Die Leiden des jungen Leader-sama von NanaSaintClair (Nichts ist schlimmer als ein abgedrehter Kaoru... zu wenig Sex ist schädlich! [Die x Kao]) ================================================================================ ~1~ --- html macht mir einen Strich durch die Rechnung, was meine fanfics angeht <__< daher könnte die formatierung verloren gegangen sein--gomen gomen^^ Die Leiden des jungen Leader-sama Kapitel Eins Es war der grauenhafteste Tag meines Lebens. Dabei begann alles wie immer. Ich schlurfte aus dem Bett kurz nach sieben und trank erst einmal gemütlich meinen Kaffee und machte mir eine Kippe an. Rund fünfzehn Minuten später stand ich fertig angezogen im Hausflur, nachdem ich noch geduscht hatte und die Zähne gründlich geputzt, bevor ich mich auf den Weg ins Studio machte. Der Wetterbericht erzählte etwas von Regen, was mir aber nur Recht sein konnte, denn ich würde das Studio sowieso erst heute Abend wieder verlassen. Die Sterne standen also gut! Ich hielt an einer Ampel an und sah aus dem Fenster meines Hondas. Neben mir war ein Wagen voller junger Mädels, die wie die Säue im Stall am Fenster klebten und dort ihren Sabber versprühten. Ja, ich war geil—bin es noch immer! Im Grunde ist mein Leben ja auch toll, ehrlich, wenn es nicht Leute geben würde, die ihr Leben darauf ausrichteten meines am besten schwer zu machen. Nun ja, zurück zu den Weibern im Auto. Persönlich, meinen Geschmack trafen sie nicht, aber das war nicht wichtig. Ich warf ihnen ein Grinsen zu, das sagte: „ich bin wahnsinnig geil“ und schon liefen ihre Scheiben an. Ach ja. Ich seufzte entzückt, doch dann sah ich, wie sie die Fensterscheiben herunterkurbelten. Nichts wie weg. Mein Fuß trat das Gaspedal durch, sobald die Ampel auf Grün schaltete. Ich war so unglaublich cool, wo ich auftauchte, gab es Frost. Witzig bin ich auch, nebenbei bemerkt. Leider sah dies an jenem Tag nicht jeder so. Ich war schon geschlagene 46 Minuten und 23 Sekunden im Studio, bevor meine Bandkollegen endlich mal eintrudelten. Na, die konnten was erleben! „Morgen Kao,“ gähnte mich ein rothaariges Monster an. „Mmmmmhhh,“ murrte nebenher ein kleines, wuscheliges, blondes Etwas, das noch nicht einmal die Augen offen hatte. „Auch schon da, ja?“ zischte ich zurück. Ich sah, wie sich Dies Mund öffnete und er etwas sagen wollte, doch bevor er es sich auch nur wagen konnte mir Widerwort zu bieten, platze die Tür auf und ein kicherndes Männlein stapfte herein. Mein Augenbraue zog bedrohlich nach oben, als ich skeptisch beobachtete, wie unser Toshiya mit dem Handy in der Hand vor sich hin kicherte und mich nicht einmal begrüßte. Es hatte fast den Anschein, als liefe er an mir vorüber, doch plötzlich hatte ich einen Arm um meine Schultern und ein Telefon vorm Gesicht. „Guck mal Kaoru. Das Foto hab ich heute Morgen gemacht,“ lachte es neben mir. Ich sah auf den Screen und lächelte gequält. „Das bist nicht du, oder?“ „Doch!“ strahlte Toshiya und reichte sein Telefon weiter. Warum war alles andere wichtig? Wenn Toshiya ein Foto von sich machte, wie er im Badezimmer mit einer Klobürste rockte, war das so interessant, fast wie damals als Kyo versucht hatte Die in die Waschmaschine zu sperren. Das war wichtig. Ja, aber die Arbeit, unsere Musik, Dir en grey—war das nicht wichtig? Nein, offensichtlich nicht. Ich stöhnte wie eine geschlachtete Sau und drehte mich um. Da blickte mich Shinya an. Er war wohl wieder einmal unbemerkt herein geschlüpft. Shinya war mein Lichtblick. Der würde mich nicht enttäuschen. Ich lächelte. Beinahe jedenfalls. Denn irgendwie sah Shinya nicht gut aus. „Alles in Ordnung mit dir?“ fragte ich, weil es ganz einfach meine Aufgabe war. Immer fragte ich. Niemals war es Die, oder Toshiya, oder ganz und gar Kyo—es war immer der dumme Kaoru. Ich erinnerte mich in solchen Situationen manchmal an meine Mutter. Alle paar Monde hielt sie der restlichen Familie eine Predigt darüber, wie sie doch der Arsch der Nation sei. Mich kratzte das wenig. Heute beißt mich eine Sache in den Allerwertesten, die man als Karma bezeichnet. Zurück zu Shinya. Ich sah ihn fragend an. „Mein Hund ist krank,“ flüsterte er mit rauer Stimme. Oh je. SCHEIßE. Das war eine Art Todesurteil. „Wie krank?“ „Meine Haushälterin hat gerade angerufen. Miyu geht es schlecht. Ich muss mit ihr zum Tierarzt,“ schluchzte Shinya und nahm benommen seine Tasche. Mein Hirn rechnete. „Wo gehst du hin?“ So schnell war mein Hirn eben nicht. „Nach Hause!? Miyu... ich muss mit ihr zum Arzt.“ Dackelaugen sahen mich an. „Kann deine Haushälterin nicht mit ihr zum Arzt?“ fragte ich entnervt. Studioaufnahmen ohne Drummer machten sich eben nicht gut. Verzeiht meine direkte Art. „Nein, sie ist eben nur meine Haushälterin—keine Tierpension. Das sagt sie jedenfalls zu dem Thema. Außerdem braucht mich meine Miyu jetzt,“ klagte Shinya eher verständnislos gegenüber dem bösen, ruchlosen Kaoru, der es gewagt hatte des Chibis Motive in Frage zu stellen. „Oh Mann! Geht das nicht auch später?“ Ich hatte etwa genug Geld allein in meiner rechten Hosentasche um Shinya einen neuen Köter zu kaufen. „Nein! Tut mir echt leid, Kao, das geht eben nicht.“ Er warf mir wieder diesen Blick zu. Opfer! Pah, ich verdrehte die Augen. „Wann kommst du wieder?“ „Kommt drauf an, wann es ihr wieder besser geht.“ „Soll das heißen, du kommst nicht nach eurem Arztbesuch wieder?“ Ich sprach das Wort Arztbesuch so theatralisch wie möglich aus um noch deutlich zu machen, wie schwachsinnig es war wegen eines Köters die noch nicht einmal begonnenen Aufnahmen bereits abzubrechen—und damit Kaorus Tag zu ruinieren. „Du willst nicht etwa warten, bis es dem Köter wieder besser geht?“ „Dem was? Hast du gerade Köter gesagt?“ Shinyas Augen wurden zu eisigen Schlitzen, die mit unsichtbaren Messern nach bösartigen, barttragenden Bandleadern warfen. „Ist doch scheißegal, oder? Bleib hier und ich kauf dir einen neuen Köter.“ Oweia, ich hatte Höchstform erreicht, was die Gemeinheiten angeht. „Arschloch,“ sagte er noch zu mir und verschwand. Ich sah ihm nach, teils voller Wut, teils einfach nur frustriert. Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Wehe jetzt spricht mich jemand an! „Das hast du ja jetzt fein hinbekommen Kao.“ Es sprach mich an. Und klopfte mir sogar auf die Schulter. Toshiya plapperte zuviel. „Ja, musste das sein?“ mischte sich auch noch das rothaarige Ding da ein. „Ehrlich Kaoru.“ DER musste mir ja wohl wirklich nichts sagen. Und ich musste mir von ihm nichts anhören. „Halt du doch das Maul,“ zischte ich zurück. „Können wir jetzt mal anfangen?“ „Anfangen? Ohne Drummer?“ Toshiya hob eine skeptische Augenbraue. Ach ja, den hatte ich ja noch gar nicht wegen seines dämlichen Kommentars von vorhin angefahren. „Ja, du Witzbeule! Du wirst es doch wohl schaffen an deinen vier Saiten auch ohne Drums rumzuzupfen!“ fauchte ich. „Ich zupf dir gleich was. Bist du heute mit dem falschen Fuß aufgestanden?“ Toshiya schüttelte den Kopf nach mir. Was bildete sich der Bubi da ein mir so eine anwertende Geste entgegenzubringen? Ich bin verdammt noch mal der Chef hier! „Muss ich mich vor dir rechtfertigen? Kneif die Backen zusammen und mach, was ich sage.“ „Nicht in dem Ton. Du hast sie wohl nicht mehr alle? Lange keine mehr flachgelegt oder was? Spast...“ murmelte er noch und packte seinen Bass in die Tasche. „Lass mir doch von dir Idioten nicht den Tag versauen...“ „Pack sofort den Bass wieder aus! Wir nehmen jetzt auf, verdammt noch mal!“ brüllte ich, aber dieser Depp reagierte noch nicht einmal. „Komm mal runter Kao,“ sagte Die und ich strafte ihn sofort mit einem tödlichen Blick. „Ich bin unten!“ schrie ich und hatte auf einmal wieder meine Mutter vor Augen, wie sie in der Küche stand mit Rührlöffel in der Hand und auf die Familie schimpfte. „Schön, dann raffst du es vielleicht endlich, dass wir ohne Drummer sowieso nichts aufnehmen können! Oder bist du zum Schlagzeuger mutiert?“ Der spöttische Ton von Die gefiel mir erst recht nicht. „Was soll das heißen? Natürlich können wir aufnehmen!“ Ich war desillusioniert, das weiß ich jetzt auch. Nur damals eben nicht. „Träum weiter,“ ertönte es von hinten und ich sah wie Toshiya zum Ausgang wankte. „Ruf mich an, wenn du dich beruhig hast und Shinya wieder da ist.“ Weg war er! „Komm zurück, du Mistbock!!!“ „Kaoru—“ weiter kam Die nicht, als ich seine Hand auf meiner Schulter spürte. Wollte der mich etwa beruhigen? Ich war ruhig, verdammte Scheiße! Und wie ruhig ich war! „NIMM DEINE PFOTEN VON MIR!“ Ich schnaubte und ging zu meiner Ganesa—meine Liebste...du würdest mich nicht enttäuschen. „KÖNNEN WIR?“ Kyo hielt wie immer die Schnauze, war ja auch besser so. Er wurde für das Singen bezahlt, nicht für das Boykottieren das Leaders. Die hielt abwehrend die Hände nach oben und ging dann langsam vor sich hin grummelnd zu seiner Gitarre. Er band sie sich um und stammelte noch irgendetwas vor sich hin, was ich aber nicht verstehen konnte. „Eins, zwei, drei, vier,“ dann sprach ich eben die Drums. Ging doch auch, oder? Ich griff in die Saiten meines Schätzchens und lauschte dem Engelsgesang, den meine agilen Finger in ihr hervorrief. Alles war gut. Kaoru war fast wieder glücklich, als... DOING! „Autsch, verdammt!“ Eine der Stahlsaiten meines Babys flog mir praktisch um die Ohren, verfehlte auch nur knapp mein Auge und wirbelte kurz durch die Luft, bis sie mit einem ‚dengdengdeng’ zum Stillstand kam. Ich wusste nicht, zerschmetterte ich jetzt das Ding vor Wut, oder sollte ich einfach losheulen und nach meiner Mama rufen. Oh stimmt, die war ja immer noch stocksauer auf Klein-Kao, weil der ihr Sushi beleidigt hatte. RUMMS! Da ging sie hin, meine einzig wahre Liebe. Dies Augen waren auf einmal doppelt so groß als vorher. „D...d...das hast du grad nicht wirklich getan, oder?“ Kyo steckte das Mikro an den Ständer und ging sich eine Kippe anzünden. Die flüchtete ihm hinterher. „Scheiße, Kyo, ich hau jetzt ab. Kaoru ist heute nicht normal,“ sagte Die und schnappte schnell seine Sachen. „Wenn das so weiter geht, gibt’s noch Tote. Darauf hab ich keinen Bock. Wenn du schlau bist, machst du dich aus dem Staub, bevor es zu spät ist.“ Und schon war Die weg. Ich hätte ihm gerne noch eine Standpauke gehalten, aber dazu war ich nicht in der Lage. Denn da stand ich noch immer und hielt den Griff der Ganesa in der Hand. Ihr Hals war zerbrochen und der Rest lag in Teilen auf dem Boden. Da starrte ich nun hin und schnaubte wie ein Stier. Mir war irgendwie schlecht. Dann hörte ich Kyos Stimme. Er stand da, sah mich gelangweilt an und zuckte mit den Schultern. „Ich sag’s ja ungern, aber...geh nach Hause.“ Was? Ich blickte ihn an, war aber stumm. Der Zwerg sprach zu mir und mir fiel noch nicht mal eine passende Resonanz ein. „Lass uns alle morgen darüber reden, okay?“ „Reden?“ Ich hatte meine Stimme wiedergefunden. „Ja, reden. Ganz sachlich und in Ruhe.“ „Und worüber, denkst du, sollten wir reden? Dass dem Drummer seine Töle so scheißwichtig ist? Dass der Bassist eine Diva ist? Dass ihr alle stinkend faul seid?“ Ich regte mich schon wieder auf. Das war nicht gut. Aber es tat auch gut. Kontrovers. Wie unheimlich. Kyo lächelte. „Das und andere Dinge. Geh nach Hause Kao, chill mal ein bisschen. Morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.“ „Pah!“ Kyos ganze ruhige Art machte mich noch viel wütender, aber ich fand kein Ventil um diese innere Wut rauszulassen. Er sagte nichts, was ich ihm wirklich ankreiden konnte. Er drehte sich um und winkte noch kurz, bevor er mich alleine ließ. Ich wollte ihm noch irgendetwas hinterher schreien wie ‚verpiss dich doch’ oder ‚fick dich ins Knie’, aber keine Worte kamen aus meinem Mund. Es war ja auch besser, wenn er ging. Was wollte ich allein mit ihm? Wir waren fünf—nicht zwei. Und außerdem hatte ich keine weitere Gitarre hier. Meine schöne, schöne Braut. Ich kniete nieder und sammelte Stücke ihres Wurzelholzes ein. Was hatte ich getan? Ich hatte meine einzig wahre Liebe getötet. Ich war den Tränen nahe. Alles war so sinnlos geworden in meinem Leben. Halt—warte. Ich hatte Zuhause ja noch einige meiner treuen Ladies. Ha! Mensch Kao, du dumme Nuss! Ich stieß mir die flache Hand vor die Stirn und sprach zu mir selber. „Schneewittchen hätte auch keinen Aufriss gemacht, wenn einer ihren Zwerge gestorben wäre. Dumm ist nur, wenn Schneewittchen abkratzt. Nur der gute alte Kao lebt ja noch! Haha!“ Ich freute mich dieser Tatsache, auch wenn sich ein stechender Kopfschmerz in meinem Hirn breit machte. Verfluchte Migräne. Wo waren meine Aspirin? Ich nahm ein paar von denen und machte mich auf den Weg nach Hause. Wieder sahen mich ein paar Fans. Ich winkte ihnen und eine fiel in Ohnmacht. Ja, ich rockte ihre feuchten Träume. Und was rockte meine? Dieser Frage stellte ich mich, als ich Zuhause angekommen war. Wo hatte der Sexgott Kaoru seine Weiber versteckt? Wieso war meine Bude leer? Wo waren die ganzen braungebrannten Hasen in kurzen Röcken und klitzekleinen Bikinioberteilen? Ach ja, es fiel mir wieder ein, wo sie waren. Im Schlafzimmer! Ich ging hinein und öffnete meine Schublade und kramte das Magazin mit den Hasen raus. Wie frustrierend. Toshiya hatte ja recht am Ende. Den letzten Sex hatte ich wohl in meiner Pubertät. Ich hätte Dies Angebot mir einen zu blasen nicht ausschlagen sollen, als er das letzte Mal hacketütendicht war. Das hätte zumindest Druck abgebaut. Wobei, so sehr drückte es ja auch gar nicht. Wie sollte man auch geil werden bei diesen verfluchten Kopfschmerzen? Ich warf noch ein paar Aspirin nach und machte die Glotze an. Yes, Talkshows. Ich hasste Talkshows. Was kam auch schon morgens in der Glotze? Nichts. Nach Hentai-DVDs war mir auch nicht. Ich wusste ja schon nicht mehr, wie echte Menschen beim Sex aussahen. Hey, da fiel mir was ein. Hatte mir nicht letzte Woche so ein Häschen ihre Nummer zugesteckt? Ich sprang auf und durchsuchte meine Jackentaschen, bis ich schließlich endlich ihre Nummer fand. Schnell hämmerte ich sie in das Handy und wartete, dass sie abnahm. „Moshi moshi,“ ertönte es am anderen Ende. „Hier’s Kaoru.“ Dürfte ja eigentlich schon reichen—DER Kaoru. „Wer?“ „Kaoru,“ nuschelte ich. „Kennen wir uns?“ fragte das Mädel etwas verdutzt. „Ähm...denke schon. Du hast mir letzte Woche deine Nummer gegeben,“ dabei hatte sie solches Glück, dass ich sie anrief. „Oh, ich gebe vielen meine Nummer. Wie war noch gleich dein Name?“ Tut. Tut. Tut. Ich hatte aufgelegt. Was für eine peinlich Nummer. Den einzigen Erfolg der letzten fünf Monate war eine Frau, an deren Gesicht ich mich nicht mehr erinnern konnte, und sie sich offenbar auch nicht an meines. Oh je. Hoffentlich hatten wir nicht mehr miteinander. Nicht, dass wir uns beide nicht mehr an so eine Nummer auf der Toilette erinnern konnten? Das wäre echt scheiße. Ach, ich hätte wirklich Dies Angebot annehmen sollen. Besser als sich was bei einer Fremden eingefangen zu haben. Ich könnte ihn anrufen... Wie besessen schüttelte ich den Kopf um diesen verwerflichen Gedanken loszuwerden. Bevor ich mir von Die einen blasen lasse, vögele ich lieber höchstpersönlich die Königin von England! Ich bin ein Mann! Ein richtig männlicher Mann! Verdammt, ich habe Haare auf der Brust! Eins jedenfalls! Und darauf bin ich stolz. Oh, und Haare im Gesicht hatte ich ja auch. Mir fiel das gerade auf, als ich mir den Bart kraulte, da dies ja niemand anderes für mich tat. Alles musste ich selber tun. Langsam schob ich die Beine auf die Couch und legte mich auf den Rücken. Ich war müde. Das war eine Seltenheit. Mir taten regelrecht die Knochen weh. Und der Schädel! Wie nach einer durchgezechten Nacht. Ich schloss die Augen und versuchte nicht weiter nachzudenken. Einfacher gesagt als getan, denn als ich die Augen wieder aufmachte, kniete auf einmal Die vor mir. „Was machst du hier?“ fragte ich ganz verdutzt. „Entspann dich Schätzchen,“ sagte er und drückte mich mit der flachen Hand auf den Rücken. Dann fummelte er mir am Hosenstall rum. Erschrocken schnellte ich hoch. „Die, was...?!“ Wieder drückte er mich nach unten und ich hörte nur den Reißverschluss meiner Jeans. Oh je. Kaoru-chan war in Gefahr. Ich wusste das, denn ich spürte eine Hand in meinen Shorts. Himmel Herr Gott, wie abartig! Aber irgendwie war es auch geil. „Aah...“ War ich das? Scheiße, Die war guuuuut. Was tat er eigentlich dort unten? War egal. War gut. Ich hatte irgendwie den Drang ihn auch zu befummeln. Ich kam aber nicht ran. Außerdem waren meine Hüften ganz außer Kontrolle. „Gefällt dir das, ja?“ Halt die Fresse und mach weiter! „Mmmhhh...“ mehr kam da nicht—Hirn war auf Stillstand. Mir stand der Schweiß auf der Stirn. Ich war kurz vorm Explodieren. „Du hattest recht.“ Hm, was? Womit? Hä? „Sag ich doch,“ grinste Toshiya. To-shi-ya-?! Lieber Gott, halt die Welt an—ich will aussteigen. Was machte der denn hier? „Hab ihn kaum angefasst und er stand schon!“ lachte Die, dessen Hand irgendwie nicht zum Stillstand kam und somit mir keine Chance gab mal klar denken zu können. „Jetzt lass mich doch auch mal, bevor er kommt!“ quengelte Toshiya und ich machte große Augen. Nein! Das durfte alles nicht wahr sein! „Du machst ihn nur kaputt!“ Stritten die jetzt etwa, weil sie besorgt um Kao-chan waren? Verdammt, wenn hier einer besorgt sein konnte, war ich das. Mein Blick kreuzte sich als sich Toshiya über mich beugte und an mir herumschlabberte wie an einem Softeis. Das war doch alles nicht wahr, oder? Es war ekelhaft und geil zugleich. „Mehr?“ Toshiya und sein dämliches Grinsen. Ich nickte wie bescheuert auf seine Frage und er lachte wieder, bevor es sich seinem Softeis widmete. „Aaaaah...“ ich hörte mich so verflucht beknackt an, wenn ich kurz vorm Höhepunkt war. Das alles geisterte mir im Hirn rum, aber ich kam und kam einfach nicht. „Weil du nüscht kannst Tosh,“ sagte Die und öffnete seine Hose. Oh Gott. Mir war schlecht. „Lecken wie Lassie, ja ja von wegen. Mach dich da weg.“ Toshiya verzog sein Hundeschnäuzchen und rückte etwas zur Seite, so dass Die meine Hose endgültig ausziehen konnte—zusammen mit meinen schwarzen Lieblingsshorts. Ich hätte gerne meine Ängste geäußert, ging aber nicht. Warum? Ich war praktisch hirntot. Toshiya war nicht loszukriegen von Kao-chan und Die sah verdächtig danach aus, als ob er mich vögeln wollte. HILFE! LIEBER GOTT, TU ETWAS! Nur lass mich dabei auch kommen! Wenn ich nämlich nicht gleich komme, sterbe ich! Ich bin noch nicht bereit zu sterben! Die quetschte sich zwischen meine Beine und hob diese etwas an. Bedrohliche Situation. Ich fühlte mich jetzt schon gefickt. Aber alles war egal. Es war egal, was Die mit mir vorhatte. Hauptsache war, dass ich bald mal kam, hier! Das waren vielleicht Schmerzen! Mein Blick fiel plötzlich auf Dies kleinen Daidai. Oder hätte ich großen Daidai sagen bzw. denken sollen? Wieso war der doppelt so groß wie meiner? Das ging ja wohl gar nicht. DOPPELT. Wie kriegte er ihn in eine Hose? Irgendwas war faul hier. Das Ding passt niemals...oh scheiße! Mir dämmerte, was gleich passieren würde. „Die!“ jappste ich und schüttelte den Kopf. „Ja?“ sagte der mit einem süffisanten Lächeln. „W...warte!“ plapperte ich mühsam und verschluckte mich beinahe an meinem Speichel. „Worauf?“ Gute Frage. Mir musste schnell was einfallen, was schwierig war angesichts der Tatsache, dass sich Kao-chan grad innerhalb der Tiefen von Totchi-kuns Kehle befand. „Du machst ihm Angst, Die,“ sagte Kyo und schüttelte den Kopf. Mein eigenes Köpfchen drehte sich zur Seite. Da saß Kyo im Sessel und sah uns auch noch zu! Er knabberte an seinen Fingernägeln und sah gespannt auf mich. Dieser Scheißkerl! „K...Kyo...“ stotterte ich und sah ihn an mit flehenden Augen. „Das kann doch nicht wahr sein,“ jammerte Die und pustete sich eine Strähne roten Haares aus dem Gesicht. „Jetzt schreist du nach Kyo. Ich bin aber zuerst an der Reihe, klar soweit?“ Hastig zog ich einen Luftzug ein. Wie? Was? Wo? Erst Die, dann auch noch Kyo? Der wartete also nur auf seine Chance da drüben? Ich fing an zu zappeln, aber das hatte nur Auswirkungen auf Kao-chan, der so gut eingepackt war in Totchi-kun. Also stöhnte ich erst einmal wie in einem guten Porno. „Hey Shinya,“ Kyo patschte den Platz neben sich. „Nimm dir ein Bier und setz dich. Kaoru muss jeden Moment kommen, das willst du doch nicht verpassen, oder?“ Ich glaube, ich fiel in Ohnmacht. Leider stellte sich das aber als Trugschluss heraus. Ich war hellwach und sah, wie Shinya auf mich zu kam und sich die Lippen leckte. „Ich komm gleich, Kyo,“ sagte er und kam näher. „Ich will erst noch kurz...“ Weiter kam der Chibi nicht, als er mir seine Zunge in den Hals rammte. Gut, dass es nur die Zunge war. Das war ja noch relativ geil angesichts der Tatsache, in welchem Zustand ich mich gerade befand. Tja, dann biss er mir kräftig in die Unterlippe und ließ von mir ab. Ich schmeckte auch Blut, aber das nur mal so nebenbei, weil ich eigentlich nicht wirklich mehr sortieren konnte, was um mich und vor allem mit mir los war. „Das ist die Strafe für vorhin,“ sagte Shinya und setzte sich beleidigt neben Kyo. Strafe? Für was? Das alles musste mein Blick ausdrücken, denn Worte konnte mein Hirn nicht mehr formen. „Du warst sehr, sehr böse Kaoru. Das wirst du büßen!“ Shinya drohte mir. Ich fasste es nicht! Ein eiskalt guckender, böser Shinya hatte mich gerade gebissen, daneben saß ein Warumono, dass sich bereits als Einstimmung an den Eiern rumspielte, an meinem kleinen Kao-chan hing eine geile Diva namens Toshiya und Die war im Begriff mir einen zu verbraten, dass ich die Schmerzen jetzt schon spüren konnte. Und wenn ihr glaubt, das wäre schon alles, dann habt ihr euch geschnitten, denn gerade als ich auf die Armlehne meines Sofas sah—den Platz, den ich für den Unschuldigsten hielt momentan—glotzte mich Shinyas blöde Töle an und sagte: „Hättest du mich mal lieber nicht Köter genannt.“ Miyu drehte den Kopf zur Seite und pfiff. „Yo Die, volle Kraft voraus!“ „Aaaaaaaaaahhhhhhhh!!!!!!!!!!!!!!!“ Mit weit auf gerissenen Augen starrte ich auf Die. „Nicht Die, bitte! Tu mir das nicht an!“ sagte ich ganz schlaftrunken und wunderte mich, dass ich wieder sprechen konnte. „Hä?“ Die schaute sehr verwirrt und öffnete sich eine Pepsi. „Ich mach mir doch nur ne Cola auf, bleib doch mal ganz geschmeidig. Ich bezahl sie dir auch...“ Er rollte mit den Augen und setzte sich auf den Sessel. Cola? Ja, stimmt, er hatte eine Cola in der Hand. Und er war angezogen, komplett, kein Riesen-DaiDai in Sicht. Mein Herz schlug wie wild, als ich mich umsah wie ein Angestochener. Kein Toshiya, kein Kyo, kein Shinya. Ich war angezogen! Halleluja! Danke, lieber Gott. Es war alles nur ein Traum! Ein böser, böser, geiler, böser, sexueller, böser Traum. Ich erschrak trotzdem. „Was machst du hier?“ Skeptisch zog ich eine Augenbraue hoch und setzte mich hin, verschränkte die Beine und ließ meine Hände vorsichtshalber in Hüfthöhe liegen. „Ich wollte mal nach dir sehen...macht ja sonst keiner, was?“ Er grinste und trank einen Schluck. Das war wahr. Niemand kümmerte sich um Kao. Nun ja, wer wusste schon, was die unter „kümmern“ verstehen? „Wie bist du hier rein gekommen?“ „Ich hab deinen Schlüssel noch von damals, als du deine Eltern besuchen warst. Ich sollte doch die Pflanzen gießen, richtig?“ nickte Die und griff nach einer meiner Kippen. „Die waren verwelkt, als ich wieder kam.“ Waren sie. Und zwar alle. „Oh.“ Mehr fiel Die leider nicht dazu ein. „Tja...auf jeden Fall dachte ich, ich sehe noch mal nach dir. Man, du siehst echt scheiße aus!“ „Danke,“ grummelte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Eine Weile lang sagten wir dann gar nichts. Die wusste wahrscheinlich nicht, wie er anfangen sollte und ich musste erst mal meinen Alptraum verarbeiten oder besser ganz schnell vergessen. „Kao?“ „Mmh?“ „Jetzt mal ohne Scheiß, geht’s dir gut?“ Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Heute im Studio...das war alles ziemlich heftig.“ Er senkte den Blick. „Mmh.“ Was sollte ich dazu schon sagen? Sie waren nun einmal inkompetent. Aber ich liebte sie trotzdem! Hab ich das wirklich gerade zugegeben? „Du kennst uns doch,“ sprach er weiter. „Und es war ja auch alles nicht so geplant.“ „Mmh.“ Mir war irgendwie ganz schlecht und die Kopfschmerzen kamen auch zurück. „Tja...na gut...ich geh dann mal wieder...“ Er stellte die Cola auf den Tisch und drückte die Zigarette aus. „Wir sehen uns dann morgen.“ Ich stand mit auf und...scheiße, war mir schwindelig! Wann hatte ich eigentlich das letzte Mal was gegessen? Ich sah etwas Rotes zur Tür wackeln und versuchte hinterher zu machen, aber irgendwie...komisch war das. „Kao?“ Hä? Ruft da jemand? Ich...ich muss die Tür abschließen...sonst...oh je... Und dann war Die weg. Im Grunde war alles weg. Ich befand mich im Dunkel. Ich hasste die Dunkelheit. Als ich klein war, also jung meine ich, da musste meine Mutter oftmals die Tür zu meinem Zimmer auflassen, damit ich mich nicht fürchtete. Deshalb sehe ich mir auch nie Horrorfilme an, und wenn, dann nur mit Bier. Und wenn sich die Jungs mal einen ansehen, mache ich mich über alles und jeden in dem Film lustig, dann ist es nicht so gruselig. Hm, vielleicht werde ich deshalb nicht mehr eingeladen? Könnte mal jemand das Licht anschalten? Es war echt stockfinster. Man konnte die Hand nicht vor Augen sehen. Das war doof. Mama, hol mich. Bestimmt wollte wieder irgendjemand was mit mir anstellen, worauf ich nicht scharf war—oder nur widerwillig. Wie auch immer, wo ist denn hier der Lichtschalter? Ich sah gar, gar nichts und das machte mir Angst. War ich etwa blind? Nein, bitte das nicht. Ich würde bestimmt stolpern auf der Bühne und an Stagediving durfte ich noch nicht einmal denken. Ich war doch ein Star—also holt mich hier raus! Verdammt. Ich fing an zu weinen. Ende Kapitel Eins...^_____^ ~2~ --- Kapitel Zwei Langsam traute ich mich und öffnete die Augen. Aber wo war ich? Im Bett war ich. In meinem eigenen, aber das beruhigte mich irgendwie nicht. Ich wusste nämlich gar nicht, wie ich da hinein gekommen war. Mein linker Daumen zappelte sich in Richtung Oberkörper, was ihm aber sehr schwer fiel, denn er musste eine ganze, wenn auch kleine, Hand und einen schick tätowierten Arm hinter sich herziehen. Sein Ziel erreicht, tastete der Daumen die Gefahrenzone ab. Ergebnis: alles im Grünen, Kaoru war bekleidet. Nun krabbelte der Daumen nach unten und auch da war noch immer dieselbe gute, alte (ja, das war sie) Jeans, die ich mir im Herbst vor drei Jahren gekauft hatte. Die Zeit zur Vergewisserung, die mein Daumen gerade fertig war mir zu geben, kam mir vor wie zwei ganze Leben am Stück, aber es kann sich tatsächlich nur um dreißig Sekunden gehandelt haben. Das machte aber nichts. Das Licht war wieder an und ich hörte Stimmen. Ich hörte Stimmen? Jetzt mal langsam und zum Mitschreiben. Blinzend fokussierte ich meinen nicht ganz so gestochen scharfen Blick—ich war schon sehr blind ohne Brille—auf den Ausgangspunkt des Geschwafels. Ich sah rot und weiß und das nicht in Zusammenhang mit einer Tüte Fritten. Ich wollte meinen Kopf aufrichten, das tat aber höllisch weh. „Aaah-rgh,“ war das Geräusch, das ich von mir gab. Mir war vielleicht zum Kotzen schlecht! Ich hoffte nur, ich war nicht schwanger. WAS DENN? So etwas sollte es geben! Angenommen Die hätte wirklich...was ja nur ein Traum war...glücklicherweise...aber wenn, und das vielleicht während das Licht aus gewesen war, dann hätte es doch sein können, oder? Oder nicht? Ja, vielleicht war ich jetzt nicht unbedingt mit einer nennen wir es mal Vagina ausgestattet, und Eierstöcke und so einen Kram hatte ich ja auch nicht, aber wer konnte schon mit Sicherheit sagen, welches Alien bei mir war, als das Licht aus war? Ich hatte allein vier davon in meiner eigenen Band. „Oh, er ist wach.“ Von oben starrte mich Die an. Also, du wieder! Kaum dachte ich auch nur an Alien, schon stand das Ding vom Planeten 'Red' vor mir. „Das freut mich. Herr Niikura?“ Wer war das denn und was für eine merkwürdige Quatsche hatte der? „Äh?“ Ich drehte meinen Kopf vorsichtig zu dem... Arzt. Eindeutig. Er hatte ein Stethoskop um den Hals, genau so eines, wie ich es schon immer hatte haben wollen. Gemein. „So wie es aussieht, hatten Sie einen Kreislaufzusammenbruch,“ erklärte er mir. Nee, ge? Ohne Scheiß. „Ich habe Ihnen ein paar Tropfen aufgeschrieben, morgens und abends zwanzig mit einem Glas Wasser. Aber sie können keine Wunder bewirken.“ Also war ich nicht schwanger? Das war doch schon mal gut. War Die schwanger? Nein, dann bräuchte ich ja wohl keine Tropfen. „Ich habe es ihrem Freund bereits erklärt,“ sagte der Medizinmann. Meinem Freund? War das eine Andeutung? Heute war nämlich die ganze Welt irgendwie alles eine riesige Andeutung. „Sie müssen Ihre Grundeinstellung ändern.“ „Was ist denn falsch an der?“, krächzte ich. „Vier Mahlzeiten täglich, Herr Niikura, keine weniger. Ausreichend Schlaf. Vitamine, achten Sie darauf, dass Sie Obst essen und vor allem keinen Stress. Machen Sie mal Urlaub.“ Pah! Jetzt drehte der frei. Ich würde sicher gleich aufwachen und alles war wieder nur ein böser Traum. Ich starrte ihn an und grinste, darauf wartend, dass ich bald aufwachte. Tat ich aber nicht. Stattdessen sprach auf einmal Die für mich. „Das schwer mit dem Urlaub, Doc. Wir sind doch mitten in den Aufnahmen für—“ Die wurde unterbrochen. Hey, was sollte das? DAS durfte nur ICH. Klar soweit? „Herr Andou, bitte. Ich kann nicht danach gehen, wer oder was Sie sind. Für mich sind Sie nur Menschen, denen ich empfehle, was ich für ihre Gesundheit als ratsam erachte.“ Schlau, schlau, der Spinner! „Kein Urlaub...“, blubberte ich also vor mich hin mit letzter Kraft. „Dann verschreibe ich Ihnen eben Urlaub. Eine Woche lang nichts tun, einfach nur entspannen. Fahren Sie doch mal weg,“ grinste der Doktor. Verarschte der mich etwa gerade? „KEIN Urlaub.“ Ich war jetzt bockig. „Herr Niikura!“ „KEIN URLAUB!“ Ich knurrte und zappelte wie ein kleines Kind. Bei meiner Mutter hatte das nie gewirkt. Aber bei dem Doc—okay, ich halte meine Klappe. „Dann schreibe ich Sie krank!“ „...“ Darauf fiel mir nichts eins. „Entweder Sie machen freiwillig eine Woche Pause oder ich lasse Sie ins Krankenhaus einweisen. Guten Tag.“ Er nickte freundlich und ging. Die rannte ihm noch hinterher. Mit seinen Armen wedelnd, versuchte er seinen Arsch zu retten, war aber zwecklos. Seinen Arsch? Genau. Denn Die wusste genau, wenn ich eine ganze Woche lang nichts tun würde, wäre es sein Arsch und die der anderen drei Faulenzer, die es büßen würden. Der rechte Mundwinkel meines Gesichts zog leicht nach oben. Der Gedanke gefiel mir. NEIN! Nicht weil es um die Hintern der anderen ging, sondern weil...ach, vergesst es. Tief seufzend drehte ich mich zur Seite. „Kaoru?“ „Was denn?“, murmelte ich ohne Die anzusehen. „Was... was soll ich denn jetzt machen?“ Es war durchaus schön gebraucht zu werden, aber immerzu? Half ja nichts. Ich musste nachdenken. Ins Krankenhaus wollte ich nicht. Urlaub machen wollte ich auch nicht. Aber sterben, das wollte ich schon mal gar nicht. „Sag alle Termine ab,“ nuschelte ich in mein Kopfkissen und winkelte die Beine an. Ich fühlte mich so schon hilflos genug, wieso also nicht auch eine passende Stellung einnehmen? Fehlte nur noch, dass ich am Daumen lutschte. Ich war aber zu schwach den Daumen bis in meinen Mund zu schieben. Die sagte gar nichts. Den Geräuschen zufolge schnappte er nach Luft. „Echt jetzt?“ Das war der Grund, warum ich keine Kinder wollte. Ich hatte ja Leute wie Die um mich herum, die genauso dämliche Fragen stellen konnten. Wie Kinder eben. „Ja, mach.“ Die drehte sich um und ging. Nach einer Weile vernahm ich wieder seine Stimme. Diesmal sprach er aber nicht mit mir, sondern hing an der Strippe um den anderen Bescheid zu geben. „Hier’s Die... Ich wollte nur sagen, dass wir ne Woche Urlaub haben... Ja, ernsthaft...Kaoru ist krank... Oh Mann, ich mach keinen Scheiß... Ja, Kaoru... Ich lüg nicht... DER Kaoru... Ja, genau, der von unserer Band...“ Diese kleinen Mistkäfer! Ja, ich war krank und ich hatte doch wohl auch mal das Recht dazu. Ich war ja auch nur ein Mensch, nicht wahr? Miese kleine Ratten, die es waren, glaubten Die natürlich kein Wort. Hätte ich auch nicht. „...ist einfach umgekippt... zusammengefaltet wie’n Klappstuhl... Bumms, da lag er...“ Ach ja? War das so? Ich kann mich gar nicht erinnern. War doch auch egal. Was hatte Die nur getan ohne meine Hilfe in jenem Moment? Diese Frage wurde ihm offenbar nicht nur von mir gestellt. „Was sollte ich schon tun? Ich habe einen Arzt gerufen und der hat Kaoru Urlaub verschrieben... Nein, der Arzt lebt noch... Ich auch, ja ja, hört man doch... Ist gut, ich meld mich wieder... Baibai.“ Meine Freunde waren sehr witzig, wirklich. Ich hätte ja gerne dem Arzt den Hals rumgedreht, aber mir war so kotzübel, WIE DENN? Ich hörte, wie sich Die eine Büchse Cola öffnete. Dieser Junkie! Wie andere Alkoholiker waren, war Die ein Colaholiker. Und am liebsten hatte er die aus meinem Kühlschrank. Wieso kaufte ich das Zeug auch immer? Ich trank sie ja nicht mal. Vielleicht war ich wirklich zu etwas wie einer Mama für meine Jungs mutiert. Ich dachte immer, hast du Cola, falls Die vorbei kommt? Hast du Bier, falls Toshiya dich besucht? Hast du Hundefutter, falls Shinya mit dem Köter kommt? Hast du Blut, falls Kyo... usw. Ich war schon zu bedauern! Vielleicht war dieser Urlaub genau das Richtige für mich. Ich könnte mal so richtig mit mir selbst aufräumen. So ging es nicht weiter. Gedanklich nickte ich und pflichtete mir bei. Das würde ich tun. Nur nicht sofort. Ich war müde. Migräne hatte auch Vorteile. „Kaoru?“, drang es in meine empfindlichen Gehörgänge. „Ja-ha?“, presste ich zwischen meinen Lippen hervor. „Ich geh jetzt mal nach Hause, okay? Ich komm aber heute abend noch mal vorbei und schau nach dir, wenn du willst?“ Wollte ich das? Ich war mir nicht sicher. Die war ja lieb und nett und alles, aber im Grunde wollte ich doch nur meine Ruhe, wenn ich schon nicht arbeiten durfte. Nur, könnte ich meine Freunde jemals vor den Kopf stoßen? Ja, aber gerade war ich zu fertig dazu. „Ist gut, Die.“ „Soll ich dir dann was mitbringen? Was zu essen oder so...?“ Achtete er etwa jetzt schon auf die Einhaltung meiner neuen 'Grundeinstellung'? Fein. Wenn Die mal die Mama sein wollte, sollte es mir recht sein. „Mach das.“ „Schön, dann bis später Kao!“, rief er freudig. „Ach ja, und... cooles Schlafzimmer!“ Bald darauf hörte ich die Tür. Was zur Hölle sollte das nun wieder bedeuten? Cooles Schlafzimmer, ich weiß. Gitarrentapete ist eben cool. Dem galt es nichts hinzuzufügen. Wenigstens war ich endlich allein. Endlich konnte ich mal abschalten. Endlich konnte ich die Augen schließen. Ich war so verdammt müde. Mir war so kalt. Mit letzter Kraft raffelte ich die Decke über mich und kuschelte mich in die Federn. Ei, wie fein... „Kaoru?“ Wer war denn das schon wieder? „Leader-sama?“, säuselte es neben meinem Ohr. War das Die? Das war doch nicht Die. Wer zur Hölle war das? Ich riss die Augen auf und glotzte in Toshiyas blöde Lachfurchen. Er kicherte mal wieder und freute sich wahrscheinlich über mein dummes Gesicht. Ja, das war mein allerliebstes Lieblings-Totchi, wie ich es kannte. Glücklicherweise kannte ich nur dieses eine Totchi-Wesen. „Wo kommst du denn her?“, fragte ich schläfrig. „Von draußen,“ grinste er frech und beugte sich studierend über mich. Das war nichts Besonderes bei Toshiya, er war irgendwie... anders. „Schon klar. Hast du jetzt auch einen Schlüssel?“ „Nein. Willst du mir einen geben?“ Witzbold. Er hatte immer etwas zu sagen, auch wenn es meistens völlig sinnloses Zeug war. Ich schaute ihn böse an, das zog meistens. Auch diesmal, denn Toshiya schob schmollend seine Unterlippe nach vorn. „Die hat mich reingelassen, er sitzt im Wohnzimmer und spielt Nintendo.“ Schön, dass es den Leuten in meiner Wohnung so gut ging. Hoffentlich würde Die nicht wieder meine Ergebnisse beim Street Fighter überspeichern. Ich war gerade ins zweite Level gekommen. Anmerkung: Ich spielte nicht so oft. Nun ja, warum nicht aufstehen und ins Wohnzimmer gehen, wenn Die da sowieso gerade rumsaß und wahrscheinlich meine Chips futterte? DAS waren meine! Außerdem war ich ja nicht schwer krank oder so, lediglich etwas benommen von der Migräne. Ich richtete mich also auf und versuchte die Füße aus dem Bett zu schwingen, als... „Na na na Kaoru, du bleibst mal schön liegen.“ Toshiya schob mich wieder zurück. „Toshi, ich— Mir geht’s doch gut.“ Ich rollte mit den Augen. Er musste wirklich nicht so fürsorglich mit mir umgehen. Ich war doch schon erwachsen. Tatsache. „Ich weiß,“ grinste er und presste kurzerhand seine Lippen auf meine. WAS ZUR HÖLLE?! Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich vor mich hin und versuchte meine Gedanken zu sortieren. Also gut, Toshiya schob mir gerade seine Zunge in den Hals und war das beunruhigend? Ja, war es! Verflucht. Meine Hände presste ich gegen seine Brust und drückte dagegen was das Zeug hält. Mit Erfolg! „Toshiya! Verdammte scheiße, lass das!“, schnauzte ich ihn an und normalerweise würde er jetzt bocken. Er bockte aber nicht, sondern mutierte zu einem richtig fiesen kleinen Miststück. „Was denn? Hast du Angst Kao-Baby? Musst du nicht haben, ich kümmere mich gaaanz sanft um dich.“ Seine Augen hatten dieses Funkeln und im Handumdrehen hatte er meine Handgelenke umschlungen und presste sie auf die Matratze, so dass er sich auf mich setzen konnte. „Toshiya, lass das! Ich warn dich.“ Was hätte ich denn sagen sollen? Mehr?! Bestimmt nicht. „Och, was willst du denn machen? Willst du nach deiner Mama rufen?“ Weil Toshiya normalerweise schon etwas ulkig war und man mit ihm dumme Spielchen machen konnte, nannte ich ihn manchmal ‚Tama-Totchi’ in Anlehnung an ein Tamagotchi. Die waren auch süße kleine Spielzeuge, die eigentlich recht niedlich waren. Allerdings war das Wesen auf mir gerade alles andere als mein ‚Tama-Totchi’. Es war vielmehr ein ‚Totchinator’, nur mit sexuellen Absichten. Nach meiner Mama würde ich bestimmt nicht rufen, nein. Das würde ja auch nichts bringen, schließlich wohnte sie nicht hier in der Nähe. Aber meine kürzlich erklärte Ersatzmutti war nicht fern. „DIIIEEEEE!!!!!“, schrie ich also, so laut ich konnte. Das fand Toshiya dann wohl doch nicht so gut. Er presste seine Lippen aufeinander, so dass sie zu einem richtig kleinen Schlitz wurden. Seine Augen sahen verboten gefährlich aus und irgendwie fühlte ich mich in Gefahr. „DAIIISUKEEEEE!!!!!“ Wann war die Gelegenheit besser als jetzt Die bei seinem richtigen Namen zu nennen? Plötzlich ging die Tür auf und Die stand im Rahmen, breitbeinig und die Hände in die Hüfte gestemmt. Och, und ein Grinsen hatte er auf dem Gesicht, da war eine Zahnpasta-Werbung ein Scheißdreck dagegen. Hinter ihm drang Qualm hervor und ich fragte mich, ob es vielleicht irgendwo brannte? Panik konnte ich deswegen sowieso nicht schieben, denn momentan brannte es einfach nur bei Kaoru und zwar auf seinem Bett, weil ein wildgewordenes Totchi auf ihm hockte. Mein Blick haftete auf Die, die Rettung, der Held. Halt mal, war das ein Supermann-Kostüm, das er da trug? Nur war es ein bisschen anders. Statt Superman stand ein großes, fettes „D“ auf seiner Brust, und statt eines Ganzkörperanzugs, hatte er eine rote Latzhose an, darunter aber einen blauen Pullover. Hm...und eine Mütze trug Die auf seinem rotgefärbten Haupt. Wieso musste ich auf einmal an Pizza denken? „Kaoru!“, sagte Die mit fester Stimme. „Was ist? Bist du in Gefahr?“ Ich nickte. „Toshiya...nimm ihn von mir, Die. Er ist verrückt.“ Toshiya schmollte und wand sich Die zu. „Ich hatte noch nicht einmal richtig angefangen.“ „Toshiya, Toshi, mein Freund,“ sprach Die und verschränkte die Arme. „Sagte ich nicht, du sollst vorsichtig mit Kao umgehen? Du hast ihn doch auch lieb, oder?“ Toshiya nickte bedauernd. „Gut, dann bis später!“, grinste Die und drehte sich um. „D...Die! Warte! Du kannst mich doch hier nicht allein lassen mit DEM da.“ Panik? Oh ja, durchaus. „Lass mich halt schnell noch fertig spielen, KaoKao,“ quatschte Die und verschwand. Die Tatsache, dass er mich KaoKao nannte, war schon verdächtig. Solche Namen erfanden wir, damit Leute dachten, wir würden uns mögen. Aber ehrlich, wer würde sich schon in unserem Alter mit Namen wie ‚DaiDai’ oder ‚KaoKao’ anreden? Richtig. Niemand. Wir waren doch Männer! Mal abgesehen von ‚ToTo’. Der war komisch. Ach ja, apropos ToTo. Da war doch was. Nur was war es? „Also KaoKao, wenn du jetzt schön brav bist, werde ich auch ganz ganz doll zärtlich sein,“ sagte Toshiya mit einem süßen Karies-Lächeln. Mir war schon wieder nach Weinen zumute. Gab es denn so etwas wie Gerechtigkeit? Wenn ja, warum nicht in meinem Leben? „Die! Komm zurück! Die!“, stöhnte ich flehend. So sehr war mir nach Heulen! Ich konnte ja schon nicht mehr normal rufen. „Nicht nach Die rufen, mein kleiner Schatz,“ flötete Totchi und ließ nicht von mir ab. Stattdessen rannte er seine Hand über meinen Hosenstall und griff mir doch verzückt in den Schritt. „DAAA-HAAAIII!“ „Die...DaiDai...,“ ich wälzte mich zur Seite und vergrub meine Nase im Kissen, schluchzend. Warum ich nach Die rief? Gute Frage. Nächste Frage. Woher sollte ich das denn wissen? „Daiii...“ Langsam öffnete ich meine Augen und starrte auf meinen SuperMario-Radiowecker. Der war schon toll. Da war SuperMario mit seinem Bruder Luigi drauf und in der Mitte war das Display. Der hatte mir so gut gefallen, dass ich ihn einfach kaufen MUSSTE. Ging nicht anders. Und jetzt leistete er schon seit gut sieben Jahren seine Dienste erfolgreich im Hause Niikura-san. Es war genau 18:37 Uhr und blinzend legte ich meine Hand auf die Stirn. Kopfweh war noch da. Doof war das. Aber ich quälte mich aus dem Bett, denn ich hatte wohl doch schon einige Stunden geschlafen, auch wenn mir mein Traum gar nicht so lange vorkam. Traum. Oh Gott. Ich hätte gar nicht daran denken sollen. Wie bekloppt war ich denn? Schon wieder so ein merkwürdiger Traum! Und auch noch Toshiya! Dass ich nicht lache! Gut, dass ich rechtzeitig aufgewacht war. Ich stapfte ins Badezimmer und unterdrückte ein Kopfschütteln. Unterdrücken, weil Kopfschmerz. Kopfschütteln, weil böser Traum. Welchen Grundes träumte ich von meinen Freunden? Männlichen Freunden wäre da noch zu ergänzen. Herr Gott noch mal, war ich wirklich so sehr sexuell vernachlässigt? Konnte schon sein. Seit meiner letzten Freundin hatte ich nicht mehr ihr-wisst-schon-was getan. Ich weiß nicht, ich konnte mich einfach nicht dazu durchringen mit einer Fremden ins Bett zu gehen. Als Rockstar hatte man es eben nicht leicht jemanden zu finden, mit dem man eine feste Beziehung eingehen konnte. Vor allem fehlte die Zeit dazu. Was mich wiederum nicht so arg störte. Ich hatte andere Dinge im Kopf. Und wenn dann doch mal der Wunsch nach Sex in mir aufkam, konnte der Akt schneller, sicherer und eben auch reibungsloser alleine durchgeführt werden. Ja, so einfach war das! Nur anscheinend sehnte sich Kao-chan nach mehr Zuwendung, was sich deutlich machte in Kao-sans Hirn. Deshalb träumte ich von sexuellen Aktivitäten mit meinen Bandmitgliedern. So musste es sein. Ergo, ich musste mal wieder richtig schön ficken. Hört sich drastisch an, war aber wahr. Am besten natürlich mit einem Mädel, dass ich vielleicht auch dauerhaft flach legen könnte. Eine Freundin musste her. Nur wie sollte ich das anstellen? Mein Blick schweifte zum Spiegel, nachdem ich ein gewisses kleines Geschäftchen erledigt hatte. Scheiße! War ich das? Oh fick mich doch! Ich sah ja wirklich total beschissen aus. Ich musste echt was machen aus dem Zwangsurlaub, den mir der Arzt verschrieben hatte. „Kaoru, streng dich an,“ sagte ich zu mir. „Du bist geil, du siehst gut aus und du hast alle Trümpfe in der Hand! Also, leg endlich eine flach, du Hengst!“ „Kaoru? Mit wem sprichst du?“ Zu Tode erschrocken zuckte ich zusammen und stieß mir erst einmal den Kopf am Spiegelschrank. Als ich mich umdrehte, sah ich Die in der Tür stehen. Ich schlug mir die Hand ins Gesicht, nur um sicher zu gehen, dass es kein Traum war. Dann rubbelte ich noch an meiner neuesten Beule. War ja auch nichts Neues. Regelmäßig einmal pro Woche stieß ich mir den Kopf. Ob das was zu bedeuten hatte? „Alles in Ordnung mit dir?“ fragte Die und seine Stirn legte sich in Falten. „Ja, bestens,“ sagte ich mit fester Stimme. DAS war der neue Kaoru. „Was machst du hier?“ Der alte Kaoru ließ sich allerdings nicht ganz so schnell vertreiben. „Ich bring Futter,“ sagte er und hielt zwei Tüten von McDonald’s nach oben. „Hab dir doch gesagt, ich schau noch mal nach dir.“ Mit den Tüten ging er ins Wohnzimmer und ich dackelte ihm natürlich hinterher. Er hatte Burger! Verdammt, er konnte schon ziemlich gut sein, wenn er wollte. Ich meine, Burger! Wer dachte schon daran, dass Kaoru Hamburger liebte? Niemand, außer Die! Der Gute! Mein Held. Ich setzte mich auf den Sessel und sah Die zu, wie er Verschiedenes aus den Tüten holte. „Man, du glaubst nicht, wie schwierig es ist als Rockstar bei Maccy Futter zu holen,“ erzählte er und packte schon mal zwei Cheeseburger aus. Lecker sahen die aus. Ich hätte mich einschiffen können vor Freude, kam ja aber gerade erst vom Klo. Glück gehabt. „Wieso? Waren viele Leute da?“ Ich konnte schon nett sein, wenn leckere Burger auf mich warteten. „Nö, aber Ronald, der Clown. Wusstest du, dass da eine Frau drunter steckt? Der Wahnsinn! Sie hat mir ihre Nummer gegeben.“ Das alles wollte ich eigentlich gar nicht wissen, aber ich nickte verständnisvoll oder machte ein erstauntes Gesicht, wenn von Nöten. Dennoch hatte ich eigentlich nur das Grollen meines Magens in der Ohren und das Tropfen meiner Zähne in Gedanken, als Die dann auch noch einen BigMac rausholte. „Stell' dir das mal vor! Ich könnte Ronald McDonald flachlegen, wenn ich wollte.“ Schön für dich, dachte ich und sah, wie er auch noch Chicken Nuggets auf den Tisch legte. Oh yes! Die war echt ein Supertyp! Mein allerbester Die! Hatte ich schon erwähnt, dass er ein Guter war? War er. „Ich nehme den BigMac,“ verkündete ich und wollte gerade danach greifen, als mir Die etwas gegen die Brust schob. „Eigentlich ist das hier für dich Kaoru.“ Ich starrte auf das Grünzeug in meinen Händen. Er hatte mir doch tatsächlich einen Chefsalat gekauft. Das war ja wohl das Letzte! „Was zur—“ Ich wollte gerade loslegen und Die sagen, was für ein beschissener Freund er wirklich war, als er anfing laut loszulachen. „Sorry Kao, ich konnte nicht widerstehen.“ Er nahm den Salat weg und drückte mir den Mac in die Hand. „Kleines Späßchen. Ich weiß doch, wie sehr du Hamburger liebst!“ Er freute sich noch ein paar Minuten länger über mein dummes Gesicht und schlürfte eine große Cola durch einen Strohhalm, aber interessiert hat es mich kaum. Ich hatte meinen Burger! Verdammt, war ich glücklich! „Du-hu Die,“ fing ich an, als ich den Mac und die Cheeseburger, jede Menge Fritten und einen Schokoshake intus hatte. „Ähä?“ Er blickte zu mir und warf mir einen Glückskeks auf den Bauch. „Glückskekse? Seit wann gibt’s die bei McDonald’s?“ Die Aktion unterbrach irgendwie meinen Gedankengang. „Die habe ich von der Tanke. Musste noch Kippen holen und so. Was wolltest du sagen?“ Die lehnte sich zurück und öffnete die Folie, in die der Keks eingeschweißt war. „Ah, du musst mir helfen,“ sagte ich und fingerte nervös meinen Keks. „Ich? Ja, wenn ich kann. Was soll ich denn machen?“ Etwas treudoof guckte mich mein rothaariger Freund an. So weit, so gut. „Ich brauche eine Frau.“ Da war es raus. Tat gut. Die sah allerdings etwas hilflos aus. „Wie eine Frau? Such' dir eben eine. Du hast doch Auswahl,“ gab er zurück ohne jegliches Verständnis meiner Situation. Wie auch? Er war ja nicht ich. „Ja, schon, nur...“ Ich holte tief Luft. „Ich grabe selten Weiber an, weil ich eben nicht weiß, wie das eigentlich geht.“ „Was?“ Die musste lachen, aber verstummte, als ich ihm mit Hilfe eines Blickes zu verstehen gab, dass es mir ernst war. „Ich grabe eben nicht, klar soweit? Die Weiber graben MICH an, verstehst du? Dann unterhalten wir uns und... na ja...“ Wie sollte ich das nur sagen? „Was und?“ Die Neugier stand Die ins Gesicht geschrieben. „Ich komm halt nicht so gut an, weißte?“ Ich biss mir auf die Lippe. Die zog die Augenbrauen nach oben. „Du meinst...“ „Ja, sie finden mich wahrscheinlich zu blöd oder so, ich weiß doch auch nicht,“ jammerte ich und seufzte. „Du hast da viel mehr Glück. Und Erfahrung! Ich stell mich halt zu blöd an und so...“ „Tja, willst du jetzt Tipps haben oder was?“ Er grinste und bedauerte mich wahrscheinlich. War ja auch verständlich. „Nein. Ja. Nein. Ja, auch.“ Ich fuhr mit der Hand durch die Haare und knetete an meinem Keks rum. Den in der Folie! Also den von Die. Egal. „Geh halt mal mit mir weg. Du hast doch ein Auge für Hasen. Alleine ist das doof.“ Die schaute etwas nachdenklich aus. Ich musste meiner Bitte mehr Druck verleihen. „Du kennst doch gute Clubs und so. Wir gehen mal weg und schauen, ob ich was Brauchbares finde, ja? Ohne die anderen.“ Ich versuchte die Sache mit dem Hundeblick auch mal, aber ich kam mir dabei ziemlich dämlich vor. „Von mir aus,“ sagte Die und zuckte mit den Schultern. „Gehen wir halt weg. Wann?“ „Morgen,“ schoss es aus mir raus ohne Zögern. „Also gut, wir haben ja schließlich Urlaub,“ grinste er und öffnete endlich seinen Glückskeks. Er lachte und las mir vor, was darin stand: „Großmut zahlt sich aus. Na bitte! Du blechst!“ Alles, Hauptsache ich hatte bald wieder etwas Bumsbares im Bett. „Öffne deinen Keks! Der sieht schon ganz weich aus,“ plädierte mein Kumpel und ich sah verdutzt auf den Keks in meiner Hand. Die hatte recht. Essbar sah er nicht mehr aus. Egal, ich fischte das Zettelchen aus dem Teig und las. Dann schluckte ich. Was war das denn schon wieder? „Was steht drauf?“ fragte Die ungeduldig. Wie ein Kleinkind, dieser Mann! Ach herrje. „Glück entsteht im Erfüllen deiner Träume.“ Na, Mahlzeit. Der Spruch war ja mal wieder oberdoof. Aber mit Hilfe guter Assoziation verstand ich natürlich gleich den Sinn. War auch ganz glasklar. Im Grunde stand da nichts anderes, als ich es selbst bereits heraus gefunden hatte. In meinen Träumen ging es um Sex. Ich musste also Sex haben um glücklich zu sein. Dazu brauchte ich eine Frau. Und deshalb hatte ich ja Die gebeten mir zu helfen. Warum gerade Die? Ja, nun zunächst einmal weil Die eben gerade da war. Das war schon mal logisch, nicht? Dann weil es da niemand anderen gab. Abgesehen vom ‚Big Red’ oder wie ich ihn nannte: ‚dem Lollipop’ (er erinnerte mich manchmal an ein Stoppschild), war da nur noch Toshiya. Aber mit dem ‚Tama-Totchi’ konnte man nicht gemütlich weggehen. Wenn der in einen Club ging, konnte er keine Minute ruhig sitzen bleiben. Entweder war er am Tanzen, zog von einer Ecke in die andere, begrüßte Leute oder redete ununterbrochen. Mein Ding war das nicht. Tanzen fand ich doof, eine Ecke war mir vollkommen genug und viele Leute kannte ich auch nicht. Die war da ähnlich. Vielleicht noch ein wenig offener als ich, aber er zappelte wenigstens nicht dauernd rum. Shinya und Kyo fielen von vornherein durch. Shinya hatte Hundeprobleme und Kyo war noch nicht einmal vom selben Planeten wie die anderen Menschen. Die amüsierte es köstlich, dass ich so ein Trottel war, da war ich mir sicher. Doch hatte er es gut versteckt. Er hatte mir auf die Schulter geklopft, so dass ich mich an dem weichen Keks verschluckte, und meinte: „Das wird schon Kao! Wir suchen dir eine megascharfe Braut!“ Hoffentlich hatte er recht. Ich drehte mich auf den Bauch und schloss die Augen. Im Bett war es doch am Schönsten. Die war nach dem Essen gegangen und hatte mir gesagt, dass er erst am nächsten Abend wieder kommen werde, weil die anderen mich auch mal besuchen wollen würden. Na, da war ich ja mal gespannt. Sollte ich sie wirklich interessieren? Ein Testament hatte ich nicht, also Gewinn machen konnten sie wohl kaum. Ach, vielleicht war ich zu pessimistisch eingestellt. Der neue Kaoru würde optimistisch sein! Das nahm ich mir vor. Morgen würde ich aufstehen und erst mal ein wenig Körperpflege betreiben. Rasieren und so. An den Stellen, wo man es nur sieht, wenn man die Dinge tut, die mein Körper doch so gerne mal wieder tun würde. Machte ich Sinn? Die hatte mir auch empfohlen den Bart abzurasieren, weil die Schnecken auf den aalglatten Typen mehr abfahren würden. Vielleicht würde ich das tun. Vielleicht auch nicht. Doch! Ich würde es tun! Ich war stark. Ich war schön. Ich war sexuell zu sehr frustriert um Ansprüche zu stellen. Jetzt lag ich schon eine geschlagene Stunde im Bett und schlief nicht ein. Wieso nur? Was könnte schon passieren? Ich drehte mich auf den Rücken und starrte an die Decke. Das Mobile leuchtete mit Sonne, Mond und Sternen. Mir konnte also nichts passieren, außer dass ich möglicherweise wieder irgendeinen Schwachsinn träumte. Wenn ich jetzt ganz fest an eine Frau dachte, dürfte das doch eigentlich nicht passieren, oder? Ich meine, ich wollte nicht wieder... DAS. Wenn schon von Sex träumen, dann vielleicht von einer Blondine, die gab es hier viel zu selten. Schade, dass wir nicht gerade in Europa waren. Da gab es Hasen! Der helle Wahnsinn! Leider waren die meisten Europäerinnen größer als ich. Verdammt. Ein Gedanke kam mir wie aus dem Nichts. Waren europäische Männer überall größer? Ich hob die Decke an und sah Kao-chan an. Ach, Mist, der war doch gut so, wie er war. Ich klappte die Decke runter, schloss die Augen und legte mich auf die Seite. Was war denn so ein richtig geiler europäischer Hase? Heidi Klum. Ach nee, die war schon wieder schwanger, das machte ja nun gar nicht an. Claudia Schiffer. Och, zu alt. Die hatte doch schon ausgedient. Wer war da noch? Paris Hilton. Die war allerdings Amerikanerin. Also fiel sie durch mein Raster. Ich war schon ganz müde. Warum fiel mir nur keine Blondine mehr ein? Mir fiel eigentlich gar nichts mehr ein. Tiefschlaf. Scheiß Johanniskraut-Tee. Ende Kapitel Zwei. Kommentare? :) (Sowwy, im Teil 3 geht’s dann richtig ab! Und keine Sorge, dies ist keine het fic.) ~3~ --- Danke für die lieben Kommentare bisher! Kapitel Drei „Du hast einen saftigen Knackarsch,“ raunte sie mir ins Ohr und grinste. „Ich weiß,“ gab ich zurück mit einem Wink meiner Hand. „Müsstest ihn mal nackt sehen!“ „Nur zu.“ Mit einem einseitigen Grinsen drehte ich mich langsam um und griff nach meiner Gürtelschnalle, die ich ohne Zögern öffnete. Die Knöpfe der Hose waren im Handumdrehen offen und langsam streifte ich den Stoff von meinen Hüften. Nicht nur den der Hose, sondern auch den meiner viel zu engen Shorts. Ein Kribbeln durchfuhr mich, als ich mich entblößt hatte und unter den Lidern hervor über meine linke Schulter lugte. Doch ich konnte sie nicht sehen. Wo war sie hin? Ich vernahm den Hauch heißen Atems in meinem Nacken und zitterte leicht in Vorfreude. Sie war nah und schon bald konnte ich spüren, wie ihre Hände sanft über mein nacktes Hinterteil glitten. Oh ja, mehr. Ich war hart wie sonst nix! Zärtliche Finger fuhren über meine Haut nach vorne über die Hüfte. Ich erschauderte und nicht zuletzt Kao-chan, der in heller Aufregung war. Geübte Hände umfassten mein Glied und streichelten die empfindlichen Muskeln. „Aaah,“ entkam es mir und ich lehnte den Kopf zurück an eine starke Brust. „Jaaa—!“ „Magst du das, ja?“, fragte er und umspielte mein rechtes Ohr mit seinen Lippen. Und wie ich das mochte! Nur eines störte mich. Na gut, zwei Dinge. Zum einen die starke Brust und zum anderen die tiefe, männliche Stimme. Den Blick gekreuzt schielte ich nach unten. Es war so schwer sich zu konzentrieren. Ich bemühte mich jedoch, so gut es ging, und erkannte da unten starke, unverkennbar männliche Hände, die im Begriff waren mich zu befriedigen. Ein Mann! Ein Mann war das hinter mir, keine Frau. Oh Gott. Ich schluckte. Mein Hals war so furchtbar trocken. Was passierte hier? Es war doch so gut, wie konnte ich das nur genießen? „Oh fuck!“ Selbst in Momenten wie diesem fiel es mir trotz all dem schwer meine Klappe zu halten. „Das kommt später,“ sagte er und küsste meinen Hals, leckte entlang meines Puls’. Bei allem, was mir heilig war, das konnte ich doch nicht zulassen. Oder doch? Oh, vielleicht doch. Zu nah war ich dem Höhepunkt. Aber wer war der Mann hinter mir? Ich sah ja nur seine Hände und spürte seine Lippen. Hände mit langen, schlanken Finger und, wenn ich nicht irrte, verzichteten diese Hände nicht ganz auf unverzierte Haut. Leider verließ mich mal wieder mein Röntgenblick, als sich meine Augäpfel nach oben rollten. Scheiße, der Typ war gut! Und Lippen hatte er, so weich und sanft. Ich musste wissen, wer er war. Verdammt. Wenn ich es schon zuließ, dann bei wem? Wer vermochte mich hier gerade zu einer Schwuchtel umfunktionieren? Mit letzter Willenskraft drehte ich meinen Kopf zur Seite und versuchte dem Mann ins Gesicht zu sehen. Zu verschwommen. Ich konnte ihn nicht erkennen. Wo war er? Zu plötzlich verspürte ich auch nicht mehr seine erregenden Berührungen. Blitzartig dreht ich meinen ganzen Körper um und starrte auf ein leeres Bett. Er war weg. Es war niemand da außer mir. Enttäuscht sank ich zu Boden. Das Licht der Sonne schien mir warm ins Gesicht. Es musste Morgen sein. Mit einem Grummeln drehte ich mich zur Seite und versuchte die Bettdecke etwas mehr über mich zu ziehen. Fehlanzeige. Ging nämlich nicht. Ich schlug die Augen auf und starrte in ein gelangweiltes Gesicht. „Aaahhh!“ Erschrocken fuhr ich zusammen und legte den Rückwärtsgang ein. Großer Fehler, denn die Bettkante war einfach zu nah. Augen im Hinterkopf wären toll. Da ich die aber nicht hatte, wie alle anderen Menschen auch, fiel ich geradewegs aus dem Bett und mein Hintern machte Bekanntschaft mit dem harten Fußboden. Ich hasste diesen Tag schon jetzt. „Au! Scheiße verdammt!“ Schnell stand ich wieder auf und bewaffnete mich zuallererst einmal mit der Nachttischlampe. Statt aber in das Gesicht eines Einbrechers glotzte ich in Kyos seltene Fresse. Der saß auf der Bettkante und sah mit großen Augen zu mir nach oben. „Was—“ Aua. Ich rieb mir das Hinterteil und stellte die Lampe wieder hin. Dann strafte ich Kyo mit einem meiner berühmten bösen Blicke. „Was zur Hölle machst du hier?“ „Krankenbesuch,“ sagte Kyo und testete eindeutig die Härte meines Bettes mit seinem Hinterteil. Alarmierend. „Und wie kommst du hier rein?“ Ich kratzte mich am Kopf und schaute zur Sicherheit an mir herunter. Gleiches altes T-Shirt, gleiche alte Boxershorts. Alles dran so weit. „Die hat mir deinen Zweitschlüssel gegeben,“ antwortete Kyo brav und legte sich mit dem Rücken auf mein Bett. „Die? Ich glaub, ich spinne. Jetzt gibt der schon meinen Wohnungsschlüssel weiter. In welchem Film bin ich eigentlich?“ Ich fasste mir an die Stirn um sicherzugehen, dass ich kein Fieber hatte und vielleicht halluzinierte. Denn DAS konnte ja wohl nicht die Norm sein. Dass Die einfach meinen Schlüssel weiterreichte, war die Höhe. Dass er ihn überhaupt noch hatte, war ja schon schlimm genug. „Reg dich ab Kaoru,“ sagte Kyo schulterzuckend und schob die Hände unter seinen Kopf. „Die hat’s gut gemeint. Er wollte eben nicht, dass ich dich wecke. Faselte was von du bräuchtest deinen Schönheitsschlaf.“ Mit offenem Mund starrte ich den kleinen Sänger an. Oh je. Das war ja nett von Die, dass er nicht wollte, dass mich jemand weckte, aber weiter als von der Tapete bis zur Wand hatte er dabei wohl auch nicht gedacht. Er dachte eben nie sehr weit. Dass ich mich vielleicht zu Tode erschrecken würde, das kam ihm nicht in den Sinn. Aber was sollte ich schon machen? Ich seufzte erst einmal und suchte nach ein paar Klamotten. „Ich bin doch nicht schwerkrank oder so,“ murmelte ich Kyo zu, während ich im Schrank herumwühlte. Irgendwo musste doch dort mein Urlaubsshirt sein, dass wo ‚vacation’ drauf stand. Menno, wo war das denn? „Hatte Die ja auch gesagt, aber wer glaubt dem schon? Ich meine, DU bist krank. Unfassbar.“ „Soll vorkommen,“ brummte ich und zog das T-Shirt im Stapel ganz unten hervor. „Und? Alles in Ordnung bei dir?“, fragte der kleine Blonde und gähnte. Wenn er es sich jetzt wagte in meinem Bett zu schlafen, würde ich ihn erwürgen. Ehrenwort. „Ja, alles bestens.“ Geschafft. Ich hatte das T-Shirt, dass ich wollte. Der restliche Stapel fiel in sich zusammen, aber das war nicht wichtig. Ich schaute Kyo an und sah, wie sich seine Augenlider langsam schlossen. Dann warf ich einen Pantoffel gehen seinen Kopf. „Au—“ Kopfrubbelnd schmollte er und ich zeigte ihm die Tür. „Geh in die Küche. Ich komm gleich und mach Kaffee.“ In Schneckentempo schlüpfte er vom Bett und watete aus dem Schlafzimmer. Es war zum Verzweifeln. Selbst wenn ich Urlaub machte, musste ich noch den Arsch der Nation für meine Freunde spielen. Tat ich ja gern, aber ungerecht war es schon. Kyo hätte ja mal Frühstück machen können. Aber nee, war nicht. Schlimm genug, dass ich immerzu von Männern träumte, dachte ich noch und schlurfte ins Badezimmer. Den Mann im Spiegel ignorierte ich gekonnte und vollzog die morgendliche Routine. Meine Träume wurden auch noch immer beunruhigender. Komisch war es auch, dass ich mich noch genau an den letzten Traum erinnern konnte. Alles wusste ich noch, bis auf kleine Details. WER WAR DER KERL? Ich wusste ja nur soviel, dass er wohl auch irgendwie ein oder mehrere Tattoos an seiner Hand hatte. Aber war es nur eines oder zwei oder mehr? Da hörte es schon auf. Ach, es war ja auch egal. Ich konnte ja nicht mal mit Sicherheit sagen, ob ich den Kerl überhaupt kannte. Außerdem verdankte ich das alles auch nur wieder der Tatsache, dass ich sexuelle Aktivitäten in der letzten Zeit vernachlässigt hatte. Heute Abend würde mein Leben eine Wendung nehmen. Nachdem ich die Zähne geputzt hatte, ging ich in die Küche um Kaffee zu kochen. Kyo saß brav am Tisch und rauchte eine Zigarette. Mein Blick schweifte nur kurz über ihn, bevor ich einen Filterkaffee aufsetzte. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs Löffel Kaffeepulver dürften reichen für drei Tassen, oder? Eine für Kyo, zwei für mich. Ja! Kyo hatte ja auch ziemlich viele Tattoos an seinen Armen. Aber nur eine Hand war tätowiert! Und die nicht gerade wenig. War vielleicht Kyo der Typ aus meinem Traum? Na, das wäre ja mal was Neues. Ein eiskalter Schauer lief mir den Rücken runter. „Wasser,“ sagte der Kleine und nahm einen weiteren Zug von seiner Kippe, bevor er sie im Aschenbecher ausdrückte. „Hä?“ Ich sah ihn an und schluckte. Was wollte er? „Du musst noch Wasser in die Maschine tun,“ meinte er augenrollend und stützte sein Kinn gelangweilt auf seine rechte Hand. So viele Tattoos... Ich schüttelte den Kopf in Hoffnung den Gedanken zu verwerfen und füllte stattdessen lieber Wasser in die Maschine. Wo er recht hatte, hatte er recht. Ohne Wasser kein Kaffee. „Was zu essen?“, fragte ich noch, weil ich eben ein höflicher Mensch war. „Kein Hunger,“ bekam ich zur Antwort und überlegte kurz, ob ich überhaupt Hunger hatte. Schwer zu sagen. Auf so etwas achtete ich meistens nicht. Nur hatte ich ja Urlaub jetzt und stand nicht unter Zeitdruck, also konnte ich ruhigen Gewissens meinen Magen mal fragen, ob er was wollte. Keine Antwort. Da der Doc aber gesagt hatte, ich solle essen, schmiss ich halt zwei Scheiben Toast in den Toaster und suchte schon mal die Nutella aus dem Kühlschrank. „Was gibt’s sonst Neues?“, fragte ich, weil ich das Anschweigen nicht ertragen konnte. Gepflegte Konversation gehörte zum Leben wie Sex. Sex hatte ich nicht, also wollte ich wenigstens die Gelegenheit zur Konversation ergreifen. „Nichts. Oder... Shinya war mit seinem Hund beim Arzt. Der hat so eine Magen-Darm-Verknotungs-Dingens-Krankheit,“ versuchte Kyo mir zu erläutern. „Shinya?“ Der Versuch schlug fehl. „Nee, der Hund. Jedenfalls war es noch mal rechtzeitig, sonst wäre er wohl gestorben.“ „Oh.“ Das war ja scheiße. Vielleicht sollte ich mich doch bei Shinya entschuldigen. Ich war nicht gerade nett gewesen. Köter hin oder her, aber wäre die Töle verreckt, hätte ich möglicherweise keinen Drummer mehr in der Band. „Und Toshiya ist nach Okinawa gefahren, als er von Urlaub hörte. Er will dich aber anrufen,“ informierte mich der Sänger, geduldig auf den Kaffee wartend. „Was will er denn in Okinawa?“ Es war mir schon klar, dass Toshiya sich sicher aus dem Staub machen würde. Man musste ihm gegenüber nur Urlaub erwähnen, da war er schon gedanklich auf den Malediven. Dabei war es allerdings bisher geblieben. „Weiß nicht. Da wohnt irgendein Typ, der hat eine Freundin und die kennt einen mit einem Strandhaus. Was weiß ich? Hab nicht zugehört.“ Schulterzuckend sah mich Kyo an. Einmal mehr hatte er recht. Toshiya zuzuhören fiel eben schwer. Nichts desto trotz musste sich ja einer erbarmen und auch diesen Menschen verstehen. Meistens war ich das. Eigentlich immer. Ich servierte dann den Kaffee und strich mir die Nutella richtig fett auf den Toast. Das war das Positive an meinem Adoniskörper. Ich wurde nicht dick. Im Gegensatz dazu wurde ich auch nicht dünner, wenn ich nichts aß. Deswegen war es schwer einzuschätzen, ob ich Nahrung brauchte oder nicht. Ich würde wohl dem Arzt vertrauen müssen. „Und was machst du jetzt mit deinem Urlaub?“, fragte ich, nur um die Konversation aufrecht zu erhalten. „Schlafen klingt gut.“ Typische Antwort. Na, wenn es ihm half. Ich nahm einen Bissen vom Nutellabrot und guckte geradeaus. Da war Kyo. Kyo hatte eine starke Brust. War jetzt Kyo der Kunde aus meinem Traum gewesen oder nicht? Es würde mich schon brennend interessieren. Falls, dann war ich reif für die Klappse. Ach, was machte ich mir Gedanken über ungelegte Eier? Am Ende würde sich das heute noch alles relativieren. Hoffentlich jedenfalls. Doofer Glückskeks. Sehr viel mehr redeten Kyo und ich dann nicht mehr. Er schlürfte seinen Kaffee und bedankte sich auch sehr herzlich dafür. Mehr als sonst. Das war merkwürdig. War etwas nicht in Ordnung mit dem Kaffee? Egal. Mein Kumpel verzog sich dann und ließ mich allein. Gut so. Es war Zeit das Aschenputtel richtig rauszuputzen! Abtauchen war angesagt. Ich hatte mir ein Bad eingelassen und mich ausgezogen, da fiel es mir ein. Kyo hatte noch immer den Wohnungsschlüssel. Mist. Ich schloss vorsichtshalber die Badezimmertür ab und sank in das warme Wasser zusammen mit Mister Fröschi. Das war ein grüner Gummifrosch, der gerne badete, wenn Kaoru badete. Er mochte den Schaum genauso dolle wie ich. Ja, das war mein guter Mister Fröschi. Er quiekte vergnügt und ich tauchte unter Wasser. Blub, blub, blub. Baden war schon eine feine Sache. Als ich mich für schrumpelig genug befand, kletterte ich wieder aus der Wanne. Vorsichtig, denn ich wollte den Abend noch erleben. Ich war schon einmal im Badezimmer ausgerutscht und hatte mir das Kinn aufgeschlagen. Das war keine schöne Erfahrung gewesen. Da stand ich also und überlegte, ob ich mir auch die Beine rasieren sollte. Ich entschied mich dagegen. Etwas meiner Männlichkeit wollte ich noch dranlassen. Apropos Männlichkeit. Sollte ich mich da auch rasieren? Da unten, ihr wisst schon wo. Bei meinem Glück würde ich mir wahrscheinlich die Eier abhacken, oder gar Kao-chan. Also verzichtete ich auch hier und zog mir Unterwäsche an. Ich wollte ja nicht, dass sich der Kleine noch erkältete. Klein als Kosename, versteht sich. Dann blickte ich in den Spiegel. Es war Zeit sich dem Gesicht zu widmen. Das schäumte ich kräftig ein und nahm den Rasierer. Gedanklich hörte ich „Time to Say Good Bye“ und tat es! Ich metzelte ihn einfach nieder. Er war mir so treu gewesen, doch es musste sein. Entweder der Bart oder Kao-chan. Wie hättet ihr euch entschieden? Schwierig, ich weiß. Aalglatt war ich danach und vom Kinn tropfte etwas Blut, aber war ja klar, dass ich ohne mich zu schneiden nicht davon kommen würde. Ging aber. Man sah es kaum. Noch etwas Aftershave und fertig war ich. Ich kämmte die Haare, wobei mir auffiel, dass ich mal wieder zum Frisör müsste. Dafür hatte ich aber keine Zeit mehr bzw. keinen Termin bei meiner Friseuse. „Hallo schöner Mann,“ begrüßte ich den schicken Kerl im Spiegel und grinste. Konnte ja eigentlich nichts schief gehen heute Abend. Und auf diesen wartete ich geduldig. Verantwortungsbewusst wie ich war, bestellte ich mir um genau Punkt Zwölf eine Pizza. Ich sollte ja essen und genau das tat ich. Vierjahreszeiten mit extra Käse. Dazu gab es einen Jasmin-Tee mit etwas Zucker. Als Nachspeise eine Mild Seven lights. Okay, zwei. Auf einem Bein stand man ja schließlich nicht. Bei der Dritten sagte ich mir, dass aller guten Dinge drei waren. Tja, und weil ein Tisch vier Bein hat, rauchte ich auch noch eine Vierte und schon waren es nur noch knapp fünf Stunden, bis ich aus dem Haus musste—korrigiere: wollte. Was tat ich also? Ich machte meinen Laptop an. Den hatte ich mir gekauft um dieses Musikprogramm zum Komponieren zu nutzen. Man konnte sogar die Gitarre daran anschließen, aber leider war ich noch nie dazu gekommen, das Ding einmal auszuprobieren. Das war genau die richtige Beschäftigung für mich! Es war Arbeit, die eigentlich keine Arbeit war – rein offiziell. Kaoru, dachte ich mir, du bist und bleibst ein Schlitzohr! Ich war genial. „Ach scheiße!“, fluchte ich gerade vor mich hin, weil an diesem blöden Computer nichts, aber auch wirklich nichts, funktionierte, als das Telefon klingelte. Ich hatte es geschafft den Netzstecker in die Dose zu fuchteln und den Laptop hochzufahren, alles andere war noch Geschichte, weil das Ding einfach nicht machte, was ich wollte. Da kam mir das Telefon gerade recht! „Moshi moshi,“ zischte ich in den Hörer und starrte böse auf den Computer. Der konnte das zwar nicht sehen, aber mir gab es das Gefühl einer Schlacht. Männer brauchen so was, okay? „Hallo? Kaoru?“, erklang eine schüchterne Stimme. „Hier ist Toshi.“ „Ah, ja, hallo.“ Kurz und bündig. Gedanklich war ich noch immer beim Verkloppen des Laptops. „Ich wollte nur mal fragen, wie’s dir geht? Weil du doch krank bist und so...“ Ich verdrehte die Augen. „Ich bin nicht krank. Nicht mehr jedenfalls. Ich war nur etwas... gestresst.“ Genau das war ich und ich war auf dem besten Weg da wieder hinzukommen. „Die hat gesagt, die wärst umgekippt. Da hab ich mir doch schon Sorgen gemacht, weißt du?“ Heute war Toshiya mal wieder die Liebenswürdigkeit in Person. Sagte ich bereits, dass er anders war? „Ja, war ich auch, aber es geht mir wieder gut. Ich brauch nur eine Woche Ruhe, vorsichtshalber. Hat der Arzt gesagt. Und, bei dir? Hab gehört, du fährst nach Okinawa.“ Themenwechsel. Kein Bock auf ‚Kaoru ist krank’-Geschichten. Ich war doch topfit eigentlich. Uneigentlich? Ärzte hatten ja gar keine Ahnung. „Och ja, ein Freund hat mich eingeladen. Dachte, weil wir doch frei haben und du sicher deine Ruhe haben willst. Und weil ich dann ja überflüssig bin...“ „Schon gut, Toshiya. Fahr weg. Hab Spaß. Nutze die Zeit. Wir werden schon früh genug wieder durchstarten,“ sagte ich und war wieder voll in Leader-Mode. Am Ende konnte ich gar nicht anders. Ich war zu gutherzig. Außerdem konnte ich Toshiya ja sowieso gerade nicht hier brauchen. Ich hatte eine Mission. Ohne das ‚Tama-Totchi’. „Na gut. Wenn es dir soweit ganz gut geht, kann ich beruhigt sein.“ Ich hörte förmlich sein Nicken. Aber nicht nur das. Im Hintergrund schrie jemand so etwas wie ‚Arschbombe’. Ich fragte aber nicht nach, verdrehte nur die Augen. Es wäre sinnlos jetzt nachzuhaken. „Kannst du,“ bestätigte ich. „Ich sehe dich in einer Woche, okay?“ „Okay!“ Er grinste, ich wusste das. Er war ja so berechenbar und irgendwie brachte mich das auch zum Lächeln. „Also dann, baibai, Kao!“ Und schon hatte er aufgelegt. Toshiya, Held der Band. Ach je, richtig böse sein konnte man ihm selten. Das würde auch zu lange dauern. Ich hatte anderes zu tun. Auf den Laptop hatte ich schon gar keinen Bock mehr, also rief ich Shinya an und entschuldigte mich für mein Benehmen gestern – obwohl er es verdient hatte. Shinya sah auch gleich seinen Fehler ein, denn Kranksein hatte auch seine Vorzüge. Da ich doch tatsächlich umgefallen war, hatte er gedacht, er wäre unter anderem schuld, weil wir uns gestritten hatten. Also entschuldigte sich Shinya dann. Ich erkundigte mich noch kurz nach dem Hund und sagte ihm, dass ich hoffe, es würde Miyu bald besser gehen. Im Grunde jedoch brachte mich der Gedanke an den Hund fast zum Kotzen. Ich meine, selbst von der Töle hatte ich bereits geträumt. Normal war das nicht. Dagegen musste ich etwas unternehmen und deshalb beendete ich das Gespräch auch nach kurzer Zeit. Es war genau 20.39 Uhr, als sich plötzlich die Tür wie durch Zauberhand von selbst aufschloss und Die in meine Bude spazierte. „Na, alles fit im Schritt?“ Die Hände in den Hosentaschen starrte mich Die mit einem Grinsen an. Da war doch was, was ich ihm noch sagen wollte. „Du hast noch immer meinen Schlüssel,“ gab ich vom Sofa aus zurück. Ich hatte den Netzstecker des Laptops gezogen und ihn abstürzen lassen. Er war ein Böser. Das musste ich bestrafen. Ich spielte lieber etwas Nintendo. „Wieder meinst du. Kyo war da, ja? Er wollte unbedingt zu dir und nachsehen, ob noch alles an dir dran ist,“ plapperte Die und setzte sich neben mich. Alles noch dran? Er hatte doch wohl nicht...? Nein. Nein, nein, nein. Ich dachte besser gar nicht erst darüber nach. Ich träumte von Männern – meinen Freunden. Das konnte einen leicht zu übereilten Schlussfolgerungen bringen. Kyo hatte nur an meinem Bett gesessen, richtig? Tief einatmen, befahl ich mir, bevor ich noch anfangen würde zu hyperventilieren. „Ja, er war hier. Weißt du, Die,“ fing ich an und legte den Controller für den GameCube zur Seite. „Ich finde es nicht so gut, wenn du anderen meinen Wohnungsschlüssel gibst.“ Die sah mich an mit großen Augen. „Es war doch nur Kyo.“ „Selbst Kyo kann mich danach selber fragen, verstehst du? Ist ja nicht böse gemeint, aber vorher zu fragen wäre schon nett gewesen.“ Ich versuchte so verständlich wie möglich rüberzukommen. Die war nicht unbedingt schlau, nein, das nicht, aber er war liebenswert und sensibel. Warum zur Hölle machte mich sein Blick eigentlich gerade so weichlich? Die nickte. „Hast recht, tut mir auch leid. Kommt nicht wieder vor.“ Er senkte seinen Blick und ich kam mir schon echt wie ein Arsch vor, dabei hatte ich doch meine Gründe. Ach, verdammt. Ich sollte das Thema wechseln. Dann müsse sich Daisuke nicht mehr schämen. „Und? Bist du startklar?“, fragte ich mit einem Grinsen. Wenn ich das tat – und das tat ich selten – konnte Die nicht anders als auch zu grinsen. Es brauchte ja auch nicht viel ihn dazu zu bewegen. Ihm war das angeboren. „Ja ja, bin ich, bin ich. Ich weiß auch schon, wo wir hingehen. Da ist so ein richtig geiler Club, den mir ein Kumpel empfohlen hat. Da soll es jede Menge geiler Hühner geben,“ erzählte Die fröhlich vor sich hin und ich hatte bereits Mühe nicht den Faden zu verlieren. „Bist du denn startklar, Kao?“ „Nach was sieht’s denn aus?“ Ich stand auf und grinste noch einmal. Mal sehen, ob ihm etwas auffiel. „Öhm... nach einem Japaner in T-Shirt und Boxershorts?“ Tut mir leid, es wäre Antwort B gewesen. Ich sah an mir herunter. Ach ja. „Nicht das! Sieh dir mal mein Gesicht an!“ Die blickte ziemlich doof gerade, dann hatte er wohl doch noch eine Idee. „Die Brille lässt du Zuhause, ja? Falls du dich noch rumbeißen willst und—“ „Nicht die Brille!“ Och Mensch, war Die so dämlich oder tat er nur so? „Der Bart!“ „Welcher Bart?“ Gedanklich schlug ich mir vor den Kopf, dann vor Dies Kopf. War ja auch viel zweckmäßiger, nicht wahr? „Ach so! Ja, der ist weg! Jetzt versteh ich! Sieht gut aus!“ Endlich. Hatte ja lange genug gedauert. „Genau, der ist ab. Sieht gut aus, ja? Meinste echt?“ Die nickte wie bekloppt. „Nur eine Hose musst du noch anziehen. Wir wollen ja schließlich ein ANSTÄNDIGES Mädel für dich finden.“ Warum versuchte er gerade krampfhaft mir zuzuzwinkern? Ich fand seinen Witz nämlich doof. Mir war Anständigkeit gerade so was von egal, das glaubte mir keiner. „Schon gut,“ sagte ich und ging ins Schlafzimmer. Zur Auswahl hatte ich eine blaue Jeans und eine weiße. Mal Die fragen, der hatte Ahnung. „Blaue oder weiße Hose?“ Er zog eine Augenbraue hoch, als er die weiße Jeans in Augenschein nahm. „Die sieht scheiße aus. Zieh die blaue an.“ Klare Ansage. Manchmal war Die auch ganz praktisch. Deshalb hatte ich ihn ja auch auserwählt. Mit Klamotten kannte er sich aus. Auch heute sah er wieder recht schnittig aus. Jeans, weißes T-Shirt und Jackettjacke. Ich war ehrlich beeindruckt. Leider war das nicht ganz mein Stil, sonst würde ich so etwas auch tragen. Neid? Ja. Denn Daisuke hatte echt den perfekten Körper dafür. Er war groß, hatte breite Schultern—stopp. Bis hier hin und nicht weiter. Ich zählte jetzt nicht gerade auf, was mir an Dies Figur gefiel, oder? Ganz schnell vergaß ich das wieder. Ich schlüpfte dann in meine Jeans und suchte noch ein schwarzes, nicht ganz so weites T-Shirt aus dem Schrank, bevor ich meine Jacke anzog und Die das Zeichen zum Gehen gab. „Hast du auch deine Tropfen genommen?“ Anmerkung: Sweatdrop. Wieso musste er sich gerade jetzt anhören wie meine Mutter? Ich nickte und machte eine Geste, dass er sich beeilen sollte. Manchmal war ich es der Worte leid. Dann fuhren wir los. Wir hatten Dies alten Skyline genommen und er hatte mir erklärt, dass es wichtig sei, dass ein Mann ein geiles Auto besäße. So könnte man die Weiber beeindrucken. Was falsch daran war einen Kombi zu fahren, fragte ich, aber er schaute nur doof zu mir rüber. Verstand ich nicht. Ignorierte ich. Es hatte nicht lange gedauert, da waren wir angekommen. Lob an Dies Kumpel, der Club war echt der Hammer. Sehr schick und wo ich hinsah, überall Hasen. Die und ich setzten uns in den Bereich am Rand zwischen der Tanzfläche und der Bar. So konnten wir alles sehen, aber waren gleichzeitig am etwas ruhigeren Bereich, wo man sich auch mal unterhalten konnte. Ich bestellte ein Bier. Ich trank nicht so oft, aber dachte mir, wenn ich schon mal wegging um zu baggern, dann könnte ich mir auch ein Bier gönnen. Nach etwa zwei Stunden waren es bereits drei Bier. Warum? Ganz einfach. Weil mich noch immer keine Frau angegraben hatte und Die bereits dem dritten Mädchen erklären musste, dass sie nicht sein Typ sei. Also, mein Typ wäre sie gewesen, nur ich nicht ihrer anscheinend. Ungerecht war die Welt. Kurze Zeit später lächelte mich dann doch noch eine Frau an, und ich lächelte auch zurück. Langsam kam ich in Fahrt. Ich strahlte förmlich, als sie zu mir rüber kam. „Hey, hast du Lust zu tanzen?“, fragte die Schönheit mit dem langen, schwarzen Haar. „Ach nein, tanzen ist nicht so mein Ding,“ antwortete ich ehrlich. Sie hingegen zog die Augenbrauen hoch und zuckte mir den Schultern. „Dann eben nicht.“ Ehe ich es mir versah, war sie gegangen. Der Schall von Gelächter drang in mein rechtes Ohr. „Was?“, schrie ich Die ins Ohr, so dass er zusammenzuckte. „Warum hast du sie abblitzen lassen?“, wollte Die wissen. „Hab ich doch gar nicht. Ich habe doch nur auf ihre Frage geantwortet. Sie muss ja nicht gleich weglaufen,“ zickte ich zurück. „Ja, aber... Kao! Wenn dich eine Frau fragt, ob du mit ihr tanzen willst, dann sag nicht einfach ab ohne dazu gleich noch eine Frage zu stellen. Sofern du mit ihr im Gespräch bleiben willst. Willst du das?“ Ich nickte. Daisuke-sensei gab wichtige Tipps. „Wenn sie fragt, willst du tanzen, dann sagst du, nein, aber kann ich dir was zu trinken ausgeben?“ „Hm... macht Sinn.“ Machte es. Die war gar nicht so dumm. Ich nahm mir fest vor beim nächsten Mal etwas Professioneller an die Sache ranzugehen. Leider dauerte das wiederum fast zwei Stunden, bis mir endlich eine hübsche Frau zulächelte. Sie war wirklich ein Hottie. Nicht zu groß, zierliche Figur, kurzer Rock mit schlanken Beinen und sie hatte wellige, lange Haare – ideal für Kaoru! Ich lächelte also zurück und bald darauf kam sie auch zu mir herüber. Yes, dachte ich, Jackpot. Während sie auf unsere Ecke zusteuerte, sah sie mir unentwegt in die Augen – ich schwöre! „Hi,“ sagte sie fast schüchtern, dann sah sie Die an. „Hi.“ Und was sollte ich jetzt sagen? „Magst du dich setzen?“ Das war doch schon ein Anfang. „Gern,“ gab sie zurück und pflanzte sich doch erst einmal direkt zwischen mich und Die. Ein mulmiges Gefühl kam in mir hoch, aber ich ignorierte es. Und dann passierte es bereits. Sie wandte sich Die zu und fragte ihn nach Feuer, was er ihr auch bereitwillig gab. Dann erzählte sie ihm, was er doch für ein schönes Lächeln hätte und mir wurde leicht übel. Als sie ihm dann auch noch an den Oberschenkel fasste, bestellte ich mir einen Tequila zu meinem nächsten Bier. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Die ganze Flirterei für den Arsch. Warum hatte sie mich eigentlich die ganze Zeit angesehen? Hatte sie einen Silberblick? Und überhaupt. Wusste sie eigentlich, wer ich war? Und wer Die war? Die zum Beispiel war nämlich mein Gitarrist. In MEINER Band. Ich war ihr Bandleader. Die gehörte praktisch mir und deshalb hatte sie mich gefälligst erst mal zu fragen, bevor sie ihn antatschte! Quasi. Darum eben. Der Tequila schlug ganz schön ein. Ich bestellte mehr davon. Ich musste schließlich meinen Kummer ersaufen. Niemand wollte mich. Die, die mich wollten, ließ ich durch dumme Antworten abblitzen, und die anderen wollten lieber den ‚Lollipop’. Das war nicht fair. Aber es war gerade auch nicht mehr ganz so dolle wichtig, weil sich gerade anfing die Disco zu drehen. Hui, war das schön. Die ganzen bunten Lichter sahen aus wie lauter kleine Fliegen, die mit Feuer spielten. Wenn Kyo das sehen könnte, der würde sich freuen. Ich gab mir Mühe nach rechts zu schauen. Früher hatte da mal Die gesessen, das Wesen, dass mir heute hätte helfen sollen. Bäh, mir war schlecht. Wo war er denn nur? Ah, da kam er. „Warsten du-hu?“, fragte ich und versuchte, das rote Ding genau im Auge zu behalten. „Auf dem Klo,“ lachte er. Wieso denn das? War etwas lustig? Ich wollte mitlachen. „Tequila schmeckt gut, was?“ Hä? Was wollte der? „Nee, schmeckt beknackt, dreht aber priiiiima.“ „Genauso siehst du auch aus.“ Prima? Sah ich prima aus? „Oh daaanke, Daiii. Du siehst auch nicht übel aus.“ Er lachte wieder. Ja, ihm hatte mein Kompliment offensichtlich gefallen. Ob ich ihm noch eins machen sollte? Nein, warum auch? Er hatte ja schließlich mit dem Scheiß angefangen. „Was hältst du davon, wenn wir jetzt nach Hause gehen? Ist schon spät und wir können ja morgen noch einmal einen Angriff starten,“ schlug mein rothaariger Freund vor. Nach dem ersten Satz konnte ich ihm aber schon nicht mehr folgen. „Zu dir oder zu mir?“ Ich versuchte ihm in die Augen zu sehen, stellte sich aber als schwieriger heraus, als erahnt. Na, jedenfalls zählte doch der Versuch. Zur meiner persönlichen Unterstützung packte ich ihn am Arm. Zumindest meiner Koordination half das. „Weissu Die, du bist schon ein ganz schöner Schlingel.“ „Was, ich?“ Wieder hatte er einen Lachanfall. Was fand er nur so amüsant? „Ja, du. Also, gehen wir jetzt oder was?“ Ich wollte aufstehen und zum Glück half mir Die dabei. Hatte ich wirklich so viel getrunken? Ach scheiße. Nur gut, dass Die da war, der Retter in der Kaoru-Not. „Ein Hoch auf Daisuke-chan!“ „Komm jetzt.“ Warum Die jetzt grob wurde, wusste ich allerdings nicht. Es schien ihm peinlich zu sein, dass ich ihn feiern wollte. So was Blödes. Im Nachhinein betrachtet, wäre es mir vielleicht auch peinlich gewesen, wenn er mich Kaoru-chan genannt hätte. Das taten nur ‚sehr gute’ Freunde, wenn ihr versteht? „Fahr doch mal langsamer,“ jammerte ich im Auto und hielt mir den Magen. Dies Fahrstil hätte Vin Diesel in die Hose scheißen lassen, aber hallo! „Ich fahr nicht mal fünfzig, Kao,“ bemerkte Die, aber ich sah nur helle Lichter an mir vorbei flitzen. „Ich hab irgendwie Hunger.“ Mein Magen knurrte. „Hast du Abendbrot gegessen?“, fragte Die und verwirrte mich. Solche Fragen fragte mich nie jemand. Ich versuchte mich aber zu erinnern. „Ach, Mist, das hab ich irgendwie vergessen.“ Beim Nintendospielen sozusagen. „Auf dich muss man echt aufpassen. Du solltest doch darauf achten, dass du ausreichend isst. Und jetzt säufst du auch noch auf leeren Magen. Kein Wunder, dass du stechvoll bist,“ meckerte Die vor sich hin und ich sah ihn mit großen Augen an. Was laberte er da eigentlich? Dann sah er mich kurz an und schaute wieder auf die Straße. „Und böse sein kann man dir auch nicht, so wie du guckst.“ Wie guckte ich denn? Ganz normal, oder nicht? Ich wollte gern mal mein Bärtchen kratzen, aber das war ja weg. Und wie ich Die so ansah, fiel mir kaum noch auf, dass mein Magen fast Saltos schlug, weil mir so kotzübel war. Hunger hatte ich auch nicht mehr und überhaupt war alles ganz verschwommen. Nur Die konnte ich noch sehen. War ja auch kein übler Anblick, so für einen Mann. Plötzlich stieg Die aus. Oh mein Gott. Wir fuhren doch noch, oder etwa nicht? Ich geriet leicht in Panik. Dann öffnete sich meine Beifahrertür und Die glotzte in den Wagen. „Die, mach keinen Scheiß. Du kannst doch nicht mitten inner Fahrt aussteigen,“ lallte ich ihn an. „Wir sind da, Kaoru,“ sagte er monoton und packte mich am Arm. „Los, komm. Ich bring dich hoch.“ Das war aber nett von Die. Überhaupt war der nett, immerzu und ständig. Richtig rührend für unser erstes Date. Ich musste auf einmal kichern. „Was denn jetzt los? Warum kicherst du?“, fragte Die, als wir Richtung Eingang liefen. Die lief. Ich wurde geschleppt. Jemand hatte Kaos Koordinationszentrale gekidnapped. „Find dich nur so süß,“ war meine Antwort. „Bitte was?“ Ich hätte schwören können, dass Die rot anlief. Wieso und warum verstand ich nicht. „Halt so, Mann,“ war meine höchstwissenschaftliche Erklärung für dieses Phänomen. „Warum isses hier eigentlich so finster?“ „Weil du gerade vor deine Wohnungstür gelaufen bist.“ Er konnte fast so trocken sein wie Kyo. Ich musste lachen. Auch hier war mir der Grund völlig unbekannt. Machte ja nichts. Dies Hände packten mich an den Schultern und dirigierten mich einen Schritt zurück, so dass ich tatsächlich auch eine Tür erkannte. Die war also schon mal kein Lügner. Pluspunkt für den Rotschopf. Dann klingelte ich. „Willst du die Tür nicht lieber aufschließen? Du bist nämlich nicht zu Hause,“ lachte Die so schön wie eh und je. Schön lachen konnte er also auch, noch ein Pluspunkt. „Umpf.“ Ich suchte meine Jacke ab nach dem Schlüssel und blieb mit der Hand in der linken Jackentasche stecken. Auf einen Kampf mit der Jacke wollte ich mich aber nicht einlassen und ignorierte also meine Hand. Die rechte gefiel mir sowieso viel besser und die hatte ich ja noch. Bis sie in meiner Jeans wühlte. Da war nämlich der Schlüssel. Ich zog daran, aber er wollte einfach nicht raus aus der Hosentasche. „Mistbock, elender! Komm raus da!“ Ich gab nach einer Weile auf, denn ich wollte meine rechte Hand auf gar keinen Fall verlieren. Wobei ich eigentlich ja auch die linke brauchte um Gitarre spielen zu können. Oh Gott, nein. Dann wäre ich quasi berufsunfähig, wenn ich meine linke Hand nicht rettete. Ich war ein Krüppel. Mir war zum Weinen zumute. Auf einmal stand die Tür auch offen. Scheinbar hatte Die aufgemacht mit dem Zweitschlüssel, den er gerade wieder in seiner Tasche vergrub. Dann packte mich Die um die Hüfte und ich schmiss den rechten Arm, den mit der freien Hand, um seine Schultern. Ganz so weit kam ich allerdings nicht. Mein kurzer Arm reichte nur bis zu seiner Brust, wo ich mich aber gekonnt in seinem T-Shirt festkrallte. „Die“, jammerte ich. „Die, ich bin ein Krüppel.“ „Was bist du? Wieso das denn?“ Er zog sich ohne mich loszulassen die Schuhe aus und schleppte mich Richtung Schlafzimmer. „Ich bin ein Inval— Inva—... ein Krüppel eben! Nur eine Hand hat der Kao, und keine Frau. Keine will mich. Ich sehe scheiße aus,“ ertrank ich langsam und in Seelenruhe im Selbstmitleid. „Quatsch nicht so ein Zeug, Kaoru. Gut siehst du aus, besser als die meisten Kerle. Die Weiber in dem Club haben nur alle keine Augen im Kopf,“ beruhigte mich Die und ließ mich plötzlich los. Ich marschierte geradewegs bäuchlings auf das Bett. „Dich haben sie jedenfalls gesehen,“ nuschelte ich ins Kopfkissen. „Aber die, dich mich gesehen haben, waren alle nicht mein Fall,“ erklärte Die und zog mir die Schuhe aus. „Glaub mir, Kao. Du bist gut, so wie du bist. Ein Prachtkerl sozusagen.“ „Escht?“ Das Kissen erstickte mich fast, aber ich konnte mich auch nicht bewegen. „Ja, echt.“ Dann griff mir Die an die Schultern und zog die Jacke nach hinten über meinen Rücken aus und befreite dadurch auch meine linke Hand. Halt mal. Die sagte mir, wie gut ich aussah und zog mich aus. Also wollte er doch ins Bett mit mir. Ich wusste es! „Kannst du die Hose allein ausziehen?“ Ich verneinte seine Frage mit einem Kopfschütteln, denn ich wollte sie auch gar nicht allein ausziehen, selbst wenn ich dazu fähig gewesen wäre. „Dann musst du dich auf den Rücken drehen.“ Einfach gesagt. „Hilf mir.“ Die griff meinen rechten Arm und zog mich auf den Rücken. „Du kannst echt inkompetent sein, weißt du das?“ Ich grinste. „Du sollst doch kein Lexikon futtern, Daidai.“ Ich nannte ihn tatsächlich Daidai. Jetzt war es offiziell, dass Kaoru eindeutig viel zu viel getrunken hatte. „Sehr witzig.“ Er macht ein nahezu zuckersüßes Gesicht mit einem kleinen, unfreundlichen Lächeln. Woah, da sah er richtig heiß aus. Typ: japanischer Schuljunge. Gefiel mir. Ich mochte schließlich auch L’Arc en Ciels Hyde, aber das wusste keiner. Ich wäre ja auch nie so blöd das zu verraten. Die jedenfalls öffnete geradezu mühelos meine Jeans, was ich mit erstauntem Blick zur Kenntnis nahm. Ich hob kurz mein Becken, und schwups hatte Die die Hose auch schon unten von mir. Da war ich auch gleich halbnackt. Beeindruckend. „So, und nur weil ich gerade sowieso schon dein Mädchen für alles bin, decke ich dich auch zu.“ Er schlug die Decke um mich und zog sie mir bis ans Kinn. „Siehst du, so nett bin ich zu dir.“ Wenn ich mich noch erinnern könnte, hätte ich sicherlich auch bemerkt, wie rot seine Wangen angelaufen waren. Allerdings merkte ich noch, dass es ihn leicht nervös machte mich auszuziehen und auch noch zuzudecken. Wahrscheinlich missfiel dem Charmeur ja nur die Tatsache, DASS er mich zudeckte. „Mädchen für alles,“ kicherte ich, weil ich wirklich wahrhaft wünschte, das wäre er. Mein Mädchen für alles. Denn zum einen wäre er dann ein Mädchen und zum anderen für alles. Verstanden? Nicht? Dann denkt noch mal drüber nach. „Komm mal her, mein Mädchen für alles.“ „Was denn?“ Er schaute mich von oben fragend an. „Näher, ich kann dich ja gar nicht sehen.“ Im Gegensatz zu ihm war ich hingegen schon ein gewaltiger Lügner, aber nur wenn es darauf an kam. „Meine Mädchen werden immer reichlich belohnt.“ „Belohnt?“ Seine Augenbrauen schnellten nach oben und sein Gesicht kam näher. Die war bekannt für seine Geldgeilheit. Ich hatte ihm mal einen Zwanziger geboten, wenn er sich eine Flasche Bacardi auf Ex hinter die Binde gießen würde. Den Zwanziger war ich jedenfalls los, auch wenn der Inhalt der Flasche mal wieder vielmehr auf Dies Hemd landete als in seiner Kehle. Lustig war es trotzdem. „Ja, belohnt,“ flüsterte ich geheimnisvoll, griff ihm blitzschnell in den Nacken und drückte meine Lippen auf seinen Mund. So schnell hatte er wohl auch nicht damit gerechnet. Mit weit aufgerissen Augen starrte er mich an. Das wusste ich, weil ich selbst die Augen nicht schloss. Schon allein, weil sich dann alles drehte. Außerdem war die Gesamtsituation auch nicht so romantisch, dass ich das hätte tun müssen. Die jedenfalls riss sich dann abrupt los und sah mich entsetzt an. Dabei hatte ich es nicht als so ekelhaft empfunden. Ich war noch nicht mal zu dem Bereich der Erwachsenenküsse gekommen, was ein bisschen enttäuschend war, aber auch nicht so dramatisch. Da ich kräftig einen sitzen hatte, konnte ich das sowieso nicht richtig zuordnen. Was tat ich also? Ich prustete erst einmal kräftig los, weil Die so ein beknacktes Gesicht machte. Der lachte auf einmal mit und schüttelte nur den Kopf. „Du Spinner,“ sagte er noch und wackelte nach draußen. Er schob die Tür hinter sich zu und ließ mich allein. Ich grinste noch eine Weile vor mich hin, bevor ich nicht mehr konnte, denn meine Augenlider fielen zu. Vorsichtig drehte ich mich auf die Seite und streckte sicherheitshalber den linken Fuß aus dem Bett, dann dachte ich an gar nichts mehr. Schlaf übermannte mich regelrecht wie eine Sintflut. Trotz aller Müdigkeit wachte ich immer wieder auf, denn mir war ein wenig übel, ich hatte wieder Hunger und vor allem starb ich fast vor Durst. Der Alkohol verzog sich langsam aus meinem Körper, zurück blieb das Sahara-trockene Gefühl in meinem Mund, das nicht nur trocken und sandig war, sondern auch pelzig. Bäh. Wirklich ekelig. Ich brauchte dringend einen Schluck Wasser oder am besten sogar eine ganze Flasche. Mit Bedacht schob ich meine schweren Beine vom Futon und betrat den Fußboden. So weit war alles bestens. Es drehte sich nur kurz alles, dann war ich ganz klar im Kopf. Ich musste nur langsame Schritte machen, dann würde alles gut gehen. Ich schob die Schlafzimmertür auf und mir war, als ob ich Stimmen hörte. Es konnte schon sein, dass Die vielleicht den Fernseher angelassen hatte. Das wäre nicht das erste Mal gewesen, aber die Stimmen, die ich hörte, klangen irgendwie vertraut. Ich ging also Richtung Wohnzimmer und als ich den Blick um die Ecke richtete, sah ich die grausamste Szene meines ganzen Lebens. Gut, vielleicht nur die zweitgrausamste, aber ich war ja auch gerade erst hinzugekommen. Genau. Da war nämlich Die auf meinem Sofa - halbnackt. Oberkörper war frei und meine Fresse, der sah verdammt gut aus. Allerdings war er nicht allein. Über ihm hockte der Sänger meiner Band und öffnete dem anderen gerade die Hose und zog sie ihm dann auch schön langsam aus. Meine Augen wurden immer größer. Kyo stoppte nicht, sondern entledigte Die auch seiner roten Boxershorts. Die war offensichtlich in einem sehr erregten Zustand. Fast beneidenswert, doch umso mehr schockierend. Hallo? Kyo und Die! Die und Kyo! Auf meinem Sofa! Ich räusperte mich so laut ich konnte, noch bevor sich Kyo an Die zu schaffen machte, aber ich wurde total ignoriert und schon war es zu spät. Daidai-chan verschwand im Mund des Warumonos und ich schaute nur gaffend zu. Ich schnappte nach Luft und stellte mich direkt vor die beiden, aber weder Die noch Kyo beachteten mich. Kyo machte fröhlich weiter und Die fing langsam an zu schielen. Die Geräusche, die er von sich gab, waren schon recht erregend, aber ausgelöst durch Kyo erregten sie höchstens meinen Brechreiz. Konnte Kyo nicht mit wem anders rummachen? Toshiya oder Shinya? Nein, er musste sich MEIN Mädchen für alles nehmen. „Schluss damit!“, schrie ich urplötzlich und war beinahe von mir selbst überrascht. Ich fühlte mich auch stocksauer – auf Kyo, weil es frech war in anderer Leute Wohnung deren Mädchen für alles zu befriedigen und vor allem auf Die, weil er sich anscheinend lieber von Kyo als von mir einen blasen ließ und das in meiner Bude! Das war doch frech, oder etwa nicht? Er hätte MICH zumindest vorher fragen können, das verlangte quasi die Höflichkeit. Kyo hörte dann auch auf und schaute auf. Dann grinste er Die dreckig an und öffnete den Gürtel seiner eigenen Hose. Was zum Henker?! Kyo wollte Die doch wohl nicht...? Hier? Vor mir? „Hört auf!“, brüllte ich die beiden an, doch Kyo machte in aller Seelenruhe weiter und zog sich aus. Schwer zu übersehen, dass Kyo anscheinend auch richtig geil war auf Die. Himmel, hatte der einen Ständer! Ich wischte mir den Schweiß vom Gesicht. Auf der einen Seite wäre ich ja beinahe selbst hart geworden vom Zuschauen, aber auf der anderen... war die Jungfräulichkeit meines Daidais in Gefahr! Verdammt und zugenäht! Warum wollte ich nur nicht, dass Kyo den armen Die vögelte, obwohl der ihn darum anflehte? Scheißegal. Das war meine Bude. Ich hatte hier das Sagen. Außerdem war ich der Leader. Die hatten mir zu gehorchen und ich wollte verdammt noch mal nicht, dass Kyo seinen Schwanz in meinen Gitarristen steckt. So einfach war das! „Ihr hört jetzt auf, verstanden?“, schrie ich und wollte Kyo vom Sofa zerren, doch ich konnte ihn nicht fassen. Ich sah auf meine Hände, dann zum kleinen Blonden. „Schluss jetzt!“ Doch keine Einsicht. Stattdessen hob der kesse Blonde die Hüften von Die an und positionierte sich bereit zum Versenken. „NEIN! Kyo, hör auf!“ Wieder schrie ich, doch ohne Beachtung. Meine Augen wurden größer und mein Herz raste. Warum hörten die mich nicht? „Tu das nicht. Bitte...“ Ich sank auf die Knie und starrte auf das Szenario. „Die! Nicht...“ Er nickte Kyo zustimmend zu und mir blieb das Herz stehen. „NEEEIIIIIN!“ Ende Kapitel Drei. Kommis? *liiiep kuck* Tbc... ;) ~4~ --- Danke widerum für eure lieben Kommentare, die sind immer gern gelesener Ansporn!! Kapitel Vier Ich riss schnell wie der Blitz meine Augen auf und fühlte nichts außer mein rasendes Herz. Heilige Scheiße, was war das denn bitte für ein Alptraum gewesen? Ganz recht, Alptraum. Kyo hatte meinen Die— ich schüttelte meinen Kopf, was ein fataler Fehler war. Doch bevor ich das überhaupt erkannte, korrigierte ich mich mental. Kyo hatte Die vögeln wollen! Mein Kopf fühlte sich an wie eine heiße Sechzig-Watt-Glühbirne, die sich dazu noch auf einem Karussell drehte. Ich wusste gar nicht, dass man auch so verkackte Träume haben konnte, wenn man die Nacht zuvor einen über den Durst getrunken hatte. Anscheinend waren Träume dann aber noch viel schlimmer. Das sagte mir mein Herz, das mir bis zum Hals schlug. Warum zur Hölle hatte ich mich denn so aufgeregt im Traum? Was lag mir daran, ob Kyo oder sonst wer meinen Gitarristen einen verbraten durfte? Mann, ich durfte gar nicht meine Augen schließen und ich sah die beiden vor mir. Dies liebevolles Lächeln – ich glaubte, ich musste kotzen. Und Kyo und seine Hände überall an Die. Ich befahl mir nicht mehr daran zu denken und schaute zum Fenster. Es musste noch sehr früh sein, also hatte ich auch gar so viel nicht geschlafen. Ich hatte jedenfalls saumäßigen Brand – Durst in anderen Worten. Langsam schlurfte ich aus dem Bett und fühlte mich beim Aufschieben der Tür, als hätte ich ein Déjà Vu. Gott sei dank war aber alles ruhig in meiner Wohnung, mal abgesehen von einem leisen Schnarchen. Moment, leises Schnarchen? Ich schleppte mich zum Wohnzimmer und sah vorsichtig um die Ecke. Da war Die! Auf meinem Sofa! Ich machte drei Kreuze, denn er war allein. Kein Kyo. Niemand außer Die und dem Sofa und der Decke, die er über sich hatte. Er schmatzte glücklich vor sich hin und ich fragte mich, was er wohl träumte. Offensichtlich nicht so einen Schwachsinn wie ich. Oder doch? Wenn man es aus Dies Sicht betrachtete... Er würde doch nicht gerade von Kyo träumen? Nein, das glaubte ich nicht wirklich. Dann würde er bestimmt nebenbei keuchen. Ach Gott, wenn ich daran dachte, wie er sich in diesem fürchterlichen Alptraum angehört hatte und das zusammen mit Kyo. Der Gedanke ließ mich daran erinnern ins Badezimmer zu gehen. Übergeben musste ich mich glücklicherweise nicht, aber mal dringend schiffen. Ich hatte wohl doch ein paar Bierchen zu viel. Dabei war es Die, der normalerweise immer soviel soff, dass er nicht mehr wusste, was Männlein oder Weiblein war. Gut, diesen einen Fehler hatte ich mir geleistet und ab jetzt würde ich richtig professionell durchstarten. Hände gewaschen, ganz klar, dann ging ich in die Küche und holte mir eine Flasche Wasser. Das tat vielleicht gut - glaubte mir keine Sau! Eigentlich wollte ich danach wieder ins Schlafzimmer, was anziehen, etwas aufräumen und vielleicht mal meine Ganesa liebkosen, aber ich kam einfach nicht an der Wohnzimmertür vorbei ohne hineinzulugen. Ganz im Gegenteil. Ich setzte mich sogar hinein auf einen Sessel und starrte Die an. Seine Brust hob sich und fiel, und er murmelte ab und zu etwas Unverständliches, was im Grunde echt witzig war. Richtig süß würde wohl ein Mädchen dazu sagen, aber ich war ja keines, von daher hätte ich solch einen Gedanken niemals ausgesprochen. „Rot...“, nuschelte er gerade und ich schmunzelte in mich hinein. Er hatte eben nur diesen einen Gedanken. Die konnte man verstehen oder auch nicht, aber letztlich war er recht einfach gestrickt. Liebenswert und fröhlich. Hinter dieser Fassade sah niemand den relativ unbeholfenen Jungen, der er eigentlich war. Nur hatte er eben auch Glück bei den Weibern! Da war wieder mein Problem. Ich hatte noch immer keinen Sex, nur im Traum und da war ich nur Zuschauer gewesen. Zu dumm, dass ich nicht mit einem von beiden die Rollen getauscht hatte. Was sagte ich da? Ich war doch keine Schwuchtel. Oh je. Vielleicht sollte ich die Zeit nutzen, die Die noch schlief, und mich für eine Weile in meinem Schlafzimmer einschließen. „Morgen,“ brabbelte es vor mir und zwei kleine Äuglein blinzelten mich an. Ich nickte Die zu und lächelte einseitig und ganz kurz. Gab ja nichts zu lachen oder so. „Was ist?“ „Was soll sein?“, fragte ich zurück mit einem unverstehenden Blick. „Du guckst mich an,“ sagte Die und ich musste zugeben, dass das wahr war. Aber sonst? Ich wusste doch selber nicht, warum ich hier saß und ihn anschaute. Die Glotze konnte ich ja wohl kaum anmachen, dann wäre er aufgewacht. Also saß ich halt hier und glotzte ihn stattdessen an. „Wie lange sitzt du schon hier?“, fragte er auf einmal skeptisch. „Nicht lang.“ Ich zuckte mit den Schultern. Wollte er auf irgendetwas hinaus? „Bin grad erst aufgestanden und hab mich gefragt, warum da einer auf meinem Sofa liegt.“ Noch mal die Kurve gekriegt, was? Denn so war es ja letztlich auch. Wenn mein Hirn nicht mit meinem Traum gekämpft hätte, wäre ich sicher auch zu der Frage gekommen, wieso dieser rotköpfige Trottel auf meiner Couch lag. Der setzte sich gerade auf und kratzte sich die rote Birne, mit weit offenem Mund gähnend. Erklärte den Trottel. „Denkst du, ich hatte nach all der Arbeit noch Bock Heim zu fahren?“, erklärte mir Die kopfschüttelnd. „Wieso Arbeit?“ Das leuchtete mir nicht ganz ein. Wir hatten doch Spaß, auch wenn das gewünschte Ziel verfehlt wurde. „Na, erst quatsch ich mit den ganzen Bräuten nur wegen dir, dann besäufst du dich und ich muss dich hierher zurück schleppen, dann musste ich dich auch noch ausziehen! Ausziehen! Hörst du? Und zum Schluss...“ Hier stoppte er. Warum nur? „Ja, zum Schluss? Was dann?“ Ich zickte ein wenig. Das war doch die Übertreibung des Jahrhunderts. Als ob er wegen mir mit den ganzen Weiber geredet hätte? Von schleppen konnte nicht die Rede sein, ich wog ja gerade mal einen Zentner und ausziehen... diesmal stoppte ich, gedanklich. „Du Blödmann hast mich geküsst!“ Er warf mir ein Kissen ins Gesicht. Ich wünschte, es wäre dort einfach kleben geblieben. „Volldoofi.“ „Hä?“ Hatte ich das? Denk positiv, Kaoru, sagte ich mir und freute mich, dass der Gedanke scheinbar noch heute Morgen Die die Schamesröte ins Gesicht trieb. Leider war ich eher ein Pessimist und verfluchte den Alkohol, denn selbe Schamesröte trieb sich auch auf meinen dezenten Wangenknochen herum. Mir wurde nämlich ganz warm um die Nase. Ich konnte mich gar nicht mehr erinnern, dass ich ihn geküsst hatte. Egal, ich hatte einen sitzen, da macht man schon mal solche Sachen. „Kannst dich nicht mehr erinnern, was? Sieht dir ähnlich,“ fing Die an zu lachen. Warum musste er immer alles ins Lächerliche ziehen? Diesmal jedoch war ich sogar froh darüber. „Du bist so ein Spinner, wenn du getrunken hast. Weißt du noch, als du damals Toshi geknutscht hast?“ Jetzt hatte er einen Lachanfall – und ich einen Peinlichkeitsanfall. Gott, ich verfluche den Tag, an dem ich Toshi geküsst hatte. Lange Nacht, viel Bier und Kyo wollte Flaschendrehen spielen. Dazu muss ich sagen, Kyo trinkt auch nicht oft und wenn der mal dicht ist, dann wird er wirklich wie ein Kind. Nach stundenlangem Betteln gaben wir nach und spielten mit ihm Flaschendrehen. Ich musste Toshi küssen. Geschichte Ende. Wann würden diese Chaoten endlich damit fertig werden? „Mann Kaoru, niemand außer dir hat das Spiel ernst genommen.“ Blöde Kichererbse. Hör auf, rief mein Gehirn, sonst setzt es was. Ich verschränkte dir Arme und schmollte. So ein Depp. Konnte ich doch nicht wissen, dass die anderen kneifen würden. „Ist ja gut,“ sagte ich schließlich. „Dann hab ich dich eben geküsst, na und? Ist ja nicht so, dass ich es nüchtern getan hätte und was machst du so einen Aufriss? Hat dir gefallen, ne?“ Die war plötzlich ganz ruhig und ernst, dann brach er wieder in schallendes Gelächter aus. „Gefallen? Wenn du so deine Zukünftige küssen willst, kriegst du nie eine!“ „Na, Hauptsache du kriegst eine! Genug Auswahl haste ja.“ Ich verfiel wieder so langsam dem Selbstmitleid und stand auf um Kaffee zu kochen und meine Zigaretten zu suchen. „Und dann noch behaupten, hast dich nur wegen mir mit den Bräuten unterhalten...“ „Das stimmt ja auch!“ Die stand auf und folgte mir mit erhobenem Zeigefinger, den er allerdings ganz schnell wieder runternahm, als ich ihm einen ‚ich bin der Chef’-Blick zuwarf. „Was denkst du, worüber ich mit denen gelabert hab?“ „Das weiß ich doch nicht.“ War ich dabei? Scheiße, war ich. Hatte ich gelauscht? Nein. „Über dich, mein Bester. Ich habe versucht dich in einem guten Licht dastehen zu lassen. Glaub es oder nicht, aber da waren bestimmt zwei oder drei dabei, die mich nur angequatscht haben, weil sie wissen wollten ‚wer mein Freund ist’.“ Die verstellte seine Stimme wie ein Mädchen am Ende und wackelte den Kopf hin und her. Dann ließ er sich auf den Stuhl plumpsen. „Echt?“ Ich sah ihn ungläubig an, bevor mich meiner Zweifel endgültig ergab. „Und warum hat dann keine mal ein Wort mit mir gewechselt?“ „Weil du beknackter Typ, sorry Kao, aber ich muss es so drastisch sagen, dich zugebechert hast wie ein Alki. DANN war den Mädels wirklich nicht mehr nach einem Gespräch mit dir.“ Ich betrachtete Die lange und ausgiebig um festzustellen, ob er log oder nicht. Er hatte einen richtig treudoofen Blick, stellte ich dabei auch fest, aber das war nicht wichtig. „Ist schon gut, Die. Du musst dir solche Sachen nicht ausdenken, damit ich mich besser fühle.“ Mit offenem Mund starrte er mich an und es sah sogar aus, als würde er nach Luft schnappen. „Das denk ich mir nicht aus. Es war so.“ „Die.“ Ich legte die Hände flach auf den Tisch und beugte mich über ihn, wobei ich ihm streng in die Augen sah. Schöne Augen hatte er. Kein Wunder, dass ihn die weibliche Bevölkerung mochte. „Die Wahrheit bitte. Wie viele Frauen haben DICH wegen MIR angesprochen?“ Erst versuchte er noch meinem Blick auszuweichen, dann ergab er sich und senkte den Blick auf seinen Schoß. „Eine.“ Na, immerhin! Das überraschte mich regelrecht und diesmal war es schließlich die Wahrheit. „Und die fand, ich sauf zuviel? Hast du ihr denn gesagt, dass das eine Ausnahme war?“ „Hab ich, hab ich.“ Er nickte mehrmals und setzte seinen unschuldigen Blick auf. „Sie kam und fragte mich nach dir, dann hab ich erzählt, dass du echt ein ganz Lieber bist.“ Oh je. Wenn er sich so ausgedrückt hatte, wäre ich als Frau auch skeptisch geworden. Nichts desto trotz hatte er mich wohl doch in einem guten Licht erscheinen lassen. Der gute Wille war da gewesen. Er verdiente Belohnung. Ich reichte ihm eine Kippe, nachdem ich mir gerade eine angezündet hatte. „Und weiter?“ „Dann kam die Stelle, wo du dir den fünften Tequila bestellt hast und der Kellnerin einen Klaps auf den Hintern gegeben hast.“ So sehr ich Die auch anstarrte, er log nicht. Die Übelkeit machte sich wieder breit in mir. „Ich hab... WAS?“ Ich zog lieber gleich zweimal an der Zigarette, damit es mich nicht aus den Latschen kippte. „Ach, komm, Schwamm drüber,“ sagte Die und zuckte mit den Schultern. „Diesmal hat’s nicht geklappt, aber wie sagst du immer? Gute Sachen dauern lange.“ „Gut Ding will Weile haben,“ korrigierte ich Die und dachte über seine Worte nach. Das wollte ich jedenfalls, wenn seine Worte doch mal einen Abriss genommen hätten. „War doch trotzdem ein lustiger Abend. Hast zwar keine Alte abgeschleppt, aber mal richtig schön die Sau rausgelassen. Gesoffen wie ein richtiger Mann und den Mäuschen den Po versohlt.“ Jetzt kicherte der Kloppi auch noch. Ach, ich holte tief Luft und ließ einen Seufzer raus. Vielleicht hatte Die recht. Endlich hatte ich mich mal wie ein typischer Kerl benommen und mich voll laufen lassen. Das mit dem Klaps auf den Hintern der Kellnerin hätte ich trotzdem lassen sollen, obwohl ein Positives hatte es. Ich hatte eine Frau angefasst. Noch war ich zu retten. Das hoffte ich jedenfalls. „Hast du was Essbares da?“, fragte Die und stand auf um sich wie gewohnt eine Cola aus dem Kühlschrank zu nehmen. Zum Frühstück! Wie abartig. „Vorschlag,“ sagte ich und griente verstohlen. „Du machst Frühstück und ich nehme meine Tropfen.“ „Das’n doofer Deal,“ meinte Die trocken und runzelte die Stirn. „Find ich nicht. Ich hab schon Kaffee gekocht, Kippen ausgegeben und die Cola bezahlt. Nebenbei hat sich mein Sofa als Domizil für dich bewährt und weil ich jetzt erst einmal duschen will, machst du Frühstück, ja? Gut.“ Ich nickte so sehr, dass er begriff, dass er es mir gefälligst gleich tun sollte. Dann drehte ich mich um und ging zum Badezimmer. Auf dem Weg dorthin drehte ich mich noch einmal kurz um, weil ich dachte, Die hätte irgendetwas von ‚Mädchen für alles’ gefaselt, aber ich hatte mich wohl geirrt. Auf jeden Fall war ich gespannt wie ein Flitzebogen, was für ein Frühstück Die denn zaubern würde. Es wäre sicher nicht schlecht, wenn er zaubern könnte, denn dann könnte ich sichergehen, dass meine Bude nicht abfackelt mit Die allein in der Küche. Ach ja. Ich kletterte in die Dusche und ließ mir kaltes Wasser ins Gesicht plätschern. Ich bekam zwar am ganzen Körper eine Geflügelhautentzündung, aber es war mir egal. Ich wollte an nichts denken und das eiskalte Wasser half mir. Frage: was konnte einen Mann wie mich noch überraschen? Genau, wenn ein Mensch wie Daisuke Andou, der normalerweise bei mir Cola klaute, Essen von Maccy’s holte und mir die meinen heißgeliebten Zigaretten wegrauchte, ein Frühstück meistern konnte, das jegliche Vorstellungskraft übertraf. Als ich aus dem Badezimmer wieder kam, staunte ich Bauklötze und fragte mich, ob er vielleicht wirklich zaubern könne. Es roch nicht nur nach meinem Kaffee, sondern auch nach etwas Gebratenem und frischen Brötchen. Der Tisch war gedeckt und Die hatte sich sogar die Küchenschürze umgebunden, die eigentlich nur zur Dekoration an der Anrichte hing. Ich rubbelte mir noch mal mit dem Handtuch durch die nassen Haare und setzte mich. „Da bleibt dir die Spucke weg, was?“, grinste er frech und stemmte die Hände in die Hüften. „Wenn es so schmeckt, wie es aussieht, bezahl ich dich dafür mir jeden Tag Frühstück zu machen,“ faselte ich noch immer zutiefst beeindruckt. Die strahlte von einem Ohr zum anderen und schob mir mit dem Pfannenwender etwas auf einen Teller. „Ich glaub dir zwar kein Wort, aber iss ruhig.“ Ich piekte mit den Stäbchen in das, was aussah wie Reisnudeln mit indischem Gemüse, grob geschätzt nach in Augenscheinnahme. „Wieso nicht?“ Es roch jedenfalls gut, also probierte ich es auch. „Schmeckt sogar.“ Ein freudiges Grinsen spiegelte sich auf Dies Gesicht wieder. „Na, erstens krieg ich nie was, wenn ich mal was Nettes für dich tue, und zweitens will ich nicht wissen, was die Bezahlung wäre, wenn ich denn was bekommen würde.“ „Arschkeks,“ nannte ich ihn und grinste ihn schmatzend an. Ich wusste, worauf er hinauswollte. „Ich hielt dich eben für ein Mädchen letzte Nacht, und dass du diese Schürze da umhast, tut der Sache nicht gerade einen Gefallen.“ Er wirkte doch ein wenig feminin darin, aber auch recht knuffig. Was dachte ich da?! „Danke Kao, du bist auch ganz schnuckelig in deinem XXL-Strampler.“ Er winkte und setzte sich mir gegenüber. Es war mir schnuppe, ob er meinen kuscheligen Jogging-Anzug für zu groß hielt. Dass ich darin schnuckelig aussah, war mir neu. Ich nahm es schweigend hin, beschäftigt mit der Frage, wieso er sich gerade das Wort ‚schnuckelig’ ausgesucht hatte. Na, man konnte ja nie wissen bei seinen Witzchen. Plötzlich fiel mein Blick auf seine rechte Hand. Da! Das war... eine Tätowierung! Also er auch! Ich kniff meine Augen zu und machte sie langsam wieder auf. Tatsache. Die hatte ja auch ein Tattoo an der Hand. Ein weiterer Kandidat für Traum Nummer... Nummer? Keine Ahnung. Ach Mann, ich knipste einfach das Gehirn aus und beschloss, jetzt nicht darüber nachzudenken. Am Ende jedenfalls war ich stark beeindruckt. Man merkte Die eben an, dass er in einer Familie mit vielen weiblichen Geschwistern groß geworden war. Die konnte tatsächlich kochen. Das hatte ich nie zuvor bemerkt. Vielleicht war es mir bisher auch einfach nur scheißegal gewesen. Ich hatte ja nie Zeit mich auf solche Sachen zu konzentrieren. Das Irre daran war, ich konnte mir durchaus vorstellen, dass das jeden Tag so ablief. Die war ein angenehmer Frühstücker. Er war nicht quengelig oder überdreht, und er war auch nicht mürrisch. Er war einfach nur Die: rothaarig, brav und hübsch. Ja, verdammt, war er doch auch! Hübsch. Ich kannte jedenfalls Frauen, die eindeutig schlechter aussahen, als er es jemals könnte. Ausnahme wäre vielleicht, wenn er sturzbetrunken war und anfing zu sabbern und Augenringe hatte, aber selbst dann war er noch immer nicht annähernd so hässlich wie manche Weiber. „Kao? Kaoru? Hallo?“ Jemand winkte mit seiner Hand vor meinem Gesicht. „RuRu?“ „Hä? Hast du gerade RURU zu mir gesagt?“ Also das konnte ich nicht überhören, auch wenn ich anfängliche Versuche Dies, meine Aufmerksamkeit zu ergattern, nicht bemerkt hatte. Jetzt schaute er ziemlich trotzig aus. „Warum nicht? Bei allem anderen pisst du dich doch immer auf, da hab ich mir gedacht...“ Anfangs dachte ich, er wollte mich verarschen. Ich sah ihn an, als ob er beknackt war, doch dann fand ich das eigentlich ganz lustig. Was in Dies Kopf manchmal rumging, hätte ich allzu gerne wissen wollen. Dazu noch sein treudoofer Blick. Da muss man einfach Lachen. Ich prustete los und verschluckte mich fast an einer Reisnudel oder was auch immer das auf meinem Teller war. Richtig deuten konnte ich das nicht. Hauptsache es schmeckte. „Da lachst du,“ spielte Die mir ein Schmollen vor. „Ist doch eigentlich ganz süß, ne? RuRu,“ wiederholte er und fing an zu feixen. „RuuuRuuu!“ Ihm gefiel offensichtlich mein neuer Spitzname. Niemand kam auf Ideen mir Spitznamen zu geben, die niedlich klangen. Meist nannten sie mich ‚Sklaventreiber’ oder ähnliche Schimpfworte. Damit kam ich auch klar. Wir waren schließlich Männer, wie ich bereits erwähnte, und da gab man sich untereinander eben eher beleidigende Kosenamen. Deshalb war Dies Idee ja auch so furchtbar witzig! Ach ja... Darüber hätte ich mir durchaus Sorgen machen können. Er nannte mich schnuckelig, gab mir niedliche Kosenamen und hatte eine tätowierte Hand. Nur, hallo? Das hier war Die! Die, der Weiberklarmacher vom Dienst! Nein, Sorgen machte ich mir also keine. Später, nach dem Frühstück erklärte mir Die, dass er auf eine wahnsinnig gute Idee für einen Song gekommen wäre. Also drückte ich ihm meine Akustikgitarre in die Hand und sagte ihm, er solle ein paar Saiten anspielen. Wir kamen richtig rein ins Komponieren. Ich schloss sogar eine meiner Babys an den Verstärker an und wir probierten verschiedene Varianten, die ich auch gleich notiert hatte. „Eigentlich krieg ich ein schlechtes Gewissen,“ sagte Die und sah mich an. „Warum?“ Wieso sollte er ein schlechtes Gewissen bekommen? Wir machten doch super Fortschritte und alles lief bestens. „Weil du eigentlich nicht arbeiten sollst und das, was wir hier machen, zählt rein theoretisch als Arbeit,“ erklärte er mir mit einigen Gesten seiner Hand, die eigentlich null Sinn machten. „Aber nicht rein praktisch,“ widersprach ich ihm. „Pass mal auf, SuSu.“ Er musste lachen, als er meine Variante der Abwandlung seines Namen hörte, und ich auch. Im Grunde war ich gerade richtig gut drauf, so gut, wie schon lange nicht mehr. „Praktisch gesehen habe ich eine Menge Spaß, wahrscheinlich mehr als letzte Nacht in dem Club. Vielleicht versteht das nicht jeder unter Spaß, wenn man konzentriert an einem neuen Song arbeitet, aber das gilt eben nicht für mich.“ Klare Ansage, oder? „Wenn du aber gerne aufhören willst oder nach Hause gehen—“, ich grinste, „—kannste das vergessen!“ „Das ist doch der Leader, wie ich ihn kenne.“ Er lächelte und legte die Gitarre zur Seite. „Ich bleib aber nur, wenn ich noch eine Cola haben darf.“ Ich dachte kurz darüber nach und legte meine Stirn absichtlich in Falten. Das verlieh mir nicht nur einen gebildeten Ausdruck, sondern ließ Die die Knie schlottern aus Angst, ich könne ihm die Cola verweigern. „Deal.“ Rotschöpfchen atmete endlich die Luft aus, die er angehalten hatte, und fasste sich an die Brust. „Du versetzt mich immer wieder in Angst und Schrecken... RuRu.“ Die bestellte zwischendurch etwas zu essen und wir saßen noch bis spät in den Nachmittag hinein und immer wieder fiel uns etwas ein, was den Song noch besser machen könnte. Okay, meistens fiel mir etwas ein und so langsam verlor Die auch die Geduld. Aber immer, wenn ich ihm das Endprodukt meiner Änderung präsentierte, war er beeindruckt und fand neue Motivation. „Jetzt muss Kyo nur noch einen anständigen Text dazu schreiben,“ sagte ich und legte Stift und Notenpapier zur Seite. „Der hat bestimmt noch einen rumliegen.“ Die zuckte mit den Schultern und zündete sich eine Zigarette an. „Nicht irgendeinen. Das Lied hier ist genial, da muss er sich schon was einfallen lassen.“ Man konnte da nicht einfach einen Text darauf quetschen. Er musste schon etwas Besonderes sein um die Emotionen der Melodie widerzuspiegeln. „Schreib du doch mal einen.“ Verwundert sah ich meinen Kollegen an. Ich? Wie kam er nur auf die absurde Idee? Bei uns herrschte eine ganz klare Rollenverteilung. Kyo schrieb die Texte. Dies Vorschlag brachte mich aus dem Konzept. Ich hätte Beamter werden können mit meiner ‚das haben wir schon immer so gemacht’- Einstellung. Trotzdem ehrte es mich, dass Die mir das zutraute. „Worüber denn?“, fragte ich unsicher. „Über an was auch immer du denkst, wenn du das Lied spielst,“ antwortete er und schmunzelte. „Kyo macht das doch auch so.“ „Weiß nicht. Ich hab keine poetische Ader, schätz ich.“ Sein Satz hatte bescheuert geklungen. Jetzt war er der Beamte von uns beiden. Kyo blah und blubb. „Sag mal, was denkst du eigentlich so von Kyo?“ Die hätte beinahe die Cola ausgespuckt. „Was ist denn das für eine Frage?“ Dummerchen! Ich wollte wissen, ob er es mit ihm treiben würde, selbst wenn ich es nur träumte. „Halt so. Der hatte doch schon ewig keine mehr, oder?“ „Was, eine Freundin? Glaub nicht.“ Er zuckte mir den Schultern. „Aber wer weiß? Du kennst doch Kyo. Hält alles geheim.“ Grinsend lehnte sich Die zurück. Irgendwie beruhigte mich Dies Desinteresse. Ihn schien es zehn Meter am Arsch vorbei zu gehen, ob Kyo eine am Start hatte oder nicht. Positiv, sehr positiv. Nur halt weil ich durch diese Beruhigtheit meinerseits über die eigentliche Tatsache dann hoffentlich angenehmere Träume hatte. Zum Beispiel gar keine. Dann stand ich auf und schnallte mir die Gitarre wieder um. „Hast du Lust auf eine Art Generalprobe?“ Die nickte und nahm die Akustikgitarre. „Auf los geht’s los.“ Das Lied haute richtig rein. Die spielte seine Gitarre wie immer gezielt und mit Leidenschaft, die ich mit der E-Gitarre nur leicht unterstützen musste. Bis zu meinem Solo natürlich. Da tobte ich wie die wilde Sau – im positiven Sinne! Das Sturmklopfen an der Eingangstür hatte ich fast nicht mitbekommen, doch als mein Wohnzimmer quasi bebte, lief ich dann doch zur Tür. Oh scheiße! Die Vermieterin! Frau Katagami war über sechzig, hatte kitschgraues Haar und einen Gehstock. Aber sie war auch stinkend reich und eine wahre Dame, auch wenn sie jeden Tag dieselbe Kleidung trug. Leider verwaltete sie meine Wohnung. „Herr Niikura, Sie müssen verstehen, nicht jeder ist ein Rocker wie Sie!“ Rocker!? Cool. Ich nickte und wusste genau, Die war bereits fett am Grinsen hinter mir. „Wenn Sie vielleicht Ihren Lärm etwas drosseln könnten, so dass man ihn nicht bis auf der Straße hört, wären wir alle Ihnen furchtbar dankbar!“ Lärm? Jetzt war es schon Lärm. Bisher hatte sie es immer ‚geräuschvolle Musik’ genannt. Und wer waren überhaupt alle? Sie war doch allein – jedenfalls vor meiner Tür. Wieder nickte ich lediglich. „Vielen Dank, Herr Niikura. Ich weiß ja, Sie sind Musiker, aber wenn Sie diesen Krach nicht unterlassen, sehe ich mich gezwungen eine Anzeige zu machen. Ich tue das nicht gerne, aber... Ihre Rockkonzerte veranstalten Sie bitte nicht im Haus. Dafür gibt es Zweckeinrichtungen.“ Ich musste mir vielleicht das Lachen verkneifen! Und dass Die hinter mir sich schon den Bauch hielt, half dabei wenig. Zweckeinrichtungen für Rockkonzerte – wie geil war das denn? „Kann ich mich da auf Sie verlassen, Herr Niikura?“ Sie sah mich eindringlich an - diese alte Hexe! „Ist gut,“ nickte ich ihr zu und schloss die Tür vor ihrer Nase. Kaum war die Tür zu schallte Dies Gelächter durch die Wohnung und es hätte mich nicht gewundert, wenn Frau Katagami das ebenfalls bis auf die Straße gehört hätte. Ich schloss mich Die einfach an und ergab mich meinem Lachanfall. Die Alte war aber auch zu komisch. Wir Bösen aber auch! So ein Spaß... „Oh Mann...“ Ich seufzte und ließ mich neben Die nieder. „Mir tut der Bauch weh.“ „Hast du Hunger?“, fragte Die entsetzt und mit Sorgenfalten. Wie süß. So eine Muddi. „Nein, vor Lachen, du Schöner!“ Ich boxte ihn in die Schulter. Mir war so leicht ums Herz. Haha. „Du lachst eben nicht genug. Dann hättest du mehr Bauchmuskeln so wie ich.“ Die Grinsekatze war wieder da. Nur war ich nicht Alice im Wunderland. „Außerdem trainiert man durch Lachen seine Gesichtsmuskeln.“ „Ich hab ja gehört, dass man davon Falten bekommt.“ Bisschen Die-Verarsche spielen, das war immer gut. „Lachfalten, ja.“ Er winkte ab mit seiner Hand. „Nein, richtige Falten, weil du deine Haut mehr strapazierst,“ sagte ich so ernst, wie ich nur konnte. Er wurde ganz blass um die Nase. „Ohne Scheiß?“ Ach, Mist, mein Grinsen brach aus mir heraus. So doof, wie er guckte, konnte man nicht ernst bleiben. „Du hast gelogen.“ Er rammte mir seinen Ellbogen in die Seite und ich keuchte auf. Ein richtig netter Tag! Leider ging der Tag langsam zur Neige, oder sollte ich sagen glücklicherweise? Denn mit Anbruch der Nacht musste ich mich einmal mehr rausputzen. Die fuhr nach unserem Restevertilgen als Abendessen kurz Heim um sich umzuziehen und nach etwa zwei Stunden war er wieder hier, geschniegelt und gestriegelt, oder wie das hieß. Ich blies mir eine Strähne dunklen Haares aus der Sicht bei seinem Anblick und meiner Verzweiflung. Die war mal wieder schick wie sonst nichts, und ich? Meine Stirn legte sich automatisch in Falten. „Weißt wieder nicht, was du anziehen sollst, oder?“ Ich nickte betrübt. „Hast du noch das weiße Hemd, was du zu Toshiyas Geburtstag anhattest?“ Was hatte ich denn da für ein Hemd angehabt und wieso konnte er sich daran erinnern und ich nicht? Fashion-Freak. Die machte sich eine Kippe an und setzte sich auf mein Bett, während ich in Unterwäsche vor meinem Kleiderschrank stand. Bekloppt kam ich mir gar nicht vor! Ich zog erst mal fragend die Augenbrauchen nach oben. „Du hattest so ein weißes Hemd an, ganz schlicht, und eine schwarze Hose drunter.“ „Das Hemd?“ Ich zog das einzige Weiße aus dem Schrank und Die nickte. Darunter eine schwarze Hose zu finden, war nicht schwierig. Davon hatte ich genug. Dann noch Stiefel, fertig war der Kaoru! Ich strahlte Die an. Doch der blickte stirnrunzelnd zu mir herüber. Dann kam er plötzlich auf mich zu und packte mich am Kragen, genauer gesagt an dem Knopf des Kragen. Ich zuckte leicht zusammen aus... keine Ahnung... Angst? Nein, nicht vor Die. Oder doch? Vielleicht hatte es etwas damit zu tun, dass ich vor männlichen Berührungen in letzter Zeit doch ein wenig Angst hatte. Doch Die ließ sich nicht ablenken, sondern öffnete noch zwei weitere Knöpfe. Himmel herrje, bleib ruhig Kao, sagte ich mir und atmete tief ein und aus. Wenn mich Die hätte ausziehen wollen, hätte er mich ja gar nicht erst anziehen lassen, oder? Wenn ich aber nicht angezogen war, konnte er mich nicht ausziehen. In Folge dessen, wenn er mich ausziehen wollte, musste ich mir zunächst einmal etwas anziehen. „Fertig!“ „Was?!“ Wieder zuckte ich, so gedankenversunken war ich in dem Strudel meines wirren Hirns. Ich sah Dies zufriedenes Grinsen und dann an mir herab. „Sieht besser aus so, nicht so bieder.“ Blick in den Spiegel und ich konnte seine Meinung teilen. Bis ganz oben zugeknöpft hatte ich viel zu bieder ausgesehen. Gott, ich wischte mir gedanklich sowas von den Schweiß von der Stirn! Ich hatte ernsthaft gedacht... Was hatte ich eigentlich gedacht? Oh je... Ich war einmal mehr verwirrt und nervös. Dann schob mich Die zur Tür raus. Diesmal war ich gefahren. Die war die Gefahr zu groß, dass ich wieder zu viel Bier und Tequila bestellte. Sicherheitshalber würde er die letzten Vorräte trinken müssen! Ja, klar. Er schlug vor zur Abwechslung in eine Bar zu gehen, eine mit Musik, wo man auch tanzen konnte. Nicht, dass ich tanzen wollte, aber die Frauen dort. Wir wollten doch auch was für das Auge, nicht wahr? Und so konnte Die auch damit leben, dass wir den Kombi nahmen. Die Bar war auch recht nett. Es gefiel mir hier und das sollte schon etwas heißen. Das Positive war, dass wir nicht nur dumm herumsaßen und vor uns hin starrten, sondern noch immer über unser musikalisches Meisterwerk vom Nachmittag redeten. Vielleicht würde ich ja wirklich mal einen Songtext schreiben, wer weiß? Zur Not konnte ich immer noch darüber schreiben, dass ich zu blöd war einen anständigen Text fertig zu bringen. Dazu musste sich letztlich nur noch Kyo das Mikro in die Brust stoßen und schon wäre das Lied perfekt! Es dauerte nicht lange und schon hatten sich auch abwechselnd Damen zu uns gesellt. Eine wollte Autogramme, die ich aber verweigerte. Dazu war ich nicht hier hergekommen. Andere wollten mit Die tanzen und er sagte auch glattweg zu. Was Alkohol doch so alles bewirken konnte. Tanzen konnte der Andou auch gar nicht schlecht, jetzt mal im Ernst. Der hatte Schwung in den Hüften und konnte sich rhythmisch bewegen ganz im Gegensatz zum alten Kaoru. Wenn ich tanzte, sah das auch, als wollte ich jemand niederwrestlen. Aber der olle Daisuke ließ mich auch nicht im Stich. Nach jedem Tänzchen kam er immer wieder zu mir zurück. Braves Hündchen. Keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, ich hatte mir jedenfalls gerade eine Schachtel Kippen vom Automaten neben dem Eingang geholt, da rückte plötzlich eine blondierte Schönheit neben mich. Ihre Haare waren sehr lang und ein wenig gewellt, aber nur leicht aufgehellt. Das sah verdammt gut aus. Und nett war sie auch, wie sich herausstellen sollte. „Hi.“ Sie lächelte sie mich an und ihre Augen schienen zu leuchten, also lächelte ich auch ausnahmsweise ganz ohne Aufforderung zurück. „Hey,“ sagte ich und erinnerte mich an Dies weise Worte. „Möchtest du etwas trinken?“ „Danke, ich habe noch,“ antwortete sie bescheiden und hob ihr halbleeres Glas mit einer bunten Flüssigkeit darin. „Aber sehr nett von dir. Mein Name ist Sayuri.“ Wow, sie machte ihrem Namen alle Ehre. Sayuri bedeute soviel wie ‚kleine Lilie’ und genauso erschien sie mir auch. Hübsch, zierlich, aber doch sehr weiblich in allen Vorzügen ihres Geschlechts. Manieren hatte sie auch, denn sie reichte mir höflich ihre Hand mit den pink lackierten, perfekt manikürten Fingernägeln. „Freut mich, ich bin Kaoru.“ Dann lächelte sie wieder dieses bezaubernde Lächeln. „Euch habe ich hier noch nie gesehen, obwohl ich fast alle Leute hier schon das ein oder andere Mal gesehen habe.“ Das konnte nicht sein. War sie etwa so eine Schlampe, die sich ständig nur in Bars herum trieb? „Wir gehen nicht so oft weg. Ich nehme an, du bist dann sehr oft hier, was?“ Sayuri strahlte regelrecht beim Lachen – fast wie Die, aber eben nur fast. „Ich arbeite hier normalerweise hinter der Bar. Sie gehört meinem Onkel, weißt du?“ Na, bitte – keine Schlampe! „Aha, soll ja ziemlich stressig sein, so ein Job in einer Bar immer bis spät in die Nacht hinein und so...“ Ich war nur ein wenig am Testen. „Es geht. An den Wochenenden ist es Stress, ansonsten nicht. Und es gibt Trinkgeld, dass mein Onkel fairerweise nicht einkassiert.“ Wieder ein Lachen, dass mich ebenfalls zum Lächeln brachte. „Netter Onkel,“ scherzte ich. „Vielleicht sollte ich mal kommen, wenn du arbeitest um zu sehen, ob du auch wirklich Trinkgeld verdienst.“ War ich zu weit gegangen beim Necken? Das machte man doch so, oder? Sie zog nämlich verdächtig die Augenbrauen in die Höhe. Mir wurde ganz Angst und Bange. „Wenn du aber Gast bist, kann ich mich nicht so angenehm mit dir unterhalten.“ Flirtete sie mit mir? Ich glaubte schon. „Ah, das stimmt wohl.“ Sie schien mich zu mögen. Wo war der Haken an dieser Frau? Es musste doch einen geben. Misstrauisch? Ich? Ein bisschen vielleicht. Ihr Blick schweifte zu Die hinüber. „Dein Freund scheint ja alle Hände voll zu tun zu haben. Das ist bestimmt schon die Zehnte, die ihn heute angesprochen hat.“ Ha! Da hatten wir es ja schon! Ich hatte gar nicht bemerkt, dass sich Die bereits wieder mit einer Frau unterhielt. Sayuri offensichtlich aber! Verdammt. „Ach ja...“ Was sollte ich denn sagen? Dass es mir auf den Keks ging nicht die Hauptperson zu sein? „Und alle lässt er abblitzen,“ lachte sie und nahm einen Schluck von ihrem Getränk. „Er wird schon seine Gründe haben,“ brummte ich und zwang mir ein Lächeln ab. Wieso kam sie jetzt auf Die? Wieso? Wieso? Wieso? Immer er und nicht ich! Sayuri lachte nur lieb und nett. „Dachte ich mir. Schade eigentlich.“ Blah blah blah. Ganz toll wieder. Dann kam mir eine Idee. Ich würde ihr so die Lust auf Die nehmen, dass sie ihn nicht mal mehr ansehen wollte. Fies war das schon, aber es war mir auch scheißegal. Mich kotzte das einfach nur noch an. „Tja, er ist eben anders.“ Toll, Kaoru, guter Anfang, und weiter? „Er ist auch nicht unbedingt einfach, weißte du? Viele Macken und so.“ „Echt? Dabei sieht er so locker und lieb aus,“ schmunzelte sie. „Und das stehst du durch? So mit ihm.“ „Ist nicht leicht, das kannst du mir glauben.“ Jetzt wurde ich theatralisch. „Aber das Leben ist eben hart.“ „Ja, das ist es wohl.“ Sie schenkte mir ein liebevolles Lächeln – mal wieder. Warum nur, wenn sie sowieso geil auf den neben mir war? „Da kann er sich ja wirklich glücklich schätzen so einen Freund wie dich gefunden zu haben.“ Irgendetwas störte mich an ihrer Ausdrucksweise und dem Blick, den sie mir zuwarf. „Das kann er wohl. Manchmal ist er wirklich kaum zu ertragen mit seinen komischen Verhaltensauffälligkeiten. Wenn ich nicht so ein guter Kerl wäre...“ Es amüsierte sie aber noch immer, und sie sah mich etwas ungläubig an. „Hauptsache ist doch, ihr mögt euch, oder nicht?“ Wie bitte hatte ich das denn zu verstehen? Mein Blick war wahrscheinlich dementsprechend, denn sie wirkte auf einmal etwas verlegen. „Na, ihr beiden seid doch... oder nicht? Ich dachte, ihr beide... seid...“ Raus mit der Sprache! Was dachte sie? „...seid ein Paar. Ihr seid doch zusammen, oder?“ Bitte was?! Sie dachte, dass ich und Die—?! Heilige Scheiße, nein! Und beinahe hätte ich das auch so ausgesprochen, konnte mich aber gerade noch zurückhalten. Denn, wenn ich sie aufgeklärt hätte und zugegeben, dass wir nur ‚Kumpels’ waren, dann hätte sie ihn mit Sicherheit angebaggert. Darauf hatte ich auch keinen Bock! In einem schlechteren Licht konnte ich Die gar nicht stehen lassen, also sagte ich Folgendes: „Ooohhh, ja, jaaa~,“ ich winkte sogar mit der Hand, „sind wir. Er ist mein Freund, ich bin seiner.“ Nickend bekräftigte ich meine Aussage. „Schwul, sag ich doch,“ lachte sie. „Wirklich schade.“ Dann seufzte sie, aber lächelte mich an. Ich zuckte mit den Schultern. Die konnte sie sich abschminken! „Kann man nichts machen.“ Wieder dieses Lächeln, fast zu freundlich. „Jedenfalls kann er sich verdammt glücklich schätzen mit dir zusammen sein zu können.“ Hä? Wieso machte sie mir eigentlich immer die Komplimente bezüglich dem ‚Lollipop’? „Du bist echt nett, Kaoru. Ich hätte dich gerne näher kennen gelernt. Nur ich will deinen Freund nicht eifersüchtig machen. Auch wenn du fast zu gut aussiehst um das nicht zu riskieren.“ Mein Herz blieb stehen. Alles blieb stehen. Die ganze Welt stürzte auf mich ein. Ich kam mir auf einmal vor wie in einem Film. Sie hätte was? Sie hätte mich haben wollen? Nicht Die? „Du siehst richtig süß aus, wenn du so guckst. Ich kann deinen Freund schon verstehen,“ sagte sie lachend. „Er hat verdammtes Glück.“ Mein Mund öffnete sich, denn ich wollte etwas sagen, meine Worte von vorhin dementieren, doch ich wusste nicht wie. Mein Mund schloss sich also wieder. Ich öffnete ihn ein weiteres Mal, doch noch immer fehlten mir die Worte um meine eigene Dummheit zu vergessen und locker und lässig diese Frau über meine wahre Sexualität aufzuklären. Kam natürlich kein einziger Ton. „Sorry, ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen. Ich will euch auch gar nicht weiter stören,“ sagte sie und stand auf. „Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder. Es würde mich freuen. Lasst es euch noch gefallen. Tschüss, Kaoru.“ „...bye...“, hauchte ich ihr hinterher und sah sie in der Menschenmenge verschwinden. Das war es dann. Mein Kopf machte Bekanntschaft mit der Tischplatte und das tat ausnahmsweise sogar richtig gut! Zur Hölle noch mal! Wie blöd war ich eigentlich? Ich war doch der größte Idiot, der auf Erden herum lief! Die schönste Frau der Welt hatte mich haben wollen und ich erzählte ihr, ich sei schwul und mit dem Typen neben mir zusammen. Besagter legte seine Hand um meine Schultern. „Was denn los, Kao?“ Er klang sogar richtig besorgt. Ich richtige mich auf und lächelte gequält. „Die, ich will nach Hause.“ Ohne Widerworte folgte Die meiner Bitte und wir fuhren nach Hause. Er hatte nur genickt und sah mich fragend an, aber ich traute mich gar nicht ihm in die Augen zu sehen. Auch auf dem Weg zu seiner Wohnung spürte ich immer wieder seinen besorgten Blick auf mich gerichtet. Gott, ich konnte ihm doch nicht sagen, was ich verbrochen hatte, oder? Meine Idiotie würde er mit Sicherheit niemals verstehen, vielleicht sogar darüber lachen. Also schwieg ich und ignorierte Die. Ich sah stur geradeaus auf die Straße, bis wir endlich an seiner bescheidenen Behausung angekommen waren. Die schaute wieder zu mir herüber, das konnte ich fühlen, und ich zwang mich ihn anzusehen und kurz zu lächeln, auch wenn es nicht echt war. „Willst du mir nicht sagen, was passiert ist, Kaoru?“ Nein, wollte ich nicht. Ich atmete tief ein und aus und überlegte, was ich ihm denn sagen könnte. „Ach... nur wieder ich, der es vermasselt hat. Nicht schlimm.“ „Danach sah es aber gar nicht aus,“ meinte er ganz ruhig. „Was hast du denn gemacht?“ Seufzend sah ich ihn an. Ich hatte ja solch ein schlechtes Gewissen, das tat schon richtig weh. So etwas kannte ich kaum von mir. „Dummer Spruch und so. Vergiss es einfach.“ Tat er aber nicht. Das hätte ich mir ja denken können. „Kann ich mir gar nicht vorstellen. Die Frau, oder? Mit der hast du dich doch nett unterhalten. Sie sah nicht böse oder gekränkt aus.“ Oh Die, wenn du wüsstest! Ich musste schon wieder seufzen. „Ach...“ „Kann doch nicht so schlimm gewesen sein.“ Die konnte das ja auch nicht verstehen. Er war so nett zu mir und was hatte ich getan? Ihn übel in die Pfanne gehauen und mich selbst verarscht. „Ich...“ Also gut, es war Zeit zur Beichte. „Ich habe mir ein Eigentor geschossen, weil ich dachte, sie würde sich für dich interessieren und nicht für mich.“ Wieder sein fragender Blick. Oh Mann! Ich war vielleicht schäbig. „Ja, und? Sie wollte mich—“ „Nein, eben nicht,“ unterbrach ich ihn. „Das dachte ich doch nur, weil sie nach dir gefragt hatte. Das hat mich dann eben gekränkt und so...“ Mich verließen die Worte. „Und du hast sie gekränkt und dabei wollte sie doch dich, oder wie? Ich versteh hier nur Bahnhof.“ Das konnte ich verstehen. Armer Die. Böser Kaoru. Ich zwang mich zur Wahrheit. „Ich wollte nicht, dass sie dich anbaggert. Ich dachte, sie wollte mich sowieso nicht, und weil das meinen Stolz verletzt hat, wollte ich sie dir nicht dir überlassen.“ Kurze Pause. Luft holen. Und weiter! „Dann hat sie gefragt, ob wir beide...“ Scheiße, das war schwer, „...ob wir zusammen wären.“ „Wie, zusammen?“ Er schnallte aber auch gar nichts. Ich sah ihn nur an und auf einmal dämmerte es bei ihm. „Schwul? Ob wir ein Paar wären? Großer Gott, du hast ihr doch hoffentlich gesagt, dass das nicht der Fall ist!“ „Dann hätte sie dich aber angegraben!“ So schnell hätte nicht einmal ich mit meiner Antwort gerechnet. „Also hast du ja gesagt?“ Dies Augen hatten die Größe von Untertassen. Großartig. „Mmh...ja. Weil eben...“ Hatte ich bereits erklärt, oder? Ach Mist! Ich war ein Arsch! Ganz einfach. „Tut mir leid, Die. Ich hab mich wirklich wie ein Arschloch verhalten. Hau mir ruhig eine runter, ich hab’s verdient.“ Er sah mich noch eine Weile mitleidig an – ja, mitleidig, aber wieso? -, dann schmunzelte er. „Hast dir dabei doch ein Eigentor geschossen, also hast du schon genug Strafe.“ Da hatte er recht. Ich brummte nur kurz vor mich hin. „Du bist echt nicht zu beneiden.“ Hatte der jetzt echt Mitleid, oder wie? „Du auch nicht mir einem Freund wie mir. Ich bin ein Riesenarschloch,“ sagte ich ganz trocken und überzeugt von der Tatsache. Das war nicht einmal Selbstmitleid. Es war ein reiner Fakt, den ich aussprach. Plötzlich krallte sich Die meine schmalen Schultern und zog mich an sich. Aber richtig! Ich riss die Augen auf und fand mich in seiner Umarmung wieder. „Du bist kein Arschloch, Kaoru,“ sagte er und rubbelte mit seiner Hand an meinem Rücken auf und ab. Das tat irgendwie sogar gut. Nicht mal meine Mutter war dazu fähig, jedenfalls nicht seit meinem siebten Lebensjahr. „Nur einsam.“ Das ließ mich erstarren. Er löste seine Umarmung und sah mich an. „Jeder rennt zu dir, wenn was ist und immer bist du am Machen und Tun, aber dir fehlt jemand, der auch mal für dich rennt und bei dem du dich auch mal gehen lassen kannst.“ Großer Gott, Die wurde so sentimental und ernst dabei, das musste sich einfach in meiner Verwunderung äußern. „Ich bin auch nicht ganz dumm, Kao.“ Nicht? „Du fragst mich zwar nach einer zum Flachlegen, aber im Grunde wäre dir die Sache niemals so wichtig, wenn du nicht einsam wärst. Du lässt aber auch niemanden an dich heran. Dir ist das Risiko zu groß, dass dich jemand verletzt, wenn du Schwäche zeigst. Wärst du das Risiko eingegangen, dass sie mich anbaggert, wärst du ehrlich gewesen und hättest dann gemerkt, dass du sie interessierst.“ Mein Gehör war ganz auf Die eingestellt und ich war sprachlos. Er raubte mir das Vermögen zur Wortfindung, denn es war nicht ganz unwahr, was er da sagte. „Wir alle wollen doch jemand, der uns auch mal in den Arm nimmt, auch du. Dazu musst du aber mal riskieren, dass man dich verletzt. Das fängt damit an, dass du nie der ersten Schritt machst. Wie lange kenn’ ich dich? Doch ich habe noch nie gesehen, dass du ein Mädel angesprochen hättest. Was kann dir schon passieren? Sieh mal, ich hab auch nicht das große Selbstbewusstsein, ich weiß es nur zu überspielen. Du aber hast das und das kannst du auch haben. Du hast es doch gar nötig zu lügen. Alle Weiber drehen sich nur so nach dir um, aber du bist viel zu skeptisch. Überall suchst du nach dem Negativen.“ Was für eine lange Rede. Aber auch tief beeindruckend. Dass Die das in sich hatte, hab ich mal geahnt, aber nie wirklich für möglich gehalten. „Schlechte Erfahrungen vielleicht?“, murmelte ich vor mich hin und versuchte keine Depressionen zu bekommen bei all den Wahrheiten, die mein Freund da aussprach. „Die machen wir alle hin und wieder,“ sagte Die. „Wir alle haben unsere Probleme. Wie oft hast du mir schon geholfen, wenn irgendwas war? Und jetzt helfe ich dir eben mal und sage dir, was dein Problem ist.“ „Problem erkannt, Problem gebannt, was?“, sagte ich etwas sarkastisch, doch Dies breites Grinsen verriet mir, dass er mehr Optimismus erwartete. „Genau! Denk mal darüber nach.“ Seine Hand reichte nach dem Türgriff meines Hondas, doch dann drehte er sich noch einmal und ehe ich es mir versah, hatte mich seine Arme schon wieder in Besitz. Er drückt mich kräftig und klopfte mir auf die Schulter. Mit einem aufmunterndem Lächeln stieg er dann aus. „Ich ruf dich an, okay?“ Ich nickte und fuhr los. Auf der Heimfahrt musste ich immer wieder über Dies Worte nachdenken. Ausgerechnet er hatte mich erkannt. Nicht einmal ich selbst war in der Lage gewesen und nun war es der gute, alte, manchmal etwas minderbemittelt wirkende Daisuke, der mich völlig entblößt hatte dastehen lassen – natürlich nur im übertragenen Sinne. Ich war der gesamten Welt gegenüber skeptisch, was Beziehungsdinge anbelangte. Es war ja auch nicht verwunderlich. Bei meinen Eltern machte ich nur die üblichen Pflichtbesuche, denn ich war dankbar gewesen, als ich endlich ausziehen konnte. Meine Mutter hatte früher nie die Zeit sich wirklich um mich zu kümmern. Mit meiner Vater wollte ich gar nicht erst anfangen. Erst als ich gutes Geld verdiente, mutierte ich zu seinem Lieblingssohn. Nebenbei bemerkt war ich sein einziger. Vorher hieß es nur, er würde keine ‚Schwuchtel’ akzeptieren in seinem Haus, nur weil ich Visual Kei Musik mochte und genau diesen Weg einschlagen wollte. Auch meine Beziehungen zu Frauen gingen immer wieder den Bach hinunter. Vielleicht weil ich nie wirklich glücklich gewesen war mit ihnen, weil auch sie mich nie akzeptieren wollten, wie ich war. Und wie war ich? Danach sollte ich Die fragen, denn der schien mich besser zu kennen, als ich mich selbst. Die... Seine Name fiel mir ein und brachte ein Lächeln auf meine Lippen, als ich gerade dabei war in meine Wohnung zu gehen. Den ganzen Tag lang hatte ich praktisch nur mit ihm verbracht und es war nicht mal übel gewesen. Wir alle waren normalerweise nicht sonderlich scharf darauf auch noch unsere freien Tage miteinander zu verbringen. Im Grunde waren wir doch Arbeitskollegen, nur dass wir uns auf Tour ständig zu Gesicht bekamen. Bei Aufnahmen im Studio waren es auch manchmal locker zehn bis zwölf Stunden oder länger, deshalb war jeder von uns auch froh, wenn wir doch auch mal andere Leute sahen. Doch der Tag mit Die waren irgendwie schön gewesen. Selbst seine Umarmungen hatten sehr gut getan. Weiser Die. Noch als ich bereits im Bett war, grübelte ich. Jemanden zu haben, bei dem man sich auch mal gehen lassen könne. Hatte er sich nicht so ausgedrückt? Bei wem hatte ich mich denn das letzte mal ‚gehen lassen’? Die war der einzige gewesen, bei ich mich ansatzweise hatte gehen lassen in den letzten Tagen. Als ich ihn bat mir zu helfen. Als ich mich von ihm nach Hause bringen ließ. Als ich ihm gestand, was für ein Scheißfreund ich war. Als ich mich von ihm hatte umarmen lassen. Das empfand ich zwar als ein seltsamen Gefühl, aber die Erinnerung an die Umarmung war recht nett. Ich fühlte mich irgendwie... geborgen. Tja, selbst ein Mann brauchte das. Das und Sex natürlich. Aber Die hatte schon recht. Ich wollte gerne jemanden, der mich in den Arm nahm und vielleicht ab und zu meine Haaransätze kraulte – oh, das hatte ich gern! – und dann mit mir kuschelte. Einen Menschen, der für mich da war und mir zur Seite stand und sich um mich kümmerte, wenn es mir schlecht ging. Eine Person, die ihr Leben mit mir teilte, Gefühle und alles, was dazu gehört. Ohne Scheiß. Mir wurde ganz warm ums Herz bei der Erkenntnis und ich dankte abermals gedanklich meinem Freund Die für seine geistreichen Worte. Gedanklich umarmte ich ihn auch und verharrte eine Weile so mit seinen Armen um mich und meinem Kopf an seiner Schulter. Tat gut. Verdammt gut. War ja nur gedanklich. Konnte ich doch mal auskosten. Hach ja... Danke, meine lieber, lieber Die. Ende Kapitel Vier X__x deutlich weniger adultness^^ auch mehr seelische kopfkirmes bei kao, aber irgendwann soll es ja auch mal wohin führen... vielleicht... mal schauen... ach ja... Wie solls eigentlich weitergehen? =__? ~5~ --- Wiedermal muss ich euch zuerst danken! Danke, danke, danke *umherz und knuffel* Ihr seid so liiiep mit euren Kommis^^ Kapitel Fünf Es war warm und kuschelig. Warm, kuschelig und es roch dazu noch gut. Ich war mir fast sicher, dass ich wieder träumte, nur diesmal traute ich mich kaum die Augen aufzumachen. Mir scheißegal, wer da bei mir war. Männlein, Weiblein, Hund oder Katze. Mir wäre alles recht gewesen, nur um nicht aufwachen zu müssen. Als es sich jedoch bewegte, machte ich dann doch in einem Moment der Schwäche die Augen auf. „Schlaf weiter,“ sagte Die zu mir und zog lediglich die Decke etwas weiter über uns. Also schloss ich wieder die Augen und verharrte in dieser angenehmen Wärme. Ja, dann war es eben Die. Es schockierte mich noch nicht einmal sehr. Seine warmen Hände strichen mir über den Rücken und streichelten mir sanft durch die Haare. Warum also, wenn ich mir sogar meines Traumes bewusst war, sollte ich mir Sorgen machen? Nein, diesmal würde ich eine Panikattacke nicht erlauben und einfach so aufwachen. Ich wollte es wissen! Ich hatte ja nichts zu verlieren und ergab mich meinem Traum. Leider konnte ich nicht mehr schlafen und blinzelte ins Licht der Sonne. Meine rechte Hand lag auf seinem nackten Bauch und es fühlte sich wunderbar weich und warm an. Jedoch traute ich mir nicht zu sprechen. Warum sollte ich auch? Doch dann rollte sich Die langsam und vorsichtig auf mich und küsste mich kurz auf die Lippen, bevor ich mich anlächelte. „Kannst wohl nicht mehr schlafen, wie?“ Ich schüttelte den Kopf leicht ohne große Regung. Ich sah ihn nur an und es war... schön. Mann hin oder her, aber die Vertrautheit und die Sicherheit, dass es nur ein Traum war, verliehen dem Ganzen ein wohltuendes Gefühl des Geliebtwerdens. Scheiß drauf, dass es keine Frau war! „Dann sollten wir vielleicht aufstehen?“, schlug er vor und küsste erst meine linke, dann meine rechte Wange. Wieder schüttelte ich den Kopf. „Dir hat es wohl die Sprache verschlagen?“, fragte er dann mit einem kleinen Schmollmund. Diesmal nickte ich. „Hm...was machen wir denn da?“ Dies Lippen legten sich dann sanft auf meine und ich küsste ihn vorsichtig zurück. Man wusste ja nie bei Träumen wie diesem. Vielleicht wäre jeden Moment Schluss und es hatte ja gerade erst angefangen. Mit dem Hauch einer Berührung neckten mich seine Lippen am Hals, übersäte meine Brust mit leichten Küssen und auf einmal spürte ich seine Hand in den tieferen Regionen meines Körpers. Bis zu diesem Zeitpunkt war mir gar nicht bewusst gewesen, dass ich anscheinend komplett nackt war. „Aaahh ja.“ War ich das gewesen? Sorry, aber Kao-chan gefiel das einfach zu gut – und das am frühen Morgen! Herrje! Die schaute auf und grinste verstohlen, wobei er von mir abließ. „Sieht so aus, als könntest du wieder reden. Mission erfolgreich abgeschlossen.“ Ich schüttelte meinen Kopf wie besessen, diesmal ohne mir über meine übertriebenen Bewegungen Gedanken zu machen. „Wie? Doch nicht?“ Die war ja so fies! Wieder schüttelte ich den Kopf, bevor ich ihn einfach küsste. Voll auf die Lippen und mit Zunge! Er sollte gefälligst weitermachen, wo er aufgehört hatte. Das hier war mein Traum! Ich war der Bestimmer! „Kao...“ Er lächelte mich lieb an, ein bisschen schneller atmend als zuvor. Haha! Da merkte er mal, wie gut ich wirklich küssen konnte! Und das war nicht nur im Traum so. Es war eine Tatsache, die aus hart erkämpften Kenntnissen und Fähigkeiten resultierte. Die gab mir noch kurz einen Kuss auf den Mund, dann tauchte er ab. Ich fühlte seine Lippen überall auf meiner Haut und seine Hand, die sich regelrecht liebevoll um Kao-chan kümmerte. Fast zu liebevoll. Er konnte schon ein wenig doller. Ich war ja nicht alt und gebrechlich. „Mmmh...“ Ich verbot mir weitere Geräusche, als dieses unterdrückte Aufstöhnen und presste kurz meine Hüften etwas näher an ihn. Das sollte er als Aufforderung verstehen und genau das tat er auch. Mein Held! Dies Berührungen wurden fester, seine Bewegungen heftiger und schließlich und letztendlich machte er endlich auch Gebrauch von seinem Mund, was mich fast dazu brachte Sterne zu sehen. Heiß und feucht, so liebte ich das! Ja, mehr! War das gut. Ich biss mir auf die Unterlippe aus Angst, ich würde wieder irgendwelche Laute von mir geben, die Die dazu bringen könnten aufzuhören. Aber es gestaltete sich schwierig, denn mein Hirn folgte nicht unbedingt noch dem, was ich ihm zu sagen gehabt hätte, wenn ich denn noch das Vermögen zur Formulierung ganzer Wörter besäße. Go, Die-sama, go! Mehr! Mehr! Mehr! Gleich würde ich kommen. „Ooohh!“ Ich warf meinen Kopf zurück, sicher, dass ich es nicht mehr länger aushalten würde. „Kaoru?“ Was war denn los, verdammt? Träge richtete ich meinen Kopf auf, aber da war nur Die und der war gerade nicht in der Lage zu sprechen. Dieser Anblick versetzte mich nur noch mehr in Euphorie und wieder glitt mein Kopf zurück. „Kaoruuu!“ Scheiße, Mann! Diesmal schaute ich schneller auf und mit einem gereizten Blick, aber noch immer war Die schmatzend mit mir beschäftigt. Irgendetwas was faul hier, das konnte ich spüren. Das und Dies Zunge! Hilfe! Ich bekam Probleme mich noch unter Kontrolle zu halten. „Kaoruuu? Bist du zuhause?“ Das war mein Zeichen! Diese Rufe hatten nichts mehr mit meinem Traum zu tun. Das kam aus der Realität und das bedeutete nichts Gutes! „Pennst du etwa noch?“ Aufstöhnend riss ich die Augen auf und setzte mich auf. Auf die Tür starrend, winkelte ich schleunigst meine Beine an, denn so ein Ständer ging nun mal nicht einfach weg, egal ob durch Traum oder Realität hervorgerufen. Und schon riss Die besagte Tür auf und hob die Augenbrauen verwundert. „Du hast ja wirklich noch gepennt.“ Jetzt zog er eine Augenbraue nach unten, die andere blieb oben. „D...Die...äh...ja...“ Gerade der kam mir jetzt recht! Was zur Hölle machte der hier und warum gerade jetzt? Die Temperatur meines Gesichts stieg und die Farbe konnte ich zum Glück nicht sehen. Wortfindung war ebenso ein großes Problem. „Geht’s dir gut, Kaoru? Du siehst so... ungesund aus.“ Er legte seine Stirn in Falten und schien mit skeptischer Miene zu grübeln. „Hast du vielleicht Fieber?“ Er durfte auf keinen Fall checken, was hier gerade los gewesen war! „M...mir geht’s gut! Alles bestens... nur... äh, verschlafen... zu lange.“ Toll, also das mit der Wortfindung schien sich nicht zu bessern und ich kniff erst einmal fest die Augen zu, mir immer und immer wieder Konzentration befehlend. Als ich sie aufmachte, sah Die besorgt aus und ging einen Schritt auf mich zu. „Bist du dir sicher? Nicht, dass du wieder—“ „Nein, nein, nein!“ Ich fuchtelte abwehrend mit einer Hand vor mir rum. „Es geht mir gut. Wirklich.“ „Ich weiß nicht...“ Der Lollipop war skeptisch bis zum Getno! Was tun also? Jetzt machte es sich bezahlt ein Leben als Leader zu führen. Souveränität und das Delegieren war meinen Stärke! Aufgepasst! „Hör mal, Daisuke. Ich bin nur noch ganz verwirrt, weil du mich geweckt hast.“ Noch ein böser Blick plus einen Schmollmund und schon stiegen meine Aktien wieder. „Wie wär’s, wenn du schon mal in Küche gehst und Kaffee kochst. Ich zieh mir derweilen was an und komm dann nach. In Ordnung?“ Bitte, bitte, bitte! Ich sendete ein Stoßgebet gen Himmel, dass Die nur dieses einzige winzige Mal mir nicht mit den wie-, was- und wo-Fragen kommen würde. „Ich soll dir wieder Frühstück machen, ne?“ Er verschränkte die Arme, aber lächelte. Positiv. „Musst es ja nicht wieder übertreiben. Ein Semmel mit Nutella reicht mir auch,“ grinste ich zurück und spürte auch, wie meine Selbstsicherheit langsam wieder kam. In Schneckentempo, aber immerhin. „Ist gut,“ sagte Die und drehte sich um. „Bis gleich.“ Dem Himmel sei Dank schloss er sogar die Tür hinter sich. Eindeutig keine Zeit blieb mir mich zu ärgern, dass Die offenbar noch immer meinen Wohnungsschlüssel hatte. So eine Scheiße! Gedanklich fluchen konnte ich durchaus mal, nicht? Doch. Dann merkte ich etwas anderes. Kao-chan war nämlich nicht mehr im Geringsten in Erregung, was im ersten Moment positiv klingt, letztlich jedoch negative Auswirkungen gehabt hatte. Langsam hob ich die Bettdecke an und sah zwischen meine Beine. Klasse! So eine Sauerei. In der ganzen Aufregung hatte sich der Beste alleine seines Überdrucks entledigt. Das würde mir Die büßen! Ich schlug mit der Faust auf die Matzratze, was nicht allzu viel brachte, aber da ich an Zeitmangel litt, konnte ich mir auch hierüber jetzt keine Gedanken machen. Blitzartig hüpfte ich aus dem Bett und zog das Laken und die Bettbezüge vom Bett und klemmte es mir vor die Lendengegend. Leise öffnete ich die Schlafzimmertür und schlich ins Badezimmer, wo ich die Wäsche samt meiner Unterhose in die Waschmaschine stopfte. 60°C dürften reichen. Gutes Mittelmaß zwischen Kochwäsche und Buntem. Ich nickte und zog mir das T-Shirt über den Kopf, bevor ich das Wasser in der Dusche anstellte. „Hey Kao!“ „Waaaaa—!!!“, fuhr ich zusammen und wickelte mich kurzerhand in den Duschvorhang, als mein Herz kurz aussetzte und ich ins Dies Augen starrte. „Willst du etwa auch noch duschen vor’m Frühstück? Kaffee ist fast fertig.“ Ganz gelassen sah er mich an, klang jedoch etwas verwirrt bei meinem Anblick. Ich nickte und versuchte einen Satz zu formulieren. „Z...zwei Minuten...dann...ja.“ „Wie, zwei Minuten? Ach, egal,“ sagte Die kopfschüttelnd und kratzte sich am Bauch. „Ich wollt eigentlich nur sagen, dass die Filtertüten alle sind...“ Was? Filtertüten! Oh verfluchte Kacke! Darum kam er hier rein?! Mein Bösometer stieg. „Im Schrank rechts unten!“ Und mach, dass du dich verpisst, schrie ich in Gedanken nach. „Dort sind noch welche?“ „Ja,“ knirschte ich durch meine linken Backenzähne und verlor langsam Geduld und Verstand. „Alles klar,“ nickte er und wollte gehen, aber drehte sich noch mal um und zeigte mir dem Finger auf mich. „Du musst dich echt nicht schämen, Kao. So klein ist er nicht.“ Dann war er weg, die Tür zu und ich stand mit weit aufgerissenen Augen da und wusste mal wieder nicht, was ich denken sollte. Häää??? Nach meiner kurzen, jedoch wirkungsvollen kalten Dusche zog ich mir was an und ging in die Küche, wo Die bereits dasaß mit einen Schokoladenbart. „Mit der Nutella siehst du richtig männlich aus,“ brummte ich ihn an, noch immer etwas sauer über den ‚so klein ist er nicht’-Spruch. Mit den Fingern tastete er seine Lippen ab und grinste, als er merkte, dass er überall Schokolade darum hatte. Ich kniff die Augen zu bei der Sicht. Nicht wegen der Schokolade, aber als seine Fingerspitzen seine agilen und weichen Lippen umspielten, fast wie in meinem Traum... Ich schüttelte den Kopf, damit ich nicht wieder rot anlaufen würde. „Hab ich dich aus irgendwelchen süßen Träumen entrissen oder warum bist du so gereizt heute?“, fragte er, als ich mir grummelnd eine Tasse Kaffee nahm und mich setzte. Er konnte sich das gar nicht vorstellen, warum ich gereizt war. Und ich konnte ihm kaum in die Augen sehen, also vermied ich es. „Bist du sauer auf mich wegen dem Spruch vorhin im Badezimmer? Okay, sorry, war doch nur Spaß, Mann.“ Die seufzte und sah richtig niedlich aus dabei. Ich schlug mir gedanklich vor die Birne und verbot mir weitere solcher Gedanken. „Was weißt du schon!“ „Ich weiß, dass du dich heute merkwürdig benimmst. Das weiß ich. Tust grad so, als hätte ich dich noch nie nackt gesehen.“ Jetzt kicherte er auch noch. Nicht zu fassen! Der machte sich über mich lustig. „Du hast mich eben erschreckt, baka!“ Ich warf ihm ein Semmel gegen den Kopf. „Aua.“ Er rieb sich die Stelle schmollend. „Tut mir ja leid, sorry.“ „Hm.“ Ich sah wieder von ihm weg, bevor mich wieder die Scham packen würde. „Was machst du eigentlich hier?“ „Ich? Ja, also, eigentlich habe ich gute Nachrichten. Erinnerst du dich an die Frau, von der ich dir erzählt hab? In dem Club. Die, die meinte, du würdest zuviel trinken.“ Ein Bild hatte ich nicht von ihr im Kopf, aber dennoch erinnerte ich mich an Dies Erzählung. „Ja, und?“ „Der hatte ich meine Nummer gegeben, falls sie es sich anders überlegt und jetzt rate mal, wer heute Morgen bei mir angerufen hat?“ Die grinste von einem Ohr zum anderen. „Sie?“ Mir leuchtete noch nicht ein, was sie wollte. Ein Date mit Die vielleicht? Obwohl ich positiver denken wollte, konnte ich einfach nicht. So war ich eben. „Jaaa-ha, und sie will dich jetzt doch kennen lernen. Hier, ihre Nummer.“ Er schob mir mit einem fetten Grinsen im Gesicht ein Zettelchen zu, auf dem eindeutig eine Nummer stand. „Ich wollte deine nicht weggeben. Man weiß ja nie, deshalb hab ich ihr gesagt, du würdest sie heute anrufen. Na? Sind das gute Neuigkeiten oder gute Neuigkeiten?“ Mein Blick haftete auf dem kleinen Zettelchen auf dem Tisch und ich versuchte Worte zu finden, die das ausdrückten, was ich gerade dachte. Vielleicht fiel mir genau deshalb nichts ein, denn ich war mir nicht sicher, was ich dachte. Auf jeden Fall war Dies Geste nett gemeint, so viel war sicher. Ich sollte dankbar sein. „Ja, danke.“ Es war noch früh am Morgen, nur mal als Verteidigung für meine kurze Antwort. „Ein bisschen mehr Begeisterung könntest du schon zeigen. Du sollst doch optimistischer sein. Ruf sie an, geh mit ihr weg, und wenn es passt, ist gut. Wenn nicht auch. Hauptsache kein Stress, verstehst du?“ „Ja ja,“ hieß so viel wie ‚leck mich am Arsch’. Er konnte nicht verstehen, was in mir vorging. Wie auch? Ich hatte mir gerade noch im Traum einen von ihm blasen lassen und jetzt sollte ich mich mit einer Frau verabreden, wo ich doch erst immer nicht so gut damit klar kam. Verabredungen?! Haaach, das nervte. Aber ich wollte doch eine Frau, eine Freundin, eine im Bett, wie auch immer, oder? Wollte ich das? So war der letzte Stand der Dinge, soweit ich mich erinnern konnte. „Kommst du mit?“ Die grinste. Mann, ja, ich war inkompetent, was Verabredungen anging. Was sollte die Heuchelei? Man konnte ja nicht auf jedem Gebiet ein Meister sein. „Wohin?“ Die, oh Die. Auf der Leitung stehen konnte er prima! „Na, wenn ich mich mit ihr verabrede, dann kommst du doch mit, oder? Vielleicht hat sie eine hübsche Freundin...“ Meine Stimme verblasste beim Anblick von Dies mitleidvollem Gesichtsausdruck. Bravo. Loser schrieb man noch immer mit L. Den Buchstaben sollte ich mir merken. Die schüttelte den Kopf. „Da musst du schon selber durch.“ „Biiitte, Die!“ Meine Hände faltend, flehte ich ihn an. „Bitte, bitte, bitte!“ „Lass das, Kaoru,“ sagte er fast zickig, bevor er seufzte. „Für dich würde ich das sogar tun, aber ich kann nicht mit.“ „Warum nicht?“ Durchdringend Blick, Fragezeichen in den Pupillen, skeptisch hervorgeschobene Unterlippe. „Man, kuck’ nicht so!“, quietschte er und ließ die Schultern hängen. „Ich muss zum Mittag bei meinen Eltern sein, weil meine kleine Schwester ihren Verlobten mitbringt. Und da ich dummerweise gerade ‚Urlaub’ habe, komme ich nicht darum herum.“ Seufzend stand er auf und holte sich eine Cola aus dem Kühlschrank. Was für die einen Schokolade, war eben für andere das zuckerhaltige Koffeingetränke. „Und wann kommst du wieder?“ Mir schlotterten die Knie. Dies Abwesenheit bedeutete im Klartext Folgendes: Ich müsste mich mit einer fremden, weiblichen Person treffen ohne jegliche Unterstützung. Es sei denn, Die wäre heute Abend wieder da. „Morgen leider erst.“ Meine Hoffnungen gingen den Bach hinunter. Einziger Trost war Dies bedeppertes Gesicht, denn der hatte anscheinend keine große Lust auf Familienfeier. „Weißt doch, wie das läuft. Schwester hat neuen Stecher und alle werden eingeladen. Und wenn Mama sagen kann, dass der olle Daisuke auch kommt, sind sie nicht mehr zu bremsen. Vor allem mein Schwager, der Trottel, der ständig irgendwelche dämlichen Witze reißt. Und dann noch Tante Mei mit ihren hochbegabten Zwillingen, wo eine dämlicher aussieht als die andere... Ach Kao, da wäre ich echt viel lieber bei dir.“ Ich musste lächeln. Das hatte er aber lieb gesagt. „Das echte Leben ist schon scheiße,“ witzelte ich sarkastisch und schenkte ihm so etwas wie mein Aufbaulächeln, das zwar müde wirkte, jedoch genug Sympathie ausstrahlte um Leute aufzupäppeln. „Tja,“ seufzte Die und stand auf, indem er sich auf der Tischplatte abstützte. „Ich zieh dann auch besser mal los, wenn ich rechtzeitig bei meiner Family sein will.“ Ich nickte. Was blieb mir anderes übrig? Ihn davon abhalten? Das hatte ich ja bereits versucht. Erfolglos. Alles scheiße hier. „Mach’s gut, Kaoru.“ Er klopfte mir kurz auf die Schulter und zog sich seine Schuhe an. Ordentlich im Sinne von Anstand war er, das musste ich ihm lassen. „Du packst das schon mit dem Mädel.“ Noch einmal erwiderte ich das lediglich mit einem Nicken. „Also dann, Die. Fahr vorsichtig, ja? Und grüß deine Eltern von mir.“ Seine Eltern waren nett, nicht so wie meine. Der Rest seiner Familie war allerdings nervend. Zwei seiner Schwestern hatten mich schon einmal derb angebaggert und versuchten mir eine Dauerwelle zu machen. Verschissen. „Wird gemacht, Chef.“ Und salutierend verabschiedete sich Die aus meiner Wohnung. Ach, Mist! Er sollte mir doch meinen Schlüssel wiedergeben. Hach, drauf geschissen. Mir war nicht nach Fluchen. Vielmehr nach Seufzen. Ich zündete mir eine Kippe an und stützte meinen Kopf in meine Hand, den Ellbogen auf dem Tisch. Warum fühlte ich mich gerade wie in einem Tief? Da lag sie doch, die Nummer zu meinem Glück. Ich wand den Blick vom Zettel auf den Küchenschrank. Ablenkung tat gut. Was sollte ich also machen mit dem angebrochenem Tag? Ich fing damit an, die Küche aufzuräumen und mal durchzuwischen. Sauberkeit und Ordnung waren unerlässlich in meinem Haushalt. Den Zettel mit der Telefonnummer der Frau hatte ich mir in die Hosentasche gesteckt und vorerst ignoriert. Ich war noch nicht bereit anzurufen. Als ich mit der Küche fertig war, setzte ich mich auf mein Sofa und zog eine durch. Die Balkontür stand offen und ich starrte in den Horizont. Ob Die wohl schon angekommen war? Hm, vielleicht. Eigentlich sollte ich ja auch mal raus und frische Luft tanken. Aber, ach Mist, ich hatte ja die Balkontür offen, kam doch genug Luft rein. Mein Blick fiel auf den Wohnzimmertisch mit dem Notenblatt. Unser Song... Das war die Idee! Ganz schnell packte ich meine Gitarre in den Koffer, das Blatt faltete ich sorgsam und steckte es in meine Jacke, dann zog ich mir noch Schuhe an und schnappte die Autoschlüssel, bevor ich unrasiert das Haus verließ. Das war Absicht, denn ich fuhr geradewegs zum Studio. Je mehr Bartstoppeln im Gesicht war, umso geringer war das Risiko von irgendjemandem erkannt zu werden. Normalerweise würde das Studio der Band heute den ganzen Tag zur Verfügung stehen. Da ich aber offiziell Urlaub verordnet bekommen hatte und somit ganz Dir en grey eine kleine Pause machten, war auch der Tontechniker Schrägstrich Produzent nicht da. Wer außer ihm hatte wohl noch einen Schlüssel? Richtig. Ich! Es kümmerte mich einen Dreck, dass ich doch eigentlich nicht arbeiten sollte. Ich war schließlich Künstler und als ein solcher musste man dann arbeiten, wenn man inspiriert war und nicht, wann es einem von einem Scharlatan erlaubt wurde. Außerdem war mir barbarisch langweilig allein zuhause. Offensichtlich kratzte es auch niemanden. Kyo lag wahrscheinlich den ganzen Tag im Bett und Shinya tätschelte seinen Wauzi. Sicher, ich hätte andere Freunde oder Bekannte anrufen können, oder vielleicht sogar das Mädel aus dem Club, aber momentan brauchte ich erst einmal etwas ganz anderes: Musik. Das Auto parkte ich eine Straße weiter, nur um sicher zugehen. Dann lief ich zum Eingang des Studios. Ich schloss die Eingangstür wieder hinter mir ab und schaltete lediglich das Licht in den Aufnahmeräumen an. Lichter im Flur blieben aus. Es sollte ja keiner wissen, dass ich hier war. Ich schaltete dann den PC ein und packte die Gitarre aus und das Notenblatt. Dann machte ich mich an die Arbeit. Nach nur knapp einer Stunde hatte ich alle Noten im PC. Idealer Ausgangspunkt um eine Melodie für den Gesang zu testen. Zwar hatte ich keinen Text, aber mit der Melodie würden sich vielleicht die Worte noch finden. Zur Not musste das dann eben doch Kyo machen. War ja auch sein Job. Es vergingen Minuten, Stunden und eine Schachtel Zigaretten, bis ich endlich fertig war und zufrieden mit dem Endprodukt. Ich lehnte mich zurück, steckte mir die letzte Kippe an und ließ den Song ablaufen. Genial. Zufrieden lächelte ich in mich hinein. Dann machte mein Körper ein seltsames Geräusch. Scheiße! Ich hatte vergessen zu essen! Und nun? Pflichtbewusst, wie ich war, hatte ich ein schlechtes Gewissen, denn es standen genau noch zwei Aufgaben auf meinem Plan: essen und das Mädel anrufen. Ich musste es tun. Nein, nicht essen, sondern die Frau anrufen. Wenn Die zurück käme und ich hätte das nicht getan, wäre ich ein kompletter Versager und Die sicher enttäuscht. Vielleicht würde er mich auch auslachen. Dieser Pein wollte ich mich nicht ergeben, und weil ich gerade gut drauf war, holte ich mein Handy und den Zettel aus der Hosentasche. Dann wählte ich die Nummer. „Moshi moshi?“ Ihre Stimme klang schon mal ganz nett. „Hallo, hier ist Kaoru. Aus dem Club letztens. Du hattest meinem Kumpel deine Nummer gegeben...“ Was noch? Ich kam mir jetzt schon doof vor. „Oh ja! Klar, der Rothaarige, richtig? Dann hat er dir meine Nummer gegeben, das ist schön,“ erwiderte sie freudig, was mir ein wenig Selbstvertrauen gab. „Genau der. Ich wollte dich fragen, ob du Lust hast, mit mir was trinken zu gehen?“ „...“ Sie sagte gar nichts! Oh verdammt. Trinken war nicht gut. Jetzt dachte sie sicher wieder, ich wäre ein Alkoholiker. „Einen Kaffee oder so. Oder vielleicht was essen, wenn du möchtest? Dann lad ich dich ein.“ Das nenne ich doch mal ein Angebot! So etwas machte ich nicht jeden Tag. Was tat man nicht alles, um nicht als Depp dazustehen und endlich eine Frau an seiner Seite zu haben. „Heute?“, fragte sie. „Ja, nachher. Ich hol dich ab,“ schlug ich vor und bemerkte nicht einmal, dass ich noch gar nicht nach ihrem Namen gefragt hatte. „Also gut,“ willigte sie ein und gab mir ihre Adresse durch. Dann legten wir beide auf und ich fing an zusammen zu packen. Das Date musste ich jetzt ganz allein hinbekommen, nur blieb mir eigentlich keine Zeit nervös zu werden. Ich hatte jetzt alle Hände voll zu tun, das Demo noch schnell zu brennen und mich dann aus dem Staub direkt in mein Badezimmer zu machen. Ging auch ganz flott. Schon kurz darauf stand ich fertig rasiert vor dem Spiegel und ließ meine Finger kurz über mein Kinn gleiten. Die Stoppeln dort hatte ich nämlich dran gelassen, ätsch! War zwar noch nicht wieder mein heißgeliebtes Ziegenbärtchen, aber ich würde es schon wieder züchten, hegen und pflegen und so zu neuem Glanz verhelfen. Nach der Pleite der letzten Tage war es mir nämlich egal, ob die Weiber mich nun mit oder ohne besser fanden. Selbst Die hatte gesagt, ich hätte schließlich Selbstbewusstsein, nur dass ich zu skeptisch wäre. Folglich musste ich mir gefallen. Alles andere würde sich ergeben. Und wenn nicht, könnte ich damit auch leben! Yup. Pünktlich 18 Uhr stand ich vor dem Häuschen, in dem sie wohnte und betrachtete mich noch einmal im Rückspiegel. Ich hatte die gleichen Sachen wie gestern an, da ich keinen Plan hatte, was sonst noch gut aussah. Die hatte es gefallen, also. Dann kam sie raus. Kürzer ging der Rock wohl nicht? Man konnte mich ja in gewisser Weise altmodisch nennen, was das anging, aber zu einem ersten Date sollten Frauen sich nicht wie Nutten anziehen, oder? „Hallo,“ sagte sie und stieg gleich ein und drückte mir einen Kuss auf die Wange. „Mein Name ist übrigens Tomoko.“ Erst küssen, dann Namen sagen, was für eine Reihenfolge! Von mir aus. Vorurteile konnte ich mir doch eigentlich kaum leisten, also ließ ich es noch einmal durchgehen. „Wo möchtest du gerne essen?“ Wie immer hatte ich keine Ahnung, wohin ich mein Gefährt lenken sollte. Ich aß selten auswärts. Ausgehen war eben eine Rarität in meinem Leben. Warum heucheln? „Ich hätte furchtbaren Hunger auf Italienisch, du auch?“ Na, zumindest wusste sie, was sie wollte. Ich nickte, startete den Motor und wollte gerade auf die Straße fahren, als mir etwas einfiel. „Wo gibt es hier in der Gegend einen Italiener?“ Die Italiener-Frage konnten wir Gott sei dank klären und ich chauffierte uns direkt zu einem recht nett gelegenen Restaurant in der Stadtmitte. Es war etwas schwierig einen Parkplatz zu finden, aber nachdem ich auch das gemeistert hatte, konnten wir endlich zum gemütlichen Teil das Abends übergehen. Tomoko und ich bestellten Pasta und unterhielten uns danach, wobei sie den größter Teil des Gesprächs übernahm. Sie hatte mir von ihrem Job als Kassiererin erzählt, der nur vorübergehen wäre, nachdem sie ihr Studium abgebrochen hatte um Model zu werden, was aber leider nicht geklappt hatte und nach ein paar Statistenrollen beim Film hatte sie beschlossen, sich voll und ganz auf eine Karriere beim Film zu konzentrieren. Mein Latte Macchiato schmeckte wie die Füße meiner Oma und ich fragte mich, ob Die wohl sicher angekommen wäre bei seinen Eltern und ob er daran gedacht hatte, sie von mir zu grüßen. Vielleicht hätte ich einfach mitfahren sollen? „Kaoru?“ „Hä? Ja, was?“ Ich sah Tomoko mit großen Augen an. Hatte sie etwas gesagt? „Hörst du mir überhaupt zu?“ Jetzt schaute sie leicht beleidigt aus und es war mir durchaus etwas peinlich, aber nicht viel zum Glück. „Doch, doch, ich hör dir zu. Ich drück dir die Daumen für den Durchbruch im Filmgeschäft.“ Ich lächelte, wie ich meine Fans anlächelte, denn da wusste ich wenigstens, dass sie mir gefügig waren und für ein Stückchen Leader-sama alles geben würden. „Vielen Dank, ich wusste, du glaubst an mich!“ Grinste sie jetzt? Oh ja, tat sie. Himmel, mit den Zähnen wollte sie zum Film. Viel Spaß auch. „Was machst du eigentlich so, Kao?“ Wir waren schon bei Kao? Eigentlich erlaubte ich das ja nur engen Freunden. Ach, egal. Sollte sie mich doch nennen, wie sie wollte. Freundinnenpotenzial hatte sie eh keines, höchstens ein One-Night-Stand. „Ich...“ Kurz überlegen. Es war nicht unbedingt einfach eine passende Berufsbezeichnung zu benennen, ohne dass ich als überheblich erschien. „Ich bin Musiker.“ „Oh, ah ja. Und was machst du so für Musik?“ War ja klar. Diese Frage kam meistens im Anschluss. „Rockmusik. In einer Band zusammen mit Die und ein paar anderen.“ Anscheinend kannte sie Dir en grey nicht, was zwar selten vorkam, aber ich als positiv erachtete. „Cool,“ lächelte sie und nickte freundlich mit gespielter Begeisterung. Ob Schauspielerin wirklich das Richtige für sie war? „Aber doch nicht in so einer Visual Kei Band, oder?“ Moment mal, was hatte sie denn bitte gegen Visual Kei? Einige der bestens Bands Japans waren dem Visual Kei Genre entsprungen und noch heute große Stars – so wie Dir en grey eben auch, nur dass wir nicht mehr in Korsetts und dergleichen herumliefen. Weiterentwicklung und so Kram. Jahrzehntelang das selbe Aussehen war schädlich, das wusste ein guter Bandleader, auch wenn es viele Fans nicht verstanden. Zurück zu Tomoko – wie war noch gleich ihre Frage? „Nicht mehr, nein.“ Oh, jetzt klang meine Stimme schon etwas mürrisch. Ich gelobte mich zu bessern. Wahrheit oder Pflicht? Ich entschied mich für beides. „Kennst du Dir en grey?“ „Dir en grey? Sag bloß, die kennst du!“ Ihre Stimme erklang drei Oktaven höher und ich hätte mir beinahe die Ohren zugehalten, wenn ich nicht so bedeppert gewesen wäre, weil sie dachte, ich kannte Diru. Ich war Diru! So eine Dooftröte! „Mein Exfreund war ein Riesenfan von Dir en grey,“ plapperte sie auf einmal darauf los, noch bevor ich ihr überhaupt ihre Frage hatte beantworten können. Also nahm ich einen tiefen Luftzug und steckte mir eine an, bevor ich mich zurücklehnte und versuchte zuzuhören. Das Exfreund-Thema war ja schon schlimm genug, aber langsam erschloss sich der Kreis zu einem wahren Alptraum. Tomokos Exfreund war anscheinend Filmproduzent im Über-18-Genre und hatte ihr vorgeheuchelt, sie sei der geborene Star. Angetan davon Filmstar zu werden, erhoffte sie sich dadurch eigentlich nur wieder die Zuneigung dieses Typen, der mit ihr nach ein paar Monaten Schluss gemacht hatte. „...und dann hat er mich wegen ihm verlassen,“ beendete sie ihren Satz und ich wollte eigentlich die Chance nutzen ihr zu sagen, dass ich gehen wollte. Leider stockte mir der Atem. „Ihm?“ Das machte mich neugierig. „Ja, wegen eines Kerls. Ich hätte es ja gleich wissen müssen. Einer, der für Dir en grey und andere Visual Kei Bands schwärmt, kann doch nur schwul sein.“ „Herr Ober? Wir wollen zahlen!“ Ich winkte mit der Hand wie ein Bekloppter nach dem Kellner. Vorurteile hatte sie ja keine, oder? Ich hatte meine eigenen bereits gewaltig zurückgeschraubt und trotzdem keinen Gefallen an ihr gefunden. Jetzt reichte es aber langsam. Sie beleidigte mich, meine Fans und alle Homosexuellen dieses Planeten. Nein, aber mit so einer wollte ich noch nicht mal ins Bett oder auf die Rücksitzbank eines japanischen Mittelklassewagens. Schweigend brachte ich sie Heim und wartete darauf, dass sie sich aus meinem Auto verpisste, quälte mir sogar ein Lächeln ab. „Also dann... mach’s gut.“ „Ja, du auch. Es war ein netter Abend, nicht wahr, Kaoru?“ Zum Kotzen. „Mmh.“ Und jetzt raus hier! „Tja, also dann...“ Sie lächelte. Mein Blick fiel auf ihre Hand am Türknauf. Warum machte sie denn nicht auf? Ich fing an zu Schwitzen. Zu spät. Plötzlich beugte sie sich zu mir rüber und steckte mir ihre Zunge in den Hals. Igitt. Hilfe! Ich glaubte zu ersticken. Lass mich los, Luder! Dann ließ sie ihre Hand über meinen Oberschenkel gleiten. VERGEWALTIGUNG! Zuckend fuhr ich zusammen, packte ihr Handgelenk und schob sie von mir. „Langsam, ja?“ Und was sagte man da sonst noch? Solche Situationen hasste ich. Wie sollte man Taktgefühl bewahren? „Ich... ich ruf dich wieder an, okay?“ Dann strahlte sie und ich hatte fast Mitleid. War es denn nicht offensichtlich, dass ich kein Interesse an ihr hatte? Och, Mädel. „Okay dann. Gute Nacht, Kaoru-chan. Baibai.“ Dann stieg sie endlich aus, winkte noch einmal kurz und ging ins Haus. Ich hingegen wischte mir erst einmal ihren Speichel aus dem Gesicht. Pfui. Das musste ich dringend reinigen. Innerlich sowie auch äußerlich. Aber zuerst innerlich. Ich trat auf das Gaspedal und stoppte erst wieder, als ich vor der Bar von gestern stand. Keine Ahnung, warum ich gerade hier anhielt. Hier hatte ich schließlich Sayuri erzählt, ich sei mit Die zusammen. Warum also wollte ich gerade hier Zeit verbringen, wo man mich für stockschwul hielt? Möglicherweise zum Zwecke der Seelenreinigung, denn dank Tomoko hielt ich mich für ein Mitglied einer Homophobikersekte und das war ja nun wirklich nicht so. Langsam schleppte ich mich an die Bar und bestellte einen Kaffee. Da ich nicht trinken wollte, hoffte ich, dass das Koffein die letzten Speichelrückstände dieser Person aus meiner Kehle terminierte. Kaffee trocknete aus, das wusste jeder. Wann hatte meine Leben eigentlich angefangen so beschissen zu laufen? Das einzige Date war ein riesiger Reinfall und das, was mich normalerweise aufmunterte, hatte ich auch nicht. Ich sprach von der Arbeit. Ja, genau. Denn eigentlich würde ich gerade todmüde ins Bett fallen nach zwölf Stunden Aufnahmen und Proben, Änderungen und neuen Aufnahmen. Aber nee!? Wie war diese Tomoko-Frau eigentlich dazu gekommen mich Kaoru-chan zu nennen? Ich war doch nicht ihr Freund! In welchem Film lebte die denn? Ein Treffen und schon tat sie so, als wären wir über beide Ohren ineinander verliebt! Dabei wollte sie doch eigentlich ihren Ex. War ihr das überhaupt bewusst oder war das nur mir aufgefallen? Oh weh... Ich seufzte und nahm einen etwas längeren Zug von meiner Zigarette. Ob Die wohl auch so einen beschissenen Abend hatte? Dem wurden vielleicht die Ohren abgekaut von seinem Schwager. Armes Die. Na, geschah ihm ja eigentlich recht. Es war schließlich seine Schuld, dass ich mich mit der Tussi da getroffen hatte. Wir hätten tauschen sollen. Die wäre mit dieser Tomoko ausgegangen und ich wäre zu seinen Eltern gefahren. Nein, so gemein war ich auch nicht. Die hätte ich niemals dieser Frau ausgeliefert. Er hätte mir viel zu leid getan. Dann wären wir eben beide zu seiner Familie gedüst. Seine Mama hatte sicher wieder gebacken und würde mir noch Plätzchen für vier Wochen mit nach Hause geben. Seine Schwestern würden zwar nerven, aber mir doch unendlich lange erklären, wie toll ich doch war. Das hörte ich gern! Und Dies Vater... also der würde wohl eher wieder versuchen mich darüber auszuquetschen, welchen Sport ich am liebsten mochte oder welche Politiker ich gerne umbringen würde. Das war noch nicht einmal unangenehm, denn Dies Vater war wenigstens witzig und ein netter Gesprächspartner. Na, irgendwoher musste Die das ja haben... „Kaoru!“ Was? Ich schaute auf und da stand Sayuri hinter dem Tresen und sah mich an. „Oh, hi... Sayuri.“ Ich lächelte sie kurz an – anders konnte man auch nicht. Sie sah immer freundlich aus. „Alles in Ordnung? Du siehst so in Gedanken aus,“ fragte sie, während sie ein paar Gläser spülte. „Ja sicher, alles bestens,“ log ich, denn gar nichts war bestens, sonst wäre ich nicht allein in einer Bar, sondern würde gerade einen Orgasmus haben. „Bist du allein hier? Wo ist dein Freund?“ Besorgt klang sie, wow. Neugierig war sie trotzdem. „Die? Der ist auf Besuch bei seiner Familie.“ So war es ja auch, Definition Freund hin oder her. „Ohne dich?“ Jackpot. Die Frage traf genau da, wo es weh tut. Ja, verdammt, ohne mich! Aber ich gehörte ja auch nicht zur Familie, richtig? Anscheinend dachte das aber Sayuri. Es erschien ja auch logisch, dass ich als sein Freund zur Familie gehörte. „Ja, ohne mich,“ gab ich also monoton zurück. Doch Sayuri lächelte auf einmal so... lieb und... mitleidig. „Du vermisst ihn, was?“ Scheiße noch mal. Das war schon wieder so eine Frage! Man konnte Die als Kumpel bezeichnen, was der Wahrheit entsprach, oder man konnte lügen und sagen, er wäre mein Freund. Das kam alles auf ein und dasselbe hinaus: dass ich ihn vermisste. Das stimmte nämlich. Gequält von meiner Einsicht zwang ich mir ein Lächeln ab und nickte. „Yup.“ Plötzlich stellte Sayuri vor mir ein Gläschen mit einem durchsichtigen Getränk ab. Es sah sehr verdächtig aus, vor allem mit der Zitronenscheibe obendrauf. „Geht auf’s Haus,“ sagte sie und goss sich selbst einen hinter die Binde. „Ich... ich muss noch fahren,“ wehrte ich ab, doch eigentlich war ich schwach. Ich wollte mich endlich meinem Selbstmitleid ergeben. Und der Tatsache, dass ich meinen Kumpel, Freund, Lover, Kollegen, Was-auch-immer vermisste! Also hob ich das Glas mit einem „Scheiß drauf“ und trank es leer. Yeah! Nach dem x-ten Tequila hörte ich dann auch auf zu bechern. Ohne Bier dazu zu trinken, war es auch gar nicht schlimm und ich noch nicht betrunken, nur etwas heiterer als zuvor. Ich machte mir keine Sorgen mehr und dachte auch nicht mehr nach. Genau der richtige Level. Ich bezahlte meine Drinks und fuhr nach Hause. Als mein linker Scheinwerfer unsanft Kontakt mir der Straßenlaterne machte, wusste ich, dass ich fertig war mit Einparken und ich kletterte aus dem Auto. Gut, ich hätte auch in die eigens dem Haus zur Verfügung stehende Tiefgarage fahren können, aber genau dieser Zufahrt stand eben gerade diese Laterne im Weg. Das war mir aber Jacke wie Hose und nachdem ich die Autotür zugeschlossen hatte, machte ich mich auf in meine Wohnung. Ach ja, wie gemütlich es doch zuhause war! Ich stolperte geradewegs ins Wohnzimmer und ließ mich auf das Sofa fallen. Hier war es doch am Schönsten! Ende Kapitel Fünf. Ich brech mal hier ab... muss noch sooo viel Schreiben.^^ ~6~ --- Daaa-haaa-haaanke!!! Eure Kommis sind so toll! ;_; I u. Kapitel Sechs „Kaoru!“, begrüßte mich Dies Mama herzlich und nahm mich in die Arme. Dann ließ sie von mir ab und sah mich musternd an. „Hast du abgenommen, Junge? Du siehst mager aus. Komm und iss was!“ Sie schubste mich praktisch auf einen der Stühle am Esstisch und tafelte alle möglichen leckeren Sachen auf, während Die neben mir Platz nahm und die Augen verdrehte. „Ich finde, Kaoru sieht toll aus! Wie immer,“ schmeichelte mir Dies jüngste Schwester, die direkt gegenüber saß und mir zuzwinkerte. „Auf jeden Fall hundert Mal besser als unser Bruderherz,“ sagte eine weitere seiner Schwestern und schenkte Die einen abwertenden Blick. „Der ist echt nur Haut und Knochen.“ Neben mir knurrte Die verdächtig, doch dann nahm sein Vater am Tisch Platz und räusperte sich. „Jetzt lasst die beiden in Ruhe, sonst kommen sie nie zum Essen.“ Ich schmunzelte. Es war eine richtig gemütliche, familiäre Atmosphäre bei den Andous. Direkt nach dem Essen zerrte mich Die hinaus auf den Balkon. Es war auf einmal Nacht und ich bestaunte den großen, leuchtenden Mond und die klaren Sterne. Plötzlich fiel Die vor mir nieder auf eines seiner Knie und nahm meine rechte Hand. „Kaoru, mein Liebster. Du bedeutest mir alles im Leben, du bist mein bester Freund und ich wünsche mir nichts mehr, als mein ganzes Leben mit dir zu verbringen. Ich liebe dich so sehr. Bitte heirate mich!“ Ich starrte in Dies Augen und wusste nicht, was ich sagen sollte. Dann fiel ich ihm um den Hals und knutschte ihn bis an den Rand der Verzweiflung. Kurze Zeit später ging die Tür auf und ich bemerkte, dass wir uns in meinem Wohnzimmer befanden. Shinya, Kyo und Toshiya kamen hereinspaziert mit einer riesigen Hochzeitstorte und sangen uns ein Ständchen. Die hielt meine Hand und küsste vor Glück und Freude immer wieder meine Finger. Mir war bis jetzt gar nicht aufgefallen, dass er einen wunderschönen, weißen Anzug trug, sehr edel aus dem feinsten Stoff. Ich selber hatte dasselbe an, nur in schwarz und grau. Scheinbar war es unser Hochzeitstag, denn als mich Die zum Tanzen aufforderte, klatschten die anderen Beifall und sahen uns dabei zu, wie wir zu schnulziger Popmusik einen Walzer tanzten. Woher konnte ich eigentlich Walzer tanzen? Keine Ahnung, aber ich führte Die über die Tanzfläche wie ein Profi. Jeder war beeindruckt und flüsterte immer wieder in Begeisterung, was für ein tolles Paar wir beide doch wären. Noch eine Drehung hier, einmal hier herum und einmal rückwärts, dann ließ ich mich und Die auf ein großes, kuscheliges Bett fallen. Stürmisch küsste ich ihn und hatte es sehr eilig ihn aus seinem schicken Anzug heraus zu bekommen. Es war schließlich unsere Hochzeitsnacht und gemäß der Tradition wollte ich ihm ja noch das größte und beste Geschenk von allen machen: meine Jungfräulichkeit. Wir wälzten uns auf dem Bett herum und rupften an unserer Kleidung, berührten uns auf ungeduldige Art und Weise, fuhren unsere Finger gegenseitig durch die Haare des anderen, stöhnten und mutierten zu sexhungrigen Tieren, die es einfach nur noch treiben wollten, bis sie die Kraft verließ. Leider ging auf einmal die Tür des Schlafzimmers auf meine Eltern starrten mich an. „Kaoru, du verdammte Schwuchtel! Wie kannst du nur?“, schrie mein Vater wütend, während sich meine Mutter hinter ihm versteckte und lauthals schluchzte. Ich sah sie nur geschockt an und wusste gar nichts mehr. „Du kommst sofort mit uns nach Hause. Dort werde ich dir die Flausen schon nehmen,“ brüllte mein Vater und drohte mir mit gehobenem Zeigefinger. „Wie kannst du das deiner Mutter antun? Solch eine Schande!“ Mir wurde so langsam ganz übel und ich fühlte mich tatsächlich schuldig, denn meine Mutter hörte nicht auf zu weinen und hielt sich die Augen zu. Sie konnte mich nicht ansehen, es nicht verkraften, dass ich einen Mann geheiratet hatte. Einen Mann, der übrigens zunehmend böser drein blickte. „Ich hätte dir als Kind öfter Prügel verpassen sollen, dann wäre etwas Vernünftiges aus dir geworden und nicht so ein... Ding!“ Mein Vater beschimpfte mich als ‚Ding’. Was konnte es wohl noch Schlimmeres geben? „Kaoru ist kein Ding!“, schrie Die plötzlich mit geballten Fäusten meinen Vater an. „Er ist für mich der liebste Mensch auf Erden und wenn sie nicht sofort aufhören ihn anzuschreien—“ Er verstummte, als ich ihm die Hand auf die Schulter legte, und sah mich mit großen, verwunderten Augen an, als ich den Kopf schüttelte. „Die, lass,“ bat ich ihn, denn ich wusste mit meinem Vater war nicht zu spaßen. Er würde Die tatsächlich eines auf die Glocke hauen, wenn er nicht ruhig wäre. Wissen, das aus Erfahrungswerten resultierte, war das. „Ist mir egal, was er sagt. War es im Grunde schon immer. Es ist nur... meine Mutter...“ Mein Blick schweifte auf das todtraurige Gesicht meiner Mama, die mich doch eigentlich beschützen müsste, doch leider nur enttäuscht war von mir. Warum konnte sie mich nicht so lieben, wie ich war? Mein Vater war mir egal, aber sie, sie müsste mich doch lieben, oder? „Kaoru,“ hörte ich Die sagen mit sanfter Stimme, als er mich in die Arme schloss und ganz fest an sich drückte. „Ich weiß, es tut weh. Gib ihr Zeit. Sie weiß es nicht besser.“ In Dies Worten fand ich Trost und in seinen Armen Geborgenheit. Er küsste mir auf den Kopf und die Schläfen und ließ mich nicht mehr los, als ich anfing vor mich hin zu seufzen. „Mein RuRu,“ sprach er weiter besänftigend. „Ich liebe dich so sehr. Nichts kann uns auseinander bringen. Bis ans Ende aller Tage werde ich bei dir sein und dich lieben...“ Das hatte noch nie jemand zu mir gesagt. Tief berührt, vergaß ich alles um uns herum, auch meine Eltern und streichelte Dies liebevolles Gesicht. Das einzige, was mich noch störte, waren diese komischen Klopfgeräusche. Und das Klingeln der Wohnungstür. „Scheiße,“ gähnte ich, als ich mich vom Sofa quälte. Kopf tat nicht weh, dafür aber der Rücken. „Mistkrücke von Sofa,“ brummte ich und wankte zur Tür. Wer klingelte denn so früh am Morgen? Es würde doch nicht Die sein. Der war doch mit Sicherheit noch nicht wieder in der Gegend. Wenn es der Postbote war, so sollte er sich ins Knie ficken. Post ging an das Management, den Fanclub und die Plattenfirma. Alles andere passte doch wohl durch den Briefschlitz! Und wenn nicht, sollte er gefälligst eine Benachrichtigung schreiben, anstatt alleinstehende Rockstars aus dem Schlaf zu reißen. „Autsch!“ Ich stieß mir den kleinen Zeh am Türrahmen und humpelte fluchend zur Eingangstür. „Fuck! Ich mach dich kalt, du...“ Dann öffnete ich die Tür und meine Augen weiteten sie um das Dreifache, ich schwöre! „Toshiya!“ Er seufzte nur und ich ließ ihn rein. „Wie siehst du denn aus?“ Was fragte ich eigentlich nach dem Wie? Er sah beschissen aus. Seine Unterlippe war geschwollen und sein linkes Auge, welches ebenfalls eine leicht bläuliche Farbe angenommen hatte. Außerdem waren seine Augen ganz rot um die Pupillen und seine Klamotten zerrupft und schmutzig. Ergo, ich hätte fragen sollen, warum er so aussah. Toshiya ließ sich schniefend auf das Sofa fallen und wischte sich mit dem Handrücken eine Träne weg, woraufhin er fluchte, weil das wohl höllisch wehtat. „Tschuldige Kao, ich bin so ein Idiot.“ Ja, aber er konnte doch auch nichts dafür. Ich setzte mich ihm gegenüber und bot ihm eine Kippe an, die er auch dankbar annahm. „Was hast du denn gemacht, Toshi? Hast du dich etwa geprügelt? So siehst du nämlich aus.“ Toshiya nickte und sah plötzlich ganz zornig aus. „Diese Arschlöcher haben sich nur über mich lustig gemacht. Da bin ich ausgetickt. Solche fiesen Hunde! Ich hätte sie am liebsten windelweich geschlagen.“ Verwundert starrte ich auf Toshiya. So kannte ich ihn ja gar nicht. Klar war er impulsiv, aber normalerweise ließ er sich niemals so weit herab sich zu schlagen. Gut, normalerweise kam er auch nicht dazu, denn wann hatte er mal Freizeit? Die gab ich ihm selten. Und wenn er einmal nicht gut drauf war, kam er ja sowieso immer gleich zu mir gerannt und heulte sich aus. Unser Verhältnis war manchmal schon das wie Mutter und Sohn, denn nachdem ich ihn vor vielen Jahren quasi ‚adoptiert’ hatte, musste ich mich nun auch um das ‚Tama-Totchi’ kümmern. An normalen Tagen schenkte er mir jedoch kaum Beachtung. Ein richtiges Eltern-Kind-Verhältnis eben! „Wer hat was gemacht? Erzähl mal ganz langsam und von vorne,“ sagte ich und ging schnell in die Küche um Wasser anzustellen. Ich brauchte was Warmes zu trinken. „Diese Mistkerle dort, sogenannte Kumpels von dem Freund, der mich mitgenommen hatte,“ begann er und ich musste mich bereits arg konzentrieren, damit ich nicht den Faden verlor. „Die haben die ganze Zeit nur dumme Sprüche gerissen und mich beleidigt, weil sie wohl neidisch waren, was weiß ich.“ „Wieso neidisch?“ Bei Toshiya konnte das viele Gründe haben. „Wegen Dir en grey und so. Sie meinten, ich wäre ein Möchtegern-Rockstar und ein Angeber, dabei hab ich gar nichts gesagt. Nur eines der Mädels hatte es erwähnt, weil sie mich erkannt hat und schon fingen die Spinner an. Sie machten sich über Diru lustig, nannten mich alle möglichen Namen und dann, als sie mich eine Schwuchtel genannt haben, bin ich ausgerastet und hab ihnen eins auf die Lichter gegeben!“ Er verschränkte die Arme bockig und lehnte sich zurück. „Weil sie dich Schwuchtel genannt haben tickst du so aus?“ Das war mir ehrlich gesagt etwas zu hoch. Unbegreiflich, dass er gerade da ausrastete. „Ich bin keine Schwuchtel und selbst wenn ich eine wäre, darf mich niemand so nennen!“ Toshi war richtig energisch und es verwunderte mich mehr und mehr. „Angenommen du wärst eine, angenommen du bist schwul und dich nennt einer Schwuchtel – haust du dem dann auch gleich eins auf die Mütze?“ Für mich machte das alles noch keinen Sinn. Sich zu schlagen war dumm und brachte meiner Ansicht nach überhaupt nichts. „Nein, weil es mich nicht interessiert. Aber wenn man mit sogenannten Kumpels abhängt und die nennen dich eine Schwuchtel, ist das was anderes.“ Er gestikulierte noch ein wenig mit den Händen, aber schmollte letztlich doch nur vor sich hin. „Dann sind es keine Kumpels,“ schlussfolgerte ich trocken. „Genau. Ich dachte aber, das wären sie. Stell dir vor, ich nenne dich eine Schwuchtel—“ „Schlage ich dich trotzdem nicht,“ unterbrach ich ihn und grinste. „Ja, aber angenommen, du bist schwul und ich weiß das, dir ist es aber peinlich. Dann nenne ich dich vor versammelter Mannschaft eine Schwuchtel, würdest du nicht ausrasten?“ „Dann bring ich dich um,“ sagte ich und machte mir ernsthaft Sorgen. „Aber mal im Ernst, Toshiya. Worauf willst du überhaupt hinaus? Bist du schwul?“ Er schüttelte den Kopf. Zweiter Versuch: „Hast du ein Problem mit Schwulen?“ Erneut schüttelte er den Kopf. „Dann weiß ich gerade nicht, wo dein Problem liegt.“ „Genau im Gegenteil liegt mein Problem,“ meinte er und ich verstand nur Bahnhof. „Ich bin nicht schwul, aber ich muss auch nicht schwul sein, um diese Minderheit unserer Bevölkerung zu akzeptieren und ihre Sexualität zu respektieren. Darum empfinde ich es als Nichtachtung und große Frechheit, wenn man jemanden als Schwuchtel bezeichnet, egal ob schwul oder nichtschwul.“ Ich färbte eindeutig auf Toshiya ab. Vielleicht sollte ich mein Amt als Leader an ihn abtreten? „Okay, da hast du wohl recht.“ Irgendwas sagte mir, dass ich ein ganz schöner Idiot war. Toshiya hatte absolut recht! Niemand durfte mich – oder ihn – eine Schwuchtel nennen, nicht mal mein eigener Vater! Toshiya nickte mir mit einem Grinsen zu, zuckte dann aber zusammen, denn das Grinsen tat seinem geschwollenem Gesicht gar nicht gut. „Trotzdem. Dein Gesicht ist dein Kapital und allein deshalb schon ist es dämlich, wenn du dich prügelst.“ Hatte ich doch auch recht, oder? „Ich weiß ja,“ quäkte er und machte Dackelaugen. „Ich hab Scheiße gebaut, das gebe ich zu. Mein ganzes Gesicht tut höllisch weh, Kao, das kannst du mir glauben. Nachdem ich mich beruhigt hatte, bin ich auch gleich hierher gefahren. Ich habe auch noch gar nicht geschlafen...“ Das letzte Wort verklang in einem riesigen Gähnen. „Vielleicht gehst du aber besser zum Arzt,“ schlug ich vor, aber er winkte ab. „Sind doch nur Kratzer... und ich bin sooo müüüde.“ Schmatzend blinzelte er mich an. „Dann fahr nach Hause und schlaf dich aus. Dann kühlst du dein Gesicht mit einem Eisbeutel, klar? Das sollte eigentlich helfen. Wenn du aber morgen nicht besser aussiehst, gehst du zum Arzt. Ein Glück haben wir noch ein paar Tage, bis wir wieder loslegen. In drei Wochen sind Videoaufnahmen,“ seufzte ich und delegierte mein Kind nach bestem Gewissen. „Ist gut,“ nickte Toshiya brav und stand auf. „Danke, dass ich mit dir reden konnte.“ „Gern geschehen.“ Ich tat es ja immer und immer wieder gern, richtig? „Also bis später.“ Er winkte und schon war er weg. Meldung vom Leader-Hirn: Danke, dass du auch mal nach mir gefragt hast, Totchi-kun. Er hätte doch auch mal fragen können, wie es mir eigentlich ging und was ich die letzten Tage gemacht hatte. Ihm war noch nicht einmal aufgefallen, dass ich in den zerknitterten Klamotten vom Vorabend herumlief. Ich seufzte, nahm den Kaffee, den ich mir aufgebrüht hatte, und ließ mich wieder ins Sofa sinken. Mir war nie so bewusst gewesen, dass Toshiya so ein Rechtsverfechter der Homosexuellen war. Aber irgendwie war es angenehm zu wissen, dass er solch eine Einstellung hatte. Beruhigend war ebenso, dass er selbst nicht schwul war. So müsste ich mir keine Gedanken machen, ob ein Rettungseinsatz von SuperDaidai jemals von Dringlichkeit wäre. Ich hatte schon recht seltsame Träume gehabt in den letzten Tagen, worin unter anderem auch Toshiya vorgekommen war. Und erst letzte Nacht hatte ich Die geheiratet... Ich musste lachen, grunzen, sogar kichern. Ich und heiraten? Als ob! Das allein war ja schon einen Lacher wert. Selbst wenn ich heiraten wollen würde, hatte ich noch nicht einmal eine Braut. Wahrscheinlich blieb mir am Ende wirklich nur noch Die. Wobei der für einen Mann echt keine schlechte Partie wäre. Wirklich nicht. Apropos Die. Ob er wohl schon wieder Zuhause angekommen war? Er hatte gar nichts von sich hören lassen, nicht einmal eine kleine SMS. Zur Sicherheit kramte ich mein Handy raus und ging auf Nummer sicher, doch es war tatsächlich keine einzige SMS drauf. Hoffentlich war Die nichts passiert. Ich könnte ja mal anrufen? Gute Idee. Und schon wählte das Telefon seine Nummer. Nach mehreren Wähltönen erklang Folgendes: „Hallöchen Popöchen! Die – das bin ich – ist leider nicht erreichbar, aber ihr könnt ihm eine Nachricht auf dem AB hinterlassen. Erwartet jedoch keinen Rückruf! Schüssiii.“ Genervt legte ich auf. Er war wohl noch nicht Zuhause und mit seinem Anrufbeantworter wollte ich nicht sprechen. Mensch, der Spruch war wieder typisch für Die. Hallöchen Popöchen klang irgendwie... nach... was aber... doch nicht Die! Obwohl... manchmal... und wenn ich daran dachte, was ich so träumte, dann könnte er durchaus vom anderen Ufer sein. Aber dann wäre ich ja auch vom anderen Ufer. Nur so langsam war ich mir gar nicht mehr sicher, ob das nicht der Fall war. Meine Träume trieben mich noch an den Rand der Verzweiflung, wenn ich darüber nachdachte. Also schob ich diese Gedanken mal wieder in das hinterste Kämmerlein meines Hirns und ging erst einmal duschen. Das heiße Wasser tat gut auf meiner Haut und es prickelte so schön meinen Rücken und der Brust hinunter – wie die Berührung von sanften Händen, nur anders. Händen kam es nicht gleich, schon gar nicht fremden, zärtlichen Händen wie die des Mannes aus einem meiner Träume. Noch immer fragte ich mich, wer er wohl gewesen war und ob ich ihn kannte. Wie hatte er das noch gleich gemacht? Mit Hilfe meiner Hand versuchte ich die Szene nachzustellen und amte die Bewegungen nach, die mir so köstlich in Erinnerung waren. Genau so, nur noch besser war es gewesen. Oh ja. Ich lehnte mich zurück an die nassen, jedoch kalten Fliesen und schauderte kurz, denn es fühlte sich nicht annähernd so an wie die warme, starke Brust aus dem Traum. Wenn ich sie mir jedoch ganz doll vorstellte, mir den Reiz der nackten Haut an meiner ausmalte und dabei weiterhin die Liebkosungen seiner Hände nachamte, dann war das schon richtig gut. Nur noch nicht gut genug und deshalb nahm ich auch meine andere Hand zu Hilfe. Ja, das war schon besser, viel besser. „Mmh...“ Ich kniff die Augen zusammen und stellte mir Die vor, wie er hinter mir stand und mich mit seinen Händen befriedigte. Egal, ob er es nun war in meinem Traum oder nicht, aber irgendwie musste ich diesem Phantom ein Gesicht geben. Da kam mir Die gerade recht! Von allen mir bekannten, gutaussehenden Typen war er mit Abstand der, den ich am liebsten hatte. Ja, wenn es Die wäre, wie er seine Hände nutzte um mich zu liebkosen, oder gar seinen Mund, dann war Kao-chan doch gleich noch viel erregter als zuvor. Ich musste mich nur an meinen Traum erinnern und an die Streicheleinheiten seiner Zunge. Fuck, das war gut! Mein keuchender Atem wurde heftiger, als meine Hände schneller agierten und gnadenloser wurden. „Die...“, seufzte ich, als ich den Rotschopf vor meinem inneren Auge beobachtete, wie er genüsslich den guten, alten Kaoru befriedigte. Ein langes, lautes Stöhnen entfuhr mir und ich musste mich mit einer Hand an der Wand abstützen, denn es brodelte regelrecht in mir kurz bevor ich letztendlich schlichtweg kam. Ich stand noch eine Weile an die Wand gelehnt mit gesenktem Kopf und hielt die Augen geschlossen, bevor mich die Realität einholte und ich erneut seufzte. Diesmal aber nicht vor Entzücken, sondern wegen der traurigen Wahrheit, dass ich mir schamlos in der Dusche einen runtergeholt hatte. Dass ich mir dabei auch noch Die vorgestellt hatte, brachte mein Gesicht auf einmal zum Glühen. Ganz schnell drehte ich den Thermostat etwas herab und seifte mich von oben bis unten ein. Fast schon fluchtartig wusch ich mich, rubbelte lieblos die schwer zu erreichenden Stellen und schrubbte die Knie und Füße. Selbiges tat ich dann mit den Haaren, spülte sie aus und drehte das Wasser ab. Ich wickelte mich in mein riesiges Handtuch und stapfte ins Schlafzimmer, wo ich mich bäuchlings auf das Bett fallen ließ. Schniefend drückte ich mein Gesicht ins Kissen und wünschte mir, dass ich endlich wieder normal werden würde. Was war nur mit mir los? Ich musste mich doch aber eigentlich nicht schämen, oder? Fantasien waren ja nicht real und wer wusste schon, worüber andere fantasierten? Das würde sicher wieder vorbei gehen. Ich beschloss das Ganze erst mal wieder zu verdrängen und zog mich an. Zum Mittag hatte ich mir Toast Hawaii gemacht. Warum? Ganz logisch. In meinem Schrank war nicht viel außer Toastbrot und einer Büchse Ananas. Zum Glück war noch Käse da und das war dann mein Mittagessen, juhu. Hinterher war mir ganz schlecht, aber das tilgte ich durch einen Kaffee und ein paar Zigaretten. Dann fiel mein Blick wieder auf das Handy. Noch immer keine Nachricht. Von niemanden. Nicht einmal von Die. Ich drückte die Wahlwiederholung und erneut begrüßte mich ein freundliches ‚Hallöchen Popöchen’, auf das ich allerdings verzichten konnte. Wo zur Hölle war der Typ? Konnte der sich nicht vorstellen, dass man sich vielleicht Sorgen machte? Zumal mir langweilig war und da blieben nicht viele Möglichkeiten. Entweder ich fuhr wieder heimlich zum Arbeiten oder ich nervte Die. Sicher, ich hätte auch Kyo oder Shinya nerven können, aber wenn die schon nicht nach mir fragten, warum sollte ich dann nach denen fragen? Offiziell galt ich unter der Rubrik ‚krank’. Da konnten sie doch echt ihre Ärsche in Bewegung setzen und nach meinem Wohlbefinden fragen. Aber nein, ich war ja sowieso der Arsch der Nation und es pisste mich um ehrlich zu sein echt an, dass jetzt auch noch Daisuke versuchte unterzutauchen. Aber mit mir nicht, mein Freund! Nicht mit mir! Ich schnappte mir die Autoschlüssel und meine Jacke, dann düste ich los. Vorher musste ich natürlich noch das Auto von der Straßenlaterne entfernen. Ein Ticket hatte ich für das Parken auch bekommen und ich ließ es unauffällig in meiner Jackentasche verschwinden. Gut, dass mich Toshiya so zeitig wach geklingelt hatte, sonst wäre mir sicher erst wieder die Vermieterin auf das Dach gestiegen. Blöde Kuh. Ich hatte ganz andere Probleme, als wo ich ein Auto abstellte. Wieder einmal waren alle Ampeln auf Rot. Warum wohnte Die eigentlich so bescheuert? Tagsüber war es die reinste Katastrophe von meiner Wohnung aus zu seinem schnieken Häuschen zu kommen, aber nach etwa 45 Minuten hatte ich es tatsächlich geschafft und klingelte am Eingangstor. Und noch mal, denn es passierte rein gar nichts. Er musste aber Zuhause sein, denn ich konnte sein Auto deutlich in der Einfahrt sehen – auch ohne Brille. Jetzt klingelte ich schon das Dritte mal und gerade wollte ich aufgeben, als mir durch die Gegensprechanlage geantwortet wurde. „Hallooo?“ Träge und schläfrig hörte sich die Stimme an. Beinahe hätte ich mir Vorwürfe gemacht, weil ich Die offensichtlich geweckt hatte, aber eben nur beinahe. „Ich bin’s,“ sagte ich und wartete auf das Geräusch, das mir erlaubte den Hof zu betreten. Lange kam gar nichts, dann konnte ich praktisch sein dummes Grinsen hören! „Wer?“ Wer wohl? Ich rollte mit den Augen, aber musste lächeln. Was der konnte, konnte ich schon lange! Er wollte witzig sein? Fein! „Der Postmann!“, sagte ich ganz laut und drückte noch zweimal auf den Klingelknopf. Ich könnte schwören, ich hatte ihn quietschen gehört. „Hehe...auf dich wart ich schon!“ Die wusste eben immer eine passende Antwort und ließ mich freundlicherweise endlich eintreten. Bei Die Zuhause war es recht schnuckelig. Er hatte ein relativ kleines Haus am Stadtrand, was aber doch viel Platz bot, wenn man wie er alleine wohnte. Einen Vorgarten hatte er auch, sogar einen großen, und er bezahlte einen Gärtner dafür alles instand zu halten. Gepflegte Bonsai, kleine Terrasse ringsum das Haus, typisch japanisch eben. Ich war gerade an der Eingangstür angekommen, als diese von inner aufgeschoben wurde und mich ein verwuseltes Mitglied meiner Band angähnte. Ich musste schmunzeln bei Dies Anblick. Seine rotgefärbten Haare standen in sämtlichen Richtungen vom Kopf ab und waren ganz zerzaust. „Stör ich irgendwie?“, fragte ich scherzhaft und betete bereits, dass die Antwort nicht ‚ja’ war. Denn angenommen er hätte Besuch, dann wollte ich bitte im Erdboden versinken, danke. „Nö, nöö. Störst nicht, komm rein,“ krächzte er mit maroder Stimme. Er hustete kurz und räusperte sich. Es hatte ganz den Anschein, als hätte er seine morgendliche Kippe noch nicht gehabt, die seinem Sprachorgan die Fähigkeit einer normalen Tonleiter verlieh. Ich bückte mich kurz um meine Stiefel auszuziehen, als ich von unten zu Die hinauf sah und bemerkte, wie großgewachsen und gutgebaut er war. Vor allem, wenn er nichts trug außer ein paar weiter Boxershorts und einem Tanktop. Perfekte, helle Haut und Muskeln genau da, wo man sie haben sollte. Jede Kurve seines Körpers, an den Oberarmen, dem Hals, der Wirbelsäule, alles wirkte ehrlich anziehend auf mich. „Was machst du denn hier?“, hörte ich Die fragen und befahl meinen Augen sich vorerst von seinem Adoniskörper zu verabschieden. Erschien mir auch als beste Lösung, meiner Gesichtstemperatur zu normalem Zustand zu verhelfen. Diesmal war ich es, der sich plötzlich räusperte, denn meine Kehle war staubtrocken. „Ich?“ Hoppla, wieso hörte ich mich so komisch an. „Ich hab versucht dich anzurufen und wollte wissen, ob du wieder da bist.“ „Dann warst du das...“, grummelte er und lief ins Wohnzimmer, wo er sich endlich eine Zigarette ansteckte, damit er klar im Schädel wird. „Ich hab’s Klingeln gehört, aber...“ Hier kam das obligatorische Gähnen. „...ich war zu müde um aufzustehen und ranzugehen.“ „War ja auch nicht wichtig,“ sagte ich, als ich mir in den Sessel verhalf, denn seit letzter Nacht auf dem beknackten Sofa tat mein Rücken barbarisch weh. Verflucht. „Ich will dich auch nicht stören...“ Genau dann kam eine Frage in mir auf. „Wieso schläfst du eigentlich noch? Es ist gleich zwei Uhr nachmittags.“ „Hör bloß auf.“ Die strich sich mit der Hand die Haare aus dem Gesicht, welches recht gequält drein schaute. „Ist letzte Nacht ziemlich spät geworden. Der Typ meiner Schwester ist eigentlich ganz witzig. Naja, jedenfalls hat mich meine Mum aber schon morgens um sieben – um SIEBEN!! – aus dem Bett geworfen, damit wir alle zusammen frühstücken konnten. Da dacht ich mir dann auch, was soll’s, fährst lieber Heim und knallst dich da wieder ins Bett.“ „Oh.“ Jetzt tat es mir doch schon ein bisschen leid, dass ich ihn aus den Federn geworfen hatte. „Und ich schmeiß dich aus dem Bett, sorry. Ich geh auch wieder, wenn du weiter schlafen willst?“ „Nein, nein!“ Die hob abwehrend die Hand und lachte. „Bleib ruhig. Ich hab ja jetzt lange genug geschlafen.“ Da war ich aber beruhigt. Ich hatte nämlich gar keine Lust jetzt schon wieder zu gehen. Ich war ja gerade erst gekommen. Zu Die, meinte ich. Wie auch immer. „Und, was hast du so getrieben gestern?“ Die grinste dämlich und löcherte mich regelrecht. Das konnte nur auf eines hinauslaufen. „Hast du sie angerufen? Habt ihr euch getroffen? Hast du sie flachgelegt?“ Jetzt warf ich die Hände nach oben und blockte ab. „Langsam mit deiner Fragerei. Also, ja, ich hab sie angerufen und dann eingeladen, sogar richtig ausgeführt, aber...“ Da grinste der Lollipop auf einmal nicht mehr. Schade. „Ja, es gibt ein Aber. Denn diese Tomoko, die hatte ja wohl ein Rad ab!“ „Ich fand sie nett. Sie sah doch gut aus, nicht?“ „Gut? Ja, sehr gut sogar, aber sie hasst Visual Kei Bands, versucht sich vergebens mit null Talent als Schauspielerin und glaubt, alle Diru-Fans seien schwul.“ Reichte das nicht als Argumente? „So eine brauch ich nicht.“ Die Arme verschränkend lehnte ich mich zurück und wartete auf Dies Resonanz. Sollte er mich doch jetzt anmeckern, dass ich zu wählerisch sei. Mir egal. „Ach, du armes RuRu,“ sagte er lieb lächelnd und in mitleidiger Stimme. Das war kein Anmeckern, nein, aber war es viel besser? „Da hab ich dir aber auch was angetan.“ Jetzt sah Die allerdings aus, als täte es ihm wirklich leid. Meine Augenbrauen schossen fragend nach oben. „Tut mir leid, ich hab eben auch nicht so gute Menschenkenntnis. Ich sollte das wieder gutmachen,“ nickte Die und holte uns beiden zwei Tassen warmen Kakao aus der Küche. Man nehme die Milch aus dem Kühlschrank, schütte sie mit dem Pulver in die Tasse, dann ca. eine halbe Minute in die Mikrowelle, fertig. Nur zur allgemeinen Erklärung, warum das so schnell ging. Während dieser Minute – inklusive Gehweg und Rauskramen der Tassen und des Pulvers – überlegte ich mir, was Die wohl vorzuschlagen hätte als Wiedergutmachung. Sofort kam mit der Gedanke an Sex, denn das war im Großen und Ganzen das meiste, an das ich zur Zeit dachte. Doch ich verdrängte den Gedanken und hoffte, er könne mir Aufschluss über seine Wiedergutmachungspläne geben. „Wie denn?“, fragte ich, als Die wiederkam. „Was?“ Stand der auf der Leitung oder was? „Wie du das wieder gutmachen willst?“ Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen und griff nach der Tasse mit dem süßen Getränk. „Heiß, heiß, heiß.“ Autsch, verdammt. „Soll ich mal blasen?“ Ich starrte Die einen Moment lang an, bevor ich die Besinnung wiedererlangte. „Nee.“ Er meinte den verbrannten Daumen, ne? Das hätte er wirklich auch dazu sagen können! „Du sollst mir sagen, was du tun willst um die Sache mit dieser Tomoko wieder gut zu machen,“ grummelte ich und sah Die beleidigt an. Es konnte ja nicht schaden, es ein wenig zu übertreiben. „Also gut, wenn ich nicht blasen soll...“ Die zuckte mit den Schultern und wusste wahrscheinlich gar nicht, warum ich ihn für dieses ständige vom-Blasen-reden hätte killen können. „Ich werde dir wohl zu einer anderen Schnecke verhelfen müssen, was?“ Spontan hätte ich mich jetzt lieber für das Blasen entschieden, aber wenn ich darüber nachdachte, wurden mir zwei Dinge klar. Erstens, Die sprach nicht von dem Blasen, das ich gerne von ihm hätte und zweitens, eine Frau für dauerhaften Sex wäre wohl angebrachter als Die, der mir wohl einmal und nie wieder einen geblasen hätte. Dumm gelaufen. „Würdest du denn...?“ Mir einen blasen? Äh, ich meinte natürlich: „...noch einmal mit mir weggehen?“ „Klar doch.“ Die nickte und schlürfte von seinem Kakao, der einen deutlichen Bart an Dies Oberlippe hinterließ. Den könnte ich locker weglecken... oder auch nicht! Gott, ich war vielleicht beknackt. Ich befahl mir mich zusammenzureißen. „Cool.“ Ich wollte mich dann nach vorne beugen um nach meinem Getränk und den Kippen zu greifen, da wurde ich unsanft an meine gestrige Nacht auf dem Sofa erinnert. Man, dieses Scheißziehen im Rücken konnte ich jetzt gerade noch gebrauchen. Meine Hand griff in den Nacken und ich knurrte ein wenig vor mich hin. „Was los? Rückenschmerzen? Schlecht geschlafen? Du weißt ja, wenn’s hinten wehtut, sollte man vorne aufhören,“ scherzte Die, aber ich fand das gar nicht lustig. „Ha ha.“ Bösometer stieg. Laune sank. „Och, armer kleiner Leader, komm her.“ Urplötzlich sprang Die auf und kletterte hinter mir auf den Sessel um mir gekonnt die Finger in den Nacken zu legen und mir seine Daumen in die Wirbelsäule zu rammen. Tat aber merkwürdigerweise verdammt gut. „Yesss! Scheiße, Die, woher kannst du das? Und warum hast du das nie früher getan?“ Er hätte einen unglaublich guten Masseur abgegeben. „Tut gut?“ Die schmunzelte sich mal wieder einen da hinter mir, als ich meinen Kopf wie bekloppt hoch und runter nickte. „Aaah-haaahaaa! Verdammt gut!“, stöhnte ich rum, denn Die traf dummerweise genau die Stellen, die wehtaten. „Mann, das ist aber auch alles knüppelhart hier hinten. Da ist ja jeder einzelne Muskel total verspannt. Lass dich mal richtig durchkneten!“, hörte ich Die sagen. Wenn der auch nur die geringste Ahnung hätte, was alles knüppelhart wäre, wenn er mich mal richtig durchkneten würde. Beängstigend. In diesem Moment war mir wohl das erste Mal klar, dass ich Die ohne zu zögern ficken wollte. War ich deshalb schwul? Keine Ahnung. Vielleicht. Wahrscheinlich wohl eher nicht. Die sah gut aus, konnte kneten und ich mochte ihn. Ich hingegen war notgeil, sexuell im Notstand und lief sowieso den größten Teil des Tages mit einem Ständer durch die Gegend. Also? Flucht erschien die beste Lösung. Denn Die konnte ich ja wohl kaum ficken, ne? Es sei denn, ich würde ihn vergewaltigen, was gar nicht so einfach gewesen wäre. Er war größer und hatte sich mal in Kendo versucht. Ich war kleiner und hatte höchstens den schwarzen Löffel in Yoghurt. „Ja, ja, das mach ich mal,“ sagte ich und stand auf. „Danke Die.“ Er guckte ziemlich bedeppert, nachdem ich so blitzschnell vom Sessel geflohen war. Tat mir fast schon wieder leid, aber andererseits tat ich mir selbst mehr leid. Ich litt an sexueller Verwirrtheit höchsten Grades und niemand war da, dem ich mein Leid hätte schildern können. Nicht einmal Die. Schon gar nicht Die. Vielleicht sollte ich mich Toshiya anvertrauen? Dumme Idee. Den kratzte ich doch nicht die Bohne. Genauso wenig wie Kyo oder Shinya. Warum also sollte ich sie in mein Geheimnis einweihen? Nein, ich würde das allein durchstehen. „Wir sehen uns dann heute Abend, ja?“ Die schaute zu mir auf mit großen Augen. „Willst du schon gehen? Schade.“ „Ich will noch was einkaufen und so... ich soll ja essen, ne?“ Oh, wie doof. Ich hatte auch schon mal bessere Ausreden auf Lager und überhaupt, es klang einfach nur dämlich. „Ja, klar.“ Er nickte verständnisvoll und lächelte lieb, was nur mehr zu meiner allgemeinen Verwirrtheit beitrug. „Dann geh du einkaufen. Ich werfe mich in die Badewanne. Dann hol ich dich heute Abend ab, ja?“ „öh...“ Kurz überlegen, nicken, ging klar. „Wäre nett von dir. Um acht?“ Ohne groß seine Antwort abzuwarten zog ich mir die Stiefel wieder an und ignorierte das Ziehen im Rücken, wenn ich mich bückte. „Okay, geht klar. Lass uns mal in den Laden in gehen, wo wir früher manchmal abgehangen haben. Die sollen dort umgebaut haben,“ schlug Die vor, was mir aber relativ Rille war. „Von mir aus.“ Im Moment war mir das so scheißegal wie der aktuelle Wasserstand vom Nil. „Also dann, bis später!“ Ich schaute Die noch nicht einmal mehr an, hob nur kurz die Hand und fand den Ausgang ganz alleine. Ich wusste ja, wo der Maurer die Tür gelassen hatte. Fast stolpernd lief ich zum Auto und stieg ein, bevor ich schnell den Motor startete und auf die Tube drückte. Ich seufzte verärgert und schaltete das Radio an. Laute Musik wäre jetzt genau das Richtige. Leider spielten sie auf diesem verflixten Radiosender gerade „Lady in Red“, was mich auch nur wieder an Die erinnerte. „Never seen you looking so gorgeous as you did tonight, never seen you shine so bright, you were amazing...”, sang Chris de Burgh und auch wenn ich nur die Hälfte verstand dank meiner geringen Englischkenntnisse, so hatte ich den Drang mich zu übergeben. “Never seen so many people wanna be there by your side, and when you turned to me and smiled, it took my breath a-wa-hay...” Genau dieses scheißverdammte Daisukelächeln war doch an allem Schuld. Wirklich gut gemacht, Die! Dank dir war ich völlig im Arsch, und zwar nicht in deinem, noch nicht. Nur wenn das hier so weiterging... Kacke. Ein Seufzer. „I have never had such a feeling, such a feeling of complete and utter love as I do tonight. Laaady in Reee—“ Genug war genug! Ich drückte auf den CD-Knopf und dröhnte mich lieber mit asiatischem Hardcore zu. Wir Japaner machten auch echt geile Technomusik. Davon bekam man Kopfweh und glaubte auch ohne Ecstasy-Pillen high zu sein, aber das war jetzt auch nicht wichtig. Alles war scheiße. Echt alles. Beim nächstbesten Supermarkt hielt ich an und kaufte tatsächlich noch ein. Wie erwähnt, meine Schränke waren leer, aber ich musste essen. Chips, Gummibärchen und Schokolade kaufte ich in rauen Mengen, aber auch eine große Packung Eiscreme und Schokoladensauce. Frustfressen war angesagt und wenn ich davon platzen würde! Zuhause angekommen schaltete ich die Stereoanlage ein, wo noch immer die Demo-CD unseres Songs darin lag und machte mir ein schönes Eischen zurecht. Große Schale, viel Eis, viel Sauce, ohne Sahne. Von Sahne wurde mir immer schlecht. Dann setzte ich mich auf die Couch, legte die Füße auf den Glastisch und fing an zu mampfen, während mich die elektronischen Klänge meines Demos voll dröhnten. Es hörte sich noch nicht sehr gut an, weil wir es ja noch nicht mit richtigen Instrumenten aufgenommen hatten. Bisher hörte man nur so eine Computergitarre und die Vocaltöne waren mit der Pianooption hinzugefügt, aber trotzdem war das Lied richtig gut. Leider erinnerte es mich wieder an Die, aber auch daran, dass er und ich ein gutes Team waren als Kollegen. Von wegen ihn vögeln wollen oder so, das musste einfach außer Frage stehen. Ich kannte Die doch nun schon so lange und als wir damals angefangen hatte bei La:Sadies zusammen mit Kisaki, damals wusste ich schon, dass mir Die um Längen überlegen war, was das Spiel mit der Gitarre anging. Meine Qualitäten lagen im Grunde woanders. Nach dem Streit zwischen Kisaki und Kyo war Die der erste gewesen, der erkannt hatte, dass ich als Bandleader herhalten musste. Ja, das Geschäftliche, das Reden und das Verhandeln lag mir, genauso wie das Komponieren und der dazugehörige Ehrgeiz um eine Band ganz nach oben zu bringen. Aber am Instrument, da war ich zwar verdammt gut, aber Die eben noch besser! Vielleicht weil ich das genau wusste, hätte ich niemals zugelassen, dass er aus Dir en grey jemals aussteigen würde. Natürlich gab es immer wieder den ein oder anderen Punkt, an dem jeder alles hinschmeißen wollte. Meistens war es Toshiya, dann auch Kyo oder Die, am seltensten Shinya, aber alle waren mal down und ich hatte ihnen immer wieder Hoffnung gemacht und Mut gegeben und sie motiviert. Wo war jetzt meine Hoffnung? Nein, für die Arbeit hatte ich immer Hoffnung, immer Mut, war immer motiviert, aber jetzt, hier, allein, im Privatleben? Wer war da und sagte mir „gib nicht auf“? Die war da, aber ich hatte den einzigen Menschen, der sich einen Dreck um mich scherte, zu meinem Problem gemacht. Warum hatte ich nicht einfach eine Frau für mich finden können, sie flachgelegt und sie geheiratet? Vielleicht, weil genau das schon seit Jahren nicht einfach so funktionierte. Bisher hatte ich das auf meinen Job, die wenige Zeit und Dir en grey geschoben, aber das alles waren doch nur Ausflüchte. Nichts funktionierte mehr seit... „Ach scheiße,“ laberte ich vor mich hin und stellte die leere Schale beiseite. Ich war vielleicht satt. Ein Kilo Eiscreme mit Schokosauce war doch etwas viel gewesen. Mein Bauch tat weh. Also schob ich mich vorsichtig um 90 Grad herum, damit ich ordentlich auf dem Sofa lag. Meine Hand legte ich auf den vollen Magen, denn der wollte Wärme und Beruhigung. Dann schloss ich die Augen. Seltsamerweise fühlte ich mich auch müde. Ein Nickerchen würde sicher nicht schaden. Ende Kapitel Sechs Okay, kurze Anmerkung: Mir ist egal, ob Die nun wirklich nur Schwestern hat und wie viele, aber ich fand den Gedanken einfach witzig. Außerdem kein Plan, wie nun die korrekte Reihenfolge aussah, was La:Sadies angeht. Da gibt’s im Netz auch unterschiedliche Meinungen. Ich sag mal, das boogy. ^_^ Kommi wären liiiep! :* Im nächsten Kapitel geht die Post ab, versprochen. ;) ~7~ --- Sorry, dass es diesmal so lange gedauert hat. Die Connichi war schuld.^^ Kapitel Sieben Genüsslich gähnend streckte ich alle Viere von mir, bevor ich mir den Schlaf aus den Augen rieb. Im Bett war es doch gleich viel kuscheliger als auf dem Sofa. Aber Moment mal, wieso eigentlich Bett? Hatte ich mich nicht auf der Couch schlafen gelegt? Oh-oh, here we go again. Na, da war ich ja mal gespannt und da meine Neugierde wie immer kaum zu halten war, hob ich erst einmal die Bettdecke leicht an um darunter zu schielen. Aha! Genau, wie ich es geahnt hatte! Splitterfasernackt. Aber nicht erregt. Positiv, sehr positiv. Ich blickte mich um, aber alles war wie immer in meinem Schlafzimmer und ich war definitiv allein. Schade eigentlich, aber da konnte man nichts machen. Obwohl, wenn ich die Ohren spitzte, konnte ich schwören, ich hörte Geräusche aus den Tiefen meiner Wohnung kommen. War da nicht ein Wasserrauschen? Nein, doch nicht. Oh, jetzt hörte ich aber ein Klappern! Ganz sicher war ich mir allerdings nicht. Ich rutschte leicht nach oben um es mir etwas bequemer zu machen und verharrte wartend auf die Dinge, die da kommen. Recht hatte ich, wie immer. Verdutzt schob ich den Kopf leicht zur Seite, als die Schiebetür aufging und Die hereinspazierte, ganz feucht und mit nur einem klitzekleinen, weißen Handtuch um die Hüften. Hallo! Das war doch mal was! Meine Mundwinkel verschoben sie unwillkürlich zu einem leicht versauten Grinsen. „Kleinere Handtücher hast du wohl nicht, wie?“, fragte er wohlwissentlich, warum ich grinste. „Doch. Hättest nur nach einem kleineren Handtuch fragen müssen,“ antworte ich und verschränkte die Hände hinter meinem Kopf. Darauf ging Die nicht weiter ein und öffnete einfach meinen Kleiderschrank. Davor stand er dann und tat gar nichts, dann seufzte er und starrte weiter hinein. Unbemerkt glitten seine Hände nach unten und befreiten seinen Knackpo von dem Handtuch, welches er unbedacht auf den Boden warf, bevor er mit den Fingern durch verschiedene meiner Sachen ging. Hier war der Punkt erreicht, wo ich die Hummeln in meinem Arsch nicht mehr aushielt. Ich kroch aus dem Bett und stellte mich einfach seitlich hinter Die. „Was suchst du denn?“, fragte ich, weil er ja wohl anscheinend nicht mich suchte, auch wenn ich vor einer Minute noch wie Gott mich schuf lasziv im Bettchen gelegen hatte. Bisschen beleidigt war ich da schon, zugegeben. „Dein ‚Destroy’ T-Shirt,“ war die Antwort, aber dazu nahm Die nicht einmal die Nase aus dem Schrank, sondern suchte unbeirrt weiter. „Das ist in der Wäsche.“ Was wollte der denn bitte damit? Anziehen? „Oooch, schade.“ Hallo? Gleich würde sein Kopf in den Regalen feststecken. „Wozu brauchst du das denn?“ „Zum Anziehen, wozu denn sonst? Oder soll ich meine Sachen von vor...“ Hier stockte er kurz, nahm den Kopf aus dem Schrank und grinste dreckig. „...von heute Morgen anziehen, die du ja in deinem Überschwang auch mit Schokoladensauce beschmieren musstest – nicht nur mich.“ Ach, so war das? Warum konnte ich mich denn darin nicht erinnern? Wenn dies hier wieder nur ein Traum war, warum begann der nicht da, wo der Teil mit dem Kleckern und Schmieren der Schokosauce war? Hatten wir auch Eiscreme dazu genommen? Mich am Kopf kratzend ließ ich meine Augen über Dies nackten Körper wandern. „Dein ‚Ain’t fucking to die’ T-Shirt, wo ist das?“, fragte er und ich schaute auf. „Auch in der Wäsche.“ Ich musste grinsen. Ich sagte zwar die Wahrheit, denn besagte T-Shirts waren tatsächlich schmutzig im Wäschekorb, aber es wäre ja auch nicht schlimm, wenn Die nichts zum Anziehen finden würde, oder? Die Idee fand ich jedenfalls klasse! Er jedoch drehte sich um und sah mich böse an. „Jane’s Addiction?“ Ich zuckte mit den Schultern, noch immer belustigt. „In der Wäsche...“ Die schob die Unterlippe nach vorn und pustete sich die Haare aus der Stirn. Er sah frustriert genauso sexy aus wie immer, nur ein wenig mitleiderweckender. Ich seufzte und ergab mich meiner Großherzigkeit. „Warum ziehst du nicht einfach eines von denen an, die da sind? Der ganze Schrank ist voll davon.“ Augenrollend sah er mich an ohne geringstes Verständnis für meine Frage. „Weil die mir eben nicht gefallen. Außerdem sind sie zu groß.“ „Zu groß? Willst du mich verarschen? Gleich sagst du noch, ich wäre fett!“ Es empörte mich tatsächlich, das war kein Spaß. Was bildete der sich ein? Ich kleines Kao und der Riesendaidai – da sollten meine Sachen zu groß sein?! Der blanke Aberwitz! „Du kaufst die Sachen ja auch drei Nummern größer als du eigentlich brauchst. Und da ich nur eine Größe mehr brauche als du, sind mir diese T-Shirts noch immer alle zwei Nummern zu groß.“ Ich zog die Augenbrauen hoch. Wir diskutierten jetzt nicht wirklich über die Größe meiner T-Shirts, oder? Wo doch hier ein nackter Die vor einem ebenso nackten Kaoru, also mir, stand! Da redete ich doch nicht von solchem Schwachsinn! „Dann ziehst du eben gar nichts an,“ grinste ich und ließ meine Hand über seinen Hintern streifen. Ach, wie herrlich. Die musste ebenso grinsen, auch wenn er es sich verkneifen wollte, was man an seiner leichten Gesichtsentgleisung sehen konnte. Er schaffte es aber nicht. Dabei leuchteten seine Wangenknochen leicht rötlich. Entweder hatten seine Haare beim Duschen abgefärbt oder ich war der Grund. Das musste ich testen. Ich legte ihm meine Hand auf die Wange, stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn so sinnlich, wie ich es nur konnte. Meine Technik bestand im Wesentlichen aus zwei Dingen: gekonnter Lippeneinsatz und eine flinke Zunge. Mit meinen Lippen konnte ich Dies Unterlippe quälen und in Beschlag nehmen. Mit der Zunge nahm ich Die letztlich jeden eigenen Willen und brachte ihn sogar zu einem tiefer Seufzer, der darauf schließen ließ, dass es ihn erregte. Meine Hände legte ich dabei vorsichtig auf seine Hüften, dann eine auf seine Schulter um ihm in den Nacken zu fahren und ein Stück weiter herunter zu ziehen. So ewig konnte ich ja nun auch nicht auf meinen Zehenspitzen verweilen. Als ich den Kuss unterbrach und von meinem Lieblinsfreund abließ, waren seine Wangenknochen noch rötlicher als vorher und ich schenkte ihm einen sehr eindeutigen Blick. Ich wollte mehr. „Kriegst du jemals genug?“, griente er mich an und zog mich an sich, indem er meine Taille einfach mit den Armen umschloss. „Selten.“ Das entsprach den Tatsachen! Bei allem, was ich tat. Natürlich auch im Bett, also so was... davon konnte der schicke, nackte Herr hier aber ausgehen! „Was hält dich dann noch auf?“ Das war doch mal eine gute Frage von Die! Nur zum Beantworten blieb leider keine Zeit, denn ich klebte schon an seinem Gesicht mit meinem und gab meine Bestes! Die fügte sich allen meinen Bewegungen, Spielereien und Liebkosungen. Und ich war sicher kein Kind von Traurigkeit, wenn erst einmal losgelassen. Meine flachen Hände rannten auf und ab an seiner warmen, weichen, aber starken Brust, denn ich hatte das Gefühl einfach alles an ihm anfassen zu müssen. Jeden kleinen Millimeter wollte ich berühren. Doch alles zu seiner Zeit. Ich schob ihn erst einmal rückwärts in Richtung Bett, bis er darauf fiel und ich nicht lange auf mich warten ließ. Grinsend kletterte ich auf Die und machte da weiter, wo ich aufgehört hatte. Ich musste ja zugeben, dass er auch nicht schlecht war – ganz im Gegenteil. Endlich mal jemand, der meine Techniken auch verstand. Gitarristen unter sich eben. Mit den Händen hatte ich fast schon jeden Millimeter seines Körpers berührt – außer einer gewissen Stelle –, aber noch nicht mit der Zunge. So, das musste ich ändern. Mein rechtes Händchen fand den kleinen Daidai recht fix und packte ihm am Schlafittchen. Hui, der war auch schon ganz hart und es brauchte gar nicht viel Aufwand, ihn in diesem Zustand zu belassen. Konnte daran liegen, dass sich meine Schneidezähne abwechselnd mit der Zungenspitze gerade am linken Nippel von Dies Brust zu schaffen machten. Ein Aufjaulen, dann ein Seufzer in Verbindung mit einem Stöhnen entkamen dem armen Rotschöpfchen zu meiner Gnade. Das machte mir Mut, vielleicht sogar Hochmut, aber scheißegal, denn jedenfalls bekam ich einen riesigen Schub an Selbstvertrauen und wollte jetzt nicht nur alles berühren, sondern auch alles kosten. Die Tiefen von Dies Bauchnabels waren schon mal lecker und ließen ihn leicht kichern. Süß. Er kicherte nicht mehr, als sich mein Zünglein bereits unterhalb seines Nabels befand und ketzerisch eine kleine, nichtvorhandene Linie nachzeichnete. „Kao...“, hauchte er und stieß mir seine Hüften entgegen. Gott, verdammt hörte sich das geil an, wenn er meinen Namen so scharf auf mich und von mir abhängig hinaushauchte. Das ließ auch Kao-chan nicht kalt und darum wollte ich Die noch so oft wie möglich meinen Namen hauchen hören. Vielleicht auch stöhnen, oder schreien, hehe. Endstation: Daidai-chan. Noch immer hielt ich ihn fest, doch die Auf- und Abbewegungen meiner Hand stellte ich ein, als ich ihn mit der Zunge berührte. Nur ganz leicht, denn ich wusste ja noch nicht, wie er so schmecken würde und wie Die darauf reagieren würde und überhaupt war ich doch im Geiste noch eine Jungfrau, da ich mich an nichts erinnern konnte, was angeblich vorhin bereits passiert war! „Aaahh... Kao, mach.“ Na, wer wurde denn hier so ungeduldig? Lächelnd leckte ich mich voran, einmal hinunter, einmal herauf, wiederholen, paar Mal drumherum und schwups, da war er weg. „Ooohh... Gott!“ Die verleierte die Augen und warf den Kopf zurück, als sich sogar sein Rücken leicht verbog. Und das alles bewirkte ich! Ich!! Verdammt gutes Gefühl. Verdammt geiles, sexuell erregendes, sich in Kao-chan wiederspiegelndes Gefühl und deshalb drückte ich auf die Tube, wurde schneller und etwas aggressiver. Doch Die schien das zu gefallen, denn er krallte sich in meinem Bettlaken ein, so dass es mich wunderte, dass die Federn aus der Matratze noch nicht durch das Zimmer flogen. Und er stöhnte lauthals meinen Namen, genau wie ich es haben wollte. Ich war der Beste! Applaus für Kaoru! Und jetzt das große Finale! Bisschen saugen, Einsatz der flinken Zunge, dann austesten, wie weit er rein passte, und von vorne, immer wieder, hoch und runter, auf und ab. Ich überschlug mich fast selbst bei meinem Liebesspiel mit Dies bestem Stück. Plötzlich spürte ich allerdings seine Hand an meinem Kopf, die mich wegdrückte. Hä? Was sollte denn das jetzt? Wollte er etwa, dass ich aufhörte? Warum denn? Würde er etwa...? „Kao...ruuu...“ Okay. Zu spät. Mäh. Na ja, nicht unbedingt ein Piña Colada, aber in meiner Euphorie tat ich, was notwenig war. Nachdem das erledigt war, sah ich mir Die an und bestaunte den hübschen Kerl ein wenig. Er atmete noch immer etwas schneller, hatte die Augen geschlossen, als sich seine Brust auf und ab bewegte und seine Haut leicht beschlagen schimmerte. Ich legte lächelnd meinen Kopf zur Seite und wartete bis Die die Augen öffnete und mich ebenso anstrahlte. Er hob die Hand um sie mir an die Wange zu legen und belohnte meinen Fleiß mit einem wunderschönen, langen Kuss. Als sich unsere Lippen trennten, wanderte sein Blick auf mir von oben nach unten. „Dagegen sollten wir was tun.“ Sein Finger zeigte auf meinen nicht wenig erregten Leader-Junior und ich musste verlegen grinsen. Die richtete sich auf und umschlang mich mit seinen Armen. Er küsste mich gezielt leidenschaftlich, ungeduldig und einfach nur heiß. Ich begab mich völlig hilflos in seine Gewalt und ließ ihn die Oberhand erlangen. Das erfolgte, indem er offensichtlich Positionen tauschen wollte, und versuchte uns beide umzudrehen. Dabei katapultierte er mich geradewegs aus dem Bett. „Autsch...“, grummelte ich und rieb mir die Birne, die ich mir am Couchtisch gestoßen hatte. „Verfluchter Mist.“ Aufgewacht! Wie konnte ich denn nur jetzt bitteschön aufwachen? Gerade jetzt, wo... haaa!! Ich raufte mir die Haare und setzte mich auf. Warum musste ich auch vom Sofa fallen, während ich schlief? Gott, so eine verfluchte Kacke aber auch! Die hätte mir gerade einen geblasen oder vielleicht sogar... vielleicht hätte ich sogar... mit ihm! Aus lauter Frust verpasste ich dem Couchtisch eine mit der Faust und schrie auf vor Schmerz. Richtig, der war steinern und Kaoru aus Fleisch und Blut und morschen Knochen. Ich rappelte mich stöhnend vor Schmerz auf und setzte mich erst mal ordentlich hin. Die Sonne ging langsam unter. Wenn ich, bevor Die und ich loszogen, noch etwas essen wollte, musste ich mich beeilen. Ich lief in die Küche und sah in die Schränke. Außer Süßigkeiten hatte ich ja nicht viel gekauft. Oh, da war noch eine Packung Reis. Die könnte ich mir kochen, das war leicht. Dazu würde es eben nichts geben. Reis mit nichts klang verlockend genug für mich und ich setzte Wasser auf. Dann schrie mich Mr. 13 an. Diesen Punk-Kitsch hatte mir Die irgendwann einmal als Klingelton auf mein Handy gezaubert und jetzt ging es nicht mehr weg. Warum stellten die auch solche Dinger her, die alle möglichen Funktionen hatten, die ich nicht verstand? Ja, eine Schande, wenn man als Japaner keine Ahnung von Technik hatte, aber so war es ja nun auch nicht ganz. Tontechnik und das Musikprogramm vom Studio, Spielkonsolen und Mikrowellen konnte ich durchaus bedienen! Beim Handy war das eine andere Sache. Das hatte einen grünen Knopf zum Wählen und einen roten Knopf zum Auflegen, ach ja, und Tasten mit Ziffern. Wie auch immer, Wednesday-san jaulte mir immer noch vor, dass er mit Zombies spazieren ging und ich fand endlich den Ursprung dieses Gedöns. „Ja doch.“ Ich fummelte die Klappe auf und drückte den grünen Knopf. „Hallo?“ „Selber hallo.“ Kyo. Wie kam ich denn zu dieser Ehre? „Wie geht’s?“ Nee, ge? Den interessierte es, wie es mir geht. Kaum zu glauben. „Geht so. Ich hatte schon bessere Tage, und selbst?“ „Langweilig, mir ist... stiiinkend langweilig!“ „Hm.“ Ich wäre auch froh, wenn wir endlich mit den Proben weitermachen könnten. Die Aufnahmen konnten nicht mehr lange warten, sonst würde sich der Termin der Veröffentlichung des Albums verschieben, was mit zusätzlichen Kosten verbunden war. „Ich hatte gerade Shin am Fon und ihn gefragt, ob er mit mir ins Kino geht. Da läuft so’n geiler Horrorreißer. Haste nicht Lust?“ „Mit euch?“ „Nee, nur mit mir. Shin hat keine Zeit.“ Ach, so war das! Nur weil Shinya keine Zeit hatte, wurde ich gefragt! Doll. „Ich würde ja gern,“ log ich, „aber ich habe keine Zeit.“ „Wie keine Zeit? Du hast doch Urlaub. Was machst du denn? Hast du eine Verabredung?“ Oh je. Da ging sie los, die Fragerei. Und es war Kyo. Und ihm war langweilig. Mist. „Ja, hab ich.“ „Mit wem?“ Mit der Königin von England. Nein, mit Die, aber das wollte ich Kyo gar nicht so unbedingt erzählen. Also zögerte ich und hatte Glück, denn er hakte nach. „Hast was am Laufen mit einer?“ „Öhm... ja.“ Dann war er wenigstens still. Hätte ich ihm verraten, dass ich mit Die verabredet war, dann hätte sich uns eiskalt angeschlossen und darauf hatte ich keinen Bock. Der Lollipop war mein! „Erzähl bloß nicht zuviel, Niikura.“ Würde ich nicht, keine Angst, Kyo. Er seufzte. „Tja, dann ruf ich eben mal einen der anderen beiden an, mal schauen.“ Nicht Die, nein! „Ruf doch Toshi mal an. Der freut sich ganz bestimmt.“ „Ich denk, der ist auf Okinawa?“ Noch kein Rundruf von Toshiya? Dann war er wohl wirklich müde gewesen. „Nein, nicht mehr. Die haben ihn dort vollgepöbelt und da hat es sich mit ihnen angelegt. Heute Morgen stand Toshi dann mit einem blauen Auge vor meiner Tür. Ich schätze, er würde sich wirklich freuen, wenn du dich mal nach ihm erkundigst.“ Stille am anderen Ende. „Könnte ich machen. Genau! Dann zieh ich mir mit dem Totchi-kun ein paar Filme rein von der guten Sorte!“ „Mach das,“ grinste ich verlogen gutherzig. Dann war Kyo schon mal beschäftigt und Toshiya würde sich wahrscheinlich tatsächlich riesig freuen. Ob auch mal jemand anders von mir so etwas sagte, wie ‚ruf doch mal Kao an, der freut sich’? Ich dachte lieber nicht darüber nach. „Schüss dann!“ „B—“ Da hatte er schon aufgelegt und ich sparte mir den restlichen Teil des Wortes. Seufzend klappte ich das Handy zu und wunderte mich über das seltsam blubbernde Geräusch, das in meine Gehörgänge drang. Scheiße! Der Reis! Ich rannte in die Küche, wo das Wasser fröhlich vor sich hin kochte, und schüttete den Reis in den Topf. Jetzt musste ich nur noch ein paar Minuten warten. So lange konnte ich mich ja mal rasieren, also die Wangen und über der Oberlippe, wo diese bösen, kleinen, dunklen Stoppeln hervorlugten, die nichts dort zu suchen hatten. Mein Kinn sah ja so langsam wieder erfreulich aus, aber da waren die Stoppeln noch immer nicht lang genug. Geduld, Kaoru, sagte ich mir und fing die Prozedur an. Ein paar Minuten verstrichen bis ich glatt wie ein Aal war und dann war auch der Reis gar. Der wollte zwar gar nicht so aus dem Topf, wie ich es gerne gehabt hätte, aber egal. Ich kratzte den angebrannten Reis einfach heraus und stellte mir mein Abendmahl auf den Küchentisch. Hm, lecker. Nach dem ersten Bissen davon, musste ich husten, denn das Zeug war forztrocken und blieb mir fast im Hals stecken. Deshalb schaute ich in den Kühlschrank um eventuell eine passende Zutat zu finden, die mir das Reisessen erleichtern würde. Im Seitenfach fand ich drei alte Tütchen Ketchup von McDonald’s. Die mussten reichen! Ich presste sie auf den Reis und schaufelte mir eine Ladung davon in den Mund. Hoffentlich würde Kyo auch wirklich Totchi anrufen und nicht Die. Es wäre ja gut möglich, dass Toshiya überhaupt keinen Bock auf Kyo hat, gerade weil er die Nase voll hatte von Gesellschaft. Andererseits war er immer noch Toshi und ein Toshi, wie ich es kannte, wollte immer Gesellschaft. Warum wollte ich bloß nur immerzu Dies Gesellschaft? Wo ich doch mittlerweile schon rot anlief, wenn er nur irgendeine Bemerkung machte. Schniefend stocherte ich meinen Reis zu Tode. Der schöne rote Ketchup verteilte sich überall und tauchte sogar das blasseste Reiskorn in eine glühend rote Farbe. Das war wie ich und Die. Ich war ein blasses Reiskorn und er war... der Ketchup. Er gab meinem Leben Würze. Ohne ihn würde ich ja nicht einmal vor die Haustür gehen. Aber ohne mich, der ihm ab und zu die Ohren lang zog, wäre Die vielleicht noch nicht mal mehr am Leben, sondern wäre nur vor irgendwelchen Haustüren um sich die Seele aus dem Leib zu saufen. Ich musste schmunzeln beim Gedanken an die Tour vor etlichen Wochen. Shinya hatte mich über Dies Zustand vom Vorabend informiert und ich hatte daraus seinen Zustand am Morgen geschlossen. Daraufhin war ich leadermäßig in Richtung seines Zimmers gestapft, war hineingegangen und hatte ihn mit einem Eimer kalten Wassers begrüßt. Sein Gesicht war hitverdächtig gewesen und ich hatte einen Wahnsinnslachanfall. Nachdem wir uns beide aber wieder beruhigt hatten, hatten wir folgendes Gespräch: „Ich mache mir Sorgen,“ sagte ich während ich auf dem Bettrand saß und Löcher in die Wand starrte. „Warum?“, fragte Die, der sein Hemd zum Trocknen aufgehangen hatte. „Wegen mir?“ Ich nickte. „Schon. Du kannst ja machen, was du willst. Ich will mich da gar nicht einmischen. Ist deine Sache. Ich hab nur...“ Wie sollte ich ihm sagen, was mich bedrückte? Er setzte sich neben mich mit großen Augen. „Angst um mich? Mir tut doch keiner was.“ „Nein, so meine ich das ja auch nicht. Ich will nur nicht, dass du dich zum Klops machst für andere.“ Hatte ich das nicht fachmännisch gesagt? „Wie?“ Fachmannssprache war nicht Dies Ding, offensichtlich. „Na, wenn du dich umklopfst, bist du unglaublich unterhaltsam. Wenn ich also ein Arschloch wäre, gäbe ich dir jeden Abend einen aus, nur um gut unterhalten zu werden.“ Ich betete, dass er den Wink verstand. Ehrlich gesagt, wartete ich bereits darauf, dass er mich jetzt angiftete von wegen er könne sehr gut auf sich selbst aufpassen. War aber nicht. Die seufzte und lächelte. „Ich weiß ja. Ist halt so stinkend langweilig und ich lerne eben gerne neue Menschen kennen.“ Nickend stimmte ich ihm zu. Das konnte ich durchaus verstehen. „Bald haben wir’s geschafft!“ Die verschluckte sich beinahe, als ich ihm auf den Rücken klopfte um ihm Mut zu machen. Ich musste wieder lachen. „Jetzt tu’ mir einen Gefallen und geh duschen. Du stinkst wie eine ganze Brauerei, Alter.“ Die salutierte grinsend und ich machte mich aus dem Staub. Wie lange war das her gewesen? Ob Die wohl auch einsam war? Er kam mir jedenfalls nie so vor. Dadurch, dass er ständig nur seine fröhliche Fassade zeigte, musste man schon dreimal überlegen, ob ihn etwas bedrückte. Allerdings, wie einsam konnte jemand sein, der ständig von Mädels angegraben wurde? Die ging aus. Die hatte Spaß. Die lernte ständig Menschen kennen. Nicht wie ich. Aber wann hatte Die mal eine Freundin gehabt? Ich konnte mich nicht erinnern. Das konnte entweder daran liegen, dass ich mich nie dafür interessiert hatte oder dass es eine Ewigkeit her gewesen war. Wie auch immer, mein Reis war kalt und er schmeckte genauso bescheiden wie warm. Ich schob ihn weg und machte es mir auf dem Fernsehsessel im Wohnzimmer mit einer Zigarette bequem. Wo war denn bitte die Fernbedienung? Ach da. Ich schnappte sie mir und schaltete statt der Glotze die Stereoanlage ein, die noch immer mit der Demo-CD ausgestattet war. Scheiße, der Song war aber auch gut! Warum hatte ich früher nie mit Die allein komponiert? Nur weil wir beide zu dämlich waren einen Songtext zu schreiben? Nee, also die Ausrede war billig. Jedenfalls sollten wir in Zukunft öfter alleine Lieder machen. Das beschlossen, drückte ich meine Kippe aus und stand auf um mir dann mal etwas Ordentliches anzuziehen. Vorher drehte ich die Anlage noch auf angenehme Zimmerlautstärke, was so viel bedeutete wie, dass die Musik so laut war, dass ich sie bis ins Schlafzimmer hören konnte. Genau dort lief ich nämlich hin! Zuerst einmal strippte ich bis auf die knapp geratenen Boxershorts und die Socken, dann legte ich die getragenen Sachen sorgfältig zusammen und schob sie ins Schrankabteil für Wechselwäsche. Gut, welche Hose würde ich anziehen? Eine Jeans wäre günstig. Darin sieht man wenigstens meinen festen Hintern! Also suchte ich die Fächer nach meiner blauen Stone-washed ab und wurde auch fündig. Ich liebte das Teil! Darum trug ich sie auch nicht oft, wegen der Abnutzung uns so, na ja. Mit genau dieser Jeans an war ich doch eigentlich recht schnittig, oder? Ob ich Die darin auch gefallen würde? Oh je. Nicht schon wieder. Egal. Ich schüttelte den Kopf und betrachtete mich im Spiegel. Ja, mein Hintern war die Pracht! „Hot stuff, Ladies...”, schleimte ich mein Spiegelbild voll und fügte mit einem Hüsteln “...and Gentlemen,“ hinzu. Puh, das war ja fast wie ein Eingeständnis. Na gut, ein Oberteil brauchte ich auch. Vielleicht dieses weiße mit den schwarzen Ärmeln? Oder vielleicht das schwarze mit den weißen Ärmeln? Gar keine Ärmel? Mit oder ohne Knöpfe? Ach Mensch! Also doch das erste, das war wenigstens bequem und ich fand mich zumindest recht gutaussehend darin. Ich wollte es gerade überwerfen, da stockte ich und legte es noch einmal zur Seite. Was war das denn? Ich ging näher auf den Spiegel zu und kniff mir mit Zeigefinger und Daumen in die Bauchdecke. War ich etwa fetter geworden? Ich streckte den Bauch raus und hob eine Augenbraue, bevor ich den Bauch einzog und stattdessen die Brust rausstreckte. Na, so schlecht sah dann doch nicht aus. Mein Bäuchlein hatte vielleicht keinen Six-Pack, aber es war schlank. Das musste ausreichen. Im geilsten waren eh meine Arme, vor allem der rechte mit dem riesig fetten Tattoo. Yeah, ich rockte! „Na, posierst wohl mit deinem Alabasterkörper?“ Diese Stimme! Verdammt! Blitzschnell drehte ich meinen Kopf zur Seite und da stand Die im Türrahmen. Das war kein Traum, oder doch? Ich war verwirrt. Mit weit aufgerissenen Augen und aufstehendem Mund gaffte ich ihn an und versuchte Luft zu holen, aber mir stockte der Atem. Die lachte nur und ich spürte, wie mir die Schamesröte ins Gesicht lief. Gott, war das peinlich! „Musst du mich so erschrecken?“, meckerte ich ihn an und zeigte ihm meine Alabaster-Zornfalten. „Sorry, konnte ja nicht wissen, dass du dich hier selbst bewunderst.“ Er rollte mit den Augen und zuckte mit den Schultern. „Das hab ich auch nicht!“, zischte ich zurück und suchte nach meinem Shirt. Warum gehörten die peinlichen Momente immer mir? „Könntest du aber,“ murmelte Die bockig und verzog sich ins Wohnzimmer. Ich sah etwas stutzig hinterher, denn einmal mehr war ich völlig verdattert. War das gerade ein Kompliment gewesen? Hatte er das gesagt, was ich verstanden hatte? War das hier wieder ein Traum? Ich streifte mir mein Shirt über während ich ihm nachlief und plötzlich vor Dies offener Kinnlade stoppte. Er stand mitten im Zimmer und starrte auf die Stereoanlage. Ups. Ach ja, die CD. „Hast du etwa...“ Weiter kam Die nicht, als sich seine Augen langsam auf mich richteten und verwundert nach Fragen und Antworten suchten. Ja, auch Fragen, denn die kamen ja auch nicht einfach so aus dem Nichts, wenn man unsortierte Gedanken in Reih und Glied bringen musste. „Du hast doch wohl nicht... Kaoru! Hast du das aufgenommen?“ Verlegen kratzte ich mich am Hinterkopf. „Ähm...ja.“ „Ohne mich?“ Das war doch jetzt aber nur gespielte Empörung, oder? „Warst du etwa im Studio? Wann?“ „Mir...äh,“ Wahrheit oder nicht? Ach, Mist. Ich konnte Die doch nicht anlügen. Es war doch auch sein Lied. „Mir war so langweilig gestern, als du nicht da warst.“ „Und da bist du einfach mal so ins Studio, hm?“ Er stemmte die Hände in die Hüften und legte den Kopf schief. „Mh-hm.“ Den Blick senkend, gestand ich. „Obwohl dir Arbeit untersagt ist?“ Irgendwie wirkten seine Fragen spielerisch, aber sicher sein konnte ich mir nicht. „Das war Vergnügen! Keine Arbeit...“ Schlechte Verteidigung, aber ein Versuch. „Du bist aber auch echt unverbesserlich,“ seufzte er und zog eine Augenbraue nach oben während er mich musterte. Ich blickte nach oben und versuchte ein treudoofes Gesicht zu machen, bei dem sein Ärger dahinschmelzen würde. Und... es klappte! Phänomenal. Die bleckte die Zähne als Zeichen der Freude. „War dir also langweilig ohne mich?“ Das hatte ich doch bereits erwähnt oder wollte er jetzt auf etwas anderes hinaus? „Hehe... was würdest du nur machen ohne mich?“ Er kam auf mich zu und legte den Arm um meine Schultern, wobei er mich leicht in den Nacken zwickte und seitlich angrinste. „Hast du mich vermisst?“ Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken, als ich seinen Atem an meinem linken Ohr, dem Hals und meiner Wange spürte. Gott, war Die nah! Allein die Frage! Ob ich ihn vermisst hätte? Mein Herz fing an zu pochen und ich glaubte zu hyperventilieren. Ich quälte meine Mundwinkel nach oben und hoffte, dass mein Lächeln Die überzeugen würde, dass ich seinen Scherz als solchen erkannte hatte. Leider war sein Scherz die Wahrheit, auch wenn Die das nicht wusste. Wie auch? „Ist jedenfalls ein genialer Song und die Melodie für die Lyrics hast du auch wunderbar hingezaubert,“ nickte Die die Stereoanlage an, auch wenn seine Worte mir galten. „Wenn man dich mal allein lässt... Sag mal, kannst du mir die CD brennen?“ Ich nickte ohne Zögern und schluckte die Wüste in meinem Hals, was natürlich nichts half. Ich ballte einfach meine Hände zu Fäusten an der Seite und drückte die Fingernägel in die Handflächen, aber auch das half nicht gegen die Hitze in mir. „N...nimm dir einfach die CD,“ stotterte ich hervor. „M...müssen wir ja sowieso noch mal aufnehmen. So mit richtigen Instrumenten, ne?“ Die kicherte leise. „Mit richtigen Instrumenten, genau. Da nimmste mich aber diesmal zu Hilfe, sonst bin ich dir auf ewig böse.“ „Klar doch,“ murmelte ich und starrte auf den Teppich, der unglaublich interessant in einem violetten Ton da aussah. Die ließ mich los und lief zur Stereoanlage, vor der er sich hinkniete um die Bedienungsleiste für den CD-Player zu studieren. Dass ein kluger Mensch die Fernbedienung erfunden hatte, war ihm wohl entgegangen. Dummerweise, denn wenn Die so vor der Anlage kniete und mir seinen schmalen Hintern entgegenstreckte, rutschte ihm die Hüfthose noch weiter runter und ich starrte auf das Label seiner Unterhose. In Gedanken bahnten sich meine Fingerspitzen gerade den Weg in diese schicken, grauen Shorts und bereits da gab mir Kao-chan eindeutige Warnsignale. Ich rieb mir das Gesicht mit der Hand und wand meinen Blick von dem alten Herzensbrecher da unten. Ohne irgendein Wort lief ich in die Küche und suchte nach meinen Kippen. Die mussten doch hier sein, verfluchter Müll. Ich zerwühlte den Küchentisch und diverse Ablagen, aber fand nirgends meine Ziggis. So eine Scheiße! Damit konnte man einen Raucher töten! „Suchst du was?“, fragte Die, als er in die Küche geschlendert kam. „Meine K...Kippen...“ Verdammtes Stottern! Gleich drehte ich noch frei. „Hier, rauch halt eine von mir.“ Die schmiss mir seine Schachtel entgegen und natürlich, wie konnte es anders sein, ließ ich sie fallen. Wieselflink hob ich sie auf, fummelte eine Zigarette heraus und versuchte sie anzuzünden. Ganz klar ließ ich erst noch das Feuerzeug fallen und verschluckte mich am ersten Zug, nachdem ich endlich das Ding zum Glimmen gebracht hatte. Glücklicherweise fiel das dem rothaarigen Schnittchen hier bei mir nicht weiter auf, weil dieser Junkie mit seinem Haupt im Kühlschrank steckte und nach seiner Droge suchte. Das zischende Geräusch einer Dose Cola, die gerade geöffnet wurde, gab Meldung, dass er fündig geworden war. „Aaaah,“ seufzte er nach dem ersten Schluck. Ich versuchte so lässig und locker auszusehen wie möglich und lehnte mich an den Tresen, von dem ich allerdings abrutschte, mich aber gerade noch rechtzeitig abfing, bevor ich den Fußboden vermessen hätte. Ich kam mir vor wie Mr. Bean. „Um...Kao? Sal mal,“ fing Die an und ich lauschte ihm nervös. „Findest du mein Outfit in Ordnung heute? Ich wusste nicht mit dem Hemd. Ob ich darin nicht zu dünn wirke...?“ Er präsentierte sich mir in seinem rot-bunten Hemd und fing an die oberen Knöpfe zu öffnen. „Ich wollte das eigentlich so hier tragen.“ Mit den oberen drei Hemdknöpfen auf sah er mich unsicher an und fragend an. Scheiße, Die sah arschgeil aus und ja, ich würde ihn auf der Stelle so flachlagen wollen, aber das konnte ich ihm schlecht sagen, oder? Ich schluckte erst mal, damit meine trockene Kehle überhaupt einen Ton herausbringen konnte. Erfolglos, denn als ich versuchte zu sprechen, kam lediglich ein leises Piepsen. Nach einem heftigen Räuspern startete ich einen zweiten Versuch. „Siehst gut aus,“ krächzte ich ihn an. „Echt? Ich war mich nicht sicher heute...“, laberte er und zupfte sich den Kragen hier und dort zurecht, den Ausschnitt mal etwas weiter, mal etwas mehr in Falten gelegt, und... Hatte ich da gerade eben einen Nippel gesehen? Junge, Junge. Den wollte ich aber noch mal sehen! Auch wenn mich Dies nackter Oberkörper nie zuvor erregt hatte, nicht einmal ganz nackt, luden doch seine Nippel gerade unter diesem dünnen Stöffchen von Hemd nahezu buchstäblich meine Zunge zum Spielen ein. Mein Kopfkino zeigte gerade den Film „Kaorus Hände zerreißen diesen Stofffetzen“ und niemand unterbrach für die Werbung! Was zur Hölle erzählte Die eigentlich? Wahrscheinlich noch immer von seinen Zweifeln wegen dieses bescheuerten Hemdes. Hören konnte ich jedenfalls nichts. Das war doch sicher wieder einer meiner beknackten Träume, wo wir eh gleich übereinander herfallen würden. Lange könnte ich jedenfalls nicht mehr diesen Lippen zusehen, wie sie sich bewegten. Kao-Junior rief mir zu, dass ich etwas tun sollte. Ja, aber was? Die plapperte und plapperte. Ich wusste nur nicht mehr, wovon er sprach. Das musste einfach ein Traum sein! So derb im Arsch war ich doch nicht, dass ich Leute nicht mehr reden hören konnte, oder? Alles, was ich wusste, war, dass dieser Rotschopf zum Vernaschen attraktiv auf mich wirkte und so langsam verlor ich echt die Geduld. Ich kniff kurz die Augen zusammen, aber Die stand noch immer da und erzählte, was ich nicht hörte. Dann hakte ich aus und marschierte mit einem fatalen, vor mich hin geknurrten „Jetzt reicht’s!“ los. Wohin? Na, direkt zu Die! Den packte ich an seinem verfluchten Kragen, so dass noch gleich zwei weitere Knöpfe aufsprangen und riss ihn zu mir nach unten. Noch bevor er überhaupt dumm gucken konnte, hatte ich seine Lippen mit meinem Mund gefangen und küsste ihn wie niemand zuvor. Es war mir so was von egal, dass er stocksteif wie ein Brett war, als ich mit der Zunge mir freie Bahn verschaffte und nach seiner suchte. Er zuckte leicht, als ich sie fand, aber ich hatte überhaupt keine Lust ihn jetzt loszulassen. Meine rechte Hand fuhr nach oben durch seine Haare an seinen Hinterkopf, damit er mich auch ja nicht unterbrechen konnte, als ich ihn stürmisch und fast schon aggressiv meine Liebkosungen aufdrängte. Ganz langsam merkte ich, wie er sich entspannte und sogar zaghaft meinen Kuss erwiderte. Ihm blieb ja auch nicht viel anderes übrig. Göttlich! Ich war so was von bereit! Das tat schon richtig weh in der Hose. Vor lauter Frust schob ich meine Hüften an seinen Körper und ließ meine linke Hand über sein Hinterteil gleiten. Das war wohl dann doch zuviel für Die. Mit einem heftigen Stoß seiner Hände gegen meine Brust schob er mich von sich, so dass ich Mühe hatte nicht auf meinen Allerwertesten zu fallen. Mich traf das so überraschend, dass ich ihn düster und verärgert ansah. Dabei wollte ich ihn doch nur lieben! Und zwar in allen mir bekannten Stellungen! Schwer atmend starrte ich ihn an und schaute in seine weit aufgerissenen Augen. Er atmete mindestens genauso schwer, vielleicht aber auch panisch, und rang nach Worten, die ihm aber von seinem Hirn vorenthalten blieben. Er biss sich auf die Unterlippe, schüttelte den Kopf und sah mich mit einem Blick an, der mir letztlich das Herz brach. War er angewidert? Enttäuscht? Böse? Traurig? ENTSETZT? Ja, genau das traf es! Entsetzt sah er mich an und versuchte immer wieder etwas zu sagen, gestikulierte mit den Händen, aber keine Worte verließen seine Lippen. Langsam fand ich zur Besinnung. Das war kein Traum. Ich hatte meinen besten Freund geküsst und jetzt hatte er jedes Recht mich entsetzt anzustarren. Nur leider konnte ich es selbst kaum fassen, was ich da getan hatte, und ich stand einfach nur da wie ein begossener Pudel. Ich musste etwas sagen, aber was denn? Oh, genau! Ich könnte mich entschuldigen. „Die, ich...“, begann ich, aber wurde rüde unterbrochen. „Vergiss es!“, zischte er und ehe ich es mir versah, machte er sich los, streifte dabei auch recht unsanft meine Schulter und verließ meine Wohnung. Das Zuknallen der Tür schallte in meinen Ohren, als hätte ich Shinyas Drumkit in meinem Kopf, und ich erzitterte kurzzeitig. Auf die geschlossene Tür starrend, schluckte ich schwer und fühlte, wie sich ein Messer in meine Brust bohrte und mir die Adern zufroren. Mir war kalt, verdammt kalt. Was hatte ich bloß getan? „Die...“, flüsterte ich und als mir sein Name von der Zunge glitt, wurde mir umso bewusster, was für Riesenscheiße ich gebaut hatte. Mein einziger, bester Freund. Die Band. Alles hatte ich auf das Spiel gesetzt wegen eines Kusses, einer kurzen Unüberlegtheit, einer möglichen Gestörtheit? „Die.“ Diesmal war meine Stimme schon fester. Ich musste ihn aufhalten, mich entschuldigen. „Die!“, schrie ich ihm hinterher, aber nicht einmal die geschlossene Tür fühlte sich angesprochen. Dann machte es endlich ‚klick’ und ich rannte los, riss die Tür auf und stürmte der Treppe hinunter, bis ich auf der Straße angekommen war. „Daisuke!“ Verkackt noch mal! Am Ende der Straße konnte ich gerade noch das Hinterteil von Dies Wagen um die Ecke biegen sehen und ich starrte ihm hinterher. „Verfluchter Mist!“ Ein paar Passanten schauten sich nach mir um und schüttelten die Köpfe, aber das war auch nicht mehr wichtig. Wichtig war jetzt, dass ich Die um Verzeihung bitten musste. Kostete es, was es wolle. Dummerweise hatte ich weder Autoschlüssel, so dass ich ihm hätte hinterher fahren können, noch ein paar normale Schuhe an. In den Pantoffeln konnte ich jedenfalls nicht weiter als bis hier. Das einzige, zu das sie von Nutzen gewesen wären, war sie Die hinterher zu werfen, aber davon würde er wohl auch nicht zurückkommen. Also rannte ich die Treppen wieder rauf, hatte ein Schweineglück, dass meine Wohnungstür nicht ins Schloss gefallen war, und graste meine Bude nach den Autoschlüsseln ab. Erst waren die Kippen weg, jetzt auch noch die verdammten Schlüssel. „Scheiße, Scheiße, Scheiße,“ brummte ich immer wieder vor mich hin wie eine Art Mantra. Ich fand die Schlüssel später in meiner Jackentasche, umklammerte sie mit der Hand um sie nicht wieder zu verlieren und schlüpfte in ein Paar weiße Sneakers. Wieder rannte ich die Treppe runter, wobei ich mich erneut beinahe auf die Fresse gelegt hatte, und kam auch endlich in der Tiefgarage an. Beim Ausparken setzte ich das linke Rücklicht mit einem Knall gegen einen Mast, aber selbst das kratzte mich gerade nicht die Bohne. Ich trat das Gaspedal durch und machte mich auf die Suche nach Die. Betend. Denn ich wollte alles, aber ihn nicht verlieren. Ende Kapitel Sieben ... o_Ò Ich hatte tatsächlich mal violetten Teppichboden. Ich beende dieses Kapitel hier, weil alles von jetzt ohne große Pausen verlaufen wird. Außerdem wollte ich auch mal einen Cliffhanger einbauen.^^ Stay tuned. ~8~ --- Ein Dank an meine treuen Leser! ;) Ihr seid toll. *schmatz* :* Anmerkung: (betreffend vorheriger Kapitel) Ich habe NULL Ahnung vom Songschreiben, okay? Das ist alles fiktiv. Ich könnte Kao höchstens die Lyrics schreiben. Angebot, Niikura-san?^_^ Kapitel Acht Wie eine angestochene Sau raste ich los, trommelte die Finger gegen das Lenkrad, wenn ich bei rot halten musste – wobei mich die Farbe natürlich nur wieder an Die erinnerte –, und dachte krampfhaft darüber nach, wo er eigentlich hingefahren sein könnte. Zuerst fuhr ich zu ihm nach Hause, aber ich hatte mir schon denken können, dass er dort nicht war. Das Haus war dunkel und weit und breit kein Auto. Seufzend überlegte ich kurz, wo er noch sein könnte. Bei Shinya vielleicht? Die zwei waren ja meistens richtig „dicke“, also brauste ich als nächstes zu Shinyas kleiner Bude am anderen Ende der Stadt. Gut, dass ich einen Diesel hatte, der schluckte wenigstens nicht so viel Sprit. Bei Shinya war Dies Wagen aber nirgends zu sehen und klingeln wollte ich nicht. Dann hätte Shin erst wieder gefragt und Fragen waren gerade so was von überflüssig. Wo also könnte der Herr noch sein? Bei Kyo eher nicht, denn der war bei Toshiya, wenn alles geklappt hatte. Zur Sicherheit fuhr ich an Kyos Wohnung vorbei und klingelte, aber es machte keiner auf. Kyo war also weg. Gut, nächstes Halt Residenz Hara. Dank des wahnsinnig toll abgesicherten Grundstückes, auf dem das Apartmenthaus stand, in dem Toshi wohnte, konnte ich nur ein paar Straßen weiter einen Parkplatz finden und rannte einfach mal drauf los. Ungern hätte ich mit Kyo oder Toshiya erst reden wollen, also wie konnte ich feststellen, ob Die bei ihnen war? Vor dem Haus konnte man nicht parken, also sah ich demzufolge auch kein Auto als Indiz. Wenn Toshi die Tiefgarage für Die geöffnet hatte, würde ich auch nicht wissen, ob er seinen Wagen darin abgestellt hatte, weil das verfluchte Ding verschlossen war. Na gut, erster Schritt in „Mission Impossible“ war: Kaoru musste ins Gebäude hinein. Dazu tat man Folgendes: Man drückte auf sämtliche Klingelknöpfe vor dem Eingangsbereich und irgendjemand machte immer auf. Das hatte ich schon in so vielen Filmen gesehen, das musste funktionieren. Also drückte ich drauf los und platzierte meine zarten Knochen auf jedem einzelnen Knopf, aber das zur selben Zeit. Dann wartete ich. Aber niemand meldete sich. Kein Summer zu hören. So ein Scheiß! Kein Wunder, dass man durch Fernsehen verblödete, wenn die einem immer nur Bären aufbinden. Egal, ich drückte noch einmal und hatte Glück, denn ein Ömchen meldete sich mit uralter, krächzender Stimme. „Yoooshiiiii, bist du das?“ Wer war Yoshi? Ihr Enkel? Ich war das jedenfalls nicht. Ich war Kaoru. Und ich wollte ins Haus, also antwortete ich: „Ja.“ Dann erklang der Summer. Nette, alte Damen waren eben doch am leichtesten zu Verarschen! Ich verlor keine Zeit und rannte in den Fahrstuhl, der mich bis ganz nach oben brachte. Für Leute mit Höhenangst war Toshiyas Bude jedenfalls nichts. Ich hasste es schon, wenn er die Balkontür aufließ. In der obersten Etage angekommen, schlich ich auf leisen Sohlen zur Wohnungstür mit der Aufschrift „Hara Toshimasa“ und presste mein Ohr dagegen. Von drinnen konnte ich Stimmen hören, aber ob Dies Stimme mit dabei war, war schwer festzustellen. Er musste ja auch gar nichts reden. So konnte ich mir jedenfalls nicht sicher sein, dass er nicht da war. Nächster Schritt. Ich fischte mein Handy aus der Hosentasche und wählte Dies Nummer. MacGyver im Dienst! Es läutete am anderen Ende, einmal, zweimal, dreimal, aber es tat sich nichts in Toshiyas Wohnung. Dies wunderschöner Klingelton, der Titelsong von den Gilmore Girls, erklang nicht und damit ich konnte ich zu 99% sicher sein, dass er nicht dort drin war. Die schaltete sein Handy niemals auf lautlos. Er könnte ja was verpassen. Langsam marschierte ich wieder hinunter in Richtung Auto. Wo verdammt könnte Die denn noch sein? Dass er nicht an sein Handy ging, wenn ich anrief, war mir schon klar. Darauf hätte ich an seiner Stelle wohl auch keine Lust, auch wenn es mich wurmte. Ich war doch noch immer sein Kumpel Kaoru, den Die seit mehr als zehn Jahren kannte, der immer für ihn da gewesen war, nicht zuletzt der Bandleader war und es deswegen nicht verdiente, wenn man ihn ignorierte oder gar von ihm weglief. Andererseits hatte ich mich benommen wie nie zuvor in den Jahren, die wir uns kannten, und bei dem Riesenmist, den ich heute vollbracht hatte, verdiente ich wohl doch, wenn man vor mir wegrannte. Seufzend stieg ich in den Wagen und startete den Motor. Vielleicht war Die ja Gott weiß wo außerhalb der Stadt oder schon auf dem Weg nach Mexiko. Dahin flohen im Film immer alle. Dann wäre er für immer weg. Wegen mir. Wegen dem Bullshit in meinem Kopf und wegen dem dummen Kao-chan, der nicht wusste, wie man sich benahm. Die Band wäre Geschichte und Kyo würde nach dem Ende von Dir en grey eine Solokarriere machen. Shinya würde einfach eine eigene Band gründen, in der er auch was zu sagen hatte, so eine Art Yoshiki quasi, und Toshi? Er würde womöglich Eisverkäufer in Paris werden, was wusste ich? Am Ende jedenfalls blieb nur noch ich, der vergammeln würde, vor sich hin vegetieren, alleine sterben, oder gar wie in Bridget Jones von seinen eigenen Schäferhunden aufgefressen. Mann, Kaoru, du Volltrottel! Ich rieb mir die flache Hand über Stirn und Augen, dann fuhr ich endlich los Richtung trautem Heim. Wo sollte ich denn noch suchen? Die war weg und er hatte es in der Hand, wann er sich mir wieder stellen wollte. Außerdem würde er vielleicht früher oder später mal wieder zuhause sein. Wenn nicht, dann im Studio zu den Aufnahmen nächste Woche. Kreuzte er da nicht auf, konnte ich mir die Kugel geben. Dann würden alle meine schlimmsten Befürchtungen wahr geworden sein. Hey, stopp! War da drüben nicht Dies Wagen? Ich trat in die Eisen und vernahm das hupende Geräusch mehrerer Autos hinter mir, denen ich einfach den Mittelfinger entgegenstreckte. Mein Blick haftete auf Dies Auto und das stand genau vor einer Bar. Korrigiere, nicht vor irgendeiner, sondern von der Bar von letztens, in der Sayuri arbeitete. Warum war Die gerade hier? Um sich zuzubechern, schon klar, aber warum gerade diese Bar und nicht irgendeine andere? Ich stellte mein Auto neben seinem ab und ging hinein. Die Bar war proppenvoll und ich graste die Menschenmenge nach einem Rotschopf ab. Weit hinten stand er und unterhielt sich gerade mit einer jungen Frau, Glas Bier in der Hand und abwesender Blick. So sah man Die selten. Entweder war das nun wegen mir oder weil er schon stockvoll war. Auf in den Kampf sagte ich mir und quetschte mich durch die Massen von Leuten direkt in Richtung des rothaarigen Gitarristen, der mich anscheinend nicht einmal bemerkte. Das war auch gut so, denn sonst würde vielleicht nur wieder weglaufen. Ich hatte also keine Zeit zu verlieren, tappte auf ihn zu und stellte mich vor ihn. „Es tut mir leid, Die, furchtbar leid wegen dem Kuss. Das hätte ich nicht machen sollen.“ Er zog die Augenbrauen bis zum Haaransatz, wahrscheinlich weil er überrascht war, aber vielleicht auch nur um mir seine Überlegenheit zu demonstrieren. „Bitte sei nicht sauer. Ich wollte dich nicht küssen. Na, doch, schon, aber... es tut mir leid. Ich hab einfach die Nerven verloren und dann...“ Was kuckte er denn nur, als wolle er mir den Hals rumdrehen? „Halt den Mund, Kaoru!“, zischte er mich an, aber das zeigte mir nur, dass er noch immer sauer war. „Ja, aber es tut mir doch leid! Du darfst nicht sauer sein, ja, weil ich es doch nicht so gemeint hab. Du bist doch mein Freund,“ erklärte ich noch immer voller Tatendrang. „Hältst du jetzt bitte die Fresse?“, maulte er mich mit einem bösen Blick an. „Und schrei nicht so rum hier, verdammt!“ „Ich schrei doch gar nicht. Bitte, Die, du musst mir jetzt mal zuhören. Es tut mir leid, hörst du?“, quasselte ich weiter voller Tatendrang und mit all meiner Überzeugungskraft. „Arrrgh!“ Die raufte sich die Haare, verleierte die Augen und drehte sich um. Jetzt rannte er schon wieder weg. Was sollte das denn? MIR TAT DAS AUCH WEH, MENNO! „Jetzt warte doch mal, Die.“ Ganz klar, ich lief ihm hinterher. Er MUSSTE mir vergeben. Er bog ab ins Männerklo und ich ihm nach. Kaum war ich drin, schaute er mich über seine rechte Schulter aus an und machte einen gequälten Gesichtsausdruck. „Kann ich nicht mal in Ruhe pinkeln?“, fauchte er rum und so langsam wurde ich ungeduldig. „Erst, wenn du mir verzeihst.“ Das war die Bedingung. „Ich will aber nicht,“ sagte Die bockig. „Noch nicht. Zuerst erklärst du mir nämlich mal, was das sollte vorhin. Du bist ja... du bist ja völlig übergeschnappt, bist du!“ Ich musste schlucken, denn so langsam war Die richtig aufgebracht und fand tatsächlich auch Worte um seinem Ärger Luft zu machen. Da stand ich nun, ich armer Thor, und wollte, dass sich die Erde auftat und mich unter ihr begrub. Also los, Kaoru, nur nicht den Mut verlieren! „Tut leid wegen dem Kuss, ich...“ Da verließen sie mich, die Worte der Rettung. Gedanklich sah ich mich in einem Swimmingpool, aber ohne Schwimmflügelchen. Gluck, gluck, gluck. Die wusch sich die Hände und kam auf mich zu. Irgendwie hatte er einen wahnsinnigen Ausdruck in den Augen, als ob ER gleich überschnappte, nicht ich. Er piekte mir dem Zeigefinger gegen die Brust und funkelte mit den Augen. „Du...“ Pieks. „...hast ja gar keine Ahnung!“ Pieks. Autsch. In dem Moment ging die Tür einer der Kabinen auf und ein Kerl etwa einen Meter größer als ich (grob geschätzt) rollte die Augen, als er uns vorbei lief. Mit einem gefährlichen Blick starrte er uns an und mir wurde Angst und Bange. Dann schubste mich Die in Richtung der Kabinen, hielt eine Tür auf und gestikulierte mit den Armen. „Rein da!“ „Was? Aber...“ Nee, der würde mich da drin vermöbeln, oder sonst was. Lieber nicht. „Los jetzt!“, knirschte er mit den Zähnen und bibbernd befolgte ich seine Anweisungen. Ich war eben nur der BANDleader, Betonung auf Band, und gerade war ich nicht in meiner heißgeliebten Band, als unterwarf ich mich. Die kam hinter mir in die Kabine und schloss die Tür von innen ab. Ich sah in hilferufend an, auch wenn ich mich nicht traute etwas zu sagen. Er fing ganz alleine an zu sprechen und klang bedrohlich nach einem inneren Brodeln. „Du bist ein Arschloch, Kaoru!“ Nichts Neues. „Du läufst durch die Welt, machst, was du willst, und wenn es dir einfällt, knutscht du einfach deine Freunde. Hast du sie noch alle?“ Der Ton seiner Stimme stieg, so dass Kyo erblassen würde vor Neid. „Du hast nämlich überhaupt keine Ahnung, wie das ist.... jahrelang... und überhaupt hast du doch gar keinen Plan! Fragst du dich bei solchen Aktionen auch mal, wie ich darüber denke? Wieso fällt dir überhaupt auf einmal ein, dass du auf Männer stehst, he? Dann läufst du rum und es tut dir leid. Leck mich am Arsch von wegen es tut dir leid! Du hast doch keinen blassen Schimmer, wie das ist... verdammt...“ Jetzt seufzte er und ließ sich auf dem Toilettensitz nieder, das Gesicht in die Hände vergrabend. „...wemmamschwulis.“ Hä? Das kam akustisch nicht an. „Wie bitte? Nimm mal die Hände vorm Mund weg.“ Ich zuckte zusammen, als er mich scharf ansah. „Wenn man schwul ist! Auf Männer steht! Jetzt verstanden?“ Auch wenn ich mir Mühe gab, es nicht zu tun, aber ich starrte ihn an. „D... du wohl?“ Als ob! „Ja, aber das geht dich einen Scheißdreck an! Das geht überhaupt niemanden etwas an, schon gar nicht dich oder die anderen. Ich habe gute Gründe, warum ich das nie erzählt habe. Niemals in all den ganzen Jahren und jetzt kommst du einfach mal so daher stolziert und meinst, du müsstest mich küssen. Geht’s noch? Genau das wollte ich nämlich vermeiden. Dass einer von euch Idioten auf den Gedanken kommt, er könne mich doch mal nach Strich und Faden verarschen. War alles im Sinne der Band, dass ich die Klappe gehalten hab, aber der feine Herr Bandleader...“ Das Wort drückte Die besonders verabscheuend aus. „...kann sich ja nicht am Riemen reißen! Dir ist es wohl scheißegal, wenn alles den Bach runter geht, wie? Du machst einfach, aber nachdenken tust du nicht. Was ist das eigentlich? Kleines Späßchen oder was? Mal probieren? Am dummen Daisuke kann man das ja mal testen!“ Der fauchte mich aber auch an, so dass ich fast bei jedem Wort zusammen zuckte und erst noch die ganzen Informationen! Wie sollte ich denn die alle so schnell verarbeiten? „Sag mir eines, Kaoru. BIST DU SCHWUL?“ Gute Frage, nächste Frage. „Mmh... weiß nicht.“ „Du weißt es nicht! Ist das zu fassen? Sag doch einfach nein, denn so ist es doch am Ende, oder etwas nicht? Du und schwul, das wäre ja...“ Hier musste ich ihn aber unterbrechen. Sein höhnisches Lachen klang nach Beleidigung. „Was wäre das?“ Ich schoss ihm einen düsteren Blick zu. „Witzig oder wie? Ich find das gar nicht so lustig, wie du denkst. Und genau weil du mir nicht scheißegal bist, du und die Band, tut es mir ja auch leid. Aber wer kann denn schon ahnen, dass du schwul bist? Wenn du ehrlich gewesen wärst und ich das gewusst hätte, wäre ich der Letzte gewesen, der das zum Spaß ausgenutzt hätte und das weißt du auch ganz genau.“ Das musste ja mal gesagt werden. Das alles war doch zum Verzweifeln. In welchem Film war ich eigentlich? „Ich bin nicht schwul.“ Moment mal. „Gerade hast du gesagt—“ Er unterbracht mich um meinen Satz selber zu beenden. „Dass du nicht weiß, wie es ist, wenn man auf Kerle steht. Ich weiß das. Das und wie es ist, wenn man auf Frauen steht. Ist doch aber egal. Sag mir lieber, was dich geritten hat. Bist du schwul? Sag schon!“ Mein Gott, war der sauer! Und diese Fragerei. Woher sollte ich das denn wissen? Ich schlug die Faust gegen die Tür und lehnte mich mit dem Rücken dagegen. „Mann, ich weiß es doch auch nicht! Ja, nein, vielleicht. Keine Ahnung. Der ganze Scheiß verwirrt mich einfach.“ „Verwirrt dich?“ Seufzend starrte mich Die an. „Also bist du dir selbst nicht sicher?“ „Nein,“ antwortete ich und glitt nach unten um auf dem Boden zu hocken, noch immer gegen die Tür gelehnt. „Warum sonst sollte ich meinen angeblich heterosexuellen Freund küssen? Bestimmt nicht um dich zu verarschen.“ Still war es mir gegenüber und als ich den Kopf hob um zu sehen, ob Die noch da war oder sich vielleicht der Toilette runtergespült hatte, sah ich ihn nachdenklich mit seiner Stirn in Falten. „Es tut mir wirklich leid, wenn ich damit irgendwie...“ „Wart mal, Kao,“ bat mich Die und sah mich eindringlich an. „Du bist dir nicht sicher, ob du schwul bist beziehungsweise auf Männer stehst und du küsst mich. Soweit richtig?“ Nickend bestätigte ich das. Stand der mal wieder auf der Leitung oder warum die Frage? „Stehst du auf mich?“ Ungewollt riss ich die Augen auf und lief mit Sicherheit rot wie eine Tomate an, denn meine Wangenknochen glühten wie Feuer. Dies Blick wich ich aus und dachte krampfhaft nach, was ich ihm antworten könne. „Das heißt, wenn du schwul wärst, würdest du dann auf mich stehen?“ Die Frage war auch nicht gerade viel besser. Ich zuckte mit den Schulter. „Vielleicht... ja, doch, schon. Mann, frag doch nicht so dämlich! Warum sonst würde ich dich denn küssen?“ „Vielleicht weil ich gerade da war?“ Ganz unrecht hatte er mit der Schlussfolgerung nicht. Wiederum zuckte ich nur mit den Schultern. Ich konnte ihm nicht erzählen von meinen merkwürdigen Träumen und alle dem. Nicht, bevor ich mir nicht sicher war, dass ich wirklich schwul war. Ich selber hatte noch immer Zweifel, allerdings auch an meiner Heterosexualität. Apfelstrudel im Hirn, alles durcheinander. „Keine Ahnung, Die. Alles was ich weiß, ist, dass ich gar nichts mehr weiß.“ „Du kannst nicht schwul sein, und wenn doch, bist du der heterosexuellste Schwule, den ich je gesehen hab.“ Schon wieder so eine abfällige Bemerkung. Was war denn verkehrt an mir, dass ich nicht auch schwul sein konnte? „Wieso?“ „Na, sieh dich doch mal an. Alles an dir ist so was von hetero. Wie du dich anziehst, wie du dich benimmst, deine ganze Art eben. Du. Ganz einfach du.“ Der kam sich wohl noch schlau vor? „Was ist denn so anders an mir als an dir? Dir sieht man das doch auch nicht an. Deshalb kann ich um ehrlich zu sein auch nicht glauben, was du mir da erzählst. So viele Jahre, die ich dich kenne, und... nein. Du hattest doch immer Freundinnen!“ Ich war doch derjenige, der sich hätte verarscht vorkommen müssen. „Wieso hast du denn nie was gesagt?“ „Ganz einfach aus den Gründen, die ich dir bereits gesagt habe. Anfangs jedenfalls, als ich euch ja kaum kannte. Wie hätte ich mir denn sicher sein sollen, dass ihr damit umgehen könnt? Und später...“ Er atmete tief ein und aus, wobei er recht angestrengt nachdachte, sich erinnerte. „Später war es ja gar nicht mehr notwendig. In den letzten Jahren hatte ich immer nur was mit Weibern und außerdem... ich wollte eben nicht, dass sich vielleicht etwas ändert zwischen uns.“ Was denn ändern? „Dadurch muss sich nichts ändern zwischen uns. Wenn du nicht auf mich stehst, kann ich damit leben, muss ich wohl. Deshalb ändert sich nichts. Wir sind doch Freunde. Niemand in der Band hat etwas gegen Homosexuelle.“ Die sah mich einen Moment lang an, dann nickte er. „Stell dir vor, also nur mal angenommen, ich steh auf dich und wir... es passiert etwas zwischen uns. Dann fällt dir aber plötzlich ein, dass du doch nicht schwul bist, was dann? Das ändert dann vielleicht nichts für dich, aber für mich. Wie soll ich denn damit umgehen? So tun, als ob nie was war? So ist es dann doch immer, oder? Das soll dann nicht schädlich sein für die Band?“ Ich sah ihn erstaunt an, denn, wenn ich darüber nachdachte, musste ich mir eingestehen, dass er recht hatte. Erst vor zwei Minuten hatte ich von Dies ‚wahrem Gesicht’ erfahren, also hatte ich auch bisher nicht die Zeit gehabt, mich auch mal in seine Situation hinein zu versetzen. Jetzt, wo er es aber ansprach. Ich wäre wohl ziemlich gekränkt, wenn er was von mir wollte, ich mich darauf einließe und am Ende stellte sich heraus, dass es nur eine vorübergehende Verwirrtheit seines sexuellen Triebes war. „Das... macht Sinn,“ seufzte ich und vergrub kurzzeitig mein Gesicht in meinen Handflächen. „Es tut mir halt leid. Darüber habe ich wirklich nicht nachgedacht. Ich wusste ja auch nicht, dass du... Auf keinen Fall will ich dir schaden oder so. Können wir die Sache nicht einfach vergessen?“ Hoffnungserfüllt richtete ich meinen Blick auf Die, der nach einer Weile zaghaft lächelte. „Zumindest bis du weißt, was du willst. Oder was du bist.“ Ich konnte mir nicht helfen, ich musste einfach lächeln, denn so wie Die das gesagt hatte, bestand auch weiterhin eine Chance. Nur nicht jetzt. Falls ich also irgendwann feststellen sollte, dass ich tatsächlich auch auf Typen abfuhr, dann könne ich noch einen Versuch wagen. Sofern ich Die dann noch wollte. Das war jetzt sowieso erst einmal nicht wichtig. Wichtig war, dass wir uns einig waren. „Also, Entschuldigung angenommen?“, fragte ich unsicher. „Ja, Entschuldigung angenommen. Ich bin ja kein Unmensch, zumal ich mir denken könnte, dass du auch nicht so ganz problemlos mit deiner Situation zurecht kommst.“ „Hör bloß auf,“ sagte ich tief ein- und ausatmend. „Lass uns lieber nicht darüber reden, okay? Können wir nicht einfach wieder normal sein, Die und Kaoru, Freunde?“ Ich hoffte inständig, dass er auf meinen Vorschlag einging. Ich mochte nicht darüber philosophieren, warum ich dachte, ich könnte schwul sein. Das würde nur auf meine seltsamen nicht jugendfreien Träume zurückführen und darüber wollte ich Die nicht aufklären. Momentan wollte ich einfach meinen Kumpel Die haben. Er nickte, welch Glück. „Einverstanden. Und Freunde haben Spaß zusammen, gehen einen trinken, richtig?“ „Richtig.“ Ich verstand schon. „Dann lass uns jetzt hier rausgehen und uns amüsieren. Ich habe nämlich auch keine Lust mehr mit dir meine Sexualität auszudiskutieren. Und das in einer Toilettenkabine!“ Er verdrehte die Augen und stand auf. „Gut, dann lass uns einen trinken. Ich zahle!“ Hatte ich denn überhaupt meinen Geldbeutel dabei? Oh Gott. Tja, egal. Sayuri arbeitete ja hier. Die würde mir sicher auch Kredit geben. Vielleicht. Hoffentlich. Oh je. Nachdem ich mich erhoben hatte, öffnete ich die Tür und marschierte raus mit Die mir folgend. Den Leader-Status hatte ich sozusagen wieder. Auf dem Weg nach draußen ignorierten wir dezent den Spruch von zwei betrunkenen Kerlen am Pissbecken, die irgendetwas von „verfluchten Schwuchteln“ vor sich hin brummten. DAS machte mir schon lange nichts mehr aus. Zum einen war ich nicht Toshi und zum anderen hatte ich meinen ‚Lollipop’ doch wieder und mehr war nicht wichtig. Die und ich setzten uns an einen der Tische und bestellten erst einmal Bier, mit dem wir auf unsere Versöhnung anstießen. Irgendwie machte es mich so glücklich, dass Die nicht mehr sauer war auf mich, dass er nicht entsetzt war von mir und mich nach wie vor als seinen Saufkumpan akzeptieren konnte, dass auch ich mir vorübergehend mal überhaupt keine Waffel machte über ihn. Bei dreckigen Witze lachte ich herzhaft, wurde aber nicht rot. Wenn das kein Fortschritt war! „Wie viele Tage haben wir jetzt noch frei?“, fragte mich Die gähnend. „Hmmm... mal überlegen.“ Mich am Kopf kratzend versuchte ich nachzudenken. Ich musste wohl temporär die Zeitrechnung vergessen haben. „Drei Tage? Zwei? Drei Tage glaube ich.“ „Glaubst du?“ Was grinste mich Die denn so doof an, und warum lachte der denn? „Hey, was auch immer du mit Kaoru gemacht hast, gib ihn wieder her.“ „Maaaaann Die!“ So ein Doofi! Nur weil ich mal ganz, ganz kurz nicht gleich unseren beruflichen Timetable wiedergeben konnte, verarschte er mich gleich. „Aber jetzt mal ernsthaft, ist heute Samstag?“ Jetzt prustete er los und lachte sich einen Ast, schlug dabei sogar immer mit der Hand auf den Tisch. Ich grinste. Natürlich wusste ich, dass heute Montag war, dass wir noch genau zwei freie Tage haben würden und dass wir uns verdammt ranhalten mussten, wenn wir das Album noch rechtzeitig fertig machen wollten. Momentan war ich aber nur stolz auf mich, denn ich konnte Die mit meinem recht seltsamen Humor zum Lachen bringen. Klar, man könnte jetzt sagen, das wäre keine Kunst, aber es war nicht nur ein kleines Schmunzeln, nein, der zerfetzte sich ja geradezu vor Lachen. Das war schon toll. „Na, amüsiert ihr euch?“ Oh, als ich mich nach der Stimme umdrehte, stand auf einmal Sayuri neben uns und setzte sich mit an den Tisch. „Ich darf doch, oder? Ich hab nur zehn Minuten Pause, dann bin ich wieder weg.“ Also ich mochte Sayuri, so war das nicht, aber im Moment wäre ich echt gerne mit Die allein. „Klar, setz dich ruhig,“ strahle er sie an und reichte ihr die Hand. Auf Die war eben Verlass! „Wir wurden noch nicht vorgestellt, oder? Ich bin Die.“ „Sayuri, freut mich,“ strahlte sie zurück. Zwei Strahlemenschen auf einem Haufen, das war ja herrlich, wie unter Flutlicht. „Dein Freund hat mir bereits von dir erzählt.“ Oh Gott, die Geschichte. Ob es jemandem auffallen würden, wenn ich mich einfach unter dem Tisch verkroch? „Er mir von dir auch,“ grinste Die und zwinkerte mir zu. „Ich hoffe, er spricht nur Gutes von mir?“ Nein, du dumme Nuss. Ich hatte ihn doch schlecht gemacht bei ihr und letztlich gesagt, er sei mein Freund, nur damit sie ihn in Ruhe ließ. „Nur Gutes, aber ich muss ja zugeben, dass ich Kaoru anbaggern wollte. Er ist schon sehr attraktiv. Du hast vielleicht ein Glück, Die.“ Wenn die wüsste! „Kann ich verstehen, mach dir nichts draus,“ meinte Die und winkte ihr zu. Sayuri lachte auf. „Aber schon nach kurzer Zeit, in der ich ihn beobachtet hatte, hab ich gemerkt, dass er nur Augen für dich hat.“ Nein! Gerade, wo ich einfach nur eine schöne Zeit mit Die verbrachte, da brachte die mich natürlich in Verlegenheit und ich wurde wieder ganz verstört. Warum nur, lieber Gott, warum? „Allerdings ist mir unklar,“ fuhr sie fort, „wie er das durchhält, wenn du ständig von Mädchen angesprochen wirst.“ Sie wand ihren Blick auf mich. „Bist du gar nicht eifersüchtig?“ Musste ich die Frage beantworten? Ich würde gerne einen Joker einlösen. Hilfesuchend schaute ich zu Die, der aber nur belustigt schmunzelte. Wunderbar, ihn interessierte die Frage also auch brennend. „Äh...also doch, schon. Oder nein?“ Die Wahrheit war ja, aber eine souveräne Beziehung zeichnete das nicht gerade aus. Ach, verdammt. Vielleicht sollte ich ihr einfach die Wahrheit sagen, und zwar alles. „Hör mal, Sayuri. Ich glaub, ich muss dir da mal was sagen. Ich war nämlich nicht ganz ehrlich zu dir.“ Sie zog die Augenbrauen erstaunt nach oben, als hätte sie das nicht von mir erwartet. „Was Kaoru damit sagen will,“ mischte sich Die auf einmal ein. „In Wahrheit ist er nämlich der Babe-Magnet, ja, und ich muss zusehen, wie ihn die Mädels nur so angraben.“ Was zum—? War der noch ganz zu retten? „Aber das können sie sich abschminken, der gehört nämlich mir!“ Er legte mir die Hand auf den Oberschenkel und rieb sie sanft auf und ab, während er mir liebevoll zublinzelte. „Man, ihr beide seid schon zu süß.“ Sie stand auf und lachte. „Ich muss wieder los. Immer wieder lustig mit euch. Tja, dann pass mal gut auf deinen Babe-Magneten auf.“ Sie grinste Die mit einem Zwinkern an und winkte mir kurz, dann machte sie sich auf zur Bar. Schwer schluckend, ließ ich meinen Blick nach unten schweifen, wo sich Dies Hand noch immer auf meinem Oberschenkel befand. Diese Hand klopfte mir noch mal kurz auf das Bein, dann nahm Die sie weg und griente wie ein Honigkuchenpferd. „Kleine Rache für letztens, mein Süßer,“ kicherte er recht bösartig, als hätte er Kyo verschluckt. Ich verleierte nur die Augen. „Schon okay. Hab ich verdient.“ Und es machte mir in Wahrheit auch nichts aus. Die hatte mich vor einem Geständnis bewahrt und der Nebeneffekt mit der Hand auf dem Oberschenkel war auch nicht übel gewesen. Er schmeichelte mir. Das war nett. Aber wir hatten uns vorgenommen normale Kumpels zu sein, vorerst. Ich hatte mir vorgenommen, dass ich mich von Die oder seinen Reizen erst einmal nicht mehr beeinflussen lasse. Wir waren Freunde, nicht mehr. Jetzt nicht. Hier und jetzt waren wir Kumpels wie eh und je. Also sollten wir uns auch benehmen wie solche. Scherze gehörten dazu, aber was machten Kumpels denn noch so? Ah ja! „Die?“ Ich knuffte ihn mit dem Ellbogen in die Seite. „Los, komm, wir fahren zu mir und spielen Metroid Prime. Ich hab keinen Bock mehr auf Kneipe.“ „Ist gut, ich trink nur schnell leer.“ Er hob das Bierchen und kippte es weg. Hatte er etwa geübt? Der Wahnsinn. „Hast du auch Mario Kart?“, blubberte er, als wir zum Bezahlen an die Bar wackelten. „Ja, sicher!“, nickte ich begeistert zurück. Ich liebte das Spiel. „Ich will aber Mario sein, klar soweit?“ Die schmiss ein paar Scheinchen auf den Tresen, grinste Sayuri an und legte den Arm um meine Schultern. Dann winkte er übertrieben und schob mich nach draußen. Vielleicht hatte er doch schon mehr getrunken, als ich dachte? „Die, wie wäre es, wenn ich fahre und du lässt dein Auto stehen?“ „Nee, nee,“ winkte er ab. „Das geht schon. Ist ja nicht so, als könnte ich meinen Führerschein verlieren. Ich hab nämlich gar keinen!“ Herzattacke! „WAAAS?!“ „Kleiner Spaß,“ kicherte Die. „Pflanz dich in deine Möhre. Wir treffen uns bei dir.“ Schwups, saß er auch schon in seinem schicken Flitzer und dampfte davon. Kopfschüttelnd kletterte ich in mein Vehikel und düste los. Als ich ankam, hatte Die schon fein säuberlich das Auto am Straßenrand geparkt und lehnte daran, während er eine rauchte. Das musste man ihm lassen. Sogar mit Alkohol im Blut stand das Auto wie eine Eins. Da sollte noch mal jemand sagen, ich hätte keinen femininen Touch, so wie ich parkte! Diesmal gab ich mir richtig Mühe und nachdem das Auto ohne Schäden in der Tiefgarage stand, lief ich zurück zu Die. „Mann, Kao, du fährst wie meine Oma. Hey, wenn du beim Mario Kart auch so ein Loser bist, dann wird es ja richtig langweilig!“ „Herr belieben zu scherzen, hm?“ Wollte der mich provozieren oder was? „Ich bin der absolute Champ beim Mario Kart. Dagegen ist Michael Schumacher eine Oberflasche!“ Lachend liefen wir die Treppen hoch und ich öffnete die Tür zu meinem Reich, woraufhin Die erst ins Badezimmer, dann in die Küche stürmte. Bewaffnet mit drei Dosen Cola kam er zurück. „Willst du kein Bier?“, fragte ich, weil ich zwar wusste, er brauchte seine Dosis an Koffein, aber Bier konnte das normalerweise noch übertreffen. „Nein, ich muss mit allen Sinnen bei der Sache sein,“ quakte er zurück und machte gleich mal Fernseher und GameCube an. „Hast du vielleicht noch ein paar Chips? Ich hab Hunger.“ Vielfrass! Na, egal, ich hatte mich eingedeckt mit genau diesen Dingen. Außerdem liebte ich Chips! Mit drei Packungen in den Armen lief ich zurück zu Die und packte mich neben ihn, der mir auch gleich ein Pad in die Hand drückte und eine Tüte Chips aus den Händen riss. „Sind das die Extrascharfen?“ „Yup, du müsstest Chili haben, aber ich hab auch noch mit Zwiebel oder Käse, wenn du willst?“ Ich öffnete die Käse-Sorte und schnupperte schon mal dran, bevor ich ein paar davon im Mund verschwinden ließ. „Nö, nö, ich bleib bei Chili. Ich steh auf Scharfes! Drückst du mal endlich auf Start?“ „Ja, ja, ich mach ja schon.“ Auf los ging’s los. Die spielte als Mario und ich hatte diesen kleinen Dino, Yoshi oder so. Bei dem Spiel war ich wirklich nicht schlecht, zumindest fuhr ich da besser als im wahren Leben. Da fuhr ich auch nur manchmal so beschissen wie heute. Es war kein Vergleich gegen Kyo, der ein Auto locker zur Verzweiflung bringen konnte. Die Zeit verging wie im Flug beim Spielen und beinahe hätte mich Die sogar geschlagen. Als ich die Ziellinie als Sieger überquerte, riss ich die Arme in die Luft und jubelte so lauthals, dass ein paar Krümel Chips aus meinem Mund flogen. „Ich bin der Beste! Yeah! Keiner kann mich schlagen,“ sang ich und wurde von Die in die Seite gepiekt. „Hey, lass das, du schlechter Verlierer.“ „Du hast gemogelt. Das kann nicht sein!“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und zog eine Augenbraue nach oben. „Jemand, der wie meine Oma fährt, kann nicht mit rechten Dingen ein Rennen gewinnen.“ „Oooch, armes Die-chan,“ nahm ich ihn auf den Arm und lachte, denn anstatt wie Die Cola zu trinken, hatte ich mir doch schon zwei oder drei Bierchen eingegossen. „War deine Oma mal eine berühmte Rennfahrerin? Uff!“ Die boxte mich in die Seite. „Nein, du Doof. Sie war Krankenschwester.“ Er seufzte und fing an zu lachen. „Na, ja, vielleicht habe ich unterschätzt, dass sie jahrelang Rollstühle schieben musste. Ah!“ Dafür verdiente Die auch eins in die Seite. „Sieh doch einfach ein, dass du mich nicht schlagen kannst beim Mario Kart!“ „Vielleicht,“ zuckte er mit den Schultern und trank seine Cola aus. „Aber nicht beim Street Fighter. Da mach ich dich allemal kalt.“ „Das wollen wir doch erst mal sehen!“ Ich griente ihn höhnisch an. „Soll ich anmachen? Dann kannst du mir ja zeigen, wie gut du bist.“ „Ja, nee, lass mal,“ winkte er ab und schmunzelte mich merkwürdig an. Auf dem Fußboden sitzend hatte er die Beine verschränkt und stützte sich mit den Handflächen nach hinten lehnend ab. Ein Bild war das! Zum Anbeißen! „Warum? Angst? Oder bist du einfach nur schlecht?“ Provozierend verzog ich meinen Mund zu einem schiefen Lächeln. „Nei-hein. Ich bin sogar sehr, seeehr gut, aber...“ Er setzte sich auf und wand den Blick auf die Uhr. „...es ist schon wahnsinnig spät. Gleich 3 Uhr und selbst die Cola hält nicht mehr lange an um mich wach zu halten.“ „Soll ich Kaffee kochen?“ Müde war ich nämlich noch gar nicht und ich wollte auch nicht, dass Die schon geht. Es war doch gerade so lustig gewesen. „Nein, Kao, danke,“ lachte er und erhob sich stöhnend. „Ich fahr jetzt besser Heim. Aber du kannst ja sicherheitshalber einkaufen gehen. Cola und Chips. Denn...“ Er machte eine dramatische Pause, nachdem er mir den Rücken gekehrt hatte, drehte sich noch einmal um und grinste. „Ich komme wieder.“ Kopfschüttelnd lachte ich und brachte auch mich in eine aufrechte Position. „Na gut. Du hättest auch hier schlafen können...“ Gerade wurde mir bewusst, dass das schon eine recht komische Situation war um dieses Angebot zu machen. Gestern noch wäre es vollkommen normal gewesen. Ich hätte ihm eine Decke in die Hand gedrückt und ihm viel Spaß auf dem Sofa gewünscht. Heute kam ich mir auf einmal so dämlich vor. Ich wollte ihn doch nicht flachlagen – na, doch, aber nicht wirklich. Jetzt nicht. Argh. Die lachte nur kopfnickend und schnarchte fast dabei, als er sich die Schuhe anzog. „Ich mach dir ein anderes Mal wieder Frühstück.“ Situation gerettet. Und das mit Doppeldeutigkeit. Ein Versprechen zum Frühstück klang doch fast wie eine Einladung zum Sex, oder? „Ich nehme dich aber beim Wort.“ Das war ein Punkt für Niikura. Ich nahm seine Einladung quasi an. Warum auch nicht? Die war echt ein Schätzchen. „Das kannst du auch,“ antwortete er und machte die Tür auf. „Also dann, Kao. Ruf mich an.“ „Geht klar,“ nickte ich und sah zu, wie er die Treppen hinunter lief, bis er ganz verschwunden war. Erst dann schloss ich wieder die Tür und lief zum Fenster im Schlafzimmer. Nur von dort aus konnte ich die Straße sehen und wie Die ins Auto stieg und losgurkte. Lächelnd seufzte ich und ging zurück ins Wohnzimmer, räumte GameCube und Spiele weg, sowie leere Coladosen, Bierflaschen und Chipstüten. Dann setzte ich mich auf das Sofa und lehnte meinen Kopf weit nach hinten, so dass ich die Zimmerdecke anstarren konnte. Warum schlug mein Herz nur so schnell? Ich war ganz aufgeregt, wie kurz vor einem Auftritt. Dabei müsste ich doch eigentlich todmüde sein. Was für ein Tag! Ich hatte Die geküsst. Das war ja eigentlich total schön gewesen, heiß und der absolute Wahnsinn eben! Dann hatte ich mich dafür entschuldigt, weil er sauer war, was eine weniger schöne Erfahrung gewesen war. Dabei hatte ich erfahren, dass Die nicht nur Mädels, sondern auch Männer mochte, was ein ganz schöner Schock gewesen ist. Nicht, weil es mich störte, nein, ganz im Gegenteil. Vielmehr, weil ich ihn doch schon so lange kannte und es nicht einmal wusste. Vertraute er mir denn nicht? Er wollte es geheim halten um sich selbst und der Band nicht zu schaden, aber es tat mir schon ein wenig weh, dass er uns nicht vertraute – mir, mir nicht vertraute. Andererseits war ich ja nun der Erste und Einzige, der davon wusste. Das war auch wieder schön. Hm, warum hatte ich eigentlich ein Dauergrinsen im Gesicht? Ich war irgendwie ganz aufgedreht, aber glücklich. Mann, schon halb vier und ich sollte so langsam doch mal ins Bett. Nur wie sollte ich denn schlafen bei diesem merkwürdigen Kribbeln in meinen Adern? Sehr seltsam. So etwas hatte ich höchst selten. War ich krank? Meine Wangen waren ganz heiß und meine Hände irgendwie kalt. Vielleicht sollte ich noch eine rauchen zur Beruhigung? Gute Idee. Also schnappte ich mir eine Kippe vom Tisch und ging raus auf den Balkon. Wieder lächelte ich vor mich hin und ertappte mich sogar dabei, wie ich unseren, Dies und meinen, Song vor mich hin summte. Das störte mich aber auch nicht und ich machte unbeirrt weiter. Ob Die wohl schon zuhause war? Es war ganz schön kalt nachts draußen. Nachdem ich fertig war auf dem Balkon und auch etwas zitterte vor Kälte, besuchte ich noch kurz mein Badezimmer, bevor ich mich in mein Bett kuschelte mit dem festen Vorsatz zu schlafen. Nur leider tauchte immer wieder dieselbe Person vor meinem geistigen Auge auf, sobald ich die Augen schloss. Ja, Die. Die war nämlich toll. So einen Freund zu haben war wie ein Sechser im Lotto, auch wenn das Rotschöpfchen manchmal auch nicht ganz auf dem Level war. Aber wenn er lächelte... hach. Es war schon verständlich, dass ihn so viele Mädels gut fanden. Mich fanden die meisten wohl eher nicht gut, aber dafür fand Die mich vielleicht besser als die Mädels. Ätsch. Er hatte ja nicht direkt gesagt, dass er von mir abgeneigt sei. Gut, so jetzt von Zuneigung war da auch nichts gewesen, dass er erwähnt hätte außer vom freundschaftlichen Aspekt her. Oh, ich würde Die zu gerne noch mal küssen. Vielleicht war ich wirklich schwul? Warum aber nur vielleicht? Warum gab es keinen Richter, der mich schwul sprechen konnte? Ganz einfach: ich war mein Richter! Es lag in meinen Händen, ob ich es sein wollte oder nicht, ob ich Angst vor Vorurteilen hatte oder mich nicht beirren ließ bei dem, was mein Körper mir sagte – was mein Herz mir sagte. Ende Kapitel Acht ... Mir wäre ja brechschlecht, wenn ich Chips essen müsste... x_x’ Mehr nächstes Mal. Ich bin zu müde einen euphorischen Kaoru zu schreiben. ;) ~9~ --- Danke für das nette Feedback, ich hatte mein 8. Kapi gar nicht so toll eingeschätzt. Der Dank gehört euch! Freut mich, wenn’s euch gefallen hat. *insert Grinseface hier* Kapitel Neun Als die Sonne aufging, starrte ich gerade mal wieder an die Zimmerdecke. Damit hatte ich bereits die halbe Nacht verbracht. An Schlaf war kaum zu denken. Immer, wenn ich dann doch mal eingepennt war, sah ich Die und spürte unseren Kuss, da war ich auch schon wieder wach. Nicht mal einer meiner feuchten Träume von Sex mit ihm! Nein, nur kurze Momente und dann Schlaflosigkeit. Die Zeit hatte ich aber gut zum Nachdenken nutzen können, denn irgendwie wurde mir auf einmal klar, warum ich so derb nervös war, mein Herz bis zum Hals schlug und ich dauernd an Daisuke denken musste. Ich war verliebt in ihn. Bei allem, was mir heilig war, ich war mir sogar sicher. Schon einige Jährchen hatte ich nun doch schon auf dem Buckel und wie sich Verliebtheit anfühlte, das wusste sogar ich. Nur hätte ich nie gedacht, dass ich mich überhaupt jemals wieder verlieben würde. Vielleicht sogar richtig lieben? Nicht nach meiner einzigen, richtigen, dauerhaften Beziehung, die vor etwa drei Jahren endete. Damals war ich bereits sogar verlobt und zwar mit der tollsten Frau in ganz Japan. Das dachte ich zumindest, denn sie war alles, was man sich als Mann wünschen konnte. Klug, sah gut aus, war verständnisvoll und konnte kochen. Ich erlaubte ihr sogar von Zeit zu Zeit mit ins Studio oder gar auf Tour zu kommen, was ich normalerweise nicht für gut hielt. Alles war super und nachdem wir sogar über unsere Zukunft, eine gemeinsame Wohnung, sogar Kinder gesprochen hatten, fragte ich sie, ob sie meine Frau werden wollte. Damals waren wir bereits fast vier Jahre zusammen und sie sagte auch ohne jegliches Zögern ja. Also planten wir zur Feier des Tages ein kleines Privatfest für zwei. Ich musste natürlich vorher zur Arbeit, das hieß ins Studio, wo ich auch gleich allen und jedem erzählte, dass ich heiraten wollte. Alle freuten sich, klopften mir auf die Schulter und ich war richtig stolz. So sollte es doch sein, das Leben, oder nicht? Mann heiratet Frau. Ehepaar bekommt Kinder. Familie kauft Hunde und alle leben glücklich in einem Häuschen mit weißem Gartenzaun. Klar, dass ich das auch wollte – nicht mit dem Herzen, aber mit dem Hirn. An jenem Tag verließ ich das Studio sogar früher als die anderen, fuhr nach Hause und bestellte etwas zu essen, was auch prompt eine halbe Stunde später geliefert wurde. In der Zeit hatte ich mich geduscht, rasiert, parfümiert, enthaart und Gott weiß was noch. Jedenfalls stand ich schnieke gebügelt da und platzierte das Essen auf dem Tisch mit Servietten, Silberbesteck, Kerzen, Weingläsern und natürlich dem dazugehörenden Rotwein. Ich hatte mir eine Zigarette angesteckt – die letzte, danach wollte ich aufhören zwecks Familiengründung und so – und saß wartend am Tisch. Es verging eine Stunde, dann waren es schon zwei. Wieder und wieder schaute ich auf die Uhr, aber egal welche, alle zeigten dieselbe Zeit an. Ich war immer wieder zum Fenster gelaufen in der Hoffnung, sie würde jeden Moment um die Ecke biegen in ihrem kleinen gelben Flitzer, aber Fehlanzeige. Das Essen wurde kalt und wenn ich versuchte, sie auf dem Handy anzurufen, war der Teilnehmer nicht erreichbar. Schreckliche Gedanken gingen mir durch den Kopf, ob ihr wohl etwas passiert sei, aber ich beruhigte mich, denn dann hätte ich sicher bereits eine Nachricht von irgendwoher. Diese eine Nacht hatte ich auf dem Sofa verbracht, halb sitzend, halb liegend. Erst früh am Morgen war ich doch eingeschlafen und wurde unsanft von der Türklingel geweckt. Mir gingen tausend Dinge durch den Kopf. Was, wenn ich die Tür aufmachte und die Polizei stand davor um mir zu sagen, dass ihr etwas passiert war? Mit zitternden Händen machte ich auf. Da stand meine Verlobte und zwar nicht allein. Hinter ihr stand ein riesiger Europäer mit einem merkwürdigen Namen, Pierre oder Marque oder so ähnlich. Sie stellte ihn mir nämlich vor, direkt nachdem sie mir den Verlobungsring in die Hand gedrückt hatte mit einem bittersüßen „tut mir leid“, weil sie der Meinung war mich nicht heiraten zu können. Ich konnte zu dem ganzen Szenario gar nichts sagen, stand wie versteinert in der Tür und starrte abwechselnd von ihr auf den blonden Hans daneben. Keine Ahnung, was genau ihre Worte waren, aber sie traf sich wohl schon länger mit dem blauäugigen Fatzken und ich solle mir nichts vormachen, denn es hätte eh nie funktioniert zwischen uns. Dann machte sie mir Vorwürfe, dass meine Arbeit mir wichtiger sei, Dir en grey viel zu zeitaufwändig und ich doch sowieso meine Freunde über sie stellte. Tja, nachdem sie ihr Gewissen sozusagen erleichtert hatte, verschwand sie mit ihrem neuen Stecher und in mir zerbrach eine Welt. Wie viele Jahre hatte ich gerackert um das zu haben? Und sie nahm mir alles in einem einzigen Augenblick! Besten Gewissens hatte ich mir Mühe gegeben eine Frau zu haben, eine Beziehung zu führen, den Stolz meiner Eltern zu ergattern – das alles war auf einmal futsch. Als mein Vater davon erfuhr, nannte er mich einen Versager. Recht hatte er. Am liebsten hätte ich mich die nächsten drei Jahre lang in meinem Schlafzimmer eingesperrt und meine Ganesa gequält. Aber sie erinnerte mich wenigstens an die wahren Dinge in meinem Leben. Ich hatte Erfolg. Also stürzte ich mich in die Arbeit! Vorher ging ich noch beim Tätowierer vorbei und ließ mir mein erstes Tattoo stechen. Schmerz mit Schmerz bekämpfen. Auch damals hatte sich Die als guter Freund erwiesen, der meinte, ich solle den Kopf nicht hängen lassen. Kyo war der Meinung, dass es so hatte kommen müssen, weil sie ein Rad ab hatte. Das von Kyo. Naja. Tröstende Worte hatte auch Toshiya, der sie eine „miese Schlampe“ nannte und Shinya zuckte mit den Schultern, was auch immer das hieß. Nur Die lächelte mich mutmachend an, gab eine Runde Maccy, Kippen und Bier aus und sagte, es läge viel Arbeit vor uns. Damals machte mir das wirklich Mut, denn es waren genau die Dinge, die ich liebte, die er aufgezählt hatte. Nach dem Scheitern dieser Beziehung hatte ich mich offiziell als beziehungsunfähig erklärt. Ich war mürrischer als früher und selten fand ich überhaupt ein Mädel toll. Wenn wir ausgingen und ich doch mal eine abbekam, die mir nicht vom Hals wich, zwang ich mich sie flachzulegen. Das gab mir nichts, rein gar nichts, also ließ ich es nach dem zweiten oder dritten Mal. Ich war der Meinung, mit meiner sogenannten ‚großen Liebe’ auch meine Lust an Weibern verloren zu haben und jeder schluckte das, bedauerte mich sogar, selbst ich. Denn ich machte mir was vor. Nicht sie war schuld, nein ich und mein Streben danach geliebt zu werden. Warum wurde mir das aber jetzt erst klar? Weil ich mich nach all den Jahren gerade in den Menschen verliebt hatte, mit dem ich am wenigsten gerechnet hätte. Alle Symptome waren da. Tagträume, Herzklopfen, Verwirrtheit. Und sie waren so schlimm, wie nie zuvor. Ob ich mich nun als schwul deklarieren wollte, als bisexuell oder sonst was, das war alles gar nicht wichtig. Wichtig war, ich hatte extrem starke Gefühle für meinen rothaarigen Freund und Gitarristen und dem sollte ich Luft machen! Euphorisch schwang ich die Beine aus dem Bett und stapfte ins Badezimmer direkt unter die Dusche, wo ich mich erst einmal gründlich einseifte. Gutes Glück, dass Die offensichtlich bisexuell war und demzufolge nicht abgeneigt. Jedenfalls hatte er nicht den Eindruck gemacht. Er glaubte mir lediglich nicht, dass ich Männer mochte. Mochte ich ja auch nicht – nur Die eben und dem würde ich das sagen. Da hatte er seinen Beweis. Ich war in ihn verliebt und wenn das nicht zählte, dann solle er sich mal Kao-chan ansehen beim Gedanken an Die-sama! Übermotiviert stylte ich mich, fönte mir die nicht vorhandenen Locken, sprühte kräftig Haarspray ins Pony und zog mir mein bestes, liebstes, schickes, schwarzes Hemd an. Ja, fehlten ja nur noch Boxershorts und Hose, ne? Ach, und Socken! Das alles fand ich dann auch nach einer Weile und als ich endlich fertig war, sah ich auf die Uhr. 7.24 Uhr am Morgen. Die würde mich ohne zu zögern umbringen, wenn ich ihn jetzt aus dem Bett warf. Andererseits konnten manche Dinge nicht warten. Vielleicht wäre er froh über meine Erkenntnis und ich könnte ihm meine Dankbarkeit demonstrieren. Ach, ich fantasierte schon wieder, aber was sollte ich denn machen? Ich wollte Die und ich wollte nicht mehr warten! Alle Ängste und Befürchtungen über Bord geworfen, düste ich los, hielt aber vorsichtshalber noch beim Bäcker meines Vertrauens an. Ich wollte lieber mir frischen Brötchen im Arm dastehen, nur um sicher zu gehen, dass ich erst zu Wort kam, bevor mich Die killte wegen die frühen Störung. „Wunderschönen guten Morgen“, begrüßte ich meine Lieblingsbäckerfrau, die genauso dick wie nett war – sehr! Sie schmunzelte mich an wie immer. „Kaoru-san! Das ist ja mal eine Überraschung. Mit solch einem strahlenden Lächeln so früh unterwegs?“ „Ja, jaaa~.“ Bei der Frau musste man einfach zurück schmunzeln. Sie war zwar schon alt, aber zur Weihnachtszeit schenkte sie mir manchmal einen Lebkuchen. Dafür liebte ich sie abgöttisch! „Ist doch ein schöner Tag, hehe. Gibst du mir bitte vier Semmeln?“ „Kommen sofort“, lachte sie und packte einen nach dem anderen in eine Tüte. „Aber sag mal, was ist das für ein neues Lächeln, Kaoru? Das ist so anders. Du siehst so... glücklich aus.“ Sie neckte mich, aber es war auch angenehm, obwohl ich merkte, wie meine Wangen warm wurden. Die Frau war wie eine Mama oder Oma, wie ich sie mir immer gewünscht hätte. „Ich bin ja auch nicht unglücklich“, grinste ich zurück. „Ich hab so etwas wie ein Rendezvous.“ „Am frühen Morgen?“, hollerte sie und überreichte mir die Tüte mit den Semmeln. „Die Jugend von heute. Geht man denn nicht mehr am Abend miteinander aus? Zum Frühstück hätten wir uns früher nicht verabredet. Oder wart ihr gar gestern schon aus?“ Als ich ihr das Geld für die Brötchen gab, fragte ich mich, wie das denn zu verstehen war? Oh Gott! Dachte sie etwa...? „Nein, nein! Ich fahre zu jemand und will ihn überraschen. Da kommt man ja nicht mit leeren Händen, oder?“ „Da hast du wohl recht“, sagte sie. „Also dann guten Hunger euch beiden.“ Sie winkte mir und lächelte liebenswürdig, als ich mich mit den Semmeln im Arm verbeugte. „Ich richte es aus. Danke.“ „Beste Grüße des Hauses auch an deinen Freund“, hörte ich sie sagen, als ich bereits die Tür zumachte. Hatte sie gerade Freund gesagt? Erst jetzt fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich hatte ihr von einem Rendezvous erzählt und dass ich IHN überraschen wollte. Wow. Und das hätte ich beinahe noch nicht einmal bemerkt. Ich musste lachen, als ich ins Auto stieg und den Motor startete. Weder mich noch die gute Bäckersfrau störte es also, wenn ich ein Date mit einem Kerl hatte. Auf zu Die! Es war fast halb neun, als ich endlich ankam. Der Stadtverkehr am frühen Morgen war der helle Wahnsinn, wo Die doch erst schon am Arsch der Heide wohnte. Ich schnappte mir die warme Tüte und kletterte aus dem Wagen. Das Tor war offen. Merkwürdig, wo Die doch immer so auf seine Sicherheit achtete. Vielleicht war der Gärtner gerade da? Konnte gut möglich sein, denn im Hof parkte ein alter Mitsubishi. Vor Dies Haustür angekommen, drückte ich auf die Klingel und wartete. Was wollte ich ihm eigentlich sagen? Überraschung, Frühstück, ach, und ich liebe dich? Ach Gott, nein, so ging das nicht. Guten Morgen wäre als Anfang gut. Und wenn er dann fragte, was ich hier wollte, würde ich sagen, dass ich mit ihm reden müsse. Beim Frühstück! Genau. Guter Plan, Kaoru. Dauerte ziemlich lange bis Die aufmachte, also drückte ich sicherheitshalber noch mal auf den Klingelknopf. Endlich, nach einer halben Ewigkeit, wurde die Tür auch geöffnet. Allerdings nicht von Die. Vor mir stand stattdessen Shinya – ja, genau, DER Shinya – nur mit knappen Unterhosen und einem Gähnen bekleidet. Mein Hirn konnte das gerade nicht aufnehmen, denn da stand nicht Die, nein, sondern Shinya, der Drummer meiner Band und hatte außer seiner Unterhose nichts an. Am frühen Morgen – noch einmal zum Mitschreiben – stand ein halbnackter Shinya in Daisukes Haus. Gott, verdammt! Ich presste die Lippen zusammen, bis sie weiß wurden. Was für ein Idiot ich doch war! Shinya! Ja, klar! Deshalb war Die immer so versessen darauf den Kleinen zu ärgern. Weil er ihn vögeln wollte, nicht mich! Warum sollte er auch? Ich war ja nur der blöde Bandleader mit dem Ziegenbart. „Kaoru? Was machst du denn hier um die Zeit?“, fragte mich Shinya ganz benommen, als er hätte er die halbe Nacht nicht geschlafen. Wahrscheinlich nicht, denn wann ist Die nach Hause? Kurz vor drei Uhr und morgens um halb neun stand ein Typ in seiner Wohnung – alle Achtung. „N...nichts, “ stotterte ich, weil mir keine passende Ausrede einfiel. „War zufällig in der Gegend.“ Mein Stimme krächzte auffallend und ich musste aufpassen, dass ich nicht ganz und gar schluchzte. Diese Situation war ja fast so schlimm wie die mit meiner Ex und dem Europäer. Auf einmal hörte ich Die im Hintergrund. „Wer ist es denn?“ Ich riss die Augen auf, denn ich wusste genau, was jetzt passieren würde. Shinya drehte sich um rief lautstark ins Haus hinein: „Kaoru!“ Noch nie in meinem ganzen Leben hatte ich Shinyas Stimme als so laut empfunden, wo er doch meist nur so leise piepste. Ha, aber als ob das Ganze nicht schon beschissen genug war, denn ich hatte ja bereits zwei Messer in der Brust stecken, nein, aller guten Dinge waren schließlich drei. Und das dritte Messer rammte mir auf direktem Weg mein guter Die mitten ins Herz, als ich hörte, was er von drinnen im Haus folgendes Wort von sich gab: „Scheiße.“ Ein klassisches, trockenes, aber doch sehr ausdrucksstarkes ‚Scheiße’ war alles, was ich noch brauchte. Ich drückte Shinya die Tüte mit den Semmeln in die Hand und drehte mich um. „Hier. Könnt ihr essen. Ich muss los.“ Mit jedem Schlag, den mein Herz tat, machten meine Füße einen weiteren Schritt und ja, mein Herz raste. Nur kam mir alles wie in Zeitlupe vor, den ich konnte gar nicht schnell genug weg. „Kao, wart doch mal. Was wolltest du denn eigentlich hier?“ Shinya hatte natürlich keinen Plan, aber es war mir auch scheißegal. Seine Stimme verblasste in meinen Ohren, als ich ins Auto stieg und davonfuhr. Kein Blick zurück. Ein Volltrottel wie ich musste sich das nicht geben. Gott, warum brannte es denn so dämlich in meinen Augen? Schluss damit! Ich würde nicht flennen. Nicht wegen dem da, diesem schrecklichen, dummen, rothaarigen... Ding! Ich war ja so blöd, so unglaublich blöd! Ich doofe Nuss hatte mir Sorgen gemacht, dass Die vielleicht auf Kyo stand, aber wo war ich denn zu Hause? Klar doch! Shinya war es, dem Die ständig auf die Eier ging – wohl auch im wahrsten Sinne des Wortes. Noch dämlicher als ich konnte niemand sein auf dieser Welt. Ich hatte mir ernsthaft Hoffnungen gemacht, aber nur weil Die auch auf Kerle abfuhr und ich in ihn verliebt war, was so schon unglaublich großer Zufall war, musste es ja nicht heißen, dass er auch etwas für mich empfand. Er schien mich attraktiv zu finden, das war auch schon alles. Zumindest das hatte er doch selber gesagt, oder? Vielleicht hatte er mich auch nur angelogen, damit es mir besser ging. Das ganze Gelaber von wegen sich öffnen und blah, das war doch alles Schwachsinn. Da öffnete man sich und was hatte man davon? Einen halbnackten Shinya, dem ich auch noch meine frischen Semmeln geschenkt hatte. Mahlzeit. Lasst es euch schmecken! Ich rammte die Hand gegen mein Lenkrad, auch wenn ich gerade mitten im größten Stadtverkehr beim Hupkonzert mitmachte. Wieder wurden meine Augen so ekelhaft feucht und brannten, also drehte ich meine Manson-Musik noch lauter. Warum musste mir das passieren? Was hatte ich denn verbrochen? Und wohin sollte ich jetzt flüchten, wenn Arbeit mit Die verbunden war? Das tat weh. Das tat richtig weh und sollte Die mit Shinya mehr haben als nur die Vögelei, dann wäre ich vielleicht nicht in der Lage weiterhin mit ihnen in derselben Band zu sein. Nein! Soweit durfte es nicht kommen! Ich musste mich beherrschen. Es war doch nur Schmerz. Daran gewöhnte man sich doch! Wie ich das allerdings vollbringen sollte, war mir unklar. Nach einer ewig langen Zeit war ich wieder Zuhause angekommen und schmiss alles von mir. Die Autoschlüssel flogen in die erstbeste Zimmerecke, dann wischte ich mir fluchend mit dem Hemdsärmel über die Augen und unterdrückte ein Schluchzen. Nein, absolut kein Weg führte dahin, dass ich heulen würde. Es tat zwar verdammt weh, wo ich doch gerade noch so glücklich gewesen war, alle Zweifel über Bord geworfen und mich bekannt hatte, in Die verliebt zu sein. Und jetzt war wieder einmal alles im Arsch. Verdammt! Ich schwang meine Faust gegen die nächste Wand und auch wenn es barbarisch wehtat, war es mir echt egal. Nichts tat mehr weh als mein Herz im Moment. Ich rupfte das Hemd vom Körper und zog die Hose aus, bevor ich mir mein Lieblings-T-Shirt in XXL überwarf und ins Wohnzimmer marschierte. Dort forstete ich nach Resten vom Vorabend. Nach einem kleinen Schluck aus der Whiskeyflasche überlegte ich mir eine bessere Taktik zur Problemlösung als Alkohol. Die Idee kam mir, als ich mich umsah. Putzen! Ich kramte den Staubwedel raus und begann damit wie ein Irrer herum zu wirbeln. Irgendetwas fehlte allerdings noch. Genau! Laute Musik fehlte! Dummerweise waren alle guten CDs im Auto und Die hatte unseren neuen Song, den ich natürlich sowieso nicht hätte hören wollen. Was ich fand, war lediglich eine alte Single, die zu allem Übel auch noch von uns war. Na, war ja egal. Zu meiner Stimmung passte es allemal und ich hasste diesen Song ja sowieso gerade wegen des Titels. Hass war gut. Hass war besser als Verzweiflung oder Trauer. Rein damit! Als die ersten Töne von Kyo erklangen, drehte ich laut. Schade, dass ich ‚CLEVER SLEAZOID’ nicht da hatte. Es sah wirklich so aus, als müsste ‚Ain’t Afraid to DIE’ reichen! Und ab ging er, der Meister Kaoru! Nachdem ich innerhalb kürzester Zeit Staub gewischt und die Küche gebohnert hatte, machte ich im Badezimmer weiter. Ich schrubbte den Fußboden, die Toilette und die Armaturen, bis alles blitzblank war und glänzte. Danach nahm ich mir die Fenster vor. Das Geräusch, dieses Quietschen vom Auf- und Abwischen am Glas, beruhigte mich ungemein und war wie Engelsgesang im Moment. Es vertrieb Die temporär aus meinem Geiste, auch wenn er im Unterbewusstsein immer wieder sein ‚Scheiße’ wiederholte. Das hatte er gesagt, als er von mir erfuhr. Tja, scheiße, Kaoru hatte alles mitbekommen. Der dumme Kaoru stand da und nervte! Pft. Die konnten mich alle mal kreuzweise! Gott, ich hasste es, wenn es in den Augen stach. Grimmig rubbelte ich über das Glas und freute mich bereits auf meine nächste Aufgabe. Staubsaugen! Ich holte meinen Hoover aus dem Abstellraum und machte ihn startklar. Mit einem Aufheulen des kleinen Saugwunders begann ich die Düse über den Teppich zu driften, hin und her und auf und ab. Ja, stirb, Schmutz, stirb!! Gah! Wer zur Hölle hatte dieses verdammte Gitarrensolo in den Song eingebaut? Das ging direkt in Mark und Bein, aber ließ mich nur noch stärker über den armen Teppich scheuern. Plötzlich verstummte mein kleiner Freund und ich knurrte. Was zum Henker? Ich drehte mich um und starrte in Dies Visage, seine unschuldigen braunen Äuglein und das zaghafte, unsichere Lächeln. Der Stecker das Staubsaugers baumelte in seiner Hand und ich sandte einen eisigen Blick zu dem Rotschöpfchen. Der Mistkerl hatte noch immer meinen Haustürschlüssel. Ich wollte ihn gern anschreien, ihm sagen, dass er sich verpissen sollte und ich wollte meinen Schlüssel wieder. Leider kam kein Ton aus mir raus. „Na, du bist ja hart am Rackern so früh am Morgen“, sagte Die unsicher und suchte das Gespräch zu mir. Darauf würde ich mich aber nicht einlassen. Einschleimen konnte er vergessen. Alles war bestens, richtig? „Frühjahrsputz“, presste ich zwischen meinen Lippen hervor. „Ist doch aber schon Oktober.“ Ganz ein Schlauer! Ich zuckte nur kurz angebunden mit den Schultern und sah zu, wie Die von einem Fuß auf den anderen hoppelte. Nervös, he? Mir egal. „Kannst du mal die Musik leiser drehen?“ Auch noch Ansprüche stellen! Die Augen verdrehend, machte ich die Stereoanlage etwas leiser und zischte kurz: „Besser so?“ Die lächelte vorsichtig. „Mich wundert ja schon, dass du so früh auf bist. Es war doch relativ spät gestern und Shinya sagte, du wärst vorhin—“ Also hier musste ich ihn unterbrechen. „Du bist doch auch wach, oder? Und ich hatte eben zu tun.“ Er nickte kurz und wusste offensichtlich nicht, was er sagen sollte. Er könnte es sich doch einfach sparen. In Wahrheit war ich zwar sauer, gekränkt, tieftraurig, aber ich hätte das Die gegenüber sowieso nicht eingestanden. Er musste das nicht wissen und offiziell ging es mir gut. Plötzlich holte er tief Luft. „Was wolltest du vorhin eigentlich bei mir?“ „Hatte ich Shinya doch schon gesagt“, brummte ich und legte endlich mal den Hoover zur Seite. „Ich war eben in der Nähe.“ Wieder nickte er und sah sich um. Normalerweise legte er seine Jacke ab, zog die Schuhe aus und holte sich eine Cola. Nicht heute, ob das wohl ein schlechtes Gewissen war? „Hör mal, Kao. Eigentlich... wegen vorhin. Das muss doch ziemlich komisch ausgesehen haben mit Shinya und so, deswegen—“ Wieder unterbrach ich. „Was soll komisch ausgesehen haben? Shinya?“ Ich hätte gerne noch einen dummen Spruch hintergedrückt wie ‚Shinya sieht doch immer komisch aus’, aber nach Shinyas Namen kam einfach nichts mehr aus meinem Rachen, was sich wie ein Wort angehört hätte. Ich hatte Bilder im Kopf, wie Shinya Die berührte und umgekehrt. Schnell lief ich zum Sofa, setzte mich und steckte mir eine Zigarette an. „Hm, ja. Nach gestern und all dem, was ich dir erzählt hab, könnte es durchaus einen falschen Eindruck erwecken, wenn er halbnackt in meiner Tür steht. Und weil du eben so schnell weg warst—“ Das mit dem Unterbrechen hatte ich voll drauf. Was ich nicht hören wollte, hörte ich eben nicht. Fertig. „Ich hatte noch zu tun“, grollte ich vor mich hin und starrte in meine Fernsehzeitung auf dem Couchtisch. Irgendwohin, nur nicht in Dies Augen, wollte ich schauen. Ganz leise seufzend ließ sich Die neben mir auf das Sofa fallen und ließ verkrampft die Ellbogen auf den Knien ruhen. „Hätte ja sein können, es macht dir was aus.“ Verdammt, warum hörte er sich jetzt traurig an? Ich war doch traurig. Wieso war er traurig, wenn es mir nichts ausmachte, dass er mit Shinya was am Start hatte? Mist, ich konnte meine Neugier nicht unterdrücken. „Und was, wenn mir es mir was ausgemacht hätte?“, fragte ich leise zurück und vermied noch immer ihn direkt anzusehen. Es reichte ja schon, dass ich ganz leicht nachgab. Ein Blick und ich würde ihm vielleicht alles verzeihen. Zu hoch war das Risiko. „Dann hätte ich das schon ziemlich blöd gefunden, denn ich hab ja nichts mit Shinya“, sagte er und da ich darauf erst einmal nichts Passendes als Rückäußerung wusste, schwieg ich. Die hingegen nutzte die Gelegenheit, holte tief Luft und fing an mich über einige Dinge in Kenntnis zu setzen. „Als ich letzte Nacht Heim kam, stand Shinya vor der Tür. Durch unseren kleinen Streit vorher war mein Handy aus, also hatte er mich nicht erreicht. Er wollte gerade wieder gehen, als ich nach Hause kam. Stand da wie ein begossener Pudel und ich fragte ihn, was denn passiert war. Das erzählte er mir dann drinnen. Anscheinend hat Shin was mit einer Frau am Laufen und hatte sie und ihre Freunde zum Essen da. Während des Essens gab es Streit und nachdem die anderen weg waren, ist die Sache eskaliert und die beiden haben sich gekracht ohne Ende. Kennst ja Shinya, anstatt die Alte rauszuwerfen, hat er Miyu ins Auto seiner Freundin gesteckt und ist damit zu mir gefahren. Nach einer Stunde ausheulen, konnte ich nicht mehr. Da war es fast halb fünf und ich hab ihn ins Gästezimmer gesteckt und bin ins Bett.“ Hier machte Die auch mal wieder eine Pause und schaute mich vorsichtig an. Auch ich drehte den Kopf leicht zur Seite und lächelte kurz abgemüht. Zwar war sein Versuch sehr gut, aber so ganz aussagefähig war das ja noch nicht. „Viel geschlafen hab ich trotzdem nicht.“ Aha! Nicht? Soso! „Miyu kam kurz nach sieben in mein Schlafzimmer und hat mir eine morgendliche Zungendusche verpasst.“ Die hätte ich ihm auch gegeben. Er hätte nur fragen müssen. Schwarzer Humor... egal. „Ich döste dann noch vor mich hin und... ja, dann klingelte es an der Tür. Als ich aber aus dem Schlafzimmer kam, hatte Shinya schon aufgemacht und meinte, du bist es.“ Genau hier waren wir wieder an dem Punkt angelangt, wo ich mich an das Wesentliche erinnerte. Dies Geschichte war ja ganz nett, aber begeistert war er nicht gerade von meinem Besuch gewesen. Das musste ich ihn wissen lassen, oder? Er sollte durchaus merken, dass ich nicht ganz dämlich war und doch noch so Einiges mitbekam. „Scheiße.“ War ein Anfang und brachte Die schon mal dazu sehr dümmlich zu gucken. „Du hast scheiße gesagt. Als Shinya sagte, dass ich es bin, sagtest du scheiße.“ Mehr Erklärung brauchte das eigentlich nicht. „Oh.“ Ja, oh. „Mir ist eben nichts anderes eingefallen.“ Ich nickte wehleidig. „Schon gut.“ „Nein, nicht gut.“ Diesmal schüttelte Die vehement den Kopf. „Mann, Kao, das ist nicht einfach. Sieh mal, ich hab dich gestern über so Manches über mich in Kenntnis gesetzt. Das nach einem Streit und einer Versöhnung und ja, dann stand Shinya da und heulte sich aus, ich hatte kaum geschlafen, weil mir dauernd Dinge im Kopf rumgehen. Dann komm ich aus dem Bett und da steht Shinya in Unterhose in meiner Haustür und sagt mir, du stehst davor. Scheiße. Genau das hab ich da gedacht. Denn zum einen muss man kein Genie sein um ein Bild davon zu haben, wie das für dich ausgesehen haben muss. Zum anderen hätte ich mir ganz sicher gewünscht, Shinya wäre gerade nicht da gewesen, aber der war nun mal da. Du hättest ihn letzte Nacht auch nicht weggejagt.“ Dies Stimme klang verzweifelt, nahe den Tränen und es zerriss mir das Herz! Hach, nein, er flennte nicht, aber allein der Klang seiner dümmlichen Stimme, die so langsam mehr oder weniger nicht mehr ein noch aus wusste, ließ mich dahinschmelzen. Ich musste lächeln. „Du Depp.“ „Äh?“ Er schaute mich erstaunt an und lächelte auch zaghaft. „Es würde DIR also was ausmachen, wenn die Szene heute Morgen den falschen Eindruck bei mir hinterlassen hat?“ Fragen schadete nicht. Er nickte und es drängt sich mir folgende Frage auf: „Warum?“ Er verleierte die Augen etwas albern. „Weil ich nicht will, dass du denkst, ich hätte was mit Shinya. Oder irgendeinem anderen. Weil...“ „Weil?“ Schwer zu beschreiben, wie ich mich fühlte mit all den plötzlich erwachenden Hoffnungen in mir. Dagegen konnte ich mich nicht wehren. „Weil ich der Erste sein will auf deiner Liste, falls du tatsächlich auch Männer magst.“ Sah ich da gerade jemanden rot aufleuchten? Diesmal waren es sicher nicht die Haare, die auf Dies Wangen schimmerten. „Der Erste und Einzige.“ Beeindruckend, dass er das ergänzte, auch wenn er dadurch noch drei Nuancen dunkler wurde in Hinsicht seiner Gesichtsröte. Ich musste lächeln. Das war einfach zu süß, lieb, nett, alles. Ich wollte ihn herzen und lieben und vögeln, am besten sofort. „Die.“ Mit dem Herzen, Lieben und Vögeln musste ich mir Zeit lassen, aber eine Sache musste ich jetzt tun. Da führte kein Weg daran vorbei und Die schaute etwas unsicher, nachdem ich einen solch ernsten Ton angeschlagen hatte. „Ich werde dich jetzt küssen und du wirst mir nicht wieder weglaufen. Hast du verstanden?“ Er brauchte eine Weile, bevor er verarbeitet hatte, was ich von ihm wollte. Seine Augen schauten etwas ungläubig, erwartend und auch unsicher, aber er nickte. Langsam beugte ich mich zu ihm hinüber und passte auf seine Reaktion auf, aber er wich nicht zurück, wenn er auch noch immer etwas skeptisch drein blickte. Als ich meine Lippen dann letztlich auf seine legte, schloss er die Augen und ich gab mich ganz und gar meiner Kunst des Lippenspiels hin. Diesmal war der Kuss ganz anders als beim letzten Mal, als ich Die quasi überfallen hatte. Jetzt küssten wir uns ganz langsam und fast schon vorsichtig, dafür war mein Gegenüber aber auch viel gelassener und erwiderte meinen Kuss ohne Zögern. Erst nach ein paar Momenten öffnete ich meinen Mund und Die tat es mir gleich, so dass ich endlich seine Zunge mit meiner berühren konnte. Egal, ob es nun ein langsamer, zärtlicher und liebevoller Kuss war, aber als ich ihn endlich schmecken konnte, schoss das Gefühl direkt bis nach unten zu Kao-chan. Herrlich kribbelte es in meinem ganzen Körper und ich legte meine Hand auf Dies Wange, bevor ich unterbrechen musste. Es gab da noch eine Sache, die ich ihm sagen wollte. „Mir ist es gleich, ob ich schwul bin oder bisexuell. Ich finde nämlich, dass es keine Rolle spielt, wie die korrekte Bezeichnung meiner sexuellen Neigung ist. Wichtig ist nur eines und zwar, dass ich dich verdammt gern hab.“ So ehrlich war ich schon lange nicht mehr gewesen ohne rhetorische Fehler zu machen und mich dabei gleichzeitig um etwa 3° Körpertemperatur innerhalb des Gesichtes zu steigern. Doch ich sah Die unentwegt in die Augen und wusste, dass es kein Irrtum oder Fehler war, den ich machte. Und mein Lollipop fing an zu strahlen. Er lächelte mich an und seine Augen leuchteten. Seine Wangen hatten einen schönen rötlichen Ton und er sah glücklich. „Kaoru“, flüsterte er, aber ich war mir nicht sicher, ob es Absicht war oder seine Stimme versagte. „Scheiße, aber ich glaube, ich hab mich ernsthaft in dich verliebt.“ Er lachte etwas verschämt, aber seine Augen verrieten, wie ernst es ihm war. „Glaubst du oder weißt du?“ „Weiß ich“, nickte er und ich strahlte ihn an mit meinen Beißerchen. „Meinst du etwa, Shinya war der Grund, warum ich die halbe Nacht nicht schlafen konnte? Nein, du.“ „Ach so ist das, “ grinste ich und lachte blöde. Die Situation war schon seltsam. Da saßen wir nun, wir zwei alten Haudegen, die sich schon so lange kannten, und turtelten. Also dachte ich mir, ich lasse Worte, Worte sein und schreite zu den Taten über. Als ich Die diesmal küsste, ließ ich meine Finger in sein Haar gleiten und massierte ihm ganz leicht den Nacken. Gott, war das gut. Ich hätte am liebsten niemals mehr aufgehört ihn zu küssen. Seine Lippen waren so weich und so... echt. Nicht wie im Traum, wo ich aufwachte mit nur einer blassen Erinnerung. Das hier war echt. Seine Zunge, die genauso gierig auf mich war, wie meine auf Die. Seine Finger, die sich durch meine etwas längeren Haare kämmten, und seine Haut, die so angenehm weich und warm war. Ich rückte immer näher und ehe ich wirklich darüber nachgedacht hatte, lag ich fast schon auf Die, den ich einfach nach hinten gedrückt hatte. Jetzt hasste ich die Tatsache, dass er noch immer seine Jacke an hatte, wo ich hingegen nur mein Riesen-T-Shirt und meine Boxershorts trug. Das merkte ich vor allem in dem Moment, wo Dies Hände auf einmal an meinen Pobacken verweilten und kurz hinein kniffen. Heieiei, Kao-chan erwachte jetzt eindeutig zum Leben! Mir egal, ob es mein erstes gleichgeschlechtliches, sexuelles Erlebnis war. Ich war jetzt einfach nur noch heiß auf den Großen da unter mir. Der jedoch schob mich langsam von sich und setzte sich auf. Ich sah ihn fragend an, aber Worte fand ich keine meine Enttäuschung darzulegen. Die sah mir das wahrscheinlich so oder so an. „Schalt mal einen Gang zurück, Kao“, blubberte er verlegen. „Ich mein, wo das hier endet... dafür haben wir doch jetzt alle Zeit der Welt, oder?“ Bisschen spießig gedacht, aber unrecht hatte er nicht. Ich zuckte halt mal mit den Schultern und Die lächelte mir zu. „Ich will ja auch und so...“ „Aber?“, fragte ich, weil ich genau wusste, dass hier ein Aber kam. „Ich möchte schon gerne, dass das was Längeres zwischen uns wird.“ Gott, wie verlegen er aussah! Da konnte ich gar nicht mehr enttäuscht sein. Ich hatte das rote Ding einfach viel zu lieb! „Und ja, dann müssen wir doch nichts überstürzen, oder? Jetzt, hier... ist nicht so günstig. Wir hatten ja noch nicht mal eine offizielle Verabredung.“ Ich musste lachen. „Wir waren doch schon hundert Mal verabredet.“ „Ja, aber noch nie als Paar.“ Wie sich das anhörte! Die und ich, ein Paar? Ein Paar! Die war jetzt mein Freund, ganz richtiger Freund, so mit Liebe und allem, Beziehung und Zukunft. Wow. „Okay, also willst du ein Date?“ Er nickte und grinste so unglaublich sexy. „Fein, dann sollst du eins haben. Wann wäre dir den recht, mein Schatz?“ Dies Augen strahlten bei der Bezeichnung, auch wenn er natürlich so gut wie ich wusste, wir würden sicher bessere Kosenamen für einander finden. „So bald wie möglich. Also mal ernsthaft, können wir uns nicht heute Abend sehen?“ „Klar doch“, stimmte ich lächelnd zu. „Also Date heute Abend, ja? Nur Die, ich warn dich. Du weißt, was für ein miserabler Dater ich bin. Lass dir was einfallen, wenn du nicht willst, dass wir am Ende auf meinem Sofa sitzen und nichts tun.“ Er lachte und nickte mehrmals. „Ja, ja, geht schon klar. Ich überleg mir, wo wir hin gehen und du führst mich aus. Sagen wir um sieben bei mir?“ „In Ordnung“, befand ich und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich bis dahin allein war. „Wieso klingt das nach Abschied?“ Entschuldigend schenkte mir Die ein Lächeln und küsste mir kurz die Wange. „Weil ich hundemüde bin, noch nichts gegessen hab, wie ein Penner aussehe und jetzt erst einmal nach Hause fahre und Shinya aus meinem Haus werfe. Genug geheult, er soll die Alte kräftig in Hintern treten.“ Die stand auf und ich wackelte ihm nach. „Ein Wunder, dass er nicht gleich zu mir gerannt kam.“ „Tja, er hatte den Hund dabei. Vielleicht aus Angst du würdest ihn fressen?“, lachte Die. „Den Hund oder Shinya?“ Wahrscheinlich hätte ich beiden wieder die Tür vor der Nase zugeknallt. „In China isst man Hunde, also tu was gegen deinen Hunger.“ „Makaber, Kao, und gemein, “ schmunzelte Die und machte die Tür auf. „Jedenfalls freu ich mich auf heute Abend. Bis dahin bin ich ausgeschlafen und frisch gebadet, ich versprech’s.“ „Doofi“, sagte ich und packte ihn am Handgelenk, bevor er einfach verschwinden konnte. Ich zog ihn zurück und schlang meine Arme um seine Hüfte. Grinsend, drückte ich ihm dann einen Kuss auf den Mund. „Bis später. Vielleicht zieh ich mir bis dahin auch was anderes an.“ Die lachte. „Wegen mir kannst du auch in Unterhose weg, aber wehe einer guckt dich auch nur an, ge. Dem hau’ ich eins drauf.“ Nach einem weiteren kurzen Züngeln ließ ich Die dann doch gehen und seufzte tief, als ich die Tür hinter ihm zu machte. Wer hätte das gedacht? Jetzt war Die mein Freund. „Yes!“ Ich riss meine Fäuste nach oben und schrie in Jubel. Am liebsten hätte ich Purzelbäume geschlagen. Ende Kapitel Neun ... Die Bäckersfrau! „Zwei Schokoladenriesen bitte, Frau Lange.“ XD ~10~ ---- Danke für eure lieben Kommis. i u Nein, das Ende ist noch nicht gekommen. Kommen...bald. Jetzt. @.@ Lesen bitte! [Sorry, dass ich so lange gebraucht habe – ich war im Urlaub. Sehr inspirierend. XD] Kapitel Zehn Date mit Die. Oh Gott. Was hatte ich da nur angerichtet? Ich war mir sicher, ich würde entweder sterben vor Nervosität oder die ganze Sache vermasseln. Gut, ich war eben ein wenig blöde, wenn es um Verabredungen ging, aber meist bekam ich das noch irgendwie auf die Reihe. Nur diesmal traf ich mich nicht mit irgendwem, sondern mit dem Menschen, den ich wirklich richtig sehr gerne mochte! Die Tatsache, dass er einer meiner besten Freunde war, ließ mich dabei leicht aufatmen. Er kannte mich doch schließlich und wusste mich schon zu nehmen. Ach, nicht wieder an Sex denken, Kaoru! Puh. Tief einatmen. Und wieder aus. Noch einmal. Das war schon besser. Also gut, auf zu Die, sagte ich mir und verließ das Auto um an seiner Haustür zu klingeln. Halt. Vielleicht sollte ich noch kurz erwähnen, wie chaotisch der Tag bis dahin verlaufen war. Nachdem Die heute Morgen gegangen war, fühlte ich mich total überdreht und wusste nicht, was ich mit mir anfangen sollte. An Schlaf war nicht zu denken dank der Schmetterlinge im Bauch. Vielleicht waren es in meinem Fall auch Hummeln, aber es surrte wie der Teufel in meinen Adern. Ich beschloss etwas zu kochen, schließlich war ich nach wie vor auf Medikation und sollte mich ausgewogen ernähren. Leider hatte mein Schrank ein Loch, denn er war nämlich leer. Die Chips hatten wir alle aufgefuttert, die Eiscreme lag mir jetzt noch im Magen und Schokolade zum Mittagessen? Das musste nicht sein. Ich fuhr zum Supermarkt um die Ecke, dort, wo ich immer einkaufte. Der Markt war klein, aber man traf wenigstens keine Fans dort. Ich war ja nach wie vor noch ein angesehener Rockstar mit einer tierisch großen Fangemeinde. Meine Bandkollegen schienen zwar alle beliebter zu sein als ich, aber das machte nichts. Wir waren noch immer geiler als all die anderen! Ohne Namen nennen zu wollen, aber Schminke allein macht keinen schön. Wir sahen einfach schon immer nur gut aus, auch ohne Make-up und Korsage, besonders Die. Wie schnell doch das Selbstvertrauen stieg, wenn man glücklich war. Als ich wieder zuhause war, schaute ich durch die Neubestände. Was hatte ich gekauft? Zucchini. Wusste ich überhaupt, wie man die zubereitete? Schmecken taten die ja, aber wie kochte man die? Musste man sie braten? Garen? Backen? Vielleicht wusste das ja Die, also packte ich sie erst einmal weg. Dann fand ich Eier. Eier waren gut. Eier konnte man immer gebrauchen. Ich ließ sie auf dem Tisch stehen und kramte weiter. Die drei Mikrowellenessen stellte ich direkt mal in den Schrank. Darauf hatte ich jetzt keinen Hunger. Dann waren da noch 3 Flaschen Ketchup in der Tüte, wo ich mir aber auch nicht erklären konnte, warum ich die gekauft hatte. Cola und Diät-Pepsi. Büchsenbier und Kaugummi. Das Kaugummi war für heute Abend um sicher zu gehen, dass ich immer frischen Atem hatte. Wenigstens daran konnte ich mich noch erinnern. Das blieb also auch auf dem Tisch liegen, nicht, dass ich es vergessen würde. Yoghurt, Kuchen und Streifenkäse gab es auch noch, aber zusammen konnte man das wohl kaum essen. Hatte ich wenigstens auch Toast gekauft? Nein, vergessen! Ich war ja vielleicht dämlich. Und tiefgekühltes Sushi wollte ich auch kaufen und hatte es vergessen! Egal, mir fiel zum Glück ein, dass ja noch etwas Reis von Vorgestern – oder wie lange das her war – im Kühlschrank stand. Den schüttete ich in einen Wok mit etwas Öl und dachte mir, kann man doch anbraten, oder? War auch ganz einfach am Ende. Ich tat noch ein paar Gewürze dran und zwei Eier, dann streute ich noch Käse drüber. Lecker. Ich war ein Meisterkoch. Unbedingt merken, dachte ich mir, falls ich meinen Freund mal zum Essen einladen wollte. Da überkam es mich auf einmal. Totale Panik. Fassungslosigkeit. Zittern. Gott, Die war mein Freund! Mein Lover! War das zu fassen? Vor ein paar Tagen noch war ich der festen Überzeugung, dass ich eine Frau brauchte und jetzt sollte ich mit Die zusammen sein? Das ging ganz schön flott und so überraschend. Auf meinem Gesicht jedoch bildete sich unwillkürlich ein Grinsen aus. Das passierte meistens, wenn ich an Die dachte. Ja, ich war verliebt. Und schon war ich auch wieder an dem Punkt, wo ich mir seinen nackten Körper schweißgebadet in meinem Bett vorstellte, wie er sich vor Entzücken wandte, während ich ihm die beste Zeit seines Lebens bescherte. Herrje, und da war der Reis auch schon im Wok angebraten, der Käse total zum Rand verlaufen und ich roch nach lauter Curry und Rauch. Es schmeckte trotzdem nicht übel. Mit einem Bier dazu war fast alles genießbar. Hinterher rauchte ich noch eine und ließ schon einmal Badewasser ein, da ich nicht stinken wollte wie einer aus dem Schnellimbiss und weil ich es Die versprochen hatte. Mister Fröschi und ich ließen sich dann nackt ins Wasser nieder, wobei ich darin versank und mein kleiner Badefreund auf der Oberfläche schwamm. Schaumfanatiker. Er war bisher der einzige männliche Mitbader gewesen, der die Ehre hatte mit mir nackt in einer Wanne zu sitzen. Bald vielleicht würde aber auch Die mal mit baden? Das wäre schon schön. Mit meiner Exfreundin hatte ich das ein- oder zweimal gemacht, aber sie rückte mir dann immer auf den Leib anstatt sich zu waschen. Ist doch dämlich. Wozu badet man dann? Sie wollte immer nur fummeln und wenn dann das Wasser aus der Badewanne ins ganze Zimmer schwappte und die Fliesen unter Wasser standen, durfte ich es am Ende wegwischen. Tsk. Mit Die wäre mir das egal. Der dürfte gerne mitbaden und mich befummeln, so dass wir Wellen bis zum Pazifik schlagen. Denn dann würde ich ihm einfach Eimer und Wischlappen in die Hand drücken. Er müsste dann auf den Knien kriechend den Boden schrubben – nackt. Hehe. Mein Hand griff zum Badezimmer-Radio in der Fliesenwand und ich schraubte einen Sender mit netter Musik drauf. Da ich ja nun eindeutig nicht ganz hetero war, fragte ich mich, ob ich wohl nun doch die Beine rasieren müsse. Hatte Die rasierte Beine? Eher nicht, oder? Ich würde mir das später genauer ansehen, beschloss ich und ließ es erst einmal mit dem Haar an meinen zarten Stelzen. Stattdessen rasierte ich unter den Armen ein wenig, das konnte nicht schaden. Mit Waschlotion seifte ich dann mal meinen schicken Körper ein, bevor ich noch Haare wusch. Schon fertig. Endlich konnte ich mich entspannen. Dazu war ein Bad schließlich auch da. Ich legte den Kopf nach hinten und stütze mich mit den Füßen am Beckenende ab, so dass ich nicht versehentlich untertauchte und gar ertrank. Nicht heute. Ein anderes Mal vielleicht. Ich schloss nur einen Moment lang die Augen und genoss das Bild in meinem Geiste, wie Die vor mir stand und lächelte. Mehr tat er gar nicht. Seine Augen leuchteten so schön dabei und ich wollte ihn am liebsten einfach nur knuddeln. Ich schreckte auf, als mich ein tierisches Zittern überkam. Im Radio kamen gerade die Nachrichten und ich musste wohl schon seit einer knappen Stunde im Wasser liegen, welches mittlerweile kalt war und mich frieren ließ. Ich zischte Mr. Fröschi an, dass er mich nicht geweckt hatte, als ich offensichtlich eingeschlafen war. Nachdem ich aus der Wanne geklettert war, kuschelte ich mich in einen flauschigen Bademantel und tappte ins Schlafzimmer. Mir war noch immer kalt, aber ich war auch noch nicht wirklich wach. Darum beschloss ich den Moment zu nutzen und warf den Bademantel von mir um mich in mein Bett zu legen. Ich schlang beide meiner Decken um mich und versuchte warm zu werden. Dabei halfen bekanntlich ja diverse Gedanken und mein Hirn fing an zu schweifen. Ob Die wohl auch verliebt war in mich? Er stand auf mich, so viel war klar. Das hatte er unmissverständlich preisgegeben, aber wie weit gingen seine Gefühle? Wahrscheinlich doch weit genug, denn entweder fand er mich nicht so toll, was ein Widerspruch wäre, oder aber er hatte auf mich Rücksicht genommen heute Morgen, als er unsere kleine Session abgebrochen hatte. Ich musste ihn unbedingt mal danach fragen, wie weit seine Erfahrungen mit Männern reichten. Ich hatte keine, das war klar. Die war mein Erster. Wie rücksichtsvoll von ihm, dass er sich mit mir Zeit nehmen wollte. Ich hätte trotzdem gerne unanständige Sachen mit ihm getan. Andererseits... Wie es wohl wäre von einem Mann genommen zu werden? Ich rümpfte die Nase bei dem Gedanken. Allein die Vorstellung. Aua. Vielleicht sollten Die und ich erst einmal gründlich und viel miteinander reden, was die ganze Sache anging. Ich hatte so viele Fragen. Klar wusste ich, dass es durchaus geil sein konnte, wenn man als Mann gefickt wurde. Aber das musste doch auch höllisch weh tun, oder etwa nicht? Ach Gott, beim Gedanken an Die und Sex hätte ich mir am liebsten schon wieder einen runtergeholt, aber ich kam mir dabei so respektlos vor. Sicher würde Die das für mich übernehmen. Ich würde. Für ihn. Er war ja auch zuckersüß mit den roten Strähnchen, die ihm immer in sein liebgrinsendes Gesicht fielen. Niedlich und scheiße sexy zu gleich. Der Typ war Dynamit. Ich musste wissen, ob das auch im Bett so war. So langsam wurde ich ja warm, aber schlafen konnte ich nicht mehr. Meine Hand lag viel zu gefährlich nahe in Hüftgegend und entweder würde ich mich nun jetzt aufrappeln und irgendetwas Sinnvolles tun, oder meine rechte Hand würde ein eigenes Hirn entwickeln und meines im Nachgang ausschalten. Man glaubte es kaum, aber ich war aufgestanden. Ich war eben doch eine treudoofe Nuss. So gern ich es getan hätte, aber nicht heute, an dem Tag, an dem Die und ich zusammenkamen. Ich malte ein kleines rotes Herz mit einem Edding an meinen Kalender in der Küche. Perfekt. Ob ich noch ‚D + K’ reinmalen sollte? Hm, dazu hatte ich aber das Herzchen viel zu klein gemalt und nach meinem Versuch die beiden Buchstaben hineinzukritzeln, sah es bekloppt aus. Ausmalen, dachte ich mir und malte einfach alles rot. Ich brauchte einen neuen großen Kalender. Der hier war eindeutig zu klein. Danach kochte ich mir Tee und rauchte eine. Im Fernsehen war wie immer nur Müll. Ich hasste diese Popstars, die in den Kindernachmittagssendungen auftraten. Ja, gut, abgesehen von Hyde, aber das wusste ja keiner. Vielleicht sollte ich mir mal was anziehen? Wenigstens Unterwäsche. Gute Idee. Sobald dieses Hindernis genommen war, legte ich die Füße hoch auf dem Sofa und zappte weiter durch die Kanäle. Hey, eine Kochsendung. Die zog ich mir rein und gähnte. Als ich wach wurde, war es halb sechs am Abend und ich bekam einen Riesenschreck. Nur noch neunzig Minuten bis ich bei Die sein musste. Schnell zog ich mir was Hübsches an. Oder auch nicht, denn ich fand nichts! Große Kacke. Blaue Jeans oder schwarze Stoffhosen? Mist, Mist, Mist. Was würde Die wohl besser finden? Ganz ruhig, Kaoru. Frag einfach deinen Allerwertesten. Der bestätigte seine Knackigkeit in den Jeans und ich suchte nach einem passenden Oberteil. Da hatte ich einmal mein cooles Nirvana-Shirt oder dann einen Strickpulli. Vielleicht sah aber auch ein Hemd besser aus? Verdammt. Ich warf einfach alles zur Seite, bis nur noch ein einziges Teil im Schrank war: ein schlichtes graues Hemd mit Stickerei. Drauf geschissen, wie es aussah. Das zog ich an. Jacke noch und fertig war ich. Ach so, die Pantoffeln sollte ich auch nicht anlassen, sondern lieber meine extracoolen Stiefel anziehen. Zähne putzen, Kaugummi, Stinkwasser. Was noch? Ein klein wenig Make-up, damit man die Falten nicht so sehr sieht, und noch mal die Mähne kämmen. Yeah! Ich posierte kurz im Spiegel und fand mich eigentlich toll. So wie es früher mal war, als ich noch jünger war! Und da man ja bekanntlich so alt war, wie man sich fühlte, war ich in jenem Moment höchstens siebzehn! Oder achtzehn, denn ich hatte doch schon ein Auto und den Führerschein. Plötzlich fiel mir ein, dass man zu Verabredungen eigentlich immer etwas mitbrachte, aber ich könnte Die doch wohl keine Blumen mitbringen. Oder doch? Schwierig. Pralinen? Zigaretten? Bier? Ich hielt noch einmal an der Tankstelle an, nachdem ich bereits unterwegs war, und kaufte eine kleine Packung Mon Chérie, genug Zigaretten für mich, so dass ich ihm welche anbieten konnte und eine kleine Flasche Prosecco. Ha, ich hatte es eben drauf. Es war 18:54 Uhr, als ich vor Dies Haus angekommen war. Ein Blick in den Rückspiegel und schnell das Haar noch mal mit den Fingern durchkämmen, atmen nicht vergessen und Mitbringsel nehmen. „Auf zu Die,“ sagte ich leise zu mir selbst und verließ das Auto um an seiner Haustür zu klingeln. Als mein Freund die Tür öffnete, hatte er in einer Hand eine Strähne seines Haares und in der anderen den Festiger, aber er strahlte, auch wenn er aussah, als wäre er total im Stress. „Äh...hallo Kao, komm rein,“ sagte er und hielt mir die Tür auf. „Ich bin sofort fertig.“ Ich musste lächeln. Offensichtlich war ich nicht der einzige, der sich Stress machte wegen unserem Treffen. „Lass dir Zeit und immer mit der Ruhe.“ Er warf mir noch ein dankbares Lächeln zu, bevor er im Badezimmer verschwand. Kurze Zeit später kam er wieder und sah mich fragend an. „Und? Wie sehe ich aus?“ Einerseits sah er aus wie immer, also begehrenswert super, andererseits musste ich durchaus eingestehen, dass sein weißes T-Shirt seine Figur noch besser betonte als jemals zuvor. „Umwerfend,“ sagte ich also und wurde dabei leicht rot. Solch ein Kompliment hatte ich dem Schnucki noch nie gemacht. „Danke, du auch,“ winkte er zurück und nickte bestätigend. Dann verblasste sein Lächeln. Er sah mich an. Ich sah ihn an und irgendwie war dieser Moment komisch. „Ach ja, ähm...“ Um die seltsame Atmosphäre aufzubessern, machte ich einfach auf mein Geschenk aufmerksam. „Ich hab was für dich.“ Ich reichte Die die Schokolade und er fing sehr zaghaft an zu lächeln. „Danke,“ sagte er erstaunt. „Da sagst du, du wärst ein schlechter Dater.“ Lachend zuckte ich mit den Schultern. „Für den Anfang halt ich mich ganz gut, oder?“ „Eindeutig,“ lachte Die zurück und kam auf mich zu, bevor er mich umarmte und mir einen Kuss auf die Wange drückte. Nur nahm er die Lippen nicht mehr davon, so dass es vibrierte, als er sprach: „Du hältst dich super, aber ich will einen Begrüßungskuss.“ Wieder spürte ich mein Gesicht heißer werden, aber ich drehte mich einfach zur Seite und fing Dies Lippen mit meinen. Gott, war das schön. Ich umschloss seine Taille mit meinen Armen und zog ihn ganz nah. Die seufzte etwas enttäuscht, als ich unterbrach und grinste. „Wenn ich jetzt nicht aufhöre... und du willst ja noch weg.“ „Oh, richtig. Das hätte ich beinahe vergessen,“ grinste er zurück und nahm seine Jacke. „Wegen mir können wir los.“ Im Auto fragte ich Die nach dem Plan. „Essen, Kino, zocken,“ nickte er mir zu. „Ist das in Ordnung? Ich dachte, wir machen uns keinen Stress von wegen romantischem Essen und so...“ „Gute Idee.“ Dies Gesichtsausdruck wurde deutlich erleichterter, als er merkte, dass ich seiner Meinung war. Wegen mir mussten wir bestimmt nicht in ein teures Restaurant für ein romantisches Essen bei Kerzenschein. „Burger?“ „Ja, sehr cool,“ bestätigte Die und wir fuhren los. „Halb neun müssen wir im Kino sein. Ich hab Karten bestellt. Es kommt eine Wiederaufführung von Krieg der Sterne.“ „Was? Echt?“ Kaum zu glauben. „Das ist ja genial. Gerade heute? Woher wusstest du davon?“ „Stand in der Zeitung...“ „Du liest doch gar keine,“ bemerkte ich trocken und hob eine wissende Augenbraue. „Okay, okay. Kyo hat angerufen und mich gefragt, ob ich mir den Film mit ihm ansehe, aber ich habe ihm abgesagt. Schließlich hab ich schon ein Date,“ griente er und kicherte leise. „Schon wieder.“ „Hä?“ Wie meinte er das? „Du hast Kyo gestern gesagt, ich hätte eine Verabredung.“ Jetzt erinnerte ich mich. Kyo, der Blödmann, musste Die natürlich auch gleich danach fragen, wie es aussah. Er hielt die meiste Zeit die Klappe, aber bei Tratsch war der Kleine ganz groß. „Ach ja... hattest du doch auch.“ Mit mir. „Richtig, allerdings fragte Kyo auch nach meiner neuen Freundin...“ Ups. „Oh, na ja... das war so...“, begann ich, aber Die bremste mich aus. „Schon gut. Du wolltest ihn nicht dabei haben, oder? Hast du da schon gewusst, dass du mich küssen würdest?“ Nun stieg eine seiner Augenbrauen gefährlich nach oben. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht. War überhaupt nicht geplant. Es hat mich... überkommen.“ Die schmunzelte. „Überkommen, soso.“ Musste das sein? Ich wurde sicher puderrot im Gesicht! „Boah, tut mir ja auch leid wegen Kyo. Ich wollte ihn nicht anlügen, aber... ich wollte auch nicht, dass er sich uns anschließt. Aus welchem Grund auch immer...“ Die lächelte nur. „War ja letztlich auch besser so.“ „Eben.“ Ich stellte das Auto bei Macces ab und Die und ich orderten uns gleich jede Menge Fritten, Burger, Cola und Kaffee. Wir suchten uns einen Platz, wo uns nicht jeder unmittelbar sehen konnte und fingen an zu essen. Das war alles total locker und gar nicht krampfig. Wir waren eigentlich wie immer, Die und ich, die sich über die anderen Leute lustig machten, über Musik redeten und uns gegenseitig als Gitarristen priesen. Dann fiel mir etwas ein und ich senkte die Lautstärke meiner Stimme. „Kann ich dich mal was fragen?“ „Schieß los,“ sagte Die und schlürfte Cola durch seinen Strohhalm. „Wie viel Erfahrung hast du mit Männern?“ Junge, Junge. Ich wurde nervös und musste mich kurz räuspern. „Hast du schon mal mit einem... geschlafen?“ Die zuckte verlegen mit den Schultern und nickte. „Ja, schon. Ich hatte mal einen Freund, aber da kannten wir uns noch nicht.“ Er meinte das Uns in Bezug auf ihn und mich und machte das mit dem Zeigefinger klar. Dann lachte er auf. „Gott, da war ich noch Teenager. Wir haben uns vielleicht dumm angestellt!“ „Dann wusstest du aber ziemlich früh, dass du auch auf Männer stehst.“ Warum erfuhr ich immer alles erst so spät? Ich könnte schon so viel Erfahrung haben dank meines Altern, aber war nicht, weil Kaoru sich selbst verleugnet hatte. Ich Spätzünder. „Yup, schon immer eigentlich. Von klein an war ich manchmal verknallt in irgendwelche Schauspielerinnen, manchmal in irgendwelche Sänger, alles mögliche. Von daher... Allerdings machte es mir auch irgendwann Sorgen und ich hatte tierische Angst. Davor, dass ich nicht normal war, dass ich meine Freunde verlieren konnte, wenn sie das wüssten, oder dass meine Familie mich hassen könnte. All so Zeug eben.“ „Und wie hast du das überwunden?“ Bemerkenswert, wie Die doch so selbstsicher schien in dieser Hinsicht und doch immer etwas hinter dem Berg halten wollte. „Mein Freund. Als ich anfing mich mit ihm zu treffen, war ich vielleicht sechzehn oder so. Er nahm meine Hand, küsste mich und sagte, er mag mich. Süß. Ich war zwar verschreckt, aber auch neugierig und definitiv nicht abgeneigt. Wir gingen dann miteinander und meine Mutter hat das irgendwie gecheckt. Frag mich nicht, wie.“ Ich staunte Bauklötze und war so was von neugierig. „Und dann?“ „Dann hab ich gebeichtet.“ Er lachte. „Ich war nicht so ein Rebell, aber meine Mum war da auch ganz einsichtig. Mein Vater hatte noch lange keinen Plan davon, aber irgendwann vor meinem Dreißigsten hat er es doch spitz gekriegt. Er geht aber cool damit um und meint, bei Männern wisse man wenigstens immer, woran man ist.“ Ich musste lachen genauso wie Die. Ja, sein Alter war schon echt cool. Nicht wie meiner. „Vor deinem Dreißigsten? Ist aber noch gar nicht mal lange her. Wie hat er das rausgefunden? Du bist doch die meiste Zeit gar nicht da.“ Dies Grinsen wurde sogar noch weiter. „Du bist vielleicht neugierig.“ „Natürlich und ich steh dazu, also erzähl. Was erwartest du denn von mir? Kennst mich doch,“ erwidere ich relativ selbstsicher. War nur gespielt, aber mich interessierte es eben brennend und ich wollte mich dafür auch gar nicht entschuldigen. Wenn Die und ich wirklich was zusammen haben wollten, dann musste ich das wissen. Mein Lollipop nickte und lehnte sich zu mir. „Jemand anderem als dir würde ich es auch nicht erzählen.“ Er zwinkerte mir mit den Augen zu und begann: „Also, wie ich dir ja schon erzählt hatte, in den letzten Jahren hatte ich immer wieder nur Freundinnen. Allerdings waren im Sommer vor zwei Jahren ein paar Freunde meiner Schwester da. Sie hatte am Tag zuvor Geburtstag gehabt und ich war eben auch gerade da. Wir saßen abends noch zusammen und haben was getrunken. Einer von ihnen hat mich angebaggert und letztlich haben wir rumgeknutscht. Mehr war nicht. War auch gut so. Alkoholisierten Sex mit Fremden muss man nicht haben. Egal.“ Er winkte kurz ab und ich nickte. Braver Die. „Jedenfalls hat der Typ dann im Beisein meiner Eltern zwei oder drei komische Bemerkungen gemacht über mich und schon hat mein Dad Wind von der Sache bekommen.“ „Hm.“ Ich nahm die Infos erst einmal alle auf und lehnte mich zurück. Das war schon ganz schön krass, dass Die so klammheimlich die ganze Zeit auch mit Kerlen rumgemacht hat. Und ich hatte nicht mal eine Alte im Bett gehabt seit vor dem letzten Weltkrieg. Dass Die kein Kind von Traurigkeit war, wusste ich, aber die gedankliche Umstellung war für mich irgendwie schwierig. „Alles in Ordnung?“, fragte Die und griff nach meiner Hand, die er unsicher in seine nahm. „Geht’s dir zu schnell?“ Ich schüttelte den Kopf. „Ist nur komisch. Die ganze Zeit... und ich hab nie was davon gewusst.“ Die sah mich einen Moment lang an und lächelte entschuldigend. „Tut mir leid. Ich hätte euch allen davon erzählen sollen. Ich bin nur...“ Er seufzte. „Ich kann dir das alles zwar ganz easy erzählen, wie meine Family davon erfahren hat und so weiter. Ich kann auch gut mit meiner Sexualität leben, aber ich kann auch ein ganz schönes Weichei sein.“ Er lachte auf und überspielte die bittere Wahrheit damit. „Bei meiner Mutter habe ich Rotz und Wasser geheult deswegen und... ach, vielleicht hatte ich ja Angst, ich würde wieder heulen, wenn ich euch davon erzähle.“ „So ein Blödsinn,“ sagte ich kopfschüttelnd. „Weißt du, wenigstens redest du dann darüber. Sieh dir mich an. Möglicherweise war ich schon immer nicht nur hetero, aber ständig hab ich versucht, den Kriterien der Gesellschaft, besonders meiner Eltern, zu entsprechen. Und was kratzen die mich am Ende? Gar nicht. Ich dachte, sie mögen mich mehr, wenn ich eine hübsche Frau finde und Kinder zeuge und so Sachen. Schwachsinn, das sag ich dir. Du siehst hier einen ganz neuen Kaoru vor dir!“ „Halt. Nicht so schnell. Ich hoffe nämlich, so ganz neu bist du nicht. Ich mochte den alten Kaoru schon immer sehr gerne,“ sagte Die und schlürfte den letzten Rest Cola aus dem Becher. Dabei sah er mich von unten herauf an. Was für ein Anblick! „Ach ja? Wie lange mochtest du den alten Kaoru denn schon?“ Ich testete. Flirtete. Beides. „Na, schon immer. Seitdem ich dich kenne... vielleicht ein klein wenig später. Du warst doch schon immer cool,“ nickte er und lächelte etwas einseitig. „Cool? Schon, aber mehr nicht?“ Er wusste wahrscheinlich gar nicht, wie ernst mir das war. Ich auch nicht, denn erst nachdem ich die Frage gestellt hatte, merkte ich, wie groß meine Angst vor der Antwort war. Ich lachte unsicher, um meine Nervosität zu verstecken. „Doch, doch. Cool und selbstsicher und gutaussehend und viele andere Qualitäten. Leider fandest du mich ja noch nicht immer so toll, aber was nicht ist...“ Er grinste und seine Augen strahlten. „Ist schon,“ sagte ich cool und selbstsicher. Nach dem Gutaussehend müsste man Die fragen. „Du bist selbstlos und witzig und siehst rattenscharf aus.“ Beide lachten wir auf, aber ich meinte es so! Die bedanke sich für das Kompliment und stand auf. „Gehst du mit dem rattenscharfen Die jetzt ins Kino?“ Nickend trabte ich dem leckeren Lollipop hinterher und versuchte einmal mehr die rote Farbe meines Gesichtes loszuwerden. Bisher lief der Abend blendend, auch wenn wir gerade mal am Kino angekommen waren. Nachdem Die die Karten geholt hatte, merkte ich, wie mein Kaffee seine Wirkung zeigte. „Ich glaub, ich geh noch mal für kleine Kaos,“ scherzte ich und nickte in Richtung Toilette. „Ist gut. Ich hol inzwischen Popcorn und Cola. Willst du auch was?“ Die war ein richtiges Schatzi, oder? Der fragte wenigstens. Hach, ja. Verliebt sein war schön. „Dasselbe, dank dir,“ sagte ich und marschierte zum Männerklo. Als ich wieder raus kam, dachte ich gerade an nichts Böses und suchte nach Die. Da stand sie vor mir. Meine Ex. Wie groß musste ein Zufall sein, dass mir das passierte? Da ich nun einmal vor ihr stand, kam ich nicht umher sie zu grüßen. „Kaoru,“ sagte sie mit belegter Stimme. Überrascht? Wohl schon, denn sie hatte mich ganz offensichtlich nicht hier vermutet. „Das ist... nett. Wie geht’s dir?“ Nett, aha. „Danke, gut. Und selbst?“ „Super, ganz toll.“ Sie lächelte mich extremst an und schwang ihr langes Haar mit einer kurzen Schulterbewegung nach hinten. „Bist du allein hier?“ Blöde Frage. Wer geht denn allein ins Kino? Nicht mal ich. Deshalb war ich die letzten Jahre auch kaum dort gewesen. „Nein, mit Die.“ Ich nickte in Richtung Tresen, wo er gerade Popcorn und Getränke in Empfang nahm. Und nur um ihre dämliche Frage zurück zu geben, fragte ich ebenfalls: „Und du?“ „Ach, ich bin mit meinem Verlobten hier.“ Sie drehte sich um und zeigte auf einen kleinen Kerl mit Brille, der freundlich zurück nickte. Er sah aus, wie einer dieser typischen Beamten. Seitenscheitel, Nickelbrille und gestreiftes Hemd. Mein Typ wäre er nicht. Ich stand eher auf große Rothaarige. „Was ist aus... Bob? Billy? Franz? Dingenz geworden?“ Gemein, so war ich eben. „Du meinst Jean?“ Mir doch Rille, wie er hieß. „Das war nichts. Wir passten nicht zusammen.“ Sie konnte viel erzählen, aber diesmal glaubte ich ihr. Sie war nun wirklich kein Typ für einen Europäer. Dass sie aber auf Beamte stand, hätte ich auch nicht vermutet. „Und, Kaoru? Hast du wieder jemand? Bist du... in einer Beziehung?“ „Ja, seit Kurzem,“ strahlte ich sie an und sah, wie Die gerade mit dem Knabberzeug antrabte. Er schaute etwas misstrauisch und unsicher aus, als er meine ehemalige Verlobte sah. Was mich dann geritten hat, wusste ich nicht, aber ich grinste und hatte den Arsch voller Mut. Ich nickte den Kopf in Richtung meines Freundes. „Mit Die.“ Dann fiel ihr die Kinnlade nach unten. Sie schaute zu Die, dann zu mir, dann wieder zu Die und letztlich blieb ihr Blick an mir haften. „M...mit Die? D...du meinst...?“ „Die und ich, genau.“ Er stellte sich gerade ganz unvermittelt neben mich und ich strahlte ihn an. Dann nahm ich ihm ein paar Getränke ab und wurde ernst. „Ihr beide kennt euch ja noch, oder?“ Wieder sah sie ihn mit großen Augen an und Die lächelte unbeholfen wie immer. Er wusste ja nicht, was wir gesagt hatten. Das war zu süß. Gut, dass dann der Verlobte meiner Verflossenen anrollte, sie sich einhakte und sich kurz und bündig verabschiedete, ohne uns vorzustellen. „Was war das denn?“, fragte mein rothaariger Freund und ich zuckte mit den Schultern. „Meine Ex und ihr Neuer,“ antwortete ich knapp, weil ich keine große Lust hatte weiter darauf einzugehen. Ich gab Die Zeichen mir zu folgen und meinte: „Ach ja, dabei hab ich meinen Neuen erwähnt. Ich hoffe, das ist okay?“ Sein dummes Gesicht konnte ich aus den Augenwinkeln erkennen. Haha! Das hätte er nicht erwartet. Ich auch nicht. War aber geil. Wir hatten gerade unsere Plätze im Kino bezogen, als ich von Die in die Seite gepiekt wurde. „Hey, Kao,“ flüsterte er und ich gab ihm seine Cola. „Ja, was?“ „Du hast ihr echt von mir erzählt? Oder machst du nur Spaß? Hast du mich erwähnt? Die... Daisuke, ja?“, fragte er dämlicher als jeder Bulle. „Ich weiß, wie du heißt, Die. Und ja, deinen Namen hab ich erwähnt.“ Ich lächelte, aber er sah so skeptisch aus. Jetzt wurde ich unsicher. „War das nicht okay?“ „Oh... doch, doch. Hätte ich nur nicht erwartet,“ blubberte er und kratzte sich am Hinterkopf. Dann drehte er sich blitzschnell um und küsste meine Wange. „Sorry, das musste sein.“ Ich lachte. „Gern. Nächstes Mal mehr bitte.“ War schon irre lustig unsere Konversationen. Wir flirteten auf das Heftigste! Die und ich. Ich und Die. Mein Hirn kam manchmal gar nicht mit. Als der Film anfing, musste ich immer wieder zu ihm rüber sehen und ihn beobachten. Meinen Freund. Ich ließ meine Hand ab und zu ihm Popcorneimer verweilen, nur damit mich Die berührte, wenn er nach dem süßen Knabberzeug griff. Er lachte dann kurz und ich zog die Hand raus. Irgendwann nach dem fünften Mal nahm er den Popcornbehälter einfach weg und schnappte sich meine Hand. Gebannt verharrte sein Blick auf der Leinwand, als er breit grinsend meine Finger mit den seinen umschlang. Zwar war ich aufgeflogen und leicht heiß wurde mir auch, aber es war mir so warm ums Herz, dass ich mich am liebsten an ihn gekuschelt hätte. So weit konnten wir allerdings nicht gehen, denn falls doch der ein oder andere Fan hier war, musste der noch lange nicht wissen, dass ich und Die von nun an ein Paar waren. Hier im Dunkel des Kinos war Händchenhalten einfach das Maximum der Dinge – der Kuss auf die Wange rausgerechnet. Der kleine Kuss war doch nichtssagend für Außenstehende. Solche Späße machten wir oft, aber das Händchenhalten war schon sehr eindeutig. Der Film war ein Riesenvergnügen, auch beim hundertsten Mal. Wir feierten, als wir gleichzeitig sagten: „Luke, ich bin dein Vater!“ So lange, dass mir Tränen in den Augen standen, hatte ich schon ewig nicht mehr gelacht. Vor allem, weil Die nicht aufhörte den Blöden zu spielen und seine Darth Vader Imitation war nun wirklich nicht sehr furchteinflößend. Er war eher ein Lord Helmchen, aber das machte ja gerade den Spaß aus. Dass er mich Prinzessin Leia nannte, fand ich allerdings weniger witzig. Auch der schönste Film ging einmal zu Ende und so fanden wir uns etwa zwei Stunden später beim Verlassen des Kinos wieder. Als wir durch die Türen nach draußen gingen, schiffte es wie aus Kübeln. „Na, bravo,“ sagte ich sarkastisch. „Der Wagen steht ja nur drei Blocks weiter, weil’s in diesem dämlichen Stadtviertel keine Parkplätze gibt.“ „Davon lässt du dir doch hoffentlich nicht die Laune verderben, Kao.“ Die legte seinen Arm um meine Schultern und zwinkerte mir zu. „Rennen?“ Ich musste grinsen, denn ich verstand. „Auf drei rennen wir los, okay? Eins... zwei...“ Und da flitze ich auch schon los. Die folgte mir nach Kurzem Schock und rief mir hinterher. „Betrug!“ „Lauf, Forrest, lauf!“, schrie ich so laut es ging zurück und überschlug mich fast beim Rennen. Die hatte daraufhin einen Lachanfall und wurde langsamer. Gut so, sonst hätte er mich eingeholt und ich hasste es zu verlieren. „Komm schon, Die, lauf!“ Er holte auch wieder auf und ich prallte beinahe mit meinem eigenen Auto zusammen, weil ich mich selbst kaum mehr bremsen konnte. Keuchend suchte ich schnell die Schlüssel und öffnete die Türen. Die und ich fielen in die Ledersitze und hielten uns die Bäuche, so geschafft waren wir von unserem Sprint. Nebenbei waren wir auch klatschnass. Der Regen hatte uns quasi durchtränkt. Ich schmiss den Wagen an und stellte die Klimaanlage auf ganz heiß, damit wir nicht auch noch eine Erkältung bekamen. Dann fuhr ich los ohne Zögern. „Das war ein Spaß,“ sagte Die, der noch immer schnaubte. Ich stimmte ihm zu. Nass oder nicht, es war einfach zu amüsant gewesen. Nach nur kurzer Zeit kamen wir bei Die an. Der Straßenverkehr bei Nacht war wesentlich weniger in der Stadt. Der Regen hatte noch immer nicht aufgehört. „Also los, diesmal müssen wir nicht so weit laufen. Nur bis zur Tür,“ sagte Die und wartete, dass ich den Motor abstellte. Ich sah ihn etwas verwundert an, bis es ‚klick’ machte und mir einfiel, dass wir ja noch an seiner Playstation zocken wollten. „Ja, aber meine Sachen sind völlig durchnässt. Vielleicht sollte ich lieber nach Hause und mich umziehen. Ich kann ja wiederkommen?“ „So ein Blödsinn! Ich gebe dir Sachen von mir. Und jetzt schwing deinen Hintern aus dem Auto. Ich hab ‚Need for Speed’ in der Playsi,“ meinte er noch und schon war er weg, Richtung Haustür rennend. Recht hatte er. Seine Sachen würden es schon tun, zumindest so lange bis meine getrocknet waren. So schnell wie möglich rannte ich ihm hinterher und das Auto fiepte auf, nachdem ich es mit der Fernbedienung verschlossen hatte. Kaum angekommen, zog ich schon Stiefel, Socken und Jacke aus, alles völlig durchnässt. Also hängten wir es über die Heizung und gingen ins Dies Schlafzimmer. „Dann wollen wir mal sehen, was ich im Schrank hab,“ meinte er und zog sich sein T-Shirt aus, was er auf den Boden warf. Ich tat es ihm gleich, denn mein Hemd war nicht nur nass, sondern auch kalt. Ich hatte eine dicke Geflügelhautentzündung am ganzen Körper. Dies Hose folgte seinem Shirt und so stand er nun in nur seinen Unterhosen vor seinem Schrank. Fast wie in meinem Traum, nur diesmal war es echt. Ein fast nackter Die stand vor mir und ich konnte meinen Blick einfach nicht von ihm abwenden. Seine blasse Haut erschien so weich und seine Nippel hart von der Kälte. Der Drang ihn anzufassen war einfach zu stark. Seit knapp einer Woche hatte ich an nichts anderes denken können, als ihn zu haben, ganz und gar. Was sollte ich sagen? Denken konnte nur noch Koa-chan für mich. Plötzlich trat ich auf ihn zu, drehte ihn zu mir und küsste ihn. Meine Lippen waren so fordernd, dass er gar nicht anders konnte, als sich meinem Willen zu beugen. Meine Zunge tauchte in seinen warmen Mund und traf auf seine, die nicht weniger fordernd war. Ich umschlang seine Taille mit den Armen und ließ meine Hände seinen Rücken hinauf gleiten. Die war tatsächlich so weich, wie er aussah. Seine Haute war wie Seide unter meinen rauen Fingerspitzen. Ich wollte jeden Zentimeter dieser Haut berühren und streifte meine Handflächen über seine Brust, Arme und Rücken immer und immer wieder, während ich nicht aufhörte ihn zu küssen, so verlangend, dass er leicht in den Kuss hinein seufzte. Anfangs berührte er mich nur zaghaft, aber dann ließ er seine Hände über meinen Rücken nach unten gleiten, direkt in meine Hose hinein, wo er meinen Hintern packte und mich an ihn presste. Jetzt merkte auch ich, welches Verlangen er nach mir hatte und ich war mir sicher, er würde den Zustand von meinem Kumpel Kao-chan bemerkt haben. Für das, was wir hier taten, gab es eigentlich nur einen Effekt, auf den es hinauslief. Das bemerkte auch Die. „Kao,“ flüsterte er gegen meine Lippen und schob sich langsam etwas von mir. „Bist du dir sicher? Ich meine, weißt du, was du hier tust?“ Lächelnd legte ich meinen Finger auf seine Lippen und nickte. „Ich bin mir dessen absolut bewusst. Ich will nicht mehr warten. Ich will dich haben, verstehst du?“ „Ja,“ lächelte Die und bevor er in Versuchung käme dieses Gespräch zu vertiefen, küsste ich ihn noch gieriger und glitt meine Zunge über seine Lippen, dann hindurch zu seiner. Ich öffnete kurz die Augen, so dass ich uns in Richtung Bett dirigieren konnte. Dort angelangt, unterbrach ich den Kuss und schubste Die auf das weiche Bett. Er sah mich an, lustvoll aber fragend, als mein Blick über ihn schweifte. Ohne Frage war er bereits sehr gut erregt und mit einem kleinen arroganten Grinsen, kletterte ich auf ihn und presste meinen Mund erneut auf seinen. Der Mann konnte wahnsinnig gut küssen und ich konnte kaum genug davon bekommen. Ich merkte kaum, wie Die so langsam die Kontrolle an sich riss. Frauen taten das selten, also hatte ich kaum damit gerechnet, als ich mich auf dem Rücken wiederfand. Dies Lippen wanderten nach unten und saugten an den sensiblen Stellen an meinem Hals. Ich liebte das. Es ließ mich Schaudern in Gelüst. Seine Fingerspitzen streiften über meine nackte Brust und auch über die gereizten Nippel. Ich biss auf meine Unterlippe. Ich hatte wohl in der Tat zu lange keinen Sex mehr gehabt, denn wenn es so weiterginge, würde ich wohl gleich in meiner Jeans kommen. „Die,“ hauchte ich nahezu unbewusst und drückte meine Hüften nach oben gegen ihn. Da kniete er sich auf und öffnete den Knopf meiner Hose. Langsam zog er den Reißverschluss nach unten und ich fühlte mich bereits unglaublich befreit. Ein Blick auf Die verriet mir, dass ihn die Situation in meiner Hose zufrieden stellte. Er grinste und hakte die Finger in den Bund der Jeans, bevor er sie nach unten zog. Ohne Widerstand half ich ihm und hob meine Hüften. In Nullkommanichts war die Hose weg und Dies Hände glitten von meinen Knien an aufwärts, wo sie erst wieder an meinen engen Shorts halt machten. Er leckte sich die Lippen, bewusst oder unbewusst, das wusste ich nicht, aber es hatte einen Wahnsinnseffekt auf mich und ich seufzte leise. Dann zog mir Die die Unterhose endlich herunter und entblößte mich komplett. Ich wäre wohl etwas beschämter gewesen, wenn er mich nicht erst vor Tagen im Badezimmer überrumpelt hätte, aber diesmal war es mir scheißegal. Fast schon stolz grinste ich ihn an mit einem Blick, der ihn aufforderte etwas zu tun. Nur langsam bewegte er seine rechte Hand von meinem Oberschenkel auf Kao-chan zu und ich schloss die Augen, denn meine Augäpfel rollten sich unweigerlich nach hinten, als er ihn letztlich in seine Hand nahm und mich streichelte. Fest und stetig. „Ah!“ Ich stöhnte kurz auf und sah, wie Die lächelte. Das war besser, als von einer Frau. Dies Hand war viel größer, sein Griff viel kräftiger und er wusste genau, was er tat. Meine Gedanken schwammen ohne jeglichen Zusammenhang, je näher ich dem Höhepunkt kam und als Die dann auch noch einen Kopf senkte, so dass ich seine Zunge an mir spürte, stöhnte ich bereits etwas lauter auf. Nicht, dass ich unbedingt ein lauter Typ wäre im Bett, aber ich konnte mich einfach nicht beherrschen. Als ob es das war, worauf ich mein Leben lang gewartet hätte. Die begann zu saugen, lecken und summte leise, so dass es leicht vibrierte. Kurz und knapp: das war es dann gewesen. Ich kam und so gut, wie noch nie zuvor. Ich zitterte. Mein Atem war schnell und wurde leiser und langsamer. Geistesabwesend wischte ich mir den Schweiß von der Stirn. Das Rascheln neben mir ließ mich aufschauen und ich sah in Dies Gesicht. Er küsste meine Lippen ganz sanft. Er schmeckte leicht nach mir. Ich musste lächeln und er lächelte zurück, als er meine Wange streichelte. „War ich gut?“, flachste er und ich dachte nur, dass dieser Kerl wohl nie seinen Humor verlieren würde. Das war ja auch gut so. Dafür liebte ich ihn schließlich. Dafür und für den verdammt guten Blowjob, den ich gerade bekommen hatte. „Verdammt gut,“ sagte ich mit einem kurzen, aber überzeugtem Nicken. Dann zog ich ihn zu mir herunter und küsste ihn, als ob es kein Morgen geben würde. Mein Hirn fing allerdings langsam wieder zu funktionieren an und spätestens als sich Dies Ständer in meinen Oberschenkel bohrte, erinnerte ich mich an eine Sache: Daidai Junior. Den hatte ich beinahe vergessen. Sein Zustand war allerdings brenzlig. Würde er mich jetzt vögeln wollen? Sicher würde er das. Er war Die. Er hatte Erfahrung und wenn ich einen mich vögeln ließe, dann ihn. Trotzdem machte mich der Gedanke nervös und als ich seine Hand an meinem Po fühlte, zuckte ich leicht zusammen. „Alles cool?“, fragte Die und sah mich fürsorglich an. „Ja, klar doch,“ antwortete ich fast schon zu schnell und ich wusste, mein Blick verrät mich. „Hast du... hast du Kondome?“ Dies Augen wuchsen zu Untertassen, aber er nickte. „Gut,“ sagte ich und sah mit Sicherheit oberdämlich aus, denn ich wusste eigentlich gar nicht, wovon ich redete. „Gut, gut.“ „Kaoru,“ begann Die und wurde richtig ernst. Er griff nach meiner Hand und drückte sie, während er mir in die Augen sah. „Wir müssen das nicht tun. Wir können auch anders Spaß haben. Ich meine, ja, ach Gott, es wäre schon cool, wenn ich so langsam den Druck in den unteren Regionen loswerden würde, aber das heißt nicht, dass ich dich unbedingt vögeln muss.“ „Willst du nicht?“ Keine Ahnung, warum mir gerade das durch den Kopf schoss. Im Nachhinein auch lächerlich und so feminin, aber letztlich dachte ich eben als Erstes, dass er mich vielleicht nicht hätte haben wollen. Ich hörte es gern, wenn ich mich jemand haben wollte. „Doch, doch. Gott, ja, und wie, aber...“ Jetzt fehlten meinem Daidai die Worte. Ich verstand schon. Er wollte, aber aus Rücksicht auf mich würde er nicht, falls ich nicht wollte. Scheiß auf die Rücksicht. Im Grunde wollte ich ihn, wollte ich von ihm gevögelt werden und wollte einfach alle geilen Sachen mit ihm tun, die uns beide glücklich machten. Er war mein Die und er sollte mein Erster werden. „Also dann.“ Ich nickte und lächelte. „Du willst?“ Dies Augenbrauen schoben sich nach oben. „Natürlich will ich, aber ich hab doch keinen Plan. Du musst schon die Initiative ergreifen,“ lachte ich und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Du wärst dann quasi mein Erster.“ „Ja, und ich bin mir der Ehre bewusst, glaub mir,“ meinte Die ganz lieb. „Du vertraust mir, oder?“ Nickend sagte ich: „Ja.“ „Und ich vertrau dir. Also wenn irgendwann mal ein Punkt kommt, wo du lieber willst, dass wir aufhören, sagst du es mir. Einverstanden?“ „Deal,“ war mein letztes Wort bevor sich unsere Lippen wiederfanden und unsere Zungen ein Begrüßungstänzchen aufführten. So bescheuert und kindisch und dümmlich und peinlich sich unser Gespräch auch angehört haben musste, aber es gab mir schon etwas mehr Mut, Vertrauen und Sicherheit. Ich zuckte nicht mehr unvermittelt, denn ich wusste, es war Die, der sich genauso viel Gedanken um mich machte, wie ich mir um ihn. Und das starke Gefühl in mir, dass sich mächtig nach Liebe anfühlte, sowie das Verlangen nach seinem Körper, ließen mich wie heiße Butter in seinem Armen schmelzen. Er streichelte mich, ließ sich von mir streicheln und nach einer Weile kramte er plötzlich eine kleine Tube und ein Kondom aus seinem Nachttisch heraus. „Ist das Gleitmittel?“, fragte ich relativ dümmlich. Relativ, weil die Frage nahe lag – allerdings auch die Antwort. Die nickte und lächelte. „Ja, und das Haltbarkeitsdatum ist auch noch nicht abgelaufen.“ „Auch bei dem Kondom?“ Neunmalklug wie ich war, musste ich fragen. „Die hab ich erst gekauft,“ meinte Die ganz trocken und nahm eins aus der Schachtel. „Die Gleitcreme lag allerdings schon länger...“ Stimmt ja! Er hatte doch schon längere Zeit keinen Kerl mehr gehabt. Dass er trotzdem Gleitmittel hatte, wunderte mich nicht. Die war Die und er hatte Wirkung auf Menschen. Er erzielte mehr Treffer als jeder andere, den ich kannte. Nein zu sagen fällt dann schwer. Er drückte etwas von der Creme aus der Tube auf seine Finger und verteilte sie, bevor er seine Hand an meinen Hinterteil führte. Ein bisschen kalt, aber sie wärmte sich schnell auf, als Die zwei seiner Finger in den engen Kanal presste. Dann beugte er sich über mich und küsste meine Lippen sanft. Bisher war es nur ein etwas ungenehmes und seltsames Gefühl, nicht schmerzhaft oder so. Er bewegte seine Finger in mir und ich ließ ihn gewähren. Das war soweit alles in Ordnung und solange mich Die küsste, genoss ich es sogar. Allein seine Küsse, das Spiel mit seine Zunge, seine heiße, nackte Haut an meiner und die Tatsache, dass er gerade in mir war, ließen mich unwillkürlich wieder erregter werden. Ich hatte die Arme um Die geschlossen und streichelte seinen Rücken, während sich seine Finger noch immer zwischen meinen gespreizten Beinen zu schaffen machten. Dann nahm er sie aus mir und setzte sich auf. Er griff erneut zur Tube und diesmal verteilte er die Gleitcreme nicht auf seinen Fingern, sondern seinem Schwanz, über den er mit präziser Leichtigkeit das Kondom gestreift hatte. Mir fielen beinahe die Augen raus. So genau hatte ich bisher noch gar nicht hingesehen und er kam mit utopisch groß vor. Die machte sich zwischen meinen Beinen breit, hob meine Hüften leicht an und schob seine Schenkel leicht darunter. Ich spürte die Spitze seines Juniors an mir und hielt den Atem an. Es lag jetzt an Die. „Alles klar, Kao? Bereit?“ Ich nickte und versuchte zu lächeln, aber so wirklich klappte es nicht. „Mach schon.“ Ich drang darauf und Die gehorchte wie fast immer. Er schob sich ein wenig vorwärts und ich spürte einen Teil von ihm in mir versinken. Es war ein extrem merkwürdiges Gefühl, aber es tat nur minimal weh. Das war schon okay, aber mein Herz raste, denn das war erst der Anfang. Die schob sich langsam weiter in mich hinein und diesmal spürte ich mehr als nur ein wenig Schmerz. Es zog bis hoch in die Wirbelsäule und er war einfach so dermaßen viel. Ich keuchte auf, denn das war ich mit Sicherheit nicht gewohnt. Das Keuchen alarmierte Die offensichtlich und er beugte sich nach vorne um mit seinem Daumen meine Wange zu streicheln. Erst jetzt merkte ich, dass ich die Augen fest zusammengekniffen hatte und mir auf die Unterlippe biss. Im Moment, in dem sich Die nach vorn bewegte, fühlte ich plötzlich etwas ganz und gar anderes. Ich riss die Augen auf und stöhnte auf. „Kaoru,“ seufzte Die, der mich etwas besorgt ansah, aber auch so unglaublich sexy. Eine klitzekleine Schweißperle lief ihm von der Schläfe herunter und sein ganzer Gesichtsausdruck sprach von sexuellem Rausch. „Sollen wir aufhören?“ Ich schüttelte wie besessen meinen Kopf. Nicht aufhören. Nicht jetzt. Wo es doch gerade anfing gut zu werden. Dazu noch Dies Stimme, die so bedeckt war von Ekstase, heiser und weicher als sonst. Mir egal, ob es noch weh tat, zumal der Schmerz langsam nachließ. „Küss mich.“ Er tat, wie ich ihm geheißen und wie ich angenommen hatte, passierte dasselbe wie vorhin. Die beugte sich nach vorn bei dem Kuss und ich spürte es wieder. In mir berührte er etwas, dass mich aufstöhnen ließ. Wahrscheinlich lag es an der Konstellation unserer Körperhaltung, aber das fühlte sich verdammt gut an. Auch Die merkte es, denn er hielt seinen Körper über mir in dieser Position und bewegte sich etwas heftiger, stieß in mich hinein und es brachte mich wiederum dazu, dass ich sogar relativ laut stöhnte. Langsam verließen sie mich. Alle Gedanken waren wie weggeblasen und das animalische Verlangen nach hartem, guten Sex machte sich breit. „Die,“ sagte ich im Hauch eines Stöhnens und krallte meine Fingerspitzen in seinen Rücken. Es klang wie ein Flehen und es kam so unbewusst, als hätte ein anderer die Kontrolle über mich erlangt. Dieser Andere war wohl niemand anderes als Die, denn von ihm allein hing es jetzt ab. „Ist das gut?“, fragte er und grinste ein seltsames Grinsen, was wohl daran lag, dass er vor Euphorie bald schielte. Blöde Frage. „Ja, mach. Mach schneller. Härter,“ plapperte es aus mir raus, als ob nicht ich, sondern irgendetwas anderes für mich sprach. Doch Die musste ich das offensichtlich nicht zweimal sagen. Auch wenn seine Bewegungen sanft und allmählich aussahen, so stieß er doch wesentlich fester und schneller zu. Ich hörte mich leicht aufschreien, aber es kam mir nicht wie meine eigene Stimme vor. Meine Finger bohrten sich tiefer in Dies Haut, rannten entlang seiner klammen Schultern und hinterließen mit Sicherheit dort ihre Spuren. Mein Hintern rutschte unruhig über das weiße Laken, suchte die Nähe des Mannes über mir und wollte ihn noch intensiver in Anspruch nehmen. Dann packte Die meinen Schenkel und drückte ihn weiter nach oben zu mir zu, ohne dass seine Stöße geringer wurden. Im Gegenteil, denn ich hatte auf einmal das Gefühl ich müsse kommen, so gnadenlos waltete er in mir. Auch sein Schnaufen wurde stetig lauter, als hätte er einen Marathon gelaufen, der noch immer nicht zuende war. Unwillkürlich warf ich den Kopf zurück und ließ dem sexuellen Wahn freien Lauf. Himmel, ich war so hart. Ich glaubte, Kao-chan müsse platzen. Wie das nur möglich war, konnte ich mir nicht erklären. Das war auch nicht wichtig. Nur der Rhythmus. Die Schwingungen. Das Gefühl. Verdammt, aber ich wollte endlich kommen. Ich würde das sicher nicht mehr lange durchstehen. Ich merkte kaum, wie meine Hand zu Kao-chan wanderte und sich meine Finger darum schlangen. Die hatte allerdings ganz offensichtlich andere Pläne. Ohne Verwarnung griff er sich mein Handgelenk mit einer seiner Hände und packte so fest zu, dass sich meine Augen aufrissen und ihn anstarrten. Er drückte meine Hand in die Matratze und schüttelte den Kopf. Verdutzt starrte ich ihn an. Hatte ich etwas falsch gemacht? Dann ließ er ab von meiner Hand und griff selbst nach dem Leader-Júnior. Oh Hilfe, das war noch viel besser. Ich presste die Lippen aufeinander, als sich ein Stöhnen anbahnte, denn ich wollte nicht Schreien wie ein Weib. Die brauchte nicht lange und ich kam. Zum zweiten Mal. Und ich spürte es auf meinem nackten Bauch. Aber es war mir egal. Mein Blick haftete auf Die, dessen Stöße unkoordinierter wurden. Er fing an zu zittern und ich nahm an, dass er genau wie ich kurz vorher endlich Erleichterung fand. Als er langsamer wurde und sich sein Körper auf mich herab senkte, nahm ich ihn in die Arme und vergrub mein Gesicht in seinem leicht verschwitzten Haar. Er war so unglaublich sexy, gerade jetzt, dass ich ihn am liebsten gefressen hätte. Mit geschlossenen Augen verharrten wir eine ganze Weile so ohne ein einziges Wort. Nur unser stetig langsamer und leiser werdender Atem war zu hören und ab und zu ein kleines glückliches Seufzen von Die oder mir. In diesem Moment dachte ich, es wäre schön für immer hier zu liegen mit Die in meinen Armen, glücklich und zufrieden. Und das genoss ich noch eine Weile. Wahrscheinlich wäre ich auch eingeschlafen in dieser Position, aber als sich Die bewegte, öffnete ich die Augen unwillkürlich. Vorsichtig setzte er sich auf und zog sich aus mir heraus. Scheiße, aber das war komischerweise ein recht unangenehmes Gefühl. Meine Beine waren ganz schwer, aber entspannten sich und ich sah meinem Lover zu, wie er ohne Worte das Kondom beseitigte und wieder zum Nachttisch griff. Mit einem Tuch bewaffnet, lächelte er mich an. „Gehört alles zum Rundum-glücklich-Programm,“ sagte er leise und grinste, bevor er die Sauerei auf mir und teilweise jetzt auch seiner Haut wegwischte. „Dacht ich mir.“ Ich lächelte vom Glück berauscht zurück und erwartete ihn nach getaner Arbeit mit offenen Armen. Er kuschelte sich wieder an mich und küsste mich. Er schmeckte fast noch besser als vorher. Dann ruhte er seinen Kopf an meiner Schulter, legte seinen Arm über meine Brust und schloss die Augen. Die Frage, ob ich die Nacht bei ihm verbringen würde, erübrigte sich wohl. Leider fühlte ich mich in dieser Position nicht ganz so wohl, denn mein Hintern verlangte eindeutig nach Entspannung, die ihm so nicht gewährleistet werden konnte. „Die?“ „Mh-hm?“, antwortete er schläfrig. „Könnten wir Plätze tauschen?“ Ich kam mir unglaublich dämlich vor, aber ich musste grinsen. Die richtete den Kopf auf und grinste selber, nickend. „Sicher doch.“ Ich nahm an, er konnte sich vorstellen, warum ich fragte. Nachdem wir Plätze getauscht hatten, lag ich nun mit dem Kopf an seiner Brust und wurde auch urplötzlich unglaublich müde. Meinem Hintern ging es gut, Kao-chan war selig und mein Hirn in totalem Stillstand. Das war es! Ich schloss die Augen und fiel in einen befreiten Schlaf. Ende Kapitel Zehn ... Boah, DAS war mein erster in Deutsch geschriebener Lemon. Und das aus der Sicht eines Beteiligten. U_U Sagt mir, ob es euch gefallen hat. Ein Kapitel kommt noch. :D ~11~ ---- Letztes Kapitel. Ich werde die Geschichte vermissen. ;___; Kapitel Elf Gestern war der schönste Tag meines Lebens und dabei war es nicht mal ein Arbeitstag gewesen. Nein, sondern mein letzter unfreiwilliger Urlaubstag. Mein erster Tag in einer neuen Beziehung. Verliebt. Ein rundum wundervoller Tag, den Die und ich im Bett verbracht hatten. Nur er und ich und mehr hatte es nicht gebraucht um glücklich zu sein. Na, okay, vielleicht noch ein paar Kondome und das Gleitmittel. Kaorus gedanklicher Einkaufszettel: Gleitcreme, Kondome, neue Nachttischlampe. Das alles würde ich aber erst nach der Arbeit besorgen. Zunächst einmal interessiert doch sicher, wie es zur Aufstellung meines merkwürdigen Einkaufszettels kam, richtig? Das war nämlich so: Meine Augenlider blinzelten gegen das Sonnenlicht, welches direkt ins Zimmer fiel. Der Regen der letzten Nacht war vorbei und nachdem er zumindest hier bei uns seine Wirkung hinterlassen hatte, konnte endlich wieder die Sonne scheinen. Genauso fühlte ich mich auch. Endlich schien wieder die Sonne in Kaorus kleinem Herzchen. Als sich meine Augen an das grelle Licht gewöhnt hatten, nahm ich langsam meine Umgebung war. Ganz offensichtlich war ich bei Die. Und Die, der lag selig schlafend in meinem Arm. Ich musste lächeln, denn wir hatten wohl ohne es zu merken erneut die Positionen getauscht. Wenn das mal kein Wink mit dem Zaunpfahl war. Jedenfalls war ich endlich wieder richtig in Leader-Modus. Wenn ich so auf Die hinab sah, konnte ich nicht anders. Ich krallte mir sein Pfötchen und schlang meine zarten Knochen um seine. Er sah so lieb aus, wenn er schlief. Verliebt lächelnd, vergrub ich meine Nase in seinem Haar und nahm erst mal einen Zug von seinem Duft. Betörend. Mit der anderen, freien Hand strich ich ihm sanft über die nackte Haut am Rücken. Langsam hob sich dann sein Kopf und Die sah mich kurz träge an und schloss wieder die Augen, aber nicht ohne mir ein „Guten Morgen“ entgegen zu krächzen. Ach, ich liebte seine Stimme am Morgen. „Hey Schlafmütze, guten Morgen,“ gab ich zurück und drückte ihm noch einen fetten Kuss auf sein Haupt. Er sah einfach zum Vernaschen süß aus. Lächelnd blinzelte er mich an und richtete sich leicht auf, indem er den Kopf auf der Hand abstützte. „Gut geschlafen?“ „Super,“ nickte ich und lächelte. Das Lächeln war einfach durch Nichts zu verdrängen heute. Selbst, wenn ich es gewollt hätte. Es blieb an Ort und Stelle. Auch meine Finger lebten ihr eigenes Leben und rannten immer wieder auf und ab an Dies Rücken. „So gut wie noch nie.“ Die schenkte mir noch ein liebenswertes Lächeln und legte den Kopf wieder auf meine Brust. „Gut. Dann kannst du ja jetzt öfter hier schlafen.“ „Kannste deinen süßen Hintern drauf verwetten,“ griente ich zurück und lachte. Da erhob Die den Kopf wieder und sah mich eindringlich an, so dass ich schon fast unsicher wurde. „Kaoru. Dir ist es ernst, oder?“ „Sicher. Dir etwa nicht?“ Was war das denn jetzt? Ich dachte, darüber waren wir uns vorher schon einig gewesen. Alles, was ich wusste, war, dass Die in mich verliebt war. Das hatte er doch gestern Morgen gesagt, nicht wahr? Und zumindest meiner Gefühle konnte er sich doch sicher sein. „Sonst hätte ich nicht mit dir die letzte Nacht verbracht.“ Anstatt einer Antwort oder erneuten Frage küsste er mich. Tief und innig. Erst nach einer Ewigkeit unterbrach er plötzlich und ich schnappte regelrecht nach Luft. Gott, so ein Kuss am frühen Morgen... der ließ mich bestimmt nicht kalt. Der versetzte mich schon beinahe in den Zustand von letzter Nacht. Hatte ich ihm denn noch nicht gesagt, wie viel er mir bedeutete? Mist, musste ich wohl vergessen haben. „Die,“ begann ich also, was schon mal ein guter Start war. Ich kannte seinen Namen. Kleiner Scherz. Ich rollte mich auf ihn und fuhr ihm mit meinen Fingern durch sein Haar. „Ich will mit dir zusammen sein. Dein Freund sein. Dein fester Freund sein. Ich kann dir nicht sagen, warum ich so lange gebraucht habe um das zu merken, aber wann wäre der Zeitpunkt denn besser als jetzt? Es passt doch. Du willst mich und ich will dich. Du...du willst mich doch, oder?“ Ja, einerseits war ich mir dessen sicher, aber andererseits konnte man ja noch mal nachhaken. Die nickte Gott sei dank. „Ja, und wie! Es ist nur manchmal... unwirklich. Vor kurzem noch wäre Sex mit dir ein feuchter Traum gewesen und jetzt...“ Sein Kichern war furchtbar niedlich. Hatte er etwa schon einmal über mich fantasiert? Na, dann wäre ich ja wenigstens kein Einzelfall, was das Onanieren zu Bandkollegen anging. Ab sofort wollte ich allerdings nicht mehr nur fantasieren. „Ich weiß, was du meinst. Zwick mich. Ich kann nicht glauben, dass das kein Traum ist.“ Ich hatte das theatralisch gemeint, wie eine Art Zitat, doch Die tat natürlich, wie ihm geheißen und zwickte meinen Allerwertesten. Das fette Grinsen, das sein Gesicht zierte, gehörte ins Familienalbum. „Autsch. Na warte!“ Attacke! Ich griff an mit einem Biss in Dies Kehle und meiner Hand, deren Fingerspitzen sich in Dies Seite bohrten. Der Junge war nämlich kitzelig wie sonst nichts. Schon begann er und wand sich, wie eine kleine Schlange. „Kao, hör auf. Kaoru! Lass das, ich sterbe,“ lachte er und als ihm bereits die Tränen in den Augen standen, hörte ich endlich auf und warf mich neben ihn. Ganz schön außer Atem waren wir nur von dem bisschen Kitzeln. Dabei sollten wir Kräfte sparen für sinnvollere Aktivitäten wie... Sex! Doch bevor ich das in Angriff nehmen konnte, musste ich noch eine wichtige Sache erledigen. „Lauf ja nicht weg. Ich geh nur kurz schiffen,“ sagte ich und schwang die Beine aus dem Bett. Als ich auf den Boden trat, durchfuhr mich ein nicht ignorierbares Stechen und ich griff mir an den Po. „Au scheiße!“ Dies bösartiges Kichern machte es nicht gerade besser. „Das zahl ich dir Heim, verlass dich drauf.“ Postsexueller Schmerz war mir zwar noch der liebste, aber so hatte ich mir das doch nicht vorgestellt. Oh je. Das verlangte nach Rache. „Ist das ein Versprechen?“, lachte der Übeltäter und ich warf noch einen letzten gefährlichen Blick über die Schulter, bevor ich aus dem Zimmer humpelte. Nach der Morgentoilette betrachtete ich ausgiebig mein Spiegelbild. Hatte sich nichts verändert. Im Gegenteil, ich fand mich fast noch geiler als vorher. Das verwuschelte Haar stand mir einfach prima und ich sah auch nicht schwuler aus als vor meiner Entjungferung. Dicker war ich auch nicht geworden, wenn ich mir so mein Bäuchlein ansah. Positiv, wobei ich ja wohl eh nicht schwanger sein konnte. Über mich selbst lachend, wackelte ich zurück ins Schlafzimmer, wo Die bereits auf mich wartete. Er lag auf dem Rücken und grinste mich an. Da hörten wir auf einmal ein merkwürdiges Fiepen. „Mist, das ist mein Handy,“ grummelte ich und suchte nach meiner Jeans auf dem Fußboden, wo irgendwo verborgen auch mein Wunderwerk der Telekommunikationstechnik war. „Eine SMS von Toshiya.“ „Was will er denn?“, fragte Die neugierig und lehnte sich nach vorne, auch wenn er auf die Entfernung eh nichts auf dem Display lesen konnte. „Er fragt, wo ich bin.“ War das noch normal? Ich konnte nicht einmal eine Nacht woanders verbringen und schon vermisste mich jemand. Ja, doll, aber wahrscheinlich nicht, weil sie sich Sorgen machten. Das taten sie nie. Nein, weil sie meistens nur irgendein Scheißproblem hatten. Ich schaltete das Handy ab und kletterte zurück zu Die ins Bett. „Was hast du ihm geantwortet?“ „Gar nichts,“ schmunzelte ich und setzte mich dreist auf den Meinigen. „Hab das Handy ausgeschaltet.“ „Woah, du bist gemein,“ meinte Die scherzhaft. „Was, wenn es wichtig ist?“ „Willst du mich loswerden?“ Ich beugte mich nach vorne und schaute ihm in die Augen. „Nein,“ lächelte er und ließ seine Finger meinen Armen hinauf gleiten, was mir bereits einen Schauer über den Rücken jagte. „Ich dachte nur...“ Grinsend legte ich Die meinen Zeigefinger über die Lippen. „Du sollst nicht denken. Nicht heute zumindest. Heute ist der letzte Tag bevor die Arbeit wieder losgeht und ich liege gerade mit meinem Freund in einer nicht unverfänglichen Position im Bett. Nackt sollte ich noch hinzufügen. Da möchte ich doch auch einmal in meinem Leben um etwas mehr Verständnis bitten. Jede Wette, dass Toshiyas Anliegen auch bis morgen warten kann.“ Nickend bestätigte mich Die. „Recht so. Endlich wirst du vernünftig.“ Nahm der mich auf den Arm? Wenn hier einer vernünftig war, dann ich. Immer ich. Der feixte doch, oder? Sein Grinsen deutete darauf hin. Nun, das musste ich ihm nehmen. Jetzt war nicht der Moment zum Grinsen! Und schon presste ich meine Lippen auf seine. Dabei hätte ich wie ein Eiswürfel in der Hölle schmelzen können. Ich vergrub meine Finger in seinem Haar und ließ mich im Rausch des Kusses einfach fallen. Neckisch spielte seine Zungenspitze an meiner, berührte meine Lippen und entfachte Leader-chans Verlangen nach mehr Zuwendung. Plötzlich jedoch brach Die ab. „Kaoru?“ „Mmh?“ Schielen bitte einstellen, befahl ich meinem Hirn und richtete meine Aufmerksamkeit auf den großen Roten. „Was machen wir eigentlich wegen der anderen?“ Hä? Ich machte ein dummes Gesicht, denn mal wieder verstand ich nur Bahnhof. Mann, ich war nackt auf Die! Jedem anderen wären die grauen Zellen auch verbrannt, nachdem das Feuer bereits entflammt war. „Na, heute machst du dein Handy aus, und morgen? Angenommen Toshiya oder sonst wer ruft an und du bist gerade bei mir. Was sagst du dann?“ „Dass ich bei dir bin?“ Was sollte ich denn sonst sagen? Wenn man beim Bäcker ist und einer fragte, sagte man doch auch nicht, man wäre beim Metzger. „Die, worauf willst du eigentlich hinaus?“ „Dass es auffällt, wenn du jetzt öfters bei mir bist.“ Jetzt sah er wieder so hilflos aus. Ich nickte ihm mutmachend zu. „Was sagen wir denen? Sagen wir denen, dass wir zusammen sind?“ Riesengroße braune Augen starrten mich an, als ob ich eine Antwort hätte. Hatte ich aber nicht. Der Gedanke war mir bisher noch nicht einmal gekommen. Schulterzuckend sah ich zu Die runter. „Weiß nicht. Verheimlichen finde ich dämlich, aber möglicherweise sollte unsere Beziehung erst mal wachsen, bevor wir alles Preis geben.“ Kluge Worte, aber vielmehr sprach die Unsicherheit aus mir. Die nickte auch nur sehr langsam und zögerlich, aber ich wusste es doch auch nicht. Wegen mir konnte es jeder wissen, aber ich kannte auch meine Freunde und wenn die uns dann Löcher in den Bauch fragen würden, darauf hatte ich keine große Lust. Dazu sollten Die und ich einfach viel selbstsicherer herüberkommen. „Die, hör mal. Denkst du nicht, die checken das auch von ganz alleine? Ich hab keine Lust mich zu verbiegen und denen was vorzuspielen, also merken sie doch eh, was Sache ist früher oder später. Wahrscheinlich sogar eher früher als später.“ Er lächelte. Das war schon viel besser. „Klingt logisch.“ „Ist es ja auch. Und wenn dich einer fragt, ob du einen Freund hast, sagst du ja. Und zwar den überaus attraktiven Kaoru,“ grinste ich ihn an und schon lachte mein rothaariger Freund. „Ganz schön von dir eingenommen,“ neckte er mich. „Wenn man es sich leisten kann,“ gab ich schlagfertig zurück und freute mich der Tatsache, endlich wieder der Alte zu sein. Oder der Neue? Der neue Alte? Alter Neuer? Jedenfalls hatte ich wieder mehr Selbstvertrauen! „Kannst du,“ raunte Die noch kurz, bevor er mich einfach auf sich hinab zog und mir die Zunge in den Hals schob. Herrlich! Gleiches tat ich dann auch und nach nur kurzer Zeit war mein Hunger auf mehr DaiDai schon so groß, dass ich es am liebsten in die ganze Welt hinausgeschrieen hätte. Das war meine Chance dem leckeren Lollipop zu beweisen, wie sehr ich ihn liebte. Meine Finger rannten durch sein Haar und meine Zunge glitt über seinen Hals nach unten. „Mmh.“ Resonanz Dies war positiv und stimulierend dazu. Ich suchte seine Brustwarzen und umspielte sie mir der Zungenspitze, doch anstatt mich danach nach unten zu arbeiten, packte ich Dies Gesicht und küsste ihn so heftig, dass er aufstöhnte. Dann ließ ich meine Hüften über seinen kreisen, rieb mein Becken an ihm und spürte bereits, wie seine Erregung langsam aber sicher stieg. Mit einer federleichten Berührung glitt meine Hand über seine Brust und seinen Bauch nach unten, wo ich ihn überall anfasste, nur nicht da, wo er es am liebsten gehabt hätte. „Kaoru,“ seufzte Die und stieß mir sein Becken entgegen, was ich mit einem leicht selbstgefälligen Grinsen abtat. So einfach machte ich es normalerweise niemanden, den ich so vergötterte wie ihn. Das war ja auch bisher nie vorgekommen. Kein Wunder, dass meine Ex schon einmal behauptet hatte, ich sei eine Niete im Bett – sie war ja auch kein gutaussehender, rothaariger Sexgott, für den sich der ganze Aufwand lohnte. Bei Die gab ich mir Mühe und bei Gott, ich hatte schon was drauf, wenn ich nur wollte. Meine Zähne verfingen sich an Dies Ohr, spielten sanft damit und nebenbei raunte ich ihm unanständige Sachen hinein. Erst als ich ihn regelrecht anknurrte, dass ich ihn bräuchte, umschloss ich Dai-chan mit der Hand und quälte ihn ein wenig mit kaum einer Bewegung. Ich spürte Die neben mir zittern und stöhnend stieß er seine Hüften aufwärts. Verdammt stolz machte mich das! Ich küsste seinen Puls und ließ meine Lippen sogar dort verweilen, als ich begann Die mit schnellen und festen Handbewegungen zum Wahnsinn zu treiben. Wenn man so wie ich noch mehr mit ihm vorhatte, war es gut, wenn man sich mit der männlichen Anatomie auskannte. Deshalb nahm ich rechtzeitig die Hand von ihm und setzte mich etwas auf, nur um Dies Gesicht zu sehen, den verträumten Blick seiner Augen und den feuchten offenen Mund, der nach Luft schnappte und zum Küssen einlud. Doch ich drückte ihm nur einen ganz sanften Kuss auf die Unterlippe und lächelte, als er mich fast bettelnd ansah. Dann drückte ich ihm einen kleinen Kuss auf das Schlüsselbein, dann die Brust, über den Bauchnabel, unter den Bauchnabel, neben den Bauchnabel... Gemein? Ich doch nicht. Mein nächster Kuss traf einen seiner Hüftknochen und das langgezogene, fast weinerliche „mmmhhhmmm“ von Die sollte mich wohl dezent darauf hinweisen, mit den Spielchen aufzuhören. Sein Wunsch war mir Befehl. Der Einsatz meinen begnadeten Zunge brachte Die auch schnell zum Aufstöhnen. Er flüsterte meinen Namen, als ich ihn in meinen Mund nahm, und er schrie auf, als ich ihn bis zum letzten Tropfen aussaugte. Keuchend rang er nach Atem, als ich mit ihm fertig war. Strähnen seines roten Haaren klebten ihm über der Stirn und ich huschte sie ihm mit den Fingern aus dem Gesicht. Seine Augen strahlten mich an, als ich meine Fingerspitzen über seine Wange und seine Lippen fahren ließ. „Kaoru,“ lächelte er mich an, seine Stimme kaum hörbar, dennoch deutlich genug für mich. Er zog mich nur kurz nach unten um meine Lippen zu küssen, bevor er mir Folgendes ins Ohr flüsterte: „Los, nimm dir, was dein werden soll.“ Das musste er mir nicht zweimal sagen. Ich suchte blitzschnell nach diesem verflixten Gleitmittel und den Kondomen. Ich schüttete einfach die ganze Packung auf das Bett und grob geschätzt waren es so um die fünf oder sechs, aber eines sollte reichen und das packte ich mit zitternden Händen aus. Das Gleitmittel verteilte ich mit rasendem Herzen auf den Fingern. Himmel, ich bezweifelte, dass ich das durchstehen würde. Alleine meine Finger in ihm lösten bei mir das Gefühl aus, dass ich kommen müsse. Er war so eng und der Gedanke, dass Kao-chan gleich den Platz meiner Finger einnehmen würde, verursachte bei mir Schweißausbrüche. Ich konnte nicht mehr länger warten. Wollte auch nicht. Die sei Dank war er schon erfahrener als ich und lud mich regelrecht ein. Langsam drang ich in ihn ein, versuchte mein Herz, das drohte zu zerplatzen, unter Kontrolle zu bringen und das Zittern meiner Hände abzustellen. Das erreichte ich, indem ich meine Finger einfach in seine Oberschenkel krallte. Erst jetzt wurde ich auf Die aufmerksam, dessen wunderschöne braune Augen zusammengekniffen waren, sein Kopf leicht zur Seite gedreht. Ein von Schmerz geplagtes Stöhnen entfuhr seinen Lippen und ich sah, wie sich seine Hände in der Bettdecke bohrten. Scheiße. Oh Gott, ich tat ihm weh! Fast schon panisch suchte ich nach seinem Blick. Ich wollte ihm nicht wehtun. Er sollte es doch genießen. Ich war bereit sofort aufzuhören. „Die,“ sprach ich ihn an und schaute besorgt, als ich seine Wange streichelte und sein Gesicht mir zu drehte. „Die, es tut mir leid...“ Er schüttelte jedoch mit dem Kopf. „Nicht.“ „Aber—“ Jetzt kam ich nicht mehr mit. Nicht entschuldigen? Nicht anfassen? Nicht... aufhören? „Mach einfach weiter, Kao,“ flüsterte er mir zu und lächelte. Ich jedoch sah ihn unsicher an. „Wirklich?“ Er nickte. Was sollte ich denn nun jetzt machen? Ich wollte ihm nicht wehtun, aber andererseits vertraute ich ihm und wenn er wollte, dass ich weitermachte... trotzdem! Ach Mann, verdammt! Plötzlich fühlte ich seine Hände um meine Schultern und er zog mich zu ihm hinab, wo er mich küsste voller Hingabe und Liebe. Er stöhnte, als ich den Kuss unterbrach um seinen Hals zu küssen. Er klang nicht mehr wie vorher, sondern viel ekstatischer. Also so funktionierte es. Im Grunde war es mir nicht anders ergangen, oder? Mann, war ich dumm. Ich kam mir vor wie ein Teenager. Ich beobachtete Dies Ausdruck, als ich in ihn hineinstieß, erst zaghaft, dann fester. Er warf den Kopf nach hinten und schnappte nach Luft, wand sich vor Lust keuchend unter mir. Es faszinierte mich regelrecht und all meine Bewegungen machte ich bereits automatisch, so dass ich keinen Moment von Dies Sinnesrausch verpasste. Leider wurde es bereits recht bald schwierig ihn konzentriert zu beobachten, denn mein Kopf wurde ganz leer, meine Bewegungen schneller und je näher ich dem Höhepunkt kam, umso anstrengender wurde es. Doch kein Gedanke an Aufhören. Wie eine Sucht musste ich wieder und wieder in Die hineinstoßen, brachte ihm fast zum Aufheulen und nahm all meine letzte Kraft zusammen um uns beide zum ultimativen Orgasmus zu bringen. Das Scheppern, als Die mit der Hand die Nachttischlampe zu Fall brachte, nahm ich kaum war. Das war mir auch scheißegal in jenem Moment. Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf und meine Augen suchten nach Dai-chan. Wie er mir letzte Nacht, so wollte ich ihm diesmal behilflich sein, doch ich musste gar nichts tun. Ein langes Stöhnen durchfuhr ihn, als sich sein Rücken aufbäumte und durchdrückte in jenem Moment, in dem er kam. Ohne dass ich ihn berührt hatte. Äußerlich. Das ließ mich total abheben. Ich spürte nur noch, wie meine Oberschenkel träge wurden, meine Arme zitterten und ich versuchte nicht ganz so laut meiner Euphorie Luft zu machen. Nach meinem Orgasmus ließ ich mich einfach nur noch fallen. Ich hatte ein befriedigtes Scheißegalgrinsen auf dem Gesicht und genoss es, dass Die mir den Nacken kraulte. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Das hier war tausend Mal besser. Der schärfste aller Japanischen Männer war mein Freund und wir würden den Rest unseres Leben den besten und geilsten Sex haben, der jegliche Vorstellungskraft übertrifft. Gott, war ich glücklich! Ich liebte den Kerl einfach maßlos gigantisch sehr! Trotz gefühlsmäßig körperlicher Gelähmtheit hob ich den Kopf und schleppte mich weit genug um Die zu küssen. Mein sehr langsamer, zärtlicher Kuss ging in viele kleine Küsse über, bevor ich ihm in die Augen sah. „Ich liebe dich, Die.“ Sein Lächeln war das schönste dieser Welt. „Ich liebe dich auch, RuRu.“ So seltsam es war, aber alles war plötzlich wie in meinen Träumen – nur noch besser! Den restlichen Tag verbrachten Die und ich schlafend, essend oder Liebe machend. Jedenfalls ist Dies Kühlschrank leer, wobei er für die Ersatzbeschaffung zuständig ist, und die Kondome alle, worum ich mich heute kümmern werde. Zur Sicherheit werde ich auch gleich einen Vorrat an Gleitcreme kaufen und eine neue Nachttischlampe. So der Plan. Ich war heute Morgen sehr früh aufgestanden, hatte Die noch einen Kuss gegeben und bin nach Hause gefahren, da ich leider nichts als die Klamotten von vorgestern da hatte. Zuhause sprang ich schnell unter die Dusche, rasierte mich und zog mir frische Sachen an, bevor ich mit einem netten Liedchen auf den Lippen und meiner Ganesa bewaffnet zum Studio fuhr. Schade war, dass ein Frühstück mit Die ausfallen musste, aber ich beschloss auf dem Weg zur Arbeit noch ein paar Brötchen und Gebäck vom Bäcker mitzunehmen. Ich war in Versuchung ein Lebkuchenmännchen zu kaufen, nur weil es mich an Die erinnerte, aber ich tat es nicht. Nein, die nette Bäckersfrau schenkte es mir nämlich, weil ich es mit so großen sehnsüchtigen Augen angesehen hatte. Das war jedenfalls, was sie gesagt hatte. Im Studio war natürlich mal wieder ich der erste, mal abgesehen vom noch halbschlafenden Tontechniker, der mir zum Gruß nur die Hand hob. Ich strahlte ihn an und stellte das Essen zur Seite auf den Tisch. Dann setzte ich Kaffee auf und stöpselte die Gitarre an. Endlich wieder Verstärkersound auf meine toten Ohren. „Guten Morgen,“ fiepte es von hinten und da stand Shinya sich verbeugend in der Tür. Ich strahlte zurück und grüßte freundlich, erst dann traute er sich herein. Komisch. Na, es war eben Shinya: bisschen zaghaft außer an den Drums. „Wie geht’s?“, fragte er und wackelte zum Schlagzeug. „Mir? Super. Könnte gar nicht besser sein,“ grinste ich rum, auch wenn es keine Absicht war. „Und dir? Noch Stress mit der Freundin?“ „Nein, die hab ich abgeschossen,“ maulte Shinya. „Hatte die doch meine kleine Miyu beleidigt...“ Ups. Ach du Scheiße! Das hatte ich zwar auch schon getan, aber mich konnte Shinya auch nicht abschießen. Es sei denn, er hatte ein Gewehr. Würde ich ihm zutrauen. Anmerkung an mich: nie mehr den Köter beleidigen. Da schleuderte auch schon die Tür auf. „Kaoru!“ Toshiya, der adoptierte Bassist und seine fröhlich-nervende Art. Ich lächelte, so gut es ging. „Wo warst du denn gestern die ganze Zeit? Ich wollte dich anrufen, aber dein Handy war aus. Na, jedenfalls musste ich dir erzählen, wie gut mein Veilchen abgeschwollen ist. Sieh mal!“ Er streckte mir sein Auge entgegen und ich nickte. „Sieht wirklich gut aus.“ „Ja, ge?“ Er freute sich und lachte hicksend. „Hey Shin, willste auch mal sehen?“ Tief einatmen und wieder aus. Kopfschüttelnd schmunzelte ich. Toshiya hatte sich jedenfalls nicht verändert. Wo blieb denn nur Die? Mein sehnsüchtiger Blick zur Tür traf leider auf den gähnenden Kyo. Der war auch noch der Alte. „Morgen Kaoru,“ grummelte er und ließ sich in den Sessel fallen, wo er sich eine Zigarette anmachte. „Riecht’s hier nach Kaffee?“ „Guten Morgen, Kyo,“ nickte ich und lächelte. „Ja, ich dacht mir, wir machen Wiedersehensfrühstück.“ Kyo warf mir einen seltsamen Blick zu, aber das scherte mich einen Dreck. „Geht’s dir besser?“ „Ja, super,“ antwortete ich knapp. Ging es mir jemals schlecht? War ich etwa der Grund gewesen für Zwangsurlaub für Dir en grey? Wollte ich nicht immer, dass man sich nach mir erkundigte? „Alles wieder bestens.“ „Hat hier gerade jemand was von Frühstück gesagt?“ Die Stimme kannte ich! Da stand er! Der Supertyp von meinem Lieblingsplaneten! Die! Die! Die! Ich strahlte heller als ein Omnibus und musste mein verliebtes Seufzen unterdrücken. „Kaoru hat uns Wiedersehensfrühstück mitgebracht,“ meinte Kyo trocken und nickte in meine Richtung. Erst jetzt sah mich Die an und hob die Augenbrauen. „...“ Er wollte was sagen, aber stattdessen fiel ihm nur ein blödes Grinsen ein. Etwa so wie meines. Dann hustete er kurz und sah nach unten. „Schön, ich hab einen Bärenhunger.“ „Wenn Die morgens so einen Hunger hat...“, kicherte Toshiya und begrüßte meinen Freund mit einer Umarmung. „Also gut. Wen hab ich eigentlich heute noch nicht umarmt?“ Als sein Blick auf Kyo fiel und der wiederum merklich zusammenzuckte, fiel mir hingegen ein Stein vom Herzen. Ich sah wieder zu Die, der gerade Shinya zunickte. Alles beim Alten, Kaoru. Krieg dich ein, sagte ich mir. Leader-Modus aktivieren. „Jetzt setzt euch doch mal alle auf eure vier Buchstaben,“ kommandierte ich und sofort schossen mir Bilder von Dies vier Buchstaben durch den Kopf. Kopfschüttelnd verdrängte ich die wieder notgedrungen. „Lasst uns doch mal frühstücken, dann könnt ihr euch immer noch umarmen, wenn ihr wollt.“ Toshiya erschrak merklich. Hoppla. „Kao! Hab ich dich etwa vergessen? Komm her, mein Bester!“ Und schon wurde ich von zwei langen schlaksigen Armen erwürgt und kräftig durchgeschüttelt, als mir Tosh auf den Rücken klopfte, als hätte ich ein Bonbon verschluckt. „Schon gut, Toshi. Ist ja schon gut. Gut jetzt.“ Grimmig starrte ich ihn an. „Hinsetzen, Klappe halten. Wir besprechen jetzt den Plan.“ Über die Dauer bis sich alle hingesetzt hatten, schenkte ich uns Kaffee aus, dann begann ich. „Wir machen da weiter, wo wir aufgehört haben – nur etwas professioneller. Wir haben genau zwei Wochen bis zum Videodreh der neuen Single und bis dahin muss das Album fertig sein. Klar soweit?“ Alle nickten, außer Toshiya. „Ist doch noch jede Menge Zeit, oder?“ Shinya nickte. „Die Solos haben wir doch schon fast alle und mixen tut doch die Technik.“ „Ich müsst auch nur noch ein paar Passagen durchgehen, die mir nicht gefallen,“ sagte dann auch noch Kyo. „Dazu brauch ich eigentlich nur Die oder dich, Kaoru. Zur Abstimmung wäre natürlich Die als Rhythmusgitarrist besser.“ Mit offenem Mund starrte ich diese Banausen an, dann zuckte ich mit den Schultern. „Gebongt.“ Nun starrten die mich an und hielten Maulaffenfeil. Haha! Ätsch! Ausgetrickst! Mir gefiel zwar nicht, dass Kyo unbedingt meinen Die haben wollte, aber das war ja schon immer so gewesen und hinter dem Mischpult hatte ich keine Zeit, Kyo auch noch nebenher was zu klimpern, nur damit er die Töne traf. Pft. „Tja, meine Lieben, ihr habt schon recht,“ erklärte ich dann selbstgefällig und schnappte mir ein Brötchen. „Aber ich hätte da noch was extra...“ „Was sollen das heißen?“, murmelte Toshiya und stopfte sich ein Stück Donat in den Rachen. „Ja, was extra?“, fragte sogar Shin und sah verzweifelt zu Die, der auch nur mit den Schultern zuckte. „Wenn Kaoru was extra hat, dann kann es sich nur um Extra-Arbeit handeln,“ brummte Kyo und grinste kurz. „Ist doch so, oder?“ „Tja... ähm... ja.“ Ich konnte es ja zugeben. „Es ist ein Lied, das ich gern noch extra auf dem Album hätte. Wenn ihr es euch mal anhören wollt?“ Oh Mist, die CD hatte ich doch Die gegeben, richtig? Verdammt. Mein hilfesuchender Blick schwankte zu dem Rotschopf. „Hast du zufällig die CD mit dem Demo dabei?“ „CD?“ Toshiyas Kopf schnappte zu Die. „Demo?“ Kyo starrte dafür mich an. „Ja, Die und ich haben ein wenig komponiert, nachdem er mir von einer richtig guten Idee erzählt hat,“ erklärte ich und wartete noch immer auf Antwort von Die. „Ähm...die hab ich aber wohl bei dir vergessen, als...“, der Rotschopf kratzte sich verlegen am Kopf und ich musste scharf nachdenken. „Als ich so dringend weg musste.“ Auweia! Dann lag die CD ja noch bei mir! Die hatte sie sich leihen wollen, aber weil er vor mir geflüchtet war, nachdem ich ihn geküsst hatte, hatte er wohl auch die CD liegen lassen und ich hab es nicht bemerkt, obwohl ich sauber gemacht hatte. Wo hatte er das Teil denn vergraben? „Scheiße.“ Mehr fiel mir dazu auch nicht ein, ganz ehrlich. „Man, ihr stellt euch an,“ brummte der Sänger und verleierte die Augen. „Was seid ihr denn für Gitarristen? Spielt das Lied halt.“ Kyo war ein Genie! Ich eilte von meinem Stuhl und holte mir vorsichtig meine Gitarre, denn ich musste das Kabel daran hinter mir herziehen, ohne dass ich damit etwas umwarf. Die hatte es einfach. Er schleppte sich vom Tisch zu einer x-beliebigen Akustikgitarre und war fertig zum Spielen. Da er anfangen musste, nickte ich ihm zu. Ich musste unwillkürlich lächeln, als ich seine Finger beobachtete, wie sie die Saiten anspielten. Diese jeden welchen wunderbaren Finger, die ich nicht minder an meinen Saiten mochte. Ich versuchte mich zu konzentrieren, als ich auch mit Spielen dran war und letztlich fand ich es wirklich so gut wie bei den Proben in meiner Wohnung. Ich grinste noch immer, als Die und ich fertig waren, dann ich war einfach überzeugt von dem Song! Beeindruckt sahen mich meine Freunde an. „Wow, und das Ding habt ihr schnell mal komponiert, als du eigentlich krank warst?“ Shinya war wie immer ein Blitzmerker. „So krank war ich ja nicht. Und Die hatte die Idee ja schon komplett im Kopf, also war es nicht so viel Arbeit,“ erklärte ich und sah erwartungsvoll auf den Songschreiber. „Was guckst du so?“ Kyo stand auf der Leitung wie gar so oft. „Das Lied muss mit drauf aus das Album, ganz klar.“ Das brachte ein riesiges Lächeln auf das Gesicht des Lollipops und ich freute mich nicht minder. Kyos Grinsen verriet mir, dass er nur mal wieder auf der Welle seine Poetenkunst reiten wollte. „Wir brauchen dafür aber einen richtig guten Text,“ sagte ich in bitterbösem Ernst. Schluss mit lustig. Kaspertheater hier. „Ein richtig guter Text schreibt sich aber auch nicht mal so.“ Dass Kyo immer alles so verkomplizieren musste. „Dazu brauch ich Ruhe und nicht den Stress, den die nächsten Wochen schon wieder versprechen.“ „Also... ich hab da vielleicht was,“ sagte Die und wir alle glotzten ihn wohl gleichermaßen verwundert an, als er einen Zettel aus seiner Hosentasche fummelte. „Das... das hab ich mal geschrieben.“ „Zeig.“ Kyo schnappte Die den Zettel aus der Hand und las, bis er anfing zu schmunzeln. „Das ja eine Schnulze, Die. Wäre vielleicht eher was für ein Gackt-Album, aber nagut...“ „Musst es ja nicht nehmen,“ bockte mein Freund und atmete tief ein und aus. Wann hatte er überhaupt begonnen Songtexte zu schreiben? „Ich nehme es mit und ändere hier und da ein paar Sachen, dann ist es gar nicht so übel,“ frotzelte Kyo und steckte sich den Zettel in die Jackentasche der Lederjacke, die über seinem Stuhl hing. Irgendwie starrte ich Die an. Er hatte einen Liedtext verfasst? Das war noch immer kaum zu glauben. Aber warum nicht? Am Ende waren es vielleicht ganz nett? Die lächelte mir kurz verlegen zu und ich wand meinen Blick ab. Jetzt war nicht die Zeit zum Grübeln, sondern zum Musikmachen und darauf freute ich mich wie ein Schneekönig! Erst nach Stunden machte ich eine erste Pause. Shinya war mit Toshiya losgefahren um etwas zu trinken zu holen, weil sie meinen Kaffee satt waren. Die spielte gerade Gitarre für Kyo, damit der noch ein wenig an den Vocals arbeiten konnte. Das war meine Chance. Neugierig fingerte ich den Zettel aus Kyos Lederjacke und faltete ihn auf. Das begann ich Dies Kanji zu entziffern. Gefallener Engel die Zeit die Last dein Schmerz in meiner Seele Gnade für immer in mein Herz „Na, beknackt, oder?“ Hilfe! Ich zuckte zusammen und drehte mich um, wo Die mich gerade erwischt hatte. Ich atmete erst einmal tief durch und las noch einmal kurz, bevor ich antworten konnte. „Vielleicht nicht optimal für Dir en grey, aber nichts desto trotz ein schöner Text.“ Mein Lächeln überzeugte ihn nicht, denn er sah mich ungläubig an. „Nicht ein wenig zu schnulzig?“ „Nein, ich mag ihn,“ nickte ich. „Ich hab dich gern schnulzig.“ Jetzt lachte Die und kratzte sich verlegen das Ohr. Er flüsterte dann: „Wenn wir hier fertig sind, treffen wir uns bei dir oder bei mir?“ „Bei dir,“ antwortete ich. „Ich hab dann was für dich.“ Die Nachttischlampe! Daran dachte ich! Nicht an neue Kondome und Gleitmittel! Dies doppeldeutigem Grinsen zufolge wäre er aber auch mit den anderen beiden Dingen zufrieden. „Super, da hab ich ja was, auf das ich mich freuen kann.“ Er zwinkerte mir noch kurz zu und lief dann zurück zu Kyo, der bereits nach ihm rief. Toshiya und Shinya waren bald wieder zurück und wir machten weiter bis zum Sonnenuntergang. Noch immer wurde Die durch Kyo vereinnahmt und ich ging gerade mit Shinya seinen Vorschlag für die Drums im neuen Song durch, als Toshiya offenbar Dies Songtext fand. Das war klar, als er begann ein penetrantes Kichern durch das Zimmer zu jagen. Und wer war wieder das Arschloch? Ich, denn ich hatte den Zettel offenbar achtlos auf dem Tisch liegen lassen. Ausbaden musste das aber der arme Die. „Meine Fresse, bist du ein Weichei,“ plapperte Toshi und lachte sich krumm. „Bist du verliebt, Die?“ Erst jetzt wurde er auf Toshiya und den Zettel in seiner Hand aufmerksam. Er schaute ihn grimmig an und legte die Gitarre beiseite. „Das ist ja sooo romantisch... für immer in mein Herz... dich muss es ja so dermaßen heftig erwischt haben, wenn du so ein Gesülze schreibst,“ kicherte das böse Tama-Totchi und hielt sich den Bauch vor Lachen. Die fand es aber gar nicht lustig und ging auf ihn zu. Er wollte ihm den Zettel wegnehmen, aber Toshiya rückte ihn nicht raus. „Gib schon her, Idiot.“ „Nö, sehe ich ja gar nicht ein. Ist dir das peinlich?“ Tosh konnte so blöd sein manchmal, so dass sogar ich jetzt mit den Augen rollte. Die schloss die Augen, zählte wohl offensichtlich gedanklich bis zehn oder so was, dann zuckte er mit den Schultern. „Ich geh eine rauchen. Sag bescheid, wenn der Kindergarten fertig ist.“ Und damit verließ er das Zimmer und ging auch den Balkon. Gut so, Die! Richtig. Ich war so stolz, dass er so cool war und sich nicht auf Toshiyas Kindergehabe eingelassen hatte. Ich schoss allerdings dem Bassisten einen Blick zu, der ihn schmollen ließ. „Gib her.“ Ich nahm ihm den Zettel ab, faltete ihn zusammen und steckte ihn zurück in Kyos Tasche. „Mann, für jemanden, der sich prügelt, wenn er ein bisschen gefoppt wird, hast du einen ganz schön großen Mund, Toshi. Hoffentlich rastet bei dir nicht mal jemand aus.“ „War doch nur Spaß,“ verteidigte er sich und hob die Hände. „Unter Brüdern.“ „Unter Wölfen meinst du,“ lachte ich. „Ja, lass es einfach in Zukunft.“ Schulterzuckend setzte sich Toshiya und steckte sich eine Kippe an. Ich ging stattdessen auf den Balkon um Die wieder reinzuholen. Er stand da draußen in der Kälte ohne Jacke, eine Hand in der Hosentasche und eine nahe am Körper, in der er die Zigarette hielt. Ich ging sicher, dass ich die Tür hinter mir auch zumachte und lief zu ihm rüber. Die schaute gar nicht zu mir, sondern einfach geradeaus auf die Nachtlichter der Stadt. Er sah so kalt aus. Vielleicht war mir auch nur kalt. Keine Ahnung, aber ich schlang meine Arme von hinten um seine Taille und drückte ihm einen Kuss in den Nacken. Da drehte er sich leicht um und lächelte mir zu. „Wir sollten langsam abbrechen. Für den ersten Arbeitstag sind wir schon viel zu lange hier,“ sagte ich und presste meine Wange gegen seine Schulter. „Ach, komm. Dir gefällt das doch,“ lachte Die und nahm die Hand aus der Hosentasche um sie auf meine zu legen. Sie war viel wärmer als ich. „Es gibt aber Dinge, die mir durchaus noch mehr gefallen als im Studio zu sein.“ Ich legte ihm grinsend mein Kinn auf die Schulter und ließ meine rechte Hand nach unten über seinen Hosenstall rutschen. Die nahm lachend noch einen letzten Zug von seiner Zigarette, bevor er sie in Richtung Aschenbecher beförderte und sich zu mir umdrehte und die Arme um mich legte. „Ja? Was sind denn das für Dinge, die du noch lieber tust?“ Das war ja fast schon gemein. Ich sollte hier nicht mit Die stehen und heiße Flirtspielchen machen, dessen war ich mir bewusst. Andererseits war es zu verlockend und endlich die einzigen paar Minuten, in denen ich mit ihm allein war. „Baden mit dir klingt sehr gut als Beispiel,“ begann ich und schob meine Hände über seinen nicht vorhandenen supersexy Hintern. „Oder Abendessen im Bett.“ „Und was gibt es?“ „Die au chocolat,“ erwiderte ich zuckersüß. „Ich reib dich mit Schokopudding ein und... ja.“ Da zog er mich ganz nah und küsste mich. Himmlisch. Wenn das ein Vorgeschmack war, verzichtete ich gern auf Schokopudding oder sonstige Süßigkeiten. Das süßeste aller Bonbons gehörte doch schon mir und als ich meine Zunge zum kosten ausfuhr, bestätigte sich mein Gedanke. Knutschen mit Die auf dem Balkon war der Himmel auf Erden. Ich konnte ihm gar nicht nahe genug sein und je inniger ich seinen Kuss erwiderte, umso wärmer wurde mir. Seine Hände fuhren mir durch das Haar und ich zog ihn so nah an mich heran, dass sich unsere Becken aneinander rieben. Das ging schon fast zu weit. Ich bekam schon kaum mit, als plötzlich ein klirrendes Geräusch die nette Atmosphäre unterbrach. Die erschrak, ich drehte mich nur langsam in Richtung des Störenfrieds. Ups. Da stand Toshiya in der Tür und hatte wohl gerade sein Bier fallen lassen. Wieso trank der überhaupt jetzt? Egal, seine Kinnlade war ihm bereits auf die Brust gerutscht und seine Augen so groß wie Untertassen. Wunderbar, da schaute auch schon Kyo neben Toshiya hervor und kurz darauf sah uns auch Shinya neugierig an. „Was denn los?“, fragte der Sänger und sah zwischen uns und Toshiya hin und her. „Tosh hat sein Bier fallen lassen,“ bemerkte Shinya schlau wie eh und je. Mir fehlten die Worte, der Mut ihnen zu sagen, warum Tosh aussah wie eine Leiche. Aber ich wollte auch nicht lügen. Also blieb ich still. Die auch. Da schnappte Toshiya auf einmal nach Luft. „Die haben geknutscht!“ „Was haben die?“, echote es von Kyo, so laut wie er normalerweise nur bei ‚saku’ schrie. Shinya fiel die Kinnlade auf den Boden. „Habt ihr doch! Ich hab es mit eigenen Augen gesehen!“ Toshiya richtete seinen Zeigefinger auf mich und Die. „Du—“ Er zeigte auf mich. „—hattest deine Zunge in dem da!“ Dann auf Die. „Und du hast ausgesehen, als ob du Kaoru auffuttern willst! Ihr! Ihr... ihr Knutscher!“ Jetzt reichte es aber. „Krieg dich wieder ein, Toshiya. Was wolltest du überhaupt hier?“ Die Taktik der Gegenfrage schlug allerdings fehl. „Komm mir nicht mit Fragen, die vom Thema ablenken sollen.“ „Oh ja, ist ja gut. Dann haben wir eben geknutscht.“ Ich steckte die Hände tief in meine Hosentaschen, lächelte lieblich und zuckte mit den Schultern. Den Coolen zu spielen fiel mir eben nicht schwer. War halt nur gespielt. „Ach so,“ meinte Kyo trocken. „Wenn ihr dann fertig seid? Ich brauch Die.“ Er drehte sich um, stockte und fügte noch hinzu: „Zum Gitarrespielen.“ Dann lief er einfach zurück hinein. Shinya sammelte seine Kinnlade vom Boden ein, kicherte kurz und verzog sich auch. Verblüfft über die anderen stemmte Toshiya die Hände in die Seite und lief denen hinterher, darüber meckernd, dass man ihn nie ernst nahm. „Das ging ja einfach,“ sagte Die leise und glotzte ziemlich dumm aus der Wäsche. „Zu einfach,“ stimmte ich zu und zog ihn hinter mir her zurück ins Studio. „Komm.“ Kyo schaute auf von seinem Platz. „Eine Frage hätte ich da allerdings noch. Knutscht ihr jetzt öfter oder nur mal aus Spaß an der Freude?“ „Das würde mich allerdings auch mal interessieren,“ stimmte der Bassist zu und pflanzte sich neben den Sänger. Sagte ich ja, dass es zu einfach gewesen war. Also gut, es mussten klare Worte her. „Ich...“ Noch mal Luft holen und dann los! „Ich liebe Die.“ Juhu, jetzt hatten alle bereits Augen in Tellergröße. „Wir sind jetzt zusammen. Seit vorgestern. Ähm... ja. Problem damit?“ Kyo zuckte mit den Schultern und wand sich seinem Liedtext zu. „Solange ihr nicht rummacht in meiner Nähe. Das unterbricht meine die-Welt-ist-schlecht-Gedanken, die ich zum Schreiben brauche.“ Das war eben Kyo und er brachte mich und Die fast zum Lächeln, wenn da nicht noch Toshi und Shin gewesen wären. „Deshalb haste mich so ausgequetscht darüber, was ich so über Homos denk,“ bemerkte der Bassist mit einem Gesicht, das deutlich darauf hinwies, wie ihm ein Licht aufgegangen ist. „Mann Kaoru, du Nuss. Hättest du ruhig sagen können, wenn du auf Typen stehst.“ Ich nahm das mal so hin. Es wäre eine zu lange Geschichte geworden, ihm jetzt zu erläutern, dass ich mir dessen damals noch gar nicht so sicher war. Ging ihn ja auch nichts an! „Bei Die war mir das fast schon klar. Der schaut dich schon immer so lüstern an,“ nickte Toshi und musterte uns. Ich sah Die an, fragend. Er sah mich an, lächelnd und schulterzuckend. Er hatte dem wohl auch nichts weiter hinzufügen. Beide schauten wir zum Drummer. „Was?“, fragte der und dreht sich weg. „Mir doch Jacke wie Hose, was ihr miteinander macht.“ So kannten wir unseren Shin und liebten ihn! Den kratzte nichts außer die Töle und sein Schlagzeug. „Können wir jetzt weitermachen?“, nervte Kyo. „Hab ich ja schneller Gitarre spielen gelernt, als bis ihr euch ausgekäst habt.“ „Ja, prima.“ Ich stimmte ihm da zu. „Wenn denn keine Fragen mehr sind, machen wir weiter.“ So ließ ich dann alle stehen, orderte Toshiya zu mir um mit ihm den Bassrhythmus zu besprechen und schickte Die zu Kyo. Shinya machte den Aufwasch. Und hier bin ich nun, mal wieder letzter, und packe meine Gitarre ein. Ich hatte Die gesagt, er solle schon gehen und etwas Essbares kaufen, nachdem Kyo ihn entlassen hatte. Der hatte einfach sein Songbook zugeklappt und ist abgezischt. Toshiya hoppelte auch nach Hause, nachdem ich ihn freigelassen hatte und Shinya hatte sich nach dem Aufwaschen sowieso schon verabschiedet. Alles ist beim Alten und doch... ist alles neu. Mit einem fetten Lächeln auf den Lippen knipse ich das Licht aus und gehe gedanklich noch mal den Plan durch: Einkaufen, zu Die fahren und dann... Spaß haben. Hier beginnt ein neuer Lebensabschnitt und auf den freue ich mich wie ein kleines Kind. Ich habe einen tollen Job, Erfolg, bin reich, habe die besten Freunde und teile mein Bett mit dem Mann, den ich liebe. Was will ich mehr? Und wenn wir nicht sterben, dann rocken wir weiter. Ende. ... So, meine Lieben, bitte sagt mir, ob es euch gefallen hat, konstruktive Kritik und ob ich noch mehr dergleichen schreiben soll. Vielleicht eine kleine Herz-Schmerz-Geschichte? ;) PS. Man sieht sich bei D’espairs! *loool* Und last but not least: der klassische Filmfehler! Mir ist mittendrin mal aufgefallen, dass Kaoru seine Ganesa überhaupt nimmer benutzt, ergo Müll geschrieben. ABER: wir können ja nicht wissen, ob Kao sie beim nächsten Album nicht wieder rauskramt.^___^ MENNO, eure lieben Kommis bringen mich zum Flennen!!! >.< Mäh. *schluchz* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)