. Doch dann wagte ich es. Ich machte einen Schritt auf sie zu. Es ging. Ich machte noch einen. Und noch einen. Immer schneller, bis ich auf sie zulief. Ich konnte meine Tränen nicht mehr halten. Zu sehr freute ich mich über ihr da sein. Sie kam mir entgegen. Ich war schon fast bei ihr, als ich sah, dass auch sie weinte. Dann trafen wir uns. Ich umarmte sie. Ich drücke sie so fest an mich. Ich wollte sie spüren und nie mehr loslassen. Nie mehr in meinem Leben. Diesen Fehler hatte ich schon einmal gemacht du der würde mir garantiert nicht noch einmal unterlaufen. Ich spürte ihre Hand an meinem Nacken und meine Nackenhaare stellten sich auf. Ich begann zu weinen. Ich konnte es einfach nicht zurückhalten. Ein wohliger Schauer durchzog mich. Ich löste mich halb aus der Umarmung und sah ihr in die Augen. Ich konnte ihr Gesicht nicht genau erkennen, da mein Blick von Tränen getrübt war, doch war ich mir sicher dass sie genauso schön war. Wenn nicht noch schöner. Flüsternd und immer noch in die Augen blickend brachte ich gerade noch: „Es tut mir so schrecklich Leid", heraus. Sie sah mich an und strich mir eine meiner Haarsträhnen aus dem Gesicht. Meine Arme sie immer noch haltend. „Es tut mir Leid, es tut mir Leid, es tut mir Leid" Flüstere ich ihr immer wieder zu. Wir schauten und in die Augen. Unsere Gesichter kamen sich näher. "Es ist schon gut, Lorenor" Flüsterte sie beruhigend zurück, legte ihren Kopf schräg und schloss die Augen. Mein Herz pochte bis zum Hals aber es war ein angenehmes Gefühl. Dann endlich trafen sich unsere Lippen. Wir küssten uns. So lange hatte ich das vermisst. Das war das größte Geschenk, das man mir in diesem Augenblick machen konnte. Sie einfach zu sehen. Zu fühlen. Zu riechen. Es machte mich überglücklich. Ich wollte mich gar nicht mehr von ihr lösen, doch irgendwann ging jedem mal die Luft aus. Unsere Lippen lösten sich voneinander. Ich hielt die Augen noch eine Weile geschlossen. Ich konnte es einfach nicht wahrhaben. War das wirklich passiert? War Nami hier her gefahren? Hatte sie mir verziehen? Wollte sie mich zurück? Um mich von der Realität des ganzen zu überzeugen öffnete ich langsam die Augen. Da stand sie immer noch. Ich musste sie noch einmal umarmen. Ich hielt sie wieder fest und sie strich mir beruhigend über den Rücken. Dann steckte sie sich hoch zu meinem Ohr und wisperte: „Ich liebe dich!" und küsste mich erneut. Etwas zog dann aber an meinem Anorak. Ich löste mich von Nami und blickte zur Seite. Aissa. Sofort bückte ich mich herunter zu der kleinen. „Tut mir Leid kleine!" Entschuldigte ich mich. „Schon gut!" Entschärfte sie die Situation. Nami hockte sich nun auch vor Aissa. „Hey wer bist du denn?" Fragte sie Aissa. Aissa versteckte sich eingeschüchtert hinter meinem rechten Bein. Ich schob sie am Rücken wieder nach vorne. „Aissa" Fing ich beruhigend an „sie tut dir nichts. Das ist Nami...meine Frau." Sagte ich und sah dabei Nami in die Augen. Sie lächelte mich an. Sie wusste ja gar nicht, wie glücklich sie mich mit diesem Lächeln gemacht hatte. Nun stellte ich Nami Aissa vor: „Das ist Aissa. Ich hab sie mitgenommen. Sie hat ihre Mutter verloren." Sofort beugte Nami sich erneut hinunter zu ihr. „Och nein! Komm mal her." Sagte Nami mit trauriger Stimme. Zögernd ging Aissa auf Nami zu. Nami schloss sie in die Arme. Aissa vertraute ihr. Das machte mich Glücklich. Sie nahm Aissa auf den Arm und wischte ihr ein wenig Dreck aus dem Gesicht. „Wir werden sie adoptieren!" Kam es sofort von Nami. Ich blickte sie erstaunt an. Sie lächelte. „Und jetzt lasst uns nach Hause gehen. Becky wartet schon.", fügte sie noch hinzu, nahm meine Hand und ging dann mit Aissa auf dem Arm und mir nach draußen zum Parkplatz. Uns und Wir. Diese beiden Wörter waren eindeutig die besten, die ich an diesem Tag gehört hatte, und ich wünschte mir sie nie wieder missen zu müssen. Es war mir klar, dass ich heute eine zweite Chance bekommen hatte. Ich werde sie in Ehren und schwor mir sie nie zu vertun. Meine eigenen Entscheidungen werde ich zwar weiterhin alleine treffen müssen, doch werde ich jetzt versuchen mehr Rücksicht auf die anderen zu nehmen. Denn noch einmal würde ich so etwas garantiert nicht durchstehen. Nun allerdings machte ich meinen Kopf frei und freute mich schon sehr darauf, meine kleine Tochter endlich wieder in die Arme schließen zu können. 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