Jedermanns Prügelknabe von KradNibeid (Leben in einer Welt aus Hass) ================================================================================ Prolog: So allein... -------------------- So allein... Vorsichtig rieb sich Lee über seine schmerzenden Rippen. Der alte Reisbauer hatte ihn heute noch härter als sonst geprügelt - und das nur, weil er aus Versehen eine Holzschale hatte fallen gelassen. Der Schale war noch nicht ein mal etwas passiert! Doch natürlich wurde er wieder dafür geschlagen. Wie immer. Gab es in diesem gottverdammten Dorf überhaupt jemanden, der ihn nicht schlug, trat oder auf andere Art Gewalt antat? Er kletterte über einen kleinen Felsen. Bald hatte er sein Versteck erreicht, dann konnte er sich etwas ausruhen. Er musste nur noch ein paar Meter schaffen. Doch das war leichter gesagt als getan mit einem Körper, der von blauen Flecken und Prellungen so übersät war, dass man seine ursprüngliche Hautfarbe fast nicht mehr ausmachen konnte. Doch endlich, endlich hatte er den letzten Felsblock erreicht, auf den er klettern musste, und dann konnte er schon seine Höhle sehen. Ja, seine Höhle. Denn niemand außer ihm kannte den Weg hierher, und niemand wusste von dem Loch im Fels, gut versteckt und nicht sichtbar, wenn man nicht direkt davor stand. Er hatte sie entdeckt, als er eines Tages völlig aufgelöst versucht hatte, aus dem Dorf wegzulaufen. Auf dem Weg hatte er sie gefunden und beschlossen, in ihr zu warten. Doch schon am Abend hatte er Hunger bekommen und war wieder ins Dorf, was ihm zur Strafe noch mehr Schläge einbrachte. Aber seitdem kam er immer wieder hier her. Die Höhle spendete ihm Trost, wie eine Mutter, die er nicht hatte. Nicht mehr. Denn sie war bei der Geburt seiner kleinen Schwester Mariah gestorben, schon vor neun Jahren. Doch er gab Mariah nicht die Schuld dafür, viel mehr versuchte er deshalb um so mehr, sich um seine kleine Schwester zu kümmern - denn wenn er sich schon nicht richtig an seine Mutter erinnern konnte und nur noch wusste, dass da etwas war, dass er vermisste, wie ging es dann wohl jemanden, der noch nie eine Mutter hatte? Doch die anderen aus dem Dorf ließen ihn kaum zu ihr. Er wäre schlechter Umgang für sie. Aber er war doch ihr Bruder! Es war eigentlich sogar seine Pflicht, sich um sie zu kümmern, selbst wenn er nur zwei Jahre älter war als sie. Er seufzte, brachte die letzten paar Meter in die Höhle hinter sich und lehnte sich gegen den kühlen Fels. Er tat gut in der sonst glühenden Mittagshitze Chinas. In den Bergen war es zwar etwas kühler, doch auch nicht viel. Nur oben, ganz oben, wo die Gipfel immer voll Schnee waren, war es immer kalt, hatten die Alten gesagt. Nicht zu ihm, doch er hörte oft ihren Gesprächen zu. Langsam versuchte er, sich zu entspannen und den Schmerz abklingen zu lassen. Doch es gelang ihm nicht all zu gut. Der alte Bauer hatte ihm wirklich ordentlich zugesetzt... Warme Tränen rannen ihm über die Wangen. Es tat so furchtbar weh, und er hatte niemanden. Niemanden, der ihn tröstete, der ihm sagte, dass alles vorbeigehen würde. Der ihm sagte, dass es jemanden gab, der ihn mochte... Er spürte einen stechenden Schmerz in der Brust, als ihm wie so oft klar wurde, dass er alleine war, alleine in einem Dorf von Leuten, die ihn hassten. Nur warum? Trotz der sich dadurch verschlimmernden Schmerzen rollte er sich zusammen. Auf einmal schien ihm die kühle Höhlenluft nicht mehr angenehm, sondern schneidend kalt. Auch war das heimelige Gefühl verschwunden. Wieso hassten ihn nur alle? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)