It's my Life von Rachelle_Jade ================================================================================ Prolog: -------- Unangenehme Stille herrschte hier. Einzig waren hastige Schritte von einigen Schwestern und Ärzten auf den Gängen zu hören. Es fiel ihm schwer diesen Gang entlang zu gehen. „Bis zum Ende und dann rechts.“ Eine einfache Wegbeschreibung für diese schweren Schritte. Da war diese Angst. Angst vor dem Anblick. Sein Herz schlug wieder einige Takte schneller. Aber eins stand fest, auf keinen Fall konnte er wieder umdrehen. Das wusste er und das wusste auch sie. Dieser unangenehme Desinfektionsgeruch lag in der Luft. Nein, das Krankenhaus war mit Sicherheit kein Ort, an dem man sich gerne aufhielt. Er spürte ihre warme Hand, wie sie leicht die seine drückte. Eine Art Aufmunterung. Das konnte er gebrauchen. Langsame beinahe schwerfällig wurden weitere Schritte getan. Und immer wieder diese Frage: Warum? Was war der Grund dafür? Wieder lief eine Schwester an ihnen vorbei. Sie hastete den Gang entlang. Es war viel zu tun. Hier war immer viel zu. Leider. Dieser Flur schien unendlich lang zu sein. Bedrückende Stille. Endlich: Das Ende. Jetzt noch nach rechts. Die große Tür. Vorsichtig, aber dennoch bestimmt klopfte er an. Keine Reaktion. Natürlich kam keine Reaktion. Ein kurzer Blick zu seiner Begleitung. Sie lächelte ihn aufmunternd an, obwohl es ihr selbst nicht sehr viel besser als ihm erging. Er öffnete die Tür und sie traten ein. Sein Herzschlag setzte für einige Sekunden aus. Gleichmäßiges Piepen war zu hören, gepaart mit lautem Atmen. Eine Gänsehaut lief ihm über den Rücken. Dort lag sie. Er hatte sich gefürchtet, sie so zu sehen. Ihre Haut war so blass und sie wirkte so hilflos, wie sie dort lag. Auf dem Tisch in der Ecke stand ein großer Blumestrauß. Er erstrahlte in den schönsten und kräftigsten Farben, die man sich nur vorstellen konnte. Zudem stellte er das einzig lebensfrohe in diesem Raum dar. Sie schlief ganz ruhig. Bemerkte gar nicht, dass jemand ihr Zimmer betreten hatte. Neben ihr befand sich der Ständer mit dem aufgehängten Tropf. Ein langer durchsichtiger Schlauch führte direkt zu ihrem Arm. Und wieder die alles entscheidende Frage: Warum? Musste es soweit kommen? Kapitel 1: The acceptance ------------------------- RIIIIING! Die Türklingel der Yagamis schrillte laut. Tai machte sich auf den Weg die Tür zu öffnen. Das sollte seine Freundin sein. Er hatte sie eigentlich schon eher erwartet. Schließlich hatte sie eigentlich vorgehabt gleich sofort nach dem Vorstellungsgespräch zu ihm zu kommen, um zu erzählen wie es gelaufen war. Den ganzen Nachmittag hatte er ihr die Daumen dafür gedrückt. Denn er wusste, wie viel ihr das ganze bedeutete und wünschte ihr nichts mehr, als dass sie angenommen würde. Erwartungsvoll öffnete er die Tür. Ohne jegliche Vorwarnung ließ sie ihre Handtasche auf den Bode fallen und sprang ihn regelrecht an. „Ich bin drin!“ Sie drückte sich an ihn. „Sie haben mich genommen!“ Etwas überrumpelt fing er sie auf. Der dunkelhaarige Strubbelkopf spürte, wie auch ihm ein Stein vom Herzen fiel vor Erleichterung. „Ehrlich? Das ist ja super!“ Er drückte seine Freundin an sich und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Ich bin stolz auf dich.“ Sie nickte und löste sich wieder von ihm. Auf ihrem Gesicht lag ein Strahlen. „Ich kann es selber kaum fassen!“ Sie hob ihre Handtasche vom Boden auf und kam mit in die Wohnung. Frau Yagami kam freudig lächelnd angelaufen. „Hab ich das gerade richtig gehört? Du wurdest aufgenommen?“ Mimi nickte. „Herzlichen Glückwunsch!“ Sie umarmte die junge Frau. „Das ist ja wirklich eine tolle Nachricht!“ „Danke..!“ Die beiden jungen Leute verschwanden in Taichis Zimmer. Er setzte sich aufs Bett und betrachtete sie. Er konnte wirklich stolz auf sie sein. Nicht jeder schaffte es auf dieser Schule aufgenommen zu werden. Eigentlich schafften das wirklich nur die Besten, aber auch die benötigten eine Portion Glück. Mimi stand vor ihm und strich sich eine Haarsträhne zurück. „Ich kann’s gar nicht richtig fassen..“ „Jetzt steht deiner Tanzkarriere ja nichts mehr im Weg..“ Er lächelte sie an und legte den Kopf schief. Dabei bemerkte er, dass sich in ihren Augen einige Tränen sammelten. Hastig versuchte sie diese mit den Händen wegzuwischen. Doch es gelang ihr nicht wirklich. Freudentränen liefen über ihre Wangen. Tai konnte sich nicht erinnern, wann er sie das letzte Mal so glücklich gesehen hatte. „Was sagt dein Vater dazu?“ „Bis jetzt noch gar nichts. Konnte ihn nicht erreichen. Er ist wieder auf irgendeinem wichtigen Meeting..“ Das überraschte Tai nicht. Seit dem Tod von Frau Tachikawa vergrub sich der Vater in seiner Arbeit. Eigentlich verbrachte er den gesamten Tag im Büro. Tai sah ihn so gut wie nie und auch Mimi schien ihn nur selten zu Gesicht zu bekommen. „Hast du versucht ihn auf Handy zu erreichen?“ „Das Ding ist aus..“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ach ist doch auch egal. Wahrscheinlich hat er eh vergessen, dass heute das Gespräch war..“ Tai zog sie zu sich. „Ach was, das glaub ich nicht. Er meldet sich bestimmt gleich, wenn er aus dem Meeting raus ist.“ Sie ließ sich von ihm auf seinen Schoß ziehen und kuschelte sich an ihn. „Wenn du meinst..“ „Bestimmt..“ Wenn Tai ehrlich war, glaubte er zwar auch nicht so ganz daran, aber er wollte ihr ja Mut machen. Sowieso konnte Tai wahrscheinlich an einer Hand abzählen, wie oft er den Vater in den letzten 1 ½ Jahren gesehen hatte. Dabei war er gar nicht so selten bei den Tachikawas Zuhause gewesen. „Ich muss Sora noch Bescheid geben!“ Tai nickte. „Ja, die hat sich wahrscheinlich mittlerweile ihre Daumen kaputt gedrückt.“ Mimi streckte ihm kurz die Zunge heraus und zog dann ihr Handy aus der Handtasche hervor. Während sie die Nummer wählte, kam ihr schon die nächste Idee: „Wie wär’s wenn wir heute Abend ein bisschen feiern? Zusammen mit den anderen?“ Sie blickte ihren Freund fragend an und lauschte den Wähltönen ihres Handys. „Klar. Das ist eine gute Idee.“ Seit einiger Zeit war ja auch endlich wieder alles in Ordnung zwischen den vier besten Freunden. Als damals Sora und Matt zusammengekommen waren, hatte sich einiges zwischen ihnen verändert. Irgendwie waren sowohl Tai, als auch Mimi sehr enttäuscht gewesen. Wobei zu erwähnen ist, dass Mimi sich das Ganze viel stärker zu Herzen genommen hatte. Tai dagegen war einfach nur enttäuscht darüber gewesen, dass mit einem Schlag seine beste Freundin, wie auch sein bester Freund weniger Zeit für ihn hatten. Aus der Not heraus hatten sich dann Tai und Mimi besser miteinander angefreundet. Denn Sora und Matt hatten scheinbar vor jede freie Minute miteinander zu verbringen. So ging das einige Wochen oder Monate. Mimi und Tai hatten sich in dieser Zeit immer besser kennen gelernt und irgendwann hatte sich daraus so etwas wie Liebe entwickelt. Wenn man so genauer darüber nachdachte, schien diese Beziehung eigentlich ziemlich merkwürdig. Früher hätte auch nie jemand gedacht, dass die beiden überhaupt Gemeinsamkeiten finden würde. So viele hatten sie auch nicht, aber eine Leidenschaft teilten sie: Ihren Sport. Beide wollten erfolgreich sein, hatten sich hohe Ziele gesteckt, die sie auf jeden Fall erreichen wollten. Bei Tai war es natürlich der Fußball. Sein, vielleicht unerreichbares, Ziel war es, einmal in der Nationalmannschaft zu spielen, seinen Lebensunterhalt mit dem Fußballspielen zu verdienen. Dementsprechend sahen seine Noten auch aus. Fürs Lernen hatte er einfach keine Zeit. Tagsüber verbrachte er die meiste Zeit auf dem Sportplatz. Egal welcher Wind und welches Wetter gerade herrschte. Abends traf er sich dann häufig mit Mimi. Sie verbrachte in der Woche die meiste Zeit beim Ballett oder anderen Tanzkursen. Angefangen hatte das alles mit ihrem Ballettunterricht als kleines Mädchen, in der Schule kam dann das Cheerleadertraining dazu. Und daraus hatte sich dann der Wunsch geformt, das Tanzen beruflich zu machen, professionell zu werden. Und es schien als wäre sie ihrem größten Wunsch einen großen Schritt näher gekommen. Heute hatte sie die Aufnahmeprüfung bei der bekanntesten und angesehensten Schule Japans bestanden. Ihr standen schon fast alle Türen offen. Während Taichi in Gedanken vertieft war, hatte Mimi bereits ein Treffen mit Sora und Matt für den Abend ausgemacht. Sie wollten sich in einer angesagten Cocktailbar treffen. „Erde an Tai… Erde an Tai…. Noch da?“ Die Dunkelhaarige wedelte mit einer Hand vor seiner Nase herum. „Mh? Was ist los?“ Er schreckte hoch, sie kicherte. „Bist du wieder in irgendwelche Tagträumereien vertieft?“ „Ach Quatsch..“ Er schüttelte leicht seinen Kopf. „Also.. ich hab jetzt mit den Beiden abgemacht, dass wir uns so gegen 8 in der Cocktailbar in der City treffen, ist das okay?“ Der Gefragte nickte. „Klar ist das okay, Prinzessin. Heute ist doch dein besonderer Tag..“ Sie lächelte ihn liebevoll an. „Klasse..!“ Ihr Blick fiel auf die Uhr. „Aber bis dahin haben wir ja noch ein bisschen Zeit..“ Sie ließ ihre Hand unter sein T-Shirt gleiten. „Bis dahin könnten wir ja noch einiges anstellen..“ Er musste kurz Grinsen. „Ach ja..?“, fragte er herausfordernd, doch ihre traute Zweisamkeit wurde unterbrochen, als Frau Yagami an die Tür klopfte und praktisch im nächsten Moment hereinkam. „Na ihr beiden, habt ihr Hunger..?“, fragte sie lächelnd Kapitel 2: The proposal ----------------------- Der Abend war mittlerweile weit voran geschritten und die vier Freunde hatten eine Menge miteinander gelacht. „Ich hätte gerne noch einen Tequila Sunrise..!“ bestellte Tai bei der Kellnerin und lehnte sich zufrieden in seinen Sessel aus Geflecht zurück. Im Hintergrund spielte ruhige Musik. „Also wenn wir alle so viel Glück wie Mimi haben werden, treffen wir uns hier in zehn Jahren wieder als erfolgreiche Erwachsene..“ Sora kicherte bei der Vorstellung. „Vielleicht haben wir da schon Kinder..“ Nun musste auch Mimi mitkichern. Während sich die beiden jungen Frauen weiter voller Freude ihre Zukunft ausmalten, blickte Matt seine Freundin von der Seite an. Er schien irgendwie nachdenklich zu sein, bemerkte Tai. Überhaupt war er im Gegensatz zu sonst irgendwie zurückhaltender gewesen. Ob ihn irgendwas bedrückte? Der Dunkelhaarige nahm sich vor, seinen besten Kumpel auf jeden Fall morgen mal anzurufen. Sie hatten eh schon länger keinen richtigen Männerabend mehr gemacht, da wurde es mal wieder Zeit. „Ich will dann jetzt auch mal. Bin hundemüde..“ Mimi strich sich eine Haarsträhne zurück und blickte lächelnd zu ihrem Freund. „Was? Jetzt schon?“ Sein Blick fiel auf den Cocktail, den er gerade serviert bekam. Sie nickte. „Japps.. war ein anstrengender Tag.. du kannst ja noch hier bleiben.“ Während sie die Worte aussprach, stand sie auf und beugte sich zu ihm. „Alles klar.. ich melde mich morgen bei dir. Schlaf schön..“ „Ich glaub, ich sollte auch mal los.“ Nun stand Matt ebenfalls auf und verabschiedete sich: „Hab morgen eine wichtige Bandprobe vor mir. Wir sehen uns..“ Er hob zum Abschied die Hand und die Beiden verschwanden. Taichi sah für einige Sekunden auf seinen Cocktail, bis er Sora anschaute. „Na, willst du mich jetzt auch noch verlassen?“, fragte er frech grinsend. „Ach Quatsch…“, erwiderte sie lächelnd. „Außerdem.. irgendjemand muss ja auf dich aufpassen.“ Sie streckte ihm kurz die Zunge raus. „Aufpassen?“ Er zog spielerisch die Augenbrauen hoch. „Auf mich? Tze.. wohl eher umgekehrt.“ Tai nahm einen großen Schluck vom Cocktail zu sich. Sora schüttelte leicht den Kopf und zupfte dann an ihrem Sweatshirt herum. Für einige Sekunden herrschte Stille, bis die Rothaarige das Wort ergriff. „Tai.. es gibt da etwas.. worüber ich reden müsste…“ Sie vermied seinen Blick und starrte auf die Tischdecke. „Na dann schieß mal los… weißt ja, mir kannste alles anvertrauen..“ „Es geht um…“ Sie stockte und holte dann noch einmal tief Luft. „Matt hat mir einen Antrag gemacht.“, kam es blitzschnell aus ihrem Mund. Sora eilte zur Haustür. Gerade hatte es geklingelt und Matt wollte eigentlich vorbeikommen. Sie wollten sich einen gemütlichen Nachmittag und anschließen einen schönen Abend beim Italiener machen. Schließlich war heute ein besonderer Tag. Ihr Jahrestag. Als sie die Tür öffnete, konnte sie erstmal außer Rosen nichts entdecken. Erschrocken wich sie einen Schritt zurück. „Matt?“ Dieser schob den Strauß ein bisschen bei Seite und schaute seine Freundin lächelnd an. „Für dich..!“, erklärte er strahlend. „Oh ähm.. danke..“ Etwas überrumpelt nahm Sora den riesigen Strauß entgegen. „Das ist ja echt..“ Ihr fehlten die Worte. „Die sehen echt toll aus..“ Sie ging in die Küche und Matt folgte ihr. Schnell hatte sie die Blumen in eine schöne blaue Vase verfrachtet und nahm diese nun mit in ihr Zimmer. Dort schloss sie Tür und der Blonde legte seine Arme um sie. Zärtlich küsste er sie auf die Lippen. „Aber das war noch nicht alles..“, flüsterte er in ihr Ohr. Sora bekam eine leichte Gänsehaut und schaute ihn fragend an. Er löste sich wieder von ihr und ging plötzlich vor ihr auf die Knie. Sora schoss das Blut ins Gesicht. Was hatte er vor? Doch nicht etwa..? Er nahm ihre Hand und schaute zu ihr auf. „Liebe Sora.. du hast es nun schon drei Jahre mit mir ausgehalten.. und ich hoffe, dass noch viele folgen werden,..“ Während er redete zog er mit seiner freien Hand ein kleines Kästchen aus der Jackentasche, welches einen Ring beinhaltete, „Deswegen will ich dich jetzt hier und heute fragen: Möchtest du meine Frau werden..?“ Erwartungsvoll blickte er sie an. Sora blieb der Atem weg. „W.. was?“ Sie starrte auf den silbernen Ring in dem schwarzen Schmuckkästchen. Er war schlicht und hatte oben einen kleinen, weißen Diamanten. „Natürlich nicht jetzt sofort.. irgendwann.. in ein paar Jahren.“, ergänzte Matt. „Ich..“ sie spürte, dass ihr heiß und schwindelig wurde. „Ich…“ Sie zog ihre Hand aus seiner und ging einige Schritte zurück. „Ich.. weiß nicht..“ Nun setzte sie sich auf ihr Sofa. Yamato war enttäuscht von ihrer Reaktion, versuchte sich allerdings nichts anmerken zu lassen. „Ist schon okay, ich meine..“ Er erhob sich wieder vom Fußboden und setzte sich neben sie auf das Sofa. „Das ist ja auch eine wichtige Entscheidung.. denk ruhig in Ruhe darüber nach..“ Sora nickte leicht. So vergingen die nächsten Minuten und Stunden eher unangenehm, beide wussten irgendwie nicht so Recht, was sie sagen oder wie sie sich verhalten sollten, bis der erlösende Anruf von Mimi kam. Daraufhin wurde das Abendessen beim Italiener kurzerhand verschoben, um gemeinsam mit ihren Freunden zu feiern.. „W.. was…?!“ Taichi verschluckte sich beinahe. Mit so einer Neuigkeit hatte er nicht gerechnet. Doch er fasste sich schnell. „Mensch Sora. Das ist ja großartig! Warum hast du das denn nicht früher gesagt? Hätten wir einen weiteren Grund zum Anstoßen gehabt!“ Seine beste Freundin schien jedoch weniger begeistert zu sein, noch immer vermied sie seinen Blick. Er legte seinen Arm über den Tisch auf ihre Hand. „Was ist los..?“, fragte er leise. Sie zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht.. es ist einfach.. ich weiß nicht, ob ich dafür bereit bin..“ Ihre Augen blickten seine Hilfe suchend an. „Ich mein.. schau uns doch an. Wir sind doch erst 17. Wir haben die meiste Zeit unseres Lebens noch vor uns..“ Sie biss sich auf die Unterlippe. Irgendwie bekam sie ein schlechtes Gewissen, dass sie nun hier mit Tai über ihre Zweifel sprach, statt mit Matt vorhin. „Na ja.. aber ihr seid doch schon drei Jahre zusammen und ihr liebt euch, oder..?“ Sora reagierte nicht auf seine Aussage, stattdessen starrte sie wieder auf die Tischdecke, was ihn etwas beunruhigte. „Sora?“, hakte er nach. Daraufhin zuckte sie leicht mit den Schultern. „Das ist alles sehr kompliziert.. ich meine.. ich denke schon, dass ich ihn liebe, aber..“ „Aber was..?“ Tai drückte leicht ihre Hand. Sie hob leicht ihren Kopf an, um ihn wieder anzuschauen. „Na ja.. also.. es ist einfach nicht mehr dasselbe. Ich meine, es fühlt sich nicht mehr an wie früher. Der ganze Kram mit dem Herzklopfen und so weiter. Es ist weg. Und..“ Sie stoppte. Sollte sie jetzt wirklich ihr ganzes Herz bei Tai ausschütten? War er der Richtige dafür? Taichi räusperte sich. „Ist das nicht normal? Wenn die erste Verliebtheit verschwindet, dann geht auch das Kribbeln, oder?“ Er schaute sie ganz ernst mit seinen braunen Augen an. „Und was danach kommt, sind doch dann viel stärkere Gefühle.. die, die einen zusammenhalten..“ Sora legte den Kopf schief und musste irgendwie etwas lachen. „Das ist verrückt, oder?“ Sie wischte sich die Tränen aus den Augen. „Ausgerechnet du hilfst mir bei Liebesangelegenheiten..? Das war früher aber anders..“ Auch er musste nun etwas lächeln. Damit hatte sie Recht. Eigentlich war Tai immer der Unerfahrene und Unwissende auf diesem Gebiet gewesen und hatte sich Rat bei Sora geholt. Bei wem auch sonst, wenn nicht bei der besten Freundin? Und nun saßen sie hier und er versuchte ihr die Liebe zu erklären. Sora schüttelte leicht den Kopf. „Aber wahrscheinlich hast du Recht.. das ist dann wohl Liebe.. aber trotzdem.. ich weiß nicht..“ Tai runzelte die Stirn. „Ihr müsst ja nicht sofort heiraten…“ Das Mädchen seufzte. „Es ist alles so verdammt kompliziert… ich meine, sind wir denn wirklich schon so weit? Du denkst doch auch nicht darüber nach Mimi zu heiraten, oder?“ Erschrocken zuckte Taichi zusammen. Heiraten? Er? Mimi? „Nein.“ Entschlossen schüttelte er den Kopf. „Jetzt auf keinen Fall. Wer weiß, was noch alles auf zukommt?“ Sora nickte. „Genau das mein ich ja eigentlich…“ Kapitel 3: Forever Young ------------------------ Merkwürdiger Abend… das war es wohl, was Taichi durch den Kopf ging, während er auf seinem Bett lag und die Decke über sich anstarrte. Es war stockdunkel in seinem Zimmer und eigentlich sollte er schon längst schlafen, aber es gelang ihm nicht. Soras Worte ließen ihn nicht in Ruhe. Nachdem sie über den Antrag gesprochen hatten, hatten sie noch ein wenig rumgealbert und danach hatte er sie nach Hause gebracht. Vielleicht begriff er auch erst jetzt richtig, was dieser Antrag bedeutete. Das war keine Kleinigkeit. Nein, es bedeutete ziemlich viel und da Matt sie gefragt hatte, ob Sora seine Frau sein wollte, musste er ziemlich viel für sie empfinden und sich auch seiner Gefühle sicher sein. Tai dachte an Mimi. Er griff nach seinem Handy, welches auf dem Nachttisch lag und schrieb schnell eine Sms: „Hey Süße. Bin jetzt auch zu Hause. Ich hoffe du schläfst schon tief und fest. Bis morgen, Tai.“ Danach legte er es wieder zurück und starrte weiterhin an die Decke. Wie würde er reagieren, wenn Mimi plötzlich auf die Idee kommen würde, ihm einen Antrag zu machen? Er schüttelte leicht den Kopf. Mimi war 16 und sie beide erst 1 ½ Jahre zusammen. Nein, Mimi würde nie auf eine solche Idee kommen. Dafür hatte sie einfach viel zu viele andere Träume und Wünsche, da konnte sie nicht auch noch an so was denken. Nun drehte sich Taichi auf die Seite. Eigentlich war er darüber auch froh, dass seine Freundin so war, wie sie war. Er war froh darüber mit ihr zusammen zu sein, aber ob das ein ganzes Leben lang anhielt? ~let's dance in style let's dance for a while heaven can wait we're only watching the sky hoping for the best but expecting the worst are you gonna drop the bomb or not let us die young or let us live forever don’t have the power but we never say never sitting in the sandpit life is a short trip music's for the sad man~ „Boah, ist das voll hier!“, rief Mimi den anderen begeistert zu. Die vier Freunde hatten soeben eine Diskothek betreten, in der sie zusammen mit vielen anderen von ihrer Schule den Beginn ihrer lang ersehnten Osterferien feiern wollten. Zuvor hatten sie den einen oder anderen Sekt oder das eine oder andere Bier bei Taichi getrunken. Während die Jungs erstmal versuchten die Bar anzusteuern, steuerte Mimi zielstrebig auf die Tanzfläche zu und zog Sora hinter sich her. „Wir stehen dann hier..!“, rief Tai den Mädels noch zu, damit sie sie später nicht suchten. Matt wirkte noch immer etwas angeschlagen, aber das konnte man ihm wohl auch kaum verübeln. Tai lehnte sich mit seinem Ellenbogen auf die Theke und blickte seinen besten Freund fragend an. „Also ich brauch jetzt erstmal ein Bier. Was ist mit dir?“ Der Blonde nickte. „Klingt nicht schlecht.“ Kurz darauf standen zwei gekühlte Bierflaschen vor ihnen. Die beiden Freunde stießen an und schauten zur Tanzfläche. Inmitten der tanzenden und schwitzenden Meute erkannten sie ihre Freundinnen. Sie schienen viel Spaß zu haben. Die Musik dröhnte und die verschiedenen Lichter blinkten und blitzten auf. ~can you imagine when this race is run turn our golden faces into the sun praising our leaders, getting in tune the music's played by the mad men~ Nun standen die jungen Männer schweigend nebeneinander. Eigentlich wartete Tai nur darauf, dass Matt beginnen würde von seinem Antrag zu erzählen, aber nichts dergleichen geschah. Plötzlich stand Mimi vor ihm. Keck zog sie ihm das Bier aus der Hand und trank selber einen Schluck davon. „Willst du nicht mit tanzen gehen?“ Sie legte den Kopf schief und sah den dunkelhaarigen Strubbelkopf mit ihren großen Augen bittend an. „Ach nee, lass mal.“ Er kratze sich verlegen am Hinterkopf. „Vielleicht nachher..“ „Ach komm schon!“ Sie nahm seine Hand und versuchte ihn mitzuziehen. Nun tauchte auch noch Sora auf. Sie lächelte etwas schüchtern Matt an und nahm ebenfalls seine Hand. „Bitte..“ Gerade noch bevor Matt ablehnen konnte, warf er einen weiteren Blick in ihre Augen und ließ sich seufzend überreden. „Na meinetwegen.. aber nur ein Lied.“ Kaum waren diese Worte ausgesprochen, zog Sora ihn lächelnd mit sich Richtung Tanzfläche. Daraufhin konnte auch Tai sich nicht länger entziehen und ließ sich mitschleifen. Es lief ein etwas langsameres Lied und Mimi legte die Arme auf Tais Schultern. Dieser hatte wieder einmal das Gefühl zwei linke Füße zu besitzen, was das Tanzen anging und wusste überhaupt nicht, wo er welchen hinsetzen sollte. Mimi ließ sich davon aber nicht weiter stören oder gar aus den Takt bringen. Etwas hilflos legte er seine Hände an ihre Taille und wünschte sich, dass das Lied bald zu Ende gehen würde. Und obwohl er selbst tanzen nun wirklich alles andere als mochte, tat er Mimi doch immer wieder den Gefallen. Zum Dank bekam er ihre vor Glück strahlenden Augen zu sehen. Er wusste wie sehr sie diese Momente liebte. Sie schmiegte sich an ihn und bewegte sich langsam mit ihm zum Takt der Musik. Er blickte kurz zu den anderen beiden hinüber. Auch sie schienen glücklich für diesen Moment zu sein. Matt flüsterte Sora anscheinend was ins Ohr, woraufhin sie selig lächelte. Mimi hob ihren Kopf wieder leicht und sah Tai direkt in seine Augen. „Danke..“, bemerkte sie leise und streichelte dabei leicht seinen Nacken. „Dafür doch nicht..“, erwiderte er und ließ eine Hand über ihren Rücken gleiten. Sie trug nur ein leichtes, rotes Top und er konnte beinahe ihre Haut spüren. Währenddessen lehnte sie sich mit ihrem Kopf wieder gegen seine Brust und flüsterte: „Ich liebe dich…“ ~forever young, i want to be forever young do you really want to live forever, forever, forever forever young, i want to be forever young do you really want to live forever, forever, forever~ „Puh.. frische Luft tut echt gut..“ Mimi nickte Sora zustimmend zu. „Japps, da hast du Recht.“ Sie streckte sich etwas und blickte gen Himmel. Sowohl Tai, als auch Matt hatten sich relativ schnell nach dem Tanz wieder an die Bar verzogen, während die Mädchen kräftig weiter getanzt hatten, doch auch ihnen ging irgendwann die Puste aus. Sora betrachtete ihre beste Freundin und fragte sich, ob sie ihr nicht auch von dem Antrag erzählen sollte. Denn Tai hatte es ja anscheinend nicht getan, sonst hätte Mimi schon ganz anderes reagiert. Während Sora noch mit diesen Gedanken beschäftigt war, hatte Mimi schon wieder genug Kraft geschöpft. „Also, ich will jetzt wieder rein. Kommst du mit?“, fragte sie lächelnd. „Mh.. nein, ich glaub, ich bleib noch einen Augenblick hier…“ „Alles klar.. bis gleich!“ Die Dunkelhaarige machte sich mit beschwingtem Schritt wieder auf zur Tanzfläche. ~some like water and some are like the heat, some are melodies, some are the beat, sooner or later they'll all be gone, why don't they stay out it's hard to get on without a cause, i don't want to perish like a fading voice, youth is like diamonds in the sun, diamonds are forever so many adventures couldn't happen today so many songs we forgot to play so many dreams swinging out of the blue left to come true~ Ein paar Sekunden blickte Sora ihr noch nach und seufzte leicht, als sie plötzlich eine Hand auf ihrer Schulter spürte. Erschrocken drehte sie sich um. „Hey, alles in Ordnung mit dir?“ Sie blickte in zwei braune Augen und für einen Augenblick spürte sie ihr Herz schneller schlagen. „Ja klar..“ Mit einem Nicken bekräftigte sie ihre Aussage. „Dann ist ja gut..“ Er steckte seine Hände in die Hosentaschen und lehnte sich gegen die kühle Wand. „Gibt’s schon irgendwas Neues?“, fragend blickte er sie an. „Nein, also ich meine.. wir haben noch nicht darüber gesprochen… falls du das meinst..“ „Mhm..“ Nun lehnte er auch noch seinen Kopf gegen die Wand und schaute gen Himmel. Die Sonne war schon beinahe ganz untergegangen und die ersten Sterne glitzerten am Firmament. Für einige Sekunden herrschte Stille zwischen ihnen, bis Taichi sich von der Wand abstieß. „Hast du Lust auf nen kleinen Spaziergang? Die Luft da drinne“, er deutete zum Eingang der Diskothek, „ist mir etwas zu stickig.“ „Gerne..“ erwiderte sie und so machten sie sich auf den Weg. Wohin, das wusste sie nicht. Aber eigentlich war das auch egal. Während sie so nebeneinander herliefen, redeten sie kaum. Beide schienen die Ruhe zu genießen. Irgendwann kamen sie bei einem verlassenen Kinderspielplatz an. „Oh das trifft sich gut.“, bemerkte Sora und setzte sich auf die Schaukel. „Meine Beine fühlen sich schon so schwer an.“ Taichi konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen und setzte sich mit verschränkten Armen auf das Geländer der Schaukel. „Hoffentlich macht Matt sich keine Sorgen, wo ich abgeblieben bin..“, ging es Sora durch den Sinn. Tai zuckte mit den Schultern. „Zur Not fragt er Mimi. Ich hab ihr Bescheid gesagt, dass ich kurz raus will.“ „Dann ist ja gut..“ Sora lehnte sich mit ihrem Gesicht gegen die kalte Kette, mit welcher die Schaukel befestigt war. „Soll ich dir ein bisschen Schwung geben?“, fragte Tai grinsend und kaum hatte er die Worte ausgesprochen, war er auch schon aufgestanden und hatte sich hinter sie gestellt. „Achtung festhalten.“ Vorsichtig stieß er die Schaukel an. „Hey..!“ Sora musste kichern. „Lass das.“ Sie tat lieber, was er sagte und hielt sich mit beiden Händen an den Ketten fest. „Lass das? Das klang früher aber anders. Da hieß das immer: „Schneller, höher, streng dich doch mal an, Tai!““, erinnerte er sich grinsend und stieß die Schaukel weiter an. „Ja früher..!“ Sora musste nun lachen. „Aber doch nicht heute.. Ich hab doch was getrunken.“, mittlerweile schaukelte sie schon ziemlich hoch, „Nachher wird mir noch schlecht davon.“, trotz dieser Befürchtung lachte sie weiter. „Ewww.. Sag mir bloß früh genug Bescheid.“ Auch er konnte sich ein Lachen kaum noch verkneifen, machte aber dennoch weiter. „Bitte hör auf..“ Sie wurde vom Lachen unterbrochen, „sonst fall ich gleich noch runter..“ Tai ließ ab. „Oh.. das kann ich natürlich nicht verantworten.“ Er stoppte die Schaukel vorsichtig wieder und berührte dabei zufällig ihre Hand. Fühlte sich irgendwie ganz anders an als sonst. Schließlich stand er noch immer hinter ihr, als die Schaukel endlich wieder still hielt und Sora lehnte ihren Kopf gegen seine Brust. „Fast wie früher..“, meinte sie lächelnd. Dem konnte Taichi nicht so ganz zustimmen. Irgendwas war anders. Es fühlte sich einfach ganz anders an als damals, lag wahrscheinlich an den veränderten Umständen, redete er sich ein. Beide blickten zum dunklen Himmel und betrachteten die Sterne. Er wollte da jetzt besser auch nicht weiter drüber nachdenken, sondern einfach nur den Moment genießen… ~forever young, i want to be forever young, do you really want to live forever forever, forever forever young, i want to be forever young do you really want to live forever forever, forever forever young, i want to be forever young do you really want to live forever, forever, forever forever young, i want to be forever young do you really want to live forever, forever, forever…~ Kapitel 4: Disclosing a Secret ------------------------------ „Ihr werdet es den Flaschen schon zeigen!!!“, rief Mimi aufs Spielfeld, während sie auf der Tribüne stand. Sitzen konnte sie nicht, sie musste schon stehen, während sie ihre Mannschaft anfeuerte. Sie pfiff ordentlich in die Pfeife, schwenkte eine kleine Fahne mit dem Symbol der Mannschaft und trug natürlich auch eins der Trikots. Wie bei jedem Fußballspiel war sie total aufgeregt und feuerte die Jungs tatkräftig an. Ihre größte Aufmerksamkeit galt dabei natürlich dem Captain, ihrem Freund. Endlich kamen die Spieler aufs Feld gelaufen. Taichi winkte ihnen kurz zu und kurz darauf war Anpfiff. Für einen Augenblick setzte sich Mimi wieder auf ihren Platz, um sofort wieder aufzuspringen, nachdem sich die erste Torchance ergeben hatte. Sora wirkte im Gegensatz zu Mimi beinahe desinteressiert, obwohl sie das natürlich nicht war. Sie interessierte sich für den Sport, schließlich hatte sie ihn selbst viele Jahre ausgeführt. Außerdem wollte sie natürlich auch, dass ihre Schulmannschaft gewann. Doch sie ging längst nicht mit so viel Enthusiasmus daran, wie ihre beste Freundin. Dafür gingen ihr auch einfach immer noch viel zu viele Dinge durch den Kopf. Sie hatte Matt noch immer keine Antwort gegeben. Es war einfach zu schwierig und ihren Eltern hatte sie davon auch noch nichts erzählt. Sie konnte sich gut vorstellen, dass diese dagegen sein würden. Aber genug davon, sie war hier, um sich ein tolles Spiel anzuschauen. Natürlich konnte sie sich noch sehr gut an die Bolzzeiten damals mit Tai erinnern. Jetzt saß sie hier und beobachtete ihn beim Spielen. Sein Körper wirkte durchtrainiert und Schweißperlen waren auf seiner Stirn zu erkennen. Sein braunes Haar wirkte durch das hin- und hergelaufe noch wirrer als sonst. Sie musste etwas lächeln. Obwohl es nicht danach aussah, fühlten sich seine Haare ganz weich an. Früher hatte sie es geliebt, darin rumzuwuscheln. Damals als sie noch Kinder waren und das Leben verhältnismäßig unkompliziert war. „Ja gibt’s denn so was?! Das war doch ganz klar ein Foul!“, regte sich Mimi neben ihr auf. „Was ist denn das für ein Schiri? Kann jawohl nicht angehen! Man hat doch ganz deutlich gesehen, dass das Absicht war, oder nicht?“, fragend blickte sie Sora an. „Ich äh.. hab gerade nicht aufgepasst.“ Mimi wendete sich kopfschüttelnd wieder zum Spielfeld. Sora seufzte. Was tat sie hier überhaupt? „Hey, ihr habt echt super gespielt!“, freudig ließ sie sich in seine Arme fallen. „Den Sieg habt ihr euch verdient..“ Er erwiderte ihre Umarmung und drückte sie noch einmal kurz an sich. „Danke Prinzessin. Jetzt will ich aber schnell duschen gehen.“ Er lächelte sie an und wischte sich mit dem Arm über die Stirn. „Alles klar. Ich warte dann hier..“ Sie setzte sich auf eine Bank neben dem alten Backsteingebäude, in dem sich die Umkleiden und Duschen befanden. Flink zog sie ihr Handy hervor, um zu schauen, ob Sora geantwortet hatte. Diese war nämlich plötzlich verschwunden gewesen, ohne vorher Bescheid zu geben. Natürlich hatte Mimi sich Sorgen gemacht, dass irgendwas passiert war. Anscheinend war dies aber unnötig gewesen. „Sorry, mir ist plötzlich eingefallen, dass ich meiner Mutter noch helfen musste. Wünsche euch beiden noch einen schönen Abend. Sora“ Mimi las die Sms und runzelte leicht die Stirn. Bescheid sagen können, hätte sie ja trotzdem. Sie lehnte sich gegen die Wand und blickte gen Himmel. Es vergingen noch einige Minuten und man konnte hier draußen die Jungen grölen hören. Nach erfolgreichen Spielen waren sie immer so aufgekratzt und feierten irgendwo ihren Sieg. Als Freundin vom Captain des Teams war sie selbstverständlich auch immer eingeladen. Weitere Minuten vergingen. Sie zog aus ihrer Handtasche eine Zigarettenpackung plus Feuerzeug und zündete sich anschließen einen Glimmstängel davon an. Genüsslich zog sie daran, als Taichi plötzlich vor ihr stand. Verständnislos blickte er sie an. „Was tust du da?“ „Mh?“ Sie legte den Kopf schief und blickte ihn fragend an. Zuerst verstand sie gar nicht, was er meinte, bis ihr dann auffiel, dass sie ja eine Zigarette in der Hand hielt. Bisher hatte sie Taichi noch gar nicht von ihrem neuen Laster erzählt. Sie zuckte leicht mit den Schultern und lächelte unschuldig. „Ist doch nichts dabei.“ „Wann hast du damit angefangen?“ Wieder zuckte sie mit den Schultern. „Keine Ahnung. Vor zwei Wochen oder so…“ Die Zigarette war beinahe aufgeraucht und Mimi drückte sie lieber auf den Steinen aus. „Ist doch nichts schlimmes, oder?“ Sie hüpfte von der Bank und stand nun direkt vor ihm. Er ging einige Schritte zurück, wollte gerade etwas erwidern, aber da kamen schon seine Teamkameraden aus dem Gebäude heraus. „Wir gehen jetzt zu der Kneipe an der Ecke, kommt ihr mit?“ „Klar!“, erwiderte Mimi freudig, nahm Tais Hand und lief mit ihm hinter den anderen her. Etwas aufgeregt stand Sora in ihrem Zimmer. Jetzt war die Gelegenheit. Ihre Eltern saßen beide unten im Wohnzimmer und schauten irgendwas im Fernsehen. Sie bräuchte einfach nur runtergehen und ihnen von der frohen Botschaft zu erzählen. Denn normalerweise war es doch eine frohe Botschaft, einen Heiratsantrag zu kriegen, oder etwa nicht? Sora seufzte. In ihrem Kopf drehte sich schon wieder alles und sie bekam Kopfschmerzen vom vielen Nachdenken. Vielleicht könnten ihre Eltern ihr helfen? Sie waren schließlich schon älter und erfahrener. Und was war wenn nicht? Sora schloss kurz die Augen. Nein, sie würde es ihnen jetzt sagen. Es gab kein zurück. Mit langsamen Schritten näherte sie sich dem Wohnzimmer. Zuerst blieb sie in der Tür stehen und blickte zu ihren Eltern. Ihre Mutter bemerkte sie natürlich sofort und drehte sich zu ihr. „Gibt’s irgendwas, Schätzchen?“ Sora biss sich auf die Unterlippe. „Na ja.. könnte man so sagen...“ „Na dann komm her.“ Der Vater drehte währenddessen den Fernseher leiser und die junge Frau setzte sich auf den Stubenhocker direkt vor ihre Eltern. „Also es ist so..“ Sie holte noch einmal tief Luft. Jetzt gab es kein zurück mehr. „Matt hat mir einen Heiratsantrag gemacht.“ Einige Sekunden herrschte Schweigen, bis sich die Mutter wieder gefangen hatte. „Das.. ist ja mal ne Überraschung.“ Prüfend sah sie ihre Tochter an. Sie wusste nicht, ob sie sich für sie freuen sollte, oder nicht. So begeistert schien sie ja auch nicht zu sein. Herr Takenouchi legte seine Hand auf den Arm seiner Tochter. „Und? Was hast du geantwortet…?“ Sora zuckte mit den Schultern. „bis jetzt noch gar nichts..“, flüsterte sie. Die Eltern warfen sich gegenseitig bedeutungsvolle Blicke zu und beide nahmen daraufhin ihre Tochter gemeinsam in den Arm. Es war, als würde eine unglaublich schwere Last von Sora herunterfallen, plötzlich liefen ihr einige Tränen die Wangen hinunter. „Das macht doch nichts..“, flüsterte ihre Mutter. Für einige Minuten verharrten sie so, bis Sora sich löste. „Was meint ihr denn dazu?“, fragend blickte die Tochter ihre Eltern an. Der Vater reichte ihr zunächst einmal ein Taschentuch. „Das ist natürlich eine schwierige Entscheidung. Ich denke, ihr solltet nichts überstürzen..“ Frau Takenouchi legte den Kopf schief und blickte ihre Tochter liebevoll an. „Auf jeden Fall werden wir hinter dir stehen..“, ergänzte der Vater. Sora schluchzte. „Aber woher weiß ich, wie ich die richtige Entscheidung treffe..?“ „Das kann dir nur dein Herz sagen..“ Kapitel 5: Clouds are rolling in -------------------------------- Nervös lief er in seinem Zimmer auf und ab. Endlich hatte sie angerufen, hatte die Erlösung angekündigt. Aufgeregt strich er sich durchs Haar. Nach so vielen Tagen des elenden Wartens, sollte es heute endlich so weit sein. Die Zeiger der Wanduhr tickerten laut vor sich hin und dennoch schienen sie still zu stehen. Natürlich fürchtete er sich auch etwas vor ihrer Antwort, aber die Ungewissheit war noch viel schlimmer gewesen. Riiing! Die Klingel. Endlich. Mit eiligen Schritten erreichte er die Tür und öffnete diese. Sora. Seine Sora stand dort. Ein unsicheres Lächeln zierte ihr Gesicht. Er beugte sich vor, um ihr einen Kuss zu geben. „Darf ich reinkommen?“, fragte sie schüchtern. „Aber natürlich!“ Matt gab ihr den Weg frei und schloss die Tür wieder hinter ihr. Sein Herz schlug beinahe Purzelbäume vor Aufregung. Sie ging den Flur entlang und blickte kurz ins Wohnzimmer. „Ist dein Dad nicht da?“ „Nein, der muss noch arbeiten..“ „Achso..“, sie lief weiter in die Richtung seines Zimmers. „Möchtest du was trinken?“ „Nein, danke.“ In seinem Zimmer setzte sie sich auf sein Bett. Es herrschte eine angespannte Situation und sie vermied seinen Blick, bis er sich neben sie setzte. Erwartungsvoll blickte er sie an. Sora nahm seine Hand. „Matt, versteh das bitte nicht falsch, aber ich denke, wir sind noch zu jung dafür…“ Ab diesem Punkt schaltete er komplett ab. Er konnte ihr nicht weiter zu hören. Ein Alptraum. Dies musste ein Alptraum sein. Anders war es nicht zu erklären. Sie lehnte seinen Antrag ab. Sie liebte ihn nicht genügend. Er schluckte. Fixierte sich auf einen Punkt an der gegenüberliegenden Wand, obwohl er doch eigentlich gar nicht hinsah. Dieser unglaubliche Schmerz, der plötzlich im Brustkorb auftrat und dazu diese Taubheit, die sich im restlichen Körper ausbreitete. Sora redete noch weiter, aber kein einziges Wort drang mehr zu ihm durch. „Schau uns doch an. Wir sind gerade erst 17 Jahre alt, wollen beide unseren Schulabschluss machen.. und wer weiß schon was danach kommt?“ Sie blickte ihn kurz von der Seite an. „Ich mein, ich liebe dich natürlich. Mehr als alles andere auf der Welt, aber ich bin einfach noch nicht so weit..“ Was hatte sie gerade gesagt? Behauptete sie tatsächlich, sie würde ihn lieben? Nein, das konnte nicht sein. Denn dann wäre sie bereit nach drei Jahren den nächsten Schritt zu gehen. Er wollte sie doch gar nicht sofort heiraten. Sie könnten sich doch alle Zeit der Welt lassen. Zur Bestätigung wiederholte sie noch einmal, dass sie ihn liebte. Seine Hand ballte sich zu einer Faust. Er wurde wütend. Wie konnte sie behaupten sie würde ihn lieben? Heiße Tränen liefen über seine Wangen. Sora schaute ihren Freund an. Er sagte nichts. Rein gar nichts. Wieso reagierte er denn nicht? „Und deswegen möchte ich, dass sich nichts zwischen uns ändert. Ich meine, wir sind doch noch immer zusammen, oder etwa nicht?“ Schloss sie ihre Rede ab und sah ihn fragend an. Sie bemerkte seine Tränen. Vorsichtig wischte sie mit ihrer Hand darüber. Noch immer zusammen? Als wäre nichts gewesen? Wollte sie ihn verhöhnen? Und dann auch noch diese Berührung. Weitere kleine Tränen flossen. Nein, er konnte jetzt nicht so tun, als wäre nichts gewesen. Grob schob er ihre Hand beiseite und stand auf. „So geht das nicht Sora.“, brachte er mühsam hervor. „Ich kann das nicht.“ Verzweifelt strich er sich seine blonden Haare zurück. „Ich brauch… eine Beziehungspause oder so was. Ich muss erstmal in Ruhe nachdenken…“ Erschrocken blickte sie ihn an. Beziehungspause? Meinte er das ernst? In diesem Moment, wurde ihr plötzlich kalt. Sie stand auf und nickte ihm zu. Damit hatte sie nicht gerechnet, aber sie wollte jetzt nicht auch noch vor ihm weinen. „Okay… dann melde dich bei mir…“ „Wollen wir gleich mal eine Pause machen?“ Tai und Mimi joggten nun schon die zehnte Runde durch den Park. „Mh?“ Sie zog eine Augenbraue hoch. „Wieso, bist du etwa schon aus der Puste?“ „Ach was.. ich hab nur an dein Wohl gedacht.“ Erwiderte er grinsend. „Das glaub ich dir nicht.“ Beide mussten etwas lachen, wodurch sie etwas aus dem Takt kamen. Ungefähr zweimal in der Woche ging das Paar gemeinsam Joggen. Er, um seine Kondition neben dem Fußballtraining zu trainieren und sie, um ihr Gewicht zu halten, für die Tanzschule. Es war schließlich wichtig seinen Körper in Form zu behalten. „Okay, lass uns eine kurze Pause machen..“ Mimi stützte sich mit einer Hand am Baum ab. Das Wetter war angenehm. Nicht zu warm und nicht zu kalt. Taichi nahm sich seine Wasserflasche und trank einen großen Schluck daraus. „Möchtest du auch?“, er streckte sie ihr entgegen. „Danke..“, lächelnd nahm sie an und trank ebenfalls. Nach einigen Minuten hatten sich beide auf das weiche Gras gesetzt. Er lehnte mit dem Rücken gegen den Baum und sie hatte ihren Kopf auf seinen ausgestreckten Beinen gebettet, lag also neben ihm. Sanft streichelte er durch ihr Haar, während sie an seinem Handy rumfummelte. Ihm fiel wieder ein, dass sie mit dem Rauchen angefangen hatte. Bisher hatten sie noch gar nicht weiter darüber gesprochen. An dem Abend war keine Zeit mehr dafür gewesen und dann hatte er es auch wieder vergessen, oder wahrscheinlich eher verdrängt. Als Leistungssportler lehnte er Rauchen generell ab und war auch nicht gerade begeistert davon, dass seine Freundin damit angefangen hatte. Gerade als er etwas sagen wollte, piepte sein Handy. „Oh.. eine Sms!“, rief Mimi begeistert. „Von Sora..“ ergänzte sie und gerade als sie den Knopf zum Lesen der Sms drücken wollte, nahm Taichi ihr das Mobiltelefon ab. „Hey..!“, rief er grinsend. „Das darfst du doch nicht lesen. Nachher erfährst du noch von unserer heimlichen Affäre..!“, erklärte er lachend und las die Sms. Im nächsten Moment war er mehr als froh, dass er Mimi das Handy weggenommen hatte, wenn auch nur aus Spaß. „Ich hab den Antrag abgelehnt. Jetzt will er eine Beziehungspause. Ich fühl mich so scheiße.“ Taichi schluckte. Während Mimi noch rumkicherte und sich über die „heimliche Affäre“ lustig machte, gingen Tai tausend Gedanken durch den Kopf. Er musste jetzt zu Sora. Sie trösten, aber wie sollte er das Mimi so schnell erklären? Das würde sie nicht verstehen. Mittlerweile war diese in Sitzposition übergegangen und blickte ihn fragend an. „Ist irgendwas passiert? Du wirkst auf einmal so ernst.“ Noch bevor er ihr antworten konnte, klingelte sein Handy. Unbekannt. „Ja hallo?“ „Oh hey Matt, was gibt’s?“ Als wenn er das nicht schon längst wüsste… „Was? Oh shit…“ Mimi blickte ihn sichtlich verwirrt an. Was war eigentlich los? „Mach jetzt keinen scheiß, okay? Ich muss hier eben was abklären. Meld mich dann gleich wieder bei dir.“ Der Dunkelhaarige legte das Handy beiseite. Seine besten Freunde brauchten ihn jetzt beide. Was sollte er tun? „Was ist denn passiert?“ Mimi. Sie wusste doch gar nichts von dem Ganzen. „Nichts Besonderes. Ich muss nur leider gleich weg.“ Wenn er bloß wüsste wohin. „Nichts Besonderes?“, wiederholte sie zweifelnd. „Du bekommst eine Sms von Sora und nach dem Lesen siehst du aus, als wäre jemand gestorben. Danach bekommst du einen Anruf von Matt, der auch nicht gerade besonders positiv klang. Was geht hier vor?“ Er saß in der Zwickmühle. Wie sollte er ihr das jetzt bloß erklären? Sie blickte ihn an, heftete ihn mit ihren braunen Augen fest. Er legte seine Hand beruhigend auf ihren Arm. „Da ist was zwischen den Beiden vorgefallen, aber das sollte dir besser einer von denen erklären.“ Wütend sprang Mimi auf. „Was ist denn hier los verdammt? Werde ich jetzt ausgeschlossen, oder was? Alle wissen davon, nur die doofe Mimi nicht?“ Taichi stand ebenfalls auf. „Nein, natürlich nicht. Es ist nur…“ Wie sollte er ihr das erklären? Was konnte er denn dafür, wenn sowohl Matt, als auch Sora sich eher ihm anvertraut hatten? „Was ist es nur? Warum erzählt meine beste Freundin lieber alles meinem Freund, als mir?“ Er verstand ihre Wut, irgendwie.. aber er konnte doch auch nichts dafür und Beziehungsstress konnte er jetzt nicht gerade auch noch gebrauchen. „Bitte beruhig dich doch Mimi…“ Sie schüttelte den Kopf. „Kümmere dich halt um Beide, auch wenn wir verabredet waren. Mir doch egal!“ Sie drehte sich um. „Und sag mir dich einfach nächstes Mal Bescheid, wenn ich unerwünscht bin. Dann lasse ich euch drei alleine…“ Wütend stapfte sie von davon… Kapitel 6: Friends in misery ---------------------------- Stille. Keine lärmenden Geräusche um sie herum. Die Wolken zogen sich immer dichter zusammen. Ihr Vater war nicht Zuhause, wie immer. Es waren kaum Autos auf der Straße unterwegs. Sie biss sich auf die Lippen. Hatte sie eben über reagiert? Mit der rechten Hand öffnete sie das Fenster. Wenn etwas zwischen Sora und Matt vorgefallen war, konnte Taichi doch eigentlich nichts dafür, oder? Nein, er konnte nichts dafür, aber er hätte mir ihr darüber sprechen können, hätte sie nicht so auflaufen lassen müssen. Geschickt setzte sie sich längs auf die Fensterbank. Und was war denn überhaupt so schlimmes vorgefallen? Warum hatte sich Sora nicht bei ihr gemeldet? Sie fischte nach ihrer Handtasche auf dem Bett und warf einen kurzen Blick auf ihr Handy. Nichts. Rein gar nichts. Kein Anruf, keine Sms. Enttäuscht ließ sie das Mobiltelefon auf ihr Bett fallen und nahm die Zigarettenschachtel aus ihrer Handtasche. Sie zündete sich eine an und atmete einen tiefen Zug ein. Normal war das nicht, oder? Es fielen erste dicke Regentropfen auf die Straße. Mimi nahm einen weiteren Zug. Der Wind nahm langsam aber sicher auch zu. Weitere Tropfen fielen vom Himmel, während sie ein weiteres Mal an ihrer Zigarette zog. Ihr fiel ein, was Tai vom Rauchen hielt, aber es war ihr egal. Ein Donnergrollen war in der Ferne zu hören. Sie suchte den Himmel nach Blitzen ab und merkte nicht, dass währenddessen ihr Handy wild am Blinken war wegen eines Anrufes. Nach Mimi's Abgang war Tai zuerst etwas durcheinander. Sollte er ihr hinterher laufen? Ihr alles erklären? Nein, entschied er sich nach kurzer Überlegung. Zuerst einmal musste er sich um seine Freunde kümmern, das war schon schwierig genug, danach würde er sich mit Mimi auseinander setzen. Er war sich sicher, sie würde das verstehen. Zu wem sollte er jetzt bloß zuerst gehen? Er fühlte sich wie in einer Zwickmühle. Entschied sich dann jedoch für Matt, schließlich hatte er ihm am Telefon zugesagt, sich gleich wieder zu melden. In Gedanken hoffte er bloß, dass Soras Eltern Zuhause waren beziehungsweise, dass sie sich vielleicht bei Mimi melden würde. Taichi eilte zum Eingang des Parks, wo er sein Fahrrad abgestellte hatte. Schnell fuhr er los und kam auch schon nach kurzer Zeit bei Yamato an. Nachdem Matt seinem besten Freund die ganze Situation geschildert hatte, floss eine Träne über seine Wange. Tai musste diese ganzen Informationen erstmal verdauen. Warum hatte Sora nicht erst einmal mit ihm über ihre Entscheidung gesprochen? Dann hätte ihn das ganze nicht so überrumpelt. Der Dunkelhaarige schaute zu seinem besten Freund und erkannte die Tränen. Er musste schlucken. Natürlich wusste er, dass es ihn ziemlich getroffen hatte, aber um ehrlich zu sein, hatte er seinen besten Freund noch nie weinen gesehen und wäre wohl auch ziemlich froh gewesen, wenn ihm das erspart geblieben wäre. Die Stimmung war mehr als erdrückend und er wusste auch nicht, was er tröstendes sagen konnte. Matt kämpfte derweil weiter mit den Tränen. So sehr er es auch versuchte, er konnte sie nicht unterdrücken und nun entfloh ihm auch noch ein Schluchzer Taichi zuckte leicht zusammen und legte einen Arm um seinen Kumpel. "Hey, komm schon.. sie hat doch gesagt, dass sie dich liebt..." Der Blonde schüttelte den Kopf. "Was sind diese Worte denn wert...?" "Du weißt genau, dass diese drei Worte sehr wertvoll sind... du musste dich nur erstmal wieder etwas beruhigen.." Er stand auf und ging zum Schrank hinüber. Jahrelang ging er in diesem Haus nun schon ein und aus und kannte sich demnach bestens aus. Im Schrank fand er eine Flasche Wodka und eine Packung Orangensaft. "Wie wärs erstmal damit?" Er hob beide Sachen in die Luft und sah fragend Matt an. Dieser zuckte mit den Schultern. Wahrscheinlich war es tatsächlich erstmal das Beste die ganze Scheiße aus dem Kopf zu saufen. Stundenlang saß Sora nun schon alleine in ihrem Zimmer. Sie fühlte sich so schrecklich einsam. Ihre Eltern wussten zwar Bescheid, aber das waren zu diesem Zeitpunkt nicht die richtigen Ansprechpartner. Das Wetter schien sich ihrem Gemütszustand anzupassen. Schon seit einigen Stunden regnete es mit vereinzelten Blitzen und Donnergrollen. Nachdem Taichi sich nicht auf ihre Sms gemeldet hatte, hatte sie nach langem hin- und herÜberlegen sich dazu entschieden, Mimi anzurufen. Diese hatte allerdings nicht abgenommen und im Nachhinein war Sora auch froh darüber gewesen. Sie hätte einfach nicht gewusst, wie sie ihrer besten Freundin die ganze Situation hätte erklären können. Immer mal wieder erleuchtete ein Blitz ihrer Zimmer. Ihr war übel von der ganzen Sache und sie verstand noch immer nicht, was nun zwischen Matt und ihr war. Sie wollte doch niemals ihre Beziehung aufgeben. Das war wirklich das Allerletzte, was sie gewollt hatte. Mittlerweile flossen keine Tränen mehr über ihre Wangen, sie hatte beinahe das Gefühl, als wären ihre Tränenkanälchen ausgetrocknet. Plötzlich ließ sie ein lautes Geräusch an ihrem Fenster hoch schrecken. Verwirrt stand sie auf und öffnete es. Vor ihr stand ein völlig durchnässter Taichi Yagami. Fragend blickte sie ihn an. "Sorry, ich weiß, ich bin spät dran." Seine Haare hingen schlaff an den Seiten herunter, so voll gesogen mit Wasser waren sie. "Und weil's eh schon so spät ist, wollte ich nicht mehr klingeln." Sora ging beiseite und sagte: "Komm rein..." Sie hatte ihm den Rücken zugekehrt und war schon dabei in ihrem Schrank nach passenden, trockenen Klamotten für ihn zu suchen. Sie war unglaublich enttäuscht gewesen, dass er sich auf ihre Sms nicht gemeldet hatte und jetzt fühlte sie sich irgendwie erleichtert, dass er doch noch gekommen war. Also war sie ja doch nicht ganz alleine. Währenddessen bemerkte sie nicht, dass Taichi mehrere Anläufe brauchte, ins Zimmer hineinzukommen und als er es dann endlich geschafft hatte, beinahe ihren Fernseher umgeschmissen hatte. "Wo kommst du denn so spät noch her..?" Sie zog ein T-Shirt von Matt aus ihrem Schrank. Das sollte Tai wohl ungefähr passen. Dieser winkte ab. "Frag lieber nicht.." Schwerfällig ließ er sich aufs Bett plumpsen. "Es tut mir einfach Leid, dass noch nicht vorher hier war. Wie geht es dir jetzt?" Sie schloss den Schrank und warf ihm ein T-Shirt und ein Handtuch entgegen. "Na ja.. scheiße trifft es wohl am besten." Taichi griff nach dem Handtuch und begann seine Haare trocken zu rubbeln. Sora beobachtete ihn. "Sag mal, hast du getrunken?" "Fast gar nicht..." Der Dunkelhaarige kämpfte noch immer mit dem Handtuch. Zumindest hatte er versucht nicht allzu viel zu trinken. Sich selbst hatte er nur ganz harmlose Mischungen gemacht, aber leider hatte Matt immer sofort, wenn Taichi einen Schluck getrunken hatte, puren Wodka nach geschenkt. Als Yamato dann irgendwann erschöpft ins Bett fiel, wusste Tai, dass der Blonde zwar morgen einen ziemlichen Kater haben würde, aber dass er sich auch besser fühlen würde. Sie hatten sehr viel miteinander gesprochen und man hatte von Minute zu Minute gemerkt, wie es besser wurde. "Zieh doch zuerst einmal die nasse Hose und das T-Shirt aus, bevor du noch krank wirst..." Zweifelnd blickte der Dunkelhaarige sie an. "Deswegen hab ich dir doch extra ein neues Shirt rausgesucht. Und unter deiner Hose wirst du wohl Shorts tragen und keinen Stringtanga.." Sie verdrehte die Augen. In diesem kurzen Augenblick dachte sie mal nicht Matt. Die Situation hatte irgendwie was von früher. Obwohl es Sora total beschissen ging, schaffte Taichi es mit seiner dusseligen Art sie abzulenken. "Okay.." Die Hose zog er mehr oder weniger im Sitzen aus, während er sich für das Shirt hinstellte. Die Rothaarige schüttelte leicht den Kopf. Während er so hin und her schwankte beim Abtrocknen und Umziehen, musste sie beinahe Grinsen. Als er dann fertig war, kam er auf sie zu und nahm sie in den Arm. Genau das war es, was sie so dringend den ganzen Abend über gebraucht hatte. Plötzlich flossen wieder Tränen über ihre Wangen. "Ich fühle mich so schlecht...", schluchzte sie flüsternd in sein Ohr. "Ich wollte das alles nicht.. nicht so.." Er drückte sie leicht an sich. "Beruhig' dich Sora.. Es ist nicht so schlimm, wie du denkst..." Sie erwiderte seine Umarmung. "Woher willst du das bloß wissen...? Du warst nicht dabei.. er hat es so ernst gesagt.." "Vertrau mir einfach.." Kapitel 7: Hurricane -------------------- Nach dem Unwetter in der letzten Nacht herrschte nun eine beinahe schon unheimliche Stille. Die ersten Tierchen trauten sich wieder aus ihren Verstecken hervor und so konnte man vereinzelt schon den einen oder anderen Vogel zwitschern hören. Tief atmete sie die vom Regen gereinigte Luft ein. Noch lange hatte sie gestern nachgedacht, nachdem sie auf dem Mobiltelefon gesehen hatte, dass Sora versucht hatte sie zu erreichen. Nun war sie auf dem Weg zu ihr. Sie wollte nicht nachtragend sein, sondern stattdessen versuchen auf sie zu zugehen. Vielleicht hatte es ja tatsächlich einen Grund, warum sie sich zuerst Tai anvertraut hatte? Von dem war sie allerdings immer noch ein wenig enttäuscht. Er hatte sich seit gestern Nachmittag nicht mehr gemeldet. Kein Anruf, nicht einmal eine Sms... Schon nach wenigen Minuten war Mimi bei ihrem Ziel angekommen. Unterwegs hatte sie bei einem Bäcker angehalten, um ein paar Brötchen mitzunehmen. Schließlich war es noch recht früh am Morgen und was gab es schöneres als mit der besten Freundin gemütlich zu frühstücken? Sie schloss ihr Fahrrad ab und klingelte bei den Takenouchis. Frau Takenouchi öffnete nach kurzer Zeit die Tür. „Oh, guten Morgen Mimi.“ Sie lächelte fröhlich. „Mit dir hab ich jetzt ja gar nicht gerechnet.“ „Guten Morgen.“, erwiderte Mimi freundlich, „Ist Sora schon wach?“ „Mh.. um ehrlich zu sein, weiß ich das gar nicht genau. Zumindest ist sie mir heute noch nicht über den Weg gelaufen. Du weißt ja, wo ihr Zimmer ist. Kannst sie ruhig aufwecken, ist ja schon spät genug.“ Die Dunkelhaarige nickte und betrat das Haus... Mh... was für eine angenehme Wärme... Sora streckte ihr Bein etwas, behielt die Augen aber noch fest geschlossen. Erstaunlicherweise hatte sie doch eine recht ruhige Nacht hinter sich. Beinahe schon erholsam war sie ihr vorgekommen. Sie blinzelte leicht mit dem rechten Augen. Waren das gar Sonnenstrahlen, die sie an ihrer Nasenspitze kitzelten? Aus der Küche wehte ein angenehmer Kaffeegeruch in ihr Zimmer. Sie streckte sich noch etwas und beschloss, dass dieser Tag viel besser werden würde, als der gestrige, als sie plötzlich abrupt aus ihrer Aufwachphase herausgerissen wurde. Ein lautes Klopfen gefolgt von einem beinahe noch lauterem „Guten Mooorgen!“, ließ sie erschrocken die Augen aufreißen. Der Blick Richtung Tür verriet ihr, dass eine gut gelaunte Mimi in der Tür stand. „Morgen..“, murmelte Sora. Irgendwie war sie leicht irritiert darüber, dass Mimi hier war. Sie kratzte sich verdutzt am Kopf. Gerade wollte sie noch etwas sagen, als aus der anderen Ecke ihres Zimmers ein brummelndes Geräusch kam. Richtig.... Tai war ja für den Rest der Nacht hier geblieben... Schnell blickte sie zu Mimi. „Es ist..“ Doch diese schien ab diesem Moment Sora gar nicht mehr zu beachten. Eiligen Schrittes ging sie auf die Couch zu und zog dem noch Schlafenden die Decke weg. Braune, wuschelige Haare kamen zum Vorschein. Nein, das konnte doch nicht wahr sein! „Tai!“, stieß sie entsetzt hervor. Der Angesprochene riss ebenfalls erschrocken die Augen auf. „Mimi?“ Sie spürte förmlich wie ihr Puls in die Höhe schoss. Was sollte das denn jetzt? Was machte ihr Freund hier?! Sora war mittlerweile aus ihrem Bett gekrochen gekommen und versuchte die Situation zu erklären, aber Mimi hörte kein einziges Wort. Sie starrte bloß auf Tai. Ihre ganze Wut von gestern kochte wieder auf. „Was tust du hier?! Willst du mich eigentlich verarschen? Ich frag mich, warum du dich nicht bei mir meldest, und was ist? Ich finde dich hier bei meiner besten Freundin! Während ich über unseren Streit von gestern nachdenke, machst du dir einen vergnüglichen, gemütlichen Abend oder wie sieht das aus? Und der liebe Herr hat es noch nicht einmal nötig sich bei seiner Freundin zu melden!“ Die Worten schossen nur so aus ihr raus und ihre Stimme klang immer schriller und wütender. „Wahrscheinlich hast du den letzten Abend noch nicht einmal einen einzigen Gedanken an mich verschwendet!“ Ohne darüber nachzudenken griff sie nach der Vase, die auf der Kommode stand und warf sie voller Wut in seine Richtung. Ohne abzuwarten, ob sie ihr Ziel überhaupt traf, drehte sie sich um und verschwand mit großen Schritten. Um ein Haar hätte sie Taichi mit ihrem Wurfgeschoss am Kopf getroffen, wenn dieser sich nicht geistesgegenwärtig gebückt hätte. Mit einem lauten Knall traf die Vase auf die Wand auf und zerschellte in viele kleine Teile. „Mimi...!“ Doch diese war schon längst verschwunden. „Verdammt, ich muss ihr sofort hinterher.“ Noch nie war Tai morgens so schnell aus dem Bett gekommen, wie heute. Hastig griff er nach seiner Hose und fasste dabei direkt in eine der Scherben. „Argh.. fuck..“ „Pass auf..“ Doch Soras Warnung kam schon zu spät. Dickes Blut floss aus der Wunde. „Zeig mal her..“ Sie nahm seine Hand und schaute, wie tief der Schnitt war. Tai riss seine Hand weg. „Dafür hab ich jetzt keine Zeit.“ Er begann sich seine Hose anzuziehen. „Mensch Tai, schau doch mal, wie das Blut da fließt. Das muss erstmal versorgt werden..“ Was für ein grauenvoller Morgen war das gewesen.. Morgen traf es eigentlich gar nicht. Eher Vormittag oder Mittag. Zumindest war es ein grauenvolles Erwachen gewesen. So einen Kater hatte er schon lange nicht mehr gehabt. Die Kopfschmerzen waren auch ziemlich bemerkenswert. Da hatten nur einige Paracetamol, zwei Liter Wasser und eine kalte Dusche geholfen. Jetzt fühlte er sich zumindest wieder einigermaßen menschlich an. An Essen konnte er noch nicht wirklich denken, aber das machte ja auch nichts. In der Nacht hatte er von Sora geträumt. Es waren durchweg positive Ereignisse gewesen, die er in diesem Traum mit ihr erlebt hatte. Außerdem hatte das Gespräch mit Taichi auch ziemlich gut getan. Sein bester Freund hatte ihm immens den Kopf gewaschen und das nicht nur mit Worten. Der Wodka hatte wohl seinen Teil dazu beigetragen. Zumindest verstand Matt nun Soras Entscheidung, Dies bedeutete nicht, dass er nun auch so handeln würde, sondern lediglich, warum sie so reagiert hatte. Mittlerweile fand er auch, dass er gestern ziemlich ungerecht zu ihr gewesen war. Es war ihre Entscheidung und er musste sie so akzeptieren. Schließlich liebte er dieses Mädchen und das bestimmt nicht, weil sie zu allem ja und amen sagte. Mittlerweile war es später Nachmittag, er holte noch einmal tief Luft und klopfte dann an ihre Zimmertüre an. Herr Takenouchi war so nett gewesen und hatte ihn vorhin rein gelassen. „Kannst reinkommen..“, ertönte ihre Stimme von Innen. Matt trat also ein und fand Sora auf ihrem Bett vor, während sie gelangweilt von einem Sender zum anderen zappte. Ihr Blick war noch immer auf den Fernseher gerichtet. Leicht verunsichert räusperte sich der Blonde. Erschrocken zuckte Sora zusammen und drehte sich zu ihm. „M...Matt?“ Sofort schaltete sie den Fernseher aus und blickte ihn fragend an. „Hey.“ Er hob seine rechte Hand leicht zur Begrüßung und kam sich dabei irgendwie selten dämlich vor. Wann hatten sie sich das letzte Mal aus so einer Entfernung begrüßt? Sora stand vom Bett auf und strich nervös ihre Haare hinter den Ohren zurück. „Na ja.. also.. wegen gestern..“ Yamato fehlten irgendwie die richtigen Worte. „Ich... ich hab nochmal darüber nachgedacht.“ Wieder machte er eine kurze Sprechpause. „Es war doof von mir so zu reagieren.. natürlich möchte ich keine Beziehungspause.“ Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, hing das Mädchen schon in seinen Armen und drückte sich ganz fest an ihn. Dankbar schloss er seine Arme um ihren zarten Körper und atmete erleichtert ihren wohligen Geruch ein. Kapitel 8: Just a dream ----------------------- „Hallo Taichi. Mimi müsste eigentlich in ihrem Zimmer sein..“ „Danke.“ Tai trat ein und schloss die Haustür hinter sich. Völlig verdutzt schaute er dem Vater seiner Freundin nach. Um ehrlich zu sein, wunderte er sich, dass dieser ihn überhaupt noch erkannte hatte. Es schien eine Ewigkeit herzusein, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Etwas mulmig war ihm zumute, während er den Flur entlang ging zum Zimmer von Mimi. Sie war zurecht wütend auf ihn, dennoch hoffte er, dass sie sich mittlerweile ein bißchen beruhigt hatte. Vorsichtig klopfte er an, doch es kam keine Reaktion. Tai öffnete die Tür, aber es war nichts zu sehen von Mimi. Langsam trat er ein. Wahrscheinlich war sie gerade im Badezimmer oder so was. Er lehnte sich gegen das Fenster und ließ seinen Blick schweifen. Der Schreibtisch war aufgeräumt wie immer. Auch wenn man es ihr gar nicht ansah, hielt sie doch bei bestimmten Dinge eine gewisse Ordnung. Es standen zwei, drei Bilder neben dem Monitor ihres PCs. Eins zeigte ihn und sie zusammen. Sie lachten und strahlten und in die Kamera. Dort waren sie zusammen auf einer Feier gewesen. Das musste ziemlich am Anfang ihrer Beziehung gewesen sein. Neben ihrem Schreibtisch stand ein vollkommen überfüllter Mülleimer. Wenn Taichi Mimi nicht so gut kennen würde, hätte er darauf gewettet, dass sie eine Fressorgie hinter sich hatte. Aus dem Mülleimer quollen nämlich nur Chipstüten, Verpackungen von Schokoladen und Bonbons. Aber er wusste ja, dass das wahrscheinlich der Müll aus dem gesamten letzten Jahr war, da seine Freundin immer etwas länger brauchte, um den Müll raus zubringen. Er schaute sich noch etwas weiter um und nach einigen Minuten kam sie dann ins Zimmer. Irgendwie sah sie blass und erschöpft aus. „Was willst du denn hier?“, waren ihre ersten Worte, nachdem sie ihn entdeckt hatte. Sie ging rüber zu ihrer Handtasche, die auf dem Schreibtisch lag und zog eine Packung Kaugummis hervor. „Mich entschuldigen...“ Tai stieß sich von der Wand ab und ging einige Schritte auf sie zu. „Das heute morgen war ne blöde Situation, und du hattest Recht, ich hätte mich wirklich zwischendurch bei dir melden sollen.“ Er biss sich leicht auf die Unterlippe und beobachtete ihre Reaktion. Diese war eigentlich kaum vorhanden, da sie damit beschäftigt war, sich eins der Kaugummis in den Mund zu stecken. In diesem Moment war es ihm dann auch völlig egal, dass weder Matt noch Sora Mimi irgendwas von der ganzen Geschichte erzählt hatten, dann würde er das jetzt halt tun. „Weißt du, es ist so, dass Matt Sora einen Heiratsantrag gemacht hat.“ Leicht erschrocken schaute sie ihn nun an. „Sora brauchte aber erstmal Bedenkzeit und dann hat sie ihm gesagt, dass sie noch nicht bereit dafür ist. Das ist genau gestern passiert. Daraufhin hat Matt dann eine Beziehungspause verlangt. Deswegen fühlten sich beide scheiße und wollten mit mir sprechen.“ Das war eine knappe Fassung der Ereignisse gewesen. Mimi schien kurz darüber nachzudenken. Sie legte den Kopf schief. „Und warum warst du über Nacht bei Sora?“ „Ja.. weil ich gestern Nachmittag erstmal zu Matt gefahren bin. Und wie das halt so ist, hat sich das ganze in die Länge gezogen und es ist ne Menge Alkohol geflossen. Weil ich dann aber ein schlechtes Gewissen bekommen hab, bin ich anschließend zu Sora gefahren. Da bin ich dann klitschnass angekommen und hab versucht sie etwas zu trösten. Da es dann mitten in der Nacht war und es draußen tierisch regnete, hab ich dort übernachtet...“ Er zuckte mit den Schultern. Mehr konnte er dazu nicht sagen. Schließlich wusste sie, dass er und Sora schon ewig beste Freunde waren und es früher des öfteren mal vorgekommen war, dass die Beiden beieinander übernachtet hatten. Was sollte er dazu jetzt noch sagen? Mimi seufzte. „Was hast du mit deinem Finger gemacht?“, fragte sie, nachdem sie einen Verband an Tais Hand entdeckt hatte. „Hab aus versehen in einen Haufen Scherben einer Vase gegriffen, als ich meiner Freundin hinterher eilen wollte.“ An ihrem Ton hatte er erkannt, dass sie eigentlich gar nicht mehr so wütend auf ihn war. Leicht bedrückt schaute sie ihn an. „Tut es sehr doll weh?“ „Ach.. nur halb so schlimm..“ Leicht verschmitzt lächelte sie ihn an. „Dann ist ja gut..“ und machte vorsichtig einige Schritte auf ihn zu. Er breitete seine Arme aus und zog sie an sich. Sie erwiderte seine Umarmung, während er ihr einen sanften Kuss auf die Stirn gab. Seine Hände glitten über ihre Seiten Es fühlte sich gut an. Die Augen hielt sie dabei fest geschlossen. Langsam näherte er sich mit seinem Gesicht ihren. Sie spürte seinen warmen Atem an ihrer Wange. Ihr Herz schlug schneller und sie spürte eine ungewohnte Aufgeregtheit. Vorsichtig legte er seine Lippen auf ihre. Seine Zunge stupsten sie dabei leicht an, um Eintritt zu erhalten. Natürlich ließ sie ihn sofort gewähren. Leidenschaftlich umschlungen sie sich. Er schmeckte so vertraut und gleichzeitig anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Beinahe schüchtern ließ er seine Hände unter ihr Shirt gleiten, dabei hatte er sie doch schon so häufig berührt? Seine Hände hinterließen überall auf ihren Körper ein wohliges Kribbeln. Sie begann nun ebenfalls ihre Hände über seinen Körper gleiten zu lassen. Er fühlte sich unglaublich gut an. So muskulös, aber doch irgendwie zart. Nun begann er ihren Hals mit tausenden kleinen Küsschen zu übersehen. Sie fühlten sich an, wie kleine Schmetterlinge, die eine kurze Pause während ihres Fluges einlegten. Bald darauf spürte sie wieder seine warmen Hände, wie sie an ihren Armen entlang strichen und dann bei ihren Händen endeten. Ihre Finger verschränkten sich ineinander und wieder wurde ihr Körper von einem wohligen Kribbeln durchflutet. Es folgte ein sanfter Kuss. Sie öffnete ihre Augen, um gleich wieder in seinen versinken zu können. Oh ja... diese braunen Augen waren wie geschaffen dafür.... Erschrocken wachte Sora auf. Ihr Herz schlug ihr fast zum Halse. Sie saß kerzengerade im Bett. Neben ihr lag Matt und schlief noch fest und tief. Sein Atem ging ganz gleichmäßig. Sie fasste sich mit einer Hand an die Stirn. Das konnte doch nicht wahr sein. Hatte sie gerade wirklich geträumt, dass sie verführt wurde? Und das von niemand geringerem als Taichi Yagami? Ihr wurde ganz heiß und kalt bei der Vorstellung. Zum Glück war es dunkel, sonst würde noch jemand sehen, dass sie knallrot anlief. Sie schämte sich regelrecht für diesen Traum. Während ihr Freund neben ihr lag und friedlich schlief, träumte sie von Taichi. Gottseidank war sie aufgewacht, bevor noch irgendwas schlimmeres passieren konnte. Neben ihr war ein leises Grunzen zu hören. Langsam entspannte sie sich wieder etwas und lehnte sich zurück. „Ist irgendwas passiert..?“, murmelte Yamato und drehte sich zu ihr. Sora schüttelte den Kopf: „Nein, ich hab nur.. einen komischen Traum gehabt..“ Sie schloss die Augen und versuchte wieder einzuschlafen. Doch leider war sie dafür viel zu aufgewühlt. Wieso träumte sie denn so etwas, hatte das irgendwas zu bedeuten? Sie drehte sich auf die Seite und blickte noch einmal auf ihren Wecker. 1. 32 Uhr.. Es war wirklich Zeit wieder einzuschlafen. Doch sie musste an ihn denken, an seine Berührungen, musste daran denken, wie es weiter gegangen wäre, wenn sie nicht aufgewacht wäre.. Kapitel 9: Under favor of Night ------------------------------- Einige Wochen später.. „Shit... wie sieht das denn aus? Sora schau doch mal...“ Mimi stand verzweifelt vor ihrem Wandspiegel. Heute war der Tag des Abschlussballs. Natürlich nicht von Sora, Matt, Tai und Mimi, die hatten noch ein Jahr vor sich. Aber da Mimi jetzt ja von ihrer Schule abging, um auf die Tanzschule zu gehen, wollte sie diesen Abend perfekt aussehen. Schon vor Wochen hatte sie sich ein wunderschönes Abendkleid gekauft. Es war weinrot und verziert mit einigen Bändern und Schleifchen. Als sie es ausgesucht hatte, hatte es noch perfekt gesessen, aber nun hing es beinahe wie ein schlaffer Kartoffelsack an ihr runter. Sora trat hinter sie und musterte sie im Spiegel. „Hast du abgenommen?“ Zwischen den vier Freunden war mittlerweile auch wieder alles in Ordnung. Zwar nahm Mimi es ihnen in ihrem Innersten noch immer übel, dass niemand mit ihr über den Antrag gesprochen hatte, aber sie versuchte sich damit abzufinden und nicht allzu nachtragend zu sein. „Also nein.. eigentlich nicht. Zumindest nicht so viel. Man.. muss ich vorher fett gewesen sein“ Die Rothaarige verdrehte die Augen. „Du hast 'nen Knall.“ „Wieso? Als Tänzerin muss man nun mal schlank sein..“ Mimi betrachtete sich weiter im Spiegel. „Was soll ich denn jetzt machen? So kann ich doch niemals heute Abend da auftauchen!“ Sora begann währenddessen das Kleidungsstück abzustecken. „Zieh das Kleid erstmal aus.. ich versuch mal, was ich machen kann.“ Gesagt, getan. Schnell hatte Mimi das Kleid ausgezogen und einen Bademantel übergeworfen. Sie ging hinüber zum Fenster, öffnete es und steckte sich eine Zigarette an. Sora nahm das Kleid und machte sich daran mit den Näharbeiten zu beginnen. Als wenn sie es geahnt hätte, hatte sich vorsichtshalber ihren Nähkram mitgebracht. Denn eigentlich war es fast immer so, dass wenn sie zusammen unterwegs gingen, dass Mimi noch irgendwas an ihren Klamotten umgeändert haben wollte. Sie blickte zu ihrer besten Freundin herüber: „Du bist mittlerweile schon zu einer richtigen Kettenraucherin geworden.“, bemerkte sie. „Ach was.“ Die Angesprochene winkte ab. „Was sagt Taichi eigentlich dazu?“ Die Dunkelhaarige nahm einen tiefen Zug. „Er ist nicht gerade begeistert, aber muss es wohl akzeptieren.“ Kurz darauf drückte sie die Zigarette wieder aus und schnippste sie aus dem Fenster. „Ich geh dann mal eben schnell duschen.“ Sie schloss das Fenster wieder und ging zu Sora hinüber. „Danke Süße.. du bist echt die Beste..!“ mit diesen Worten verschwand sie im Badezimmer. Der Abend war schon weit voran geschritten. Sora hatte es tatsächlich noch hin bekommen, dass Mimi in ihrem Kleid wunderschön aussah. Zumindest für Taichi war sie das hübscheste Mädchen, das er sich vorstellen konnte. Er stand an der Theke gelehnt und beobachtete sie auf der Tanzfläche, während er an seinem Bier nippte. Wenn er jetzt darüber nachdachte, dass sie nach den Sommerferien nicht mehr auf die selbe Schule gingen, wurde er irgendwie wehmütig. In Zukunft würden die vier also nicht mehr zusammen ihre Pausen verbringen und sich von den dämlichen Witzen ihrer Lehrer erzählen, sie würden nicht mehr durch ihr Gelächter beinahe die ganze Mensa unterhalten, er würde sich auch nicht mehr durch ihre süßen Küsse aufmuntern lassen für die nächste Schulstunde. Stattdessen würde er dann wie das fünfte Rad am Wagen neben Matt und Sora stehen, wenn sie sich küssten. Tai schüttelte leicht den Kopf. Nein, daran wollte er jetzt nicht denken. Er sollte lieber den Abend genießen. Sein Blick fiel zwischendurch auf Sora und Matt. Zum Glück war mit den Beiden wenigstens alles wieder in Ordnung.... dachte er zumindest. Nachdem Matt und Sora was zusammen getrunken hatten, wagten sie sich auf die Tanzfläche. Genau rechtzeitig kam ein etwas langsameres Lied. Matt legte seine Hände auf ihre Taille und zog sie etwas näher zu sich. Sie legte währenddessen ihren Kopf an seine Brust. Irgendwas fühlte sich anders an. Es war nicht mehr dieses Gefühl von Nähe und Vertrautheit, sondern ähnelte mehr an eine Übersättigung, Langeweile. Kurz blickte sie zu Taichi. Dieser stand alleine an der Theke, es schien, als würde ihm irgendwas Sorgen machen. Am liebsten würde sie zu ihm gehen, aber sie wusste, das gehörte sich nicht. Matt war schon den ganzen Abend über so anhänglich gewesen. Sora fragte sich, was mit ihr los war. Seit dieser ganzen Sache mit dem Antrag hatte sie immer so ein nagendes Gefühl in ihrer Brust. Dazu kam dann noch, dass sie immer wieder an ihren Traum denken musste. Dann fiel Soras Blick auf Mimi. Diese schien locker einen über den Durst drüber weg getrunken zu haben. Beim Tanzen fiel das nicht ganz so auf, aber als sie fertig war und wieder von Tanzfläche runter wollte, schwankte sie ganz schön hin und her. Und wenn nicht einer von den Jungen sie gestützt hätte, wäre sie wahrscheinlich gestürzt. Sora machte sich von Matt los. „Sorry, aber schau mal kurz zu Mimi. Ich glaub, wir sollten ihr helfen..“ Der Blonde blickte sich kurz um und erkannte dann, was Sora meinte. Er nickte zustimmend und sie versuchten Mimi zu folgen. Dies war in der Menge gar nicht so einfach und kurz darauf hatten sie sie aus den Augen verloren. Fast gleichzeitig stand Taichi bei den Beiden. „Hey, habt ihr zufällig Mimi gesehen?“ Sora schüttelte den Kopf: „Nein sorry, wir suchen sie auch..“ „Mist..“ Er biss sich leicht auf die Unterlippe, überlegte einen Moment und schon war er auch wieder verschwunden. Eine unerwartete Kälte schlug ihm ins Gesicht als er den Saal verließ. Von einer Klassenkameradin hatte er erfahren, dass Mimi anscheinend nach draußen gegangen war. Er hatte Mimi noch eine zeit lang beobachtet und dabei war ihm aufgefallen, dass seine Freundin schon ziemlich angetrunken erschien. Woher das kam, wusste er nicht. Schließlich hatte sie kaum mehr getrunken als er. Er kramte seine Handy aus der Hosentasche, um sie anzurufen. Doch natürlich ging sie nicht ran. Aber nach einigen Minuten hatte er sie auch so gefunden. Sie stand an einem Baum gelehnt. „Hey Prinzessin.“ Die Angesprochene hob kurz ihren Kopf, um ihn anzuschauen, ließ ihn dann jedoch gleich wieder sinken. „Mir ist so schlecht...“ „Das sehe ich, komm, ich bring dich nach Hause..“ Er legte seine Hand auf ihre Schulter und bemerkte, dass sie eine Gänsehaut hatte. Während er sein Sakko auszog, drehte Mimi sich hinter den Baum und versuchte sich zu übergeben. Taichi glaubte seinen Augen nicht trauen zu können. „Was tust du denn da?“ „Mh, wieso?“ „Seit wann machst du denn sowas?“ „Was? Finger in den Hals stecken? Komm schon.. mir ist sau übel und ich hab keine Lust, dass das bis morgen früh anhält..“ „Tai...?“ Sora und Matt kamen von weitem angelaufen. Während er sich verwundert zu den anderen drehte, steckte sich Mimi wieder den Finger in den Hals, bis sie sich übergab. Taichi zuckte zusammen. Die Dunkelhaarige lehnte sich erschöpft gegen den Baum. „Oh man.. so schlecht war mir schon lange nicht mehr...“ Er nahm sein Sakko und legte ihr das erstmal um die Schultern. „Du bist ganz durch gefroren.“ Mittlerweile waren die anderen Beiden auch da. „Wir sollten sie wohl besser nach Hause bringen.“ ,bemerkte Sora. Taichi nickte. „Ich mach das schon..“ Mimi sagte derweil gar nichts mehr. Sie war damit beschäftigt, es irgendwie zu schaffen, überhaupt stehen zu bleiben. Es war ihr schleierhaft, wie sie es hin bekommen sollte, auch nur einen Schritt zu machen. „Ich komm mit. Meine ganzen Sachen liegen noch bei ihr.“ „Aber..“, warf Matt ein. „Ich komm gleich wieder zurück. Versprochen.“ Sora gab ihm einen Kuss auf den Mund und schaute dann Taichi an. „Meinetwegen.“ Er musterte Mimi und entschied dann, dass sie nicht in der Lage war, alleine zu laufen. Kurzerhand hob er sie hoch und trug sie auf seinen Armen. Sora nahm die Handtasche. „Bis gleich dann..“, rief sie Matt noch zu und dann machten sie sich auf den Weg... „Gute Nacht Prinzessin...“ Er gab ihr einen sanften Kuss auf die Stirn und ging dann hinüber zu ihrem Schreibtisch. Mimi war noch in seinen Armen eingeschlafen und hatte sich seitdem kaum gerührt. Tai hatte ihr zuvor das Kleid vorsichtig ausgezogen und sie dann ins Bett gelegt. Ein Glas Wasser hatte er ihr auch noch neben das Bett gestellt. Nun war sie dabei ihren Rausch auszuschlafen. Er nahm sich einen Zettel und schrieb darauf: „Guten Morgen. Ich hoffe du hattest eine erholsame Nacht. Meld' dich mal bei mir, wenn du aufgewacht bist. Lieb dich, Tai“ Den Zettel legte er dann noch neben ihr Bett und verließ dann leise das Zimmer. „Und wie geht es ihr?“, fragte Sora flüsternd. Sie waren sich nicht ganz sicher, ob Herr Tachikawa da war, deswegen wollten sie möglichst leise sein. „Na ja.. sie schläft jetzt tief und fest..“ Sora hatte ihre Sachen in der Hand und so verließen sie die Wohnung. Taichi setzte sich auf die Stufen vor dem Haus. „Oh man, sie sah echt ziemlich fertig aus.“ Er stützte seine Ellenbogen auf die Knie ab und vergrub dann seinen Kopf in den Händen. Sora setzte sich neben ihn. „Na ja.. fast jeder hat mal so einen Absturz.“ Tai nickte. Er selbst hatte schon mehrere hinter sich, aber er war sich nicht sicher, ob jemals einer so heftig war dieser. So saßen sie einige Minuten schweigend nebeneinander. Sora hatte ihr Versprechen gegenüber Matt irgendwie vergessen, stattdessen fiel ihr wieder ein, wie traurig Tai zwischendurch auf dem Ball ausgesehen hatte. „Sag mal Tai,“, sie machte eine kurze Pause, „Macht dir irgendwas Sorgen..?“, fragend blickte sie ihn an. „Ich weiß auch nicht..“ Er hob den Kopf wieder etwas an. „Ich frag mich, wie das alles werden soll, wenn Mimi nächstes Jahr nicht mehr auf unserer Schule ist.“ „Achso...“ Wieder schwiegen Beide für einige Minuten. Während Sora so neben Tai saß, musste sie wieder an ihren Traum denken. Es brannte ihr irgendwie auf der Zunge ihm davon zu erzählen. Aber was sollte das bringen? Sie kam sich irgendwie unglaublich kindisch vor. Doch bei dem Gedanken daran, breitete sich in ihrem Körper wieder ein Kribbeln aus. Was war bloß los? Das war das erste Mal seit langem, dass die Beiden wieder alleine waren. Das letzte Mal war gewesen, als er bei ihr übernachtet hatte. Vorsichtig ließ sie ihre Hand in Richtung der seiner gleiten. Sie spürte schon die Wärme neben sich. Das Kribbeln wurde stärker und sie fühlte sich zurückgeworfen in die früh pubertäre Zeit. Zumindest benahm sich ihr Körper so. „Außerdem mache ich mir auch ein bißchen Sorgen um sie. Es ist, als würde sie sich irgendwie verändern.“ Seine Worte hallten an ihr vorbei. Vorsichtig legte sie dann ihre Hand auf seine. „Boah.. hast du Eisfinger..“, war seine Reaktion darauf. Kurz darauf umschloss seine Hand ihre, um diese zu wärmen. „Anscheinend typisch Frau..“, murmelte er. Ihr Herz machte währenddessen einen Aussetzer. Sie schluckte. Aber er dachte sich da nichts weiter bei. Sora fragte sich, was bloß mit ihrem Körper los war. Während bei ihr gerade die Hormone verrückt spielten, saß er ganz ruhig neben ihr. Früher hatten sie häufig Händchen gehalten. Es war etwas ganz normales zwischen ihnen gewesen. Aber wie lange war das schon her? Einige Jahre bestimmt. Sie hatten sich damals auch beinahe schon wie Geschwister verhalten. Er saß weiterhin ruhig neben ihr. Für ihn war es wie früher, aber für sie nicht. Irgendwas hatte sich verändert. „Verstehst du, was ich meine? Zum Beispiel diese Sache mit dem Rauchen. Ich versteh das einfach nicht. Warum musste sie damit plötzlich anfangen? Außerdem hat sie irgendwie abgenommen. War sie denn nicht schlank genug?“ Taichi starrte auf den Boden vor sich. Er machte sich wirklich Sorgen. Irgendwas ging hier vor sich, aber er wusste nicht, was es war. „Sora? Hörst du mir überhaupt zu?“ Er drehte sich zu ihr. Erschrocken zuckte sie leicht zusammen. „W..was? Ja natürlich.“ Sie spürte, dass sie sich ertappte fühlte und etwas rot wurde. „Ich weiß, was du meinst.“ Nein, eigentlich wusste sie das nicht. Sie hatte ja nur die Hälfte, wenn überhaupt, mitbekommen, von dem was er gesagt hatte. Zur Bestätigung drehte sie sich zu ihm und sah ihm direkt in die Augen. Eigentlich war es ja stockduster, aber durch den Vollmund, konnten sie relativ viel sehen. Vorsichtig nahm sie ihre Hand unter seiner hervor und legte sie auf seine Wange. Seine Augen wirkten irgendwie erschöpft und trotzdem fühlte sie sich unglaublich angezogen davon. Langsam näherte sie sich mit ihrem Gesicht seinem und spürte wie ihr Herz schneller schlug. Was tat sie denn bloß hier? Zärtlich legte sie ihre Lippen auf seine und es fühlte sich richtig an.... Kapitel 10: Farewell Party -------------------------- Für einige Sekunden oder Minuten herrschte absolute Stille zwischen den Beiden, bis Taichi sich plötzlich losriss und aufgebracht aufsprang. Mit dem Handrücken wischte er sich über die Lippen. Allein wegen seines empörten Gesichtsausdrucks schossen Sora sofort Tränen in die Augen. Obwohl es sich so richtig angefühlt hatte, war es ein Riesenfehler gewesen. Sie schloss die Augen, damit die Tränen nicht rollen konnten und wartete auf ein Donnerwetter, doch es passierte nichts. Stattdessen hörte sie eilige Schritte, die sich von ihr entfernten. Vorsichtig öffnete sie die Augen und tatsächlich, Taichi war weg. Nun ließen sich die Tränen nicht weiter zurückhalten. Ganz langsam rollte nach und nach, eine nach der anderen über ihre Wangen. Sie spürte das Salz auf ihren Lippen. Was hatte sie nur getan? Zwei Tage waren vergangen. Sora fühlte sich schlecht. Zwei T age lang hatte sie ihr Zimmer nicht verlassen, und sich weder bei Matt, noch bei Mimi und schon gar nicht bei Tai gemeldet. Ob er ihr davon wohl erzählt hatte? Lustlos drehte sie sich auf den Rücken und starrte die Decke an. Sie hatte sehr viel nachgedacht in den letzten Stunden und dabei einen Entschluss gefasst. So ging es nicht mehr weiter. Wenn sie an Taichi dachte, schlug ihr Herz ihr fast bis zum Halse, dachte sie dagegen an Matt, machte sich ein beklemmendes Gefühl in ihrer Brust breit. Sie hatte sich entliebt. Zuerst war dieser Gedanke einfach nur schrecklich gewesen, aber mittlerweile hatte sie sich daran gewöhnt. Sie wusste, sie würde ihm damit das Herz brechen, aber was sollte sie tun? Ein Klopfen an der Tür ließ sie etwas hochschrecken. Sekunden später wurde die Tür geöffnet. „Huhu!“ Sora brauchte sich nicht einmal zur Tür drehen, sie erkannte an der Parfumwolke schon, dass das ihre beste Freundin Mimi sein musste. Beste Freundin? Wenn sie von der Sache von vor zwei Abenden erfuhr, würde sich das bestimmt ändern. Und plötzlich wurde Sora noch etwas klar, sie hatte sich nicht nur entliebt, sondern zusätzlich noch in den Freund ihrer besten Freundin verliebt. Übelkeit machte sich in ihr breit. „Naaaa… man hat ja gar nichts mehr von dir gehört.“ Mit Schwung ließ sich Mimi auf das Bett plumpsen und legte ihre Handtasche auf den Fußboden. „Tja.. also..“ Sora richtete sich halb auf. So schnell wie möglich musste sie ein anderes Thema finden. „Ich dachte, du brauchst ein bisschen Zeit zum Auskurieren. Hattest wohl einen ziemlichen Kater, was?“ „Ach was..“ Mimi winkte ab. „Alles nur halb so schlimm. Tut mir Leid, falls ich euch den Abend versaut habe..“ „Quatsch.“ Mittlerweile hatte Sora sich an die Bettkante gesetzt und starrte auf den Fußboden. Taichi hatte nichts zu Mimi gesagt, sonst hätte sie mit Sicherheit anders reagiert. Sie spürte, wie das schlechte Gewissen an ihr nagte. Sie hinterging nicht nur ihren langjährigen Freund, sondern auch noch ihre beste Freundin. „na gut. Weswegen ich hier bin: Wollen wir vier heute Abend nicht irgendwas tolles unternehmen? Bin irgendwie so voller Tatendrang!“ „Wir vier?“, Sora schluckte. Sie empfand es nicht gerade als gute Idee, aber wie sollte sie das Mimi begründen, ohne ihr von den Ereignissen zu erzählen? „Was… sagen denn die anderen dazu?“ „Matt hab ich noch nicht erreicht und Taichi meinte, er wäre dabei.“ „Mhm.“ Sora nickte, bisher hatte sie den direkten Blickkontakt zu Mimi gemieden. „Also.. mir ist es.. .egal.“ „Super! Ich hab auch schon ne Idee, sei einfach heute Abend um 20 Uhr bei mir!“ Und schon war Mimi wieder verschwunden. Die Sonne war bereits am Untergehen, als Sora den Garten betrat. An der Haustüre hatte ein Schild mit dem Hinweis dorthin gehangen. Überall waren verschiedene Teelichter aufgestellt, so dass beinahe schon eine romantische Stimmung herrschte. Die Rothaarige spürte ein Gefühl von Übelkeit ihren Hals hoch kriechen. Mimi hatte schon immer einen Tick gehabt, was Kerzen anging, aber warum musste sie ihn ausgerechnet heute hier ausleben? Dies war der letzte Abend, an dem sie alle vier etwas gemeinsam machen würden, dessen war sich Sora sicher. Sie folgte dem Steinplattenweg und sah ihre drei Freunde schon auf der Terrasse sitzen. Ihr Herz machte einen Aussetzer, als sich Taichi erblickte. „Hi..“ Ihre Stimme klang zittrig und sie setzte sich schnell auf den letzten freien Stuhl. Ihre Handtasche ließ sie daneben sinken. Die anderen schienen in einer angestrengten Unterhaltung. Schnell gab Sora Matt einen Kuss auf die Wange. Taichi blickte nicht einmal in ihre Richtung. Nervös zupfte sie sich im Haar rum. „Hey“ Mimi stieß ihrem Freund leicht in die Seite. „Du bist doch hier oder offizielle Cocktail-Mixer. Biete Sora doch mal deine Künste an.“ Der Angesprochene zuckte leicht zusammen, nickte dann und fragte: „Was möchtest du denn haben?“ „Einfach nen Piná Coláda“ Matt und Mimi vertieften sich darauf hin wieder in ihr Gespräch. Zuerst blickte sie stur auf den Tisch vor sich, bis sie sich auf seine Hände fixierte. Jeden einzelnen Schritt beim Cocktailmixen beobachtete sie ganz genau. Er hatte einfach immer warme Hände im Gegensatz zu ihrem Freund. Außerdem besaß er solche starke Hände. Nicht dass sie dachte, Matt wäre im Gegensatz zu ihm schwach oder so etwas. Nein. Yamatos Hände waren immer so weich und zart, gar zu vorsichtig bei allem was sie taten? Taichis Hände dagegen waren stark und auch rau, trotzdem konnte er damit zärtlich sein. Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als er ihr Getränk vor sie abstellte. „Danke..“ Sie erhaschte kurz einen Blick in seine Augen. Sofort fiel ihr auf, dass ihm scheinbar irgendwas gegen den Strich ging. Zuerst dachte sie, das würde an ihr liegen, schließlich hatten sie nicht über diesen… Kuss gesprochen. Doch dann fiel ihr auf, dass Matt und Mimi noch immer in einem Gespräch vertieft waren. Was an sich nichts Schlimmes war, aber dazu kam noch, dass der Blonde sie kaum beachtet hatte, sie eigentlich nicht mal eines Blickes gewürdigt hatte. Stattdessen beugte er sich immer weiter zu Mimi rüber, dass man beinahe schon Angst haben musste, er würde gleich in ihren Ausschnitt hineinfallen. Wenn sie früher vielleicht in so einer Situation eifersüchtig geworden wäre, ließ es sie jetzt vollkommen kalt. Taichi räusperte sich hörbar, aber die Beiden schienen das gar nicht zu wahrzunehmen. Er lehnte sich in seinen Stuhl zurück, nahm seinen fast volles Glas und trank es auf einmal leer. Geräuschvoll stellte er das Glas zurück auf den Tisch, lehnte sich im Stuhl nach hinten und verschränkte die Arme vor der Brust. Mimi sprang aufgeregt auf. „Was echt? Cool. Komm doch eben mit hoch in mein Zimmer, dann kann ich es dir zeigen.“ Sie lächelte den Blonden lieb an und dieser stand sofort auf. „Gerne doch!“ „Wir sind gleich wieder da!“ Und schon waren sie ins Haus verschwunden. Nun wurde die Situation für Sora beinahe unerträglich. „Wegen neulich…“ Nervös spielte sie mit den Ringen an ihren Fingern. Taichi blickte kurz zu ihr auf, ließ dann den Blick jedoch relativ schnell wieder sinken. „Es… ich meine.. das war blöd… ich…“ Ihr wollten einfach nicht die richtigen Worte für das, was passiert war, einfallen. „Ist doch egal.“ Ein genervter Seufzer seinerseits. „Egal? Nein, ich denke.. wir sollten..“ „Was sollten wir?“ Aufgebracht sprang er auf. Sora zuckte erschrocken zusammen. Er nahm sich die Flasche Wodka, die eigentlich zum Mischen für die Cocktails gedacht war, und setzte sie an. Nach einigen Sekunden war diese leer. Mit offenem Mund starrte Sora ihren besten Freund an. Die Flasche war nahezu voll gewesen! „Ich hab ganz andere Sorgen. Soll ich dir mal was sagen? Diesen Abend hat Mimi nicht einfach so organisiert! Ganz im Gegenteil: Das soll ihre Abschiedsfeier mit ihren besten Freunden sein!“ Er fuchtelte mit seinen Händen rum. „Die scheiß Tanzschule hat entschieden, dass sie nicht hier zum Unterricht geht, sondern zum Erstsitz! Der ist so ca 250km von hier entfernt!“ Sie war erschüttert. Was sollte sie dazu sagen? Diese Nachricht kam wirklich plötzlich. „Fuck!“ Mit voller Wut stieß er mit dem Fuß gegen das Gebäude. „In zwei Wochen zieht sie um. Und wir sitzen hier und reden über alles Mögliche, bloß nicht darüber!“ In seinen Augen sah sie Tränen glitzern. Ungläubig schüttelte sie den Kopf. Sie stand auf und legte seine Hand auf ihre Schulter. In diesem Augenblick waren ihre Gefühle für ihn ausgeblendet. Es tat ihr im Herzen weh, ihn so zu sehen. „Sie ist doch nicht aus der Welt. Ihr könnt euch doch dann auch noch am Wochenende sehen..“ „Ach hör doch auf. Wir wissen Beide, dass das Blödsinn ist. So was klappt einfach nicht.“ Er ging einige Schritte beiseite und dann noch weiter in den Garten hinein. Anscheinend zeigte der Alkohol bereits seine Wirkung, sein Gang wurde unsicher. Sora lief hinter ihm her. „Tai, ihr liebt euch doch. Das wird klappen.“ Er schunkelte etwas und ließ sich daraufhin einfach auf den weichen Rasen fallen. Kapitel 11: If you leave ------------------------ (Verwendeter Song: Nada Surf - If you leave) „Ich hab sie heute beim Kotzen erwischt.“ „Was..?“ Nun war Sora verwirrt. „Wir hatten zusammen gegessen und kurz darauf verschwand sie im Badezimmer. Unglücklicherweise hatte sie die Tür nicht abgeschlossen. Gerade als ich rein kam, steckte sie sich den Finger in den Hals. Mir gegenüber tat sie, als wäre alles völlig normal und später schien sie davon nichts mehr zu wissen.“ Die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus. „Ich glaube, das war nicht das erste Mal.“ War es also das, was ihm eigentlich so schwer auf der Seele lag? Hatte Mimi etwa Essstörungen? Zumindest würde es erklären, warum er so auf diesen Umzug reagiert hatte. Es schien ihm nämlich eigentlich gar nicht ähnlich so pessimistisch über etwas zu denken. Doch Sora fehlten die Worte. Was konnte sie darauf bloß erwidern? Erschöpft saß Taichi auf dem Gras. Ihm war schwindelig und die Gedanken sausten durch seinen Kopf. Er machte sich große Sorgen um Mimi, zumal sie alles verleugnet hatte. Er spürte wie sich jemand neben ihn setzte. Ihre warmen Oberarme streiften seine. Wieder einmal herrschte einfach nur Stille zwischen ihnen. Von der Terrasse konnte man noch leise die Musik hören. Und wieder kam dieses Gefühl in ihm auf. Wie damals auf dem Spielplatz, als er mit Sora aus der Disco gegangen war. Fast die gewohnte Vertrautheit der Kindheit, aber doch fühlte es sich irgendwie anders an. Sora war immer so unkompliziert gewesen. Nie hatte sie sich Gedanken darüber gemacht, wenn sie sich beim Fußballspielen blaue Flecken zuzog, auch hatte sie nie über ihre Figur gemeckert, oder sich Gedanken um ihre Fingernägel gemacht. Ein Seufzer entrann ihm. Genau in das Mädchen hatte er sich vor einigen Jahren beinahe unsterblich verliebt. Er dachte an diesen einen Weihnachtsabend. Damals als Matt mit seiner Band das Konzert gab und er Sora dort traf. Was wäre gewesen, wenn er sich damals anders verhalten hätte? Wären sie dann nicht kurz darauf zusammengekommen? Hätte er dann vielleicht doch Chancen bei ihr gehabt? Er schüttelte kurz seinen Kopf. Oh man.. auf was für Gedanken man doch kam, wenn man einen intus hatte. Ohne darüber nachzudenken lehnte er seinen Kopf gegen Soras Schulter. Auch er brauchte mal jemanden zum Anlehnen und sie spürte, dass ihm das in diesem Moment reichte. „Ach hier seid ihr Beiden.“ Eine lächelnde Mimi stand vor ihnen. Sie nahm ihre Zigarette aus dem Mund, warf sie auf den Boden und trat sie dann aus. „Seid ihr gerade in einem wichtigen Gespräch? Eigentlich wollte ich noch mal mit dir sprechen, Tai..“ Sora stand augenblicklich auf. „Kein Problem.“ Sie senkte den Blick und verschwand dann wieder zur Terrasse. ~If you leave, don't leave now Please don't take my heart away Promise me just one more night Then we'll go our separate ways We've always had time on our sides Now it's fading fast Every second every moment We've gotta make it last~ Vorsichtig setzte sich Mimi neben ihren Freund. Sie nahm seine Hand. „Ich hatte nicht damit gerechnet, dass du so darauf reagieren würdest.“ Sie sprach leise und beide starrten auf den Rasen vor sich. Taichi fragte sich, von was sie überhaupt sprach. Von dem Umzug oder der Kotzerei? „Ich dachte, du würdest es verstehen, wenn ich umziehe…“ Er zuckte leicht mit den Schultern. „Um ehrlich zu sein… hab ich mich entschieden, zum Erstsitz zu gehen, es war nicht die Schulleitung..“ ~I touch you once I touch you twice I won't let go at any price I need you now like I needed you then You always said we'd still be friends, someday~ Was? Sie hatte sich selbst dafür entschieden? Hatte sich entschieden 250km weit wegzuziehen? Das konnte Taichi nicht glauben, nein, er wollte es nicht glauben. Langsam drehte er seinen Kopf in ihre Richtung und blickte sie fragend an. „Wieso…?“ Weiterhin war ihr Blick starr auf das Gras gerichtet. „Ich muss weg von hier..“ Mittlerweile hatte sie seine Hand losgelassen. Er verstand noch immer nicht, von was sie sprach. „Jetzt mal ganz ehrlich: Eigentlich war uns Beiden doch von Anfang an bewusst gewesen, dass das mit uns nicht ewig halten konnte, oder?“ ~If you leave I won't cry I won't waste a single day But if you leave don't look back I'll be running the other way Seven years went under the bridge Like time was standing still Heaven knows what happens now You've got to you gotta say you will~ Er musste schlucken. Wie meinte sie das? „Du warst ziemlich deprimiert wegen Sora und ich wegen Matt. Wir hatten beide Liebeskummer, mehr hatten wir bis dahin doch eigentlich nicht gemeinsam, oder?“ Eine kurze Pause. Seine Hand suchte nach ihrer. Er wollte ihre Nähe spüren, doch sie zog ihre weg und sprach mit zitternder Stimme weiter: „Und wenn nicht ich jetzt und hier den Schlussstrich ziehe, wirst du es tun. Vielleicht nicht gleich morgen oder übermorgen, aber du wirst es tun, es würde nur noch etwas dauern.“ Ihre Worte trafen ihn hart. Was sollte er darauf nur erwidern? Wie kam sie denn darauf? „Ich will nicht darauf warten. Ich will weg von hier. Und das ist meine Chance.“ Sie machte eine kurze Pause bis sie weiter sprach: „Es ist schon so gut wie Schluss zwischen ihnen. Und sie schaut dich an mit diesem Blick… ich kenne diesen Blick. Schließlich bin ich ihre beste Freundin. Und du wirst nicht lange widerstehen könnten, schließlich bist du irgendwo in deinem Innersten noch immer enttäuscht darüber, dass es nicht geklappt hat..“ ~I touch you once I touch you twice I won't let go at any price I need you now like I needed you then You always said we'd meet again, someday~ Langsam erhob sie sich wieder. „Ich möchte mein Ziel erreichen und dafür kämpfen. Und du hast deine eigenen Ziele. Sie lassen sich nicht vereinbaren. Zumindest zur Zeit nicht.“ Sie ging einige Schritte vorwärts. „Ich ziehe sogar diese Woche noch um.“ Die Worte drangen nach und nach in ihm ein. Irgendwie sagte sie die Wahrheit, aber das wollte er nicht wahrhaben. Er stand ebenfalls auf und stellte sich hinter sie. Sanft legte er seine Hand auf ihre Schulter. „Ich will dich nicht verlieren.“ ~I touch you once I touch you twice I won't let go at any price I need you now like I needed you then You always said we'd meet again someday~ Ein schwaches Lächeln lag auf ihren Lippen. „So wie es jetzt endet, ist es das Beste. Für uns Beide.“ Sie hatte ihn mit ihrer Rede überrumpelt. Es gab so vieles, was er ihr sagen wollte, doch fehlten ihm die richtigen Worte. Schweigend stand er hinter ihr. Fühlte ihre zarte Schulter, sog ihren Geruch ein. Sie machte einige Schritte vorwärts. Es hatte ihr das Herz zerbrochen diese Worte auszusprechen. Aber sie war sich sicher, dass es das Beste wäre. Bevor er noch Einwände erheben konnte, wollte sie verschwinden. „Bis irgendwann mal Taichi.“ Sie drehte sich nicht um. „Ich wünsche dir viel Glück..“ Auf keinen Fall wollte sie, dass er ihre Tränen sah. Hastig eilte sie ins Haus. ~If you leave If you leave Don't look back Don't look back~ Kapitel 12: ~Love you till the end~ ----------------------------------- (Verwendeter Song: Pogues - Love you till the end) „Der gewählte Teilnehmer ist zur Zeit nicht erreichbar. Bitte versuchen sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal“ Diese monotone Computerstimme: Er verfluchte sie. Wie oft hatte sie diese Worte nun schon zu ihm gesagt? Wütend warf er das Mobiltelefon auf die Couch. „Das darf doch nicht wahr sein!“ „Was ist los?“, seine kleine Schwester steckte den Kopf durch die Türe. „Hast du sie immer noch nicht erreicht?“ „Nein…“ Zwei Tage waren seit ihrem Gespräch vergangen. Er konnte es selber nicht verstehen, dass er sie an diesem Abend einfach dort hatte stehen lassen. Hatte der Alkohol ihn so benebelt oder was war los gewesen? Wenn er könnte, hätte er sich selbst geohrfeigt. Sie hatte durchgehend ihr Handy aus und wenn er bei ihnen an der Haustüre klingelte, machte auch niemand auf. War sie etwa schon umgezogen? Nein, das konnte nicht sein. Vor zwei Tagen war noch nicht ein einziger Umzugskarton zu sehen gewesen. Er musste einfach mit ihr sprechen. Über das was sie gesagt hatte, musste ihr erklären, dass sie falsch lag, dass sie trotzdem eine gemeinsame Zukunft haben könnten! Hikari zuckte mit den Schultern. „Warum fährst du nicht zu ihr und wartest vor der Tür, bis sie mal rauskommt? Sie kann sich ja schlecht ewig verstecken.“ Er sprang auf. „Das ist die Idee! Du bist ein Schatz Kari!“ Er gab ihr einen dicken Schmatzer auf die Stirn und verschwand. ~I just want to see you when your all alone I just want to catch you if I can I just want to be there When the morning light explodes On your face it radiates I cant escape I love you till the end~ Wieder einmal klingelte es an der Haustür. Ihr wurde allein schon von dem Geräusch tierisch schlecht. Vor wenigen Sekunden hatte sie sich übergeben. Sie wusste nicht, woran es lag, aber in letzter Zeit hatte sie diese Fressattacken ständig und alles musste auch kurz danach wieder raus. Schwer atmend saß sie neben der Toilette und lehnte ihren Kopf gegen die kalten Fliesen. Wieder einmal war dort jemand sehr hartnäckig, Es klingelte ein zweites Mal. Sie strich sich die Haare zurück und stand etwas wacklig auf. Ihr Körper fühlte sich schwach an. Vorsichtig schlich sie zum Fenster und lugte nach draußen. Eigentlich hätte sie sich schon denken können, dass es Tai sein musste. Schnell ging sie wieder einen Schritt zurück, damit er sie nicht sehen konnte. „Mimi, ich will doch nur kurz mit dir sprechen!! Bitte, es ist unglaublich wichtig!“ Sie wollte seine Worte nicht mehr hören. Wie oft hatte er schon auf ihren Anrufbeantworter gesprochen? Ihr Handy machte sie schon gar nicht mehr an. Sie lehnte sich gegen die Wand und ließ sich langsam daran niedersinken. Wieso verstand er nicht, dass sie sich nichts mehr zu sagen hatten? „Ich werde hier draußen warten, bis du rauskommst..!“, hallte seine Stimme zu ihr. Tränen liefen unaufhaltsam über ihre Wangen. ~I just want to tell you nothing You dont want to hear All I want is for you to say Why dont you just take me Where I've never been before I know you want to hear me Catch my breath I love you till the end~ Egal was er tat. Sie reagierte einfach überhaupt nicht auf ihn. Er konnte es nicht fassen. Einige Minuten lang blieb er noch stehen. Eben hatte er gemeint, einen Schatten am Badezimmerfenster gesehen zu haben. Doch je länger er nach oben starrte, umso mehr hatte er das Gefühl, es wäre nur Einbildung gewesen. Er setzte sich vor die Haustür und starrte auf sein Handy. Vielleicht würde sie sich ja doch noch irgendwie bei ihm melden? Ein Funken Hoffnung war noch immer in ihm. So hatte er sich das nicht vorgestellt. Vor nur einer Woche hatte er noch nicht mal im Traum daran gedacht, dass Mimi sich von ihm trennen würde. Und jetzt das. Wie versteinert saß Sora dort auf ihrem Bett. Damit hatte sie im Leben nicht gerechnet. Yamato hatte es ausgesprochen. Die Worte, die schon so lange zwischen ihnen schwebten. Es war vorbei. Es war als wenn ein schwerer Umhang von ihr genommen worden wäre. Endlich hatte sie nicht mehr diese Last auf den Schultern. „Ich wünschte, ich hätte dir nie diesen Antrag gemacht. Vielleicht wäre dann noch alles so wie vorher.“ Sora zuckte mit den Schultern. „Es war nicht allein der Antrag. Wir haben uns einfach weiterentwickelt. Nur leider nicht gemeinsam.“ Der blonde Junge saß ganz ruhig neben ihr. Erleichterung machte sich in ihr breit. Schon lange hatte sie sich nicht mehr so unbefangen gefühlt wie in diesem Augenblick. Natürlich war auch sie etwas wehmütig, wenn sie an die vergangenen Jahre dachte, aber sie wusste, dass dies der richtige Schritt war und er spürte es anscheinend auch. „Vielleicht können wir irgendwann wieder Freunde sein..“ Er machte eine Pause. „Denn du bedeutest mir auch als Mensch sehr viel. Du kennst mich ziemlich gut, vielleicht sogar besser als meine Eltern..“ Sie legte ihre Hand auf seine Schulter und drückte ihn kurz freundschaftlich. Danach stand er auf. „Aber ich denke, jetzt brauchen wir erstmal etwas Abstand. Nach den Ferien sieht es vielleicht schon wieder anders aus.“ Er blieb vor der Tür stehen und Sora konnte eine kleine Träne in seinem Augenwinkel erkennen. „Ich verstehe. Mach dir keine Gedanken. Nimm’ dir einfach so viel Zeit, wie du brauchst.“ Ein letztes Mal umarmte sie ihn und er drückte sie an sich. Er hob noch mal kurz die Hand zum Abschied und verschwand dann. Ein Tropfen nach dem anderen landete auf seinem Körper. Die Sonne wurde scheinbar von den Wolken verschlungen. Große, graue Wolken sammelten sich am Himmel und begannen nun sich langsam zu entleeren. Auch der Wind hatte zugenommen. Taichi saß noch immer vor der Haustür. Nur selten fuhr ein Auto vorbei. Aus dem Haus waren kaum Geräusche zu hören. Mittlerweile hatte er sich schon unzählige Szenen ausgemalt, wie es ablaufen würde, wenn Mimi endlich die Tür öffnen würde. Dabei war er sich gar nicht mehr so sicher, ob sie sich wirklich noch in diesem Gemäuer befand. Was war, wenn sie etwa doch schon umgezogen war? Weitere Regentropfen fielen auf sein Haar, sickerten langsam bis zur Kopfhaut durch und suchten sich dann ihren Weg durch sein Gesicht und den Nacken hinunter. ~I just want to be there When were caught in the rain I just want to see you laugh not cry I just want to feel you When the night puts on its cloak I'm lost for words dont tell me All I can say I love you till the end~ Sein Blick war starr zum Boden gerichtet, als der nasskalte Regenschauer über ihn auf einmal unterbrochen wurde. Etwas verwirrt blickte er nach oben. Ein hellgelber Regenschirm wurde über sein Haupt gehalten. Eine ihm wohlbekannte Person lächelte ihn etwas verunsichert an. „Nicht dass du krank wirst…“ Im ersten Moment wusste er nicht, was sagen sollte. „Sora…“ Wieder war ein Lächeln auf ihrem Gesicht zu sehen. „Wie wär’s mit einem heißen Kakao zum Warmwerden?“ Er wusste, dass sie es nur gut meinte. „Ich, ich muss hier warten bis…“ Seine Worte wurden immer leiser. Ihm wurde plötzlich bewusst, dass es gar keinen Sinn mehr hatte hier zu warten. Mehrere Stunden hatte er nun hier gesessen. Sie hatte sich nicht einmal blicken lassen. „Du kannst danach ruhig wieder hierher..“ Er unterbrach sie: „Kakao klingt nicht schlecht.“ Er nahm ihre freie Hand entgegen und zog sich hoch. „Woher wusstest du, dass ich hier bin..?“ Jeder einzelne Schritt, den er sich gerade von diesem Haus entfernte, schmerzte. „Oh. Kari hat es mir erzählt. Ich war vorhin zufällig bei euch.“ Er kämpfte mit sich, ob er sich noch einmal umdrehen sollte oder nicht, entschied sich dann jedoch dagegen. Ansonsten hätte er gesehen, dass das Mädchen, auf das er so lange dort unten gewartet hatte, am Fenster stand, ihre Hand am Glas abstützte und ihnen wehmütig hinter herblickte. Kapitel 13: A few weeks later... -------------------------------- „Hi Mum!“, rief die Dunkelhaarige in die Küche, als sie nach Hause kaum. Eigentlich wollte sie sofort weiter in ihr Zimmer gehen, jedoch wurde sie von ihrer Mutter aufgehalten. „Moment mal Fräulein.“ Hikari zuckte für einen kurzen Augenblick zusammen. Hatte sie irgendwas verbrochen, an das sie sich nicht mehr erinnern konnte? Ihre Mutter legte ihre Hand auf ihre Schulter und zog sie so in die Küche. Mit ihrem Kopf deutete sie, dass die Tochter sich hinsetzen sollte. Das Mädchen schluckte. Währenddessen kramte die Mutter in einem der Schränke und fragte nebenbei: „Möchtest du einen Tee?“ „Nein, danke…“ antwortete Kari leicht verwirrt. Frau Yagami stellte einen Teller mit einigen Keksen auf den Tisch und setzte sich dann auf den Stuhl gegenüber ihrer Tochter. Sie hatte einen Becher mit frisch gebrühten Tee vor sich und rührte noch etwas Zucker hinein. „Nun erzähl doch mal. Hat Tai eine neue Freundin?“ Kari, die sich gerade einen der Kekse genommen hatte, verschluckte sich fast daran und sie bemerkte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. „Wie bitte?“ Sie hustete leicht. „Hat Tai eine neue Freundin?“ „Wo-woher soll ich das denn wissen?“ Sie richtete ihren Blick lieber auf den Tisch, um nicht in die Augen ihrer Mutter blicken zu müssen. „Na dir erzählt er so etwas eher als mir.“ Frau Yagami nahm den Löffel aus dem Becher und legte ihn beiseite. „Ich mein, das mit Mimi Schluss ist, hab ich ja mitbekommen. Aber es scheint mir, als wäre er schon ziemlich darüber hinweg. Er wirkt so… fröhlich?“ Hikari spürte, wie ihr die Röte bis in die Ohrenspitzen stieg. Irgendwie war es ihr peinlich mit ihrer Mutter über das Liebesleben ihres Bruders zu sprechen. Zumal sie ja selbst nicht wusste, was genau los war. „Na ja also..“ „Weißt du, ich mache mir ja nur Sorgen um meinen Jungen.“ Kari nickte. „Also.. es scheint sich etwas zwischen ihm und Sora anzubahnen…“ „Was? Mit Sora..? Aber das ist doch..“ Verdutzt schaute Frau Yagami ihre Tochter an. Diese hatte mittlerweile ihren Blick wieder angehoben und zuckte mit den Schultern. Nun musste die Frau etwas lachen. „Ich glaub das nicht. Sora und Tai? Die zwei kennen sich doch schon ewig.“ „Tja.. wo die Liebe hinfällt.“ Die Mutter trank noch einen Schluck und lehnte sich zurück. Irgendwie schien sie zufrieden. „Äh.. darf ich jetzt aufstehen..“ „Aber natürlich…“ Sein Blick schweifte durch das Zimmer. Wie oft war er schon hier gewesen? Als Kind wahrscheinlich unzählbar oft. Schließlich hatte Sora schon immer ein Zimmer für sich alleine gehabt, während er seines früher hatte mit Kari teilen müssen. Und doch kam ihm dieses Zimmer heute irgendwie anders vor. Es hatte sich nichts an der Einrichtung verändert und doch war es irgendwie anders. Er saß auf dem Bett und strich mit seiner Hand über die weiche Decke. Sein Herz kribbelte etwas. Es war merkwürdig. Nie hätte er mit dieser Sache gerechnet. In den letzten Wochen hatte er sich beinahe jede freie Minute mit Sora getroffen. Sie tat ihm gut. So wurde er abgelenkt von all den anderen Gedanken, die sich in seinen Kopf scheinbar festgesetzt hatten. Sein Blick streifte die verschiedenen Bilder, die sie über ihrem Bett angebracht hatte. An einem blieb er besonders lange hängen. Er und ein Mädchen waren dort abgebildet. Das Mädchen trug die langen dunklen Haare locker zu einem Zopf und schmiegte sich an ihn. Dabei lächelte es so glücklich in die Kamera. Er hatte seine Arme um sie gelegt. Als wärs erst gestern gewesen, konnte er sich noch genau daran erinnern, was er in diesem Moment in ihr Ohr geflüstert hatte: „Ich werde dich niemals loslassen.“ Lehre Worte. Jetzt musste er sie gehen lassen, konnte sich nicht an sie klammern. Es war komisch dieses Bild zu sehen. Ewig schien es her zu sein, dass sie ein Paar waren. Dabei war noch gar nicht so viel Zeit vergangen. Er hatte sich nicht einmal mehr ihr gemeldet, seit er vor ihrem Haus von Sora abgeholt worden war. Und natürlich hatte sie auch von sich nichts hören lassen. Wahrscheinlich ertanzte sie sich gerade jetzt ihren Traum. „Oh.. das Bild… ich habe es noch nicht abgenommen..“ Tai war in seinen Gedanken so vertieft gewesen, dass er gar nicht gehört hatte, wie sie rein gekommen war. Er schüttelte leicht den Kopf: „Nein, warum denn….“, murmelte er. „Na ja.. also.. wenn es dich vielleicht stört oder so..“ Vorsichtig setzte sie sich neben ihn. Er biss sich leicht auf die Unterlippe und schüttelte noch immer den Kopf, den Blick starr auf das Foto gerichtet. In den letzten Tagen hatte sich so vieles verändert. Seine Gefühle waren Achterbahn gefahren. Er spürte wieder dieses wohlbekannte Kribbeln im Bauch, wenn er neben Sora saß, so wie früher. Es war, als wenn diese Gefühle aus einer Art Winterschlaf wieder aufgewacht wären. Er wusste nicht, ob es richtig oder falsch war, ob er sich widersetzen sollte oder nicht. Auf jeden Fall halfen sie ihm dabei, nicht mehr allzu oft an Mimi zu denken. „Hey…“ Er spürte ihre Hand an seiner, welche leicht gedrückt wurde. Sie sah ihn mit ihren braunen Augen an. „Alles in Ordnung?“ Er konnte nicht anders als Lächeln. „Klar doch..“ Und drückte ebenfalls leicht ihre Hand. Gerade als sie noch was sagen wollte, klingelte plötzlich sein Handy. Er ließ ihre Hand los und nahm das Mobiltelefon. „Was ist denn das für eine Nummer..?“, fragte er sich beim Blick auf das Display. „Ja hallo? Tai hier.“ Es schien als würde er nicht ganz verstehen, was sein Gegenüber von ihm wolle. „Was soll das bedeuten..?“ Besorgt blickte Sora ihn an. Sie kannte diesen Blick. Irgendwas stimmte nicht. „Und wieso machen Sie das nicht..?“ „Aha. Verstehe.“ „Ja keine Sorge, ich kümmere mich drum.“ Langsam fast wie im Zeitlupentempo legte er das Handy beiseite. „Was ist passiert…?“ „Ich muss sofort los.“ Kaum waren diese Worte ausgesprochen, stand er schon. „Warte!“ Sie hielt ihn an seiner Hand fest. „Was ist passiert?“ „Mimis Vater war am Apparat. Sie ist nicht im Internat ihrer neuen Schule angekommen, obwohl sie vor zwei Wochen hätte da sein müssen. Ich soll zu ihnen nach Hause und schauen ob sie dort ist. Er ist seit drei Wochen auf Geschäftsreise und muss noch eine Woche dort bleiben.“ Die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus. „Ich komme mit.“ Nur wenige Minuten später kamen die Beiden bei dem Haus an. Von außen sah es genauso aus wie immer. Erstmal klingelte er, doch wie eigentlich erwartet, rührte sich nichts im Haus. „Wie sollen wir reinkommen?“, fragte Sora. „Irgendwo unter den Blumentöpfen muss hier ein Ersatzschlüssel liegen hat Herr Tachikawa gesagt.“ Nach und nach hoben sie die unterschiedlichen Blumentöpfe hoch, bis Sora rief: „Ich hab ihn!“ Taichi nahm den Schlüssel entgegen, steckte ihn ins Schloss und drehte ihn langsam herum. Sein ganzer Körper war unglaublich angespannt. Er hatte Angst vor dem, was ihn vielleicht dort erwartete. Kapitel 14: Coldness around you ------------------------------- Ihre Haut lag direkt auf den Fliesen. War es eine angenehme Kälte? Sehr mühsam öffnete sie die Augen. Ihre Umgebung nahm sie bloß verschwommen war. Welcher Tag war heute wohl? Mit der linken Hand strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Das hatte sich auch schon mal besser angefühlt. Wie lange hatte sie geschlafen? Anscheinend noch nicht genug. Sie fühlte sich träge und unglaublich müde. Dennoch wollte sie sich dazu aufraffen aufzustehen. Sie brauchte einen Schluck klares, kühles Wasser. Als sie versuchte ihre Beine aufzustellen, knickten diese einfach wieder ein, als wenn sie nicht wirklich zu ihr gehören würden. Was war los? Ihr Kopf knickte zur Seite direkt neben den Spülkasten der Toilette. Wasser. Nichts wünschte sie sich in diesem Moment mehr. Ihr Hals und ihre Kehle fühlten sich total ausgetrocknet an. Mit dem rechten Arm stützte sie sich auf der Toilette ab und vorsichtig begann sie sich hoch zu drücken. Sie schaffte es tatsächlich in eine stehende Position zu kommen. Alles drehte sich. Langsam sehr langsam schlich sie zum Waschbecken hinüber und stützte sich dort sofort wieder ab. Beinahe erschrak sie, als sie in den Spiegel blickte. Ihre Haare! Wie sahen denn ihre Haare aus? Strähnig hingen sie hinunter, als wären sie tagelang nicht gewaschen worden. Und ihr Gesicht? Seit wann sah es so aufgedunsen und blass aus? Das war ja furchtbar. Mit der linken Hand drehte sie den Wasserhahn an. Kaltes, klares Wasser floss heraus. Mit beiden Händen fing sie es auf und benetzte damit ihr Gesicht. Ihre Knie schlotterten und sie spürte, dass ihr Körper nachgab. Langsam sank sie zu Boden. So gut es ging, versuchte sie diesen Vorgang zu bremsen. Das Wasser sammelte sich zu einer kleinen Pfütze im Waschbecken, während es weiter vor sich hin plätscherte. Die Küche sah aus wie ein Schlachtfeld. Überall lagen aufgerissene Süßigkeitentüten herum, Pappkartons von verschiedenen Fertiggerichten- hier herrschte Chaos. Taichi schluckte bei dem Anblick. Mimi war zwar nicht so ordnungsliebend, wie es zum Beispiel Sora war, dennoch würde sie die Küche niemals in diesem Zustand lassen. Seine Schritte knisterten als er auf einige einzelne Cornflakes am Boden trat. „Hier ist sie anscheinend nicht.“, bemerkte er überflüssigerweise und Sora nickte ihm zu. Zusammen gingen sie wieder auf den Flur. „Hörst du das auch?“ Tai glaubte, er hatte Geräusche von oben gehört. Sora blickte ihn fragend an und lauschte für einen Moment, dann nickte sie. Das Haus sah von Innen fast aus wie immer, wenn man von der Küche absah. Hier und dort stand vereinzelt ein Umzugskarton, aber keiner war richtig bepackt, sondern es lagen nur ein paar Teile in ihnen. Sofort machte sich Tai auf den Weg nach oben. Ihm war, als wären die Geräusche aus dem Badezimmer gekommen. Eilig stieß er die Tür auf. Was war das? Auf einmal fiel nicht nur vom Fenster her Licht ins Zimmer. Mimi blinzelte in die Richtung und konnte zwei Gestalten erkennen. Die eine kam sofort auf sie zugelaufen. „Oh mein Gott, was ist passiert?“ Warme Hände legten sich auf ihre Schultern. Verlangsamt legte sie den Kopf schief und blickte in die Augen ihrer besten Freundin Sora. „Nichts.. wieso?“ Ihre Stimme klang schwach. „Was machst du denn hier am Boden? Komm, wir gehen erstmal in dein Zimmer.“ Sie versuchte sie hochzuziehen, doch es ließ sich nichts machen. „Ach lass doch…“ Mimi verstand im Moment gar nicht, was Sora hier wollte und was sie versuchte. Stattdessen probierte sie zu erkennen, wer dort noch im Türrahmen stand. Doch nicht etwa ihr Vater? Sie kniff ihre Augen zusammen, um schärfer sehen zu können. Große Füße, recht lange Beine, durchtrainierter Körper, braune verwuschelte Haare… sie schnappte nach Luft. Taichi?! Für einige Sekunden blieb sie an seinen Augen hängen. Dieser Blick- sie kannte ihn nicht… „Tai, hilf mir doch mal!“ Sora versuchte noch immer Mimi auf die Beine zu bringen. Nach der direkten Ansprache machte er tatsächlich ein paar Schritte auf sie zu. Nein, von ihm wollte sie sich nicht helfen lassen. Hastig versuchte sie nun selbstständig aufzustehen. Noch immer gehorchten ihre Muskeln ihr nicht wirklich und ehe sie sich versah, hatte er schon seine Hände an sie gelegt und zog sie hoch. Nun war sie auf seiner Höhe, blickte wieder in seine braunen Augen, sah Angst darin… kurz darauf wurde alles um sie herum schwarz…. Unangenehme Stille herrschte hier. Einzig waren hastige Schritte von einigen Schwestern und Ärzten auf den Gängen zu hören. Es fiel ihm schwer diesen Gang entlang zu gehen. „Bis zum Ende und dann rechts.“ Eine einfache Wegbeschreibung für diese schweren Schritte. Da war diese Angst. Angst vor dem Anblick. Sein Herz schlug wieder einige Takte schneller. Aber eins stand fest, auf keinen Fall konnte er wieder umdrehen. Das wusste er und das wusste auch sie. Dieser unangenehme Desinfektionsgeruch lag in der Luft. Nein, das Krankenhaus war mit Sicherheit kein Ort, an dem man sich gerne aufhielt. Er spürte ihre warme Hand, wie sie leicht die seine drückte. Eine Art Aufmunterung. Das konnte er gebrauchen. Langsame beinahe schwerfällig wurden weitere Schritte getan. Und immer wieder diese Frage: Warum? Was war der Grund dafür? Wieder lief eine Schwester an ihnen vorbei. Sie hastete den Gang entlang. Es war viel zu tun. Hier war immer viel zu. Leider. Dieser Flur schien unendlich lang zu sein. Bedrückende Stille. Endlich: Das Ende. Jetzt noch nach rechts. Die große Tür. Vorsichtig, aber dennoch bestimmt klopfte er an. Keine Reaktion. Natürlich kam keine Reaktion. Ein kurzer Blick zu seiner Begleitung. Sie lächelte ihn aufmunternd an, obwohl es ihr selbst nicht sehr viel besser als ihm erging. Er öffnete die Tür und sie traten ein. Sein Herzschlag setzte für einige Sekunden aus. Gleichmäßiges Piepen war zu hören, gepaart mit lautem Atmen. Eine Gänsehaut lief ihm über den Rücken. Dort lag sie. Er hatte sich gefürchtet, sie so zu sehen. Ihre Haut war so blass und sie wirkte so hilflos, wie sie dort lag. Auf dem Tisch in der Ecke stand ein großer Blumestrauß. Er erstrahlte in den schönsten und kräftigsten Farben, die man sich nur vorstellen konnte. Zudem stellte er das einzig lebensfrohe in diesem Raum dar. Sie schlief ganz ruhig. Bemerkte gar nicht, dass jemand ihr Zimmer betreten hatte. Neben ihr befand sich der Ständer mit dem aufgehängten Tropf. Ein langer durchsichtiger Schlauch führte direkt zu ihrem Arm. Und wieder die alles entscheidende Frage: Warum? Musste es soweit kommen? Er wusste nicht, wie lange er nun schon hier saß. Vor einiger Zeit hatte Sora das Zimmer verlassen. Sie hatte ihm einen riesigen Gefallen damit getan, dass sie überhaupt mitgekommen war. Schweigend saß er dort und beobachtete sie. Nachdem sie sie gefunden hatten, hatten sie sofort den Notarzt gerufen. Unglaubliche Angst hatte er in dem Moment verspürt, als sie einfach so in seinen Armen weggesackt war. Die Ärzte verfassten eine großartige Diagnose mit der Taichi aber reichlich wenig anfangen konnte. Das einzige, was er verstanden hatte, war, dass sie unter Flüssigkeitsmangel litt und deswegen den Tag über verschiedene Infusionen haben musste. Wieder einmal fiel ihm auf, wie dünn sie doch war. Auch den Ärzten und Pflegenden war dies aufgefallen. Sie hatten nach bekannten Essstörungen gefragt. Tai hatte geschwiegen. Sie hatte zwar in letzter Zeit Schwierigkeiten mit dem Essen gehabt, aber es war doch noch nicht krankhaft, oder? Außerdem wusste er, sie hätte ihm das nie verziehen, wenn er etwas in der Richtung geäußert hätte. Sie würde das schon wieder in Griff bekommen. Trotzdem machte er sich Vorwürfe. Wieso hatte er ihr nicht vorher geholfen? Musste es soweit kommen? Ihre Hand fühlte sich eiskalt in seiner an. Hatte es irgendwelche Vorzeichen dafür gegeben? „Ich bin drin!“ „Was sagt dein Vater dazu?“ „Ach ist doch auch egal. Wahrscheinlich hat er eh vergessen, dass heute das Gespräch war..“ Sie zog aus ihrer Handtasche eine Zigarettenpackung plus Feuerzeug und zündete sich anschließend einen Glimmstängel davon an. „Wann hast du damit angefangen?“ Wieder zuckte sie mit den Schultern. „Keine Ahnung. Vor zwei Wochen oder so…“ Wenn Taichi Mimi nicht so gut kennen würde, hätte er darauf gewettet, dass sie eine Fressorgie hinter sich hatte. Aus dem Mülleimer quollen nämlich nur Chipstüten, Verpackungen von Schokoladen und Bonbons. Irgendwie sah sie blass und erschöpft aus. Sie ging rüber zu ihrer Handtasche, die auf dem Schreibtisch lag und zog eine Packung Kaugummis hervor. Schon vor Wochen hatte sie sich ein wunderschönes Abendkleid gekauft. Als sie es ausgesucht hatte, hatte es noch perfekt gesessen, aber nun hing es beinahe wie ein schlaffer Kartoffelsack an ihr runter. Sora trat hinter sie und musterte sie im Spiegel. „Hast du abgenommen?“ „Also nein.. eigentlich nicht. Zumindest nicht so viel. Man.. muss ich vorher fett gewesen sein“ Mimi drehte sich hinter den Baum und versuchte sich zu übergeben. Taichi glaubte seinen Augen nicht trauen zu können. „Was tust du denn da?“ „Mh, wieso?“ „Seit wann machst du denn sowas?“ „Was? Finger in den Hals stecken? „Außerdem mache ich mir auch ein bißchen Sorgen um sie. Es ist, als würde sie sich irgendwie verändern.“ „Ich hab sie heute beim Kotzen erwischt.“ Er kramte in seinen Erinnerungen. Hatte er die Vorzeichen einfach nicht wahrhaben wollen? Oder waren sie einfach nicht offensichtlich gewesen? Hätte er sich besser um sie kümmern müssen? Beinahe bemerkte er nicht, dass sie ihre Augen geöffnet hatte. Vorsichtig zog sie ihre Hand unter seiner weg. „Was machst du hier?“, fragte sie leise und ihre Stimme zitterte dabei. „Ich wollte schauen, wie es dir geht…“, antwortete er vorsichtig, sehr darauf bedacht nichts Falsches zu sagen. Sie ließ ihren Blick beiseite streifen. Durch ein Fenster neben der Tür konnte sie einen roten Haarschopf erkennen. Wartete Sora etwa auf ihn draußen? „Es geht mir gut…“ Nun wendete sie ihren Blick vollkommen von ihm ab. „Und jetzt geh bitte..“ Kapitel 15: How to feel? ------------------------ ~Cause when I'm with you It seems so easy It seems so easy My best days are with you They are so easy~ Ihre Worte klangen so kalt. Was sollte er tun? Auf jeden Fall wollte er ihren Wunsch respektieren. Er drückte einmal kurz ihre Hand und stand dann auf. „Okay, ich wünsch dir gute Besserung. Vielleicht schaue ich die Tage noch mal rein. Mimi starrte weiterhin auf die Decke vor sich, als wenn sie ihn gar nicht wahrnehmen würde. Sie reagierte nicht. Leise verließ Taichi das Zimmer. Draußen wartete auf ihn Sora und blickte ihn erwartungsvoll an. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Schweigend gingen sie erst einmal nebeneinander her nach draußen. Ihre Worte nagten noch immer an ihm. Sie wollte ihn nicht sehen. Draußen angekommen wurde er von der Sonne geblendet. Er spürte Soras warme Hand an seiner und zog sie weg. „Ich.. kann das jetzt nicht.“ „Ist in Ordnung.“ Verständnisvoll schaute sie in seine Augen. „Ich brauch jetzt etwas Zeit für mich. Ich melde mich bei dir.“ Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, war er auch schon weg. Wehmütig blickte Sora ihm nach. Am nächsten Tag fand er sich wieder im Krankenhaus wieder. Eigentlich hatte er nicht kommen wollen, aber er musste sie einfach sehen, musste sehen, wie es ihr ging. In der Hand hielt er eine Sonnenblume, die ihm seine Mutter mitgegeben hatte. Wie beim letzten Mal schien ziemlich viel auf dieser Station los zu sein. Zu seiner großen Verwunderung stand die Tür offen. Sein Herz machte einen Aussetzer. Ein leeres Bett, ein leerer Nachtschrank, keine Spur mehr von ihr. Erschrocken sprach er die erste Schwester, die er sah, an: „Mimi, wo ist sie?“ „Fräulein Tachikawa? Die wurde auf Station 14 verlegt.“ Danach erkläre sie noch den Weg dorthin. Erleichtert atmete Taichi auf und machte sich auf den Weg dorthin. Als er das Zimmer betrat, glaubte er seinen Augen kaum: Matt saß dort an ihrem Bett. „Hi..“ Mimi sah nur kurz in seine Richtung und drehte dann den Kopf beiseite. „Die ist für dich…“ Er hielt ihr die Sonnenblume entgegen. „Ich will dich nicht sehen, Taichi.“ „A..aber..“ Nun stand der Blonde auf. „Komm Kumpel“, er legte seinen Arm um ihn, „Es ist besser wenn du jetzt gehst.“ „Wieso? Ich…“ Sein Freund begleitete ihn mit sanften Druck und doch freundlich nach draußen. „Du hast doch gehört, was sie gesagt hat. Es ist nicht so gut für sie, wenn sie sich aufregt. Sie ist immer noch geschwächt.“ Er nahm seinen Arm von ihm. „Aber- was tust du denn überhaupt hier?“ Nun schaute der Blonde etwas verwirrt drein. „Wieso? Ich bin doch schließlich auch mit ihr befreundet…“ Taichi wusste mit dieser Antwort nichts anzufangen. Er drückte ihm die Sonnenblume in die Hand und verließ dann das Krankenhaus. Zuhause erwartete ihn bereits Sora. „Hi..“, begrüßte sie ihn etwas schüchtern. „Deine Schwester hatte mich vorhin rein gelassen.“ Tai nickte bloß und setzte sich erschöpft neben sie auf sein Bett. „Warst du wieder bei ihr?“ Ihre Stimme zitterte etwas bei der Frage. Wieder nickte er bloß und ließ sich dann auf seinen Rücken fallen. „Sie will mich nicht sehen. Ich muss das wohl akzeptieren.“ „Wahrscheinlich..“ Sora starrte auf ihre Knie. Sie wusste nicht so Recht, wie sie mit der Situation umgehen sollte. Vor dieser Sache mit Mimi hatte sie wirklich gedacht, er hätte auch Gefühle für sie, aber nun schien das alles wie vom Erdboden verschluckt. Seine Gedanken kreisten wieder nur um Mimi, sie spürte das. Plötzlich spürte sie seine warme Hand an ihrem Rücken. „Es ist endgültig Aus zwischen uns und ich muss das akzeptieren.“ Er zog sie etwas zu sich, bis neben ihm lag. „Und eigentlich… hatte ich das ja auch schon..“ Seine Hand umspielte ihre Hand und er blickte ihr tief in die Augen. Soras Herz schlug schneller als normal. Beinahe versank sie in seinen Augen. Für einen kurzen Augenblick schien er innezuhalten, danach näherte er sich mit seinem Gesicht ganz langsam ihrem, bis sich ihre Lippen trafen. Sora spürte wie ein wahrer Glücksstrom durch ihren Körper floss. Wie lange hatte sie darauf schon gewartet? Bedächtig setzte er sich wieder auf den Stuhl, den er neben ihr Bett gestellt hatte. „Er ist wieder weg.“ Die Sonnenblume hatte er unterwegs in einen der Mülleimer geworfen. „Danke..“ Eine Träne bahnte sich ihren Weg über ihre Wange. „Kein Problem.“ Für einige Minuten saßen sie schweigend beieinander und hingen ihren eigenen Gedanken nach. „Warum hast du Schluss gemacht, wenn du ihn doch noch liebst?“ Mimi dachte einige Sekunden nach, ehe sie antworten konnte. „Es ist dieses Gefühl… hast du es denn nicht bemerkt? Zwischen Sora und ihm..“ Er lauschte ihren Worten und betrachtete sie mit seinen blauen Augen. Zum Wiederholten Male fragte er sich, warum Mimi ihrem Körper dies angetan hatte, aber er würde sich davor hüten, ihr diese Frage zu stellen. „Ich weiß nicht, ich habe gespürt, dass Sora sich von mir entfernt hat, aber ob das was mit Tai direkt zu tun hatte und ob das von ihm auch ausgeht… ich habe keine Ahnung.“ Er zuckte mit den Schultern. „Dir fehlt halt die weibliche Intuition“, erwiderte sie und verdrehte die Augen. Matt lächelte. Das war ihre erste Aussage im Krankenhaus, bei der sie nicht todernst klang. Vielleicht würde ja doch alles wieder normal werden? Nun schaute sie ihn direkt an. „Danke, dass du hier bist..“ „Das ist doch selbstverständlich..“ „Du bist im Moment wirklich der Einzige, den ich sehen möchte..“ Nun wurde Matt ja beinahe schon etwas verlegen. „Ich bin froh, wenn ich dir eine Freude machen kann. Außerdem bist du eine gute Freundin von mir.“ Sie nickte. „Ja, das stimmt wohl..“ Mitten in der Nacht wachte Taichi auf. Er spürte Soras warmen Atem an seiner Wange. Sie hatten einen gemütlichen Abend miteinander vorm Fernseher verbracht. Sich immer mal wieder geküsst, zärtlich liebkost und waren irgendwann nebeneinander eingeschlafen. Leise stand er auf und schlich sich aus dem Zimmer. Im Bad betrachtete er sich im Spiegel. Was hatte dieser Abend zu bedeuten? War er der Anfang einer neuen Beziehung? Es hatte sich gut angefühlt, irgendwie. Das konnte er nicht leugnen. Mit seinen Händen nahm er eine große Pfütze eiskalten Wassers und wusch sich damit das Gesicht. In seinem Traum vorhin hatte er sie wieder gesehen. Blass und unglaublich dünn lag sie in diesem riesigen Krankenhausbett. Es folgte eine weitere Ladung Wasser. Danach blickte er wieder in sein Spiegelbild. War es in Ordnung? Die Sache mit Sora? Durfte er das? War das die Richtung, die er einschlagen wollte? Er suchte die Antwort im Spiegel. Doch nichts deutete auf Antworten auf seine Fragen hin… Kapitel 16: Real Friendship --------------------------- „Hey Alter! Na alles klar?“ Tommy klopfte Taichi freundschaftlich auf die Schulter. Dieser nickte. „Sicher. Und bei dir?“ „Jo, bei mir auch! Ich hab gehört, du hast dich von Mimi getrennt?“ Falsch, sie hatte sich von ihm getrennt, was ein himmelweiter Unterschied war, aber Tai hatte im Gefühl, dass es nichts bringen würde, ihm das jetzt zu erklären, stattdessen nickte er bloß. Es war kaum zu fassen: Die Sommerferien waren schon wieder um und es schien als würde alles wieder seinen ganz normalen Lauf nehmen. Vor den Ferien war er noch mit Mimi zusammen gewesen, jetzt war er es anscheinend mit Sora. Sie ließen alles nur sehr langsam angehen in beiderseitigem Einverständnis. Schließlich wussten sie auch nicht, wie Yamato darauf reagieren würde. Bisher hatte keiner von Beiden mit ihm darüber gesprochen. Es hatte schon zum Unterricht geklingelt, so dass beinahe alle Schüler bereits im Klassenraum versammelt waren. Nur ihr Platz war leer. Ein Loch mitten in einer Reihe von Mädchen, direkt neben Sora. Selbstverständlich war sie nicht mehr da. Hatte sie sich doch von der Schule abgemeldet, weil sie den anderen Schulplatz erhalten hatte. Taichi seufzte. Kurz darauf betrat der Klassenlehrer den Raum. Er begrüßte die Schülerschaft und wünschte ihnen allen einen guten Start ins neue Schuljahr. Anschließend verteilte er die Stundenpläne. Gerade wollte er zum normalen Unterricht ansetzen, als es an der Tür klopfte. Eine junge Frau betrat den Klassenraum. Sie hatte eine leichte Sommerbräune, von dem sich der weiße knielange Rock wunderbar abhob. Ihre Haare hatte sie locker hochgesteckt. Einige blonden Strähnchen zierten die dunklen Haare. „Entschuldigen Sie bitte vielmals die Verspätung. Mein Fahrrad hatte unterwegs einen Platten.“ , erkläre sie außer Atem. Mimi Tachikawa hatte die Klasse betreten und alle starrten sie an. Keiner hier hatte sobald damit gerechnet sie wieder zu sehen. Nie hätte er damit gerechnet, dass er sie ausgerechnet hier wieder treffen würde. Sie sah wirklich gut aus, hatte sich anscheinend wieder erholt. Das letzte Mal hatte er sie gesehen, als Matt ihn aus dem Krankenhaus begleitet hatte. Sie setzte sich auf ihren Platz neben Sora, als wenn nichts gewesen wäre. Taichi schluckte und konnte es kaum erwarten, dass es Pause gab. Als nach einer dreiviertel Stunde dann endlich der erlösende Pausengong erklang, war er einer der ersten, der draußen stand. Nach und nach zogen die anderen Schüler an ihm vorbei. Sora blieb neben ihm stehen und wartete darauf, dass sie zusammen in die Pause gingen. Yamato war anscheinend schon draußen und Mimi hatte im Klassenraum noch etwas zu besprechen. Tai konnte es immer noch nicht fassen, aber auch Sora stand der Schreck noch ins Gesicht geschrieben. Sie verzogen sich in eine ruhige Ecke des Pausenhofs. „Wusstest du, dass sie wieder hier ist?“ Sora schüttelte den Kopf. Sie bekam ein unglaublich schlechtes Gewissen. Wochenlang hatte sie sich bei ihrer besten Freundin nicht gemeldet, hatte eigentlich sogar Angst davor mit ihr zu sprechen, obwohl sie doch eigentlich für sie hätte da sein müssen. Irgendwie hatte sie das alles verdrängt, aber nun musste sie sich der Situation wohl stellen. „Hat sie denn vorhin irgendwas zu dir gesagt?“ Taichi wollte unbedingt mehr darüber wissen. „Nein, nichts..“ Sora biss sich auf die Unterlippe. „Ach hier seid ihr…“ Yamato war soeben dazu gestoßen. Automatisch rutschten Tai und Sora ein Stück weiter auseinander. Der Blonde lehnte sich lässig gegen einen der Bäume und zog einen Apfel aus seiner Schultasche, in den er genüsslich hinein biss. „Ist irgendwas? Ihr seid so schweigsam.“ „Eigentlich.. äh.. nein..“ Taichi vergrub die Hände in seinen Hosentaschen. Die Situation war merkwürdig. Irgendwie wirkte fast alles so wie vor den Sommerferien, aber doch war alles anders. „Mimi hat sich gut wieder erholt, was?“, fragte Matt beiläufig. Sora nickte. „Ja, ich wusste gar nicht, dass sie wieder hierher zurückkommt.“ Er zuckte mit den Schultern. „Die Tanzschule hat sie rausgeworfen, da sie nicht pünktlich dort war. Wo sollte sie sonst hin?“ Taichi schluckte. Das musste sie hart getroffen haben. Diese Schule war doch ihr großer Traum gewesen. Und dann noch dieser Krankenhausaufenthalt. Wieder einmal plagte ihn das schlechte Gewissen. „Na ja.. ist ja auch nicht das Schlechteste, wenn sie hier erstmal ihren Abschluss macht, bevor sie sich auf ihre Karriere konzentriert.“, erklärte die junge Frau lächelnd. Matt und Sora unterhielten sich noch eine Weile, während Taichi schweigend daneben saß, bis es wieder zum Unterricht klingelte. Für den Abend hatten sich Yamato und Taichi noch für ein Bier in ihrer Lieblingskneipe verabredet. Beiden tranken schweigsam aus ihrer Flasche. „Es tut mir Leid, dass ich mich fast den ganzen Sommer nicht gemeldet hab.“, ergriff Tai das Wort und starrte dabei auf die braune Flasche vor sich. „Kein Problem. Ich denke, du hattest genug mit deinen eigenen Problemen zu tun.“ Der Dunkelhaarige nickte etwas. Sein bester Freund war so verständnisvoll, wie sollte er ihm jetzt das mit Sora erklären? Er überlegte einige Sekunden. „Sag mal, denkst du eigentlich noch oft an Sora?“ Verwundert blickte Matt ihn an, dann zuckte er mit den Schultern. „Natürliche denke ich noch oft an sie. Man, ich war sogar soweit, dass ich ihr einen Heiratsantrag gemacht hab!“ Tai zuckte bei diesen Worten leicht zusammen. „Versuchst du mir gerade zu erklären, dass ihr mehr als nur Freunde seid?“, fragte der Blonde forschend nach. „Was äh… wie kommst du darauf?“ Er fühlte sich ertappt. „Na ja.. Mimi hat irgendwie so was angedeutet. Wenn es wirklich so ist, dann sei jetzt bitte ehrlich.“ Tai nahm noch einen großen Schluck von seinem Bier. Was hatte er schon zu verlieren? Sein bester Kumpel würde es so oder so herausfinden. „Ich glaub, wir sind zusammen.“ Für einige Sekunden schwieg der Andere. „Tut mir Leid. Kann verstehen, wenn du jetzt wütend auf mich bist.“ Seine Finger spielten mit dem Aufkleber der Flasche. „Ja scheiße, man! Es tut verdammt weh sich vorzustellen, dass sie nun einen anderen küsst!“ Mit einem lauten Knall stellte er die Flasche auf dem Tresen ab. „Aber ich bin froh, dass du es bist, den sie küsst und nicht irgendein Vollidiot.“ Erleichtert blickte Taichi seinen besten Freund an. „Ehrlich?“ Dieser nickte. „Du kannst ja auch nichts dafür, wenn sich ihre Gefühle ändern… aber pass gut auf sie auf, hörst du? Wehe dir, du tust ihr weh…“ Der Dunkelhaarige musste schon beinahe lächeln: „Keine Sorge. Ich passe auf..“ „Gut. Dann lass uns auf Sora anstoßen.“, erwiderte der Blonde. Kapitel 17: The Party --------------------- Mimi lag in ihrem Bett und starrte die Decke an. Es war einer der letzten Sommertage und sie verbrauchte ihn hier drinnen. Ihr Vater war wie immer nicht da und Yamato hatte keine Zeit für sie. Samstagnachmittags hatte er immer Bandprobe. Sie seufzte. Langsam stand sie auf und stellte sich vor den Spiegel. Einige Leute hatten in den letzten Tagen zu ihr gesagt, dass sie wieder viel besser aussähe, als kurz vor den Ferien. Die sanfte Bräune der Haut stände ihr gut und sie sähe auch wieder gesünder aus, jetzt wo sie ein paar Kilos zugenommen hatte. Mit ihrer Hand strich sie sich über den Bauch. Im Gegensatz zu den anderen empfand sie sich schon wieder als fett. Sie drückte mit ihren Fingern eine Bauchfalte hervor. Natürlich kaschierte sie diese durch ihre Kleidung, aber sie würde sich glücklicher fühlen, wenn sie nicht da wäre. Ein Seufzer entrann ihr. Normalerweise hätte sie heute auch Tanztraining, aber das hatte sie ausfallen lassen, wie schon die letzten Wochen. Im Moment sah sie einfach keinen Sinn mehr darin. Sie hatte ihre Chance verspielt, oder etwa nicht? Aus lauter Langeweile zündete sie sich eine Zigarette an und rauchte diese genüsslich am offenen Fenster. Draußen tollten einige Kinder herum. Die machten sich noch keine Sorgen um ihre Figur. Die Zeit im Krankenhaus war schrecklich gewesen. Wäre Yamato nicht jeden Tag da gewesen, hätte sie es wahrscheinlich kaum durchgehalten. Sie hatte sich gezwungen vernünftig zu essen, nur um wieder nach Hause zu dürfen. Jetzt saß sie hier alleine und langweilte sich. Matt war wirklich ein guter Freund für sie, wahrscheinlich sogar der Beste. Er füllte ein bisschen die Lehre aus, die sich in ihrem Leben auszubreiten schien. Sora hatte sich nicht einmal mehr gemeldet. In der Schule saßen sie zwar nebeneinander, aber sie redeten nur über belanglose Dinge. Ihr fehlten die typischen Mädchengespräche. Wahrscheinlich verbrachte sie jetzt ihre ganze Zeit mit Taichi. Gerade jetzt in diesem Augenblick war sie bestimmt bei seinem Fußballspiel und feuerte ihn an. Mimi drückte die Zigarette aus. Sie vermisste ihn. Was hatte sie sich nur dabei gedacht Schlusszumachen? In dem Moment hatte sie sich überlegen gefühlt, doch jetzt war alles außer Kontrolle geraten. Warum war sie bloß immer noch hier? Sie wurde je aus ihren Gedanken gerissen, als es plötzlich an der Tür klingelte. Tatsächlich brachen gerade die letzten fünf Minuten des Fußballspiels an und Sora saß ganz vorne in den Zuschauerrängen. Im Gegensatz zu Mimi verstand sie ziemlich viel von dem Spiel und den Regeln, schließlich hatte sie selbst jahrelang gespielt. Es stand 1:0 für die gegnerische Mannschaft. Sora fieberte richtig mit und endlich hatte Taichi mal wieder den Ball. Er sprintete zum gegnerischen Tor, durchbrach die Verteidigung und setzte zum alles entscheidenden Schuss an. Ihre Daumen taten schon regelrecht weh vom vielen Drücken. Und tatsächlich: Der Ball war im Netz, die Zuschauer jubelten und er winkte Sora kurz zu. Zufrieden ließ sie sich nach hinten lehnen. Kurz darauf wurde das Spiel auch abgepfiffen. Es war zwar kein Sieg, aber immerhin ein Unentschieden. Sora war zufrieden. Die Jungs gingen duschen und sie wartete vor der Umkleide auf ihn. Früher hatte sie hier ab und zu zusammen mit Mimi gewartet. Früher? Das war nicht einmal ein halbes Jahr her. Sora seufzte. Wie sich doch alles veränderte. Sie wusste nicht so recht warum, aber sie traute sich nicht wirklich mit Mimi zu sprechen. In irgendeiner Art und Weise fühlte sie sich schuldig dafür, dass die Beiden sich getrennte hatten, aber Mimi hatte doch gar nichts von ihren Gefühlen gegenüber Tai gewusst, oder? Sie wusste es nicht. Er hatte noch nie mit ihr über die Trennung gesprochen, wie genau es dazu gekommen war und es war auch okay, wenn er nicht darüber sprechen wollte. „Was tust du denn hier?“ Verwundert blickte sie ihr Gegenüber an, nachdem sie die Tür geöffnet hatte. „Ich dachte, dir wäre vielleicht langweilig, deswegen haben wir die Probe etwas eher beendet.“ Er lächelte sie an. „oh.. äh.. kannst wohl Gedanken lesen, was?“ Grinsend zuckte er mit den Schultern. „Vielleicht. Was hast du heute Abend vor?“ Sie ging einen Schritt zur Seite, so dass er das Haus betreten konnte. „Ach na ja.. eigentlich nichts.“ „Hab ich mir fast gedacht. Einer aus meiner Band gibt heute Abend ne Party. Du solltest hingehen.“ „Ich? Ich weiß nicht..“ Sie lief in ihr Zimmer und er kam ihr hinterher. „Wieso nicht? Es wird bestimmt lustig.“ Mimi setzte sich auf die Bettkante. „Wer ist denn alles da…?“ „Oh, da müsste ich lügen. Ehrlich gesagt, hab ich keine Ahnung. Ich vermute mal fast alle aus unsere Stufe. Du verpasst also echt was, wenn du nicht dabei ist.“ Einige Sekunden dachte sie nach. „Ich weiß nicht, ob ich schon bereit dafür bin…“ Seit ihrem Krankenhausaufenthalt hatte sie sich kaum am öffentlichen Schulleben beteiligt. Sie wusste, dass viele über sie redeten. Natürlich hatte es sich schnell rum gesprochen, dass sie im Krankenhaus gelegen hatte und es gab auch viele Gerüchte über den Grund des Aufenthalts. „Ach komm schon Mimi.“ Er griff nach ihrer Hand und drückte diese leicht. „Ich weiß, dass du das schaffst. Das ist die Gelegenheit, um allen zu beweisen, dass du wieder voll und ganz zurück bist. Die ersten Weiber versuchen dir schon den Posten der Schulprinzessin streitig zu machen.“ Er machte eine kurze Pause: „Schau dich doch an, du siehst wunderbar aus, ihnen wird die Kinnlade runterklappen, wenn du auftauchst. Und außerdem.. du bist ja nicht alleine dort.“, zwinkerte er sie an. Die Party war bereits in vollem Gange als sie endlich dort ankamen. Nach Matts Überredung hatte Mimi noch unendlich lange gebraucht, um sich für die richtigen Klamotten, die richtige Frisur und das richtige Make up zu entscheiden. Sie war dezent geschminkt, hatte sich Locken in die Haare gedreht und trug einen Sommerrock und ein einfaches Top. Zu sehr auffallen wollte sie schließlich auch nicht. Yamato hatte nicht zu viel versprochen. Es schien tatsächlich so, als wenn die ganze Stufe hier wäre. Das Wohnhaus war praktisch voll mit jungen Menschen in ihrem Alter, wobei der Großteil sich doch eher im Garten aufhielt. Gerade war Mimi auf dem Weg zur Küche, um vielleicht dort ein gekühltes Bier auftreiben zu können. Wenn sie sich hier so umblickte, waren schon ziemlich viele Leute ziemlich betrunken. Doch bevor sie die Küche betrat, hielt sie inne. War das nicht Soras Stimme gewesen? Erschrocken blieb sie am Türrahmen stehen. Natürlich: Sora und Taichi gehörten auch zu ihrer Stufe. Sie biss sich auf die Unterlippe und entschied sich besser auf das Bier zu verzichten, als sie die Stimme eines anderen Mädchens vernahm: „Also was ist dann euer Problem, wenn ihr doch eigentlich glücklich zusammen seid?“ Mimi hielt inne. Sie wusste, dass es sie eigentlich nichts anging, aber irgendwas in ihrem Inneren zwang sie dazu zu lauschen. „Ach keine Ahnung. Es ist, als wenn da noch eine unsichtbare Barriere zwischen uns wäre..“ Mimi erkannte sofort an Soras Stimmlage, dass sie anscheinend schon ziemlich betrunken war. Das andere Mädchen kicherte: „ Na ja so lange der Sex stimmt..“ Sofort spürte sie, wie ihr Herz schneller schlug. Tai und Sora hatten…? Kurioserweise hatte sie da noch nie drüber nachgedacht. Sie hatte sich zwar schon an alle möglichen Sachen gedacht, die die Beiden zusammen unternahmen, aber nie daran. Vielleicht hatte sie es immer verdrängt oder so, aber jetzt beunruhigte sie der Gedanke. Natürlich sie warn ein ganz normales Paar und das gehörte dazu, aber irgendwie… Im Moment konnte sie sich nicht mal vorstellen überhaupt nur eine andere Person näher an sich heran zu lassen. Sie atmete tief durch. Vielleicht sollte sie doch besser schnell weg von hier? Plötzlich verstummte das Kichern. „Was guckst du denn Sora…? Ich meine ihr hattet doch sicherlich schon – oder nicht? Oh mein Gott….! Deinem Gesicht nach zu urteilen hattet ihr nicht!“ „Es ist ja nicht so, dass ich nicht gewollt hätte…“ „Ihr seid doch schon drei Monate zusammen und es liegt nicht an dir, sondern an ihm?“ Die andere wurde mit ihrer Stimme immer schriller und höher, dann verfiel sie in Gelächter. „Vielleicht ist er schwul..“ Das war das Letzte was Mimi hörte, dann machte sie sich kopfschüttelnd auf den Weg woanders hin. Irgendwie beruhigte sie der Gedanke, dass Tai und Sora noch nicht so weit waren. Schließlich war es für sie beide das erste Mal gewesen, als sie miteinander geschlafen hatten und es war einfach etwas ganz besonderes. Das konnte man doch nicht so einfach mit jemand anderem teilen. Sie ging wieder in den Garten und bediente sich an der Bowle, die auf einem der aufgebauten Tische stand. Suchend blickte sie sich nach Yamato um. Auch Taichi hatte bereits einige über den Durst getrunken. Er feierte mit seinen Kumpels eine ausgelassene Party. Gerade hatten sie wieder eine Runde Tequila hinter sich, da entdeckte er sie an einen der Tische gelehnt. Vom Alkohol ermutigt machte er große Schritte zu ihr hinüber. Noch immer hatten sie kein Wort mehr miteinander gesprochen, jetzt sah er eine einmalige Gelegenheit dazu. Er bemerkte ihren suchenden Blick und gesellte sich einfach neben sie. „Na, suchst du mich?“ Kaum waren diese Worte ausgesprochen, merkte er selber wie dämlich sie klangen. Erschrocken drehte sie sich zu ihm. „Eigentlich nicht.“ „Achso schade…“ Taichi nahm einen Becher und tauchte ihn in die Bowle. Sie musterte ihn einen kurzen Augenblick. „Hast wohl auch schon ziemlich viel getrunken, was?“ „Quatsch..“ Er trank seinen Becher halbleer und versuche ihn dann abzustellen. Mimi versuchte sich im Smalltalk: „Und? Habt ihr heute gewonnen?“ „Nein.“ „Oh, etwa verloren?“ „Nein.“ „Äh.. achso. Also unentschieden..“ Sie beschloss, dass ihr dieses Gespräch anscheinend nicht viel bringen würde und drehte sich zum Gehen. „Warte!“ Er wollte nach ihrer Schulter greifen und warf dabei seinen Becher um. Kurz blickte er auf die Pfütze, dann hielt er sie doch noch fest: „Lass uns das öfters machen..“ „Was?“, verwirrte drehte sich Mimi zu ihm. „Na, einfach mal so reden. Wie früher..“ Sie runzelte die Stirn und fragte sich, ob Taichi überhaupt noch genau wusste, was er da sagte. Sora saß in der Küche mit dem Rücken an den Kühlschrank gelehnt. In ihrer Hand hielt sie einen zerdrückten Plastikbecher. Sie war wütend auf sich selbst. Hatte sie vorhin wirklich mit jemandem über ihr Liebesleben gesprochen, den sie kaum kannte? Wie konnte sie nur so bescheuert sein? Wahrscheinlich wusste Montag die ganze Schule davon. Wieso hatte sie bloß so viel Alkohol getrunken. Geräuschvoll ließ sie ihren Kopf gegen die Tür fallen. Kopfschmerzen würde sie morgen sowieso haben. Sie ärgerte sich so über sich selbst, dass sie gar nicht mitbekam, wie Yamato die Küche betrat. Dieser blieb verwundert direkt neben ihr stehen. „Kann ich mal kurz daran?“ Er deutete auf den Kühlschrank. „Ups.. ja klar.“ Schnell stand die Rothaarige auf und ging beiseite. Matt nahm sich ein Bier heraus und sah sie fragend an. „Ist irgendwas vorgefallen?“ „Nein, Quatsch. Wieso?“ Sie strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr zurück. „Wie kommst du darauf?“ „Normalerweise sitzt man auf Partys nicht alleine auf dem Fußboden und starrt diesen an.“ Sie seufzte. „Man, ich hab Mist gebaut. Und Tai wird das bestimmt nicht lustig finden, wenn er dahinter kommt.“ Nun zog der Blonde eine Augenbraue hoch. „Ah ja? So schlimm kann es wohl kaum sein.“ Zwar hatte er reichlich wenig Lust sich die Beziehungsprobleme der anderen anzuhören, aber dennoch setzte er sich an den Küchentisch. Sora setzte sich ihm gegenüber und ohne, dass er noch mal nachfragen musste, platzte es bereits aus ihr heraus: „Wir hatten noch keinen Sex und ich dumme Kuh musste da mit irgend so einem Mädel drüber sprechen.“ Matt nahm erstmal einen großen Schluck von seinem Bier. Okay, Sora musste schon sehr betrunken sein, wenn sie darüber offen sprach. „Vielleicht hat sie es ja bereits wieder vergessen…“ „Das wäre wohl zu schön…“ Sie seufzte. Kapitel 18: New Beginning? -------------------------- Es brach schon beinahe wieder der Morgen an, als Mimi Matt endlich wieder gefunden hatte. „Mensch, wo warst du denn?“, fragend blickte sie sich an. In der Zwischenzeit hatte sie sich von einem Smalltalk in den nächsten gerettet und kaum irgendeine sinnvolle Unterhaltung geführt. „Ach na ja, ich war mal hier, mal dort.“ Irgendwas sagte ihm, dass es nicht allzu klug wäre ihr zu erzählen, dass er die meiste Zeit mit Sora verbracht hatte. „Mhm..“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust und zog eine Augenbraue hoch. „Dabei hast du mir doch versprochen, dass ich hier nicht alleine bin..“ „Schau dich doch mal um..“ Er deutete auf die verschiedenen Leute. „Oh man. So war das nicht gemeint!“ Sie knuffte ihm in die Seite und lachte. Dabei fiel ihr in den Augenwinkeln ein brauner Wuschelkopf auf. Sie wollte sich zwingen nicht hinzuschauen, aber es ging nicht anders. Er torkelte den Weg entlang zusammen mit ihr. Seinen Arm hatte er um sie gelegt. Seine neue Freundin, ihr beste Freundin: Sora. Mimi seufzte: „Lass uns nach Hause gehen, ja?“ Noch immer konnte sie ihren Blick von dem Paar nicht abwenden. Sie waren mittlerweile stehen geblieben und er drückte sie ganz nah an sich, gab ihr einen Kuss auf die Stirn und schloss für einen Moment die Augen. Plötzlich spürte sie eine Hand an ihrem Arm. „In Ordnung. Dann lass uns gehen.“ Sanft wurde sie mitgezogen. Es war eine Woche seit der Party vergangen und mal wieder war es ein Samstag an dem Mimi alleine Zuhause saß. Yamato hatte heute einen Auftritt mit seiner Band ganz in der Nähe, aber sie war noch unentschlossen, ob sie wirklich hingehen sollte. Ursprünglich hatte sie geplant gehabt, ein bisschen was für die Mathearbeit zu tun, die anstand. Aber an einem Samstagabend? Mimi schüttelte den Kopf. Manchmal erkannte sie sich selbst kaum wieder. Wer hätte das je von ihr gedacht? Dass sie an einem Samstagabend freiwillig zu Hause bliebe und Mathe lerne, statt feiern zu gehen? Andererseits hatte sie auch nie damit gerechnet, dass sie mit ihrem Freund Schluss machte, obwohl sie ihn liebt und dann noch wochenlang unter der Trennung leidet. Nein, eigentlich hatte das ganz anders verlaufen sollen. Wenn es nach ihrem Plan gegangen wäre, hätte sie heute Abend selber was Großartiges vorgehabt. Vielleicht einen Auftritt mit der Tanzgruppe vor einem auserwählten Publikum? Zumindest hätte sie keinen Gedanken an Taichi verschwendet. Doch nun saß sie doch noch hier in Tokio, lebte noch immer bei ihrem Vater, der eigentlich nie da war und wollte an einem Samstagabend Mathe lernen. Sie stieß das Lehrbuch beiseite, dass sie sich vorhin genommen hatte. Ihr Entschluss stand fest: Sie würde zum Konzert fahren. Schnell packte sie die wichtigsten Sachen ein und dann düste sie in ihrem neuen Auto dorthin. Den Wagen hatte sie von ihrem Vater vor kurzem bekommen, wahrscheinlich wegen des schlechten Gewissens. Nach einer kurzen Fahrzeit war sie dann auch angekommen. Es standen schon eine Menge Fans vor der kleinen Halle und Mimi war doch irgendwie überrascht darüber, dass er schon so viele Fans hatte. Für den Fall der Fälle, dass sie doch kommen würde, hatte er ihr extra eine VIP Karte gegeben. Lächelnd betrachtete sie sie. Er hatte sogar aus Spaß sein Autogramm draufgesetzt. Sie ging zum Hintereingang und wurde auch sofort rein gelassen. Neugierig schaute sie sich um. Von Matt keine Spur zu sehen, doch sie hörte die Jungs proben. Also lief sie einfach immer dem Gehör nach, bis sie endlich beim richtigen Raum angelangt war. Dort traf sie fast der Schlag. Scheinbar war sie nicht die Einzige gewesen, die eine Karte von ihm bekommen hatte. Auf dem Sofa in der Ecke saß Sora. Mimi schluckte und hätte Matt sie nicht bereits entdeckt gehabt, hätte sie ernsthaft darüber nachgedacht, einfach wieder zu gehen. „Hey! Schön, dass du da bist!“ Er kam lächelnd auf sie zu und legte seinen Arm um sie. „Ich dachte schon, du kommst nicht mehr.“ In diesem Moment wünschte sie sich nichts mehr, als dass er sich nicht geirrt hätte. Er führte sie rüber zu dem Sofa, auf dem auch Sora saß. Mimi hob schüchtern die Hand hoch. Nein, so hatte sie sich das nicht vorgestellt. „Hey.“ Kam von Soras Seite aus. Zu ihrer Erleichterung war wenigstens Taichi nicht zu sehen. „Wenn du was zu trinken willst, geh einfach wieder auf den Flur und dann die zweite Tür links. Kannst dich frei bedienen.“ Kaum waren diese Worte ausgesprochen, begannen sie auch schon weiter zu proben. Mimi beobachtete die Jungs. Jeder einzelnen von ihnen schien unglaublichen Spaß beim musizieren zu haben. Sie fragte sich, ob sie beim Tanzen auch so glücklich ausgesehen hatte. Nach einer Viertelstunde bekam Mimi Durst und außerdem fühlte sie sich unwohl in Soras Nähe, die beinahe jeden Song mitsummen konnte. Also machte sie sich auf den Weg zum beschriebenen Raum. Hier standen einige Kisten mit Cola, Wasser und Bier herum. Mimi nahm sich eine Wasserflasche und suchte sie noch ein Glas. „Hey, nicht erschrecken.“ Sie zuckte zusammen, diese Warnung kam eindeutig zu spät. Sora stand plötzlich hinter ihr. „Was machst du denn auf einmal hier?“ Eigentlich wollte sie darauf gar keine Antwort haben: „Weißt du zufällig, wo sie hier Gläser haben?“ Sora zeigte auf einen Schrank und setzte sich dann auf einen Bierkasten. Mimi wurde fündig und schenkte sich ihr Glas ein. „Möchtest du auch?“ Sora schüttelte den Kopf und die Dunkelhaarige lehnte sich gegen die Theke, die hier aufgebaut war. „Irgendwie ein komisches Gefühl, oder?“ Die Rothaarige schaute vom Boden zu ihrer ehemaligen besten Freundin auf, diese reagierte jedoch nicht. „Ich mein zwischen uns..“ Mimi nahm einen großen Schluck aus ihrem Glas. „Okay, du willst anscheinend immer noch nicht darüber reden. Weißt du, es tut mir einfach Leid, dass das alles so gelaufen ist. Es tut mir Leid, dass ich mit deinem Exfreund zusammen bin, aber du hast Schluss gemacht, ich kann nichts für meine Gefühle..“ Mimis Hand verkrampfte sich immer weiter um das Glas. Sie wollte diese Worte nicht hören. Natürlich hatte sie Schluss gemacht. Aber warum? Fragte sich Sora denn nicht mal warum? Weil sie Tai mit diesem Blick angesehen hatte. Weil sie geglaubt hatte, sie würde diese Stadt eh verlassen und es wäre das Beste, wenn es so enden würde.. Die Spannung in ihrer Hand ließ nach und das Glas fiel zu Boden. Vor ihr lag ein Scherbenhaufen. Ein Scherbenhaufen, der sich ihr Leben nannte. Sora war aufgestanden und versuchte die Glasscherben wegzuräumen. „Lass..“ Das war das erste ernst gemeinte Wort, welches Sora an diesem Abend von Mimi gehört hatte. Verwundert blickte sie sie an. „Ich mach das selber weg.“ Mimi bückte sich, nahm Sora das Kehrblech weg und begann die Scherben und Splitter darauf zu schieben. „Es ist meine Schuld, dass es jetzt so ist und ich muss das das auch selber wieder bereinigen und mit den Konsequenzen leben.“ Sora war sich gerade nicht sicher, ob Mimi noch immer von dem kaputten Glas oder ihrem Leben sprach. Dann brachte sie die Scherben zum Mülleimer und blieb erstmal davor stehen. „Ich würde dir gerne helfen.“ Sora stellte sich hinter sie. „Ich spüre doch, dass etwas nicht in Ordnung ist.“ Mimi nickte traurig. Plötzlich vermisste sie die Nähe ihrer besten Freundin. Wie viel Zeit hatten sie früher miteinander verbracht? Wie viel hatten sie gemeinsam erlebt und gelacht? „Weißt du Sora, es ist alles nicht so einfach…“ „Klar, versteh ich..“ Sie trat dichter an sie heran. „Aber wir können es ganz langsam Schritt für Schritt versuchen..“ Kapitel 19: ------------ Mimi saß im Auto und summte die Melodien von Teenage Wolves mit. Das Konzert hatte ihr wirklich gefallen und die Aussprache mit Sora hatte ihr gut getan. Sie wusste, dass sie sich immer noch auf ihre beste Freundin verlassen konnte, egal was passieren würde. Sie verband einfach viel zu viel. Am Ende des Konzertes hatte Matt sie auf die Bühne gebeten und ihr einen Kuss auf die Wange gegeben. Sie war ganz rot geworden und die Menge hatte wild geklatscht. Es war nur ein Kuss auf die Wange gewesen und sie wusste genau, dass es nichts bedeutete, aber es war irgendwie schon ein tolles Gefühl gewesen, dass ausgerechnet sie seine „Auserwählte“ war. Schließlich standen vor der Bühne hunderte von Mädchen, die nur darauf warteten. Lächelnd stellte Mimi den Wagen auf der Auffahrt ab und nahm ihre Handtasche mit raus. Während sie nach ihrem Haustürschlüssel suchte, bemerkte sie gar nicht, dass schon jemand vor der Tür saß und scheinbar auf sie gewartet hatte. „Hi.“ Zum zweiten Mal heute erschreckte sich Mimi. „Tai! Was tust du denn hier?“, verwirrt schaute sie ihn an. „Ich hab auf dich gewartet.“ Er stand auf und machte ihr Platz, damit sie die Tür aufschließen konnte. „Ah ja? Und warum?“ Sie öffnete die Tür und hoffte, dass er nicht mit reinkommen würde. Doch wie selbstverständlich betrat er das Haus nach ihr. „Ich hab da noch die ein oder andere Frage..“ Mimi seufzte. An seiner Stimme hatte sie bemerkt, dass er anscheinend schon wieder betrunken war. „Gab es irgendwas zu feiern?“ Sie ging in die Küche und warf einen Blick in den Kühlschrank. Er zuckte mit den Schultern. „Nicht wirklich.“ Es war nichts darin zu finden, was ihrem Appetit entsprach. „Wieso hast du dann getrunken?“ Wieder zuckte er mit den Schultern. „Hat sich so ergeben.“ „Ah ja…“ Sie streifte ihn nur kurz mit ihrem Blick, dann ging sie hinüber ins Wohnzimmer und er trottete ihr wie ein Hund hinterher. „Also, was willst du hier?“ Nun durchsuchte sie den Wohnzimmerschrank nach etwas Essbarem, während er sich wieder setzte. Er antwortete nicht. Sie machte den Schrank wieder zu und setzte sich dann soweit wie möglich entfernt von Tai auf die Couch. Die Arme hatte sie vor der Brust verschränkt und es fiel ihr schwer, nicht in seine Richtung zu blicken. „Ich.. versteh es immer noch nicht.“ Noch bevor Mimi was erwidern konnte, sprach er weiter und rückte dabei näher an sie heran. „Es war doch alles gut zwischen uns. Und jetzt bist du immer noch hier. Was sollte das alles?“ Sie wollte auf die Frage nicht antworten. „Du bist doch jetzt mit Sora zusammen. Es ist doch alles okay für dich. Du bist doch glücklich oder nicht?“ Sie hörte ihn schwer neben sich atmen. „Ich, - ich denke schon, dass ich.. nein.“ Er fuchtelte wild mit seinen Händen herum. „Keine Ahnung, verdammt.“ Sie zwang sich weiterhin dazu nicht in seine Richtung zu blicken. „Weißt du, irgendwo tief in mir, warte ich immer noch darauf, dass du zu mir zurückkommst.“ Diese Worte hatte er nur sehr leise ausgesprochen. „Was? Oh nein Tai! Wie kommst du nur auf solch bescheuerte Ideen?“ Sie stand auf und ging hinüber zum Fenster. Draußen war es dunkel und sie konnte nichts erkennen. Tai stützte seine Ellenbogen auf seinen Knien ab und vergrub den Kopf in die Handflächen. „Ich bin durcheinander Mimi. Ich bin mit Sora zusammen, weil ich sie früher einmal geliebt habe, weil ich vielleicht jetzt so etwas Ähnliches wie damals empfinde. Ich bin mit ihr zusammen, weil du wegziehen wolltet, nicht, weil du mich nicht mehr liebst… und jetzt bist du immer noch hier…“ Sie biss sich auf die Unterlippe. So konnte das hier nicht weitergehen. Sie musste diese Dreiecks- oder Vierecksgeschichte oder was auch immer es war beenden. Sie konnte ihn nicht weiterhin so leiden sehen. Entschlossen ging sie zu ihm hinüber und blieb direkt vor ihm stehen. „Jetzt hör mir gut zu Taichi: Es hat sich einiges verändert: Ich habe mich verändert, meine Gefühle haben sich verändert..“ Sie machte eine kurze Pause. Es kostete sie Kraft die nachfolgenden Worte auszusprechen: „Ich- Jetzt geh Taichi.“ Sie wendete ihren Blick ab. Und tatsächlich stand er nach einigen Sekunden des Schweigens auf und begab sich zur Tür. „Hey na, und? Wir war dein Abend gestern?“ Soras Herz klopfte ihr fast bis zum Halse. Warum wusste sie nicht genau, eigentlich telefonierte sie doch gerade „nur“ mit ihrem Freund Tai. „Oh… argh…. Gut..“ Ihr Gegenüber in der Leitung war heute Morgen ziemlich verkatert aufgewacht und der Kopfschmerz ließ einfach nicht nach. „Gut? Schön. Wo ward ihr denn gestern noch?“ Sie wusste einfach nicht, was los war. Letztes Wochenende noch dachte sie, dass alles okay wäre, außer der Sache mit dem Sex. Aber in der Woche hatte sie dann das Gefühl gehabt, Taichi würde Abstand von ihr nehmen. „Hier und dort.“, kam prompt seine knappe Antwort. „Achso ja. Klingt ja interessant. Also das Konzert gestern von den Teenage Wolves war echt klasse. Hast du was verpasst.“ Einige Sekunden überlegte sie, ob sie von ihrem Treffen mit Mimi berichten sollte, aber sie ließ es dann doch lieber bleiben. „Hör zu Sora, ich komm nachher kurz vorbei in Ordnung? Muss jetzt dringend unter die Dusche.“ „Okay, ist in Ordnung.“ Schon hatte er aufgelegt und sie starrte auf das Telefon. Verwundert begab sich Yamato zur Tür. Wer klingelte denn schon um diese Uhrzeit? Er kam gerade frisch geduscht aus dem Badezimmer heraus und hatte sich nur schnell ein Handtuch um die Hüften geschlungen. „Mimi…!“ Er war sichtlich überrascht, nachdem er die Tür geöffnet hatte. „Guten Morgen!“ Sie hielt eine Brötchentüte hoch in die Luft. „Ich dachte nach dem tollen Konzert gestern hast du dir ein leckeres Frühstück verdient!“ Wie selbstverständlich trat sie ein. Nur für wenige Sekunden musterte sie seinen freien Oberkörper und obwohl es nur so kurz war, bemerkte sie, wie ihre Wangen sich rosa färbten. „Das ist ja echt mal ne klasse Idee.“ Er lächelte. „Warte kurz, ich zieh mir nur schnell eben was über.“ „Lass dir ruhig Zeit.“ Mimi begab sich währenddessen schon mal in die Küche und begann den Tisch zu decken. Nach einigen Minuten war Yamato fertig. Die Beiden frühstückten gemeinsam und quatschten über das Konzert gestern. Irgendwann fiel dem Blonden ein anderes Thema ein. „Sag mal, fandest du es nicht auch merkwürdig, dass Taichi gestern nicht mit war?“ Mimi zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Vielleicht hatte er was Besseres vor?“ In Gedanken fügte sie hinzu: Nämlich vor meiner Haustür herumzulungern. Yamato schüttelte leicht den Kopf: „Ich weiß nicht. Irgendwas scheint da nicht zu stimmen. Sora machte so einen niedergeschlagenen Eindruck.“ Nein, sie hatte eigentlich keine Lust sich weiterhin Gedanken über die Probleme dieses Paars zu machen. Also wechselte sie schnell das Thema. „Was steht denn heute Abend an? Schließlich haben wir morgen schulfrei.“ Matt zuckte mit den Schultern. „Eigentlich nichts besonderen. Ich wollte mit den Kumpels von der Band gemütlich ein Bierchen trinken.“ „Cool. Darf ich mit?“ „Meinetwegen..“ ~All this feels strange and untrue And I won't waste a minute without you~ „Erstmal will ich, dass du weißt, dass es nicht an dir liegt, sondern nur an mir. Früher war ich wirklich verliebt in dich, aber dann kam die Sache mit Mimi und ich habe gelernt, sie zu lieben. Du hattest zu der Zeit ja Yamato. Und jetzt… weißt du, ich hab mir wirklich gewünscht, dass das mit uns klappt. Aber es ist einfach noch zu früh, ich hab immer noch nicht wirklich losgelassen. Ich will es ja, aber es geht nicht…“ Tai holte einmal tief Luft. „Sora, es tut mir wirklich Leid.“ Nun herrschte Stille. Sie musste erst einmal Wort für Wort verkraften, was sie gehört hatte. Er machte gerade in diesem Moment Schluss mit ihr. Tränen schossen ihr in die Augen, sie konnte sie nicht zurückhalten. Schnell drehte sie ihr Gesicht beiseite, damit er dies nicht sehen konnte. Besorgt legte er seine Hand auf ihre Schulter. Sie biss währenddessen verkrampft die Lippen aufeinander, damit ihr kein Schluchzer entkommen konnte. „Du glaubst es mir wahrscheinlich nicht, aber ich wünschte wirklich, ich hätte diese Worte nicht sagen müssen.“ Nun konnte Sora sich nicht weiter zurückhalten. Ein Schluchzer nach dem anderen entfloh ihren Lippen und heiße Tränen rannen über ihre Wangen. Sie spürte Taichis warme Arme um sich, er drückte sie an sich. Natürlich brauchte sie in diesem Moment Trost, aber doch nicht von ihm! „Lass Tai, bitte lass..“ Sie rutschte ein Stück weiter von ihm weg. „Ich will jetzt alleine sein..“ Kapitel 20: Lover I don't have to love -------------------------------------- Der Abend war schon weiter vorangeschritten. Einer der Jungs klimperte lässig auf seiner Gitarre und Mimi fühlte sich so entspannt, wie schon lange nicht mehr. Im Übungsraum der Jungs war es wirklich gemütlich. Sie saß an die Couch gelehnt auf dem Fußboden. In der einen Hand hielt sie ein Bier und in der anderen ein Zigarette. Genüsslich zog sie daran. Tja da hatte sie sich wahrhaftig ein Laster angelegt, das sie so schnell nicht loswurde. Aber wen interessierte das schon? Sie genoss die ungezwungene Atmosphäre. „Hey Luke, kannst du nicht mal was Schnelleres spielen?“, fragte der Bassist grinsend. So ganz hatte Mimi die Namen der Jungs immer noch nicht drauf, aber das nahm ihr niemand übel. Der Angesprochene reagierte prompt. „Gefällt dir das besser?“ „Jo!“ Der Bassist sprang auf und ehe Mimi sich versah hatte er sie schon hochgezogen. Diese ruckartige schnelle Bewegung hatte sie ganz schön aus dem Gleichgewicht gebracht, damit hatte sie nicht gerechnet, sie stolperte etwas, aber er hielt sie fest. „Lass uns tanzen!“ Er grinste sie an und sie willigte lächelnd ein. Mimi hatte eine Menge Spaß und trank noch einige Bierchen, bis sie sich wieder erschöpft auf das Sofa niederließ. „Mensch Jungs, ihr seid echt klasse!“ Sie strahlte in die Runde. Matt, der neben ihr saß, legte seine Hand auf ihre. „Es ist uns doch eine Ehre einen solch hübschen Gast, wie dich zu haben.“ Gerade wollte sie etwas erwidern, da wurde die Tür zum Proberaum aufgestoßen. Herein trat eine ihr nur allzu bekannte Person. „Yagami Alter! Was machst du denn hier?“ Luke sprang auf und schlug ihm zur Begrüßung die Hand auf die Schulter. „Und wo warst du gestern? Du hast einen Wahnsinns Auftritt verpasst!“ Tai lächelte. „Sorry, gestern war mir etwas dazwischen gekommen.“ Er streifte Mimi nur mit einem kurzen Blick. Natürlich kannten ihn alle. Er war der beste Freund ihres Sängers. Sie erinnerte sich daran, dass Tai früher häufiger mit den Jungs abgehangen hatte, wenn Sora und sie Mädchenabende gemacht hatten. Er setzte sich auf das Sofa gegenüber und nahm sich wie selbstverständlich ein Bier aus der Kiste. „Leute, ihr glaubt nicht, was ich gestern erfahren habe.“ „Spann uns nicht auf die Folter: Erzähl!“ Ein breites Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus: „Ich hab in zwei Wochen ein Probetraining für die Jugendmannschaft des Nationalteams!“ Die anderen grölten los, Mimi spürte einen Kloß im Hals. „Darauf sollten wir dringend anstoßen!“ Die Bierflaschen klirrten und sie machte einfach mit, obwohl ihr das Bier kaum noch schmeckte und sie auch keinen Grund zum Feiern sah. Tai sprach mit den Jungs von der Band über belanglose Dinge. Sie freuten sich ehrlich für ihn, das spürte er. Dennoch war er nicht so ganz bei der Sache, während er mit ihnen sprach. Sein Blick wanderte immer mal wieder zu Mimi und Matt. Sie hatten sich etwas von der Gruppe abgesondert und schienen sich prächtig zu amüsieren. Immer mal wieder berührten sie sich scheinbar wie zufällig an Händen und Armen. Er musste an Sora denken. Seine beste Freundin, gerade ihr hatte er wirklich nicht wehtun wollen und jetzt saß sie wahrscheinlich Zuhause und weinte. Das war ein furchtbares Gefühl. Er wollte sie trösten, aber konnte nicht. Wusste auch gar nicht wie. Ob Mimi und Matt wohl schon von der Trennung wussten? Wahrscheinlich nicht.. Eigentlich hatte er wirklich Grund zur Freude wegen des Probetrainings, aber in Wahrheit fühlte er sich einfach nur scheiße. Im Moment lief eigentlich nichts so, wie er es gerne wollte. Einmal noch wollte er mit ihr sprechen, er wollte von ihr hören, dass sie ihn nicht mehr liebte. Dann hoffte er, könnte er endgültig loslassen. Als sie aufstand und den Raum verließ, sah er seine Chance. Im Hintergrund hörte er Matts Handy läuten. ~She is everything I need that I never knew I wanted She is everything I want that I never knew I needed~ Nach ein paar weiteren Bierchen fühlte Mimi sich schon ziemlich wackelig auf den Beinen, dennoch wagte sie den Weg zur Toilette. An der Wand gestützt lief sie den Flur entlang. In ihrem Kopf drehte sich einiges. „Hey warte mal kurz!“ Sie spürte eine Hand auf ihrer Schulter und blieb stehen. Das konnte doch nicht wahr sein. Was wollte er denn jetzt schon wieder von ihr? Genervt drehte sie sich zu Taichi. „Was ist denn jetzt schon wieder?“ „Hör zu, es tut mir Leid, dass ich gestern Abend noch bei dir war…“ Gerade wollte er weiter sprechen, da wurde er von hinten herum gerissen. „Hab ich das gerade richtig gehört? Du warst gestern Abend bei ihr?“ Yamato stand plötzlich hinter ihnen. „Alter, bleib mal ganz locker. Ich entschuldige mich doch gerade dafür.“ „Verdammt Taichi! Was ist nur aus dir geworden?“ Mimi verstand gar nicht mehr, um was es überhaupt ging und ehe sie sich versah, hatte der Blonde dem anderen einen ordentlichen Schlag ins Gesicht verpasst, der diesen beinahe zum Fallen brachte. Nur unter großer Mühe konnte sich Tai auf den Beinen halten. Er hielt sich die schmerzende Wange: „Was soll das denn jetzt?“ „Du hast mir versprochen auf sie aufzupassen, ihr nicht weh zu tun!“ Yamatos Augen funkelten wütend und in seiner Stimme schwang Verachtung mit. „Und was tust du? Brichst ihr das Herz und nervst nebenbei noch Mimi. Kapierst du es nicht? Sie hat Schluss gemacht, es ist aus!“ Tai stand mit offenem Mund da. „Moment mal, sprichst du von Sora? Ich habe ihr nicht das Herz gebrochen…“ Vom Blonden hörte man ein missbilligendes Schnaufen. „Ich meine, es tut mir Leid..“ Er nahm seine Hand aus dem Gesicht und sah das Blut darauf. Nun kochte auch in ihm die Wut auf. „Es tut dir Leid? Deswegen bist du wohl auch hier und verkündest stolz von deinem anstehenden Training. Yagami, du kotzt mich an.“ „Du hast keine Ahnung wovon du redest Matt. Wirklich nicht.“ Tai griff nach Mimis Hand. „Komm lass uns gehen..“ Erschrocken zuckte Mimi zurück. Wo wollte er denn mit ihr hin? Kurz darauf spürte Taichi die zweite Faust im Gesicht. „Sie will dich nicht sehen. Kapier es doch endlich!“ Das konnte er dieses Mal nicht auf sich sitzen lassen und er holte aus zu einem Gegenschlag. Mimi schrie erschrocken auf. „Taichi nein! Lass das!“ Er blickte für einige Sekunden in ihre Augen und sah wie sich Angst darin wieder spiegelte. Dann ließ er langsam seine Faust sinken. Er schüttelte den Kopf und drehte sich um. „Ich bin jawohl nicht erwünscht…“ Nach diesem Auftritt von Tai fühlte Mimi sich schlecht. Irgendwie wusste sie gerade nicht, was sie machen sollte, oder wo sie hin sollte. Tai hatte ihr unmissverständlich klargemacht, dass er irgendwie wirklich gedacht hatte, sie würde jetzt mit ihm gehen nach dieser Auseinandersetzung. Aber warum sollte sie das tun? Mit großen Augen blickte sie Yamato an. Er schien wirklich ziemlich wütend zu sein. In diesem Moment fragte sie sich, ob er wohl doch noch etwas für Sora empfand. Nun nahm er ihre Hand und zog sie wieder zurück in den Proberaum. Er sagte jedoch kein Wort zu dem was vorgefallen vor. Mimi trank ein weiteres Bier, obwohl sie sich schon unheimlich betrunken fühlte. Doch irgendwie wirkte das in diesem Augenblick befreiend auf sie. Nach und nach verschwanden die Jungs und am Ende waren nur noch sie und Matt da. Beide saßen sie schweigend auf dem Sofa. Langsam lehnte sie ihren Kopf gegen seine Schulter und seine Hand suchte nach ihrer. In den letzten Wochen hatten sie sich näher kennen gelernt, als sie es je für möglich gehalten hätte. Natürlich war sie früher mal in ihn verliebt gewesen, aber das war schon lange her, sie konnte sich kaum noch an die Zeit erinnern. Und jetzt saß sie hier neben ihm, er streichelte sanft ihre Hand und irgendwie waren sämtliche Gefühle in ihrem Kopf ausgeschaltete oder betäubt durch den Alkohol. Das war das erste Mal seit langem, dass sie Taichi Yagami komplett aus ihrem Kopf verbannt hatte. Der Blonde neben ihr stellte mit der freien Hand das Radio an, damit es nicht mehr so still war und summte leise mit. Er drehte seinen Kopf in ihre Richtung und blickte sie lächelnd an. ~Now it's two o'clock. The club is closed, We are up the block~ Vorsichtig löste er seine Hand von ihrer und strich ihr damit eine Haarsträhne beiseite. Sie beide waren ganz alleine hier. Seine Hand ließ er auf ihrer Wange liegen und strich sanft mit seinem Daumen über ihre Lippen. Irgendwas lag plötzlich in der Luft. Einige Sekunden sahen sie sich in die Augen, dann berührten sich ihre Lippen sachte. Zaghaft küssten sie sich und vorsichtig berührten gleichzeitig ihre Hände die Körper des jeweils anderen. ~I want a lover I don't have to love, I want a boy who's so drunk he doesn't talk. Where's the kid with the chemicals? I got a hunger and I can't seem to get full. I need some meaning I can memorize. The kind I have always seems to slip my mind~ Was so vorsichtig begonnen hatte, ging in wilde Leidenschaft über. Nach nur wenigen Minuten hatten sich beide ihrer TShirts entledigt und seine Hand wanderte unter ihren Rock. Sie schloss die Augen, ließ alles mit sich machen. Es fühlte sich gut an, aber irgendwie nicht real, einfach wie in einem Traum. Auch sie streichelte über seinen Oberkörper ließ ihre Hände hinab gleiten, fühlte seine ganze Männlichkeit. Sein Gesicht war so nahe an ihrem, dass sie ein leichtes Stöhnen vernahm. Es zählte nur dieser Moment, alles andere war jetzt egal. Sie berührten sich weiter dort, wo sie es am liebsten mochten. Die Luft knisterte vor Erotik und Erregtheit und so dauerte es nicht lange, bis sie miteinander schliefen. ~Love's an excuse to get hurt. And to hurt. Do you like to hurt? I do, I do. Then hurt me, Then hurt me, Then hurt me...~ Noch nie hatte er sich in seinem Leben so missverstanden und einsam gefühlt wie jetzt. Natürlich war er sich seinem Fehler gegenüber Sora bewusst, aber dennoch fragte er sich, womit er das verdient hatte. Wohin sollte er jetzt? Nach Hause wollte er nicht. Dort würde ihn ja doch wieder alles nur an seine gescheiterte Beziehung mit Sora erinnern. Einige Zeit trottete er sinnlos durch die Gegend, ohne zu wissen, wohin er wollte. Irgendwie zog ihn dann sein Gefühl wieder zu einem ganz bestimmten Haus. Wehmütig blickte er rauf zum ihrem Fenster. Natürlich bewegte sich nichts. Wahrscheinlich war sie noch nicht mal Zuhause. Langsam zog er sein Handy hervor. Kein Anruf in Abwesenheit, nichts. Er wählte ihre Nummer, doch wie so oft war das Mobiltelefon ausgeschaltet. Seufzend setzte er sich auf die kühle Steintreppe vorm Haus, wie schon am Abend zuvor. Was genau er sich dadurch erhoffte, wusste er selber nicht genau. Sie wollte ihn nicht sehen und erst recht nicht mit ihm sprechen. Doch ein einziges Mal noch wollte er mit ihr reden, wollte ihr ein letztes Mal seine Gefühle erklären. Wenn sie ihm dann noch sagen würde, dass sie wirklich nichts mehr für ihn empfinde, würde er endgültig loslassen, das hatte er sich fest vorgenommen. Dann würde er sich erstmal von der Liebe fernhalten, würde sich auf seine Fußballkarriere konzentrieren, aber dieses eine Gespräch brauchte er noch. Doch er wartete anscheinend vergebens, sie kam nicht nach Hause.. Kapitel 21: Love's an excuse to get hurt. And to hurt. ------------------------------------------------------ Einige Sonnenstrahlen kitzelten sie an ihrer Nase. Verschlafen drehte sie sich noch mal zur Seite und fiel dabei beinahe von der Couch. Erschrocken öffnete sie die Augen. Couch? Wo war sie hier? Nicht Zuhause? Ein Blick in den Raum verriet ihr, dass sie scheinbar im Proberaum der Teenage Wolves geschlafen hatte. Nach und nach kamen ihr vereinzelte Erinnerungen vom Abend wieder in den Sinn. Erschrocken schlug sie die Hand vor den Mund. Yamato? Er war nicht mehr hier. Er hatte sie hier alleine gelassen. War das gestern wirklich geschehen? Ihr fielen die Berührungen und Küsse wieder ein. Was hatten sie nur getan? Schnell zog sie sich ihre Klamotten wieder über und fuhr mit dem nächst bestem Bus nach Hause. Dort erwartete sie schon ihr Vater. Das war wieder typisch. War er sonst nie da, musste er es natürlich heute sein. „Wo warst du?“, lautete seine Begrüßung. „Bei Sora..“, sie konnte ihm schlecht die Wahrheit sagen. Schließlich war sie Daddys Kleine, auch wenn er kaum da war. „Warum hast du dein Handy nicht an? Wofür hast du dieses Teil denn? Immer wenn es wichtig ist, hast du es ausgestellt.“ „Paps ich…“ Sie blickte in seine Augen. „Können wir daher noch mal drüber sprechen?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, rauschte sie an ihm vorbei in die Küche. Der Blick in den Kühlschrank sagte ihr nicht viel, trotzdem griff sie sich einen Joghurt und ging damit erstmal in ihr Zimmer. Sie schaltete ihr Handy ein und das Ding hatte verschiedene Nachrichten für sie. Fünf Anrufe in Abwesenheit. Zweimal ihr Vater. Zweimal Taichi. Einmal Sora und eine Sms. „Hey Mimi, es ist Aus zwischen Tai und mir. Bitte melde dich.“ Mimi schluckte. Stimmt. Das hatte sie komplett verdrängt. Ihr fiel wieder ein, wie Matt Tai geschlagen hatte. Es war jetzt Aus zwischen ihnen. Sie hatte gestern mit Matt geschlafen. Wieso? Waren da Gefühle im Spiel? Den Joghurt hatte sie schon längst verschlungen, aber sie hatte noch immer Hunger. Zum Glück hatte sie noch ne Tüte Chips und eine Tafel Schokolade hier in ihrem Zimmer rum liegen. In wenigen Minuten war alles verschlungen und sie spürte wieder die gewohnte Übelkeit in sich aufsteigen. Eilig hastete sie ins Badezimmer. Außer Atem kam Taichi zu Hause an. Er war eben rund eine Stunde gejoggt und die letzten Meter war er gesprintet. Er musste seine Kondition weiter ausbauen, er musste eine gute Figur beim Probetraining abgeben. Tai sprang unter die Dusche, sie war schön erfrischend kühl. Während der sportlichen Betätigung hatte er das Gefühl gehabt, als wenn all seine Gefühle abgestellt worden wären, doch jetzt kamen sie wieder zurück. Es war, als wenn er innerhalb der letzten 24 Stunden seine besten Freunde verloren hätte und er wusste nicht, was er daran ändern konnte. Sora wollte er erstmal Zeit für sich geben. Mimi wollte ihn nicht sehen und Matt…? Tja er wusste auch nicht so recht. Mittlerweile hatte er sich schon wieder abgetrocknet und angezogen. Er warf einen kurzen Blick auf sein Handy, aber nichts. Keiner wollte ihn erreichen. Hätte er sich ja auch denken können. Vorsichtig klopfte er an ihr Zimmer. Er war schon längere Zeit nicht mehr hier gewesen. Ihre Eltern hatten ihn freundlich begrüßt. „Kannst reinkommen..“, hörte er Soras Stimme von innen. „Hi…“ Er hob zur Begrüßung die Hand und schloss die Tür hinter sich. Verwundert sah sie ihn an. „Oh du? Ich hatte eigentlich mit jemand anderes gerechnet..“ Er setzte sich auf den Schreibtischstuhl. „Mit wem denn?“ Ihre Augen waren noch ganz geschwollen vom Weinen. „Na ja.. was heißt gerechnet? Ich hatte gehofft, dass Mimi kommen würde. Sie hat sich noch gar nicht bei mir gemeldet.“ „Achso.“ Matt schluckte. „Wie geht’s dir?“ Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, fiel ihm schon auf, dass sie eigentlich ziemlich bescheuert waren. „Wie soll es mir schon gehen? Beschissen.. aber ich hätte eigentlich damit rechnen müssen…“, antwortete sie. „Womit? Dass er Schluss macht?“ „Ja, ich meine… ich kenn ihn doch schon so lange und..“ „Also ganz ehrlich? Ich kenne ihn auch schon ziemlich lange, hab trotzdem nicht damit gerechnet und überhaupt. Er ist zurzeit ein ziemliches Arschloch.“ In Soras Augen sammelten sich wieder Tränen. „Hey, nicht weinen…“ Er setzte sich zu ihr hinüber aufs Bett. „Er hat gesagt, dass es ihm wirklich Leid tut.“ Sie schluchzte und er drückte sie an sich. „Natürlich tut es ihm das...“ Einige Zeit saßen sie schweigend nebeneinander. „Verdammt, aber es tut so weh…“ „Kann ich verstehen…“ Erschöpft ließ Mimi sich auf der grünen Wiese nieder. Nach ihrer letzten Attacke hatte sie sich so schwach gefühlt. Sie hatte Angst, dass sie wieder jemand wegen ihrer Schwäche erwischen würde. Eigentlich wollte sie das alles ja auch gar nicht, aber manchmal kam es so über sie. Um die Schwäche auszumerzen hatte sie beschlossen, wieder mehr Sport zu treiben. Heute hatte sie das erste Mal seit langem wieder gejoggt. Um genau zu sein hatte sie das, dass letzte Mal mit Taichi gemacht. Und genau hier an diesem Platz hatten sie damals einen Streit wegen Sora und Matt gehabt. Als ihr niemand von der Verlobung erzählt hatte. War das der Anfang vom Ende gewesen? Sie seufzte. Wozu sich darüber jetzt Gedanken machen. Für einige Sekunden schloss sie die Augen. Seit dem einen Abend im Proberaum mit den Jungs hatte sie nichts mehr von Yamato gehört. Irgendwie traute sie sich nicht, sich bei ihm zu melden. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, ob sie überhaupt irgendwas zu der Sache sagen sollte. Bei Sora hatte sie sich seitdem auch noch nicht gemeldet. Irgendwie war sie einfach nicht die Richtige um sie wegen der Trennung zu trösten. Mittlerweile war das aber auch schon eine Woche her. Plötzlich hörte sie neben sich Schritte. Ein anderer Jogger kam auf diesen Baum zu. Braune strubbelige Haare. Sie erkannte ihn sofort. Schnell drehte sie sich beiseite. Hoffentlich sah er sie nicht. Mit gleichmäßigem Schritt lief er an ihr vorbei und war nach einigen Sekunden nicht mehr zu hören. Nun schaute sie ihm etwas verwirrt nach. Sie hätte schwören können, dass er sie wieder anspricht. Auf irgendeiner Art und Weise war sie sogar enttäuscht darüber, dass er es nicht gemacht hatte. Einige Sekunden blieb sie noch sitzen, dann sprang sie plötzlich auf und versuchte ihm zu folgen. Sie wusste nicht genau, warum sie das tat. Irgendeine innere Kraft trieb sie dazu an. Er joggte zu einem der größeren und bekannteren Fußballplätze. Dort wurde er scheinbar schon erwartet. Denn er schüttelte einem älteren Herrn die Hand und sie redeten kurz. Natürlich blieb sie in sicherer Entfernung, damit er sie nicht sehen konnte. Erschrocken zuckte sie zusammen, als plötzlich ich Handy klingelte. Es war Matt. „Ja hallo?“ „Hi Mimi… ich bin’s Matt.“ Seine Stimme klang etwas verunsichert. „Hab ich schon an der Nummer gesehen.“ „Achso ja…“ Stille. „Sag mal, hast du zufällig gerade Zeit? Ich würde mich gerne mit dir treffen. Ich glaub, wir haben da was zu-…. bereden.“ Ungefähr eine halbe Stunde später stand er vor ihrer Haustür und klingelte nervös. Er wusste, dass sie darüber reden mussten, aber er wusste nicht genau wie. Wie sollte er anfangen? Wie würde sie reagieren? Er strich sich durchs Haar. Mimi öffnete die Tür. Ihre Haare hingen nass über ihre Schultern. Anscheinend hatte sie gerade geduscht. „Hi..“ „Hey.. komm doch rein.“ Er folgte ihr in ihr Zimmer und setzte sich auf den Drehstuhl, während sie auf dem Bett Platz nahm. „Sorry, dass ich mich in letzter Zeit nicht gemeldet habe.“ Sie zuckte mit den Schultern: „Hab ich ja auch nicht gemacht.“ „Also das… was da letztes Mal zwischen uns vorgefallen ist, dass..“ Sie fiel ihm ins Wort: „Hat nichts weiter zu bedeuten.“. sagte sie tonlos. „Ja richtig! Also nein… ich meine… es sollte einfach eine einmalige Sache gewesen sein.“ Wortlos nickte sie. „Ich will dich damit nicht verletzen…“ Nun schaute sie ihn das erste Mal an: „Das tust du nicht.“ Ihm fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Es war ja nicht so, dass er Mimi nicht mochte. Ganz im Gegenteil. In den letzten Wochen und Monaten hatte er sie richtig ins Herz geschlossen. Aber als Kumpel, nicht mehr, glaubte er zumindest. So genau wusste er auch nicht, warum es überhaupt soweit gekommen war letztes Wochenende. Er war betrunken gewesen, sie war nicht gerade unattraktiv, er hing irgendwie immer noch an Sora und versuchte sie vergessen, aber das waren wohl nicht die Hauptgründe. Denn dieser war ein ganz anderer, den er sich aber nicht eingestehen wollte, den er eigentlich nicht mal bewusst wahrgenommen hatte. An diesem Abend war er so unglaublich sauer auf Taichi gewesen, weil er seine Sora verletzt hatte, dass er ihm auch unbedingt wehtun wollte. Yamato stand auf und setzte sich neben sie. Vorsichtig legte er seinen Arm um ihre Taille. Eine Träne lief über ihre Wange. „Mimi? Was ist denn los?“ Hatte er sie mit diesen Worten etwa doch verletzt? Empfand sie mehr für ihn? Sie kniff ihre Lippen zusammen und es rollte noch eine weitere Träne. „Ich empfinde immer noch etwas für ihn…“, brachte sie hervor. Kapitel 22: Talking things out ------------------------------ Diese Erkenntnis hatte sie irgendwie völlig plötzlich und unerwartet getroffen. Kurz darauf hatte sie Yamato nach Hause geschickt und es war mal wieder zu einer Fressattacke gekommen. Nun betrachtete sie sich im Spiegel. Sie fühlte sich wie ein dummes, kleines Mädchen. Da klingelte es an der Haustür. Wer konnte das sein? Genervt blickte sie aus dem Fenster. Verwundert stellte sie fest, dass es ihre beste Freundin war. „Hey Mimi! Mach die Tür auf! Ich weiß genau, dass du da bist!“ Seufzend lief Mimi die Treppe runter. Nach der Aussprache mit Yamato heute Nachmittag konnte sie jetzt ruhig auch noch eine weitere mit Sora führen. Sie hoffte bloß, dass diese nicht zu viel über Taichi reden würde. Kaum war die Tür offen torkelte Sora rein. Sie hielt eine Flasche Sekt hoch in die Luft und in der anderen hielt sie eine Flasche Schnaps. Verwirrt blickte Mimi ihre Freundin an. Sie schien betrunken zu sein, das sah ihr irgendwie gar nicht ähnlich. „Es ist maaahl wieder Zeit für einen Weiberabend!“ Mimi lächelte verunsichert. „Wie kommst du denn darauf?“ Die Rothaarige zuckte mit den Schultern. „Hatten wir schooooon länger nicht mehr.“ Zielstrebig betrat sie das Wohnzimmer. „Dein Vater nicht da?“ „Wie immer..“, antwortete Mimi und folgte ihrer Freundin. Während diese sich aufs Sofa fallen ließ, holte sie vier Gläser aus dem Schrank. Sora schenkte sogleich ein. Sekt und Kurze. So hatten sie sich früher häufiger die Abende versüßt. Mimi überkam ein schlechtes Gewissen, dass sie sich nicht bei Sora gemeldet hatte. „Weißt du, die Sache mit Tai tut mir echt Leid.“ Sora winkte ab. „Kein Wort über die Kerle heute Abend.“ Sie stieß mit ihr an. „Heute wollen wir einfach nur Spaß haben!“ Nach nur einer Stunde waren beide gut angeheitert und wollten sich auf den Weg machen. Das Taxi war bereits bestellt und sie betrachteten sich ein letztes Mal im Spiegel, als das Türschloss ging. Herr Tachikawa kam nach Hause. Er wirkte müde und erschöpft, während er ins Wohnzimmer schlurfte. Seine Augen weiteten sich, als er das Chaos hier sah. „Was ist denn hier passiert?“ Genervt verdrehte Mimi die Augen. „Ich räum hier morgen auf. Jetzt muss ich gleich weg.“ „Moment mal Fräulein. Wir müssen da auch immer noch ein Gespräch führen wegen letzter Woche.“ „Dad! Nicht jetzt!“ Wütend funkelte sie ihn an. Schließlich wusste Sora gar nicht davon, dass sie letztes Wochenende die Nacht bei ihr verbracht hatte. „Oh doch jetzt. Du hast Hausarrest. Verstanden? Du bleibst heute Nacht hier, damit du dir in Ruhe darüber Gedanken machen kannst, wieso du nicht einfach nächtelang wegbleiben darfst.“ „Was? Du spinnst jawohl! Nur weil du mal einen Abend in der Woche da bist, an dem ich ausgerechnet nicht da war, lass ich mir doch alles von dir nicht versauen! Du kannst mich mal! Komm Sora!“ Sie zog ihre beste Freundin an ihrem Vater vorbei, ohne noch einmal zurückzublicken. Dieser blickte ihr wortlos nach, wäre er konsequent gewesen, hätte er sie aufgehalten, aber er konnte einfach nicht. Kurz darauf saßen sie im Taxi Richtung Diskothek. Einfach nur Spaß haben, das war ihr oberstes Ziel für heute Abend. Der Streit mit dem Vater war schon so gut wie vergessen. Das Taxi hielt direkt vorm Eingang und sie stolperten dahin. Einige Jugendliche standen draußen, um für einige Minuten frische Luft zu schnappen, bis sie sich wieder in den dunklen aufgeheizten Raum stürzten. Mimi bezahlte den Eintritt und schon waren sie drin. Sofort stürzten sie sich auf die Tanzfläche und wurden auch augenblicklich von einigen Kerlen angetanzt. Die Beiden lachten, tanzten und hatten einfach eine Unmenge an Spaß. Hin und wieder bekamen sie einige Longdrinks von den jungen Männern ausgegeben. Nach einigen Stunden taten Mimi die Füße weh und sie blickte sich suchend nach Sora um. Bis vor ein paar Minuten hatte sie noch mit einem blonden Kerl an der Theke gesessen. Sie wollte ihr nur schnell Bescheid sagen, dass sie sich jetzt auf den Weg nach Hause machen würde, wahrscheinlich waren sie wohl draußen gegangen. Kaum hatte Mimi einen Fuß nach draußen gesetzt, schlug ihr die frische Luft ins Gesicht. Suchend blickte sie sich um. Die hämmernden Bässe von innen drangen immer leiser in ihr Ohr. „Sora…? – Oh man.. wo steckt die denn bloß?“ Am selben Ort nicht weit von ihr entfernt, saß ein gewisser Taichi Yagami auf einer der Sitzbänke und versuchte gerade über sein Handy Kari zu erreichen. Er hatte den Eltern versprochen sie mit nach Hause zu nehmen. Plötzlich ließ sich jemand neben ihm fallen. Er traute seinen Augen kaum, als er erkannte, wer es war. „Mimi?“ Die Angesprochene drehte sich zu ihm. „Oh hey Tai…wie geht’s?“ Sie sprach mit ihm, als wenn nie irgendwas gewesen wäre. Sein Herz schlug schneller. Was sollte er antworten? „Na ja.. also.. eigentlich ziemlich gut. Ich hab heute die Zusage erhalten. Ich komm in die Jugendnationalmannschaft.“ Natürlich schwang etwas stolz in seiner Stimmer mit. „Echt? Klasse. Meinen Glückwunsch.“ Ihr Blick war auf den Boden gerichtet. Ihm kam es vor, als wenn die Welt um ihn herum stehen bleiben würde. Nun hatte er seine Chance. Ein letztes Mal wollte er sie darauf ansprechen, nachdem er immer wieder abgeprallt war. Aber wie? „Weißt du Tai, mir ist vor kurzem etwas klar geworden.“ In ihrem Inneren erschrak sie. Wollte sie ihm das jetzt wirklich sagen? Seine Zukunft ging ganz klar in eine andere Richtung als ihre. Warum also noch mal alte Gefühle aufwühlen? Es brachte doch im Endeffekt sowieso nichts, oder? Aber sie wollte nicht wieder nur das sagen, was sie für richtig hielt, sondern auch endlich mal das zur Sprache bringen, was sie fühlte. „Ich… ich mag dich immer noch. Ich vermisse dich und… es war alles ein großer Fehler.“ Er schnappte nach Luft. Meinte sie das gerade ernst? Sagte sie das wirklich? Oder spielte ihm seine Fantasie gepaart mit dem Alkohol nur einen schlechten Scherz? Da spürte er ihre kalte Hand an seiner. Sie fühlte sich noch immer genauso an wie früher. Einige Augenblicke blieben sie einfach bloß so sitzen. „Tut mir Leid. Ich meine, irgendwie.. ist es dreist so etwas jetzt zu sagen, oder?“ Mit ihren großen braunen Augen blickte sie ihn an. Er schüttelte nur den Kopf. Wie sehr hatte er sich gewünscht, dass sie wieder zu ihm zurückkehren würde? „Ach nee! Wen haben wir denn da? Etwa den großartigen Yagami?“ Yamato kam angetorkelt. Auch er hatte einiges über den Durst hinweg getrunken. Mimi neben ihm zuckte erschrocken zusammen und zog ihre Hand weg. Hinter Yamato tauchte Sora auf. Tai blickte den Blonden fragend an. „Ist irgendwas?“ „Du kotzt mich an. Das ist.“ Matt spuckte ihm abwertend vor die Füße. „Du hast Sora nur ausgenutzt und bist schon fast wie ein Stalker für Mimi. Verpiss dich einfach.“ Seine Worte klangen verächtlich. Das war zu viel. Tai hatte sich letztens schon zu viel von seinem besten Freund bieten lassen, als dieser ihn geschlagen hatte. Er stand auf und ballte seine Hand wütend zu einer Faust. Sora hielt Matt an der Schulter fest. „Traust dich eh nicht, mich zu schlagen. Du bist ein Schlappschwanz. Soll ich dir mal was sagen? Ich hab mit Mimi gevögelt.“ Diese zuckte erschrocken zusammen. Wie konnte er das hier einfach so sagen? Und dann auch noch mit einem solch vulgären Ausdruck. Sofort drehte sich Taichi zu ihr. Seine Augen blickten sie verletzt an. Er wollte von ihr hören, dass das nicht stimmte, aber sie konnte es kaum leugnen, oder? Währenddessen ließ Sora Matt los. Ungläubig starrte sie Matt und Mimi abwechselnd an. Was ging hier überhaupt vor sich? War das alles ein schlechter Film? Wütend stand Mimi nun ebenfalls auf. „Es reicht Matt.“ Im selben Moment konnte sich Taichi nicht mehr beherrschen. Voller Wut ging er auf Yamato los. Was bildete der sich überhaupt ein? Ohne nachzudenken schlug er auf seinen ehemaligen besten Freund ein. Dieser wehrte sich natürlich und so befanden sie sich mitten in einer heftigen Schlägerei. „Hört doch auf! Hört doch bitte bitte auf…!“ Sora stand wimmernd neben den Jungs, aber sie reagierten überhaupt nicht. Was im nächsten Moment geschah, würde er nie wieder in seinem Leben vergessen. Der pochende Schmerz im Gesicht. Die unbändige Wut in ihm. Auf einmal ging sie dazwischen. Er konnte nicht einmal genau sagen, wer von ihnen beiden sie nun erwischt hatte. Sie fiel auf die Straße. Plötzlich aufblendende Scheinwerfer. Quietschende Bremsen. Ein dumpfer Aufprall. Jegliches Schmerzgefühl wurde ausgeblendet. Ihre beste Freundin kniete sich neben sie und rief ihren Namen. Sie solle die Augen aufmachen. Der Taxifahrer war sofort ausgestiegen. Es bildete sich eine Menschentraube um sie herum. Der Blonde und er sahen sich ausdruckslos an. Mit einem Mal wieder komplett nüchtern. Sirenen aus der Ferne die sich näherten. Ihr lebloser Körper auf dem Asphalt. Epilog: -------- Die Tür war verschlossen. Nicht jeder Besucher durfte hier einfach eintreten. Die Klingel klang schrill bis nach außen. Kurz darauf folgte ein surrendes Geräusch vom Türöffner. Verunsichert betrat er die Station. Es sah hier anders aus, als auf anderen Stationen. Alles war irgendwie enger und kleiner. Piepende Geräte und dieser abscheuliche Geruch nach Desinfektionsmittel beschwerten die Atmosphäre. Ein Pfleger trat auf ihn zu und fragte ihn freundlich lächelnd, warum er hier sei. „Meine Freundin liegt hier.“, brachte er mit brüchiger Stimmer hervor. Eine halbe Stunde zuvor hatte er hier im Krankenhaus angerufen, um überhaupt nachzufragen, ob er sie besuchen dürfe. „Tachikawa?“ Er nickte und folgte dem Pfleger. Aus dem Aufenthaltsraum war Gelächter zu hören. Wie konnte man an einem Ort wie diesen Lachen? Noch war es für ihn unvorstellbar. „Aber nicht zu lange, hörst du? Ich gebe dir zwanzig Minuten.“ Er betrat vorsichtig den Raum. Wie tot lag sie dort. Blass und krank sah sie aus. Ihr hübsches Gesicht war verziert von einem großen Pflaster auf der Stirn. Der linke Arm lag im Gips. Direkt an ihrem Hals lagen drei kleine Schläuche. Diese führten zu verschieden Flaschen und Geräten. Direkt daneben war ein EKG, welches ihren Puls und Blutdruck aufzeichnete. In ihrer Nase hing ein Sauerstoffschlauch. Ihre Augen hatte sie fest verschlossen. Leise nahm er sich einen Stuhl und stellte diesen neben das Bett. Es war furchtbar. Beinahe zerriss es ihm das Herz, sie so zu sehen. So schwach, verletzt und schutzbedürftig. Und er fühlte sich so schuldig. ~There's nothing I wouldn't do To have just one more chance To look into your eyes And see you looking back~ Leblos starrte sie vor hin. Starrte aus dem Fenster auf die vorbeiziehenden Bäume und Häuser. Um sie herum schienen alles so glücklich. Durften die das? Durften anderen glücklich sein, während sie so litt? Während ihre beste Freundin um ihr Leben kämpfte? Wieder einmal sammelten sich Tränen in ihren Augen. Eigentlich hatte sie gedacht, dass sämtlichen Tränenkanälchen schon ausgetrocknet waren. Gegenüber von ihr saßen zwei Freundinnen. Sie kicherten und berichteten sich von dem neusten Klatsch und Tratsch. Wie gerne wäre Sora jetzt an ihrer Stelle. An dem Abend war plötzlich alles so schnell gegangen. Kurze Zeit später war der Notarzt eingetroffen. Sie hatte sie nicht loslassen wollen. Das Blut lief in verschiedene Richtungen über den kalten Asphalt. Eine solche Hilflosigkeit hatte sie noch nie gespürt. Die Sanitäter zogen sie beiseite. Dann wurde der leblose Körper auf die Trage gehievt und schon waren sie weg. Hatten sie dort ganz alleine stehen gelassen. Mit all den Schaulustigen um sie herum. Die Polizei war bereits eingetroffen und begann den Jungs fragen zu stellen. Von all dem bekam sie nichts wirklich mit. Sie stand einfach wieder versteinert da und starrte auf die Stelle, an der sie vorhin noch gelegen hatte. Jetzt war sie auf dem Weg zu ihr, dabei wusste sie nicht einmal, ob sie sie sehen dürfte. Aber sie musste es einfach ausprobieren. Sie musste mit ihr sprechen, musste ihr erklären, dass sie das alles nicht gewollt hatte. Denn sie fühlte sich so schuldig. ~I would hold you in my arms I would take the pain away Thank you for all you've done~ Verlassen und einsam saß er hier in diesem kleinen dunklen Raum und versuchte etwas auf seiner Gitarre zu spielen. Es fiel ihm schwer die richtigen Saiten zu treffen. Er war so abgelenkt. Seine Gedanken kreisten immer wieder zu ihr. Wie ging es ihr? Wurde es besser oder schlechter? Diese Ungewissheit brachte ihn um den Verstand. Dieser Raum: Er weckte Erinnerungen an sie. Hier hatten er und sie… Nein, er wollte nicht daran denken. Dieser Akt. Hatte er sie ausgenutzt, um seine rasende Eifersucht und die damit einhergehenden Rachegefühle zu besänftigen? Wie hatte das alles nur passieren können? Wieso war er an diesem Abend alleine noch auf Tour gegangen und hatte sich so betrunken? Warum hatte er seine Gefühle nicht unter Kontrolle gehabt und Taichi so damit provoziert? Weshalb war er an diesem verdammten Abend nicht einfach zu Hause geblieben? Wütend warf er seine Gitarre zu Boden und schrie vor Wut. Wäre dann jetzt alles gut? Wäre vielleicht alles wieder so wie vorher? Resignation breitete sich in ihm aus. Schweigend starrte er auf den Boden vor sich. Und er fühlte sich so schuldig. ~There's nothing I wouldn't do To hear your voice again Sometimes I wanna call you But I know you won't be there~ Die Hälfte seiner Zeit war bereits um und er hatte nichts getan außer sie angeschaut. Sie beim Atmen beobachtet, als wenn ihr das helfen würde. Nun griff er vorsichtig nach ihrer Hand. Sie war ungewohnt warm. Sanft streichelte er darüber, versuchte irgendeine Regung in ihrem Gesicht zu erkennen. Doch nichts. „Es tut mir so Leid…“, begann er zu flüstern. „Ich wünschte, ich könnte die Zeit einfach zurückdrehen und die Zukunft neu schreiben. Du tanzt und ich spiele Fußball. Nichts kann uns trennen. Ich folge dir überall hin, wo du deine Auftritte hast. So hatte ich mir das vorgestellt.“ Ein verbittertes Lächeln überkam ihn. „Doch jetzt ist alles anders. Du musst wieder gesund werden, damit wir uns die Zukunft wieder neu ausmalen können.“ Sanft drückte er ihre Hand. Auch wenn nichts darauf hindeutete, war er sich dennoch sicher, dass sie ihn hörte. Wie es wohl wäre, sie jetzt noch einmal lächeln zu sehen. Kurz darauf klopfte es an der Tür. Der Pfleger von vorhin betrat den Raum und deutete auf die Uhr. Tai nickte. Er beugte sich ihr hinüber, so dass seine Lippen ganz nahe an ihrem Ohr waren: „Ich liebe dich…“ Für einen kurzen Augenblick glaubte er zu spüren, wie ihre Hand die seine drückte. Kurz darauf folgte ein schriller Piepton von einem der angeschlossenen Geräte…. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)