Cave Hanyou! Vor Hanyou wird gewarnt! von Hotepneith ================================================================================ Kapitel 1: Allein und hilflos ----------------------------- Eine Geschichte über Klein-Inuyasha und große Youkai-Lords.. Viel Spass beim Lesen! 1.Allein und hilflos Der kleine Junge, der durch den Wald lief, fühlte sich sichtlich unwohl. Immer wieder blickte er sich um, immer wieder guckte er nach oben. Aber nichts und niemand folgte ihm und so beruhigte er sich doch irgendwann. Seine Haare waren lang und so weiß, wie es sonst nur ältere Menschen hatten. Aber er war kein Mensch, das verrieten die kleinen Hundeohren, die oben an seinem Kopf platziert waren, ebenso wie die ungewöhnliche Farbe seiner Augen und die spitzen Fangzähne, als er gerade gähnen musste. Inuyasha war ein Hanyou, halb Mensch, halb Dämon, besser Youkai. Nach dem Tod seines Vaters, des mächtigen Anführers der Hundedämonen, hatte er mit seiner Mutter im Schloss ihrer Familie gelebt. Jetzt war seine Mutter gestorben, und die Menschen hatten ihn mit Steinwürfen nur zu nachdrücklich klargemacht, dass er nun zu verschwinden hätte. Er sei ein Monster. Ein Monster? Inuyasha schüttelte leicht den Kopf. Monster waren böse Wesen, die in den Wäldern lauerten und friedliche Reisende überfielen. Das machte er doch nicht. Nein, wirklich nicht. Aber es half nichts. Im Moment lief er hier seit Stunden durch den Wald, ohne eine Ahnung zu haben, wohin er sollte, wo er etwas zu essen herbekommen sollte. Und erst recht nicht, was er tun sollte, wenn wirklich ein solches Monster hier auftauchen sollte. Wieder sah sich das Kind um. Inuyasha mochte vielleicht sechs Jahre zählen, oder sieben, zu wenige jedenfalls, um allein in der Wildnis zurechtkommen zu können, sollte man meinen. Aber genau das hatten sich die Menschen auch gedacht, als sie ihn vertrieben hatten. Sie hatten sich gescheut, ihn selbst zu töten und gehofft, dass jemand, ein Youkai oder ein wildes Tier, das für sie übernehmen würde. Sie hätten keine einzige Situation benennen können, in der er sich wie ein Monster verhalten hatte, aber ihre Furcht, er würde sich eines Tages verwandeln und sie töten, war zu groß. Jeder wusste schließlich, dass Hanyou noch größere Ungeheuer waren als reinblütige Youkai. Und die waren schon schlimm genug. Inuyasha blieb stehen, als er eine Lichtung erreichte. Sein Magen knurrte und er war beglückt, als er den Geruch von Heidelbeeren entdeckte. So ging er hin. Kurz darauf waren die Sträucher leer und eine rote Färbung um den Mund des Kleinen verriet, wie gut es ihm geschmeckt hatte. Langsam ging er weiter. Er wusste nicht, wohin, und so folgte er einfach der Sonne. Um ein wenig zu spielen, fasste er immer wieder Äste, schob sie vor sich her, um sie dann zurückschnellen zu lassen, sich dabei rasch duckend. Er wusste nicht, dass er schon einige Zeit von einem Paar dunkler Augen beobachtet wurde. Für den alten Wolf bot sich solch ein Menschenkind als Mahlzeit an. Lautlos schlich er hinter Inuyasha her, immer näher kommend. Dieser bog wieder einen Ast zur Seite. Das war diesmal wirklich ein dicker Ast und er musste sich anstrengen, ihn zu verbiegen. Rasch bückte er sich, um ihn nicht abzubekommen. Gleichzeitig sprang der Wolf los. Durch das Ducken verfehlte er den Kopf des Kleinen - und der zurückschnalzende Ast traf ihn auf die Schnauze. Halb bewusstlos vor Schock und Schmerz stürzte der Wolf zu Boden. Mit gewisser Verblüffung betrachtete er das scheinbare Menschenkind, das nun auf einem Bein hüpfend weiterlief. Und er beschloss, sich ein einfacheres Opfer zu suchen. Inuyasha blieb stehen. Ein vertrauter Duft erinnerte ihn daran, dass er Hunger hatte. Dort irgendwo musste jemand Brot backen. Er zögerte für einen Moment. Ob da auch Menschen waren, die ihn mit Steinwürfen empfangen würden? Aber es roch so gut und er hatte solchen Hunger….Weglaufen könnte er ja immer noch. So lief er, so schnell er konnte, in diese Richtung. Kurz darauf fand er die Quelle des verlockenden Duftes. Es war eine kleine, armselige Hütte auf einer Waldlichtung. Neben der Tür lagen ein Korb, aus dem der herrliche Duft nach frischem Brot kam, und ein zweiter, in dem es nach Mensch roch, nach Baby, genauer gesagt. Inuyasha blickte sich vorsichtig um, ehe er hinrannte. Kein Erwachsener war zu entdecken, und so machte er sich heißhungrig über das Brot her. „Was tust du da!“ schrie eine Frauenstimmer am Waldrand auf: „Du…du Monster!“ Monster? Schuldbewusst drehte sich der kleine Hanyou um: „Es roch so gut. Und ich hatte Hunger…“ sagte er kleinlaut. Die Frau blieb stehen: „Du…du hattest Hunger...!“ brachte sie entgeistert hervor: „Du…Bestie!“ Inuyasha wurde noch verlegenener: war das etwa alles Essen gewesen, dass diese Frau für sich und ihr Baby hatte? „Es tut mir leid“, murmelte er: „Ich hatte heute nur ein paar Blaubeeren. Und dein Brot roch so gut…“ Er bemerkte, wie sie ihn noch fassungsloser anstarrte, plötzlich aufatmete: „Du hast Blaubeeren gegessen und jetzt mein Brot?“ „Ja“, meinte er. Irgendwie war das eine sehr merkwürdige Reaktion. Warum schimpfte sie ihn nicht weiter aus? Immerhin hatte er gestohlen, wenn auch nur aus Hunger. Die Frau in sehr einfacher Kleidung kam langsam näher. Ein rascher Seitenblick verriet ihr, dass ihr Kind unversehrt war, während vom Brot kaum mehr die Hälfte übrig war. Sie betrachtete ihn gründlich: „Nein, du bist kein Youkai, oder? Aber du bist auch kein Mensch…“ Und die Rotfärbung um seinen Mund war wirklich kein Blut. „Deswegen?“ Er fasste an seine Hundeöhrchen: „Das habe ich von meinem Vater. Da kann ich nichts für.“ „Glaube ich dir, Hanyou. - Aber solltest du nicht bei deiner Mutter sein? Du bist so klein und es wird dunkel. Hast du dich verlaufen?“ „Meine Mutter ist gestorben.“ Noch immer zitterte seine Stimme. „Armer Kleiner.“ Die Frau betrachtete ihn noch einmal, ehe sie sagte: „Und du willst jetzt zu deinem Vater?“ „Auch der ist tot“, flüsterte der Hanyou. „Du bist wirklich arm dran. Wie heißt du?“ „Inuyasha.“ „Mein Name ist Mizu. - Heute Nacht darfst du hier schlafen. Aber morgen früh gehst du wieder.“ „Danke.“ Immerhin warf sie nicht mit Steinen nach ihm und er konnte im Trockenen schlafen. Und sie schimpfte ihn nicht, wegen ihrem Brot. Mizu lächelte plötzlich: „Nein, du sollst nicht gehen, weil ich Angst vor einem Hanyou habe. Aber sie werden bald kommen, mich angreifen.“ „Wer?“ „Youkai. – Hier in der Gegend herrscht ein mächtiger Fürst unter den Youkai. Er heißt Saru. Und dieses Baby dort ist sein Enkel. Er will ihn töten, denn er will keinen Hanyou in der Familie haben. – Hat die Familie deines Vaters nie versucht, dich zu töten? Oder hat er keine?“ „Sesshoumaru?“ Inuyasha dachte nach: „Ich meine, er ist mein Halbbruder. Ich habe ihn nur einmal oder so gesehen.“ War das etwa schon das Netteste, was man von einem vollblütigen Youkaihalbbruder erwarten durfte? Dass er einen nicht gleich in Stücke zerlegte? „Du hast einen vollblütigen Halbbruder, dein Vater ist tot und du lebst noch?“ Mizu klang leicht erstaunt: „Da hast du wohl irgendwie Glück gehabt.“ Glück? Inuyasha sah das anders. Aber er betrachtete das Baby im Korb. An den Händen waren Krallen und statt Haare hatte es Federn: „Das ist auch ein Hanyou?“ „Ja.“ Er zögerte, dann fragte er es doch. „Warum gibt es Hanyou?“ Mizu stutzte, dann begriff sie die Frage: „Liebe zwischen Menschen und Youkai ist nicht erlaubt. Weder bei den Youkai noch bei den Menschen. Aber ich - oder auch deine Mutter, wir liebten einfach. Und die Youkai liebten uns. Und wenn zwei Wesen sich wirklich lieben, ist es ihnen gleich, was andere dazu sagen.“ Der Kleine nickte. So ganz begriff er es nicht, aber seine Eltern hatten sich wohl zu gern gehabt, um sich an irgendwelche dämlichen Vorschriften halten zu wollen. „Komm ins Haus, Inuyasha. Und trag den Korb mit Brot. Immerhin hast du noch genug übrig gelassen, dass wir zu den Wurzeln etwas haben.“ Sie nahm den Korb mit dem schlafenden Baby auf. Kurz darauf röstete sie auf der Pfanne über dem Herd Wurzeln, die sie gesammelt hatte. Inuyasha kniete neugierig neben ihr. Er hatte noch nie gesehen, wie Essen hergestellt wurde. „Du, Mizu?“ „Ja?“ „Wieso machst du die Wurzeln eigentlich warm?“ „Dann schmecken sie besser. Und man kann sie leichter kauen.“ „Und was ist das da?“ „Das ist Öl. Das tut man hin, damit das Gemüse nicht verbrennt. – Hat deine Mutter nie gekocht?“ „Wir haben das Essen immer von den Dienern hingestellt bekommen.“ Mizu warf ihrem jungen Besucher einen raschen Blick zu. Er war so klein, so naiv. Und doch musste er vornehm geboren sein. Er hatte von nichts, was man in einem gewöhnlichen Haushalt tat, eine Ahnung. War nur seine Mutter adelig gewesen oder auch sein Vater ein Youkaifürst? Wenn dies zutraf, sollte er eine gewisse Stärke im Kampf erreichen können. Aber er war noch so jung… Und dennoch hatten ihn offenkundig die Menschen vertrieben. Vertreiben können. Sie warf einen sorgenvollen Blick auf ihr Kind. Inuyasha starrte interessiert auf die schwere Pfanne. Das Feuer erhitzte sie und das Öl sprudelte, das Gemüse dampfte. Das waren für ihn völlig neue Erfahrungen. Es roch so gut und sah auch lustig aus. Doch durch die ganze Neugier hindurch spürte er etwas anderes, das er bislang nur selten in seinem Leben registriert hatte. Und soweit er wusste, hatte seine Mutter das nie können: „Da kommt ein Youkai!“ Mizu sah keinen Grund an seiner Aussage zu zweifeln. Sie war ein Mensch und konnte Dämonenenergien nicht spüren. So riss sie ihr Baby aus dem Korb an sich. Im gleichen Moment wurde rabiat die Tür aufgestoßen und ein Mann in Rüstung kam herein. Mizu schrie auf. Inuyasha spürte, wie ihn heiße Wut übermannte. Der erste Mensch, der seit dem Tod seiner Mutter nett zu ihm gewesen war, das erste Wesen seiner eigenen Art, ein Hanyou, sollten sterben, bloß weil dieser Mistkerl da es wollte? Ohne weiter nachzudenken, fasste er die schwere eiserne Pfanne mit dem kochenden Öl, schleuderte sie in Richtung auf den Unbekannten. Der Youkai hatte von einer Menschenfrau mit Baby keinen Widerstand erwartet, und auch das weitere kleine Kind im Raum nicht als Bedrohung erkannt. Als ihn nun die eiserne, kochende Pfanne an den Oberschenkeln traf, siedendes Öl sich ausbreitete, war er vollkommen unvorbereitet und stürzte zu Boden. Inuyasha sprang auf. Diese seltsame Stimmung, Mizu und das Baby um jeden Preis beschützen zu müssen, hielt noch immer an. Ohne einen Gedanken an die Folgen zu verschwenden, hob er die rechte Hand, versteifte die Finger. „Lass Mizu in Ruhe!“ schrie er, eher er zum ersten Mal in seinem Leben einen Klauenangriff durchführte. Die erschreckte Menschenfrau starrte auf den in Einzelteile zerlegten Youkai. Sie hatte gehört, dass es Youkai geben sollte, die stärker als andere waren, Fürsten unter ihnen. Sie hatte auch gehört, dass Hanyou verrückt seien, wahllos alles töteten. Das hatte sie jedoch nie geglaubt. Immerhin hatte sie einen in ihrem Arm. Aber was war jetzt in diesen Kleinen gefahren? Inuyasha landete, legte die Hände aneinander, ehe er sich verneigte, wie es ihm seine Mutter angesichts eines Toten beigebracht hatte: „Friede deiner Seele.“ Dann sah er auf: „Mizu? Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Der macht nichts mehr.“ „Äh...ja….danke…“ brachte sie hervor. Der Übergang um ahnungslosen Kleinkind zur Kampfmaschine und zurück war für sie zu plötzlich gekommen. „Was hast du da gemacht, Inuyasha?“ „Ich weiß nicht. Ich habe ihm die Pfanne hingeworfen, damit er nicht angreifen kann. Und dann habe ich...ich weiß nicht, was habe ich dann gemacht. Irgendwie wollte ich dich beschützen.“ Dann war das unbewusst gewesen. Mizu atmete tief durch. Sie bedauerte jetzt schon alle Youkai, die sich diesem kleinen Hanyou in feindlicher Absicht näherten und nicht mindestens der Topliga angehörten. Denn er gehörte sicher dazu. „Ich glaube nicht, dass das ein toller Typ war, ein guter Kämpfer, meine ich.“ Inuyasha sah auf den Toten: „Sonst hätte er sich doch nicht von einem Hanyou erledigen lassen.“ „Du bist stark, Inuyasha. - Hier, halt einmal.“ Sie drückte ihm ihr Baby in den Arm. Vielleicht wäre das die Gelegenheit, endlich Ruhe vor Sarus Nachstellungen zu finden. So überwand sie ihr Entsetzen und legte den Toten auf ein Tuch, trug ihn vor die Tür. „Saru!“ schrie sie: „Ich weiß nicht, ob du hier bist oder bloß deine Lakaien. So wird es jedem ergehen, der sich hier blicken lässt.“ Sie ließ ihre Last fallen: „Inuyasha beschützt mich!“ Sie kehrte wieder in die Hütte zurück: „Schade um unser schönes Abendessen“, sagte sie unwillkürlich, als sie die traurigen Überreste auf dem Boden sah. „Ich hab eine Idee, Mizu.“ Inuyasha sah auf: „Dieser…dieser Klauenangriff, den ich zuvor gemacht habe, damit müsste ich doch jagen können. Magst du vielleicht Hirschgulasch?“ Mizu musste lächeln: „Ja, aber gebraten.“ Vermutlich war ihm nicht bewusst, dass er mit diesem Angriff ein gewöhnliches Tier schon so zerlegen konnte. „Und da ein Angriff einen Namen braucht: sakontessou?“ „Gut. Ich bin gleich wieder da.“ Voller Freude, der Frau einen Gefallen tun zu können, die nett zu ihm gewesen war, rannte Inuyasha vor die Tür, blieb kurz stehen, suchte die Witterung nach Hirschen im Wind. Neugierige Blicke betrachteten ihn. „Das meinte das Menschenweib? Das ist ein Kind! Ein Hanyoukind.“ „Du weißt, dass Hanyou verrückt sind oder schwach. Das kann sie nicht gemeint haben.“ „Wen sonst? Außer seiner Witterung war nichts da. Was macht er da nur?“ „Er prüft die Luft. Vielleicht will er herausfinden, ob wir hier sind.“ Die beiden Youkai starrten sich an. „Das ist ein Kind!“ „Und er hat den armen Sabaku in Nullkommanichts zerlegt.“ „Hm. Vielleicht ist er schon erwachsen und tarnt sich als Kind?“ „Oder er ist ein wahres Hanyoumonster. So eines, von dem man nur Legenden hört.“ „Still! Nicht, dass er uns hört.“ Inuyasha hatte endlich den Geruch von Wild gefunden: „Na also, “ sagte er zufrieden und stolz auf sich: „Da ist ja meine Beute.“ Er versuchte in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Und zwei Youkai flohen. Eine halbe Stunde später kehrte Inuyasha traurig zu Mizu zurück: „Es ging nicht“, sagte er. „Hast du keinen Hirsch gefunden?“ „Doch, aber das mit der Klaue…das ging einfach nicht.“ „Du hast diesen Angriff das erste Mal eingesetzt?“ „Ja. Ich weiß nicht, wie das geht. Mit den Hirschen hat es einfach nicht geklappt.“ „Das macht nichts.“ Die Menschenfrau atmete ein wenig auf. Nein, dieser Kleine war zwar ein Hanyou, aber sicher kein verrücktes Monster. Ob auch ihr Kind einmal solche Probleme haben würde, mit seinen Fähigkeiten aus zwei Rassen umzugehen? „Wenn du morgen gehst, Inuyasha: immer, wenn du daran denkst, übe diesen Angriff gegen Bäume im Wald. Das wird dir eines Tages bestimmt sehr nützlich sein, bei der Jagd oder der Verteidigung.“ „Ich weiß ja nicht einmal, wo ich hin soll“, murmelte der Kleine. „Geh immer dorthin, wo am Abend die Sonne untergegangen ist“, schlug Mizu vor. Sie konnte ihn nicht hier behalten. Sie würde genug Probleme haben, sich und ihr Kind durchzubringen, selbst, wenn Saru sie in Ruhe lassen würde. Von ihrem Gefährten, Sarus Sohn, hatte sie nichts mehr gehört. Sie hoffte, dass er noch am Leben war, ihn nicht sein eigener Vater getötet hatte, aber wer wusste das schon. „Und wenn du eines Tages nicht mehr weitergehen kannst…Nun, bis dahin hast du sicher einiges gelernt und suchst dir selbst einen Weg.“ „Immer dahin, wo die Sonne untergeht.“ Inuyasha nickte. Diese Frau war so nett zu ihm gewesen, dass er sicher ihrem Rat folgen würde. Sie meinte es gut mit ihm. Saru, der stolze Youkailord, erwartete eine Vollzugsmeldung. Endlich sollten dieses minderwertige Ewas, das es gewagt hatte, seinen Sohn zu verführen und dessen Balg getötet worden sein. So war er verwundert, dass nur zwei seiner Jäger sich von ihm niederwarfen. „Herr...Gebieter!“ „Was ist denn? Ist sie endlich tot?“ „Nein, Gebieter…Sie hat einen Beschützer….“, stammelte einer der beiden Youkai. Hoffentlich würde Saru-sama sie anhören, ohne sie zu töten. „Einen Beschützer?“ Also war sie schnurstracks mit einem anderen ins Bett gegangen? Das müsste er seinem Sohn erzählen. Sicher würde der verstehen, dass er sie töten musste. Und ihm wohl auch den Aufenthalt im Kerker verzeihen. „Er ...er hat Sabaku getötet.“ „Sabaku?“ Immerhin war das nicht gerade ein schwacher Youkai gewesen: „Also ist das ein Youkai?“ „Nein, Herr. Ein Hanyou. Ein Kind noch, aber schon wahnsinnig stark.“ „Ein Hanyou? Ein Kind?“ „Herr, wir sind geflohen, als er aus dem Haus kam, in unsere Richtung sah und voller Vorfreude meinte, da sei seine Beute. Er ist ein Monster…ein Hanyoumonster wie aus den Legenden!“ Saru zog leicht die Augen zusammen. Was stammelten diese Idioten da nur für einen Schwachsinn? Drei seiner besten Jäger hatten sich von einem Kind umbringen lassen oder verscheuchen? Moment mal. Hanyoumonster? Natürlich. Hanyou waren schwach, zum Sterben verurteilt schon weil sie geboren wurden. Aber da gab es auch Legenden von Hanyou, die Monster waren, Killer, tödlicher als alles, was ein Youkai sein konnte. „Ihr zwei werdet den Hanyou unauffällig beobachten. Ich will wissen, was er tut. Und ich werde in SEINEN Palast gehen. Dort ist die größte Bibliothek. Mal sehen, was man dort über ein Hanyoumonster finden kann. Und wie man es vernichten kann.“ ************************************************************* Ein Hanyoumonster, also. Mizus zwei Ratschläge an Inuyasha werden den Youkai noch zu schaffen machen. Das Nächste Kapitel heisst: Wie übt man Sakontessou? Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich, wie gewohnt, eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 2: Wie üb ich Sakontessou? ---------------------------------- Es freut mich, dass ihr den Kleinen so niedlich findet. Man andere finden das weniger. Und einige Späher sammeln Beweise für ein Monster.... 2. Wie üb ich Sankontessou? Am folgenden Morgen betrachtete Mizu noch einmal ihren jungen Gast: „Hör zu, Inuyasha. Du bist klein und viele Youkai werden dich für eine willkommene Beute halten. Menschen werden dich verjagen, dir kaum etwas zu Essen geben. Also musst du für dich selbst jagen. Für die Verteidigung und für die Jagd wird dieser Angriff, den du gestern gemacht hast, sehr nützlich sein. Du musst ihn unbedingt üben, ja?“ „Wenn du meinst, Mizu.“ Er wollte diese freundliche Frau nicht enttäuschen. Aber da war etwas gewesen: „Du…du meinst, ich kann in kein Dorf?“ „Menschendorf? Nein. Ich fürchte, da müsstest du sehr viel Glück haben. Sie werden dich verjagen. Oder sogar töten wollen. Weißt du, die Menschen wissen so wenig über Youkai, aber sie fürchten sie, weil sie sehr gefährlich sein können. Aber über Hanyou weiß man ja noch weniger. Und was man nicht kennt, fürchtet man. So ist das. Komm, Inuyasha. Ich zeige dir jetzt, wie du dir Fleisch grillen kannst. Kannst du überhaupt Feuer machen?“ „Nein, das hat immer…“ Der Kleine brach ab. Wieder stiegen ihm Tränen in die Augen, als er an seine Mutter dachte. Und jetzt sagte ihm Mizu, dass er nie wieder zu Menschen gehen könnte, aber auch nie zu Youkai. Warum sollte er denn ganz alleine sein? Das war nicht gerecht. Sie sah, wie traurig er wurde: „Wer weiß“, meinte sie rasch: „Vielleicht findest du auch nette Leute, Menschen oder Youkai. Aber du musst eben vorsichtig sein, versprichst du mir das? Und üb dein Sankontessou. So. Und jetzt sieh her. Das nennt man Zunder. Und man braucht diesen Feuerstein. Und Metall, da geht am besten. Wenn du keines hast, musst du zwei solche Steine finden und aneinander schlagen. Auch dann entstehen Funken.“ Inuyasha hörte genau zu. Irgendwie ahnte er, dass ihm lange Zeit niemand mehr etwas erklären würde. Und am liebsten hätte er geweint. Mizu versorgte ihn noch mit Essen, dann schickte sie ihn fort, nicht ohne ihn noch einmal umarmt zu haben. Sie wusste, er würde einsam sein. Sie konnte nur hoffen, dass sie selbst lange genug leben würde, um ihrem Kind solch ein Schicksal zu ersparen. Als sie den Kleinen im Wald verschwinden sah, blickte sie sich vorsichtig um. Immerhin schien Saru nicht hier zu sein oder auch keiner von seinen Leuten. Vielleicht hatte er doch aufgegeben, nachdem sein Krieger gestern von Inuyasha getötet worden war. Saru hatte zwar nicht seinen Plan aufgegeben, den unerwünschten Enkel zu töten, aber er hatte dies aufgeschoben. Zunächst einmal musste er herausfinden, was das für ein seltsamer Hanyou war, der durch sein Gebiet lief. Immerhin hatte er einen seiner Männer getötet. Das hatte noch niemand ungestraft gewagt. Aber was er in der Bibliothek über Hanyoumonster fand, war eher verwirrend. So setzte er zwei Späher an, die ihm genaueres berichten sollten. Und dann würde er diese Hanyoukinder töten - nun, erst das fremde, dann seinen Enkel. Vorsicht war bei solch einem Monster gewiss besser. Die beiden Youkai folgten nun ein wenig vorsichtig dem Kleinen, der sich schnurstracks Richtung Westen bewegte. Ein wenig unheimlich war es ihm schon, so allein im Wald. Wenn da ein Wolf käme? Oder gar ein Youkai? Wie hatte Mizu gemeint? Er solle den Angriff üben. So bewegte er die rechte Hand. Nichts passierte. Wie hatte er das gestern nur hinbekommen? Einfach...so? Wieder versuchte er es, ohne Erfolg. Die beiden Verfolger blickten sich an: „Was macht er da?“ flüsterte einer. Sie hatten beide gestern ihren toten Kameraden gesehen und waren lieber ein wenig zu vorsichtig. „Er lockert seine Hand. Ich glaube, er will sie gebrauchsfähig halten.“ „Lockern? Meinst du, er hat uns bemerkt?“ „Hoffentlich nicht.“ Inuyasha versteifte seine Finger. So ungefähr hatte er es gemacht, oder? Er war so wütend gewesen, nur von dem Willen getragen, Mizu beschützen zu wollen, dass er sich an nichts mehr so genau erinnern konnte. Er holte von oben aus, ließ seine Klaue mit aller Kraft durch die Luft fahren, um den Baum rechts neben ihm zu treffen. Zu seiner großen Überraschung schienen kleine Klingen aufzuleuchten, die durch die Luft flogen – nicht in die Richtung des Baumes, auf den er eigentlich gezielt hatte, sondern den Pfad weiter entlang, auf dem er gerade ging. Zu seiner riesigen Verblüffung prallten sie dort auf einen Baum, auf noch einen und noch einen. Drei große Bäume stürzten gut fünfzig Meter vor ihm einfach seitwärts in den Wald. Er schüttelte ein wenig den Kopf. Das hatte er wirklich nicht geplant gehabt. So stark war dieser Angriff? Kein Wunder, dass Mizu gemeint hatte, damit könne er sich sogar gegen Youkai verteidigen. Allerdings waren das die falschen Bäume gewesen. Also, das mit dem Zielen müsste er schon noch genauer hinbekommen. Und er hatte auch einige vergebliche Versuche gehabt. Immerhin, wenn das so toll klappte, würde er fleißig weiter üben. Dann könnte er vielleicht doch noch eines Tages sich so etwas zu Essen besorgen. Fröhlicher sprang er weiter. Seien Verfolger starrten sich an: „Was sollte das denn jetzt?“ „Er ist ein Hanyoumonster, also verrückt. Was erwartest du?“ „Aber immerhin, auf diese Distanz drei Bäume umzulegen...Er ist stark, für ein Kind.“ „Er ist ein Hanyoumonster.“ Sie beeilten sich, ihm zu folgen. Als sie an die Stelle kamen, an der die drei gefällten Bäume waren, packte der eine seinen Kollegen: „Sieh nur!“ Fassungslos starrte der andere Späher auf das, was zerschmettert unter den drei Bäumen lag. „Wahnsinn!“ murmelte er: „Er ist ein wahres Monster. Wie konnte er nur aus dieser Entfernung schon merken, dass hier ein Wurmdämon lauert? Diese Biester haben doch keinerlei Witterung? Darum hat er schon solange zuvor eine Hand gelockert, dann einfach aus der Distanz die Bäume gefällt, um den lauernden Wurm hier zu erschlagen. Er musst bessere Sinne haben, als so mancher vollblütige Youkai.“ „Ja. Und er hat nur den Kopf geschüttelt, dass dieser Wurmyoukai so dumm gewesen war, ihm aufzulauern. - Moment mal. Wenn er ihn bemerken konnte, könnte er uns da auch schon entdeckt haben?“ Die Youkai starrten sich entgeistert an. „Wenn er es hat, will er uns nichts tun“, beschloss dann der Ältere: „Er hat uns auch gestern Abend laufen lassen. Vielleicht hält er uns für harmlos.“ „Danke“, meinte sein jüngerer Kollege schmerzlich: „Immerhin sind wir in Lord Sarus Garde.“ „Komm, wir müssen hinterher. Saru-sama bringt uns um, wenn wir ihn verlieren.“ „Und wenn wir ihm zu nahe kommen, bringt er uns um!“ „Wir müssen eben die Mitte finden.“ Die Späher liefen los. Inuyasha wanderte weiter. Heute Abend würde er genau gucken, wo die Sonne unterging. Mizu hatte gesagt, dort solle er am folgenden Tag hingehen. Warum auch immer sie das gedacht hatte, er würde ihr gehorchen. Sie hatte es gut mit ihm gemeint, da war er sicher. Einige Blätter fielen von den Bäumen und er versuchte sie zu fangen, mit seinen Klauen aufzuspießen. Es war so langweilig, allein im Wald. Nun ja, er sollte wohl auch noch einmal das mit diesem Sankontessou probieren? Oder weiter Blätter fangen? Er entschied sich dafür, zunächst weiter Blätter zu fangen. Mal sehen, ob er es schaffen würde, zehn auf seinen Zeigefingernagel zu spießen. Seine Verfolger betrachteten das seltsame Schauspiel ein wenig verwundert. „Dreht er jetzt durch?“ fragte der Jüngere leise. „Ich weiß nicht. Eher scheint mir das eine besondere Form der Übung zu sein. Vielleicht meditiert er so, oder trainiert für einen Kampf?“ „Aber er ist doch noch ein Kind.“ „Er ist ein Hanyou!“ Damit war alles gesagt. Die Schatten wurden schon länger, als Inuyasha ein Felslabyrinth erreichte. Die Bäume hatten hier alles überwuchert. Dícke Wurzeln bedeckten die Felsen und in dem Schein der Abendsonne war kaum zu erkennen, was Wirklichkeit und was Schatten war. Der Kleine setzte sich auf einen Stein. Ob er hier die Nacht verbringen sollte? Vielleicht dort oben auf dem Baum? Da wäre er doch bestimmt vor Wölfen oder so sicher? Und der Ast schien dick genug, dass man dort bequem sitzen konnte. Gut, beschloss er. Hier würde er bleiben. Und dort hinten war ein Teich, da könnte er etwas trinken. Vom Baum aus könnte er gewiss auch genau sehen, wo die Sonne unterging, damit er für morgen seine Richtung wüsste. Bis dahin sollte er vielleicht das noch einmal mit diesem Klauenangriff üben. Wichtig schien vor allem zu sein, dass er die Finger versteifte, sich voll darauf konzentrierte, was er da tat. Er stand auf, drehte sich zu dem Felslabyrinth um. Also, wie war das gegangen? Ob man damit auch einen Stein beschädigen konnte? Er ließ seine Klaue durch die Luft fahren. „Sakontessou!“ Für einen Moment dachte er noch, er mache sich lächerlich, hier einen Angriff durch die Gegend zu schreien, wenn ihm sowieso keiner zuhörte, als er erschrak. Er hatte auf einen großen Stein gezielt, der wie ein Pfahl drei Meter emporragte. Diesem war nichts geschehen. Aber aus dem Schatten dahinter löste sich nun etwas, eine eigenartige, dunkle Form, die zu Boden stürzte. Was hatte er denn jetzt getan? Neugierig sprang er hin, betrachtete verwirrt die Masse. Was war das denn? So etwas hatte er noch nie gesehen. Irgendwie sah das Ganze wie ein Lebewesen aus…nun, wie etwas, das mal ein Lebewesen gewesen war, ehe sein Angriff es getroffen hatte, in Streifen geschnitten hatte. Aber andererseits: das musste etwas anderes sein. Da gab es zu viele Beine, Klauen, Fangarme, Fühler, alles zugleich. Es erinnerte ihn an seine Versuche, aus Erde Tiere nachzubauen, als seine Mutter noch lebte. Mama…Er seufzte etwas. Seine Verfolger erstarrten, duckten sich hinter ein Gebüsch. „Bunta!“ keuchte der jüngere Späher: „Das ist doch Bunta!“ „Ja. Und der Hanyou hat ihn angegriffen. Darum hat er zuvor auch trainiert. Er muss gewusst haben, dass er hier lauert. Nicht, dass mir das leid tut. Bunta ist völlig wahnsinnig. Er ist der einzige Youkai, von dem ich je gehört habe, der sich immer auch ein Körperteil seiner Opfer mit einverleibt. So, wie er da aussieht, besteht er inzwischen aus fünfzig anderen Youkai. Nun, ich mag ihn nicht.“ „Ich auch nicht. Aber das wird jetzt interessant. Bunta gegen das Hanyoumonster. Mal sehen, wer gewinnt.“ „Ich glaube nicht, dass der Hanyou weiß, dass sich Bunta wieder regenerieren kann.“ „Ja, sonst würde er nicht so einfach neben ihm stehen.“ „Aber wieso seufzt er? Was hat er vor?“ Inuyasha hatte einen einfachen Schluss gezogen. Jemand hatte versucht, Tiere nachzubauen, hatte sie dann alle zusammengedrückt und hier in den Felsen abgestellt. Wer auch immer das gewesen war, würde sicher nicht begeistert sein, dass er ihm sein Spielzeug kaputt gemacht hatte. Rasch blickte er sich um. Noch hatte keiner gemerkt, was er hier getan hatte. Hastig begann er, ein tiefes Loch mit seinen Händen zu graben. So schnell wie möglich musste dieses beschädigte Spielzeug verschwinden. Dann konnte keiner sagen, er sei schuld gewesen. So fasste er die Masse und warf sie in die Grube, kratzte wieder Erde darüber, klopfte sie fest, trat noch einmal drauf. „So“, meinte er: „Jetzt ruhe in Frieden…“ Und niemand konnte sagen, er hätte etwas zerbrochen. Niemand könnte ihn ausschimpfen. Die beiden Späher hatten fassungslos zugesehen. „Er weiß es“, hauchte der jüngere: „Er hat gewusst, dass Bunta sich regenerieren könnte. Und darum hat er ihn sofort begraben. In der Erde kann er das nicht mehr. Was für ein Monster! Woher weiß er das nur alles?“ „Du bleibst an ihm dran. Anscheinend will er hier bleiben in der Nacht. Ich gehe, Saru-sama informieren. Der Herr muss wissen, dass er Bunta erledigt hat.“ „Bunta?“ Der Youkailord zog verwundert die Augenbrauen hoch: „Nicht, dass es mir um diesen Idioten leid tut. Sein Geisteszustand wurde langsam eine wirkliche Gefahr auch für alle Youkai. Früher oder später hätte ich mich selbst um ihn kümmern müssen. Und du sagst, dieser Hanyou hat ihn getötet? Obwohl er sich regenerieren kann?“ Das war äußerst interessant. Immerhin hatte Bunta fast die Klasse eines Lord der Youkai besessen. „Er kam gar nicht dazu, Herr. Der kleine Hanyou setzte sich auf einen Felsen, schien kurz nachzudenken, ehe er aufstand. Ich nehme an, er hat gespürt oder sonst wie wahrgenommen, dass Bunta da war. Wie schon berichtet, scheinen seine Sinne überyoukaimässig zu sein. Er stand also auf, drehte sich um, und machte diesen Klauenangriff. Er schrie dabei Sakontessou, das scheint der Name dieses Angriffs zu sein. Und Bunta fiel zerfetzt aus seinem Versteck. Der Hanyou ging hin, betrachtete ihn kurz, ehe er rasch ein Loch grub, ihn dort hineinsteckte und begrub. Dann sagte er noch: Ruhe in Frieden und ging zum Teich, um zu trinken und sich die Hände zu waschen.“ „Hm. – Hat er sich Menschen genähert?“ „Nein, Herr. Nur Mizu. Sollen wir ihn angreifen?“ Der Späher betete zu wem auch immer, dass er diesen Befehl nicht bekommen würde. „Nein. Er hat Bunta erledigt. Euch zwei würde er auch schaffen. - Wisst ihr wohin er will?“ „Nein, Herr. Aber er ist heute den gesamten Tag nach Westen gelaufen.“ „Westen? Hm. Wenn er das morgen auch noch tut, erreicht er die Berge. Und da endet mein Gebiet. Soll sich doch mein lieber Nachbar mit einem durchgeknallten Hanyoumonster beschäftigen. Ich habe schon einen guten Krieger verloren, und einen Verbrecher weniger.“ Und die Sache mit Mizu und ihrem Balg verschiebe ich, dachte er. Erst muss ich wissen, was so einen Hanyou antreibt, wie stark er wirklich ist. Erst wenn dieses Monster tot ist, bringe ich die beiden um. Mizu sagte doch, er beschütze sie. Nicht, dass er umdreht, und sie rächen will. Inuyasha sprang am Morgen von seinem Übernachtungsbaum und gähnte herzhaft. In der Richtung, in der gestern Abend die Sonne untergegangen war, hatte er nun hohe Berge entdeckt, mit etwas Weißem darauf. Sie glitzerten hübsch in der Sonne. So machte er sich auf den Weg. Vielleicht hatte Mizu recht gehabt und er lernte auf dieser Wanderung auch Sachen kennen, die sehr hübsch waren. Für einen Moment warf er noch einen Blick auf das Felslabyrinth. Wer wohl das Spielzeug dahin gebracht hatte? Ob er mit demjenigen spielen hätte können? Lieber nicht, beschloss er dann. Sonst müsste er ja beichten, dass er das zerbrochen hatte. Es war um die Mittagszeit, als er an einem einsamen Bauerngehöft vorbeikam. Die beiden Menschen dort arbeiteten auf dem Feld, richteten sich aber auf, als er näher kam. Der Bauer nahm einen Stein: „Verschwinde, du, Youkai!“ „Guten Tag“, sagte Inuyasha höflich. Hoffentlich warf er den Stein nicht wirklich: „Darf ich eine Frage stellen?“ „Er ist ein Kind“, sagte die Frau: „Und so höflich. Das ist doch kein Youkai.“ „Das ist ein verfluchter Hanyou!“ Aber der Bauer zögerte, den Stein zu werfen, da der Hanyou nicht näher kam. Und falls er ihn verfehlte…: „Was willst du wissen?“ „Da sind hohe Berge. Gibt es da einen Weg hinüber?“ „Ja.“ Der Bauer war überrascht. Das Benehmen diese Kindes entsprach so gar nicht den Legenden um verrückte Hanyou: „Siehst du dort den Berg, der wie ein Dreieck aussieht?“ „Ja.“ „Geh auf den zu, “ ergänzte die Frau: „Aber du musst durch den Schnee gehen. Und es gab Gerüchte, dass dort Youkai sind.“ „Oh, ich bin stark“, sagte Inuyasha stolz: „Danke sehr für die Auskunft.“ Er verneigte sich leicht und ging. Na also, manche Menschen waren doch ganz nett, auch wenn sie zuerst erschrocken waren, ihn für einen Youkai gehalten hatten. Der Bauer und seine Frau zuckten zusammen, als plötzlich zwei Bewaffnete vor ihnen auftauchten. „Youkai!“ brachte der Mann hervor. Heute war wirklich nicht ihr Tag. „Hier war der Hanyou?“ „Ja..“ „Was wollte er?“ „Er fragte nach dem Weg über die Berge.“ „Habt ihr ihm gesagt?“ „Ja...also, den am Dreieck entlang.“ „Er geht weiter nach Westen. Wunderbar.“ Die beiden Youkai sahen sich kurz an, ehe sie weiterliefen. Das Bauernpaar starrte sich an. Ein Hanyou und zwei Youkai hatten sie heute besucht, sie lebten immer noch und waren unverletzt. So beschlossen sie, die Arbeit heute abzubrechen und zu feiern. Inuyasha hüpfte glücklich seines Weges. Er hatte wieder mit Menschen gesprochen. Diese hatten zwar Angst gehabt, aber geantwortet. Und der Mann hatte den Stein auch nicht geworfen. Vielleicht hatten sie alle Angst, weil sie dachten, er sei ein Youkai? Aber was war an Youkai wohl so schrecklich? Sein Vater war auch einer… Er zuckte zusammen und sprang hoch, als ein dunkler Schatten auf ihn fiel. Dadurch ging der Angriff des Schlangenyoukai daneben. „Also wirklich!“ sagte Inuyasha empört: „Was willst du denn von mir?“ „Komische Frage, Hanyou.“ Die Schlange rollte sich zusammen: „Dich fressen.“ Also gab es tatsächlich Youkai mit seltsamen Ernährungswünschen. Mizu hatte recht gehabt. Und wohl auch die anderen Menschen. Die Bäuerin hatte ihn ja auch vor Youkai gewarnt. Hoffentlich klappte Sakontessou jetzt. Nun ja, gestern Abend hatte es ja auch auf Anhieb funktioniert. So sprang der Kleine wieder hoch in die Luft, ließ seine Klaue niedersausen. Der Youkai, der nie im Leben mit einem Gegenangriff gerechnet hatte, war tot, ehe er begriff, was geschehen war. Inuyasha landete. Das war eine Schlange aber trotzdem. Sie hatte reden können. Daher verneigte er sich höflich: „Friede deiner Seele.“ So hatte es ihm seine Mutter beigebracht. Dann wandte er sich um und marschierte wieder in Richtung auf die schneebedeckten Berge. Sarus Späher kamen zehn Minuten später an den Ort. „Ein Schlangenyoukai. Und er hat ihn ordentlich zerlegt.“ „Ja. Und es gibt keine Kampfspuren. Die Schlange ist nicht einmal dazu gekommen, sich zu wehren. Was für ein Monster!“ „Ja. Aber bald sind wir ihn los. Sobald er die Passhöhe erreicht hat, sind wir ihn los.“ Sie nickten sich zu. Soweit müssten sie ihm noch folgen. Dann begann das Gebiet des nächsten Youkailords. Sollte der doch sehen, wie er mit dem Besucher umging. *********************************************** Wird er auch. Das nächste Kapitel heisst: "Schnee in den Bergen" und zwei Youkai-Lords kommen sich näher.... Wer so freundlich ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich, wie gewohnt, eine ENS, wenn ich sehe, dass das nächste Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 3: Schnee in den Bergen ------------------------------- Da sich einige wunderten, warum der kleine Inuyasha (noch) so höflich ist: seine Mutter ist noch nicht lange tot. Und nach dem, was man so sehen konnte aus seiner Jugend, wuchs er bei seiner Mutter in einem Schloß auf. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ihm so etwas nicht beigebracht hat. In den späteren Jahren wird die Erinnerung sicher verblassen oder auch anderes notwendiger sein. Im nächsten Kapitel "bekommt" Inyuasha neue Eigenschaften. Viel Spass beim Lesen: 3. Schnee in den Bergen Inuyasha fand einen Weg, der ihn in die Berge führte. Mit gewisser Überraschung stellte er fest, dass die Luft immer kälter wurde. Und dann entdeckte er rechts und links jenes Weiße, das die Berge bedeckte. Es roch eigentlich nach nichts, und als er es neugierig betastete, schmolz es auch in seiner Hand und wurde zu Wasser. Interessiert nahm er eine größere Mange, warf sie in die Luft. Es sah wie Staub aus, als es herunterfiel. Konnte es sei, dass dieses weiße Pulver Schnee war? Seine Mutter hatte ihm davon erzählt. Weiter im Westen sei es kälter und da würde im Winter Schnee vom Himmel fallen. Er sah auf. Die Berge waren näher am Himmel dran, vielleicht schneite es hier dann öfter? Er ging weiter. Seine bloßen Füße waren abgehärtet und so machte es ihm auch nichts aus, als der Pfad von Schnee bedeckt wurde. Verlaufen konnte er sich nicht. Der Passweg führte hier in einem Tal zwischen zwei Bergen hindurch. Er hatte keine Ahnung davon, dass diese Gebiete von mächtigen Youkailords beherrscht wurden - und dass er sich einer der unsichtbaren Grenzen näherte. Auch hatte er die Tatsache, dass er nach wie vor vorsichtig beschattet wurde, nicht bemerkt. So ließ er sich Zeit, spielte immer wieder mit dem Schnee, ehe ihm einfiel, dass es hier wohl zu kalt sei, um die Nacht zu verbringen. Er müsste den Pass hinter sich bringen, wieder hinunter gehen. Das Tal wurde immer enger. Auf der eigentlichen Passhöhe maß es vielleicht noch fünfzig Schritte. Inuyasha blieb überrascht stehen, als er vor sich eine Holzhütte entdeckte. Lebten hier oben etwa Menschen? Ob die so nett waren, ihn bei sich schlafen zu lassen? Dann könnte er geschützter übernachten. Oder hatten die auch wieder nur Steine für ihn? So war er ein wenig angespannt, als die Tür geöffnet wurde. Seine Verwunderung wuchs, als er einen Krieger mit Rüstung und Schwert herauskommen sah. Instinktiv ging er einen Schritt zurück, zumal, als er erkannte, dass das ein Youkai war. Und noch vier andere kamen aus der Hütte, alle bewaffnet. Was taten sie nur hier in den Bergen? Aber das war egal. Er musste sich vorsehen. Wenn sie ihn auch fressen wollten, müsste er rasch weglaufen. Den fünf Katzenyoukai wäre bei der Vorstellung ihn fressen zu sollen schlecht geworden, aber das konnte er nicht wissen. Der Anführer betrachtete ihn: „Wohin willst du, Youkai?“ „Ich bin kein Youkai.“ „Ach, stimmt. Ein Hanyou. Nichts als ein erbärmlicher Hanyou.“ Er legte die Hand ans Schwert: „Da du offenbar zu dumm warst, dein Schicksal zu vermeiden, werden wir dir helfen.“ Inuyasha verstand nicht: „Was für ein Schicksal? Was…was wollt ihr denn von mir?“ „Nun, dich umbringen. Was soll man sonst mit einem schwächlichen Hanyou machen. Nicht einmal deine Eltern wollten dich wohl haben, sonst würdest du hier nicht allein in den Bergen herumlaufen.“ „Das ist nicht wahr!“ gab der Kleine empört zurück. Er erinnerte sich zu gut noch an die Arme seiner Mutter um sich. „Lasst mich jetzt durch. Ich will weiter in den Westen.“ Die Katzen lachten auf. Hanyou waren zu schwach, das wusste jeder. Die Wache hier oben an der Grenze war langweilig und sie waren froh, ein Spielzeug gefunden zu haben. So zogen sie ihre Schwerter. Es würde amüsant werden, den Hanyou ein bisschen zu jagen, ein bisschen zum Laufen zu bringen, ehe sie ihn töteten. Inuyasha starrte sie an. Das war kein Scherz, beschloss er dann. Sie machten keine miesen Witze. Er erinnerte sich daran, dass Mizu gesagt hatte, Youkai würden immer Hanyou töten. Er würde also seinen Klauenangriff benötigen. Vielleicht einfach den in der Mitte außer Gefecht setzen und dann rasch durchlaufen. Sie wohnten doch wohl hier, da würden sie ihn kaum verfolgen. Er spannte die rechte Hand an, hob den Arm, war schon im Begriff zuzuschlagen, als der am weitesten rechts stehende Youkai ihn angriff. Mit einem großen Satz sprang der Kleine zehn Meter zurück, zu unerfahren, um seinen Klauenangriff gleichzeitig abbrechen zu können. Die Energie des Sakontessou prallte weit oberhalb in den Schneehang. Sein Angreifer blieb stehen. „Holla, ein weiter Satz für einen Bastard. Du scheinst ja was drauf zu haben. Dann werden wir uns länger mit dir abgeben können, sehr schön.“ Ein dumpfes Grollen schien von der Spitze der Berge zu kommen. Inuyasha sah, wie die Youkai erschraken und nach oben starrten. Das war seine Chance zur Flucht. Mit zwei großen Sprüngen machte er, dass er aus der Talenge kam. Weiter konnte er nicht fliehen, da ihn eine große Erschütterung von den Beinen holte. Er stürzte in den Schnee. Verwirrt richtete er sich auf. Um ihn war alles still. Totenstill, geradezu. Was war denn da jetzt los gewesen? Er ging vorsichtig zurück, bemüht, nicht von den Youkai gesehen zu werden. Als er das schmale Tal des Passes wieder ereichte, vergaß er allerdings seine Deckung. Das Tal sah nun ganz anders aus, angefüllt mit Schnee, sicher fünf Meter hoch. Er sprang auf die Schneedecke. Diese Youkai waren weg, wahrscheinlich waren sie auch weggelaufen. Und die Hütte guckte gerade noch mit einer Dachspitze heraus. Der kleine Hanyou entschied, künftig vorsichtiger zu sein und ging weiter. Seine Füße versanken hier in der dichten Masse des Schnees. Hoffentlich würde er bis zum Abend wieder in Gegenden kommen, wo kein Schnee lag. Solch eine Übernachtung könnte ziemlich kalt werden. Zehn Minuten später waren Sarus Späher da. Sie hatten das Grollen der Lawine gehört und waren neugierig gewesen. Jetzt starrten sie auf die Passhöhe. „Hier war doch die Grenzstation?“ erkundigte sich der jüngere. „Ja, da ist ja noch die Hütte. Komm, sehen wir mal, was aus den Kollegen geworden ist.“ Die beiden Youkai gruben die Hütte aus, in der Hoffnung einen Überlebenden zu finden. Ein Katzenyoukai atmete auf, als er sie sah: „Ihr seid es nur...“ „Äh…sei nicht so erleichtert, immerhin dienen wir nicht gerade befreundeten Herrn.“ Sie hatten schon gegeneinander gekämpft, ehe der letzte Pakt geschlossen wurde: „Kannst du raus? Was war denn hier los? Ist der Hanyou hier gewesen?“ „Ja.“ Schieres Entsetzen malte sich in den Augen des Grenzwächters: „Kennt ihr ihn etwa?“ „Saru-sama befahl uns, ihn zu beschatten. Er hat einen Kollegen von uns umgelegt und einige andere Leute. Er ist ein Hanyoumonster, wie in den alten Legenden.“ „Oh ja, das kann ich bestätigen.“ „Sag bloß, er ist für die Lawine hier verantwortlich gewesen?“ „Ja. Wir sahen ihn kommen und meine fünf Kameraden gingen aus der Hütte und stoppten ihn. Als sie in ihm einen Hanyou erkannten, wollten sie ein bisschen mit ihm spielen, ihn dann töten.“ Sarus Männer blickten sich an: „Lass mich raten: er ließ nicht mit sich spielen?“ „Er ist ein Kind, ein Hanyou dazu! Wer konnte das ahnen.“ „Was passierte dann?“ „Er sprang zurück, machte etwas mit der Hand. Sie wollten ihn angreifen, da rannte er weg. Und da kam auch schon die Lawine auf uns zugerast. Ich hatte nur durch das Fenster zugesehen, weil ich noch einen Bericht schreiben wollte…“ „Das sag dann mal deinem Herrn. Dieser Kleine ist ein echtes Monster. Und wir geben Lord Saru Bescheid.“ „Aber eine Lawine auszulösen…das können nur mächtige Zauberer. Wettermagie kann nicht jeder.“ „Das stimmt. Aber wie gesagt, er ist ein echtes Monster. Und wenn er solche schwierige Magie beherrscht...Ah, deswegen hat er vorher immer die Qualität des Schnees überprüft. Er wusste, dass hier oben die Grenze bewacht wird. Hättet ihr ihn durchgelassen, wäre nichts passiert.“ Die drei Youkai sahen sich an, ehe sie sich jeder auf den Weg zu seinem Lord machten. Lord Saru saß in der großen Versammlungshalle neben der Bibliothek. Das hier war der Konferenzraum für alle Youkailords der Region und auch die Bücherei stand allen zur Verfügung. Vor ihm lagen diverse Schriftrollen, er studierte aufmerksam die nächste. „Saru!“ Er blickte auf: „Gai!“ Na, sein Nachbar sah nicht sonderlich erfreut aus. Hatte er schon Bekanntschaft mit diesem Hanyoumonster gemacht? Der Neuankömmling hielt ein Papier in der Hand, setzte sich sichtlich wütend: „Kennst du das hier, Saru? Das ist ein gegenseitiger Beistandpakt! Kannst du mir verraten, wieso du diesen durchgeknallten Hanyou zu mir hast laufen lassen?“ „Eben, weil er durchgeknallt ist. Wie viele Leute hast du verloren?“ „Fünf. Einer hat überlebt. Der Hanyou hat mit Hilfe von Wettermagie eine Lawine auf die Grenzwachen losgejagt!“ „Wettermagie?“ Saru betrachtete die Rollen: „Dann ist er noch gefährlicher, als ich dachte.“ „Wieso hast du ihn nicht beseitigt? Wir haben einen Beistandspakt.“ „Nichts in diesem Vertrag verpflichtet mich Selbstmord zu begehen. Er hat Bunta mit einem einzigen Hieb erledigt. Und Bunta war so stark wie ich selbst, ungefähr.“ „Bunta? Ach, dieser wahnsinnige Youkai? Nicht schlecht. Aber du hättest mich warnen können.“ „Hättest du mir geglaubt, wenn ich dir gesagt hätte: Vorsicht, Hanyoukind?!“ „Kaum“, gab Gai zu: „Was machst du hier eigentlich?“ Er nahm zwei Rollen zur Hand: „Die Natur von Mischlingen und die andere: Legenden über Hanyoumonster. - Versuchst du herauszufinden, was der Kerl ist?“ „Ja. Aber hier ist nichts zu finden. Wenn dieser kleine Hanyou auch schon Wettermagie beherrscht, muss seine menschliche Seite eine starke miko oder ein mächtiger Magier gewesen sein. Und dazu kommt noch die Macht eines Youkai.“ „Umso wichtiger ist es, den Burschen zu stoppen. Der überlebende Grenzwächter sagt, sie hätten ihn zu fünft angehalten und ihn töten wollen. Sie sahen nur einen Hanyou, ein Kind zumal, und wussten nicht, wie gefährlich er ist, dass er solch ein Hanyoumonster ist, wie in den alten Sagen. Dieser Fehler wird nicht noch einmal passieren.“ „Du willst ihn umbringen lassen?“ „Natürlich. Keiner legt meine Grenzwachen um und spaziert dann einfach so durch mein Territorium. Im Moment habe ich zwei Männer an ihm dran. Sie sollen ihn beobachten, wenn sich eine günstige Gelegenheit bietet, ihn töten.“ „Verzeihung“, hüstelte jemand. Saru sah sich um: „Ach, der Bibliothekar. Was ist?“ „Ihr seid so an Hanyou interessiert. Ich habe hier noch eine Rolle gefunden, die Euch fesseln dürfte. Sie lag allerdings abseits der gewöhnlichen Bücher.“ „Danke.“ Saru nahm sie und warf einen Blick auf den Titel: „101 Wege, einen Hanyou zu töten.“ Gai lächelte zynisch: „Na, dann mach mal Vorschläge.“ Er beugte sich vor, als sein Nachbar die Rolle öffnete. Verdutzt starrten beide auf das Papier, dann sich selbst an. Dort standen säuberlich untereinander Zahlen von eins bis einhundertundeins. Aber da gab es nur einen einzigen Eintrag, bei der Nummer eins. Und der lautete: Sei schneller. Inuyasha war froh, aus dem Schnee draußen zu sein. Seine Füße waren nicht mehr so kalt und hier im Wald würde er auch viel eher etwas zu essen finden. Irgendwo hörte er ein Summen, das er so noch nie gehört hatte. Neugierig blieb er stehen, sah sich um. Wenn er dem Geräusch nachging, würde er vom Weg abkommen. Mizu hatte ihm doch gesagt, er solle sich immer daran halten, wo am vergangenen Abend die Sonne unterging. Also würde er weitergehen. Bald stellte er fest, dass er auch so der Quelle des Summens immer näher kam. Er blieb stehen, als er den Rand einer Lichtung erreichte. In der Mitte befand sich der größte Baum, den er je gesehen hatte. Und an dessen unterstem Ast hing etwas, das auf Anhieb wie eine Tonne aussah. Von dort kam das Brummen. „Hilfe!“ Seine Öhrchen zuckten, als er den leisen Hilferuf vernahm. Dann blickte er nach oben. Ein Schatten verdunkelte die Sonne, ein Vogel, gewiss so groß wie er selbst, eher größer, stieß auf die Lichtung herab, verfolgte eine kleine geflügelte Gestalt. Ohne Nachzudenken sprang der Hanyou vor, schlug seinen Klauenangriff auf den Vogel. Der hatte dem sakontessou nichts entgegenzusetzen. Er war bereits tot, als er auf dem Boden aufschlug. Inuyasha sah sich um. Das kleine Wesen, das um Hilfe gerufen hatte, flog zu ihm. Es war vielleicht so groß wie seine beiden Hände zusammen, ein schmaler gelb-schwarzer Körper, vier paar Flügel. Aber der Kopf war ähnlich dem eines Menschenmädchens. „Ich danke dir, Fremder“, sagte sie höflich. Heftiges Brummen ließ Inuyasha zu der Tonne gucken. Hunderte ihrer Art kamen daraus hervor. Sie drehte sich rasch um: „Er hier hat mich vor dem Vogel beschützt!“ „Euch ist nichts geschehen, Prinzessin?“ „Nein. - Dank ihm. Wie heißt du denn?“ „Inuyasha“, sagte der Hanyou zögernd: „Du bist eine Prinzessin?“ „Ja, Prinzessin Tiu. Wir sind Hornissenyoukai.“ Youkai? Aber sie schienen ihm nichts tun zu wollen, ihn nicht fressen zu wollen. „Wenn du möchtest, Inuyasha, kannst du heute Nacht an unserem Baum übernachten, unser Gast sein. Du hast mich gerettet und ich bin sicher meine Mutter, die Königin wird dir das erlauben.“ „Danke.“ Er war wirklich müde: „Dann lege ich mich dahin, ja?“ „Wie du möchtest. Ich danke dir nochmals.“ Sie flog mit ihrem Volk in den Bau zurück. „Warum habt Ihr ihm Gastfreundschaft angeboten, Prinzessin? Sicher, er hat Euch gerettet. Wir wären zu spät gekommen. Aber ..“ „Hast du es nicht gesehen? Er ist ein Hanyou. Er mag stark genug sein, einen Hornissenbussard zu erschlagen. Aber es gibt auch stärkere Youkai, vielleicht auch welche, die ihn fressen wollen. So können wir eine Nacht für ihn wachen, ihn beschützen. So kann ich meine Schuld vielleicht bezahlen.“ Inuyasha war bald eingeschlafen. Das Gras hier war weich und er war nach dem ganzen Gelaufe durch die Berge schrecklich müde gewesen. Zudem brummten die freundlichen Hornissen oben so gleichmäßig, dass es ihm wie ein Wiegenlied vorkam. Die Sonne war auch schon am Untergehen. „Da ist er“, flüsterte ein Youkaispäher seinem Kollegen zu: „Lord Gai sagte, wenn sich eine gute Gelegenheit ergäbe, sollen wir ihn töten.“ „Er schläft. Das ist eine gute Gelegenheit.“ „Stimmt. Aber leise. Zum Glück sehen wir im Dunkeln recht gut. Da liegt etwas auf der Wiese, wie ein großer Vogel…“ „Scheint tot zu sein. Also komm.“ Die beiden zogen lautlos ihre Schwerter, liefen mit im Mondlicht glitzernden Klingen auf den schlafenden Jungen zu. Bevor sie den toten Hornissenbussard erreicht hatten, hörten sie ein drohendes Brummen. Sie erstarrten, aber da war der zornige Schwarm auch schon bei ihnen. Inuyasha erwachte am folgenden Morgen. Er reckte sich gähnend, ehe er empor zu dem Nest sah: „Danke, dass ich hier schlafen durfte.“ Er sah zwar niemand vom Volk, aber es war sicher trotzdem passend, sich zu bedanken. Das hatte Mama immer gesagt. Dann wandte er sich ab und ging, ohne sich umzublicken. Und so vernachlässigte er nicht nur den Bussard, den er getötet hatte, sondern auch die beiden anderen Leichen. Stunden später kam ein Suchtrupp aus fünf Youkai zu der Lichtung. Lord Gai hatte sie losgeschickt, als seine Späher nicht zum vereinbarten Termin Bericht erstattet hatten. Sie erstarrten, als sie das warnende Summen bemerkten, das direkt vor ihnen anschwoll. Sie erkannten ihre beiden Kollegen auf der Lichtung, als auch schon aus dem Stock der zornige Schwarm Hornissenyoukai schoss. Die fünf Sucher machten sofort einen Satz zurück. Das Gift dieser Hornissen wäre auch für sie tödlich. Was war hier nur passiert? Da die Fremden nicht zu den Waffen griffen, zurückwichen, befahl die Hornissenprinzessin Halt. Sie selbst blieb in der Luft hängen, kurz vor dem vordersten der unerwünschten Besucher. „Ihr seid doch Lord Gais Leute? Warum dringt ihr einfach in unser Territorium?“ Der Anführer war sicher, dass sein Herr keinen Krieg mit den Hornissen vom Zaun brechen wollte. „Verzeiht, wir wollten nicht…also, uns lag es fern, in Euer Territorium einzudringen. Wir waren nur auf der Suche nach zwei von unseren Kollegen, die nicht zurückkehrten.“ „Die da?“ Tiu drehte den Kopf zu den beiden Leichen. „Ja. Äh, was ist denn passiert?“ Wenn die ohne Erlaubnis in das Gebiet der Hornissen gegangen waren, erklärte das ihren Tod nicht ganz. Hornissenyoukai griffen nur an, wenn sie sich bedroht fühlten oder verärgert wurden. Und ganz offenkundig befürchtete der Schwarm, sie fünf seien gekommen, um sich für den Tod der Kameraden zu rächen. Oder gar, dass Lord Gai sie ärgern wollte, noch schlimmer, Krieg wollte. „Ich bin sicher, dass sie nichts von Euch wollten...?“ „Nun, wenn jemand mit gezogenen Schwertern zu einem schlafenden Gast meines Volkes geht, wollen sie sehr wohl etwas von uns.“ „Ich bin sicher, Ihr irrt Euch. Sie sollten doch nur einen verfluchten Hanyou töten…“ Seine Lordschaft war nicht sonderlich angetan: „Wieder zwei. Dieser Hanyou hat mich jetzt schon sieben Männer gekostet.“ Gai unterdrückte seinen Seufzer. Saru nickte. Sie hatten nun alle Bücher zum Thema Hanyou vor sich liegen: „Deine Späher waren wohl unvorsichtig.“ „Möglich.“ Gai sah zu seinem Mann: „Wieso haben die Hornissen eigentlich die beiden angegriffen? Wir hatten einen Nichtsangriffspakt.“ „Äh, nun, die beiden sahen wohl den Gast der Hornissen schlafen. Und sie wussten nicht, dass er der Gast des Volkes war.“ „Sie sollten doch dem Hanyou folgen, was ging sie der Gast der Hornissen an?“ Der Späher zögerte etwas, aber dann sagte er: „Nun, auf unsere Erklärung, dass die beiden nur einen verfluchten Hanyou töten sollten, reagierten die Hornissen sehr aggressiv. Er war wohl ihr Gast.“ „Du lebst aber noch?“ „Bis zu diesem Moment war ich nur der Stellvertreter.“ Gai seufzte: „Ich verstehe. Acht. Wie hat der Kerl es geschafft, dass er sich mit den Hornissen anfreunden konnte?“ „Acht Männer.“ Saru klang mitfühlend, sich in Gedanken gratulierend, sich zurückgehalten zu haben. Der Kleine war wirklich ein Problem. „Ein echtes Hanyoumonster. Und ich kann jetzt wieder zusehen, wie ich das Volk der Hornissenyoukai beruhige, damit wir wieder einen Nichtangriffspakt bekommen.“ Gai nickte: „Jetzt reicht es mir wirklich. Schneezauber, Wettermagie hin oder her. Der Kerl ist nicht unsterblich.“ Er sah zu dem Mann, der vor ihm kniete: „Nimm dir zehn Mann, gute, erfahrene Krieger. Einer davon sollte Ahnung von Bannkreisen haben. Und dann sucht dieses Monster und bringt ihn um!“ Als der Mann weg war, nahm Saru wieder ein Buch zur Hand: „Nirgendwo steht, dass Hanyou über besondere Fähigkeiten verfügen. Wieso ausgerechnet er?“ „Keine Ahnung. Aber diese Hanyoumonster aus den alten Legenden scheinen zum Glück recht selten zu sein. Gewöhnlich sind Hanyou Schwächlinge, die man leicht ausschalten kann.“ „Tja, das ist er nicht. Weder sonderlich schwach, noch leicht auszuschalten.“ Saru machte eine Handbewegung gegen die Decke: „Ich hoffe nur, das es dir gelingt, den Hanyou umzubringen, ehe ER sich fragt, was er eigentlich für Verbündete hat, die nicht einmal mit einem Mischling fertig werden.“ „Gegen zehn Katzenyoukai hat ein Kind keine Chance, egal, wie stark er ist. - Wenn er weiter nach Westen geht, kommt er zu einem Dorf, dann weiter durch die Berge. Er muss sich immer auf offenem Gelände halten. Da werden sie ihn sicher bald finden.“ *********************************** Oh ja, sie werden das liebe "Hanyoumonster" finden... Nur, ob der Erfolg so ganz im Sinne der Lords ist? In jedem Fall steht der Kleine nun in dem Ruf, Wettermagie zu beherrrschen und wohl auch andere schwere magische Formen. Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, schicke ich, wie gewohnt, eine Ens, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel on ist. bye hotep Kapitel 4: Alle gegen einen --------------------------- Ja, die Lords sind verunsichert. In solch einer Lage waren sie noch nie. Und der kleine Hanyou muss erfahren, dass er nicht gerade oben in der Beliebtheitsskala steht.... 4. Alle gegen einen Inuyasha wanderte gemächlich durch die Wildnis. Auch hier waren noch Berge, aber sie waren bewaldet. Nur manchmal stiegen schroffe Spitzen auf, wie Nadeln aus dem Wald ragend. Der kleine Hanyou blieb stehen, als sich vor ihm ein Tal öffnete. Felder, Gärten, waren da, ein Dorf. Menschen. Er zögerte ein wenig. Aber die Sehnsucht nach Gesellschaft, nach Wesen, die sich mit ihm unterhalten würden, mit ihm essen würden, war übermächtig. So ging er näher. Die Bauern auf dem Feld entdeckten ihn bald, und scharten sich zusammen, ihre Hacken erhoben: „Verschwinde, Youkai!“ „Ich bin kein Youkai“, gab er zurück: „Kann ich etwas zu essen haben?“ „Verschwinde!“ „Es ist nur ein Kind...“ sagte ein anderer. „Na und? Aus Nissen werden Läuse. Und mag er jetzt noch ein Kind sein…Selbst wenn er die Wahrheit sagt und kein Youkai ist, er ist einfach unheimlich! Sieh dir nur seine Ohren an, die Haare! Das ist ein mononoke, ein Tiergeist! Wer weiß, was er für einen mörderischen Plan hat.“ Ein Tiergeist? Inuyasha verstand nicht. Aber er blieb stehen, wartete ein wenig hoffnungsvoll. Vielleicht durfte er doch bleiben? „Wenn du nicht unsere Hacken spüren willst, verschwinde, du Monster!“ Die Stimmung unter den Männern heizte sich an, als sie seine Ohren betrachteten, seine Hände, die Klauen waren. „Monster!“ Sie rückten näher. Der Kleine starrte sie an. Monster. Das war alles, was sie sagten. Er bat um etwas zu essen und sie wollten ihn verjagen, weil er ein Monster sei? Er tat doch nichts Schlimmes? Warum nur sollte er immer allein sein? Mama…dachte er verzweifelt, als er sich umdrehte und ging. Die Männer betrachteten das als Sieg und schrieen, um sich selbst Mut zu machen, als sie hinter ihm her rannten. Der Hanyou warf einen Blick zurück, ehe er mit weiten Sprüngen davonlief. Er war sehr traurig, als er weiterging. Mizu hatte ihn gewarnt, dass Menschen mit ihm nichts zu tun haben wollten. Warum nur wollte ihn niemand? Was war an ihm, dass keiner ihn mochte? Warum nur war er wertlos? Ob das anders wäre, wenn sein Vater noch leben würde? Würden ihn dann wenigstens die Youkai in Ruhe lassen? Oder würde ihn sein Vater auch nicht wollen? Doch. Mama hatte immer gesagt, dass sein Vater gütig, freundlich gewesen sei. Youkai konnten also auch freundlich sein? Tief in Gedanken wanderte er weiter Richtung Westen. Einige Stunden später entdeckte er etwas, das ihn aus seiner Brüterei weckte. Er war ein kleiner Junge und neugierig. In dem Hang neben ihm öffnete sich ein Loch, eine richtige Höhle. Er konnte nicht widerstehen. Sie war recht niedrig und so legte er sich auf den Bauch, warf einen Blick in den sandigen Tunnel. Am anderen Ende entdeckte er wieder Licht. Das war wirklich ein Durchgang und er krabbelte hindurch. Seine beiden Verfolger stutzten, als sie erkannten, was der Hanyou da tat. „Und was jetzt?“ flüsterte einer. „Hinterher, so lautet unser Befehl. Warum er in eine Höhle will? Ob es da einen Schatz gibt?“ Die beiden Youkai zögerten nicht, sich ebenfalls auf den Boden zu legen und hinterher zu rutschen. Sie waren Erwachsene, viel größer als Inuyasha. Und so berührten sie die Seitenwände, die Decke des bröckligen Tunnels. Der kleine Hanyou war durch, stand auf und putzte sich ab. Jetzt musste er nur rund um den Sandhügel laufen, um erneut seinen Weg aufnehmen zu können. Erstaunt sah er, wie die Sandkörner neben ihm zu tanzen schienen. Und dann rutschte der Sand vor die Öffnung, begrub auch den Gang unter sich, durch den er eben noch geschlüpft war. Hoppla, dachte Inuyasha. Das musste er sich merken. Sandhügel schienen sehr gefährlich sein zu können. Am besten wäre es, nie wieder durch einen zu kriechen. Wieder etwas gelernt. Und fröhlicher hüpfte er seines Wegs. Am Nachmittag erreichte er eine tiefe Schlucht. Hinter ihm lag der bewaldete Bergrücken, den er gerade hinab gekommen war. Jenseits der Klamm dehnte sich eine felsige Ebene. Er entdeckte eine Hängebrücke. Sie sah alt aus, nicht gerade vertrauenerweckend. Die Seile waren schmutzig, einzelne Fasern ausgerissen. Einige Bretter fehlten. Der Kleine schluckte. Aber die Schlucht ging nach rechts und links scheinbar endlos weiter. Unten tobte der Fluss, der sie geschaffen hatte. Diese Brücke war vermutlich die einzige Gelegenheit, diesen Abgrund zu überqueren. Machte er dies nicht, käme er von seinem Weg ab. Mizu hatte ihm doch gesagt, er solle immer in die Richtung der untergehenden Sonne wandern. Das war das einzige Ziel, was er hatte. Mit gewissem Seufzen blickte der Hanyou noch einmal nach rechts und links. Nein. Nur diese Brücke war hier. So schluckte er tapfer seine Furcht hinunter und fasste die beiden Seile, ehe er vorsichtig die verwitterten Bretter betrat. Er klammerte sich an den Leinen fest, bemühte sich, nicht hinunterzuschauen, wo der Fluss um schroffe Felsen schäumte. Am liebsten hätte er die Augen geschlossen, aber er wagte es nicht. Einige Bretter fehlten und er verspürte keine Lust, da unten im tosenden Wasser zu landen. So tapste er behutsam über die schaukelnde Brücke. „Da ist er!“ Der Hauptmann von Gais Truppe hatte den Hanyou gerade entdeckt. „Da, er ist gerade über die Hängebrücke gegangen. Seltsam, wo unsere beiden Späher sind? Aber gleich. Jetzt kann er uns nicht mehr entkommen, Männer.“ Er sah sich kurz um: „In Einzelreihe und im Laufschritt über die Brücke, dann sofort rücksichtslos attackieren. Auf Befehl des Herrn darf dieser Hanyou nicht überleben!“ Seine Männer formierten sich hintereinander. „Gut. Zum Angriff!“ Er lief los, die zehn Katzenyoukai folgten ihm im Laufschritt, die Schwerter bereits in der Hand, rannten hintereinander im Gleichschritt auf die Hängebrücke. Der Gleichklang der Krieger war perfekt und so begann die Brücke unter ihren Tritten mehr zu schwanken, als unter den tapsigen Schritten Inuyashas. Der Anführer verlangsamte instinktiv sein Tempo, ohne allerdings aus dem militärischen Laufschritt zu fallen. Das Schwanken der Brücke wurde extrem und die ersten Youkai fassten unwillkürlich nach den Seilen. Das Gewicht der zehn Krieger und das Schwanken erwiesen sich als zu stark für die verwitterte Brückenspannung. Das erste Seil riss, dann in kurzem Abstand ein zweites, ein drittes. Und dann stürzte die gesamte Konstruktion mit den aufschreienden Katzenyoukai in die Tiefe. Als er die Schreie hinter sich vernahm, fuhr Inuyasha herum. Er konnte gerade noch erkennen, dass die Brücke mit Leuten darauf in die Schlucht fiel. Oh je, dachte er: da habe ich aber Glück gehabt. Ob er den Gestürzten helfen konnte? Er ging zurück. Der Fluss hatte sie mitgerissen. Nur einen konnte er dort unten entdecken, zerschmettert auf einem Fels. Das war doch ein Youkai gewesen? Irgendwie schienen die nichts auszuhalten, obwohl er immer gehört hatte, sie seien so schrecklich stark. Waren manche doch so schwach? Aber er konnte unmöglich runterklettern und dem dort helfen. So wandte er sich ab und ging weiter, in Richtung Westen. Der Bote kniete zitternd vor Lord Gai nieder. Gewiss würde der Herr ihn bestrafen. „Was ist? Ist der Hanyou endlich erledigt?“ „Das…das weiß ich nicht...“ „Was soll das heißen?“ „Ich…ich wurde beauftragt, Euch mitzuteilen, dass wir neun, nein, zehn Eurer Krieger gefunden haben.“ „Wieso gefunden?“ „Äh...nun ja… Sie sind tot.“ „Zehn meiner besten Krieger? Meine komplette Leibwache?“ „Ja, Herr.“ „Verdammt. Wie sind sie gestorben?“ „Sie starben vermutlich im Kampf, Herr, denn keiner von ihnen trug das Schwert mehr in der Scheide. Aber ihre Verletzungen sind schrecklich. Sie sehen vollkommen zerschlagen aus.“ „Dieses...Monster!“ Gai ballte die Faust: „Zehn meiner besten Krieger zu besiegen!“ Er blickte zu Saru: „Du hast Recht gehabt. Er ist wirklich ein Problem. Nun gut. Er geht weiter Richtung Westen?“ „Ja, Herr.“ „Was sagen denn die beiden Späher?“ „Äh, das weiß ich nicht, Herr.“ „Was soll das schon wieder heißen?“ „Wir können sie nicht mehr finden.“ „Mist. Sie sind tot oder geflohen. Dann bleibt nur noch eins zu tun. Drei Männer sollen unauffällig an ihm dran bleiben. Solange er nichts weiter tut, folgt ihm nur. Ich will nicht noch mehr Leute verlieren. Er macht nicht den Eindruck, mein Territorium erobern zu wollen.“ „Ja“, gab Lord Saru ihm recht: „Es scheint so, als ob er ein spezielles Ziel vor Augen hat, das er unbedingt erreichen will.“ „Du hast deinen Befehl.“ Als der Bote weg war, seufzte Gai: „Und ich werde den lieben Ogodai warnen, dass ein Monster zu ihm unterwegs ist. Ein Hanyoumonster, wie in den alten Sagen. Ob er mir glaubt?“ „Wenn du ihm sagst, dass der Kleine anscheinend ohne nennenswerte Probleme deine komplette Leibwache ausschalten konnte, wird er wohl müssen.“ „Er wird sich kringelig lachen“, prophezeite Gai düster: „Wir können uns sowieso nicht so gut leiden.“ Er nahm die Tinte und die Feder, die vor ihm lagen, suchte einen leeren Zettel: „Ich kann doch sicher von hier einen Boten an ihn schicken.“ „Ja. Vergiss nicht, zu erwähnen, dass er deine Männer umgebracht hat und Ogodai vorsichtig sein soll. Er ist sicher der nächste, den das Hanyoumonster besuchen wird, wenn der Kleine weiter nach Westen geht.“ „Ja. An diese Richtung hat er sich bislang immer gehalten.“ Gai schrieb hastig, ehe er klatschte. Dem eintretenden Diener befahl er, einen Postläufer zu holen. Diesem übergab er den Brief mit dem Befehl, so schnell wie möglich Lord Ogodai auszuhändigen. Anschließend machten sich die beiden Lords mit gewissem innerlichem Seufzen noch einmal über die Bücher her. Ogodai betrat die Versammlungshalle mit forschen Schritten. Als er seine Mit-Lords dort entdeckte, ging er langsamer zu ihnen: „Tatsächlich. Gai, was sollte denn diese komische Warnung? Ein Hanyoukind? Da mir dein Bote erzählte, dass du hier bist….“ Er ließ sich nieder, nahm die Rolle, die ihm sein Nachbar zuschob. „101 Wege, einen Hanyou zu töten...ja, und…?“ Er öffnete sie. „Da steht ja fast nichts. Erstens: sei schneller. Zweitens: ein wahnsinniger Youkai mit der Stärke eines Youkailords - zu wenig?“ Er sah auf: „Was macht ihr denn da?“ Aber er las weiter: „Fünf Katzenyoukai - Tod durch Wettermagie in einer Lawine, ergo, zu wenig. Zehn Katzenyoukai - zu wenig… Sagt mal, wie viele Leute habt ihr denn schon durch den Kleinen verloren?“ „Achtzehn, vielleicht auch zwanzig, darunter meine komplette Leibwache“, gab Gai zu. Ogodai hätte fast gepfiffen: „Jetzt verstehe ich die Warnung. Und er geht anscheinend immer weiter in Richtung Westen. Wer ist der Typ eigentlich?“ „Ein Hanyou.“ „Ja, das hast du schon gesagt. Aber was für einer? Ich meine, welcher Youkai, männlich oder weiblich, hat sich mit einem magischen Menschen gepaart? Wer war so verrückt?“ „Keine Ahnung.“ Aber Gai sah hilfesuchend zu Saru: „Du hast ihn doch schon selbst gesehen?“ „Nein. Er war nur bei Mizu zu Gast und die…Moment. Sie sagte, sein Name wäre Inuyasha.“ „Inu - yasha…Dann kann er auf seiner dämonischen Seite nur aus der Hundefamilie stammen?“ „Hört sich so an.“ Saru warf einen Blick zur Decke: „Was natürlich erst recht bedeutet, dass ER nichts davon erfahren darf. ER hält sowieso Hanyou für schwach und wenn wir IHM beweisen, dass wir nicht einmal mit einem aus seiner Verwandtschaft klarkommen, ER das selbst übernehmen müsste…“ „Das wäre äußerst peinlich“, gab Gai zu: „Hast du eine gute Idee, Ogodai?“ „Noch nicht. Aber ihr habt Recht. Dann würde ER sich sicher fragen, mit was für Schwächlingen ER verbündet ist. Und ihr alle wisst, was mit dem passiert, den ER für schwach hält.“ Die Youkailords fühlten eine eisige Kälte durch ihre Adern schleichen. Nein. Es half alles nichts. Sie mussten mit diesem Hanyou fertig werden, so schnell und gründlich wie möglich, bevor sie selbst ein höchst unrühmliches Ende finden würden. Wenn dieser Hanyou tatsächlich irgendwie mit Hunden in Zusammenhang stehen würde, wäre das nur noch notwendiger. Überdies: es ging ja schließlich auch noch um ihre Ehre. Sie wären der Spott ganz Japans, wenn rauskommen würde, dass es ein kleiner Hanyou geschafft hatte, ihre Leute zu erledigen, ohne selbst dafür zu sterben. Der Schlossherr war auf dem Weg in die Bibliothek. Ein wenig erstaunt bemerkte er, dass gleich drei Youkailords dort zusammen saßen. Natürlich war dieser Saal als Versammlungsraum für die Lords gedacht, aber normalerweise redeten sie kaum miteinander, geschweige denn, dass sich gleich drei hier trafen. Nun, vermutlich hatten sie sich mal wieder gestritten und versuchten nun, ihre kleinlichen Schwierigkeiten auf neutralem Boden zu bereden. Dies war besser, als wenn sie sich wieder bekriegten und er hätte eingreifen müssen. Offenkundig lernten sie doch dazu. Er bog in die Bücherei ab. Vermutlich ging es wieder um einige wenige Handbreit Boden. Sie versuchten wohl, in den Unterlagen nachzusehen, wem das Land nun wirklich gehörte. Diese Lords waren einfach zu albern Lord Ogodai hatte ihn bemerkt und war froh, dass sie gerade geschwiegen hatten. Nun sagte er leise: „Ich werde mich jetzt mal drum kümmern. Zunächst einmal werde ich drei Späher ansetzen. Sie sollen Abstand halten. Ich will nicht auch so leichtfertig Leute verlieren.“ Gai, dem das galt, zuckte unwillkürlich mit der Hand zum Schwert. „Ruhig!“ meinte Saru hastig, mit einem bezeichnenden Nicken zu der Bibliothek. Gai entspannte sich. Hier galt absolute Friedenspflicht. Und er wollte nicht ausprobieren, wie ärgerlich der Hausherr werden konnte, weil man sie brach. „Drei Späher“, meinte er nur. „Ja.“ Ogodai zog eine Landkarte hervor: „Hier müsste er herkommen. Wenn er weiterhin schnurstracks nach Westen geht, wie bislang immer, erreicht er irgendwann dieses Gebiet. Dort ist ein großer Wald, ein See. Und alles in dem Wald und dahinter ist Sumpfland. - Wie schnell kommt er voran?“ Saru zuckte die Schultern: „Das hängt davon ab, wie oft er gestört wird. Aber anscheinend geht er normales menschliches Tempo, wenn nichts anderes passiert.“ „Sumpf?“ Gai atmete auf: „Dann könnte sich das kleine lästige Problem dort von allein lösen?“ „Kaum.“ Saru sah ihn strafend an: „Unsere Männer haben doch alle gesagt, dass er bessere Fähigkeiten hätte als jeder Youkai. Er wird wohl auch den Weg durch den Sumpf finden.“ „Das wage ich zu bezweifeln. Dieses Sumpfgebiet ist voller Tücken und Nebel. Da sind schon ganz andere drin umgekommen.“ Ogodai betrachtete noch mal die Karte: „Darum die Beschattung. Wenn er hineingeht: gut. Wandert er außenrum…nun, dann müssten wir ihn doch stellen können.“ Inuyasha folgte der untergehenden Sonne immer weiter die Berge hinunter in das Tiefland. Zwischen den Bäumen konnte er dort einen großen See erkennen, dahinter wieder Wald. Ein See? Fein, dachte er. Endlich könnte er wieder einmal baden. Er wusste, dass er zu den wenigen gehörte, denen je Schwimmen beigebracht worden war. Warum seine Mutter das getan hatte, wusste er nicht, aber es machte ihm Spaß, auf dem Wasser zu liegen. Und in der letzten Zeit hatte es wirklich wenig gegeben, was ihm Spaß gemacht hatte. Allein an diesem Tag hatten zwei Youkai ihn fressen wollen - und diesen Versuch mit dem Leben bezahlt. Er fand das langsam lästig. Von der weitaus größeren Gefahr, die sich im Westen zusammenbraute, ahnte der kleine Hanyou nichts. ******************************************* Drei mächtige Lords und beschäftigen sich rund um die Uhr mit dem Plan, ein kleines Kind umzubringen. Das Buch der 101 Methoden könnte sich auf diese Art langsam füllen... Im nächsten Kapitel "Ohne Furcht und Tadel" lernt Inyuasha, wer so alles in Sümpfen wohnt. Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich wie gewohnt eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet ist. bye hotep Kapitel 5: Ohne Furcht und Tadel -------------------------------- Da ihr alle erraten habt, wen die besorgten Lords nur mit ER anzusprechen wagen, habe ich das entsprechende Bild von lizard in die Charabeschreibung getan. Ein kleiner Junge läuft in die Richtung, in der die Sonne untergeht. Dabei passieren ihm manchmal merkwürdige Abenteuer.... 5. Ohne Furcht und Tadel Inuyasha erreichte den Rand des Sees und guckte neugierig in das grüne Wasser. Es war klar und sah irgendwie kalt aus. Aber dort, auf der anderen Seite war ein sandiger Strand, ehe der Wald wieder weiterging. Das wäre es doch. Da zu versuchen, ein Feuer anzumachen, so wie ihm Mizu das gesagt hatte, einen Fisch zu fangen und zu grillen. Sein Magen meldete sich immer deutlicher und er hatte schon seit geraumer Zeit Hunger. Ein Blick nach rechts und links verriet ihm, dass es lange dauern würde, rund um den See zu marschieren, während er an dieser Stelle nur rüberschwimmen musste. So streckte er vorsichtig einen Fuß in das Wasser. Es war wirklich recht kalt, aber sicher würde er sich daran gewöhnen. Und noch etwas bemerkte er. Das Seeufer bestand an dieser Stelle aus Felsen. Wenn er hier einfach reinspringen würde, würde er sich vielleicht an Steinen wehtun. So setzte er sich, rutschte hinein - und ging prompt unter. Hier am Felsufer des Sees war das Wasser bereits nahe am Land über drei Meter tief. Der kleine Hanyou platschte ein wenig, ehe er sich mit gleichmäßigen Schwimmbewegungen auf den Weg machte zur anderen Seite des Sees, die sicher gut tausend Meter von ihm entfernt lag. Drei Späher kamen an den Rand des Sees und blickten sich um: „Wo ist er hin? Rechts oder links?“ „Da. Seht nur, er geht mitten durch den See. Er muss eine Furt entdeckt haben.“ „Eine Furt in diesem See?“ Späher Nummer drei war ein wenig bedenklich: „Davon habe ich noch nie gehört.“ „Aber es stimmt. Sieh doch nur, obwohl er schon über die Hälfte des Weges zum anderen Ufer gelaufen ist, guckt sein Kopf immer noch aus dem Wasser.“ Das stimmte wirklich und sie waren ja immerhin erwachsene Youkai, viel größer als so ein Hanyoukind. Das müsste für sie doch noch viel einfacher sein. So sprangen sie einfach in den See. Die Rüstungen und Schwerter aus Metall zogen sie unter Wasser, auf den Grund. Inuyasha erreichte ein wenig müde das sandige Ufer. Hier war der See flacher und er erkannte auch einige Fische, die sich zu sonnen schienen. Wunderbar, er würde etwas zu essen haben. Der Wald vor ihm schien recht feucht und sumpfig zu sein, wenn er seiner Nase trauen durfte. So wäre es sicher nett, hier sich an einem Feuer erst einmal aufzuwärmen. Er sammelte ein paar Äste am Waldrand ein und schichtete sie auf. Er hatte das noch nie getan und so hoffte er, dass das klappen würde. Wie hatte Mizu gesagt? Trockenen Baumschwamm, Zunder. Und diese Steine… Er musste einige Versuche warten, aber auf einmal brannte der Baumschwamm, die kleineren Äste. Er hatte es geschafft! Glücklich sammelte der Kleine noch ein wenig Holz, legte es hin. Jetzt brauchte er nur noch einen schönen großen Fisch, dann war ja alles perfekt. Lord Ogodai machte sich Sorgen. Seit Stunden hatte er nichts von seinen Spähern gehört, obwohl er befohlen hatte, dass er alle zwei Stunden neue Nachrichten wünschte. Sollte seine drei Männer dem Hanyoumonster doch zu nahe gekommen sein? Er hatte immerhin ausdrücklich gesagt, dass sie vorsichtig sein sollten. Es half nichts. So schickte er einen erneuten Dreiertrupp los - mit dem Befehl, die Vermissten zu suchen und sofort und unverzüglich Bericht zu erstatten. Die drei erreichten das Seeufer, vorsichtig witternd. Ihr Anführer war ein Hundeyoukai und er hatte die Spuren der beiden Späher Lord Gais bis zu einem Sandhügel verfolgen können, suchte jetzt die Fährte ihrer drei Kollegen. „Hier waren sie jedenfalls noch“, stellte er fest. „Und ihre Spur führt direkt zum See.“ „Aber was wollten sie denn da? Trinken?“ „Das weiß ich nicht. Aber hier enden ihre Fährten. - Wo ist der Hanyou eigentlich?“ „Dort drüben. Seht nur, er hat Feuer gemacht und grillt einen riesigen Fisch.“ „Ja, der hat sicher über zwei Meter.“ „Gehen wir um den See und schleichen uns ein wenig an.“ Und da er bemerkte, dass dieser Vorschlag bei seinen Kollegen auf keine große Begeisterung stieß: „Wir müssen herausbekommen, ob drüben auch noch Spuren von unseren drei Kameraden sind. Was wollt ihr denn Lord Ogodai sonst berichten? Das sich die drei im Nichts aufgelöst haben?“ „Das stimmt.“ Ein tiefer Seufzer: „Immerhin scheint er satt zu sein. Das muss ja ein wirklich großer Fisch gewesen sein. Komisch. Ich wusste gar nicht, dass es in diesem See so große Fische gibt.“ Die drei wanderten vorsichtig um den See, bemüht, immer im Sichtschutz von Pflanzen zu bleiben. „Gibt es hier auch nicht“, bestätigte sein Kollege: „Wisst ihr, was dieses Monster da gerade gegessen hat?“ „Was denn?“ „Das war der herrschende Youkai dieses Sees!“ „Wie kommst du denn darauf?“ „Spürst du es nicht? Im gesamten Wasser gibt es keine Dämonenenergie mehr. Und die Überreste sind so groß, wie von einem Wels.“ Die drei Späher blickten sich mit gewissem Schauer an. „Ich gehe und werde Lord Ogodai Bericht erstatten. Ihr beide beobachtet weiter den Hanyou.“ „Wieso du? Ich will Bericht erstatten!“ „Ich bin dein Vorgesetzter. Und du bleibst hier!“ Der Lord würde den Boten vermutlich bestrafen, aber das wäre immer noch angenehmer, als dem Hanyou gegenüberstehen zu müssen. Und herausfinden zu müssen, was mit den ganzen Verschwundenen passiert war. Inuyasha sang leise vor sich hin. Dieser Fisch war wirklich groß gewesen und er hatte zum ersten Mal seit Tagen das Gefühl vollkommen satt zu sein. Das Feuer hatte ihn auch getrocknet und aufgewärmt. Jetzt konnte er sich so langsam wieder auf den Weg machen. Der Wald hinter ihm sah ja eigentlich ein wenig unheimlich aus. Zwischen den Bäumen hatte er Nebelfetzen hängen sehen und seine Nase sagte ihm, dass es dort Morast gab und Sumpf. Aber wenn er um den Wald rumgehen würde, hätte er bestimmt Schwierigkeiten, immer in Richtung der untergehenden Sonne zu laufen. Und das hatte ihm Mizu doch geraten. Wo war eigentlich die Sonne? Er blickte sich suchend um. Aber sie verschwand schon hinter dem Wald. Also war heute nichts mehr mit weitergehen. Der Kleine sah sich um. Er würde wieder auf einem Baum übernachten. Solange er dies tat, hatte ihn noch kein einziger Youkai angegriffen, der ihn fressen wollte. Oder ob er sich da in dem dichten Schilf verstecken konnte, sich ein schönes Bett zusammenbauen konnte? Dieses Schilfgras sah recht weich aus… Die beiden Beobachter bemerkten in leichter Panik, wie das Hanyoumonster immer intensiver ihr Versteck betrachtete. Späher Nummer Drei zupfte am Ärmel seines Partners und nickte nach hinten. Behutsam robbten sie ein Stück zurück, stellten rasch fest, dass der Hanyou ihnen folgte. Für jeden Meter, den sie zurückwichen, machte er einen Schritt vorwärts. Ohne Zweifel, er hatte sie entdeckt, wollte wohl nur eine Art Katz-und-Maus-Spiel spielen, ehe auch sie verschwunden wären. Inuyasha betrachtete suchend das Schilf. Wo war kein Wasser mehr? Wo könnte er sich gemütlich hinlegen, sich am besten verstecken? Immerhin wollte er wirklich schlafen. Er war so müde. Diese tagelange Lauferei machte ihm doch zu schaffen. Erschrocken zuckte er zusammen, als ein Stück entfernt zwei menschenähnliche Gestalten aufsprangen und in hohem Tempo wegliefen. Komisch. Was war das denn gewesen? Er hätte fast gesagt, dass das Youkai gewesen wären. Doch. Er hatte, wenn er sich nun recht erinnerte, etwas wie ihre Energie gespürt. Aber wieso rannten sie so schnell weg? Nun, immerhin wollten sie ihn nicht fressen. Also waren sie keine Gefahr für ihn. Beruhigt begann der Kleine, sich ein Bett im Schilf zu bauen. Aber wenn er etwas daraus lernen konnte, so dies, dass er künftig besser aufpassen musste, ob sich irgendwo um ihn Youki befand. Ganz offenkundig gab es hier im Land Haufen von Youkai. Manche wollten ihn fressen, andere nicht, aber sie alle rannten weg oder starben so leicht. Youkai waren wohl eigentlich nicht sonderlich stark. Warum dann alle Menschen Angst vor ihnen hatten? Vielleicht gab es irgendwo ganz starke Youkai? Er klopfte auf sein provisorisches Kissen. Heute würde er jedenfalls satt und weich schlafen. Das war doch schon einmal etwas. Am nächsten Morgen erwachte der Kleine bei Sonnenaufgang. Er räkelte sich ein wenig, ehe er aufstand, Wasser aus dem See trank. Er spürte ein bisschen entfernt Dämonenenergie, aber er kümmerte sich nicht drum. Das war zu weit weg, als dass ihn da jemand hätte fressen wollen. Die drei Späher Ogodais beobachteten ihn vom anderen Seeufer aus. „Er geht in den Wald“, flüsterte einer, sah zu seinem Nachbarn: „Dann musst du jetzt allein weiter. Viel Glück!“ „Danke“, murrte dieser, ein froschähnliches Wesen. Aber er stammte aus diesem Wald und war der Einzige, der sich durch dieses tückische Sumpfgebiet schlagen konnte, berichten konnte, was aus dem Hanyoumonster geworden sei: „Aber wie ich schon sagte: „Ich gehe nur bis zur Hälfte. Danach kommt man in den Bereich der Hexe vom Sumpf. Wenn der Hanyou dorthin geht, ist er sowieso tot. Und wenn er vorher schon umkommt, drehe ich auch sofort um.“ „Klar, alter Feigling. Wichtig ist nur, dass wir dem Herrn sagen können, dass der Hanyou tot ist. Und das ist sehr wichtig. Also, pass auf, dass dich der Kleine nicht bemerkt.“ „Natürlich. Glaubst du, ich bin ein Selbstmörder?“ Der Frosch beeilte sich, loszulaufen. Er musste immerhin noch um den gesamten See herum. Hoffentlich brauchte der Hanyou noch ein bisschen, ehe er in dem Wald ging. Es war sowieso verwunderlich. Er müsste doch mitbekommen haben, dass da Sumpf vor ihm lag. War ihm das egal? Oder hatte er irgendein Ziel, das er nicht verpassen durfte? Soweit er von den Kollegen gehört hatte, war der Hanyou immer schnurgerade nach Westen gelaufen. „So. Und wir zwei umgehen jetzt den Wald und warten am anderen Ende von hier.“ „Wieso? Glaubst du im Ernst, selbst ein Hanyoumonster käme da durch? Der Sumpf an sich ist sicher schon eine Gefahr, aber diese Hexe…“ „Ich habe auch von ihr gehört. Wahnsinnig starke Magie, für einen Menschen, oder was auch immer sie ist. Es hat sich ja noch keiner mit ihr länger unterhalten.“ „Nein. Und die Unterhaltung war wohl immer sehr einseitig. Sie frisst Youkai bei lebendigem Leib. Also, eigentlich können wir das Monster doch abschreiben.“ „Ich will sichergehen. Und ich will Lord Ogodai Bericht erstatten, dass wir wirklich alles überprüft haben. Also, komm jetzt. Wenn wir um das ganze Gebiet rumlaufen müssen, brauchen wir Zeit.“ Die beiden Späher standen auf und begannen ihre Wanderung. Inuyasha ging langsam in den Wald. Kniehoch wallte der Nebel. Er roch Feuchtigkeit, Morast. Und unter den alten Bäumen war es recht dunkel. Wie sollte man denn da sehen, wo der Weg hinführte? Nun, hier gab es keinen Weg, aber wo war fester Boden, der ihn nicht verschlucken würde? Er witterte noch einmal genau. Da war Morast…und dort auch. Hier roch es ein wenig anders, unter dem Nebel. Aber als er vorsichtig einen Fuß dorthin setzte, zuckte er wieder zurück. Das fühlte sich so weich und schlammig an. Nein, das war wohl keine gute Idee, da hindurchzugehen. Aber wieso sollte er denn auf der Erde bleiben? Mit einem Satz war er auf einem Ast, guckte sich um. So, hier war das Ganze doch schon mal viel angenehmer. Und dort war der nächste Ast, auf dem er landen konnte. Ohne zu zögern machte er den Sprung hinüber. Das waren gewiss fünf Meter gewesen, aber er hatte sich völlig sicher gefühlt. Gut. Auf eine solche Idee, von Baum zu Baum zu reisen, war er noch nie gekommen. Wieder etwas gelernt, dachte er stolz. Mizu hatte schon recht gehabt. Wenn er immer dorthin ging, wo die Sonne am Abend zuvor untergegangen war, würde er viel lernen. Sie hatte es wirklich gut mit ihm gemeint. Vielleicht sollte er sie mal wieder besuchen, um ihr das zu sagen. Er würde bestimmt dorthin zurückfinden. Er sprang zum nächsten Baum, hielt sich fest. Ja, so konnte es gehen und er brauchte sich nicht die Füße im Morast schmutzig zu machen. Wunderbar. Der Kleine hüpfte fröhlich von Ast zu Ast. Die Freude lag ganz auf seiner Seite. Sein Verfolger war ein Froschyoukai, und auch, wenn dieser lange Sprünge machen konnte, so musste er doch immer Wasserstellen oder zu tiefe Sumpfflecken umgehen. Nur mühsam hechelte er dem Hanyou hinterher. Was war das nur für ein Wesen? Wer kam denn schon auf die Idee, einfach von Baum zu Baum zu springen? Das war doch kein Eichhörnchen? Oder kein Affe? Die Kollegen hatten immerhin was von Hund gesagt. Hunde kletterten doch nicht auf Bäume? Oder hatte er da etwas verpasst? Mit leisem Fluch hastete der arme Frosch durch den Wald, stets bemüht bleibend, nicht zu dicht auf das Monster aufzurücken. Der Tag war schon weit fortgeschritten, als Inuyasha eine Pause machte. Von der Spitze eines hohen Baumes aus konnte er das Ende des Waldes erkennen. Freundlich grüne Hügel warteten dort, soweit er das erkennen konnte. Fein. So langsam wurde es langweilig, immer nur von Baum zu Baum zu hüpfen. Endlich würde es wieder mal etwas anderes geben. Immerhin verriet ihm seine Nase, dass der Sumpf unter ihm weniger wurde. Hoffentlich gab es bald mal festen Boden, dann könnte er auch wieder richtig laufen. Sein Verfolger erstarrte. Warum machte dieser Hanyou da eine Pause? Aber dann spürte er die magische Grenze, die hier mitten im Wald verlief. Hier würde er gewiss nicht mehr weitergehen. Aber falls das Hanyoumonster es tun wollte… nun, dann hätte sich die Sache sowieso erledigt. Der Frosch blickte sich ein wenig um - und ging hastig in Deckung, als der Hanyou mit einem weiten Satz vom Baum sprang, in das Gebiet hinein, dass sein Verfolger nicht einmal in seinen Alpträumen zu betreten gewagt hätte. Inuyasha hatte auf einer Lichtung eine weibliche Figur gesehen, mit langen, grauen Haaren, die offenbar Holz in einen Korb sammelte. Endlich traf er hier mal jemanden. Einmal wieder mit jemandem zu reden…Er fühlte sich doch oft so schrecklich allein. Die alte Frau richtete sich auf, als sie die Annäherung spürte, starrte ihn an. „Äh, guten Tag“, sagte der Kleine höflich. Sie war wohl ein Mensch, jedenfalls konnte er kein Youki spüren: „Du...du brauchst keine Angst zu haben, Oma. Ich bin Inuyasha.“ „Oma? Ich soll Angst…Du bist doch ein Hanyou?“ Die Frau fixierte ihn fast ungläubig. „Ja. - Darf ich dir beim Holzsuchen helfen? Und dir den Korb nach Hause tragen? Das sieht so aus, als ob es viel zu schwer für so eine alte Frau ist.“ „Du willst mir helfen?“ „Aber ja.“ Der Kleine bückte sich und suchte ein paar trockene Äste. „Und was willst du dafür von mir?“ Das klang ein wenig misstrauisch. „Magst du dich ein bisschen mit mir unterhalten, Oma? Ich bin immer allein.“ „Lebt deine Mutter nicht mehr, Inuyasha?“ „Nein, auch mein Vater nicht.“ „Dann sammele Holz für mich, Kleiner. Und trage es zu mir nach Hause. Dann werde ich dich zum Abendessen einladen.“ „Au fein!“ Inuyasha suchte weiter. Sein Verfolger schluckte, als er die Unterhaltung gehört hatte. Er hatte von der Hexe im Sumpf nur Legenden vernommen. Aber das reichte ihm wirklich. Und wenn sich das Hanyoumonster auch nicht im Klaren darüber sein mochte, was eine Einladung zum Essen bei ihr in Wahrheit bedeutete, so war das schlecht für ihn. Oder war er sich so sicher, selbst mit einer der mächtigsten Hexen der Welt zurande zu kommen? Diese Einbildung würde ihn teuer zu stehen bekommen. Soweit die Frösche im Sumpf je gelernt hatten, hatten auch noch so mächtige Youkai gegen sie keine Chance. Und was die Angehörigen seines Volkes selbst betraf - die, die ihr einmal begegnet waren, hatte man nur noch schreien gehört. Kein Einziger war ihr je entkommen. Vorsichtig zog er sich zurück, um nicht im letzten Moment noch aufzufallen. Das würde Lord Ogodai sicher interessieren. „Inuyasha?“ „Ja, Oma?“ „Du kommst dort, von Osten. Warst du dort auch an dem See?“ „Ja. Ich habe da geschlafen. Und gegrillt. Ich habe einen leckeren, großen Fisch gefangen.“ „Große Fische gibt es doch da gar nicht, dachte ich?“ „Oh, er war soooo groß.“ Er deutete es an, ehe er wieder Zweige suchte. Die alte Frau starrte ihn an: „Es gab in dem gesamten See nur einen einzigen so großen Fisch. Den Herrn des Sees, wenn er seine Fischform angenommen hatte. Du hast tatsächlich einen Youkai gefangen und gegrillt?“ „Einen Youkai?“ Das Hanyou dachte nach: „Ich habe mir schon vorgenommen, besser auf Dämonenenergien aufzupassen. Meinst du wirklich, dass der das war? Aber dann war er sicher nicht stark.“ „Er war der Herr des Sees. Und er war mein Gegner. Nicht schlecht, Inuyasha. Wie hast du ihn denn gefangen?“ „Na, ich bin in das Wasser hineingegangen, habe ihn gesehen, habe so gemacht… und dann lag er am Ufer.“ „Dann bist du stark.“ „Na ja. Ich denke schon. Aber Youkai sind ja auch nichts Besonderes. Ich meine, die, die mich fressen wollten, habe ich immer getötet. Und andere halten auch nichts aus.“ Er richtete sich auf, sah sie an: „Oder gibt es auch starke Youkai?“ „Es gibt sehr starke Youkai. Und gegen die solltest du besser nicht antreten, kleiner Hanyou. Sie würden dich sicher töten.“ „Ich will es ja auch nicht. Aber was soll ich machen, wenn mich jemand fressen will?“ „Das ist wahr.“ „So, der Korb ist voll.“ Er hob ihn mit beiden Armen hoch: „Wo soll er jetzt hin?“ „Folge mir einfach, Inuyasha.“ Sie ging langsam voran, suchte ihren Weg zwischen den Sumpflöchern. Dies hier war ihre Heimat seit langem, und sie kannte jeden Baum, jeden trockenen Tritt. Da sie sicher war, dass der Kleine ihr Gesicht nicht sehen konnte, lächelte sie. Dabei zeigten sich spitze, dreieckige Zähne. Und ein seltsames Leuchten in den dunklen Augen. ********************************************** Ein kleiner gentleman und die Hexe vom Sumpf. Welche Schlüsse die Youkai-Lords daraus ziehen werden? Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, schicke ich, wie immer, eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel on ist. bye hotep Kapitel 6: Ein Hanyou geht spazieren ------------------------------------ Ja, ja...ein kleiner Hanyou und die Oma vom Sumpf... 6. Ein Hanyou geht spazieren Lord Ogodai atmete tief durch: „Du bist dir sicher, Frosch?“ „Ja. Das kann nur die Hexe vom Sumpf gewesen sein, Herr. Niemand anders könnte dort überleben, wo sie wohnt. Und sie sagte, sie wolle den Hanyou zum Abendessen einladen.“ Der Froschyoukai erlaubte sich ein Grinsen: „Es schien mir nicht so, als ob der Hanyou eine Idee davon hatte, was sie wirklich meinte.“ „Sehr schön. Dann wäre das kleine, lästige Problem also aus der Welt.“ Lord Gai entspannte sich und schob die Bücher beiseite. „Nicht unbedingt“, antwortete Ogodai: „Ich bin lieber vorsichtig. Wo sind deine Kollegen?“ „Sie wollten am anderen Ende des Waldes warten, ob das Hanyoumonster nicht doch noch rauskommt.“ „Gut. Diese Vorsicht gefällt mir. Du wirst zu deinen Kameraden zurückkehren. Sollte der Hanyou tatsächlich mit der Hexe fertig geworden sein, müssen wir andere Seiten aufziehen.“ „In jedem Fall sollten wir Kage informieren“, sagte Lord Saru: „Er wäre der Nächste, wenn der Hanyou weiter nach Westen gehen sollte. Und falls es ihm gelingt, der Hexe zu entkommen, wäre Kage auch der Nächste, der etwas gegen ihn unternehmen sollte. Dann haben wir allerdings kein kleines, lästiges Problem mehr, sondern ein ganz großes. Denn dann beherrscht der Hanyou auch eine wahnsinnige Magie.“ „Dessen bin ich mir bewusst, Saru. Schön, geh du zu deinen Kollegen. Und schick mir von draußen einen Boten her.“ Inuyasha folgte der alten Frau bis an den Rand des Waldes. Dort stand eine Hütte. Ein Stück entfernt begannen die grünen Hügel, die er zuvor vom Wald aus schon gesehen hatte. „Stell den Korb dort ab, Inuyasha, neben dem Ofen.“ „Hier?“ Er gehorchte. Die Frau betrachtete ihn: „Du bist doch stark, oder?“ „Ich denke, Oma. Was soll ich noch tun?“ „Hackst du mir das Holz hier? Und ich koche inzwischen das Abendessen. Was hältst du von Reisbrei und Pilzen?“ „Klingt lecker, fein. Das Holz hier?“ „Ja.“ Sie ging in die Hütte. Der Hanyou dachte nicht lange nach. Er sollte das Holz zerkleinern. Und zerkleinern ging am Besten mit seinem Klauenangriff. So nutzte er diesen, ehe er dieses Holz auch wieder ordentlich aufstapelte. Dann betrat er die Hütte. Die alte Frau saß am Feuer und kochte. Es duftete richtig gut. Wie lange hatte er schon keinen Reisbrei mehr bekommen. „Hm..“ Er setzte sich: „Das riecht herrlich, Oma.“ „Ich habe schon lange keinen mehr gekocht.“ Sie warf ihm einen seltsamen Blick zu: „Warum sagst du eigentlich Oma?“ „Ich kenne deinen Namen nicht.“ „Ich habe auch keinen. Nun, ich hatte mal einen, aber den habe ich vergessen, weil ich hier immer allein war.“ „Oh. - Ob ich meinen Namen auch einmal vergessen werde?“ „Ich glaube nicht. Dazu muss man sehr lange niemanden haben, der mit einem redet. Aber du kannst ihn dir ja jeden Morgen vorsagen. Oder Lieder singen, in denen er vorkommt.“ „Lieder?“ „Kennst du keine?“ „Doch. Mama hat mir immer welche vorgesungen...“ „Na, dann.“ Sie rührte den Reis um: „Nach dem Essen legst du dich dorthin.“ Sie nickte auf Matten: „Und schläfst.“ „Ja?“ Er warf enttäuscht einen Blick aus dem Fenster. Es begann dunkel zu werden: „Schon?“ „Schon. Kleine Jungs brauchen Schlaf, wenn sie groß und stark werden wollen. Aber bis dahin kannst du mir ja von deiner Reise erzählen. Wenn du von Osten kommst, bist du sicher über die hohen Berge gelaufen. Dort war ich noch nie.“ „Oh, dort liegt Schnee. Kennst du das?“ „Ja, es schneit im Winter. Und dort liegt immer Schnee?“ „Ja. Und eine Bande von Katzenyoukai war da, die mich umbringen wollten…“ Er begann zu erzählen. Endlich hörte ihm wieder jemand zu. Als er eingeschlafen war, deckte ihn die alte Frau noch einmal zu, ehe sie sich zu ihrer gewöhnlichen Abendrunde aufmachte. In einer Falle fand sie einen Froschyoukai, der ihren Bannkreis nicht bemerkt hatte. Ein wenig Fleisch wäre ganz gut, nach dem vegetarischen Essen. Aber sie hatte dem Kleinen doch etwas bieten wollen, das er nicht in der Wildnis finden konnte. So nett war schon lange keiner mehr zu ihr gewesen. Nun, wenn überhaupt je, dann war es so lange her, dass sie es schon vergessen hatte. Genüsslich biss sie in den schreienden Frosch. Am folgenden Morgen wanderte Inuyasha nach einem Frühstück mit Milch und Honigbrot frohen Mutes langsam weiter in Richtung Westen. Auf dem Hügel drehte er sich noch einmal um, winkte: „Auf Wiedersehen, Oma!“ schrie er. Und die alte Frau vor der Hütte wedelte zurück: „Pass gut auf dich auf, Inuyasha!“ Lord Ogodais drei Späher starrten sich fassungslos an: „Seine Großmutter?“ echote einer: „Darum kam er so schnurstracks her. Und darum hatte er keine Angst vor ihr!“ „Das muss sofort der Herr erfahren. Das ist ja…“ „Das ist ja…“ brachte Lord Ogodai heraus: „Darum seine magischen Fähigkeiten.“ „Kein Wunder, bei der Oma“, gab Saru zu: „Also haben wir jetzt ein großes Problem.“ Lord Gai schüttelte den Kopf: „Aber wer rechnet denn auch damit, dass ein Hundeyoukai sich ausgerechnet an den Sohn oder eher die Tochter der Hexe vom Sumpf ranmacht? So verrückt kann doch gar niemand sein.“ „Offenkundig doch“, seufzte Ogodai: „Aber dann haben wir jetzt noch ein ganz anderes Problem.“ „Ja.“ Saru fasste nach einer Landkarte: „Bislang wanderte er immer schnurgerade in den Westen. Wir haben ja schon angenommen, dass er ein Ziel hatte. Jetzt wissen wir es, er wollte seine Oma besuchen. Die Preisfrage lautet nun: wohin geht er jetzt?“ „Es hilft nichts“, meinte Gai: „Wir müssen alle achtzehn Youkailords der westlichen Gebiete alarmieren. Niemand kann sagen, wohin sich das Hanyoumonster nun wenden wird. Und keiner weiß, was es jetzt vorhat.“ „Na, hoffentlich fällt es IHM nicht auf, wenn wir mal eben dreizehn Boten noch abgehen lassen...“ „Das wäre peinlich. Aber falls er nachfragt, müssen wir eben beteuern, dass wir nichts gegen IHN unternehmen wollen.“ „Das können wir ja sogar beschwören.“ Die drei blickten auf, als ein großgewachsener und breitschultriger Mann den Raum betrat: „Da sind ja meine drei Feiglinge“, polterte er und kam heran: „Also wirklich, Ogodai, mit so einer Nachricht hätte ich nie gerechnet.“ „Setz dich erst einmal, Kage. Und dann erzählen wir dir, was hier abläuft.“ Lord Kage setzte sich: „Na, das weiß ich auch so. Drei ausgewachsene Youkailords und schaffen es mit all ihren Männern nicht, ein Hanyoukind zu töten. Das ist der beste Witz seit Jahrhunderten.“ Sein dröhnendes Gelächter ließ die anderen drei zusammenzucken. „Leise! Es ist nicht nötig, dass ER etwas mitbekommt.“ „Wird ER auch nicht. Der Hanyou ist noch vor dem Abend tot.“ „Na viel Glück, dann...“ meinte Lord Saru sarkastisch: „Bislang ist die Toten- und Vermisstenliste schon recht lang…“ „Ich habe ihm zwanzig Mann hinterhergeschickt. Das wird wohl reichen. Wieso eigentlich eure Besorgnis? Hä? Wart ihr zu blöd, einfach ein paar Männer anzusetzen?“ Gai schob ihm die Liste rüber. „ Lies.“ „101 Weg einen Hanyou zu töten? Na und?“ Kage öffnete die Rolle, betrachtete die Einträge: „Soso, zehn Katzenyoukai waren zu wenig…Na, da sind euch ja schon einige Leute abhanden gekommen. Nicht kleckern, klotzen, ist meine Devise.“ „Ja, das wissen wir“, seufzte Ogodai prompt: „Aber da gibt es etwas, dass du nicht weißt. Kennst du die Hexe vom Sumpf?“ „Klar, frisst Youkai, hat aber einen solchen Bannkreis, dass man nicht an sie rankommt. Und?“ „Der Kleine hat gestern bei ihr geschlafen.“ „Hä?“ „Und er nannte sie Oma.“ „Oha. Das ist wirklich interessant.“ Kage nickte: „Aber trotzdem.- Ein Hanyoukind hat gegen zwanzig Krieger doch keine Chance!“ Seine Mitlords schwiegen. Aber das hätten sie bis vor wenigen Tagen auch gesagt. Inuyasha blieb auf dem Hügel stehen, betrachtete das Dorf unter sich. Ein Menschendorf. Aber die Häuser sahen zerstört aus, er erkannte Menschen, die tot herumlagen. Vorsichtig ging er näher. „Hallo?“ rief er fragend: „Ist hier noch jemand?“ Was hier wohl passiert war? Achtsam schnüffelte er. Seine Nase verriet ihm, dass es hier viele Tote gegeben hatte, Blut. Und dass die Angreifer wohl Youkai gewesen waren. Das mussten dann bestimmt solche gefährlichen Youkai gewesen sein, wie die, vor denen er immer gewarnt wurde. Richtig starke. Nicht solche wie ihn überfielen, weil sie ihn fressen wollten. Sonst hätten sich die Menschen doch wehren können. „Hallo? Huhu?“ Er guckte in die Hütten, aber niemand antwortete ihm. So gelangte er langsam auf den Platz des Dorfes. Dort befand sich ein großes Haus, das offenkundig noch heil war. Der kleine Hanyou betrachtete es. Das war eindeutig ein Lagerschuppen. Hier lebte niemand, den er um Erlaubnis bitten konnte, aber wenn sie dort Essen drin hatten, würde es die Toten doch sicher nicht stören, wenn er sich etwas davon nahm. Nein, würde sie nicht, beschloss er. Aber es wäre wohl nett, wenn er die erst einmal beerdigen würde. So grub er mit den bloßen Händen ein großes Loch und legte alle Toten, die er finden konnte, dort hinein, bedeckte sie mit Erde. Jetzt fehlte nur noch ein Gedenkstein. Er suchte einen großen weißen Stein. Leider konnte er nicht schreiben, sonst hätte er etwas Nettes draufgeschrieben. So verneigte er sich nur höflich: „Frieden euren Seelen.“ Mehr konnte er nicht tun. Und jetzt hatte er sich sein Abendessen ganz bestimmt verdient. Jetzt konnten nicht einmal mehr die Toten etwas gegen ihn sagen. Niemand würde ihn schimpfen. Vorsichtig öffnete er das Tor zu dem Schuppen. Säcke lagen dort, das konnte er erkennen. Aber sonst war alles dunkel. Und die Tür war so schwer, dass sie von allein zufallen wollte, wenn er sie nicht festhielt. Er brauchte also eine Fackel oder so etwas. Er ließ das Tor zufallen, durchsuchte die leeren Hütten. In einem Haus fand er eine kleine Öllampe, die sogar noch brannte. Froh ging er zu dem Schuppen zurück, ohne die zwanzig Gestalten hinter sich zu bemerken, die sich von Haus zu Haus schlichen, möglichst lautlos, die Hände an den Schwertern. Inuyasha betrat den Schuppen wieder, ließ das Tor zufallen. Jetzt erst erkannte er am anderen Ende des Lagers ein Fenster, das mit einem Holzladen verschlossen war. So etwas Dummes. Da hätte er sich den Weg und die Suche nach der Lampe ja sparen können. Er setzte die Leuchte auf einen Sack und stieß den Holzladen auf. So, jetzt konnte er mal nachsehen, was es hier Feines gab. Irgendwie roch es hier ganz anders, als sonst in solchen Schuppen. Gar nicht nach Mehl, oder Zucker oder Reis. Ein wenig neugierig öffnete er einen Sack. Schwarzes, feines Pulver rieselte heraus, das scharf roch. Er rieb sich über die Nase. Das war wohl nicht gerade etwas zu Essen. Mal sehen, was in dem anderen Sack war. Er zerrte einen zu sich - und stieß dabei die Öllampe um. Erschreckt sah der Kleine, wie sofort Flammen emporschlugen, sich in den Sack mit dem schwarzen Pulver fraßen, in einem so schnellen Tempo, wie er es noch nie gesehen hatte. Er hatte Unsinn gemacht, hier einfach etwas angezündet. Ganz bestimmt würde er geschimpft bekommen. Was sollte er nur tun? Er spürte Youki vor dem Schuppen, jemand öffnete das Tor. Entsetzt und instinktiv sprang der Hanyou aus dem Fenster, rannte, so schnell er konnte, weg. Er wollte doch nicht geschimpft bekommen. Lord Kages zwanzig Youkai stürmten mit gezogenen Schwertern in den Lagerschuppen, erstarrten, als sie die Flammen bemerkten. Und dann explodierte das dort gelagerte Schwarzpulver, die Feuerwerksraketen. Inuyasha blieb stehen, als er hinter sich die Explosion hörte, drehte sich um. Erstaunt sah er, wie sich rote und grüne Feuerblumen am Himmel bildeten. Er hatte so etwas so lange nicht gesehen und bewunderte glücklich das Feuerwerk, bis keine Rakete mehr abgeschossen wurde. Wer da wohl etwas feierte? Er kannte solch ein Feuerwerk nur so, dass es an einem Festtag und nachts abgeschossen wurde. Nun, es war ja egal. Das war ein sehr schönes Feuerwerk gewesen. Fast so schön, wie etwas zu essen zu finden. Daran sollte er sich nun einmal wirklich machen. Und der kleine Hanyou hüpfte seines Weges. Lord Kage erzählte seinen etwas genervten drei Mit-Lords von seinen vergangenen Heldentaten, als Saru ihn etwas abrupt unterbrach: „Du magst ja ein großer Held sein, Kage. Aber hast du nicht etwas übersehen?“ „Was meinst du?“ „Sollten deine Krieger nicht so langsam eine Erfolgsmeldung abgeliefert haben?“ Wenn dieses Hanyoumonster weg war, könnte er auch seinen Hanyou-Enkel und dessen Menschenmutter endlich umbringen. „Dass der Hanyou tot ist? Das kommt noch. Oder sie haben es vergessen. Aber du hast Recht, Saru. Ich werde mal zuhause nachfragen lassen, was jetzt ist.“ „Tu das“, meinte Lord Ogodai. „Das würde uns alle sicher beruhigen.“ So schickte Kage einen Boten. Dieser kehrte mit einem von des Lords eigenen Leuten zurück, der sich zitternd vor seinem Herrn zu Boden warf. Ach nein, dachten die anderen drei. Das kannten sie doch schon. „Also, was ist mit dem Hanyou?“ fragte Lord Kage. „Das…das wissen wir nicht, Herr.“ „Was soll das heißen? Und wo sind meine zwanzig Krieger?“ „Vermutlich tot..“ „Vermutlich? Was soll das heißen? Habt ihr etwa ihre Leichen gefunden?“ „Wir sind nicht ganz sicher. Vermutlich waren das Eure zwanzig Männer. Jedenfalls konnten Späher ihrer Spur bis in ein zerstörtes Menschendorf folgen. Und was sie dann dort fanden...nun, der erste, der sie sah, konnte erst nach einem Beruhigungstrank aufhören zu schreien.“ „Was soll das heißen?!“ Das klang bedrohlich. „Herr, im Moment versuchen Eure Heiler herauszufinden, wie viele und wer die Toten sind. Von ihnen ist kein Stückchen mehr größer als eine Handfläche.“ Kage starrte den zitternden Boten an, zu geschockt, um ihn auch nur bestrafen zu können: „Das…das ist wirklich ein Monster!“ Gai unterdrückte sein: haben wir dir doch gesagt. „Ein Glück, dass wir den anderen schon Bescheid gegeben haben.“ Saru sah zum Fenster: „Wenn alle Lords hier sind, halten wir eine Konferenz ab.“ Kage erhob sich mühsam: „Also, ich komme dann auch zu der Konferenz. Aber das muss und werde ich mir mit eigenen Augen ansehen. Das gibt es doch gar nicht. Das waren erfahrene Krieger. Was hat dieser verdammte Hanyou mit ihnen gemacht? Sind die Heiler noch in diesem Menschendorf? „Ja, Herr.“ „Was haben eigentlich die Menschen gesagt?“ „Die waren alle tot. Aber wie es aussieht, hat sie jemand begraben.“ „Der Hanyou“, sagte Saru: „Wir haben ja schon festgestellt, dass er nur Youkai tötet, Menschen aber leben lässt. Vielleicht hat er das auch von seiner Oma, “ fügte er etwas sarkastisch hinzu. „Ich komme dann wieder.“ Lord Kage machte sich auf den Weg. „Wenn ich rauskrieg, wer dieser verblödete Hund war, der diesen Hanyou gezeugt hat“, knurrte Ogodai: „Aber er soll ja schon tot sein. Sonst würde ich ihn eigenhändig einen Kopf kürzer machen, uns so ein Monster zu bescheren.“ „Ja. Vielleicht hat er es nicht gewusst, mit wem er sich da einlässt. Nun, es hilft nichts. Wir müssen abwarten, bis alle hier sind. Und dann uns irgendetwas verdammt Gutes einfallen lassen, was wir mit dem Hanyou machen.“ „Und eine verdammt gute Ausrede, falls ER sich wundert, warum wir uns alle in seinem Schloss treffen“, erinnerte Gai. „Ach, das wird schon nicht auffallen.“ Ogodai war trotz allem Optimist: „Und vielleicht hat jemand eine gute Idee. Ich wäre ja für Kräfte bündeln. Gegen fünfzig oder mehr Youkai muss doch auch ein Hanyoumonster alt aussehen.“ „Warten wir bis alle achtzehn versammelt sind.“ Saru warf einen Blick auf die Bücher: „Ich werde mal den Bibliothekar fragen, was hier alles an Bücher ist, was passiert, wenn ein magischer Mensch ein Elternteil ist. Irgendwie muss es da doch etwas geben.“ „Also weiter Bücher wälzen?“ Ogodai seufzte: „Na, du kannst den anderen ja dann einen entsprechenden Vortrag halten. Verdammt, wir reden hier von einem Hanyou, einem Halbblut, das es nicht einmal wert wäre, zu leben. Was hat dieser Bastard nur, was alle anderen nicht haben!“ ***************************** Gute Frage. Nächste Frage? Aber die stellt im nächsten Kapitel ER.... Wie immer: wer so nett ist, mit einen Kommentar zu hinterlassen, schicke ich eine Ens, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 7: Die Besorgnis der Lords ---------------------------------- Ja, die Lords sehen sich langsam in der Klemme: sie wollen ihre Unfähigkeit verstecken, verlieren Leute....Ihr einziges Glück ist im Moment, dass ER Youkai, vor allem Lords, für mächtige, erfolgreiche, kühl denkende, sachlich handelnde Wesen hält. Noch. 7. Die Besorgnis der Lords Langsam versammelten sich die Youkailords der westlichen Länder in der Halle. Als sie den Grund erfuhren, warum sie kommen sollten, lachten mehrere. Ein Hanyou, noch dazu ein Kind? Aber die Liste der Vermissten und der Toten sprach eine deutliche Sprache. So nahmen sie im Viereck Platz. Als draußen Stimmen zu hören waren, wandte keiner den Kopf. Neugier ziemte sich nicht für einen Youkai, noch dazu einen Lord. Aber sie drehten sich alle um, als einer der ihren den Raum betrat. Lord Kage wirkte erschüttert. „Warst du in dem Dorf?“ erkundigte sich Lord Gai: „Und war es so schlimm?“ „Schlimmer.“ Er setzte sich auf seinen Platz, guckte zu Boden: „Ich habe die Heiler, die die Überreste versucht haben zu sortieren, gleich mit hergebracht. Hier im Schloss ist der einzige Heiler, der angeschlagene Seelen heilen kann. Sie haben einen Nervenzusammenbruch bekommen.“ „Und der Hanyou?“ „Der ist über alle Berge. Ich habe zwei Leute hinterhergeschickt, die vorsichtig gucken sollen, wo er abgeblieben ist, wohin er gehen will. Aber ich habe ihnen auch gesagt, dass sie ja vorsichtig sein sollen. Der Kleine ist eine Bestie, ein Monster, wie in den alten Legenden.“ „Das Problem dürfte das Blut der Hexe vom Sumpf sein“, meinte ein Lord. „Ja.“ Lord Saru deutete mit einer Handbewegung auf die Stapel Bücher neben sich: „Ich habe den Bibliothekar gebeten, mir alle Bücher über das Thema Blutlinien, Vererbung und so weiter herauszusuchen. Einige habe ich schon durch, aber wenn sich jeder eines nimmt, müssten wir rasch herausfinden können, was er hat. Und wie wir ihn beseitigen können.“ „Übertreibt ihr nicht ein wenig? Ihr ruft uns her, jetzt sollen wir Bücher lesen….Das ist nicht als ein Hanyou. Also eigentlich sollte ihn jeder von uns allein erledigen können.“ „Sollte“, sagte Gai: „Aber der Kleine ist eben nicht normal. Wie gesagt, wir haben schon viele Leute durch ihn verloren. Das ist ein Monster, wie man es nur aus Legenden kennt. Und dazu kommt, dass er sich offenbar einen Spaß draus macht, Youkai zu töten. Immer wieder haben uns unsere Späher berichtet, dass sie einzelne, schwache, Youkai tot an seinem Weg gefunden haben.“ „Na schön, gib mir ein Buch. Aber ich bin nach wie vor der Meinung, dass ihr euch umsonst Sorgen macht.“ „Oh nein!“ kam die Antwort von den vier bislang betroffenen Lords im Chor. Kage fuhr fort: „Ich habe ja auch gedacht, die spinnen. Aber dieses Monster hat zwanzig meiner besten Krieger zerlegt. Zwanzig!“ So begannen die achtzehn Lords mit dem eifrigen Studium der Bücher. Naturgemäß war die Ankunft solch starker Youkai dem Herrn des Hauses nicht verborgen geblieben. Ein wenig irritiert legte er die Schreibfeder beiseite und stand auf. Wenn er sich nicht zu sehr täuschte, waren das nicht mehr nur drei Lords in der Versammlungshalle. Der Energie nach müssten es mehr sein, eigentlich alle, die die westlichen Länder zu bieten hatten. Seltsam. Mehr als seltsam. Geradezu besorgniserregend. Die Lords mochten sich nicht sonderlich, kämpften oft genug gegeneinander. Schon sein Vater und nun er hatten regelmäßig versucht, sie davon abzubringen. Wenn sich alle Lords trafen, konnte es eigentlich nur einen Grund geben. Einen Aufstand gegen ihn zu planen. Oder seine Ermordung. Aber man traf sich bei einer Verschwörung doch nicht im Haus dessen, den man beseitigen wollte, oder? Er strich sein Haar zurück. Diese Lords benahmen sich seit ein paar Tagen wirklich merkwürdig. Noch nie hatten sich mehrere gleich tagelang hier aufgehalten, und nie hatten sich alle achtzehn getroffen, ohne durch seinen Vater oder durch ihn eingeladen worden zu sein. Aber falls sie einen Aufstand planen sollten…Hm. Es half nichts. Er würde sich doch mal darum kümmern müssen. So begab er sich hinüber in die Versammlungshalle, wo die Besucher an den Wänden aufgereiht saßen. Bei seinem Eintritt entging ihm nicht, dass die meisten der Lords zusammenzuckten, ehe sie sich höflich vor ihm auf die Knie warfen. „Edler Herr, wie schön, Euch zu sehen…“ „Wir sind dankbar, dass Ihr unser Herr und Beschützer seid…“ „Ich bin glücklich, mit einem so mächtigen Gebieter einen Beistandpakt zu haben...“ Er stutzte erneut. Seit wann begrüßten ihn die Lords so höflich, ja, demütig? Normalerweise verneigten sie sich nie. Und was sollten diese Schutz- und Beistandspakt-Erinnerungen? „Ihr seht mich ein bisschen verwundert. Alle achtzehn auf einmal unter meinem Dach begrüßen zu dürfen, ist ein unerwartetes Vergnügen.“ Er betrachtete die Halle. Und eigentlich traute er seinen Augen nicht. Bücher, geradezu Massen an Büchern. War es schon mehr als erstaunlich, dass sich alle Lords hier trafen, so war es noch verblüffender, dass sie sich offenkundig getroffen hatten, um gemeinsam zu lesen, zu lernen. Das war eigentlich vollkommen unglaubwürdig. Das hier waren Youkailords. Die pflegten nicht zu lernen. Was war nur los? „Ehrenwerter Herr, ich schwöre Euch meine Treue zu, “ sagte der Lord neben ihm. Andere fielen ein. Der Schlossherr warf ihm einen raschen Blick zu: „Sehr schön...“ antwortete er. Das wurde ja immer merkwürdiger. Die gleichen Leute, die einige Male versucht hatten, seinen Vater um die Ecke zu bringen, Aufstände gegen ihn gemacht hatten, auch schon das mal bei ihm selbst versucht hatten, begannen auf einmal mit Treueschwüren? Und seit wann waren diese Lords so friedlich, ja demütig? Komisch. Sein Instinkt sagte ihm, dass hier etwas lief, das sie vor ihm geheim halten wollten. Aber was war das nur? Er machte einen Schritt weiter in den Raum. „Ich freue mich, dass meine Bibliothek bei euch so großen Anklang findet.“ Er warf einen Blick auf die Bücher, deren Titel er von hier aus entziffern konnte. Und er verstand die Welt nicht mehr. Da lagen Titel wie: „Blut und Wahnsinn“, „Ist Wahnsinn erblich?“, „Blutmagie und Youkai“, „Das Geheimnis des Hundeblutes“… Was sollte das denn hier? In jedem Fall schienen sie keinen Aufstand zu planen, und das war ihm das Wichtigste. So meinte er: „Macht nur weiter...“ und ging hinüber in die Bibliothek. Deren Leiter kam heran, verneigte sich höflich: „Was für ein Buch wünscht Ihr, Herr?“ „Ich möchte eine Auskunft. Seit wann sind die Lords da? Und was für Bücher lesen sie?“ „Alle achtzehn seit gut zwei Stunden, davor waren es drei oder vier, die seit ein paar Tagen hier eifrig studieren.“ Youkailords und eifrig studieren? Genauso gut hätte man behaupten können, der Himmel sei grün. Aber er fragte weiter: „Was lesen sie?“ „Also, zunächst haben sie Bücher über Vererbung geholt, und jetzt auch über Blutmagie. Aber insgesamt holten sie sich alles über Blutlinien, Vererbung und Wahnsinn.“ Das wurde wirklich kurios. Alle achtzehn und interessierten sich für das Gleiche? Sein Vater hatte ihm immer gesagt, er solle den Lords nie den Rücken zuwenden, wenn er kein Messer drin wollte. Und jetzt diese Treueschwüre? Dieser Lerneifer? Was war nur in sie gefahren? Gab es etwas, das sie wussten, aber er nicht? Was sollte das? Er nickte nur und kehrte langsam zu seinem Arbeitszimmer zurück. Das musste er sich in aller Ruhe einmal überlegen. Die gleichen Leute, die stolz und stur auf ihre Unabhängigkeit pochten, jede Gelegenheit gesucht hatten, seinen Vater zu ermorden oder wenigstens ihn loszuwerden, das bei ihm selbst auch schon probiert hatten, tauchten auf einmal hier auf, waren überaus höflich, beteuerten ihre Treue. Und nicht nur einer. Nein, gleich achtzehn von der Sorte. Hm. Blut und Wahnsinn, das waren anscheinend die Themen, die sie interessierten. Gab es da etwa eine Krankheit, von der Youkai befallen wurden, die aber nur sehr selten vorkam? Vater hatte nie etwas erwähnt, aber wäre das eine Erklärung? Angenommen, dieser Wahnsinn brach nur alle fünftausend Jahre aus, und die Lords befürchteten, ihre untergeordneten Youkai oder gar sie selbst könnten davon befallen werden? Und da die Gefahr alle betreffen würde, wäre das auch eine Begründung, warum sie alle hier aufgekreuzt waren. Oder ganz anders: befürchteten die Lords, sie selbst würden verrückt werden? Daher auch diese Beteuerungen, dass sie auf seinen Schutz angewiesen wären? Der einzige Heiler im ganzen Westen, der mit so etwas umgehen konnte, arbeitete hier im Schloss. Das müsste sich doch herausfinden lassen. So stand er wieder auf und ging in den Seitentrakt, in dem die Heiler lebten. Der Seelenheiler kam ihm entgegen: „Herr, guten Morgen.“ „Sag mal, hast du zurzeit Patienten da?“ „Ja, Herr. Und gleich mehrere. Zum ersten Mal seit Jahrhunderten. Youkai werden für gewöhnlich ja nicht seelisch krank. Darum gibt es ja auch so wenige Seelenheiler.“ Mehrere Patienten. Also doch. „Und wie geht es deinen Patienten? Kannst du ihnen helfen?“ Der Seelenheiler dachte an die armen Youkaiheiler, die mit Nervenzusammenbrüchen bei ihm abgeliefert worden waren: „Nun, sie benötigen zunächst Ruhe, keine Aufregung, und dann muss man sie ablenken, ihren Geist beschäftigen. Dann wird es schon wieder werden. Aber das dauert natürlich.“ „Ich verstehe.“ Langsam kehrte er in sein Zimmer zurück. Also waren doch einige Lords angeschlagen? Und die anderen befürchteten das gleiche Schicksal? Überdies hatte sich der Heiler so angehört, als ob sich das hinziehen würde. Würde er also auf Wochen hin mehrere durchgeknallte Youkailords in seinem Schloss haben? Das waren ja reizende Aussichten. Im gleichen Moment überlief ihn ein kalter Schauder. Wenn er sich recht entsann, waren da auch einige Bücher gelegen, zum Thema Hundeblut. War etwa er auch gefährdet? Waren die Lords darum so folgsam, weil sie Angst hatten, einen Schub in seinem Wahnsinn auszulösen? Er dachte nach. Nein, soweit er sich erinnern konnte, hatte er heute nichts getan, was ungewöhnlich gewesen wäre. Die Einzigen, die sich sehr ungewöhnlich benahmen, waren die Lords. Also, noch spürte er nichts. Aber er nahm sich vor, sich genau zu beobachten. Er seufzte ein wenig, ehe er sich wieder an seine Arbeit machte. Inuyasha hüpfte fröhlich durch den lichten Wald. Er hatte einige Pilze gefunden und gegessen. Was hatte die alte Oma da noch gesagt? Sie war so lange allein gewesen, dass sie ihren Namen vergessen hatte? Und sie hatte gesagt, damit das ihm nicht passiere, solle er Lieder singen und seinen Namen einsetzen. Er blieb kurz stehen. Die beiden Youkaispäher, die ihm in weitem Abstand folgten, erstarrten zur Salzsäule. Hatte das Hanyoumonster sie etwa entdeckt? Lord Kage hatte gesagt, sie sollten sehr vorsichtig sein und lieber wegrennen. Dazu hatten sie sich gerade durchgerungen, als das Monster weiterlief. Hatte es sie doch nicht bemerkt? Behutsam machten sie sich wieder an die Verfolgung. Inuyasha hatte sich an ein Lied erinnert. So ganz sicher war er sich mit dem Text nicht mehr, aber das machte ja nichts. Müsste er eben sich etwas einfallen lassen. Wichtig war ja nur, dass sein Name darin vorkam, damit er ihn nie vergessen würde. So begann er zu singen, zuerst leise und vorsichtig, dann immer lauter, als er sicherer wurde. „Zehn kleine Youkai waren im Wald allein. Sie trafen Inuyasha, da waren’s nur noch neun. Neun kleine Youkai auf dem Berge hielten Wacht Sie trafen Inuyasha, da waren’s nur noch acht. Acht kleine Youkai wo sind sie geblieben? Sie trafen Inuyasha, da waren’s nur noch sieben. Sieben kleine Youkai folgten einer Hex Sie trafen Inuyasha, da waren’s nur noch sechs. Sechs kleine Youkai kamen in die Sümpf Sie trafen Inuyasha, da waren’s nur noch fünf. Fünf kleine Youkai waren stark wie ein Stier, Sie trafen Inuyasha, da waren es nur noch vier. Vier kleine Youkai kamen am See vorbei, Sie trafen Inuyasha, da waren’s nur noch drei. Drei kleine Youkai waren beim Feuerwerk dabei Sie trafen Inuyasha, da waren’s nur noch zwei. Zwei kleine Youkai wuschen sich reiner Sie trafen Inuyasha, da war’s nur noch einer. Ein kleiner Youkai im Walde ganz allein Er traf erst Inuyasha und dann die anderen neun.“ Wunderbar, dachte der kleine Hanyou. So oft wie in diesem Lied so sein Name vorkam, würde er ihn sicher nie vergessen. Der Text hatte irgendwie anders geheißen, aber das machte nichts. Jetzt würde er das Lied eben noch einmal singen. Und diesmal von Anfang an laut. Hier im Wald hörte ihn ja sowieso niemand. In der Versammlungshalle im Schloss weit im Westen, sah ein Lord auf: „Also, was soll das. Wir sitzen hier alle rum, lesen. Das ist eines Youkai, zumal eines Lords, nicht würdig. Und die Ursache für das ist ein Kind, noch dazu nicht einmal ein Youkaikind, sondern ein nichtswürdiger Hanyou. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Kleine wirklich so gefährlich ist. Schön, er hat zwanzig Leute umgelegt, Kage, ich weiß. Aber der Kerl ist doch nicht unsterblich. Und trotz aller Magie, über die er möglicherweise verfügt, bleibt er immer noch ein Kind. Er kann seine Macht sicher nicht perfekt einsetzen. Ich bin dafür, dass wir jetzt etwas tun, statt hier nur rumzusitzen.“ „Gut Idee, “ pflichtete ein anderer bei: „Ganz meine Meinung. Und wenn zwanzig Leute zu wenig waren, müssen wir eben drauflegen. Wenn wir alle ein paar Leute schicken, wird das ein Heer und ich…“ Er brach ab, da ein Mann hereinkam. Der Bote verneigte sich höflich, ehe er sich vor Lord Kage niederkniete: „Herr, verzeiht, ich bringe Botschaft von Euren Spähern.“ „Und? Wo ist der Hanyou und wohin geht er?“ „Das…das versucht gerade eine neue Gruppe von Spähern herauszufinden, Herr.“ „Wieso? Hat er die anderen beiden schon wieder umgebracht?“ Kage richtete sich langsam auf: „Ich habe ihnen doch gesagt, dass sie vorsichtig sein sollen!“ „Nein, sie leben noch, Herr. Aber sie kehrten ins Schloss zurück, zitterten am ganzen Körper. Und wir brachten kein Wort aus ihnen hervor, das verständlich gewesen wäre. Einer erzählte etwas von Folter, einem Lied und zehn Todesarten, aber damit konnten wir leider nichts anfangen. Unser Heiler meinte, ich sollte sie mit hier herbringen, zu dem Seelenheiler, da sie einen Nervenzusammenbruch hätten.“ „Youkai bekommen doch keinen Nervenzusammenbruch“, sagte ein Lord. „Meine Heiler hatten auch einen“, knurrte Kage: „Das sind jetzt schon sechs Youkai, die wegen diesem Monster einen Nervenzusammenbruch bekommen haben. Das darf doch alles einfach nicht wahr sein. - Danke für die Nachricht. Geh zurück. Sobald ihr wisst, wohin er geht, sagt es.“ „Ja, Herr.“ Der Bote verschwand. Die Lords blickten sich vielsagend an. „Schön“, meinte Lord Saru: „Dann legen wir zusammen. Jeder schickt ein paar Männer. Diesmal erledigen wir ihn.“ „Sagen wir zweihundert Mann“, schlug ein anderer vor: „Alles in allem. Der Kleine mag ja ein Monster sein, aber gegen zweihundert gut ausgebildete Youkaikrieger hat er wirklich keine Chance.“ „Das haben wir bei fünf oder zehn oder zwanzig auch gedacht“, erinnerte Gai: „Aber zweihundert…Ihr habt recht. Die schiere Zahl wird ihn erdrücken. Und, nicht zu vergessen, er ist ein Kind. Er wird doch sicher Angst bekommen.“ „Vielleicht macht ihn gerade die Angst stark“, meinte ein anderer: „Immerhin ist er verrückt und Verrückte entwickeln häufig ziemliche Kräfte, egal ob Menschen oder Youkai. Und er ist ja eine Mischung aus beidem.“ „Ja, das schon. Trotzdem zweihundert..“ „Ja, wir müssen uns beeilen. Wenn ER nochmals kommt, könnte es sein, dass ER wissen will, was wir hier eigentlich treiben.“ Die Lords sprachen durcheinander. „Und wenn ER mitbekommt, dass wir nicht mit einem Hanyou fertig werden..“ „Also, wenn das mit dem Heer schief gehen sollte, müssen wir es IHM sowieso sagen.“ „Bist du verrückt? Da kann nichts schief gehen.“ „Ruhe!“ schrie Kage: „Wir machen das jetzt, wie vorgeschlagen. Zweihundert Krieger sollen gegen den Hanyou in Stellung gehen, sobald wir wissen, wohin er geht. Sie können ihn dann ja abfangen. Wir schicken die Boten, wenn wir wissen, wo sich alle treffen sollen.“ „Ja. Wir können sie ja unmöglich hierher kommen lassen.“ Gai nickte bezeichnend in Richtung des Arbeitszimmers des Schlossherrn. „ER würde uns umbringen.“ Die Lords nickten in seltener Einmütigkeit. Der Schlossherr legte die Feder weg und stand auf. Was war denn nun schon wieder los? Er blickte aus dem Fenster. Darum die Unruhe. Da waren anscheinend mehrere Boten abgesandt worden. Er massierte seine Schläfe. Die Lords hatten offenbar Nachrichten verschickt. An wen? Und war das wichtig genug, dass er sich damit befassen musste? Nein, entschied er und bemühte sich, das Pochen im Kopf zu ignorieren. Diese Verrückten sollten doch tun, was sie meinten. Solange es kein Aufstand war. Und für eine solche Verschwörung ausgerechnet sein Schloss auszusuchen, wäre schon mehr als dumm gewesen. Eher selbstmörderisch. Inuyasha blieb am Waldrand stehen. Vor ihm lag linker Hand ein Menschendorf. Aber er nahm an, wenn er da hin gehen würde, würden ihn die Menschen wieder verjagen. Menschen mochten keine Hanyou, das hatte er schon bemerkt. Ob er sich mal mit Youkai anfreunden sollte? Manche wollten ihn fressen, ja, aber vielleicht gab es auch einmal einen netten? Einen Spielgefährten? Das wäre schön. Er müsste vielleicht nur suchen. Die Oma im Sumpf da war ja auch freundlich gewesen. Oder Mizu. Oder die Hornissenyoukai. Es gab sicher auch manchmal Leute, die nett zu ihm waren. So mied er das Dorf und wanderte weiter über die Ebene. Immer in die Richtung, in der die Sonne unterging. ************************************************ Zweihundert ausgebildete Samuraikrieger der Youkai gegen ein gefährliches Hanyou-Monster. Ob sich so das Problem der Lords erledigen lässt, ohne dass ER es bemerkt? Das nächste Kapitel heisst: Bis zum letzten Mann. Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich, wie gewohnt, eine ENS, wenn ich sehe, dass es freigeschaltet ist. bye hotep Kapitel 8: Bis zum letzten Mann ------------------------------- Zweihundert Krieger gegen ein Lieder singendes Kleinkind, die Lords sollten sich schämen... 8. Bis zum letzten Mann Der Bauer richtete sich stöhnend auf. Sein Kittel klebte in der drückenden Sommerhitze an ihm und er sah zum Himmel empor. Dunkle, dichte Wolken waren entstanden, versprachen Regen. Das würde gut sein, waren die Felder doch ausgedörrt. Er fasste seine Hacke, wollte schon weiterarbeiten, als sein Blick auf den Horizont fiel. Eine Staubwolke war dort über dem Hügel zu erkennen, die sich bewegte. Entsetzt blinzelte er. Eine Staubwolke, die sich bewegte, bedeutete bei der Sommerhitze, dass dort eine Gruppe kam. Und in diesen unruhigen Zeiten ging man jeder Gruppe Menschen besser aus dem Weg. Hastig schwang er sich seine Hacke auf die Schulter und rannte, so schnell er konnte, zu einem Hain, der ein Stück entfernt stand, versteckte sich dort hinter einem dicken Stamm. Seine Neugier war allerdings groß genug, dass er an dem Holz vorbeispähte. Tatsächlich. Er hatte gut daran getan, zu fliehen. Metall glitzerte, als die Gruppe über den Hügel kam, er konnte Rüstungen erkennen. Das waren Krieger. Und nicht nur ein paar, das waren bestimmt über hundert Männer, eher an die zweihundert, alle mit Rüstung, Helm und bewaffnet. Jemand schrie einen Befehl und die Krieger blieben stehen Was die wohl hier wollten? Der Bauer beschloss, zur Sicherheit den Leuten in seinem Dorf davon zu erzählen, sie zu warnen. Zweihundert Bewaffnete waren ein furchterregender Anblick. Und was sie mit einfachen Bauern anstellen konnten, wäre es gleich zweimal. Er wollte schon weglaufen, als er erkannte, dass sich die Krieger formierten, aufstellten, die Hände in einer eleganten, gleichförmigen Bewegung an die Schwerter legten. Sie guckten alle nach Osten, zu den Hügeln. Auf wen oder was warteten sie? Dann wurde ihm jedoch wirklich kalt. Das war kein menschliches Heer, das waren ja lauter Youkai! Er musste sich hier wirklich aus dem Staub machen. Was auch immer dafür gesorgt hatte, dass sich gleich zweihundert Youkai versammelten, musste dort über den Hügel kommen. Der Bauer verspürte keine Lust, Zeuge der Begegnung zu sein und rannte, so schnell er konnte, weg. Inuyasha blieb stehen, sah sich besorgt ein wenig um. In der letzten halben Stunde war es dunkel geworden. Tiefhängende schwarze Wolken waren aufgezogen, verhießen Regen. Er blickte zum Himmel hinauf. Das sah wirklich düster aus. Vermutlich würde es ein Unwetter geben. Und er stand hier mitten auf einer grasigen Ebene. Weit und breit konnte er nichts entdecken, wo er sich unterstellen können würde. Seufzend prüfte er die Luft. Gab es irgendwo Felsen hier im Umkreis? Eine Höhle, vielleicht? Aber er konnte nichts wittern. Ein ganzes Stück entfernt schienen jedoch Bäume zu sein, vielleicht ein Wald. Auch dort könnte er etwas Schutz finden. Der Kleine machte sich mit weiten Sprüngen dorthin auf den Weg. Das brachte ihn zwar ein bisschen von seinem Ziel ab, aber das wäre ja nicht so schlimm. Er würde dann gucken, wo die Sonne unterging und eben nach dem Regen wieder in dieser Richtung laufen. Zu seiner gewissen Überraschung stellte der Hanyou fest, dass die Ebene sich veränderte. Lange und flache Hügel waren hier, ähnelten Wellen auf dem Wasser. Er blieb erneut stehen. Der Himmel war nun tiefschwarz geworden. Er konnte spüren, wie sich die Luft elektrisch auflud. Das war schlecht. Das fühlte sich nach einem Gewitter an. Er hatte immer in bisschen Angst bei Gewittern. Der Donner ließ ihn jedes Mal zusammenzucken, tat seinen empfindlichen Ohren weh. Und überhaupt war das ein wenig beängstigend. Er hätte sich da gern an jemanden gekuschelt, aber er war ja allein. Seufzend machte er sich wieder auf den Weg. Die Atmosphäre war so aufgeladen, dass seine Haare begannen, sich zu sträuben. Er überquerte die nächste Welle – und blieb erstaunt stehen. Vor ihm standen in ordentlichen Quadraten Krieger. Auf den zweiten Blick erkannte er Youkai. Das musste tatsächlich ein ganzes Youkaiheer sein. Komisch. Was die hier taten? Sie schienen auf etwas zu warten. „Der Hanyou!“ flüsterte es unter den Kriegern. Sie packten ihre Schwerter fester. Immerhin war das ein Monster, das Monster, das schon scharenweise Youkai ermordet hatte. Aber sie waren so viele und erfahrene Kämpfer. Inuyasha beschloss, dass ihn diese Youkai wohl nicht fressen wollten. Also waren sie harmlos und gingen ihn nichts an. Er sollte lieber zusehen, dass er hier wegkam, bevor das Gewitter losbrach, es zu regnen begann. Und die elektrisch aufgeladene Luft bereitete ihm einfach nur Unbehagen. Aber er ging nicht weiter, als er fasziniert bemerkte, wie hinter dem Youkaiheer ein Blitz entstand, wie er ihn noch nie gesehen hatte. Nicht zackig und am Himmel, wie gewöhnlich, sondern kugelrund und bläulich leuchtend. Und dieser Kugelblitz bewegte sich rasend schnell auf das Heer zu, flog im Zickzack da durch. Hellblau und knisternd entlud sich die Energie. Das Metall der Rüstungen und Schwerter und die elektrische Entladung sorgten dafür, dass keiner der Youkai sich auch nur noch bewegen konnte. Sie waren tot, ehe sie begriffen, was geschehen war. Der Kleine starrte irritiert hin. Schon wieder. Diese Youkai starben augenscheinlich schneller, als man es sagen konnte. Sie waren wohl wirklich recht schwächliche Lebewesen, auch, wenn die Menschen Angst vor ihnen hatten. Aber gefährlich waren wohl nur ein paar und die anderen fielen ja immer gleich um. Er sah rasch zum Himmel auf, als ein Tropfen seine Nase traf. Er müsste sich beeilen, wollte er noch Unterstand in dem Wald finden. So rannte er in weiten Sprüngen weiter. Es wäre natürlich eines Youkailords unwürdig gewesen, Neugier oder gar Nervosität zu verraten, aber die immer öfter zur Tür gerichteten Blicke der achtzehn Männer in der Bibliothek legten einen solchen Verdacht nahe. Endlich seufzte Lord Saru: „Wir haben keine Nachricht vom Heer bekommen. Wäre es möglich, dass sie den Hanyou verpasst haben? Dass er einfach woanders hingegangen ist?“ „Auch dann hätten wir Informationen bekommen müssen“, erwiderte einer seiner Mitlords: „Ich habe meinen Leuten befohlen, alle zwei Stunden Meldung zu machen.“ „Dann müssen wir Boten schicken. Vielleicht stecken sie im Kampf mit dem Hanyou.“ „Gut. Ich schicke zwei Späher, “ bot ein weiterer an. „Diese Warterei ist ja fast menschlich. Wir müssen wissen, was los ist.“ Zwei Stunden später wussten sie es. Die unglücklichen Späher knieten inmitten von achtzehn hochrangigen Youkai, die sie ungläubig anstarrten. „Alle tot?“ fragte Gai noch einmal nach: „Kein Einziger ist ihm entkommen?“ „Nein, Herr. Sie líegen alle noch so da, wie sie zur Schlacht aufgestellt waren. Aber sie…sie müssen von einer großen Macht sehr schnell und plötzlich getötet worden sein.“ „Magie.“ Ein recht alter Lord richtete sich auf: „Der Hanyou muss sein magisches Potential schon abrufen können. Vielleicht auch nur unbewusst, er ist ja noch ein Kind. Aber nur ein Zauberangriff schafft es, zweihundert Youkai zu töten, ohne dass die sich wehren können.“ „Aber das ist ja dann der Wahnsinn! Der Kleine könnte sich locker auch gegen uns alle achtzehn wehren!“ Ogodais Aussage beruhigte die anderen nicht gerade. „Wir müssen strategisch vorgehen. - Ihr könnt gehen.“ Die beiden Späher gehorchten erleichtert. „Strategisch“, wiederholte Saru: „Ja, du hast recht. Und zwar: wir werden weder uns noch einen einzigen weiteren unserer Leute dieser Gefahr aussetzen, oder?“ Alle guckten ihn an. „Du hast eine Idee?“ fragte einer. „Ja. Kopfgeldjäger.“ „Das ist Abschaum. Mit so etwas zu verhandeln….“ „Kopfgeldjäger verlangen je nach Wert ihrer Beute. Das wird teuer…“ „Kopfgeld? Das kann sich keiner von uns leisten…“ Drei Einwände kamen prompt. Saru runzelte die Stirn: „Erstens: Der Hanyou ist ein echtes Problem, oder? Wir müssen ihn loswerden oder ganz Japan lacht über uns. Zweitens: wie hoch ist der Preis für unsere Ruhe? Und drittens: wir müssen eben zusammenlegen. Jeder holt Geld und wir legen es hier zusammen. Und dann lassen wir überall verkünden, dass uns der, der uns den Kopf des Hanyou bringt, das Geld bekommt. Egal, wie er ihn erledigt hat. Die Summe muss so hoch sein, dass sich alle menschlichen oder Youkai-Kopfgeldjäger darum prügeln werden, wer den Hanyou als erster erledigen darf.“ „Ich verstehe“, sagte Ogodai. „Und du meinst, dass ihn die permanenten Angriffe ermüden werden. Und früher oder später doch einer durchkommt.“ „Kaum. Bislang hat das Monster ja mit keinem Youkai-Angriff ein Problem gehabt, oder?“ wandte ein anderer ein. „Trotzdem ist das besser, als wenn wir uns selbst dem Kampf mit dem Hanyou stellen müssten, oder?“ sagte der alte Lord: „Du magst das anders sehen, Kasumi, aber ich hänge an meinem Leben. Und Geld ist da ein guter Ersatz.“ Er erhob sich: „Ich gehe meinen Einsatz holen. Sarus Idee ist gut. Und wer keine bessere hat, sollte schweigen.“ Der Schlossherr atmete unwillkürlich ein wenig auf, als er spüren konnte, wie die Lords sein Schloss verließen. Er hatte ja nicht direkt etwas gegen Besuch, aber gleich alle achtzehn - das machte ihn doch nervös. Umso verwunderter, ja, enttäuschter war er, als er nach einigen Stunden einen nach dem anderen wieder eintreffen spürte. Langsam nervten diese Lords ihn wirklich. Was trieben sie nur? Er blickte unwirsch auf, als jemand sein Arbeitszimmer betrat. Der Sekretär warf sich zu Boden: „Verzeiht mein Eindringen, Herr…aber….“ „Ist es wichtig?“ „Ich fürchte.“ Der Sekretär raffte sich ein wenig auf: „In der Versammlungshalle...“ „Ja, da sitzen alle achtzehn Lords. Ich weiß.“ „Herr, sie sammeln Geld.“ „Wie bitte?“ Das wurde ja immer merkwürdiger. Seine lieben Lords pflegten doch auf ihrem Gold zu sitzen wie sonst nur Drachen. „Ich sah es im Vorbeigehen. Es ist ein Berg Gold. Es muss eine wahnsinnig hohe Summe sein. Und, mein Herr, sie sprachen von Kopfgeldjägern.“ Kopfgeld? Eine hohe Summe sprach für ein gefährliches Opfer. Waren die Lords etwa übereingekommen, ihn nicht direkt herauszufordern, sondern durch Kopfgeldjäger erledigen zu lassen? Sollten sie tatsächlich unter seinem Dach seine Ermordung geplant haben? „Du warst aufmerksam. Geh.“ Als der Diener verschwunden war, spürte er wieder dieses Pochen in der Schläfe. Youkai bekamen doch kein Kopfweh? Aber er rieb sich über die Stirn. Er würde sich ein bisschen erholen und dann einfach die guten Lords fragen, wozu das Geld da sei. Anlügen konnten sie ihn nicht. Und dann würde er sie alle umbringen. Das wäre wenigstens etwas Entspannung. Falls sie doch ein anderes Opfer auserkoren hatte, konnte ihm das ja egal sein. Nur: ihm fiel beim besten oder schlechtesten Willen eigentlich niemand ein, der es geschafft hätte, in seltener Eintracht gleich alle achtzehn auf sich wütend zu machen. Er legte kurz die Hand vor die Augen. Nahmen sie etwa an, dass er wahnsinnig sei und wollten ihn darum auf diese Art ins Jenseits schicken? Was hatten die Bücher und ein Mordauftrag gemeinsam? Mit gewissem Seufzen erhob er sich. Als er die Versammlungshalle betrat, fiel sein Blick sofort auf den Berg Gold in der Mitte der Zusammenkunft. Er kannte sich damit nicht so sonderlich gut aus, aber er nahm an, dass man mit diesem Gold zumindest unter Menschen halb Japan kaufen konnte. Hm. Einerseits war er geschmeichelt, dass er seinen Lords soviel wert war, zum anderen war es natürlich keine Art, ihn ermorden lassen zu wollen. Er sah sich um und stutzte. Sie hatten sich nicht nur hingekniet - was an sich schon selten genug gewesen wäre, nein, einige lagen flach auf dem Bauch. Was war denn nun schon wieder los? „Soviel Gold, meine lieben Lords?“ „Äh, ja, “ sagte Lord Kage hastig: „Wir...wir haben ein gemeinsames Problem, edler Herr, und müssen es erledigen.“ „Das bezweifle ich nicht. Bin ich etwa euer Problem?“ „Aber nein, Herr. Wie kommt Ihr nur auf eine solche Idee? Keiner von uns würde doch den Schwur vergessen, den wir Euch gegenüber abgelegt haben. Wir stehen treu zu Euch. Und unser Gehorsam bedeutet doch, dass Ihr uns schützt.“ „Ihr seid unser Schutz und Schirm“, bestätigte ein anderer: „Edler Herr. Wir sind Eure loyalen Diener.“ Zur gewissen Verwunderung des Hausherrn logen sie nicht. Und seine Überraschung erhöhte sich, als nun alle Lords auf dem Bauch lagen, in wildem Durcheinander ihre Ergebenheit und Treue beteuerten - und dass er ihr Schutz sei. Verflixt. Da war doch irgendetwas am Laufen, das sie vor ihm verbergen wollten. Aber was? Nun, er konnte jedenfalls davon ausgehen, dass nicht er das Opfer der Kopfgeldjäger werden sollte. Das war schon einmal beruhigend und dämpfte ein wenig den Druck, der sich in seinem Kopf aufgebaut hatte. Aber eigentlich brauchte ihn das ja nichts anzugehen. So verschwand er wieder. Erleichtert setzten sich die Lords wieder. „Das war knapp“, seufzte einer. „Ja.“ Gai nickte: „ER scheint anzunehmen, dass wir uns gegen IHN verschwören wollen. Das ist schlecht. Ganz schlecht. Denn wenn alles andere versagt, müssen wir IHM das mit dem Hanyou beichten. Und dann soll ER für uns das Monster erledigen. Wäre zwar peinlich, aber ER müsste doch damit fertig werden können.“ „Ich habe eine Idee. Jeder von uns schreibt einen Ergebenheitsbrief. Und den überreichen wir IHM.“ „Text, ja. Ein Gedicht. Jeder von uns eine Strophe, wie teuer ER uns ist und so.“ „Ein Gedicht. Ja, gute Idee. Dann weiß ER, dass wir nichts gegen IHN vorhaben.“ „Nein, ein Lied“, sagte ein weiterer: „Und ein schönes Mädchen soll es IHM vortragen.“ „Ja, machen wir uns an die Arbeit. Und währenddessen sollen die Boten im ganzen Land verbreiten, dass wir den Kopf des Hanyou wollen.“ Das Menschenmädchen umklammerte ihre Laute. Das war ihr einziger Halt in diesem Alptraum, in den sie plötzlich geraten war. Gerade noch hatte sie friedlich in der Hütte ihrer Eltern gesessen, ein wenig ihrem Vater vorgespielt, als zwei Youkai hereingekommen waren, sie einfach mitgenommen hatten. Und hier stand sie jetzt in einem Dämonenschloss, umringt von achtzehn offenkundig mächtigen Youkai. Und die verlangten von ihr, sie solle jetzt, mitten in der Nacht… „Hier. Du gehst in das Zimmer des Schlossherrn und trägst ihm unser Ergebenheitsgedicht vor.“ „Aber...“ brachte sie hervor: „Edler Herren, ich bitte Euch…ich kann doch nicht zu einem Mann…“ „Er ist auch ein Youkai.“ Als ob sie das beruhigen würde. Aber sie nahm den Zettel, der ihr gereicht wurde. Unwillkürlich warf sie einen Blick darauf. Ein Gedicht. Diese Youkailords wollten von ihr, dass sie mitten in der Nacht zu einem anderen Youkai ins Schlafzimmer ging und dem ein Gedicht vortrug? Soweit sie sah, handelte es sich um Treue und Ergebenheitsbekundungen. Dann musste dieser Youkai ja noch mächtiger sein? „Wenn du nicht gehst, werden wir dich in Stücke reißen“, sagte einer der Lords. Das arme Mädchen schluckte: „Bitte“, brachte sie heraus: „Ich weiß nicht, was Ihr von mir wollt…“ „Du gehst und trägst IHM das vor. Und du solltest dich besser anstrengen. ER wird dich umbringen, wenn ER nicht zufrieden ist.“ Das Mädchen hatte durchaus die Ehrfurcht in der Stimme des Youkai vor sich gehört. Sie spürte, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen. Aber sie wollte doch nicht sterben. Was hatte sie nur verbrochen, dass sie in solche Schwierigkeiten kam? Sie spürte, wie sie an den Armen gepackt wurde. Der Kraft zweier Youkai hatte sie nichts entgegenzusetzen und so lief sie wie in Trance durch das dunkle Schloss. Vor einer Tür bleiben sie stehen. Einer öffnete sie und sie wurde einfach hineingeschubst. Hinter ihr wurde die Tür wieder geschlossen. Im matten Mondlicht erkannte sie das Zimmer eines vornehmen Herrn. Im Bett war hinter den dünnen Vorhängen eine dunkle Gestalt hochgefahren, rote Augen leuchteten. Zu Tode geängstigt warf sie sich auf die Knie: „Vergebt mir, Herr“, flehte sie: „Die…die Lords…“ Der Schlossherr spürte, wie sich das Pochen in seinem Kopf verstärkte. Was in aller Welt war denn nun schon wieder los? „Die Lords? Du bist doch ein Menschenmädchen?“ „Ja, Herr.“ Immerhin lebte sie noch. Und die Augen leuchteten nicht mehr rot. „Was ist mit den Lords?“ „Sie…sie haben mich von zuhause weggeholt. Und sie gaben mir den Auftrag, Euch…“ „Umzubringen?“ Nein, so dämlich konnten die Lords auch nicht geworden sein. Aber auf was für eine Idee waren sie denn bloß gekommen? Sein Kopfweh steigerte sich. „Nein, edler Herr. Sie haben…sie haben ein Gedicht für Euch geschrieben und ich soll es Euch vortragen…“ Ein Gedicht? Und dann schickten sie ihm um Mitternacht ein Menschenmädchen ins Schlafzimmer, mit einer Laute bewaffnet? Er müsste morgen noch einmal mit dem Seelenheiler über den Geisteszustand seiner Youkailords sprechen. Aber nun gut. Mal sehen, was sie da fabriziert hatten. Vielleicht war das eine Erklärung für ihr abnormes Verhalten. „Lies es vor. Aber ohne Laute.“ Bei seinen Kopfschmerzen wäre das fatal gewesen. „Hinter dir ist eine Kerze.“ „Ja, danke, Herr, wie Ihr wünscht.“ Immerhin schien dieser Schlossherr einigermaßen freundlich zu sein. Vor der Tür lauschten die Lords angespannt. „Sie hat noch nicht geschrieen“, sagte einer. „Aber ich höre auch nichts von einer Laute“, gab ein zweiter zurück. „Hoffentlich gefällt IHM unser Gedicht…“ Das Mädchen hatte das achtzehn Strophen lange Gedicht vorgelesen und blickte vorsichtig auf. Hinter dem leichten Vorhang des Bettes konnte sie den vornehmen Youkai nicht erkennen. Aber immerhin war er ihr nicht näher gekommen und sie lebte noch. Was für eine Nacht! „Du kannst gehen. - Und die Lords sollen dich gefälligst wieder nach Hause bringen.“ „Ja, danke, Herr.“ Sie erhob sich, verneigte sich einmal tief und öffnete die Tür. Draußen wurde sie praktisch zur Seite gerissen. „Und? Hast es ihm gefallen? Was hat er gesagt? Glaubt er an unsere Treue?“ „Das...das weiß ich nicht, ihr Herren, “ stammelte sie: „Er sagte nur, ich kann gehen und Ihr...Ihr sollt mich nach Hause bringen.“ „Ich bringe dich“, sagte einer. „Sein Wunsch ist unser Befehl.“ „Er ist sehr mächtig?“ fragte sie zaghaft. „Er ist der Herr der Youkai. - Komm.“ Sie war bei dem mächtigsten aller Youkailords im Schlafzimmer gewesen und war unversehrt wieder rausgekommen? Davon könnte sie noch ihren Enkeln erzählen - falls ihr je jemand glauben würde. Noch immer mit zitternden Beinen spürte sie, wie sie einfach hochgehoben und weggetragen wurde. Deutlich erleichtert und tief durchatmend setzten sich die achtzehn Lords wieder auf ihre Plätze in der Versammlungshalle. Hoffentlich hatte das geholfen. Zu dem ganzen Ärger mit diesem Hanyoumonster wollten sie nicht auch noch Scherereien mit dem Herrn. Das wäre dann doch zuviel. Einer war stehen geblieben. Er schlang seinen roten Umhang fester um sich: „Ich geh dann mal, mir das Monster selbst anschauen.“ Und da er die entgeisterten Blicke bemerkte: „Ich weiß nicht, wie es euch geht. Aber für mich ist ein Hanyou keine Herausforderung, ein Kind zumal. Vielleicht er ist wirklich stärker und besser als jeder Hanyou, von dem ich je hörte, aber bevor ich mein Geld riskiere, will ich mir den Knaben mal ansehen. Ich komme dann zurück.“ „Hoffentlich“, meinte Ogodai trocken: „Viel Spaß, Kasumi.“ Lord Kasumi verschwand durch die Tür. Inuyasha saß auf einem Ast und betrachtete den Mond. Das Lied von den „Zehn kleinen Youkai“ hatte er heute sicher über hundert Mal gesungen und es war langweilig geworden. Was konnte er nur jetzt tun? Schlafen war auch nichts. Vielleicht sollte er dort am Teich einen Schluck trinken? Er witterte sorgfältig. Aber da schienen weder Raubtiere noch Youkai zu sein. Auch Youki konnte er keines spüren. Er war hier wohl sicher, wenn er hinabsprang. So machte er den Satz zu dem Teich, trank ein bisschen. Vielleicht sollte er einfach ein neues Lied erfinden? Leider erinnerte er sich kaum an die Lieder, die ihm seine Mutter vorgesungen hatte. Kasumi war im dichten Gebüsch stehen geblieben. Seine Energie hielt er unterdrückt und anscheinend hatte ihn der Hanyou noch nicht wahrgenommen. Der war wirklich ein kleines Kind. Nichts an ihm verriet etwas, das es rechtfertigte, dass sich achtzehn ausgewachsene Youkailords in Panik versetzen ließen. Ob der Kleine einfach nur Glück gehabt hatte? Aber immerhin war da das Heer aus zweihundert Youkai gewesen. Wie er die wohl erledigt hatte? Und was machte der Hanyou jetzt? Er guckte zum Mond, begann zu singen: „Ein Youkai steht im Walde, ganz still und stumm. Er hat aus lauter Purpur ein Mäntlein um. Sag, wer mag der Youkai sein, Der da steht im Wald allein, mit dem roten Mäntelein.“ Lord Kasumi spürte, wie ihn ein Schauder überlief. Also hatte der Hanyou, nein, das Hanyoumonster ihn doch bemerkt? Obwohl er sein Youki unterdrückte? Obwohl er gegen den Wind stand? Und woher wusste der von seinem roten Umhang? Hatte er ihn etwa gesehen? Und wieso griff er ihn nicht an, sondern sang so komisch? Inuyasha legte ein wenig mehr Lautstärke und Inbrunst in die zweite Strophe: „Ein Youkai liegt im Walde, ganz still und stumm. Er hat aus lauter Purpur ein Mäntlein um. Sag, wer mag der Youkai sein, Der da liegt im Wald allein, weil er traf Inuyasha-lein.“ Der von Grauen erfasste Lord beschloss, dies für die letzte Warnung zu halten und floh in einer unziemlichen Hast aus dem Wald. Als er das rettende Schloss im Westen erreichte, wagte er zum ersten Mal wieder zu atmen. Seine Kollegen schauten ihn erwartungsvoll an. Als sie bemerkten, dass er - eigentlich unmöglich für einen so hochrangigen Youkai - zitterte und sich mühsam auf seinen Platz schleppte, sahen sie sich bezeichnend an. „Du hast ihn gesehen?“ erkundigte sich Gai: „Und? Ist er ein Monster?“ „Und was für eins, “ stöhnte Kasumi auf. „Ich habe meine Energie unterdrückt, war gegen den Wind. Und der Kerl hat nicht nur sofort gewusst, dass ich da bin, sondern sogar, dass ich einen roten Mantel umhatte. Und er sang ein Spottlied auf mich. Da die zweite Strophe dann schon meinen Tod ankündigte, bin ich geflohen…“ Er stöhnte gepeinigt auf. Flucht war normalerweise kein Wort, das ein Lord in den Mund nehmen würde. Seine Nachbarn legten ihm hilfreich die Hände auf die Schultern. „Reg dich ab. Alles wird gut. Alles kommt wieder in Ordnung, Kasumi.“ „Hoffentlich können die Kopfgeldjäger unser lästiges Problem lösen.“ ******************************************************* Hat jemand Aspirin für einen Schloßherrn? Und ob die Kopfgeldjäger wirklich der Weisheit letzter Schluß sind, erfahrt ihr im nächsten Kapitel: Auf zu neuen Taten. Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, erhält von mir, wie geohnt, eine ENS, sobald ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet ist. bye hotep Kapitel 9: Auf zu neuen Taten ----------------------------- Eiskalte Kopfgeldjäger gegen ein Hanyou-Kleinkind.... Das könnte für eine Partei kritisch werden. Viel Spaß beim Lesen! 9. Auf zu neuen Taten Es wäre gewiss unschicklich gewesen, zu behaupten, die Youkailords warteten angespannt auf das Ergebnis der Kopfgeldjagd, aber natürlich hofften sie auf rasche Erfolge. So sandten sie alle Boten in ihre jeweiligen Gebiete, aber vor allem in die Gegend, in der das Hanyoumonster zuletzt gesehen worden war. Als ein völlig abgehetzter Postläufer eintraf, richteten sich alle achtzehn der Lords auf. „Nun?“ fragte Kasumi, dem dieser Mann gehörte: „Gibt es etwas Neues?“ „Ja, Herr. Auf der Ebene von Misano liegen die Überreste von über fünfzig Kopfgeldjägern menschlicher Art. Und in der Nähe von Osaka wurden um die zwanzig Youkai, ebenfalls Kopfgeldjäger gefunden.“ „Ja, aber wie kam das Monster denn so schnell von hier nach da? Das sind ja Meilen und Meilen.“ „Vergebt, edler Lord. Diese Kopfgeldjäger brachten sich gegenseitig um, wohl, um die Konkurrenz auszuschalten.“ Für einen Moment herrschte Schweigen in dem Versammlungssaal, dann seufzte Saru: „Wir haben wohl zuviel Geld geboten. Und jetzt rotten sich die Kopfgeldjäger gegenseitig aus.“ „Wunderbar“, ergänzte Gai: „Es bedarf nicht einmal mehr des Hanyou, um uns lächerlich zu machen.“ „Es werden schon noch genug übrig sein“, tröstete Ogodai: „Und das sind sicher die besten und stärksten. Außerdem sieh es positiv. So werden wir diesen Abschaum an Kopfgeldjägern auch los.“ Das stimmte. Und jeder der Lords hoffte, dass es einem der Überlebenden gelingen würde, dieses schrecklichen Monsters Herr zu werden. Inuyasha blieb stehen. Vor ihm stiegen wieder einmal Berge auf, wenn auch nicht so schneebedeckte, wie die letzten. Die Laune des Kleinen war nicht sonderlich gut. Schon vier solcher dämlichen, einfachen Youkai hatten es in der vergangenen Nacht und im Laufe des heutigen Tages gewagt, ihn auffressen zu wollen. Sein Klauenangriff war ihm wieder einmal gut zu statten gekommen. Sakontessou war wirklich eine mächtige Waffe. Er sollte, wenn er wieder einmal in der Gegend war, sich bei Mizu für ihren ausgezeichneten Rat bedanken. Die Berge vor ihm waren nicht so hoch, wie die anderen, aber dennoch recht schroff. Nun, er würde einfach immer weiter in die Richtung wandern, in der am Abend zuvor die Sonne untergegangen war. Wohin hätte er auch sonst sollen. Der kleine Hanyou schüttelte ein wenig den Kopf, ehe er weiterlief. Grüne Augen beobachteten ihn genau, ohne, dass er es mitbekam. Asuro war sein Name. Er galt als der schnellste aller Youkai- Kopfgeldjäger. So hatte er sich auch gar nicht an den in seinen Augen sinnlosen Kämpfen, wer nun dem Monster folgen dürfe, beteiligt, sondern war gleich auf die Suche gegangen. Nun war er ein wenig enttäuscht. Das sollte ein Monster sein? Das war doch ein kleiner Junge. Aber wenn die Lords soviel Gold auf seinen Kopf ausgesetzt hatten, steckte vielleicht mehr in ihm, als man auf Anhieb sehen konnte. Immerhin hatte er auf der Spur des Kleinen schon vier zerfetzte niedrige Youkai gefunden. Egal. Dort vorn, wo die ersten Felsen so steil in den Himmel ragten, würde er seinen berühmten, und berüchtigten, Angriff durchführen, dieses Hanyoumonster mit der ihm eigenen Geschwindigkeit attackieren. Er pflegte seine jeweiligen Opfer mit einem Angriff buchstäblich über den Haufen zu rennen, dann zu bremsen und die zu Boden Geschleuderten zu töten. Damit hatte er sich schon eine nette Summe für seinen Lebensabend zusammengespart. Und wenn er diesen Hanyou erledigte- mit dem Geld, dass die Lords ausgelobt hatten, konnte er sich bereits zur Ruhe setzen. Inuyasha hielt an und blickte sich neugierig um. Vor ihm ragte ein großer Felsen in den Himmel, steil und gigantisch, als sei er selbst ein Berg. Mehrere solcher Brocken lagen hier, bildeten den Beginn des Gebirges. Es war fast, als habe ein Riese mit derartigen Steinen um sich geworfen. So etwas hatte er noch nie gesehen. Auch die Pflanzen, die hier wuchsen, waren ihm vollkommen unbekannt. Der Baum oder Strauch rechts neben ihm hatte Nadeln, war aber keine Fichte. Die kannte er. Als er über die Nadeln strich, stellte er fest, dass sie spitz waren, aber doch irgendwie weich. Eigenartig. Er brach einen gut dreißig Zentimeter langen Ast ab und steckte ihn in seinen Gürtel. Vielleicht würde er doch einmal jemanden Nettes treffen, der ihm sagen konnte, was das war. Langsam ging er weiter, an dem Felsen entlang, blieb erneut stehen. Blumen wuchsen hier, fast wie Sterne. In weiß und blau. Anscheinend gab es viel mehr unterschiedliche Pflanzen, als er zuvor gedacht hatte. Ob das auch bei den Tieren oder Menschen oder Youkai so wäre? Würde er eines Tages doch jemand finden, der einigermaßen nett zu ihm wäre? Asuro hatte den Hanyou nun genau im Visier. Warum auch immer der auf einmal so langsam war - das war seine Chance. So begann er seinen Spurt, immer rascher, immer schneller auf den Kleinen zu, bis er seine Höchstgeschwindigkeit erreicht hatte. Selbst wenn der Hanyou ihn nun bemerken sollt, wäre es zu spät. Inuyasha hatte begeistert entdeckt, dass die Blumen hier bewohnt waren. Was er zunächst für bewegende Blütenblätter gehalten hatte, waren Schmetterlinge. Jede Blume hier hatte ihren eigenen Schmetterling. Das war wunderschön. Ob er solch einen Schmetterling sich einmal aus der Nähe ansehen konnte? Er machte einen riesigen Satz nach vorne, versuchte, mit beiden Händen einen der Flatterer zu erwischen. Dabei fiel er zu Boden. Aber stolz betrachtete er seine Beute in den Händen. Dann fiel ihm ein, dass der Knall, den er da gerade gehört hatte, nicht von seinem Sturz herrühren konnte und drehte sich um. Verwundert starrte er auf die Überreste eines Youkai, der offenbar vom Himmel gefallen war. Zumindest würde das den Zustand der Leiche erklären. Und woher hätte er auch sonst so schnell kommen sollen? Der Kleine sprang auf, trat zu dem toten Asuro. Dieser hatte weder dem Sprung folgen können, noch so rasch aus seinem Höchsttempo bremsen und war an der vermuteten Zusammenprallstelle mit seinem Opfer vorbeigerannt - und noch mit seiner Höchstgeschwindigkeit gegen den Felsen geprallt. Dieser Karambolage hatte selbst ein Youkaikörper nichts mehr entgegenzusetzen gehabt. Inuyasha blickte von dem Toten zu dem Schmetterling in der Hand, ehe er diesen fliegen ließ, höflich die Hände zusammenlegte: „Friede deiner Seele.“ Diese Youkai tauchten immer um ihn anscheinend nur auf, um zu sterben. Sei es, weil sie ihn fressen wollten, und von ihm getötet wurden, sei es, weil sie einfach da waren und umfielen. Er wurde wirklich neugierig, einmal einen der sagenumwobenen starken Youkai zu treffen, vor denen ihn die Leute gewarnt hatten. Sogar die Oma im Sumpf hatte ja gesagt, er solle sich nicht mit denen anlegen. Wollte er ja auch nicht. Aber es musste interessant sein, einmal ein wirklich starkes und mächtiges Wesen zu sehen. Jedenfalls schien es hier in den Bergen äußerst interessante Lebensformen zu geben. Vielleicht sogar noch hübschere Blumen? Andere Schmetterlinge? In deutlich besserer Laune ging er weiter. Zwei Männer des zuständigen Lords verfolgten die Spur des Hanyou. Sie waren an den vier toten Youkai vorbeigekommen, die der Kleine offenbar zerrissen hatte, als sie ihn angriffen. Das waren keine starken Youkai gewesen, aber die beiden Späher betrachteten sie als Warnung, in Distanz zu bleiben. Immerhin lautete ihr Auftrag nur, zu sehen, welcher Kopfgeldjäger das Monster erledigte. „Sieh nur!“ sagte einer und fasste seinen Kollegen am Arm: „Da liegt wieder einer.“ „Daraus lässt sich schließen, dass der Hanyou hier vorbeigekommen ist“, meinte der zweite Späher ein wenig zynisch: „Aber….“ Er zog eine Rolle aus der Tasche: „Das ist doch ein Kopfgeldjäger?“ Er suchte: „Tatsächlich. Sein Name war Asuro. Spezialist für schnelle Attacken.“ „Nun, für den Hanyou war er wohl nicht schnell genug.“ „Stimmt.“ Er nahm eine Feder und strich den Namen durch: „Gehen wir weiter.“ Inuyasha wanderte zwischen den Felsbrocken dahin, über die blühenden Bergwiesen. Er witterte nichts um sich, spürte auch kein Youki um sich und hielt sich daher für das einzige Lebewesen weit und breit. Trotz allem, was er in den vergangenen Wochen erlebt hatte, nahm er immer noch an, dass nur sehr dumme oder hungrige Youkai ihn angriffen. Einfache Tiere taten es nie, nun, so gut wie nie, und der Angriff wurde auch meist abgebrochen, wenn sie feststellten, dass sie es nicht mit einem Menschenkind zu tun hatten. So wurde er vollkommen überrascht, als er an einem Felsen vorbeikam, sich plötzlich etwas um seine Knöchel legte, er mit dem Kopf nach unten hochgehoben wurde. „He!“ brachte er noch hervor, als er erkannte, dass ihn ein riesiger Mann so unbequem hielt: „Was willst du?“ „Komische Frage, Hanyou. Dich töten. Na, das war doch ganz einfach - Soviel Gold so einfach zu verdienen…“ Der Kopfgeldjäger schwenkte den Kleinen ein wenig: „Wirklich.“ Inuyasha geriet in Panik. Er hatte keine Ahnung, wovon dieser große Youkai redete, aber der wollte ihn töten. Das war kein schlechter Witz, das war Ernst gemeint. Was sollte er nur tun? Er ruderte ein wenig hilflos mit den Armen. Er hatte noch nie so kopfüber einen Klauenangriff versucht. Der Kopfgeldjäger holt sein Opfer ein wenig näher zu sich, wechselte den Griff. Nun hielt er den Hanyou mit einer Hand, fasste mit der anderen zum Gürtel, um sein Schwert zu ziehen. Inuyasha sah es und wusste, dass er schleunigst etwas unternehmen musste. In seiner Angst biss er einfach mit aller Kraft in die nächstbeste Körperstelle, die er erreichen konnte - in den Schritt. Mit einem förmlichen Aufbrüllen ließ der riesige Kopfgeldjäger sein Opfer los. Inuyasha fiel zu Boden, rollte ab. Noch während sich sein Angreifer in dem fürchterlichen Schmerz zusammenkrümmte, hob er die Hand: „Sakontessou!“ Die beiden Späher hörten den wilden Aufschrei und blickten sich bedeutungsvoll an. Das war kaum der Angstruf des kleinen Hanyou gewesen. „Mal sehen, wer das war….“ Sie liefen eilig weiter. Als sie die Stelle erreichten, starrten sie auf den zerfetzten Körper. In den Augen des Toten schien noch immer das schiere Grauen zu liegen. Was hatte der Kopfgeldjäger in den letzten Momenten seines Lebens gesehen? Der Späher nahm die Rolle: „Kuro Okagawi“, sagte er nach etwas Suche: „Er gilt…galt…als der stärkste Youkai unter den Kopfgeldjägern.“ „Wohl nicht stark genug, gegen ein Hanyoumonster.“ Sein Kollege seufzte: „Da werden es wohl mehrere versuchen müssen.“ „Kopfgeldjäger arbeiten ungern zusammen.“ „Sie werden es müssen. Und die Summe ist doch wirklich groß genug, um sie teilen zu können.“ „Sollte man meinen. Komm, gehen wir weiter. Wenn ich mich recht erinnere, müssten wir bald das Waldgebiet erreichen. Dann liegen die Berge hinter uns.“ „Dieser Kerl wandert immer weiter, als ob er ein Ziel hat. Und rechts und links an seinem Weg liegen Leichen.“ Der Späher schüttelte sich. Inuyasha blieb stehen. Es wurde langsam Abend und er hatte den Wald erreicht. Vorsichtig schnupperte er. Der plötzliche Überfall durch den riesigen Youkai steckte ihm noch in den Knochen. Warum nur der ihn hatte töten wollen? Bestimmt nicht zum Essen. Das waren immer so bescheidene Youkai gewesen. Aber er hatte ja schon die Erfahrung machen müssen, dass er als Hanyou einfach so getötet werden sollte. Der Geruch nach Suppe und Braten stieg ihm in die Nase. Da kochte jemand im Wald. Und das roch sehr gut. Ein weiteres Wittern bestätigte ihm, dass es sich um Menschen handelte. Er zögerte. Auch Menschen waren meist nicht gerade nett zu ihm, warfen Steine auf ihn. Aber vielleicht waren diese nett? Er fühlte sich doch so allein und sein Bedürfnis, mit jemandem zu reden war in den letzten einsamen Tagen wieder fast unerträglich geworden. Doch, beschloss er, er würde hingehen, es versuchen. Es war eine Gruppe von zehn Männern, die ihn anstarrte, als er aus den Büschen trat. Alles Menschen, wie er sah. „Guten Abend“, sagte er höflich: „Darf ich…darf ich mich zu euch setzen?“ „Das…das ist doch….“ sagte einer der Männer. „Still!“ fauchte der Anführer prompt: „Du bist doch kein Mensch, Kleiner, oder?“ „Nein. Ich bin ein Hanyou.“ Er beobachtete genau die Hände. Aber sie nahmen keine Steine, hatten nur an die Waffen gefasst, ohne sie zu ziehen. „Ein Hanyou“, wiederholte der Anführer: „Komm, setz dich nur zu uns. Wir kochen gerade. Magst du ein wenig mit uns spielen?“ Seine Männer guckten ihn ebenso verblüfft an, wie Inuyasha. Aber dann meinte der Kleine: „Gern. Darf ich auch mit euch essen?“ „Ja, komm nur.“ Der Anführer erhob sich: „Du bekommst dann auch etwas zu essen. Aber zuerst einmal setz dich hierher. Genau. Und jetzt spielen wir ein wenig, ja?“ Er winkte einem seiner Männer. Der begriff plötzlich und grinste, als er seinem Anführer ein paar Stricke reichte. Inuyasha war verwundert, ließ sich aber die Stricke umbinden, die Hände auf den Rücken fesseln. Was das wohl für ein Spiel werden sollte? Aber die Leute schienen nett zu sein. „So“, sagte der Anführer: „Ich bin ja neugierig, ob die Lords etwas drauflegen, wenn wir dich lebendig bei ihnen abliefern.“ „Oh, guck mal, er hat einen Zweig Rosmarin dabei.“ Einer der Männer zog den vertrockneten Ast aus Inuyashas Gürtel: „Das passt ganz perfekt zu unserer Suppe.“ Er warf den Zweig in den Topf. Inuyasha freute sich. Dann hatte er den netten Männern einen Gefallen getan? Aber was wollten sie jetzt spielen? Diese Sticke um seine Gelenke taten nicht weh, aber er kannte kein Spiel, das so gespielt wurde. „So, Männer!“ rief der Anführer: „Dann wollen wir doch unseren netten kleinen Geschäftsabschluss feiern, oder?“ Gebrüll antwortete ihm, dann packten die Männer Krüge aus. Inuyasha witterte Schnaps. Das roch nicht gut. Aber er wartete ab. Der Anführer kam zu ihm. „Ich habe keine Ahnung, warum die Youkailords soviel Wert auf dich legen“, sagte er: „Aber vielleicht bis du ein verschollener Erbe oder so etwas. Noch nie wurde uns soviel Gold geboten. Und das dann auch noch für einen kleinen Jungen.“ Inuyasha begriff nicht. Wer waren Youkailords? Oder eher: was war ein Lord unter den Youkai? Und wieso sollte da jemand Wert auf ihn legen? Unwahrscheinlich, unmöglich. Wieso auch Gold für ihn? Oh, beschloss er dann, dass musste zu dem Spiel gehören, von dem der Mann zuvor gesprochen hatte. Dann sollte er auch etwas dazu sagen. Aber was? Er kannte das Spiel doch nicht. So meinte er nur: „Wenn der Braten da hinten fertig ist, bekomme ich auch etwas?“ „Oh, kalt wie eine Hundeschnauze, Kleiner? Na, das wird dir noch vergehen, wenn dich die Lords erst einmal haben. Ja, du kannst dann etwas davon essen.“ „Danke.“ Warum guckte ihn der Mann so komisch an? Hatte er etwas Falsches gesagt? Der Anführer der menschlichen Kopfgeldjäger stand mit gewissem Kopfschütteln auf. Warum auch immer die Youkai ein Vermögen für den Kleinen bezahlen wollten, ging ihn nichts an. Aber aus irgendeinem Grund war er wichtig. Und er war ihnen buchstäblich in die Hände gelaufen. Soviel Glück hatten sie noch nie mit einer Beute gehabt. „Die Suppe ist fertig!“ Die Männer standen auf, drängten sich um das Feuer, wo der Kessel mit der Suppe brodelte. Ob er auch Suppe essen sollte? Aber Inuyasha beschloss, es sein zu lassen. Aus irgendeinem Grund roch die Suppe nicht mehr so gut, wie zuvor. Ob das an dem Zweig lag, den er mitgebracht hatte und den der Koch da hineingetan hatte? Seine empfindliche Nase warnte ihn und so ließ er es lieber sein, wartete ab, ob die Männer dann weiterspielen wollten. Bestimmt würden sie ihn ausschimpfen, wenn er einfach so ihre Stricke kaputtmachen würde. So saß er ruhig, während die erfreuten Kopfgeldjäger hastig ihre Suppe verschlangen. Der Braten würde erst in über einer Stunde fertig sein, genug Zeit, um sich mit Sake an dem Anblick des Gefangenen zu ergötzen, der jedem von ihnen genug Gold für den Rest seines Lebens bescheren würde. Inuyasha betrachtete die Männer. Sie benahmen sich ziemlich merkwürdig, fand er. Zuerst hatten sie so eilig die Suppe gegessen, dann tranken sie ebenso hastig diesen Reisschnaps. Es war gerade so, als ob sie es schrecklich eilig hätten. Aber niemand spielte mehr mit ihm. Das wurde langweilig. Oder beeilten sie sich so, um dann mit ihm spielen zu können? Immerhin hatte der Anführer doch gesagt, dass er etwas von dem Braten bekommen würde, der dort hinten auf einem Stock am großen Feuer briet. So blieb der kleine Hanyou noch sitzen. Nach gut einer Stunde wurde ihm aber wirklich langweilig. Er wollte gerade etwas sagen, die Fesseln zerreißen, als einer der Männer sich zusammenkrümmte, dann auch andere. Ganz offenkundig bekamen sie Bauchschmerzen. War ihnen etwa die Suppe nicht bekommen? Inuyasha beobachtete mit gewissem Bedauern, wie die netten Männer in den Büschen verschwanden, sich krümmten vor Schmerzen. Ihnen war wohl schlecht geworden. Und einer nach dem anderen legte sich nieder, klagte über Schwindel, ehe er einschlief. Ob er ihnen helfen konnte? Er zerriss doch die Stricke. Das sah nicht so aus, als ob sie noch mit ihm spielen würden. Als er die Männer genau betrachtete, waren sie alle eingeschlafen. Komisch. Dabei war jetzt doch der Braten fertig. Na ja, der nette Mann hatte doch gesagt, er würde davon etwas bekommen. So ging er hin, riss sich ein Teil ab. Während er es aß, betrachtete er noch mal die Männer. Kein Spiel heute mehr, aber immerhin hatte er etwas Warmes zu essen in den Bauch bekommen. Ob er hier warten sollte, bis sie wieder aufwachen würden? Ach nein, beschloss er dann. Die Sonne war schon am Untergehen und er müsste doch nachgucken, wo sie unterging, damit er morgen in dieser Richtung weitergehen konnte. So sprang er auf einen Baum, weiter von Ast zu Ast, dem Westen entgegen. Die letzte Helligkeit des Tages genügt den beiden Youkaispäher, als sie das Lager der Kopfgeldjäger fanden. „Zehn Menschen“, sagte einer: „Und alle zehn sind tot. Offenbar aber unverletzt. Wie hat er das denn wieder angestellt?“ „Hier liegen Stricke. Er hat sich wohl von ihnen fesseln lassen, um sie in Sicherheit zu wiegen. Und dann hat er...ja, was gemacht?“ „Vielleicht gar nichts.“ Sein Kollege war zu dem Suppentopf getreten: „Diese Idioten haben einen Eibenzweig mitgekocht. Daran sind sie wohl gestorben.“ „Aber Eiben wachsen hier nicht. Sie wachsen nur oben im Gebirge, wir sind heute an einigen vorbei gekommen.“ Die beiden blickten sich an. „Der Hanyou!“ „Ja, er muss heute vorsorglich einen Zeig abgebrochen haben. Und hier dann in einem unbeaufsichtigten Moment in die Suppe geworfen haben. Er hat alle diese Menschen kaltblütig vergiftet!“ „Das müssen wir melden. Zwei Youkaikopfgeldjäger und zehn menschliche Kopfgeldjäger weniger. Das ist die Bilanz des Hanyou für heute.“ „Der Herr wird sich kaum freuen.“ „Kaum. Aber es ist unsere Pflicht, Meldung zu machen. Und auch zu melden, dass der Hanyou wieder weiter in den Westen gegangen ist. Ich habe nur keine Vorstellung, was er da will.“ „Vielleicht noch einen Verwandten besuchen. Ich hörte, er sei bei der Hexe im Sumpf gewesen, die seine Oma ist.“ „Und wer soll das dann sein? Sein Opa?“ „Zwölf Kopfgeldjäger, darunter zwei der berühmtesten. Tolle Bilanz.“ Der Lord schüttelte den Kopf. Die anderen siebzehn blickten auch nicht erfreuter drein. „Jetzt reicht es mir. Er geht schnurstracks auf mein Gebiet zu. Ich muss etwas unternehmen!“ „Ach und was, Katsu?“ „Ich werde meine Familie herholen. Hier sind sie in Sicherheit.“ „Ja, gute Idee, das mache ich auch...“ kam es von mehreren „Moment“ warnte Ogodai: „Wenn ER das mitbekommt, dass wir Frauen und Kinder herholen...?“ „Wir brauchen einen guten Vorwand. Einen sehr guten. Und können nur hoffen, dass doch noch irgendeiner mit diesem Monster fertig wird.“ Dem pflichteten alle Lords bei. ************************************************* Ein Familientreffen? Im nächsten Kapitel: Zeit zu feiern, sehen sich die Lords mit dem Rücken zur Wand. Und ein gewisser Schloßherr auch. Wer so freundlich ist, mit einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 10: Zeit zu feiern, Zeit zu sterben ------------------------------------------- Armer Schloßherr.... 10. Zeit zu feiern, Zeit zu sterben Der Schlossherr ließ seufzend die Feder sinken. Er hatte sich eigentlich immer für einen Youkai mit eisernen Nerven gehalten, aber das Verhalten der Youkailords machte ihm mehr zu schaffen, als er je gedacht hatte. Alle achtzehn hatten sich nicht nur in der dafür vorgesehenen Versammlungshalle getroffen, nein, sie lasen sich kreuz und quer durch seine Bibliothek, sammelten Geld für Kopfgeldjäger, beteuerten ihm gegenüber unverbrüchliche Treue – und schickten nachts ein menschliches Mädchen in sein Schlafzimmer. Nein. Da war definitiv etwas faul. Und am besten würde er noch einmal mit seinem Seelenheiler reden. Der hatte doch gesagt, seine Patienten brauchten Ruhe. Er müsste jetzt auch mit der Diagnose rausrücken, wenn er die nächste Stunde noch erleben wollte. Mit solch guten Vorsätzen machte sich der Schlossherr auf den Weg in den Trakt, in dem sich die Heiler aufzuhalten pflegten. Der Seelenheiler verneigte sich tief: „Herr, welch unerwarteter Besuch...“ „Wie viele Patienten hast du im Augenblick?“ „Sechs, Herr.“ Sechs. Nicht achtzehn: „Wer?“ „Nun, die vier Heiler von Lord Kage und die beiden Späher.“ Der Seelenheiler war verwirrt: „Stimmt etwas nicht, edler Herr? Hätte ich sie nicht aufnehmen sollen?“ „Keinen Youkailord?“ „Äh, nein.“ „Was fehlt den Sechsen?“ „Sie hatten alle Nervenzusammenbrüche.“ „Ein Youkai bekommt keinen Nervenzusammenbruch.“ „Ich bedaure, Euch widersprechen zu müssen. Die Heiler haben Tote gesehen, die wohl zu schrecklich für sie waren. Und die beiden Späher wurden wohl irgendeiner schrecklichen Folter unterzogen. Sie reden immer nur von einem Lied…“ Der Schlossherr rieb sich über die schmerzende Stirn: Youkai mit Nervenzusammenbrüchen? Lords, deren Verhalten ihn bald dazu trieb? „Heiler sehen öfter Tote.“ „Nun, diese waren wohl besonders schrecklich zugerichtet worden. Ein Monster sei dafür verantwortlich, Herr.“ Ein Monster? Hm. Hatte dieses Monster etwas mit dem eigenartigen Verhalten der Lords zu tun? Unsinn, dachte der Schlossherr und drehte sich um. Das waren nicht irgendwelche hergelaufenen Wurmyoukai, das waren die achtzehn stärksten. Es gab kein Monster, mit dem nicht jeder von ihnen fertig geworden wäre, geschweige denn, alle zusammen. Aber was war denn hier nur los? Seine Ohren waren gut genug, um zu hören, dass Wagen auf dem Vorplatz ankamen. Stimmen, Geräusche, als würden schwere Lasten gehoben. Was in aller Welt hatten sie denn nun schon wieder angestellt? Er ging mit böser Vorahnung in die Halle, betrachtete erstaunt die Pakete, die in den Dienstbotentrakt geschleppt wurden. „Oh, edler Herr!“ Sein Haushofmeister kam zu ihm: „Ich bin schon weit mit der Vorbereitung.“ „Welcher Vorbereitung?“ „Na, des Festes...Oh je das sollte wohl eine Überraschung der Lords werden. Vergesst, was ich sagte.“ „Ein Fest.“ Der Hausherr rieb seine Stirn. Was fiel den Lords denn als nächstes ein? „Es…es soll wohl eine Überraschung sein, Gebieter. Ein Fest zu Euren Ehren.“ Klar, dachte der genervte Schlossherr: ein Fest zu meinen Ehren, unter meinem Dach und wohlmöglich auf meine Kosten. Jetzt reicht es mir wirklich. Er drehte wortlos um, verschwand in Richtung der Versammlungshalle. Warum nur war er nicht überrascht, als sich alle Lords vor ihm flach wie eine Flunder zu Boden warfen? Ihre Ergebenheitsbeteuerungen mochte er schon gar nicht mehr hören: „Was soll das mit diesem Fest?“ „Oh, Ihr habt schon davon gehört?“ fragte einer und robbte näher zu ihm: „Es ...wir planen ein Fest zu Euren Ehren, um unseren Schutzherrn zu ehren.“ Der Schlossherr traute seinen Augen kaum, als er sah, wie der Lord demütig seine Stirn auf seinen Schuh legte. Und er zweifelte an seinem Verstand, als die nächsten herankrochen, sich an seine Hosenbeine klammerten: „Nur Euch zu Ehren, Herr…“ „Wir wollten Euch unsere tiefempfundene Wertschätzung zeigen…“ Immer mehr kamen heran, zupften an seiner Kleidung. Entsetzt spürte er, wie seine Hose ein wenig heruntergezogen wurde und hielt sie krampfhaft fest: „Lasst mich sofort los!“ Das wurde ja…Waren sie doch durchgedreht? „Herr, wir wollten Euch noch bitten, einige Frauen zu dem Fest einladen zu dürfen, damit es auch eine schöne Feier wird.“ „Meinetwegen“, stöhnte der gepeinigte Schlossherr auf: „Aber jetzt lasst mich endlich los!“ Unter demütigen Dankesbezeugungen zogen sich die Lords endlich zurück. Er drehte sich um und ging. Noch nie in seinem gesamten Leben war er so schweißgebadet gewesen, wie bei dieser Attacke gerade. Waren sie nun endgültig verrückt geworden? Das würde die Bücher erklären, mit denen sie sich beschäftigt hatten. In der Stille seines Arbeitszimmers ging er eine Weile auf und ab. Wäre es wirklich möglich, dass alle achtzehn Lords verrückt geworden waren? Oder waren nicht sie es, sondern wollten ihn bewusst in den Wahnsinn treiben? Hatten sie sich darum die Bücher über Hundeblut und Wahnsinn ausgeliehen, um herauszufinden, auf welche Angriffe er am empfindlichsten sein konnte? „Vater!“ stöhnte er: „Als du mir gesagt hast, dass die Lords gefährlich sind, versuchen werden, mich anzugreifen, habe ich immer an Schwerter gedacht. Wäre es möglich, dass sie viel gerissener sind, als wir das je gedacht haben? Ich habe jetzt schon dauernd Kopfschmerzen, was ein Youkai nie hat. Ist es das vielleicht? Wollen sie mich verrückt machen, um mich entmachten zu können? Aber was soll das jetzt mit dem Fest? Und ihre Demutsbeteuerungen? Wollen sie mich so in Sicherheit wiegen? Vater…..Ich hätte es nie gedacht, aber du fehlst mir im Moment wirklich.“ Er ließ sich nieder. Na schön. Bei einem Fest konnten sie ja kaum etwas veranstalten, das ihn wieder nerven würde. Diesen Glauben behielt er genau drei Stunden lang. Als er hörte, dass Leute ankamen, Wagen vorfuhren, sah er sich als höflicher Gastgeber gezwungen, in die Halle zu gehen, die Frauen der Lords zu begrüßen. Etwas verdutzt starrte er auf die bunte Menge. Hatte er sich verhört? Die Lords hatten doch nur etwas von einigen Frauen gesagt? Und hier kamen die Ladies mit der kompletten Kinderschar jeden Alters an. Höflich verneigten sich alle tief vor ihm. „Ich freue mich euch begrüßen zu können“, sagte er automatisch. Was sollte das denn nun schon wieder? Da waren Kleinkinder, ja, Babies dabei, die doch auf einem Fest wirklich nichts verloren hatten. Warum allerdings so manches junge Mädchen dabei war, konnte er sich nur zu gut vorstellen. Jedes Mal, wenn er die Frauen der Lords sah, boten sie ihm eine heiratsfähige Tochter an. Wenn es nach den Ladies ginge, hätte er schon achtzehn Ehefrauen, aus jeder Familie eine. Und das wäre nun definitiv zuviel. Die Mädchen lächelten ihm auch unverhohlen zu. Natürlich hoffte jede, er würde sie schöner, reizender finden, als die andere, sie nehmen. „Herr, wir danken für Eure gütige Einladung“, sagte eine der Damen und schob ihre drei Töchter fast unauffällig nach vorne. Der Schlossherr spürte, wie irgendetwas über seinen Rücken lief. Diese Mädchen entsprachen nun wirklich nicht seinem Schönheitsideal. Aber er war zu selbstbeherrscht, um nicht zu sagen: „Ich bin ebenfalls erfreut, dass ihr alle auf diesem Fest erscheinen wollt, meine Ladies. Der Haushofmeister wird euch sicher Räume zuweisen.“ Fröhlich miteinander plaudernd und zwitschernd verließ das bunte Volk die Vorhalle und er atmete tief durch. Von allen Prüfungen, die ihm je auferlegt worden waren, um diese Position als Erbe seines Vaters zu erhalten, erschien ihm dies als die schlimmste. Was um aller Himmel Willen war nur los? Hatten …. Ein neuer Gedanke tauchte in ihm auf. Hatten ihn die Lords etwa mürbe machen wollen, seine Selbstbeherrschung ankratzen wollen, um schlussendlich auf dieses Fest hinzuarbeiten? Und dann ihre Töchter mit ihm verheiraten zu können? Das wäre eine böse Falle. Zumal, es wäre ja gleich, wen auch immer er sich aussuchen würde - er würde siebzehn Lords verärgern. Die einzige Chance, das zu verhindern, wäre gleich siebzehn Nebenfrauen zu nehmen. Nicht, dass er sich das nicht leisten könnte, aber ihm graute vor der Vorstellung. Immerhin hatten auch offizielle Nebenfrauen ein gewisses Anrecht auf nächtliche Besuche. Du lieber Himmel. Er schlich in sein Arbeitszimmer. Die Aussichten wurden ja immer trüber an diesem Sommertag. Irgendwann hielt er es in seinem Arbeitszimmer nicht mehr aus. Soweit kam es noch. Er, der gefürchtete, mächtige Herr der Youkai schloss sich in seinem Arbeitszimmer ein, weil er in nicht mehr Herr in seinem Schloss war? Nein. Er ging in die Vorhalle, vermied den hektisch betriebsamen Küchentrakt, um in den Garten zu gehen. Und er erstarrte. In einer Ecke des Gartens waren Tücher aufgespannt worden, darunter lagen diverse Kinder, vom Baby bis zum Kleinkind. Der Gärtner kam heran. „Herr, was wünscht Ihr?“ „Was…was machen die da?“ Ganz ruhig bleiben, ermahnte er sich. „Sie halten Mittagsschlaf. Der Haushofmeister ließ die Tücher spannen, da die Ladies meinten, die Kinder bräuchten frische Luft.“ „In meinem Garten.“ „Nun, Herr, vor dem Schloss sitzen die Ladies im Schatten und plaudern. Hier ist es ruhiger.“ Ruhiger. In seinem Garten lagen die Bälger der Lords herum?! Das Pochen in seinem Kopf verstärkte sich: „Ist etwa auch jemand hinten im Gemüsegarten?“ Das klang sarkastisch, aber er musste sich zusammennehmen, nicht aufzuschreien. „Äh, nein, Herr. Warum?“ „Gut.“ Der angebliche Herr des Schlosses ging weiter. In Gesellschaft von Kohlköpfen würde er sich wenigstens entspannen können. Hohlköpfe hatte er genug um sich. Im Gemüsegarten empfing ihn eine himmlische Ruhe. Weit und breit war niemand zu sehen. Herrlich. Er setzte sich an den Brunnenrand, starrte ins Wasser. Ganz ruhig bleiben, dachte er. Es gibt sicher einen vernünftigen Grund für alles. Ganz bestimmt. Und wenn es nur der ist, dass die Lords und ihre Familien versuchen, mich in den Wahnsinn zu treiben. Damit dürfen sie nicht durchkommen. Damit dürfen sie keinen Erfolg haben. Er atmete tief durch. Vater, was habe ich nur verbrochen…? Ein kleiner rotgekleideter Hanyou hüpfte fröhlich durch den Wald. Der Braten von gestern Abend lag ihm noch immer im Bauch, er war satt und die Menschen waren sehr nett zu ihm gewesen. Das war ein sehr schöner Tag gewesen, sah man von dem Youkai ab, der ihn da so kopfüber hatte baumeln lassen. Und er hatte seinen Klauenangriff nicht einsetzen können. Hm. Das sollte er vielleicht auch üben? Er sprang auf einen Baum, setzte sich auf den Ast. Vorsichtig ließ er sich nach hinten fallen, mit beiden Händen den Ast umklammernd, ehe er genug Vertrauen in seine Knie gesammelt hatte, um loszulassen. Tatsächlich. So hing er kopfüber. Und jetzt müsste er den Klauenangriff probieren. Komisch. So stand die ganze Welt auf dem Kopf. Aber das sollte nichts machen. „Sakontessou!“ Der Kopfgeldjäger im Gebüsch, der sich gerade gefragt hatte, was seine Beute da trieb, war tot, ehe er wusste, dass er angegriffen wurde. Kurz darauf erreichten die beiden Youkaispäher die Stelle. Der Hanyou war schon wieder weitergezogen, sehr zufrieden damit, dass sein Angriff einen ganzen Busch zerlegt hatte. Die Späher starrten nun auf die Überreste des Kopfgeldjägers. „Der nächste bitte.“ Der Späher zog die Rolle Papier aus der Tasche: „Ah, hier.“ Er strich den Namen durch. „Ich hätte nie gedacht, dass selbst Youkai solche Flaschen als Kopfgeldjäger sind.“ „Vergiss nicht, dass das Hanyoumonster mächtige Magie beherrscht. Und es heißt, er rieche besser, sehe besser als jeder Youkai. Er ist eben ein wahres Monster.“ „Immerhin hat er uns bis jetzt nicht bemerkt.“ „Woher willst du das wissen?“ „Wir leben noch.“ „Vielleicht hält er uns für harmlos. Nun, das sind wir ja auch. Die Kopfgeldjäger sind hinter ihm her.“ „Harmlos.“ „Willst du dich mit ihm anlegen? Ich besorg dir schon mal einen hübschen Gedenkstein.“ „Nein, nein, das meinte ich nicht. Aber immerhin, wir sind vollblütige Youkai. Und er ist…“ „Richtig. Er ist ein Monster.“ Die Youkailords waren beruhigt, ihre Familien in der Sicherheit des Schlosses zu wissen. Hierher würde sich das Monster doch nicht wagen, bekäme es doch hier nicht nur mit allen Lords sondern sogar mit IHM Probleme. Und dagegen würde doch selbst ein Hanyoumonster alt aussehen. Aber…da war ein Aber, das immer größer wurde. „Wieder ein Kopfgeldjäger weniger“, seufzte Lord Kasumi: „Und dazu die vier, die sich gegenseitig erledigt haben.“ „Langsam sterben die Kopfgeldjäger aus“, bestätigte ein anderer: „Und der kleine Hanyou zieht weiter.“ „Ja. Und, wenn mir die Bemerkung gestattet ist, immer noch in Richtung Westen. Er kommt schnurgerade auf dieses Schloss zu.“ Gai betrachtete die Landkarte ingrimmig: „Ist das schon mal jemandem aufgefallen?“ „Will er…will er uns? Oder will er IHN?“ „Gegen IHN hat das Monster keine Chance. Vielleicht ist es Zufall.“ „Möglich. Aber wir sollten vorsichtig sein. Ich fürchte, wir werden IHN einweihen müssen.“ Protest wurde laut. „Bist du verrückt? Wir müssen beichten, dass wir nicht mit einem Hanyou fertig werden?“ „Was für eine bescheuerte Idee…ER wird uns alle umbringen, weil wir uns lächerlich gemacht haben...“ „Denk doch an unsere Familien...“ „Das ist sicher Zufall. Woher sollte ein Hanyou von diesem Schloss wissen? Es ist doch durch Bannkreise gesichert.“ Die Diskussion wurde hitzig. Inuyasha seufzte ein wenig, als er zum Himmel aufblickte. Heute Nacht würde kein Mond am Himmel stehen und er hasste diese Neumondnächte. Seine beiden Verfolger beobachteten irritiert, wie der Kleine stehen blieb. Zu ihrer Verblüffung veränderte er sich. Seine weißen Haare wurden schwarz, seine Ohren verschwanden. Eigentlich wirkte er fast menschlich. Der Hanyou hasste diese Verwandlung. Er fühlte sich immer so verletzlich und schwach. Es half jedoch nichts. Und so beschloss er, die ganze Nacht hindurch zu wandern, bis er einen einigermaßen sicheren Rastplatz gefunden hatte. Dort vorn, der eine Hügel, sah nicht schlecht aus. Offenbar war dort ein Grab. Große Steine waren wie zu einem Dach aufgeschichtet worden. Da wäre er immerhin vor Regen sicher und könnte ein wenig Schutz finden. Schlafen würde er sowieso nicht in einer solchen Nacht. So lief Inuyasha als Mensch weiter. Verblüfft folgten ihm die beiden Youkai. „Wieso kann er das? Sich in einem Menschen verwandeln?“ „Keine Ahnung. Aber mich interessiert mehr, warum er das macht? Was ist hier, dass er sich verwandelt?“ „Leise. Folgen wir ihm. Dort scheint ein Grab zu sein. Deswegen? Wollte er dahin?“ Der Bannkreis um das Grab des Heiligen entzog dem, der ihn berührte, jede Dämonenenergie. Inuyasha besaß als Mensch in einer Neumondnacht keine, und spürte nicht einmal den Bannkreis, als er ihn passierte. Seine beiden Verfolger konnten nur noch schreien, ehe sie geläutert wurden. Übrig blieb nur das Buch mit den Namen der Kopfgeldjäger. Der kleine Hanyou drehte sich um, als er die Schreie hörte, bemerkte etwas, wie ein Aufleuchten, dann war alles wieder dunkel. Komisch. Aber irgendwie machte das und die Nähe eines Grabes ihn nervös. Vielleicht sollte er sich doch besser eine andere Unterkunft suchen So lief er weiter, passierte ein zweites Mal den Bannkreis und gelangte heil auf die andere Seite. Am folgenden Morgen entdeckten andere Späher das Buch und brachten es zurück zu den Lords. „Und es fehlt jede Spur von den beiden?“ „Jede, Herr. Wir fanden nur das Buch. Aber es scheint das Grab eines mächtigen Heiligen zu sein. Wir vermuten, dass sie sich zu nahe heranwagten und geläutert wurden.“ „Und der Hanyou?“ „Herr?“ „Wurde er auch geläutert?“ Der Bote zögerte, ehe er mit der Wahrheit herausrückte: „Soweit wir die Fährte entdecken konnten, ging er schnurgerade durch den Bannkreis durch und immer weiter in Richtung Westen.“ Die Youkailords sahen sich an. „Also hilft auch kein Bannkreis gegen ihn. Und was jetzt?“ seufzte Saru. Langsam wagte er zu bezweifeln, dass er Mizu und seinen Bastardenkel je töten können würde. „Und was jetzt.“ Lord Kage atmete tief durch: „Du kannst gehen.“ Als der Bote draußen war, fuhr er fort: „Ich weiß, meine Mitlords, es ist ungemein peinlich. Aber wir müssen IHN informieren. Die Lage ist uns aus der Hand geglitten. Und bedenkt, was das Monster hier anrichten würde, käme er zu diesem Schloss!“ „Und außerdem“, ergänzte Gai: „Uns sind ja wohl gerade die Ideen ausgegangen. Oder wollt ihr immer noch hoffen, dass ihn irgendein Kopfgeldjäger erwischt?“ „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, meinte Lord Kasumi: „Aber ich habe ihn ja selbst gesehen….und seine Fähigkeiten übersteigen die unseren allemal.“ „Aber, wir können IHM das unmöglich sagen. ER hält uns dann ja für Versager!“ protestierte jemand. „Ja, und? Willst du lieber abwarten, bis dieses Monster hier auf der Matte steht? Dann tötet ER es - und was ist dann? Dann sind wir fällig, weil wir IHN angelogen haben.“ Alle Lords bedachten diese Option. Schließlich seufzte Saru abgrundtief: „Schön. Und wer von uns geht hin und sagt es IHM?“ Das war natürlich die mehr als große Frage. Es stand zu erwarten, dass ER über die Nachricht, dass sie da einiges hinter SEINEM Rücken getan hatten, nicht sonderlich erfreut wäre. Der Bote würde gewiss dafür bezahlen müssen. So wurde einstimmig beschlossen, dass man lieber abwarten solle, bis sich der Schlossherr wieder sehen ließ, zur Not auf dem Fest. In einer gewissen erbaulichen Stimmung würde ER doch hoffentlich davon absehen, zu hart zu seinen Lords zu sein. ************************************************** Das nennt man Optimismus. ER hat seine Entscheidung getroffen. Das nächste Kapitel heißt: Zeit, einzugreifen. Wer so nett ist, mir einen Kommetnar zu hinterlassen, schicke ich, wie gewohnt, eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 11: Zeit, einzugreifen ------------------------------ IHM reicht es. Und die Lords umzubringen, wäre wohl passend - hätten sie ihm nicht tagelange Kopfschmerzen beschert. Rache ist süß, sagt man... Fragt sich nur, für wen alles. 11. Zeit, einzugreifen Der Schlossherr atmete tief durch. Hier im Gemüsegarten hatte er sich noch einmal alles gründlich überlegt. Die Stille hatte seine Kopfschmerzen sinken lassen und ihm einen klaren Kopf beschert. Und er hatte beschlossen, jetzt den Stier, oder eher, seine Youkailords bei den Hörnern zu packen. Es gab nur wenige logische Erklärungen für das mehr als eigenartige Verhalten der Lords. Eine davon war, dass sie ihn tatsächlich in den Wahnsinn treiben wollten. Dann müsste er ihnen klar machen, dass sie damit schief gewickelt wären Die andere Möglichkeit, sie wollten tatsächlich ihn mehr oder weniger zwingen, sich eine ihrer Töchter zur Frau zu nehmen, und noch mal siebzehn als Dreingabe. Auch das wäre nicht in seinem Sinn und das müsste er ihnen sagen. Die dritte Möglichkeit, aber das war schon fast unvorstellbar, wäre, dass sie aus irgendeinem Grund vollkommen in Panik versetzt worden waren. Und darum sich samt ihren Familien unter sein Dach geflüchtet hatten. Aber das konnte er doch nicht glauben. Wer oder was sollte durch die westlichen Gebiete ziehen, achtzehn der stärksten Youkai in Panik versetzen? Zu allem Überfluss hatte er nichts davon gehört, dass es zu Massentötungen unter den Menschen gekommen wäre oder so. Nein. Die dritte Möglichkeit war die allerentfernteste. In jedem Fall würde er sich diese Idioten einmal vorknöpfen. Und er würde die Versammlungshalle nicht eher verlassen, bis er eine sehr gute Erklärung erhalten hatte. Falls sie ihn wirklich in den Wahnsinn treiben wollten, würden die Ladies sich gleich nach neuen Ehemännern umsehen können. Mit diesem guten Vorsatz betrat er die Versammlungshalle. Etwas wie ein Aufseufzen ging durch die Lords, ehe sie sich zu Boden warfen. „Herr, wir flehen Euch um Gnade an“, sagte der älteste, und damit ranghöchste von ihnen: „Bitte, vergebt Euren unwürdigen Dienern…“ Schön, dachte der Schlossherr. Das begann ja schon mal gut. „Was soll ich euch Idioten vergeben?“ „Wir…wir haben wirklich angenommen, das allein regeln zu können. Wir wollten Eure Hoheit doch nicht mit einer solchen Kleinigkeit belasten. Aber nun…wir wissen nicht weiter und bitten Euch um Hilfe...“ „Bitte“, ergänzte Lord Kasumi: „ Ihr seid unser Schutz, unsere Rettung…“ „Ihr allein könnt dem Monster widerstehen...“ „Ein Monster.“ Der Schlossherr fühlte unwillkürlich nach seiner Stirn. War es tatsächlich die dritte Möglichkeit, die eingetroffen war? Aber was für ein Monster sollte das sein, das in der Lage war, achtzehn Lords so zu erschrecken? „Ja, Herr.“ Lord Gai fasste nach der Rolle: „Ein Hanyoumonster wie in den alten Legenden. Er ist fürchterlich. Er…er hat schon so viele Youkai auf dem Gewissen, ganze Armeen…“ „Ein Hanyou?“ Er wäre fast in Lachen ausgebrochen: „Meine Lords belieben zu scherzen? Ein Hanyou läuft durch den Westen und ihr schafft es nicht, ihn umzulegen?“ „Herr“, stöhnten sie im Chor. Gai richtete sich ein wenig auf: „Wenn Ihr in Eurer Güte einen Blick in diese Rolle werfen würdet….“ Der Schlossherr nahm die Rolle. 101 Wege, einen Hanyou zu töten, las er. Ja, und was sollte das? Er öffnete sie. Fein säuberlich hatten die Lords alle ihre vergeblichen Versuche eingetragen, die Toten und Vermissten, von denen man nie wieder eine Spur gefunden hatte. Hm. Dieser Hanyou schien tatsächlich über interessante Kräfte zu verfügen. „Was ist er für ein Hanyou?“ Schweigen. Die Lords sahen sich verlegen an. Das war die nächste Frage, die sie befürchtet hatten. Ogodai murmelte schließlich: „Er…er scheint aus der Familie der Hunde zu sein, edler Herr.“ Der Schlossherr hob ruckartig den Kopf: „Unsinn.“ „Herr“, sagte einer vorsichtig: „Wir sind uns aber ganz sicher. Der Kleine...“ „Der Kleine?“ kam es prompt. „Nun, ja, Herr…er ist ein Kind.“ „Ein Kind. Und ein Hanyou. Und schafft es, dass ihr alle achtzehn euch hier bei mir verkriecht, wie ...wie Menschen!“ Aber der Schlossherr warf noch einmal einen Blick auf die Rolle. Hanyou und Kind hin oder her, das war eine beeindruckende Liste. Ein Kampf könnte tatsächlich einmal amüsant werden, eine Herausforderung darstellen. „Aber er kann nicht das Kind eines Hundeyoukai sein…“ „Wir wissen ja auch nicht, wer der verblödete Hund war, der diesen Hanyou zeugte…“ Etwas wie ein Blitz zuckte durch die Halle und der Sprecher war ein Häufchen Asche. Erschreckt starrten die überlebenden Lords zum Schlossherrn, der seine Hand sinken ließ: „Da sich mein verstorbener, verehrter Herr Vater nicht zu schade war, einen Hanyou zu zeugen, betrachte ich solche Bemerkungen als persönliche Beleidigung.“ „Könnte es...könnte es…“ Lord Saru wusste nicht, wie er das ausdrücken sollte, ohne sich ebenfalls auf einer Schnellstrasse ins Jenseits zu befinden. Der Schlossherr verstand ihn dennoch. „Mein, hm...Halbruder lebt bei seiner menschlichen Mutter weit im Osten.“ „Edler Herr, ich bitte Euch das nicht misszuverstehen, um aller Himmel willen“, brachte der älteste der Lords hervor: „Aber das Hanyoumonster…äh, ich meine, der kleine Hanyou kommt aus dem Osten .Und er läuft immer weiter schnurstracks nach Westen.“ „Ja, Herr“, ergänzte Gai: „Und wir haben uns schon gefragt, was er hier für ein Ziel hat.“ Der Schlossherr ließ die Rolle achtlos fallen: „So oder so werde ich mich darum kümmern.“ Er drehte sich mit der ihm eignen Eleganz um und verließ die Versammlungshalle. Die Lords atmeten auf. Das Hanyoumonster würde jetzt einen schweren Stand bekommen. Sie betrachteten den toten Kollegen, oder eher seine Überreste. Das war auch wirklich ein wenig voreilig gewesen. Jeder wusste doch, wie sehr der Herr an seinem verstorbenen Vater hing. Saru winkte einem Diener: „Entsorge ihn.“ „Das…da?“ „Willst du ihn etwa hier liegenlassen, bis die Ladies kommen?“ „Nein, Herr.“ Der Diener holte den Besen. Der Schlossherr blieb stehen. Wenn der Hanyou tatsächlich genau auf das Schloss im Westen zuhielt, müsste er hier entlangkommen. Er strich die weißen Haare zurück. Er musste ihn sich absolut ansehen. Ein Hanyou, der es schon als Kind schaffte, ausgewachsene Youkai, noch dazu Lords, so in Angst und Schrecken zu versetzen, war mit Sicherheit interessant. Vielleicht wäre er sogar ausgewachsen wirklich ein würdiger Gegner für ihn selbst? Unbewusst zupfte er ein wenig die Schleife um seine Taille zurecht, als er den Kopf hob. Der Wind brachte ihm die Botschaft, dass der Hanyou unterwegs war. Inuyasha bückte sich ab und an und pflückte Blumen. Er sammelte alle, die er noch nicht in der Hand hatte. Heute war ein so schöner Tag und niemand hatte ihn angegriffen, heute nicht und nicht einmal letzte Nacht, als er nur ein Mensch gewesen war. Zu Essen hatte er auch gefunden, eigentlich war es ein richtig perfekter Tag. So begann er sein Lied von den zehn kleinen Youkai vor sich hinzusingen. Der Schlossherr hörte es, ehe er den Hanyou über den Hügel kommen sah. Der Kleine hatte wirklich Nerven. Oder er war wohl arglos. Er hätte ihn doch wittern müssen? Oder war ihm das egal? Das rote Gewand, dass dieser Hanyou trug….Die weißen Haare…Er ließ sein Youki aufflammen. Inuyasha blieb stehen. Jetzt erst witterte er vor lauter Blumen den Fremden, der in seinem Weg stand. Irgendwie kam ihm der Geruch vertraut vor. Aber in jedem Fall war das ein Youkai. Und so ahnungslos war er nicht mehr, dass er nicht gewusst hätte, dass dieser Youkai stärker als alle anderen war, die er getroffen hatte. Für einen langen Moment standen sie sich gegenüber. Der Schlossherr betrachtete den kleinen Hanyou von oben bis unten. Weiße Haare, goldene Augen, spitze Hundeohren auf dem Kopf, bekleidet mit einem Gewand aus Feuerrattenhaaren. In der Hand Blumen, dazu dieses alberne Lied…..Hm. Er war jung, aber er musste stark sein, sonst hätte er es nicht geschafft, diese ganzen Youkai, ja, ein komplettes Heer zu erledigen. Inuyasha seinerseits betrachtete den Unbekannten. Weiße Haare, bernsteinfarbene Augen, eine Rüstung, ein Schwert. Das war ein Youkai, eindeutig. Aber er schien ihn nicht fressen zu wollen. Und er machte auch keine Anstalten, ihn anzugreifen, nur, weil er ein Hanyou war. Warum guckte er ihn so an? Irgendwie war das auch unheimlich. Aber alle hatten ihn gewarnt, er solle sich nicht mit wirklich starken Youkai anlegen. Und das schien einer zu sein. So wollte er um ihn herumgehen. „Inuyasha.“ Das ließ ihn sich umdrehen. Dieser Youkai kannte seinen Namen? „Ja?“ fragte er etwas verwirrt, um hinzuzufügen: „Und wer bist du?“ „Sesshoumaru.“ Der Hanyou brauchte nicht nachzudenken. Er kannte den Namen seines Halbbruders. Und er erinnerte sich daran, wie Mizu sich gewundert hatte, dass er einen vollblütigen Youkaihalbbruder hätte, Vater tot wäre, und der noch nie versucht hatte, ihn umzubringen. Hatte er es nun vor? In jedem Fall war er sehr stark. „Warum bist du nicht bei deiner…..Menschenmutter?“ „Sie ist tot.“ Noch immer lag Trauer in der Stimme des Kleinen: „Ich...ich hatte da niemanden mehr und so gehe ich eben allein…“ War es also Zufall gewesen, dass er in den Westen kam? Hatte er gar nicht vorgehabt, ihn herauszufordern? Um Vaters Erbe zu kämpfen? Unsinn. Wieso betrachtete er ein Hanyoukind als Rivalen? „Wohin gehst du?“ „Dahin wo die Sonne untergeht. - Aber was geht dich das an?“ Oh, da hatte jemand Stolz? Wie amüsant. Aber er sagte: „Diese Gebiete gehören mir. Und wenn hier ein Hanyou durchläuft, Youkai tötet, bekommt er es mit mir zu tun.“ „Ich hab nur Youkai getötet, die mich fressen wollten“, verteidigte sich Inuyasha prompt: „Oder mich umbringen wollten. Das ist ja wohl nicht falsch.“ Nein, falsch war das nicht. Aber das erklärte nicht die vielen Vermissten. Der ältere Halbbruder wurde noch neugieriger. Der kleine Hanyou sah vorsichtig auf. Immerhin hatte Sesshoumaru noch keinen Angriff auf ihn gemacht, sondern sich mehr unterhalten. War er etwa ein netter Youkaihalbbruder? So sagte er langsam: „Darf ich dich etwas fragen?“ „Was?“ „Du bist ein sehr starker Youkai?“ „Ja.“ „Darum lebst du also noch“, murmelte der Kleine. „Wie bitte?!“ „Youkai sind doch so schrecklich schwache Geschöpfe. Dauernd sterben sie einfach so…“ So erstaunt war er nicht mehr gewesen, seit ihn die Lords mitten in der Nacht von dem Menschenmädchen überfallen ließen: „Sie sterben einfach so?“ „Ja, kaum dreht man sich um, liegt da schon wieder einer.“ Sesshoumaru dachte, er höre nicht recht. Das wurde ja wirklich amüsant. Nein, er würde den Kleinen jetzt noch nicht töten. Erst einmal müsste er sich anhören, wie der auf die Idee kam, Youkai seien schwach und würden einfach so sterben. Irgendwie passte das ganze Erscheinungsbild des Hanyou nicht zu den in Panik geratenen Lords. Ach ja, und die zu ärgern wäre sicher auch ganz nett. Immerhin hatte er seit Tagen Kopfschmerzen gehabt. Dafür konnte er sich ein wenig revanchieren. Sterben wäre doch viel zu einfach für sie. „Youkai sind nicht schwach, Inuyasha. Menschen sind viel schwächer.“ „Ja?“ Hm. „Inuyasha.“ „Ja?“ „Komm mit.“ „Äh, wohin denn?“ „In das Schloss des Westens.“ Schloss? Ach ja, Sesshoumaru hatte ja gesagt, dass das Gebiet hier ihm gehöre. „Dann bist du wohl ein mächtiger Youkai?“ Aber er blieb an der Seite seines Halbbruders. „Ja. – Und lass die Blumen fallen. Das schickt sich nicht für einen Sohn des Inu no Taishou.“ Inuyasha gehorchte. Immerhin schien sein Halbbruder ein netter Youkai zu sein. Er wollte ihn nicht fressen, nicht umbringen. Und ohne zu zögern schnappte er sich die Hand des Älteren. Sesshoumaru zuckte fast zusammen, ließ dann aber seine Hand halten. Vorsichtig überprüfte er auf diese Weise die Stärke seines Halbbruders. Da war nichts zu finden, was überragend gewesen wäre. Nun, er war ein Halbblut. Dafür aber wohl schon in diesem Kinderalter recht stark. Sonst wären die Toten und Vermissten nicht zu erklären. Oder gab es da eine ganz andere Erklärung? Er war jedenfalls neugierig geworden. Und den Kleinen den Lords vorzustellen wäre sicher auch eine nette Zerstreuung. Sie kamen an einem Menschendorf vorbei. Inuyasha sah sehnsüchtig hin. Buden waren aufgebaut, ein Fest fand wohl statt. „Sesshoumaru?“ „Ja.“ „Können wir nicht dahin gehen? Ich war noch nie auf so einem Fest.“ „Fand bei deiner Mutter nie eines statt?“ „Da durfte ich doch nicht hingehen. Als Hanyou.“ Hatten diese erbärmlichen Menschen es etwa gewagt…. Nun, es wäre eine gute Gelegenheit, Inuyasha einmal zu zeigen, wie sich Menschen gegenüber einem Youkai benahmen. So bog er ab. Die Dorfbewohner sahen rasch, dass sich ihnen ein Youkai, eher zwei, näherte. Und das Dorf lag nahe genug am Schloss, dass sie den wahren Herrn der Gegend erkannten. Hastig warfen sich alle zu Bode „Verschont uns, Herr…“ Inuyasha betrachtete ein wenig verwirrt das seltsame Verhalten: „Warum machen sie das?“ fragte er. „Youkai.“ Aha, dachte der Kleine. So benahmen sich also Menschen, wenn sie einen starken Youkai trafen? Aber dann war etwas anderes viel wichtiger: „Guck nur!“ Begeistert deutete er auf einen Stand mit Süßigkeiten. Schon lange hatte er so etwas nicht mehr bekommen. Der Besitzer des Standes sah entsetzt, wie der vornehme Youkai mit dem Kind an der Hand auf ihn zukam, drückte sich noch tiefer auf den Boden. „Such dir etwas aus, Inuyasha.“ „Ich möchte den Lutscher da…“ Der Hanyou ließ die Hand seiner Bruders nicht los, als er sich hinunter zu dem Standbesitzer bückte, mit der anderen Hand hinauf zeigte. „Na...natürlich….“ Der Mann stand vorsichtig auf, um den Lutscher aus der Verpackung zu nehmen „Hier…..Wünscht Ihr noch etwas, Herr?“ Mit „Herr“ hatte ihn wirklich noch keiner angesprochen. Stolz stopfte sich der Kleine den Lutscher in den Mund und schüttelte den Kopf. Das schmeckte gut. Er zog ihn wieder heraus: „Danke, Sesshoumaru“, sagte er höflich. Der Standbesitzer überlegte flüchtig, ob er den Preis erwähnen sollte, nahm aber davon Abstand. Youkai taten, was sie wollten, und wenn er den hier beleidigen würde, könnte das gesamte Dorf in Schutt und Asche enden. Aber komisch war das Paar da schon. Er hatte eigentlich noch nie ein Youkaikind gesehen. Irgendwie wirkte das richtig niedlich. Und er sagte danke, etwas, das man von Youkai sonst nie zu hören bekam. Sesshoumaru drehte sich um und ging. Inuyasha hielt noch immer seine Hand, lutschte nun aber begeistert. Er kam nicht auf die Idee, dass man einen Einkauf bezahlen müsste. Seine Mutter hatte auch nie etwas bezahlt. Und die Dorfbewohner waren damit zufrieden, dass der der Lutscher ein Austausch für ihr Leben gewesen war. Die Youkailords hatten es in der Versammlungshalle kaum ausgehalten. Aber selbstverständlich wäre es undenkbar gewesen, dem Herrn zu folgen, den Kampf zwischen ihm und dem Hanyoumonster zu beobachten. Als nun der Schlossherr mit einem kleinen, rotgekleideten Wesen an der Hand die Halle betrat, schraken sie so zusammen, dass es Inuyasha nicht entgehen konnte. Verlegen klammerte er sich an die Hand seines großen Bruders. Das hier waren doch alles Youkai? Wollten die ihn jetzt fressen? Aber warum starrten sie ihn so an, pressten sich an die Wände? „Meine Lords, ich möchte euch meinen Halbbruder Inuyasha vorstellen.“ Der Schlossherr stellte amüsiert fest, dass die Reaktion seiner Lords so war, wie er sie beabsichtigt hatte. „Inuyasha, das sind die achtzehn, nein, siebzehn Youkailords der westlichen Gebiete.“ Der kleine Hanyou nahm den Lutscher aus dem Mund: „Sie sind Lords. Also starke Youkai?“ „Ja, Inuyasha.“ „Dann sterben sie nicht so schnell?“ „Nein, Inuyasha.“ „Darf ich dann mit ihnen spielen?“ Er schob den Lutscher wieder in den Mund. Sesshoumaru hätte fast gegrinst, als er bemerkte, wie den ersten seiner ach so kühlen Lords der Schweiß ausbrach: „Nein, Inuyasha“, sagte er: „Ich brauche sie noch.“ Irrte er sich, oder versuchte da gerade jemand aus dem Fenster zu klettern? Tatsächlich. Diese Miniaturausgabe eines halben Hundes versetzte seine Lords in eine derartige Panik? Wie überaus amüsant. So konnte er ihnen seine Kopfschmerzen der letzten Tage heimzahlen. Außerdem musste er mit dem Kleinen mal ein ernstes Wort reden: „Komm jetzt, Inuyasha. Die Lords möchten doch sicher noch das Fest vorbereiten.“ „Oh, ein Fest!“ Der Kleine sah empor: „Darf ich…darf ich da auch bei sein?“ „Ja.“ Schon, weil die Lords verzweifelt abzuwinken versuchten. In seinem Arbeitszimmer nahm der Schlossherr Platz und betrachtete den Hanyou, der sich ebenfalls niederließ, seinen Lutscher fertig ass. Nichts an dem Kleinen wirkte mörderisch, wahnsinnig oder monsterhaft. Immerhin war das auch ein Sohn seines Vaters. Er warf einen Blick auf die Liste: 101 Wege, einen Hanyou zu töten. „Inuyasha, erzähle mir doch einmal. Du bist über die hohen Berge gekommen?“ „Ja.“ „Dort oben ist ein Grenzposten, nicht wahr?“ „Ja. Und da waren so blöde Katzenyoukai, die mich umbringen wollten.“ „Und dann hast du sie getötet?“ „Nein, das ging nicht.“ „Nein?“ „Nein. Da war auf einmal soviel Schnee da. Und sie waren dann weg. Da bin ich dann weitergegangen.“ Hm, dachte der große Bruder: „Und wie war das mit den zehn anderen Katzenyoukai?“ „Welche zehn?“ „Hast du danach noch einmal Katzenyoukai gesehen?“ „Nur einen, der ist von der Brücke gefallen. Da war so eine Hängebrücke, die ist eingestürzt. Ich bin gerade noch rübergekommen, aber dann ist sie kaputt gewesen.“ Interessant. Sesshoumaru warf einen Blick zur Decke. Da war wohl jemand der Liebling der Glücksgöttin. „Ich denke, du erzählst mir das Ganze einmal ausführlich. Du bist also aus dem Schloss deiner Mutter weggelaufen, nachdem sie tot war?“ „Nein. Sie haben mich verjagt.“ „Wie bitte?“ „Sie haben mit Steinen nach mir geworfen.“ „Leben sie noch?“ „Ja, natürlich.“ Nicht mehr lange, dachte der Schlossherr unwillkürlich, sagte aber: „Und was passierte dann?“ „Nach ein paar Tagen traf ich Mizu. Die hat auch ein Hanyoukind und war sehr nett zu mir.“ Inuyasha war sehr angetan, wie aufmerksam ihm sein Halbbruder zuhörte. „Sie gab mir zu Essen…Den blöden Youkai, der sie umbringen wollte, habe ich dann irgendwie erledigt.“ „Irgendwie?“ „Es war das erste Mal“, gab der Kleine zu: „Inzwischen habe ich fleißig geübt und kann diesen Klauenangriff ganz gut.“ Geübt nannte er das? Was für ein sonniges Gemüt. Oder war alles ganz anders, als die Lords es gesehen hatten? „Erzähl nur weiter, Inuyasha….“ ********************************************** nun ja, Inuyasha erzählt weiter...und die Lords leben weiter..und.. ja, was das "und" ist, lest ihr im nächsten und letzten Kapitel: "Er, dessen Name nicht genannt werden darf.." Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich, wie gewohnt, eine Ens, wenn ich sehe, dass das Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 12: Er, dessen Name nicht genannt werden darf ----------------------------------------------------- Hier kommt das letzte Kapitel. Inuyasha hat in den vergangenen drei Wochen deutliche Spuren hinterlassen, mit ungeahnten Folgen für einige Leute. Viel Spaß beim Lesen! 12. Er, dessen Name nicht genannt werden darf Mizu betrachtete das schlafende Kind in ihrem Arm. Wie es wohl dem armen Kleinen gehen mochte, der vor drei Wochen hier gewesen war? Sie dachte oft an ihn. Inuyasha war so ein nettes Kerlchen gewesen. Und immerhin hatte seither keiner von Lord Sarus Leuten mehr versucht, sie und ihr Kind umzubringen. Hatte es etwas geholfen, dass sie gesagt hatte, Inuyasha beschütze sie? Das konnte sie sich eigentlich nicht vorstellen. Saru war nicht dafür bekannt, seine Meinung zu ändern. Sie wusste ja nicht einmal, ob er nicht seinen eigenen Sohn getötet hatte, weil er der Vater ihres Kindes war. Sie hatte seit Wochen nichts mehr von Umakai gehört. Ein Klopfen an der Tür ließ sie zusammenfahren. Niemand besuchte sie in dieser Waldeinsamkeit. „Öffne, Mizu!“ Das war sicher jemand von Lord Saru, dachte sie. Wer sonst kannte ihren Namen. Das war es also gewesen? Sie stand auf, das Kind im Arm. Was sollte sie schon tun? Vielleicht würde sie den Youkai überreden können, wenigstens das Baby am Leben zu lassen, aber das wagte sie zu bezweifeln. Hanyou hatten weder in den Augen der Menschen noch der Youkai ein Lebensrecht. Sie öffnete. Und erschrak zutiefst. Vor ihrer Hütte stand ein vornehmer älterer Youkai, den sie nie zuvor gesehen hatte. Aber die anderen fünf dahinter waren sicher Leute aus Sarus Leibwache – und sie konnte unschwer erraten, wer der Lord vor ihr war. „Lord Saru“, brachte sie hervor. „Guten Tag, Mizu.“ Mit einer so höflichen Begrüßung hatte sie nicht gerechnet. Ängstlich drückte sie das Kind an sich: „Was...was wünscht Ihr?“ „Ich möchte meinen Enkel einmal ansehen.“ Mizu starrte ihn an: „Ihr meint, töten?“ „Aber nein, nein. Das Gesetz wurde geändert, weißt du.“ „Das Gesetz?“ War Saru jetzt verrückt geworden? „Hanyou aus vornehmen Familien dürfen erst angegriffen werden, wenn sie ausgewachsen sind, damit es ein fairer Kampf ist. So lautet der Beschluss, den ER gestern auf dem Fest verkündet hat.“ Flüchtig dachte er an das entsetzte Schweigen im Saal, das bedrohlich fröhliche Lachen des Hanyoumonsters, das das wohl für einen guten Witz gehalten hatte. Mizu hörte die Ehrfurcht in dem Wort „ER“. Wer das wohl war? Jedenfalls irgendwer, der selbst Lord Saru Vorschriften machen konnte. „Gilt das dann auch für jemanden wie Inuyasha?“ Verwirrt stellte sie fest, dass Lord Saru einen entsetzten Mehrmetersprung nach hinten gemacht hatte, seine Leibgarde sich auf die nächsten Bäume zurückgezogen hatte. „Mizu!“ keuchte der Youkailord: „Nie diesen Namen! Erwähne nie wieder diesen Namen!“ „Inu..“ Sie brach ab. Was war denn in den letzten Wochen nur geschehen? Immerhin schienen die Youkai buchstäblich panisch, als sie den Namen des Kleinen erwähnt hatte. Und wer war wohl dieser ER? Nun, eigentlich ging es sie nichts an. So fuhr sie fort: „Ich möchte nur wissen, Lord Saru, ob Ihr wirklich weder mich noch mein Kind mehr töten wollt.“ „Ja. Du hast das Wort eines Lords der Youkai. Ich möchte meinen Enkel nur ansehen. Und ich werde morgen meinen Sohn Umakai aus dem Kerker holen und zu dir schicken, damit er sich seinen Sohn auch ansehen darf.“ Lord Saru kam näher, betrachtete den Kleinen: „Er sieht ja ganz brav aus.“ „Ist er auch.“ „Er ist also kein solches Hanyoumonster, wie in den alten Sagen?“ „Nein, sicher nicht“, antwortete sie verwirrt. Was für ein Hanyoumonster? Was für alte Sagen? „Darf ich…darf ich ihn nehmen?“ Sie zögerte. Aber was konnte sie schon den ganzen Youkai, noch dazu einem Youkailord entgegensetzen? Immerhin war die Leibgarde auch wieder von den Bäumen abgestiegen und stand hinter ihm. So reichte sie das Baby seinem Großvater. Saru betrachtete es: „Es hat jedenfalls Youki“, sagte er: „Nun gut... Wie heißt er?“ „Ich…sein Vater hat ihm noch keinen Namen geben können.“ Immerhin hatte Saru ihn ja eingesperrt. „Ja, gut. Ich sagte schon, ich schicke ihn morgen zu dir.“ Er gab das Kind zurück. Mizu beschloss, es noch einmal zu versuchen. Das seltsame Verhalten der Youkai, die Tatsache, dass sie Inuyashas Namen nicht nennen sollte…das musste doch irgendwie zusammengehören. So meinte sie: „Ich…vor einigen Wochen war der, dessen Namen ich nicht nennen darf, bei mir zu Besuch. Wisst Ihr, ob es ihm gut geht?“ „Oh ja, sehr.“ „Ich hatte mir Sorgen um…um ihn, dessen Namen ich nicht nennen darf, gemacht. Er war so verlassen.“ „Das ist er nicht mehr. ER hat ihn.“ Mizu war verwundert. „ER“ und „Er, dessen Name nicht genannt werden darf“? Aber da war ein Unterton gewesen, der sie hinderte, weiter zu fragen. Und wenn nun das Kleine und sie am Leben bleiben konnten, sogar Saru seinen Sohn wieder zu ihr lassen würde…eigentlich war dann alles in Ordnung. Und wenn dann sogar noch Inuyasha nicht mehr allein wäre… Lord Saru begab sich zuhause sofort in den Kerker: „Mein Sohn….“ „Mein Herr und Vater.“ Das klang bitter. Umakai sah keinen Grund, freundlich zu sein. „Ich...ich wollte es mir nicht nehmen lassen, dich eigenhändig hier von den Ketten zu befreien.“ „Dann hast du also Mizu und das Kind getötet.“ „Wieso?“ Der Lord löste die Fessel. „Das wolltest du doch tun. Warum sonst lässt du mich hier raus?“ „Damit du dir den Kleinen ansehen kannst, und, wie es die Pflicht eines Vaters ist, ihm einen Namen geben kannst. Er hat sehr niedliche Federn auf dem Kopf. Er hat mich sehr an dich erinnert, als du so klein warst.“ Ein kleines Seufzen lag in der Stimme des mächtigen Lords. Umakai rieb sich ein wenig die schmerzenden Handgelenke, erkundigte sich aber: „Geht es Euch gut, Vater?“ Solange war er doch hier auch nicht eingesperrt gewesen? „Ja, ja.“ „Irgendwie seht Ihr ein wenig….abgespannt aus.“ Nun, um ehrlich zu sein, hatte er seinen Vater kaum nach einem harten Zweikampf so fertig gesehen. „Die vergangenen Wochen haben mich etwas mitgenommen“, gestand Lord Saru: „Aber nun komm, mein Sohn. Und dann geh zu Mizu und sieh dir deinen Sohn an. Aber versprich mir eines.“ „Was?“ „Wenn diese Menschenfrau stirbt, nimmst du den Kleinen mit her. Er ist trotz allem mein Enkel und soll so erzogen werden, dass er zu keinem Hanyoumonster, wie aus den alten Sagen, wird.“ „Hanyoumonster aus den alten Sagen“, wiederholte Umakai verständnislos. Sein Vater hatte ihn vor Wochen eingesperrt, gesagt, er würde ihn erst herauslassen, wenn er sicher wäre, dass er weder Mizu noch das Kind je wieder zu Gesicht bekommen würde. Und jetzt das? „Ja, so wie er, dessen Name nicht genannt werden darf. Ach ja, und wenn Mizu tot ist, solltest du dir wirklich eine Youkai suchen, als Ehefrau.“ „Ja, Herr Vater.“ Er, dessen Name nicht genannt werden darf? War sein Vater in den letzten Wochen durch die Sache mit dem Hanyou-Enkel etwa verrückt geworden? Nein, beschloss Umakai. Das konnte doch auch nicht sein. Vielleicht konnte ihm Mizu da ein wenig Aufklärung verschaffen. Eines war jedenfalls offensichtlich. Sein Vater hatte einen Schwenk um einhundertachtzig Grad vollzogen. Denn er nahm keinen Moment an, dass der ihn anlog, Mizu oder das Baby noch töten wollte. Warum allerdings…Nun, eigentlich sollte es ihm egal sein. Der Gast aus dem Norden betrachtete den Schlossherrn: „Nun, ich wäre damit einverstanden. Aber, wenn ich das so recht betrachte, mein Lieber, benötigt Ihr dazu noch die Einwilligung des zuständigen Lords, nicht wahr? Und Lord Ogodai neigt meines Wissens nicht dazu, etwas von seinem Besitztum abzugeben.“ Der Herr des Westens nickte leicht: „Ihr werdet es wissen, er grenzt ja an Euer Gebiet. Aber….“ Er sah auf. Die Lords der westlichen Gebiete saßen höflich am anderen Ende der Halle, um die Verhandlungen nicht zu stören. „Lord Ogodai, wenn du mal kurz herkommen würdest.“ Der tat es. Er hatte das schon befürchtet. Wenn der Herr des Nordens herkam, ging es sicher wieder um diesen Berg mit der Silbermine. Und die würde er eigentlich gern selbst behalten. „Mein Herr?“ „Du bekommst vier Dörfer am Kinji- Plateau und gibst dafür die Silbermine ab.“ „Edler Herr…“ „Oder“, fuhr der Schlossherr gelassen fort: „Du darfst ein wenig mit meinem kleinen Halbbruder spielen.“ Ogodai wurde blass: „Herr, natürlich werde ich tun, was immer Ihr wünscht. Wo darf ich unterschreiben?“ Der Gast hatte mit leisem Erstaunen zugehört. Soweit im Norden, wie er wohnte, hatte er nur Gerüchte gehört, dass da ein Zweitgeborener aufgetaucht sei, der aber nichts weiter zu bedeuten hätte, da er nichts als ein Hanyou sei. Warum also wurde ein Lord wie Ogodai, bekannt als mächtiger Kriegsherr, blass bei der Vorstellung, mit einem Hanyou spielen zu sollen? War das noch ein Kind und galt das im Westen hier für demütigend, mit einem Kind zu spielen? Später fragte er ein wenig diplomatisch einen der anderen Lords, den er schon länger kannte: „Ich kann mir vorstellen, dass es peinlich ist, für einen Lord, mit einem Kind zu spielen, einem Hanyou zumal. Ist das hier eine Strafe?“ Der seufzte ein wenig: „Gewöhnlich nicht.“ „Nun, bei uns bringt man Hanyou um.“ Seiner Lordschaft entkam ein sehr unvornehmes Seufzen:„Das haben wir alle auch versucht, ehe wir erfuhren, wer der Kleine ist. Und wir sind gescheitert. Na, und was seinen Spieltrieb betrifft - ich möchte wetten, dass er schon mehr Tote hinterlassen hat als ich. Er tut so harmlos, bei einem gemeinsamen Fest wollte er mit unseren Kindern spielen.“ Für einen Moment schwang noch das schiere Entsetzen in seiner Stimme, das die Lords bei dieser Aufforderung empfunden hatten. „Nun, wir konnten es ihm nur unter Lebensgefahr verweigern und dann haben sie auf Befehl des Herrn Ball gespielt. Er sagte zu dem Hanyoumonster, es solle einen Ball holen. Ausdrücklich! Denn sein sonstiges Spiel ist mörderisch.“ „Scheint ja ein interessantes Kerlchen zu sein…“ Er brach ab, denn die Tür wurde aufgerissen und eine kleine rot-weiße Gestalt kam herein gelaufen, rannte zu dem Schlossherrn: „Komm mal, Sesshoumaru, guck, was ich gefunden habe!“ Der Schlossherr seufzte ein wenig. Aber solange er dem Kleinen erlaubte, hier zu leben, müsste er ihm auch Benehmen beibringen: „Was auch immer es ist - zuerst begrüße unseren Gast. Er ist der Herr der nördlichen Länder.“ Inuyasha drehte sich um, betrachtete den Fremden: „Du bist ein sehr starker Youkai, oder?“ „Ja“, sagte der Gast amüsiert. Das war eindeutig ein Hanyoukind. Schwach und harmlos. Warum sein werter Kollege den hier hatte? Aus sentimentalen Regungen? Eine lebende Erinnerung an seinen Vater? Das hätte er ihm nie zugetraut. „Hallo. Magst du sehen, was ich gefunden habe? Der ist vom Himmel gefallen.“ „Wieder ein Toter?“ erkundigte sich der Schlossherr sachlich. „Ja.“ Der Kleine nickte eifrig: „Das waren heute schon zwei. Einer im Garten und einer in der Schlosshalle.“ Der Gast wunderte sich ein wenig, dass die Lords aufstöhnten. Sein Gastgeber blieb kühl: „Dann sag dem Dienstpersonal, sie sollen sie aufräumen.“ „Ja.“ Der kleine Hanyou musterte noch mal den Gast: „Du würdest doch nicht so schnell sterben, oder?“ „Bitte?“ Das hatte ihn auch noch niemand zu fragen gewagt. „Wie diese ganzen Youkai, immer. Sie sind dauernd gleich tot. Aber Sesshoumaru lässt mich ja nie mit einem Lord spielen.“ Er verzog ein wenig das Gesicht, ehe er rausging. Der Herr des Nordens starrte ihm nicht nur geringfügig verwirrt hinterher. „Versteht Ihr nun?“ sagte der Lord: „Er redet von spielen – und Youkai sind tot. Er hat schon einmal den Gebieter gebeten, mit einem von uns spielen zu dürfen, da wir länger brauchen würden, um zu sterben. Der Herr meinte, er benötige uns noch. Das und nur das schützt uns vor diesem Hanyoumonster. Denn ER ist der Einzige, der dieses Monster unter Kontrolle hat.“ Sesshoumaru hatte es amüsiert gehört. Und wieder hatten zwei Idioten versucht, seinen Halbbruder entgegen dem Gesetz, das er selbst verkündet hatte, umzubringen. Er war wirklich neugierig, wann sie damit aufhören würden. Aber noch immer schienen sich ein paar Trottel davon Ehren zu erhoffen, dass sie einen kleinen Hanyou töteten. Durch das Gesetz, dass er gemacht hatte, kam Inuyasha allerdings straffrei davon. Eines stand jedenfalls fest: der Kleine war stark und wenn er eines Tages herangewachsen wäre, würde er ein würdiger Gegner für ihn selbst sein. Und er würde ihn umbringen. Aber dazwischen würden vermutlich noch einige Youkai ihr Glück versuchen – und an dem Glück seines Halbbruders scheitern. Es würde noch einige Zeit ins Land gehen, ehe er ihn hier aus dem Schloss werfen würde, ihn auf die bei Youkai üblichen Lehr- und Wanderjahre schicken würde, ehe er ihn zum Kampf fordern würde. Ihm war klar, dass seine Lords bereits jetzt vor diesem Zeitpunkt zitterten, an dem sie erneut dem Hanyoumonster in freier Wildbahn begegnen würden. Aber er sah keinen Grund, das zu ändern. Seit Inuyasha im Westen aufgetaucht war, waren die Lords geradezu ein Ausbund an Gehorsam. Sollten sie nur weiterhin glauben: Cave Hanyou. Vor Hanyou wird gewarnt. ********************************************************** So, ich hoffe, es hat euch gefallen. In eigener Sache: der Krimi läuft noch drei Kapitel. In der letzten Augustwoche oder Anfang September werde ich beginnen, die vierte Staffel der Hundeyoukai-saga hochzuladen. Drachenkrieg. Danach gibt es dann wieder eine Brüder-Geschichte, allerdings liegt da der Schwerpunkt mehr auf Action und Spannung. bye hotep Hosted by Animexx e.V. 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