Diagnose: Schizophrenie oder auch: Was passiert wenn Yamis sich einmischen von Sargeras ================================================================================ Kapitel 1: Der Gang zum Psychiater ---------------------------------- Kapitel 1: Der Gang zum Psychiater   Ryou konnte es nicht fassen, "Warum bin ich nur mit diesem Yami geschlagen?" dachte er grummelnd. Ein seltener Anblick, da er ansonsten fröhlich die Straße entlang ging, nur diesmal hatte er wirklich nichts zu lachen und auch keinen Grund, auch nur im entferntesten fröhlich zu sein. "Ist etwas, Hikari?" ertönte eine gedankliche Stimme neben Ryou. Zwar sagte der Verstand von besagtem Hikari, dass es nur eine telepathische Stimme war, doch die scheinbare Richtung, aus der diese nur allzu bekannte Stimme kam, wirkte unglaublich realistisch. Kurz schielte Ryou zur Seite, und tatsächlich konnte er dort eine durchscheinende Gestalt sehen, die ihm sehr ähnlich sah.   "Hey Hikari, ich hab dich was gefragt. Wo gehen wir hin?" Doch statt eine Antwort zu geben, sagte Ryou nichts. Schließlich hatte Bakura ihm ja diesen Mist eingebrockt. Seine Lehrerin hatte ihm doch tatsächlich gesagt, dass er einen Psychiater aufsuchen sollte, da ihr seine 'schwankenden Launen', wie sie es nannte, aufgefallen waren. Ryou hatte nur genickt, allerdings ohne zu wissen, dass seine verehrte Lehrerin schon einen Termin hatte machen lassen. Natürlich nicht bei der Schulpsychologin, die hatte nach Meinung seiner Lehrerin einfach nicht genügend Erfahrung.   Frau Tatsuya, eine sehr nette Frau, wie Ryou fand, wollte ihm eigentlich nur helfen, und das wusste Ryou besser als jeder andere. Aber wieso musste sie ihn zum Psychiater schicken? Zugegeben, Ryou kannte den Grund, aber er hatte trotzdem nach dem 'Warum' gefragt. "Ich hätte es lassen sollen... der Grund war doch klar", sagte Ryou sich im Geiste, als er sich an die Antwort seiner Lehrerin erinnerte.   "Hey Hikari! Rede mit mir!" hörte Ryou wieder die Stimme seines Yamis. Sie war so laut, dass er Kopfschmerzen bekam, daher antwortete er diesmal, allerdings leise und zischend: "Ich gehe zum Psychiater." Er schielte bei dieser Antwort zu Bakura, um dessen Reaktion zu beobachten. Die fiel allerdings ziemlich seltsam aus, da der Yami nur den Kopf schief legte und ein völlig überflüssiges: "Warum musst du denn zu diesem Seelendoktor? Bist du etwa verrückt?" fragte.   Der Hikari verdrehte darauf die Augen; Bakura musste genau wissen, warum Ryou zum Psychiater musste, aber er spielte ständig den Unwissenden, das war sozusagen sein Hobby. "Nein, ich bin nicht verrückt. Ich gehe da hin, weil du in der Schule ständig die Kontrolle über meinen Körper übernimmst oder mich mit deinen Kommentaren bombardierst." Ryou war mit jedem Wort etwas zynischer geworden in der Hoffnung, sein Yami wäre dadurch stiller, aber da kannte er seinen Yami schlecht.   "Was kann ich dafür, wenn du ständig in Schwierigkeiten gerätst?" entgegnete der dunkle Geist. Ryou konnte nur aufseufzen, und da er wusste, dass streiten nichts nutzte, jedenfalls nicht mit seinen Streitfähigkeiten, schwieg er lieber. Das Dumme war nur, dass er auch mit Freundlichkeit bei Bakura nicht weiter kam. Ryou hielt daher kurz an und schloss seine Augen. Wenn er sich genug konzentrierte, konnte er Bakura bestimmt ignorieren und diesen unangenehmen Umstand irgendwie überstehen.   Ryou hatte eigentlich keine Angst vor Ärzten, aber mit Bakura als Handicap... sofort musste er an die Situation denken, die er heute vor Schulschluss erlebt hatte. Den ganzen Unterricht lang hatte Bakura ihm in den Ohren gelegen, dass das, was die Lehrerin ihnen gerade erzählte, totaler Unsinn war. Zugegeben, da das Unterrichtsfach die Bezeichnung 'Geschichte' trug und das Thema 'das alte Ägypten' gewesen war, besaß Bakura theoretisch ein unglaubliches Hintergrundwissen aus erster Hand. Nur leider hatte er Einwände gemacht, die eindeutig Standpunktabhängig waren. Er hatte die ganze Zeit genervt, bis Ryou ihm klar gemacht hatte, er sollte endlich still sein, damit er dem Unterricht folgen konnte! Dummerweise hatte sich sein Sitznachbar, ein netter, wenn auch schreckhafter Typ Mensch, angesprochen gefühlt und Frau Tatsuya informiert. Nach dem Unterricht hatte sie Ryou also beiseite genommen und ihm gesagt, er solle sich doch bitte nach der letzten Schulstunde bei ihr im Büro melden.   Langsam ging Ryou die Straße weiter entlang, als er diese Erinnerung noch einmal durchging. Er hatte leise die Bürotür geöffnet und war eingetreten. Seine Lehrerin saß am Schreibtisch des engen Zimmers, schaute seitlich neben dem antiquierten Computerbildschirm vorbei und bat Ryou, sich ihr gegenüber zu setzen, ihr besorgter Blick hatte dabei Bände gesprochen. Mit genauso besorgter Stimme hatte sie ihm zu vermitteln begonnen, dass sie sich große Sorgen um Ryou machte. Er wäre sehr gut in allen Fächern, außer in Sport, was sie bei seinem Sportlehrer aber verstehen würde. Sie hatte gesagt, dass sie dies sehr freuen würde, aber natürlich hatte Ryous Lehrerin schließlich in das Thema eingelenkt, das sie beschäftigte.   "Ich muss aber sagen, dass ich sehr besorgt bin, was deine Psyche betrifft. Du redest manchmal mit dir selbst, wirst urplötzlich ohne jeden Grund laut im Unterricht und in den Pausen..." Sie hatte sich hier unterbrochen, um tief einzuatmen. "Du bist ansonsten ein unglaublich lieber Junge, aber du schlägst dich immer öfters auf dem Schulhof. Selbst einige, von denen ich gehört habe, sie seien Schläger, haben inzwischen Angst vor dir. Ich finde es zwar schön, dass du dich zu wehren weißt, aber so kann es nicht weitergehen..." Ryou hatte von da an versucht, das ganze irgendwie zu erklären, aber es war dann doch darauf hinausgelaufen, dass seine Lehrerin ihm mitgeteilt hatte, er solle zum Psychiater gehen. "Ich habe dich bei Dr. Muyaki angemeldet; er ist ein Fachmann und ich möchte, dass du heute Nachmittag um 16.00Uhr da hingehst. Er wird dir sicherlich helfen können."   Der Hikari hatte wirklich mit Engelszungen geredet, aber seine Lehrerin hatte ihm sein 'Glück' praktisch aufgezwungen. Auf Ryous Frage, ob denn nicht ein Gang zur Schulpsychologin ausreichte, hatte sie abgewunken und ihm mitgeteilt, dass die Psychologin für seinen Fall einfach nicht kompetent genug war. Natürlich meinte sie es nur gut und das wusste Ryou auch, aber... Er hatte nicht gerade gute Erfahrungen mit Seelenklempnern gemacht. Allerdings, auch wenn sein erster eine Katastrophe gewesen war, so hatte der zweite ihm doch, zugegebenermaßen, sehr geholfen. Das war allerdings vor der Zeit des Ringgeistes gewesen.   "Hey Ryou, sag mal: Wie heißt noch mal der Seelenklempner, zu dem du sollst?" fragte Bakura schnippisch und unterbrach so Ryous Gedanken nach einiger Zeit. Ryou sah kurz zur Seite und sagte so unauffällig, wie es ihm möglich war: "Dr. Muyaki, aber warum fragst du?" "Nun, weil du eben an seiner Praxis vorbei gelaufen bist." Der Hikari schaute plötzlich irritiert nach hinten und tatsächlich stand dort etwa 20m weit weg ein Haus im altjapanischen Stil. An Kleinigkeiten konnte man erkennen, dass es sich um einen Nachbau handelte, nicht um ein wirklich antikes Gebäude. Neben dem Eingangstor hing ein Schild sowohl in Kanji als auch in lateinischen Lettern: „Psychologische Betreuung, Praxis Dr. Muyaki.“ Das war ihm nun wirklich sehr peinlich.   "Danke für den Hinweis", sagte Ryou noch, auch wenn er wusste, dass Bakura ihn eher hatte ärgern wollen. Er war wohl so in Gedanken gewesen, dass er an dem ganzen Gebäude vorbei gegangen war. Jedoch war er schnell wieder an dem entsprechenden Tor und betrat zögerlich das Grundstück. Hinter dem geöffneten Holztor befand sich ein kleiner Garten, der durch die Außenmauer vom Rest der Stadt abgetrennt war. Ryou schaute sich kurz um, es war ein ruhiger Ort, wohl genau das richtige um Menschen zu terapieren. Nach wenigen Metern aber begann bereits das Dojo-ähnliche Gebäude, welches sich schon nach den ersten Schritten als wenig altmodisch eingerichtet erwies. Es begann mit einer Glastüre, hinter der sich eine kurze Treppe verbarg, die zu einem Empfangsraum führte. Die Einrichtung war ein Mix aus moderner und altjapanischer Innenarchitektur, Ryou hatte den Eindruck, als sei es gewollt, aber nicht gekonnt auf alt und idyllisch getrimmt. Am Empfangstresen begrüßte ihn dann eine sehr freundliche Empfangsdame. "Hallo junger Mann, kann ich etwas für Sie tun?" Ryou war etwas schüchtern, schließlich war er nicht jeden Tag beim Psychiater. "H-hallo i-ich habe einen Termin..." Natürlich konnte Bakura es nicht lassen seinen Senf dazu zu geben, er schüttelte neben ihm lachend den Kopf: "Bitte, der Auftritt war ja lächerlich! Die Frau hat täglich mit 'richtigen Verrückten' zu tun und nicht nur mit so Pseudos wie dir, da brauchst du dich nicht zu schämen, hier zu sein."   Diesmal jedoch ignorierte Ryou ihn völlig und wartete nur darauf, dass die nette Dame hinterm Tresen etwas sagte. Sie klickte etwas auf einer Tastatur herum und schaute seitlich auf einen moderneren PC-Bildschirm, wo wahrscheinlich Termine und allerhand andere Dinge aufgelistet wurden. "Ah, sie sind Ryou Bakura? Das trifft sich sehr gut, gehen Sie bitte schon einmal in das Gesprächszimmer. Der Doktor kommt gleich nach.“ Die Freundlichkeit ließ Ryou etwas lächeln und mit einem "Danke" ging er zu dem Zimmer, zu dem die freundliche Dame wies. Sie selbst ging voraus und öffnete die Tür, um Ryou hinein zulassen; als er eingetreten war, blieb sie jedoch draußen und schloss sie wieder hinter ihm. Das 'Gesprächszimmer' war wie auch der Empfangsraum eine Mischung aus moderner rund altjapanischer Innenarchitektur. Die meisten Möbel hätten ebenso aus der Shogunzeit stammen können, allerdings stand in einer Ecke auch eine typische Liege und ein Stuhl, dazwischen ein Glastisch. Wieder in einer anderen Ecke waren zwei Sessel, zwischen denen ein kleiner Holztisch stand. "So eine Falschheit ist fast schon ekelhaft, die macht dir nur was vor, da musst du sie nicht auch noch anlächeln. Vergiss nicht, dass diese Frau zu allen Verrückten freundlich sein muss." Bakura hatte sich natürlich nicht zurückhalten können. Jedoch schien diesmal etwas Eifersucht in seiner Stimme mitzuschwenken, allerdings könnte dies auch Ryous Einbildung entsprungen sein. "Musst du eigentlich alles mies machen?" fragte Ryou darauf genervt zur schemenhaften Gestalt, die eben zu einem der Sessel gegangen war und sich gesetzt hatte. "Du kennst mich doch..." fing Bakura an, doch Gott sei Dank öffnete sich die Tür erneut und ein ca. 35 jähriger Mann mit dunkelblauen Haaren trat ein. Er schritt auf Ryou mit einem Lächeln auf den Lippen zu, was letzterem etwas die Anspannung nahm.   "Guten Tag, Herr Bakura, oder darf ich Sie Ryou nennen?" begrüßte er den Schüler, der auch gleich die angebotene Hand entgegen nahm. "Guten Tag... Die meisten nennen mich nur Bakura, aber Sie können mich auch Ryou nennen, wenn Sie wollen." "Schleim nicht so, das ist ja ekelhaft", war die Bemerkung des Yamis dazu. Diesmal bemühte sich Ryou jedoch, ihn zu ignorieren, um dem Psychiater nicht gleich die Bestätigung zu geben, dass er wohl doch schizophren war.   "Gut Ryou... setz dich doch bitte, damit wir etwas reden können," sagte der Arzt und wies auf einen bequemen Sessel. Ryou nahm das Angebot an und setzte sich hinein. Muyaki selbst setzte sich ihm gegenüber, ein Notizblock sowie ein Stift lagen bereits auf dem Tisch bereit. "So Ryou, bevor wir anfangen, möchte ich dir kurz erklären, worum es geht und was wir hier machen werden." Zweifellos sollte das Ryou die Angst oder die Nervosität nehmen, was auch funktionieren würde, wenn sein Yami sich nicht einmischte. "Ach nein, jetzt kommt es... ich langweile mich jetzt schon zu Tode..." Bakura verdrehte bei dieser Aussage die Augen und gähnte auch noch.   "Nun Ryou, deine Lehrerin hat mich angerufen, da sie glaubt, du hättest einige Probleme, die du mit deiner Fantasie kompensierst. Das ist an sich nichts Schlechtes, aber es wäre doch besser, ohne Probleme oder eine Belastung zu leben, oder nicht? Daher möchte ich mich ein wenig mit dir unterhalten, um mir einfach nur ein Bild von dir zu machen." Wenn der Doktor auch nur im Entferntesten wüsste, dass Ryou einen 3000 Jahre alten Geist mit sich herumschleppte, der nicht nur ziemlich brutal werden konnte, sondern auch noch aufs Extremste nervig war, hätte er sich wohl das Wort "Belastung" verkniffen. Leider wusste er es nicht und der Hikari hatte auch nicht vor, dem Doktor das auf die Nase zu binden, daher nickte er bestätigend.   "Da bin ich aber gespannt, was der Quacksalber mit dir macht", hörte Ryou von Bakura in seinem Kopf, aber er ignorierte ihn einfach und hörte zu, was Muyaki zu sagen hatte. "Fangen wir am besten einfach mal an, ich habe ein paar einfache Fragen, die ich von dir beantwortet haben möchte. Sag, wenn ich anfangen kann, ja?" Der Psychiater nahm Block und Stift zur Hand, bevor er Ryou aufmuntert anlächelte. Es war jedoch kein drängendes Lächeln, sondern... etwas anders eben. Ryou nickte kurz, um zu zeigen, dass er bereit war, das Schlimmste war jedoch, dass er Bakuras schemenhafte Gestalt sehen konnte, wie er dem Arzt über die Schulter blickte.   "Hey, hier stehen echt Fragen, und ich dachte, das sei ein Scherz von dem." Noch bevor Ryou aber in die Versuchung kam, etwas darauf zu erwidern, fing besagter Psychiater an zu fragen. "Fangen wir einfach an. Hörst du manchmal Stimmen, obwohl außer dir niemand da ist?" Ryou tat so, als ob er kurz überlegen würde, dann schüttelte er jedoch mit einem "Nein" den Kopf. Bakura schien jedoch von der Antwort nicht besonders erbaut zu sein "Hey, und was ist mit mir? Bin ich etwa nicht so eine Stimme?"   Dr. Muyaki notierte sich etwas, dann hakte er jedoch nach: "Du hast eben kurz überlegt... warst du dir etwa unsicher?" Ryou war sich klar darüber, dass er, wenn er sofort geantwortet hätte, ebenfalls eine ähnliche Frage provoziert hätte. "Nun, ich wollte sicher gehen, dass ich nichts Falsches sage. Außerdem hätten sie doch sicherlich etwas Ähnliches gefragt, wenn ich sofort geantwortet hätte, oder?" Ryou war zwar eigentlich kein Klugscheißer, aber hier machte er mal eine Ausnahme, vor allem aber lenkte es von Bakura ab. "Okay, du hast mich erwischt. Du bist ganz schön schlau..." lobte der Blauhaarige und lächelte dabei freundlich.   "Sag mal, ignorierst du mich mit Absicht? Ach ja ich vergaß... der Kerl steckt dich ja in die Klapse, wenn du anfängst zu reden", sagte Bakura und las scheinbar, was auf dem Blatt stand und was der Doktor sich notierte. "Mensch Ryou, du bist ja gut, hier stehen Alternativfragen... Soll ich dir helfen?" Ryou schüttelte automatisch leicht den Kopf was er aber auch gleich bereute: "Ryou? Ist dir nicht gut?" Ryou hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen, aber stattdessen erfand er eine glaubwürdige Ausrede. "Es ist nichts... ich habe nur leichte Kopfschmerzen vom Unterricht. Die letzte Stunde hatte es in sich." Dabei log er noch nicht mal, denn die letzte Stunde in Mathematik war wirklich schwierig gewesen und Muyaki schien mit der Antwort zufrieden zu sein, allerdings notierte er sich wieder eine Kleinigkeit.   "Hey Ryou, hast du Schulstress? Oder warum notiert sich der Typ dieses Wort?" Im Stillen wünschte sich Ryou ein Klebeband für Bakura, aber der war ja nur ein Geist, also konnte er das leider vergessen. Diesmal reagierte Ryou aber nicht auf seinen Yami. "Gut Ryou, dann zur nächsten Frage: Hast du manchmal oder regelmäßig Blackouts, in denen du scheinbar etwas tust, was nicht deinem Benehmen entspricht oder woran du sich dann nicht erinnern kannst?"   Das war jetzt kniffliger, daher überlegte Ryou gründlich was er antwortete. "Was gibt es da zu überlegen? Natürlich hast du Blackouts, immer wenn ich die Kontrolle übernehme", sagte Bakura und lachte dann dreckig. Jedoch konnte Ryou das doch nicht zugeben oder doch? "Nein, eigentlich habe ich keine Blackouts. Nur manchmal mach ich etwas, das mir später unangenehm ist, und so was vergesse ich schnell, verstehen Sie?" "Hey, du lügst ja ohne rot zu werden, Hikari! Das ist aber gar nicht lieb von dir, du bist ja ein ganz Schlimmer", kommentierte Bakura die Erklärung von seinem Hikari. Er hatte dabei ein höhnisches Grinsen aufgesetzt, das Ryou auf die Palme bringen könnte, aber das durfte er hier ja nicht. Der Psychiater hingegen schien ihm zu glauben. "Ja, das ist eigentlich noch normal, also nichts Beunruhigendes." "Der kennt dich noch nicht, wenn es dir 'unangenehm' wird, also ich meine, er kennt mich noch nicht sonst hätte er etwas anderes gesagt", lachte Bakura, sich den Bauch haltend, er fand das wohl sehr komisch.   Ryou fand das gar nicht witzig, aber er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. "So Ryou, jetzt würde ich gerne etwas von deiner Wohnsituation wissen. Du bist nach meinen Unterlagen 17 Jahre alt und du wohnst noch bei deinen Eltern, oder?" Das kam Ryou einfacher vor, da er sich nichts einfallen lassen musste. "Nein, ich wohne alleine in einem Appartement." Muyaki schien erstaunt über diese Antwort zu sein. "Wieso wohnst du denn nicht bei deinen Eltern? Sind sie geschieden, oder was ist da passiert?"   Ryou öffnete den Mund, um zu antworten, aber Bakura fiel ihm ins Wort. "Sag ihm einfach, dass dein Vater sich als Grabräuber sein Geld verdient und dass deine Mutter schon vor Jahren den Löffel abgegeben hat." Dies strafte Ryou mit einem bösen Blick aus den Augenwinkeln in Richtung Bakura, der sich beim Reden neben ihn gesellt hatte. Erst dann gab Ryou seine Antwort. "Nun, wissen Sie, mein Vater ist Archäologe und ist fast immer in Ägypten oder in Amerika. Meine Mutter ist leider vor Jahren verstorben, daher wohne ich alleine. Im Haus meiner Eltern wäre ich jedoch zu weit von der Stadt entfernt, deshalb eben das Appartement. Aber keine Sorge, ich kann so eine Wohnung auch gut alleine unterhalten..." "Von wegen unterhalten, du hast den totalen Putzfimmel", beschwerte sich Bakura. "Sag dem Kerl, dass du jeden Tag putzt, damit der was dagegen tun kann, es ist ja kaum auszuhalten!" Erneut kassierte Bakura einen kurzen, finsteren Blick, aber diesmal bemerkte es auch Dr. Muyaki, daher folgte er Ryous Blickrichtung. „Hast du etwas oder warum siehst du so böse drein, Ryou?" Sofort wurde der Hikari gerade, er hatte sich verraten, aber Moment. Dort wo Bakura eben noch gestanden hatte, befand sich ein Ständer mit Räucherstäbchen. "Oh, entschuldigen Sie... die Räucherstäbchen da... nun ja ich bin allergisch gegen diese Sorte, wissen Sie?" Der Psychiater schaute noch einmal in die Richtung und nickte dann zufrieden. "Ach so, Ryou... sag so was bitte gleich." Er stand sogar gleich auf, um die Stäbe zu löschen. "Mir ist es erst eben aufgefallen, bitte entschuldigen Sie." entschuldigte sich Ryou und hatte eine zurückhaltende Stimme angenommen. Innerlich atmete er jedoch deutlich auf, und zwar dafür, dass Muyaki seine Ausrede geschluckt hatte. "Ryou, du lügst aber ganz schön... böser Junge..." höhnte deswegen sein Yami, doch dieses mal zeigte der Hikari ihm wieder die kalte Schulter.   "Nun gut, machen wir weiter... fühlst du dich manchmal einsam in deiner Wohnung, Ryou?" "Nein, eigentlich nicht. Ich habe ja noch meine Freunde..." Hier brach er ab, beinahe hätte er etwas von Bakura gesagt und erwähnt, dass er diesen mal gerne los werden würde. Zumindest für eine Weile. "Einsam... was für ein Unsinn, du hast doch mich, Ryou." "Auf dich könnte ich allerdings auch manchmal gut verzichten", dachte Ryou zynisch, schien aber äußerlich nicht weiter zu reagieren. Bakura ging ihm gerade gehörig auf die Nerven und liebend gerne hätte er ihn zurechtgewiesen...   Dr. Muyaki hingegen machte sich einige Notizen, bevor er weitermachte. "Wie oft triffst du dich denn so mit deinen Freunden, Ryou?" "Sonntags triffst du die Nervensägen und ab und zu kommt unser ach SO großer Pharao vorbei..." sagte Bakura gelangweilt und schaute noch mal dem Doktor über die Schulter. Sein Hikari atmete einmal tief aus, um seinem Zorn ein wenig Luft zu machen, bevor er antwortete: "Meist am Sonntag und ab und zu unter der Woche, aber da nicht so oft, weil ich für die Schule lernen muss." Muyaki schien zufrieden zu sein, da er sich wieder eine kleine Notiz machte und dann lächelte.   "So Ryou, du lebst ja alleine, soweit ich verstanden habe, oder?" Ryou nickte kurz als Antwort. "Das klingt etwas... einzelgängerisch. Hast du dir mal überlegt, ob es nicht besser wäre, in einer WG zu wohnen?" Ryou musste sich diesmal wieder die Antwort zurecht legen, schließlich war er zwar bei Frauen beliebt, aber von den meisten Jungen wurde er gemieden, seinem Yami schien die Idee mit der WG nebenbei auch ganz und gar nicht zu gefallen. "Das hätte der wohl gerne, bei uns kommt keiner in den Haushalt, klar? Das fehlte noch, dass ich dann diesen Trottel von Joey oder noch schlimmer, diesen Pharao ertragen muss. NEIN ganz sicher nicht, sag dem Idioten das, Ryou, oder ich mach das!" Bakura klang ziemlich gereizt, und wenn Ryou ehrlich war, hatte er einen solchen Ausbruch noch nie bei seinem Yami erlebt. An jedem anderen Tag hätte er sich klein gemacht, aber da sein Yami ihm heute ständig auf den Geist gegangen war, wollte er eher am liebsten ausrasten und ihm etwas an den Kopf werfen. Zum Beispiel den Tisch, leider war Bakuras Erscheinung nur eine Projektion.   "Nun... ich würde schon gerne mit anderen zusammen wohnen, aber meine Freunde haben schon eine schöne Wohnung und ich möchte sie da nicht heraus bitten." Als Ryou dies sagte, musste er, schüchtern wie er ja eigentlich war, schräg Richtung Boden sehen.   Muyaki hingegen schien hoch interessiert an Ryous Freunden zu sein, da er nachhakte. "Das hört sich so an, als ob du deine Freunde sehr magst. Sag mal, wie sind deine Freunde denn so? Erzähl einfach über sie, was du denkst..." Ein lautes Lachen von Bakura folgte, Ryou musste sich stark zusammenreißen, sich nicht die Ohren zuzuhalten, was ihm jedoch ziemlich schwer fiel. Er wünschte sich diesmal, dass der Psychiater seinen Yami auch hören konnte, das Lachen war wirklich unerträglich. Es wurde aber auch nicht besser, nachdem es verklungen war, da sein Yami sofort eine Erklärung abgeben musste. "Hahaha, na der wird sich wundern, wenn du ihm von dieser Ansammlung von Idioten und Nervenbündeln erzählst. Fang am besten bei diesem Hündchen von Jonouchi an", spottete Bakura laut. "Mal sehen, wie ist der denn so... genau, sag einfach, dass Jono ein Vollidiot ist, der nichts im Leben richtig machen kann. Ach ja, vergiss nicht zu sagen, dass der Kerl in dich verschossen ist." Eigentlich konnte der Hikari sich gut beherrschen, jedoch hatte sein Yami mit seinen Freunden einen wunden Punkt getroffen, doch das schien Bakura keineswegs zu stören. "Wen nehmen wir als nächstes... am besten die viel besagte Frauenquote, unsere liebenswerte Anzu. Mal ehrlich, diese Ausgeburt der Naivität und Hinterhältigkeit ist doch schon jenseits des guten Geschmacks." Ryou verzog darauf die Miene, sowas wollte er nicht hören, und er ließ es nicht zu, dass man über seine Freunde herzog, dabei vergaß er ganz, dass der Psychologe da war. Mit finsterem Blick sah er zu seinem Yami, dessen durchsichtige Gestalt ein paar Meter neben Dr. Muyaki stand. "Halt endlich deinen Mund, Bakura. Jetzt reicht es wirklich, ich lasse mir ja einiges bieten, aber dass du meine Freunde schlecht machst geht zu..."   Die Augen des Hikaris weiteten sich erschreckt, er hatte ganz den Psychiater vergessen, und ein kurzer Blick auf eben diesen sagte ihm, dass er sich verraten hatte. "E-entschuldigung... ich... ich..." Peinlich berührt fasste sich Ryou mit den Fingern an die Stirn und lehnte sich zurück, während er die Augen schloss. Im selben Moment jedoch spürte Ryou, wie er verdrängt wurde. Etwas dagegen unternehmen konnte er nicht. Der Geist seines Ringes war viel stärker als er selbst. Der Ring schickte ihn schlafen und er konnte nichts dagegen tun, er wusste nur, dass Bakura ihn nicht ewig würde wegschließen können.   "Ryou, du hast mich sehr enttäuscht... Du hast mich angelogen..." begann Muyaki, doch Bakura unterbrach ihn mit einer eiskalten Stimme. "Nennen Sie mich nicht Ryou... ich muss ein Wort mit Ihnen reden..." Bakura funkelte den Arzt gefährlich an "Ich weiß nicht, ob Sie es wissen... aber ich bin nicht der süße kleine Ryou... ich bin der Andere..." Normale Personen wären über einen solchen Charakterwechsel ausgeflippt, aber dieser Psychiater kannte sich mit solchen Situationen scheinbar aus, daher blieb er ganz ruhig. "Gut, Ryou wollte Sie also vor mir verbergen. Aber wenn Sie schon da sind, können wir uns ja unterhalten." Der Yami hatte mit einer anderen Reaktion gerechnet, denn für einen Sekundenbruchteil sah er verwirrt drein. Dieser Psychoheini hatte echt Nerven! Aber er fing sich erstaunlich schnell, denn das gefiel ihm, endlich nahm man ihn mal ernst, ohne dass er ein paar Knochen brechen musste. "Sie überraschen mich, Quacksalber... aber das gefällt mir. Dann spielen wir mal dieses Frage-Antwort- Spielchen..." Kapitel 2: Verwirrung: Ich lande noch nicht in der Psychiatrie? --------------------------------------------------------------- Stunden später schlug Ryou wieder die Augen auf. Vor ihm saß immer noch der Psychiater. Doch entgegen seiner Befürchtungen hatte sein Yami dem Mann wohl nichts getan. Kurz übermannte den Hikari sogar die Hoffnung, dass das Auftauchen seines Yamis nur ein Traum gewesen war. Der erste Satz von Dr. Muyaki zerschmetterte diese aufkeimende Hoffnung allerdings unverzüglich. "Dein anderes Ich hat dich wohl frei gegeben... Willkommen zurück. Ich hatte mit ihm ein interessantes Gespräch."   Erschrocken, aber auch verwundert, hielt Ryou sich die Hand vor den Mund. Er erwartete fast schon, dass einige Leute mit weißen Kitteln neben ihm standen und ihn gleich mitnehmen würden, doch es kam etwas anders. "Keine Angst, Ryou. Ich habe nicht vor, dich in eine Psychiatrie einzuweisen. Ich möchte nur das Gespräch fortsetzen. Also erzähl mir doch etwas von deinem anderen Ich." Ryou schluckte hörbar doch er nickte, stellte aber auch etwas gleich klar: "D-dieser andere. Das ist nicht mein anderes ich. Es ist..." "Der Geist des Ringes, den du um deinen Hals trägst. Das hat auch der andere gesagt", unterbrach Muyaki ihn. Den Patienten zu unterbrechen war zwar etwas, das er sonst nie tat, aber bei diesem hier, nun ja, man könnte sagen, der andere hatte einen bleibenden Eindruck hinterlassen.   "Erzähl mir doch bitte vom Ringgeist. Wann tauchte er das erste Mal auf?" fragte Muyaki, seinen Notizblock immer noch in der Hand. Ryou beruhigte sich erstmal indem er stark aufatmete und sich sammelte, Muyaki wartete geduldig. "Nun... das erste Mal tauchte er auf, als ich den Ring bekam..."   ****Erste Begegnung****   Ryou zitterte beinahe, als der Postbote ihm das Päckchen übergab. Es war von seinem Vater, den er zum einen selten sah und zum zweiten dafür um so mehr liebte. Er hatte leider selten Kontakt mit ihm, doch jeden Monat schickte ihm sein Vater mindestens einen Brief, meist aber ein Paket. Wenn sein Vater ihn etwas schickte, dann immer auch ein Geschenk, um zu zeigen, dass er ihm wichtig war. Es waren manchmal nur einfache Sachen, aber nie so ein null-acht-fünfzehn Geschenk, das man überall bekam. Nein, es war immer etwas Besonderes, etwas, das man nur selten bis gar nicht verschenkte.   "Na Ryou, wieder ein Paket von deinem Vater?" fragte der Postbote freundlich, als der jüngere den Empfangsbeleg unterschrieb. "Ja, ich habe schon regelrecht darauf gewartet", strahlte er zur Antwort. Nachdem er den Beleg zurückgegeben hatte, gab der Postbote ihm das Paket. "Hier, du Sonnenschein, und viel Spaß damit." "Danke und einen schönen Tag noch." Ryou konnte nie abwarten, daher machte er sich sofort daran, die Schachtel zu öffnen, nachdem er die Tür wieder geschlossen hatte. Die Papierhülle war schon nach kurzer Zeit weggerissen. Dann öffnete er sehnsüchtig die Schachtel. Das, was er sah, ließ seine Augen glänzen, denn so etwas hatte er noch nie gesehen, und das, obwohl er schon eine sehr große Sammlung von Amuletten sein Eigen nennen durfte.   Ein Ring aus Gold, der eine ebenfalls goldene Pyramide einrahmte, welche wiederum ein Horusauge im Zentrum zeigte. Ergänzt wurde dieses Amulett durch fünf goldene Zacken, die an der unteren Hälfte symmetrisch verteilt am Ring herabhingen. Ein Lederriemen war an der oberen Seite angebracht, wodurch man das ganze wie ein Amulett tragen konnte. Wow, so ein großes Schmuckstück hatte sein Vater ihm noch nie geschickt! Ohne weiter nachzudenken legte Ryou das Amulett an und schloss die Augen... Es war so schön, was ihm sein Vater geschenkt hatte, denn nun hatte er etwas von ihm, das er wirklich nahe am Herzen tragen konnte, die anderen Amulette waren dafür weniger geeignet, hauptsächlich, weil sie eben kein Einheitsbrei waren, sondern eher aus schweren, klobigen Götterstatuen bestanden.   Dann aber geschah etwas, das Ryou unglaublich fand. Etwas klingelte, doch es war gewiss nicht die Haustür oder das Telefon. Es klang eher nach einer Glocke, und schon kurze Zeit später erklang dieses Klingeln erneut. Verwirrt sah Ryou sich im Zimmer des Herrenhauses seiner Familie um. Es gab hier eigentlich keine Klingeln und auch keine Glocken, Ryou musste es wissen, er bewohnte dieses Haus schließlich schon seit seiner Geburt.   "Ach nein, sowas passiert aber auch wirklich nur mir...“ stöhnte eine Stimme direkt hinter Ryou auf, was ihm einen gehörigen Schrecken einjagte. „Nach einem arroganten, korrupten Politarsch, einem viel versprechenden Dieb und einem dummen Händler bekomme ich als nächsten Wirt ein kleines Weibsbild! Ich, der ich der Führer von Königen und Herrschern war!" fuhr die Stimme höhnisch und enttäuscht fort. Ryous Herz rutschte ihm in diesem Moment in den unteren Bereich seines Körpers, als er sich langsam umdrehte. Es war jemand in dieses Haus eingedrungen, ohne dass Ryou es bemerkt hatte. Doch das, was er jetzt sah, hätte er vorher nie glauben können. Er sah sich selbst in die Augen! "Hey, du bist ja gar kein Weib, na wenigstens das. Ich dachte schon, ich müsste einen weiblichen Körper akzeptieren... eine grausame Vorstellung." Der Sprecher schüttelte sich, während er dies sagte, um seine Worte noch zu unterstreichen.   Sofort schrie Ryou vor Schreck auf, er sah sich selbst und zwar als eine durchscheinende Gestalt. Doch der Geist legte seine Hand auf seinen Mund und tatsächlich drang kein Geräusch mehr heraus. "Reg dich nicht auf, Kleiner, und mach hier keine Zicken. Also schrei nicht rum. Sowas tut weder deinen noch meinen Ohren gut, klar?" Ängstlich nickte der Unterlegene, er zitterte dabei vor Furcht, da er dachte, dieser Fremde würde ihn töten oder ihm etwas noch Schlimmeres antun, im Stillen verfluchte er sämtliche Gruselsendungen, die er Nachts über Geister gesehen hatte!   "Mensch, du bist ja ein richtiges Weichei... ich glaube ich lasse dich mal etwas Spaß haben...", hörte er nur noch bevor sein Geist verdrängt wurde. Er versuchte sich zu wehren gegen dieses Unbekannte, das ihn scheinbar wegsperren wollte. Auch wenn er nicht verstand, was geschah.   ****Ende****   "Und was geschah dann, Ryou, was hat dieses andere Ich von dir getan?" fragte Muyaki interessiert, schließlich war dies ja das Interessante an der Geschichte. Sein Gegenüber seufzte und griff mit seiner Hand sein Gesicht als wollte er seine Mimik ablegen, trotzdem war klar zu sehen, dass er mehr als nur peinlich berührt drein blickte. "Nun, als ich wieder zu mir kam, lag ich in meinem Bett und hatte unglaubliche Kopfschmerzen, alles drehte sich, es war schrecklich. Ich musste eine Tablette nehmen, um überhaupt normal gehen zu können. Aber bitte nennen Sie Bakura nicht mein anderes Ich, er ist Bakura, okay?" Ryou atmete auf, aber bevor der Psychiater auch nur ein Wort sagen konnte, setzte er nach: "Nun ja... ich sage ihnen auch besser gleich, was wohl geschehen sein muss. Ich habe erfahren, dass Bakura die ganze Nacht gefeiert hat, er war in drei Diskotheken und ist danach in eine Stripbar gegangen. Bakura kam dann so gegen 5.00 Uhr morgens nach Hause, was bedeutet, ich hatte nur knappe drei Stunden Schlaf."   Muyaki hob eine Augenbraue, das hörte sich tatsächlich nach einer gewissen Tendenz zur Genusssucht an. Aber eigentlich nichts SO Schlimmes, dass man sich deshalb aufregen muss. "Ähm... was fandest du daran eigentlich so schlimm, Ryou?" Muyaki war sofort überrascht über den plötzlichen Ausbruch, der ihm nun entgegenschlug. "Was ich daran schlimm fand? Was ich daran schlimm fand?! Ich werde es Ihnen sagen; ich war gerade mal fünfzehn! Und am nächsten Tag, als ich zur Schule ging, fuhr ein Auto an mir vorbei mit drei kreischenden Weibern, die ich in der Nacht zuvor ausgeführt haben sollte! Und das ganze passiere auch noch genau VOR meiner Schule und ich konnte mich nicht mal erinnern! Können Sie sich auch nur im Entferntesten vorstellen, wie man sich dann fühlt?! Mal ganz zu schweigen von meinem Ruf - der war ruiniert! Vorher war ich der liebe, immer freundliche Streber Ryou! Nach diesem Vorfall war ich das tiefe, durchtriebene Gewässer, wenn Sie verstehen, was ich meine!"   Es dauerte eine Weile, bis der Hikari sich beruhigt hatte, und Muyaki konnte ihn sogar verstehen. Er vermutete immer noch, dass Ryou wohl unter einer Mischung aus den Symptomen eines unsichtbaren Freundes und einer gespaltenen Persönlichkeit litt. Jedoch so eine Mischung war ihm selbst noch nie untergekommen und er hatte auch nur selten von so einem Fall gehört. Fraglich war hingegen, warum sich dieser andere Ryou so eine komplizierte Geschichte über seine Vergangenheit gestrickt hatte. Das alles war sehr verwirrend, aber er musste halt weitermachen, um den Grund für diese seltsame Form der Schizophrenie festzustellen. Verwirrend war aber, dass Ryou sein anderes Ich weder mochte, noch dessen Meinung vertrat, leider fielen dessen Antworten bei diesem Thema entsprechend aus, daher wechselte der Psychiater es einfach.   "Sag mir doch mal... wissen deine Freunde von Bakura?" Ein deutliches Seufzten folgte, bevor Ryou eine Antwort geben wollte. Jedoch blieb er still, da sich sein Yami wieder einmal meldete. "Freunde? Hast du welche, Ryou, die habe ich doch schon alle vergrault und du weißt, dass ich dich nicht gerne bei diesen Idioten sehe, also..." Da Ryou allerdings diesmal keine Geheimnisse machen musste, ging er gegen die Einmischung seines Yamis entschieden vor. "Halt dich doch endlich mal zurück. Dr. Muyaki fragt MICH nach meinen Freunden, nicht dich, also zieh dich gefälligst in meinen Ring zurück!" "Das ist aber MEIN Ring!" "Dann geh in deinen Ring zurück, aber lass mich endlich in RUHE!" diesmal war der Hikari richtig laut geworden, das kannte Bakura gar nicht von ihm; er zog sich zurück, wenn auch nicht ohne vorher deutlich zu grummeln und etwas von 'undankbares Blag' zu murmeln.   Ryou schnaufte zufrieden, bevor er sich an Muyaki wandte und antwortete: "Leider halten meine Freunde nicht viel von Bakura. Allerdings gibt Bakura ihnen auch keinen Grund, ihn zu mögen. Er hasst sie, und ich weiß nicht einmal, warum. Er hat sogar mal versucht, einen von ihnen umzubringen..." Muyaki war entsetzt, das zu hören, sein Körper spannte sich an und er hob eine Augenbraue. "D-das ist ja..." "Furchtbar", vollendete Ryou den Satz des anderen. "Ich konnte es gerade so verhindern... aber danach ist Ihnen sicherlich klar, warum meine Freunde ihn nicht mögen..."   Okay, Muyaki verstand das ganze nun überhaupt nicht mehr, wieso sollte Ryou ein Bewusstsein erschaffen, das seine Freunde töten wollte? Das ergab keinen Sinn, aber er entschloss sich, weiter nachzusetzen. Vielleicht ergab sich ja in Ryous Kindheit etwas... Doch auch das Anschneiden dieses Themas brachte nichts außer einem Streit zwischen diesem Bakura und Ryou. Wirklich interessant wurde es aber erst gegen Ende. Muyaki hatte beschlossen, Ryou einfach mit Bakura streiten zu lassen, es war vielleicht aufschlussreich. Einziges Problem, er musste aus Ryous Antwort blitzschnell überlegen, was Bakura gesagt hatte.   "Mensch Ryou, sag dem einfach, dass du ein langweiliger Außenseiter warst, ohne Freunde, und fertig." Bakuras Stimme hatte etwas Abfälliges an sich, was der Hikari nicht dulden konnte. Vor allem aber, da es nicht stimmte. "Das stimmt aber nicht, Bakura, klar ich brauchte immer einige Zeit, aber ich hatte sehr wohl Freunde!" "Ach ja? Die meisten davon waren wohl Weiber, oder? Die laufen dir ja massenweise hinterher." Hätte Muyaki Bakura hören können, so hätte er eindeutig die Eifersucht und auch die Missgunst in Bakuras Stimme gehört. "Jetzt fang nicht damit an, Bakura. Ich weiß zwar, dass du nicht auf Frauen stehst, aber das bedeutet nicht, dass ich..." An dieser Stelle wurde es interessant für den Psychiater, doch scheinbar hatte Bakura Ryou unterbrochen da letzterer abbrach.   "Komm schon Ryou, diese Weiber nerven dich doch nur und machen dich verlegen. Gib es doch einfach mal zu, dass dich Frauen nur langweilen..." "Was fällt dir ein Baku..." Hier unterbrach der Psychiater "Entschuldige bitte kurz, Ryou, aber: Was hat Bakura gerade zu dir gesagt?" Ryou sah erstaunt zu Muyaki und das war auch besser, denn wenn er zu Bakura gesehen hätte, wäre ihm dessen breites, zufriedenes Grinsen aufgefallen. "Er... er hat gesagt, dass mich Frauen nur nerven und..." der Hikari wurde nun etwas leiser, da es ihm peinlich war. "Und er behauptet, ich würde auf Männer stehen..."   Trotz der geringen Lautstärke hatte Muyaki dies gehört und er spann sich bereits ein Puzzleteil für Ryous Problem zusammen. Wenn man solche eindeutigen Triebe unterdrückte und sich mehrere zusammenfügten, könnte daraus durchaus eine zweite Persönlichkeit entstehen. "Und... hat er Recht?" Ryou fiel in diesem Moment aus allen Wolken, noch NIE hatte ihn jemand sowas gefragt, mal abgesehen von einigen Mädchen, die er hatte abblitzen lassen. "N-NEIN! Natürlich ist das nicht richtig...", antwortete der Weißhaarige aufgebracht, ein Grund mehr, dass Bakura sich meldete: "Ach und warum bist du rot geworden, als du Marik beim Duschen gestört hast? Gib's doch zu, du wärst doch am liebsten über ihn hergefallen..." Jetzt wurde Ryou wirklich rot vor Verlegenheit. Das war alles ganz anders gewesen... ****Eine inspirative Begegnung**** Ryou hasste Sport, hier noch mehr als an seiner letzten Schule. Sport war noch nie sein Ding gewesen, geschweige denn seine große Stärke, obwohl er auch kein absoluter Schwächling war. Seine Stärken lagen eindeutig in den Leichtathletik-Stunden, so hatte er es bei seiner ehemaligen Schule geschafft immer eine einigermaßen gescheite Note zu bekommen. An seiner neuen Schule in Domino aber war Leichtathletik nichtmal im Wortschatz des einzigen Sportlehrers der Domino High enthalten. Dieser riesige Klotz ließ sie die ganze Zeit rivalisierende Sportspiele machen, angefangen von Völkerball über Brennball bis hin zu britischem Rudby, eine Zumutung war das! Alle Schüler hassten ihn, allerdings hatte Ryou das Glück, dass der Lehrer ein gewisses Maß an Angst vor ihm hatte. Eine Reputation für die er seinem Geist ausnahmsweise einmal dankbar war. Nach dem ersten Tag, an dem sich der Lehrer extrem über Ryous lange Haare lustig gemacht hatte, hatte Bakura ihm aufgelauert und wohl ein paar Takte gesprochen. Nach einer Woche als Dioramafigur und einem kleinen Duell zwischen Bakura und Yugis Geist, hatte er ihn wieder laufen lassen. Zum Glück konnte sich der Lehrer nur daran erinnern, dass wohl Ryou für sein einwöchiges Verschwinden verantwortlich war und erinnerte sich jedes Mal daran wenn Ryou ihn böse von der Seite anschaute. Meist äußerte sich seine Angst darin, dass er seine verschärften Regeln zurücksetzte. Dennoch blieben es anstrengende Stunden und alle Schüler waren nur noch froh, wenn sie aus der Sporthalle raus kamen. Ryou hingegen konnte seinen eigenen Geruch nach diesem Unterricht niemals ertragen und suchte stets die Dusche auf, um sich zu erfrischen. Mit dieser Einstellung war er relativ alleine, weshalb schonmal der ein oder andere Witz über ihn gerissen wurde. Aber das war ihm egal, Hauptsache er stank nicht wie ein streunender Hund! Heute aber hörte Ryou das Rauschen der Dusche bereits, bevor er die Gemeinschaftsdusche der Jungenumkleide betrat. Ryou war nicht vorbereitet auf das, was er dort zu Gesicht bekam. Direkt gegenüber des Einganges stand niemand anderes als der nach Japan gezogene Marik. Der Ägypter hatte sich sogar vor einer halben Woche an dieselbe Schule wie Yugi und Ryou versetzen lassen und nahm ganz normal am Unterricht teil, auch wenn er angeblich einen 'Plan' hatte, was das bedeutete würden sie aber wann anders einmal mitbekommen. Was Ryou allerdings beunruhigte, war seine Reaktion auf Mariks Anblick. Marik stand direkt unter der Brause, seine beiden Hände in seinen von Shampoo durchsetzen Haaren, welches langsam über seinen wohl geformten Rücken hinunter lief, sich an seinem knackigen Hintern auflöste und diesen sanft umfuhr, nur um auf den gekachelten Fußboden zu fallen. Marik war wirklich nicht der Erste, den Ryou unter der Dusche sah, aber ganz sicher der Erste, bei dessen Anblick er rot wurde! Schlagartig wandte sich Ryou zur Seite und eilte unter eine andere Dusche, wo er erstmal das Wasser auf eiskalt drehte und sich damit abkühlte. Kaum war das Wasser aufgedreht, schien auch Marik zu bemerken, dass es hier jemand anderen gab, der auch zu duschen gedachte. „Hu? Ahhh! Ryou! Ich dachte schon, ich bin der Einzige, der hier duscht.“ Da Ryou sich nun wieder abgekühlt hatte, wagte er sogar, sich wieder Marik zuzuwenden, nebenbei drehte er aber doch lieber etwas die Temperatur hoch. „Tja, das dachte ich auch, das ist das erste Mal, dass ich jemand anderen hier treffe.“ Marik lachte. „Kann ich mir denken, furchtbarer Lehrer. Nächstes mal kannst du dich aber ruhig direkt neben mich stellen, dann fühl ich mich nicht so alleine.“ „Gut zu wissen, ich komm drauf zurück, aber das hier ist mein Stammduschplatz.“ Marik legte darauf den Kopf schief und lächelte etwas seltsam in Ryous Richtung. „Merke ich mir, nebenbei, hübsche Aussicht!“ Erneut wurde Ryou rot, beruhigte sich aber, als er Mariks schalkhaftes Lachen hörte, der seine Anmache als neckischen Scherz entlarvte. ****Ende****   "Ryou? Darf ich fragen, warum du rot wirst?", kam nun eine Frage vom Psychiater. Dieser wusste, dass der andere Ryou irgendwas gesagt haben musste, aber diesmal konnte er sich nichtmal denken was. Er musste Ryou allerdings mehrmals ansprechen, bevor der Jüngere reagierte. "Ryou!!! Bitte rede mit mir..." "Hu? Oh... entschuldigen Sie bitte, ich war gerade..." "in Gedanken... das habe ich bemerkt", beendete Muyaki den Kleineren. Innerlich hielt er es für das Beste, Ryou wie ein Kind zu behandeln. Vielleicht käme er so besser an ihn heran. "Ich wollte gerne von dir wissen, was Bakura zu dir gesagt hat." Der Jüngere schluckte, dieses Thema war ihm wirklich zu privat. "Er... hat gesagt, dass..." Er stotterte, als er nach einer Ausrede suchte. Diesmal wollte ihm jedoch nichts Gescheites einfallen. „Er... ich möchte darüber nicht sprechen... wenn es geht." Bakura lachte, als er diese Reaktion hörte. "Hahahaha... das ist ja richtig klasse, Ryou. Du bist rot wie eine Tomate, weil ich dir sage, wie verlegen du warst, als du einen KERL nackt gesehen hast, und dein Psychiater dir bestätigen könnte, dass du doch schwul bist, wenn du ihm das sagst... pass auf, Ryou, etwa du sagst ihm das von Marik oder ich mache das später..." "D-das traust du dich nicht..." Das musste Ryou dringend verhindern, er wollte wirklich nicht, dass sowas raus kam! Das war absolut privat! Muyaki hielt sich inzwischen wieder im Hintergrund, hier passte etwas nicht, aber bei diesem Ansatz kam er nicht weiter. Er notierte sich aber "Verdrängte sexuelle Neigung" als Hinweis, bevor er einen neuen Ansatz zu suchen begann.   "Ich sehe, du magst dieses Thema nicht sonderlich, Ryou... am besten, wir fangen woanders an. Wie unterscheidest du dich selbst denn von Bakura? Ich meine, was für ein Verhältnis habt ihr zueinander?" Muyaki selbst bemerkte es nicht, wie auch, aber Bakura amüsierte sich köstlich über die ungeschickte Wortwahl des Psychaters. 'Verhältnis', mit so einem Wort forderte er Bakura doch geradezu auf, seinen Spaß mit Ryou zu treiben. Da eben dieser das wusste, sprang er ebenfalls darauf empört auf. "Ich habe kein Verhältnis mit ihm, Herr Muyaki!" sagte er, bevor er zusammenzuckte. Bakura umarmte ihn nämlich mit seiner durchscheinenden Gestalt und strich zärtlich über seinen Körper. "Aber, aber... ich finde, diese Bezeichnung passt sogar sehr... soll ich dich mal ab und zu durchnehmen, Ryou-chan?"   Wieder schoss die Röte in Ryous Gesicht, das war ihm nun wirklich ein extrem peinliches Angebot. Er bemühte sich regelrecht um Fassung in dieser Situation, wenn er jetzt ausrastete, riskierte er, dass er keine Erklärung für Muyaki hatte, aber wenn er Bakura gewähren ließ, dann... "Du machst ja gar nichts gegen mich... könnte es sein, dass du sogar mal nachts von mir Besuch bekommen willst?!" flüsterte sein Yami nun in sein Ohr, während er seine Hand immer noch über seinen Körper wandern ließ. Natürlich war es nur seelisch, aber das schien auch zu funktionieren. Der Sarkasmus war nicht zu überhören, der in Bakuras Stimme lag. Aber da Ryou nicht reagierte, machte er weiter. Er strich in Richtung von Ryous Schritt, doch in diesem Moment flüsterte Ryou mit scharfer Zunge zurück. "Fass mich da an und ich sorge dafür, dass du NIE wieder mit Mariks Yami durch die Gegend ziehen kannst!"   Muyaki bekam dabei große Augen, er wusste zwar nicht, was ein Yami war, aber er wusste, dass das wohl die Bezeichnung war, die Ryou für Bakura benutze. Die Drohung schien aber sogar zu funktionieren, denn Bakura ließ seine Hand verharren. "So fies bist du nicht...", erwiderte er gespielt überheblich, aber Ryous Schärfe sagte das Gegenteil. "Kannst es ja drauf ankommen lassen... ich lasse mir ja viel von dir gefallen, aber deine Hände behältst du gefälligst für dich!" Lange passierte nichts, dann nahm Bakura wirklich seine Hände weg. "Spielverderber!", sagte er darauf nur. Ryou antwortete mit einem „Wichtigtuer!“ Kapitel 3: Okay Bakura das reicht! ---------------------------------- Kapitel 3: Okay Bakura das reicht! Muyaki ließ sich Ryous Worte noch einmal durch den Kopf gehen. Hatte er das richtig verstanden? Ryou kannte einen anderen Jungen, der, wie Ryou auch, ein anderes Ich in sich trug. Doch noch viel interessanter war, dass Bakura dieses andere Ich auch kannte. Das ganze war wirklich äußerst interessant, besonders da Muyaki noch immer einen ganz faszinierenden Sonderfall einer psychischen Erkrankung vermutete. „Ryou… könntest du mir bitte etwas über Marik erzählen?“ Dies war seine Chance auf einen Durchbruch, schließlich hatte Bakura diesen ‚Malik’ auch erwähnt, bisher hatte er das für eine Einbildung gehalten, oder eine Geschichte, die sich dieser Bakura ausgedacht hatte, aber jetzt sah es anders aus.   „Wa… was soll denn mit Marik sein?“ fragte Ryou sichtlich verwirrt, seine Nase wurde dabei von einer sanften Schamesröte umschlossen. Vor seinem inneren Auge formte sich seltsamerweise ein Bild. Es war wie in einem Traum, doch er wusste, dass er nicht träumte. Es war das Bild einer Erinnerung, in der Ryou Marik unter der Dusche gesehen hatte.   Marik hatte ihm den Rücken zugewandt und wusch sich gerade seine Haare, sein Körper war nur bekleidet von Wasser und dem Schaum des Shampoos, welches an seinem Rücken herunter floss, immer tiefer und tiefer zu seinem knackigen Hintern. Huu… dieses Bild erzeugte in Ryou eine richtige Gänsehaut, nicht umsonst, denn wenn er sich einmal befriedigte, dachte er ab und zu an dieses Bild. Aber wieso hatte er es ausgerechnet jetzt im Kopf?!   Die Antwort darauf folgte durch Bakura. „Na? Gefällt dir dieser Anblick?“ flüsterte die Stimme seines Yamis in Ryous Ohr. Nur am Rande merkte dieser, dass der Psychiater etwas sagte. Ryou musste sich regelrecht schütteln um dieses Bild loszuwerden.   Bakura wurde unverzüglich mit einem bösen Blick gestraft; dessen geisterhafte Gestalt stand genau neben Ryou. „BAKURA! Hör sofort auf, mich bei dem Gespräch zu stören, oder ich komme in deinen Seelenraum…“ Ryou wollte eigentlich sagen ‚um dir auch mal auf die Nerven zu gehen’, doch die Endung übernahm Bakura: „...um mit mir zu schlafen? Oh wie süß… das ist doch nicht nötig. Ich kann dich auch anders…“ Dieses Mal ließ Ryou ihn nicht zu Ende sprechen. Ryou hatte die Schnauze gestrichen voll von diesen ewigen Störungen. Und ehe Bakura irgendetwas dagegen machen konnte, griff der Hikari nach seinem Milleniumsring und legte ihn ab. Bakuras Astralgestalt verschwand auf der Stelle, nicht aber seine Stimme.   „Ryou, was machst du da? Du kannst mich doch nicht einfach… nein, denk erst gar nicht daran, ich warne dich, wenn du…“ Mit einem Klimpern landete das Amulett auf dem Boden, und seine Stimme verschwand. Tja, das war der Nachteil, wenn man ein Geist war, ohne Wirt war nichts zu machen.   „Und ob ich das kann!“ kommentierte Ryou noch einmal für sich selbst, in vollem Bewusstsein, dass Bakura es noch hören würde. Schon lange wusste er, dass sein Yami alles hören konnte, was in der Nähe des Ringes gesprochen wurde, aber verständigen konnte er sich nur, wenn jemand ihn berührte, und die Kontrolle übernehmen auch nur, wenn jemand ihn um den Hals trug.   Im Moment war er seinen Yami los, das hätte er wirklich schon viel eher machen sollen, besser wäre es sogar gewesen, er hätte den Ring gar nicht erst mitgebracht. Nun gut, jetzt lernte Bakura erstmal, dass er sich nicht alles mit seinem Wirt erlauben durfte.   „Ryou, was hast du gerade gemacht?“ fragte ein ziemlich irritierter Psychiater. Muyakis Gehirn arbeitete auf Hochtouren, um das ganze zu verstehen. Ryou hatte einfach diesen Ring auf den Boden geworfen und war somit seinen Yami losgeworden. Wenn das wirklich funktionierte, konnte er seine ganze Theorie vergessen. Außerdem widersprach es dem, was Bakura ihm erzählt hatte.   „Ganz einfach, wenn ich den Ring nicht bei mir habe, kann Bakura nicht mehr mit mir sprechen oder mich übernehmen. Er hat nur Macht über mich, wenn ich ihn um meinen Hals trage, und wenn ich ihn nur halte, kann er nur noch mit mir sprechen.“   Ryous Erklärungen waren äußerst einleuchtend und stimmten teilweise mit den Erklärungen seines Yamis überein. Aber da war noch etwas, das Bakura gesagt hatte, er hatte schließlich gemeint, dass er und Ryou durch ein untrennbares Band miteinander verbunden waren, das keine noch so große Entfernung zu trennen vermochte. Und er hatte gesagt, dass der Ring immer in Ryous Besitz zurückfinden würde. Er erinnerte sich genau an das Gespräch…   ****Ein beunruhigend ehrliches Gespräch****   Bakura lehnte sich gemächlich zurück, während er einfach die Verwirrung von diesem Psychiater genoss. Allerdings war auch er selbst einen Moment lang verwirrt, als sein Auftritt nicht die erhoffte Reaktion ergeben hatte. Aber gut, so konnte er dem Seelenklempner ein oder zwei Sachen sagen, die Ryou ihm niemals erzählen würde. Leider fiel die erste Frage schon extrem anders aus als erwartet.   „Sie sind also der ‚Geist‘ mit dem Ryou immer gesprochen hat…“ „Nennen Sie es ruhig beim Namen, ich bin der, mit dem er gestritten hat.“ Bakura liebte es einfach, anderen Leuten ins Wort zu fallen. Besonders, wenn sie um den heißen Brei herum redeten. Es war doch viel einfacher, die Dinge klar und deutlich zu sagen! Mal ganz davon abgesehen, dass er es auch als ehrlicher empfand.   „Gut, dann würde ich gerne einmal wissen, wieso Sie ihn gestört haben“, fragte Muyaki. Bakura lehnte sich immer noch lässig zurück und tat so, als hätte er das Sagen. „Mir war danach. Außerdem hasse ich es, wenn er mich leugnet.“ Muyaki hob darauf fragend eine Augenbraue. „Ihnen ist aber schon klar, dass sie riskiert haben, ihn in eine psychiatrische Anstalt zu stecken…“ „Das wäre nie geschehen.“ „Und warum?“ hakte Muyaki sofort nach. Wie hätte diese zweite Persönlichkeit das auch verhindern wollen?   „Ich hätte Ihnen das Genick gebrochen, wenn Sie auch nur den Versuch gestartet hätten.“ Muyaki war geschockt, nicht nur von der Tatsache, dass er so etwas gesagt bekam, sondern wie! Bakura redete davon, als ob es eine Selbstverständlichkeit sei, seine Stimme klang weder zittrig noch schalkhaft, er meinte das wortwörtlich! „Lassen Sie mich Ihre nächste Frage erraten…“ unterbrach Bakura Muyakis Schockzustand und grinste spöttisch. „Sie ist…“ Bakura tat so, als ob er im Geiste nachforschen musste. „… wie können Sie das einfach so sagen. Richtig? Natürlich liege ich richtig, man kann die Frage ja auch an ihrem Gesicht ablesen.“   Das erstaunte den Psychiater aber doch, Bakura schien so sehr von sich selbst überzeugt zu sein, dass er gar nicht erst auf eine Bestätigung wartete. Muyaki machte sich eine entsprechende Notiz.   „Ich sage es Ihnen. Erstens, wenn Sie Ryou in eine Klapse gesteckt hätten, könnte ich seinen Körper nicht mehr benutzen und damit Spaß haben. Und zweitens…“ Bakura sah ihn plötzlich äußerst ernst an. „Niemand tut meinem Hikari weh, sperrt ihn ein oder macht sonst irgendetwas mit ihm. Das ist ganz alleine meine Aufgabe und ich dulde keine Konkurrenz. Ich hoffe, ich habe mich klar genug ausgedrückt.“ Etwas weicher in der Stimme fuhr er dann fort: „Außerdem ist er nicht verrückt. Wenn ihr ihn in so eine Klinik stecken würdet, DANN würde er verrückt werden. So etwas können Sie doch nicht zulassen, nicht mit seinem Intellekt. Aber reden wir doch einmal über etwas anderes“, gab er plötzlich selbst das Thema vor.   „Über was denn?“ fragte Muyaki ein wenig neugierig. Bakura lächelte nur und beugte sich zu ihm vor. „Über Ryous Freunde…“   ****Ende****   Schließlich besann der Psychater sich wieder auf das, was er eigentlich vorgehabt hatte. Mit einem Räuspern brachte er sich selbst wieder dazu, seinen eigenen Plan zu verfolgen. „Gut, dann, wenn Bakura dich nicht mehr stört, sag mir bitte etwas über Marik. Du erwähntest eben außerdem, dass er ebenfalls einen Yami hat?“   Ryou seufzte, eigentlich hatte er gehofft, um dieses Thema herum zu kommen. „Also, Marik ist ein Ägypter, er ist ein wenig älter als ich und geht nicht zur Schule. Ich glaube, von allen Freunden, die ich habe, ist er der Einzige, den Bakura nicht versucht zu vergraulen.“ „Warum, glaubst du, versucht er nicht, ihn zu vergraulen?“ hakte Muyaki nach. Er hatte irgendwie das Gefühl, dass er hier eine heiße Spur entdeckt hatte. „Ganz einfach, Bakura ist ja eigentlich auch Ägypter. Sie können das natürlich nicht sehen, aber wenn er sich mir in seiner geisterhaften Form zeigt, hat er eine stark gebräunte Haut und seine Haare sind hell fliederfarben statt blau wie die meinen. Außerdem hat Marik auch einen Yami wie ich.“   „Kommen wir auf den Yami von Marik später zurück, sag mir erstmal mehr über ihn selbst. Was macht er denn, wenn er nicht zur Schule geht.“ Eigentlich würde er viel lieber etwas über den Yami erfragen, aber wenn er jetzt Ryou alles durcheinander fragte, kam er schließlich gar nicht mehr mit. Auf seinen Notizzettel hatte er den Namen von Marik und Yami mit einem Fragezeichen dahinter geschrieben. Dem hinzu kam nun das Wort ‚Ägypter‘, ebenso hinter Bakuras Namen.   Ryou atmete einmal tief durch, er war wirklich froh, Bakura nicht mehr zu hören, er war sich mehr als nur sicher, dass er beim Thema Marik keine ruhige Minute mehr gehabt hätte. „Marik lebt eigentlich mit seiner Schwester Isis zusammen in Ägypten. Seine Schwester ist eine hochgestellte Persönlichkeit im Ägyptischen Nationalmuseum und arbeitet viel mit meinem Vater zusammen. Er selbst hat eigentlich auch dort gearbeitet. Aber vor etwa einem Jahr ist er nach Japan gezogen. Er hat das nie begründet, aber er hat sich irgendwo in eine Motorradwerkstatt eingekauft, genaues weiß ich aber auch nicht.“   „Könntest du mir erklären, wieso er sich in eine Motorradwerkstatt eingekauft hat? Ich meine, das hat ja nicht gerade viel mit Ägypten zu tun“, hakte der Psychologe nach, Ryou schaute nur verlegen. „Na ja, Motorräder sind sein halbes Leben. Er hat selbst eines, ich habe es gesehen, und es ist wirklich ein schönes Gerät. Marik hat sein Motorrad selbst etwas hochgetunt und vor mir damit angegeben. Er behauptet außerdem, sein Bike mit geschlossenen Augen auseinander und wieder zusammen bauen zu können.“ Muyaki gab sich mit dieser Erklärung zufrieden und machte sich wieder entsprechende Notizen. Marik war für ihn eine interessante Persönlichkeit. „Darf man fragen, woher er das Geld für dieses Hobby hat?“ Ryou zuckte darauf mit den Schultern. „Das habe ich ihn nun wirklich nicht gefragt. Vermutlich hat seine Familie schlichtweg das Kleingeld dafür.“ Wieder kritzelte Muyaki was in seinen Block.   „Mal damit ich ihn mir vorstellen kann. Wie sieht er aus?“ fragte er dann nach einer Weile. Ryou konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass Muyaki damit irgendwas erreichen wollte, nur was? „Nun… er hat schulterlange Haare, frisiert sie sich aber so, dass es so aussieht, als seien sie kürzer. Er ist braun gebrannt, hat ein sehr jugendliches Gesicht und seine Haare sind platin… nein sandblond.“ Wieder notierte sich Muyaki etwas, wahrscheinlich das grobe Aussehen, damit er es nicht vergaß, und hakte weiter nach. „Kannst du noch etwas genauer werden? Wie groß ist er etwa?“ Wieso wollte der Psychiater das nur wissen? Aber gut, Ryou beantwortete die Frage wahrheitsgemäß: „Er ist genau so groß wie ich, vielleicht ein oder zwei Zentimeter größer. Aber bevor Sie weiter Fragen…“ Ryou holte kurzerhand sein Portemonnaie hervor und kramte kurz darin herum. Einen Moment später holte er ein Gruppenfoto vom letzten innerstädtischen Kartenturnier hervor. Zu sehen war zum einen er selbst, neben ihm stand auf der rechten Seite Marik, der ihm einen Arm um die Schulter gelegt hatte, und links von ihm Yugi. Joey stand auch in der Nähe, sowie einige andere Personen. Es waren die acht Finalisten, klar zu erkennen daran, dass jeder eine Dueldisk um den Arm trug. Dieses Foto zeigte er Muyaki. „Der rechts neben mir ist Marik.“   Muyaki schaute das Bild ganz gespannt an, er hatte sich Marik wirklich ein wenig anders vorgestellt. Besonders fiel ihm auf, dass der Ägypter doch ziemlich freizügig gekleidet war. Sein schwarzes Oberteil war so kurz, dass man sogar sehr gut seinen flachen Bauch sehen konnte. Gleichzeitig trug er eine eng anliegende Hose, die so tief ging, dass man beinahe davon sprechen konnte, dass es eine Frauenhüfthose war. Aber nur beinahe, die Hose selbst hatte ein Schlangenledermuster in dunklem Grün bis Braun, Marik wirkte darin ziemlich sexy. Ihn selbst erinnerte das Outfit an so manches Popsternchen Japans. Hmm... könnte sein, dass er ein Japanfan war und sich mit Absicht flippiger kleidete, um den Stil irgendeines dieser Stars zu immitieren.   „Kennst du alle auf dem Foto? Ich meine, sind es deine Freunde?“ fragte Muyaki schließlich, nachdem er alle auf dem Foto angeschaut hatte. Ryou schüttelte verneinend den Kopf. „Nein, außer Marik kenne ich nur noch den anderen Blonden und den mit der hochgesteckten Frisur. Die beiden gehören außerdem zu den Freunden, die Bakura nicht ausstehen kann.“ „Kannst du mir auch ihre Namen nennen? Und mehr über sie erzählen?“ fragte Muyaki direkt.   Ryou war das ein bisschen unangenehm, aber soweit er wusste, durfte Muyaki ja nichts über dieses Treffen weiter verraten. „Der andere Blonde heißt Jonouchi, er geht in dieselbe Klasse wie ich. Er hat es nicht ganz so leicht weil sein Vater… nun, wenn dann soll er das selbst sagen. Er ist aber ein netter Kerl, Bakura sagt zwar, er sei ein mieser Köter, aber seine Meinung ist wirklich nicht die meine. Der andere heißt Yugi, ebenfalls ein Mitschüler. Gegen ihn hat Bakura eigentlich nichts, aber…“ Schnell hielt sich Ryou eine Hand vor den Mund, beinahe hätte er seinen Freund verraten…   „Bakura mag seinen Yami nicht. Er bezeichnete ihn als Pharao, im selben Luftzug wie Massenmörder, Kriegsverbrecher und einige Worte die ich nicht klar verstanden habe…“ Jetzt wunderte sich Ryou nicht schlecht. Wieso hatte Bakura denn über die geredet? Und warum hatte Muyaki, wenn er doch schon so etwas wusste, nachgefragt? Die Antwort gab er von alleine: „Bakura hat mir schon seine Meinung über deine Freunde kundgetan. Aber diesen Marik hat er nicht erwähnt. Eben habe ich aber mitbekommen, dass dieser auch einen Yami hat. Wie ist der denn so?“   Ryou musste das erstmal verarbeiten, aber ein wenig fühlte er sich auch gut, denn wenn Bakura über seine Freunde herzog, konnte er auch einmal dasselbe mit seinem machen… „Nun ja… Malik, so ist sein abgeänderter Name, ist ziemlich… seltsam. Also einmal vorweg, ich persönlich glaube, dass Bakura auf Malik steht, und zwar richtig, wenn Sie verstehen…“ Muyaki nickte, Ryou schielte unterdessen zum Ring, der leicht auf dem Boden vibrierte und leuchtete. Ahh, Bakura passte es ganz und gar nicht, was Ryou offenbarte. Geschah ihm aber auch recht so.   „Ansonsten… Malik stellt gerne einmal etwas an. Er geht mit Bakura einen trinken, feiert bis spät in die Nacht, inzwischen wenigstens nicht mehr unter der Woche, sonst käme ich in der Schule gar nicht mehr hinterher; aber das Beste ist: Malik ist ein totaler Pferdenarr. Da scheint er mit Bakura etwas gemeinsam zu haben, aber so genau weiß ich das nicht.“ Leider, hätte er beinahe hinzugefügt, doch das verkniff er sich. Nur irgendwie… er fühlte sich gerade zwar erholt von Bakuras fehlendem Generve, aber… auch ein wenig allein. Auch würde er gerne mehr über seinen Yami wissen. Moment, der hatte doch mit dem Psychiater gesprochen. „Sagen Sie, können Sie mir sagen, ob Bakura irgendwas von sich selbst berichtet hat?“   Muyaki schüttelte verneinend den Kopf. „Nein, und wenn doch, würde ich es dir trotzdem nicht sagen. Alleine schon, weil er mich danach umbringen würde…“ Okay, sein Yami hatte mit Muyaki Klartext gesprochen, das war ja wieder mal klar. Jedenfalls schien sein Psychiater zu wissen, womit er es bei Bakura zu tun hatte. „Aber kommen wir wieder zu Malik. Nervt der seinen Hikari eigentlich auch? Und wie steht es mit dem ‚Pharao’ von Yugi? Ryou?“   Muyaki war plötzlich etwas verwirrt, vornehmlich weil Ryou einfach aufstand und den Ring aufhob. Er legte ihn jedoch nicht um, sondern behielt ihn auf dem Schoß, als er sich setzte. „Ich kann ihn nicht so lange da rumliegen lassen, darüber wird er nur sauer auf mich und stellt wieder was an“, erklärte Ryou sachlich. Dass er sich durch die Nähe des Ringes ein wenig besser fühlte, sagte er einfach einmal nicht. „Und ob ich sauer bin, Ryou, du hast mich einfach weggeschmissen! Wie kannst du nur?!“ Ryou schüttelte leicht den Kopf, komisch, dass ihm das Gemeckere nichts ausmachte. „Er sagt, dass er schon sauer auf mich ist.“ Und wieder wurde etwas auf den Block geschrieben, hoffentlich hatte der auch genug Blätter, Ryou hatte das Gefühl, dass Muyaki noch ganz schön viel zu schreiben hatte. Kapitel 4: Offene Konflikte --------------------------- „Bleiben wir beim Thema. Erzähl mir bitte etwas über diesen Pharao.“ Muyaki durfte sich hier nicht beirren lassen, er glaubte den Schlüssel zu allem gefunden zu haben, diesmal wirklich. Ryou verzog sein Gesicht, was Muyaki sich schnell damit erklärte, das sein Yami sich wohl wieder zu Wort meldete. „Bakura wird gerade ziemlich Laut... Moment bitte...“ Ryou nahm den Ring in die Hand und schloss nun die Augen er schien sich zu konzentrieren, es war ein seltsames Erlebnis. Muyaki fiel sogar auf das der Ring in der Tat leicht zu leuchten schien, dann öffnete Ryou seine Augen wieder. „Ich hab ihm nur kurz in den Hintern getreten, ich erzähle ihnen nun vom Pharao. Mit etwas Glück ohne Zwischenrufe.“ Zugegebenermaßen waren diese für Muyaki nicht weiter schlimm, aber es war schon frustrierend nicht zu hören was dort los war. Doch Ryous Konzentration war faszinierend, er notierte sich dazu etwas, um sich an Ryous scheinbare Kontrolle zu erinnern. „Yugi hat seinen Yami, etwa schon genau so lange wie ich. Doch anders als mein Yami achtet er darauf seinen Wirt nicht zu stören. Einzig wenn mein oder Mariks Yami sich einmischt wird er aktiv.“ „Interessant, könntest du mir ein Beispiel dazu nennen?“ Beispiele waren wichtig damit Muyaki sich ein besseres Bild davon machen konnte. „Ja, es war am ersten Tag als ich in die Schule kam...“   ****Alte Feindschaft****   Ryou war nervös, als vor der Tür zu seiner neuen Klasse wartete. Nachdem sein Yami seinen Ruf in der letzten Schule vollkommen zerstört und er dort extrem unangenehm aufgefallen war, hoffte er hier auf einen Neuanfang. Er erduldete diesen Geist jetzt schon seit mehreren Monaten und es war erträglicher geworden. Wieso genau konnte er nicht sagen, aber Bakura, so wie der Geist genannt werden wollte, übernahm jetzt nicht mehr ständig die Kontrolle. Dennoch, es war zu viel geschehen als das man es hätte vergessen können. Jeden Moment konnte sich die Türe öffnen und der Lehrer würde ihn hinein bitten. „Jetzt sei nicht so nervös“, erklang die Stimme des dunklen Ryous neben der Tür. Die braun gebrannte Gestalt, die stets dieselben Kleider trug wie er selbst, lehnte lässig am Türrahmen. „Vergiss du nicht, was du mir versprochen hast. Keine Übernahmen!“ Die Gestalt winkte ab. Er sah das ganz locker, Ryou nicht. Aber zumindest hatten sie bereits eine Art Koexistenz gefunden. Na ja, nachdem sein Yami nicht an die Schulpflicht gedacht und vor drei Wochen von der Polizei in die Schule gebracht worden war, hatte er es unterlassen, den Schulunterricht zu stören. Zudem war sein Drang, noch spät nachts in Diskos zu gehen, auch nicht mehr so stark. Warum genau interessierte Ryou nicht, etwa fand Bakura es inzwischen nicht mehr so toll, oder er hatte einen anderen Grund. „Ist ja schon gut, ich lass dich alleine...“ Er stieß sich von der Wand ab und verschwand, während er ein paar Schritte an ihm vorbei machte. Alleine... pha, als ob das stimmte. Inzwischen wusste Ryou sehr wohl, dass Bakura alles, was er sah oder erlebte, ebenso wahrnehmen konnte. Er hatte sogar erwogen, den Ring wegzuschmeißen, doch zum einen war das gar nicht so leicht, dieser fand nämlich auf mysteriöse Weise ständig seinen Weg zurück, und zum anderen fühlte sich Ryou, so dumm das auch klang, leer ohne die Nähe dieses Gegenstandes. Nicht zuletzt deswegen trug er den Ring auch heute. Das letzte, was er hätte gebrauchen können, wäre ein wildfremder Mensch, der ihm ein Päckchen in die Hand drückte, das den Ring beinhaltete. Das war nämlich das letzte Mal passiert, als Ryou den Ring 'vergessen' hatte. Wie der Ring das anstellte, war ihm genauso ein Rätsel wie die Tatsache, dass Bakura sehr viel Wert darauf legte, bei ihm zu sein. Als der Lehrer ihn endlich herein bat, bemühte sich Ryou, möglichst freundlich zu wirken, ohne dabei aufdringlich zu erscheinen, er war halt schüchtern, dagegen konnte er nichts tun. „Liebe Schüler, das ist Ryou, Ryou Bakura, bitte seid lieb zu ihm.“ Das hätte sie nicht sagen sollen! Das klang so, als hätte er Probleme. Gut, die hatte er auch, aber das ging niemanden etwas an! Nun gut, jetzt war es sowieso zu spät! Ryou verneigte sich standesgemäß und schaute kurz in die Runde. „Huu... hier sind ein paar süße Dinger...“ Bakura konnte es halt doch nicht lassen und stand schon wieder neben ihm, soviel zu alleine lassen, was? Doch dann blieb sein Blick auf einem recht ungewöhnlichen Jungen hängen, für einen Moment hatte Ryou den Eindruck, dass sich Bakuras Augen weiteten. „Das kann nicht sein!“ ertönte es vom Geist, dann war er weg. Was sollte das denn? Ryou konzentrierte sich lieber auf das, was alle sehen konnten, er gab also den typischen Spruch von sich, von wegen dass es ihm eine Freude sei usw. Im Anschluss ließ er sich seinen Platz zuweisen, setzte sich und folgte dem Unterricht. Bakura hielt vorerst den Mund, auch als Ryou während der Pause direkt von mehreren Frauen belagert wurde, die ihm die Schule zeigen wollten, blieb er fern. Was Ryou schon als befremdlich empfand, aber vielleicht hielt er sich ja zumindest einmal an die Abmachung, die sie getroffen hatten. Ungewöhnlich wurde es erst, als er auf dem Flur wieder diesem kleinen Violetthaarigen begegnete. Ryou hatte den Eindruck, dass er eine Art Seelenbruder traf, er war genauso schüchtern, nur nicht genauso beliebt bei den Frauen wie er selbst. Eine Beliebtheit die Ryou sich selbst nicht erklären konnte, ja sie war ihm zuweilen sogar sehr unangenehm. Ständig hatte er das Gefühl, dass man etwas von ihm erwartete, wusste aber nicht, was es war. Sein Klassenkamerad, Yugi, wie er sich erinnerte, fragte, ob er gerne Karten spielte und Lust hatte, mal bei ihm vorbei zu schauen. Ryou stimmte zu, sehr zum Verdruss der Frauen. Bakura gab einen seiner typischen Kommentare von sich, den Ryou aber ausblendete, hätte er es dieses mal bloß nicht getan. Doch zu groß war seine Freude, recht unkompliziert einen Freund finden zu können. Nach der Schule traf Ryou Yugi auf dem Schulhof wieder, er war etwas spät und Yugi schien geradezu auf ihn gewartet zu haben. Nicht zum ersten Mal fiel Ryou wieder die umgedrehte goldene Pyramide auf, die Yugi um den Hals trug. Dann, mit einem Mal, übernahm Bakura die Kontrolle und verbannte Ryou regelrecht aus seinem Körper zurück in das finstere Zimmer seiner Seele. Doch inzwischen hatte Ryou gelernt, dass er in dieser Situation ähnliche Kräfte besaß wie Bakura, zumindest wenn dieser nicht zu genau darauf achtete, dass Ryou auch innerhalb seines Zimmers blieb. Mithilfe seines Willens materialisierte er sich, unsichtbar für andere außer Bakura, neben sich selbst. „Bakura! Was soll das?!“ Doch sein Yami hörte nicht zu, er schritt mit ernster Miene auf Yugi zu und baute sich bedrohlich vor ihm auf. „Bakura!“ „H-hallo Ryou... hab ich was falsches gemacht?“ Yugi schaute ratlos auf Bakuras Mimik. Ryou warnte seinen Yami, doch der beherrschte es noch besser, ihn zu ignorieren, als Ryou. „Tu nicht so!“ Ryou sah sich selbst dabei zu, wie er die Jacke seiner Schuluniform und sein Hemd öffnete, um den Ring zu offenbaren. Was hatte der Geist, der nun seinen Körper kontrollierte, nur vor? Das war das erste Mal, dass er einem anderen den Ring zeigte. „Wow, das sieht ja so ähnlich aus wie...“ „Wie dein Lot! Und jetzt tu nicht so, Pharao! Komm raus!“ Ratlosigkeit stand sowohl in Ryous als auch in Yugis Gesicht geschrieben, was sollte das alles nur? Bakura jedenfalls verlor offensichtlich die Geduld, dabei hatte er kaum eine Minute gewartet. „Na gut, dann eben auf die harte Tour.“ Er ballte seine Hand zur Faust und schlug Yugi damit kräftig ins Gesicht, so dass dieser zu Boden ging. Ryou war fassungslos! „Sag mal spinnst du! Ich will hier neu anfangen und jetzt fängst du schon wieder damit an!“ Doch Bakura hörte gar nicht zu, er packte Yugi am Kragen und zog ihn zurück auf die Beine, nur um nochmal zuzuschlagen. Dieses mal jedoch traf er nicht, Yugis Hand schnellte hervor und angelte sich die Faust aus der Luft. Ryou fiel sofort die Veränderung auf. Yugi wirkte wesentlich erwachsener und sicher einen halben Kopf größer... dann sah er, wie das 'Lot', wie Bakura den Anhänger genannt hatte, aufleuchtete. „Was soll das?“ fragte eine ernstere Stimme; konnte es etwa sein, dass... Bakura sah nun zufrieden aus, er leckte sich sogar über die Lippen, als hätte er etwas schmackhaftes verspeist. „Na also... wusst' ich's doch. Schon gleich, als ich das Lot sah, wusste ich, dass du hier bist, Pharao. Na, erkennst du mich wieder?“ Offensichtlich nicht, denn auch wenn Yugi nun sehr ernst wirkte, seinen Augen fehlte das Verständnis. „Sollte ich dich kennen?“ Bakuras gute Laune verschwand so schnell wie sie gekommen war, sie wandelte sich sogar in eine noch schlimmere Aggression. „Und ob du das solltest, Pharao!“ Mit einem weiteren Schlag prügelte Ryous Körper auf Yugi ein, dieses mal jedoch wich Yugi aus, verdrehte Bakura den Arm und kam hinter ihm wieder hoch. Jedoch nur um kurz darauf zusammen zu zucken. Aua... Der Ringgeist hatte Yugi einen brutalen Tritt ans Schienenbein verpasst und befreite sich nun aus dem harten Griff. „Das hat schon damals nicht funktioniert, du lernst echt nicht dazu, Pharao!“ Ryou schaute dem allen fassungslos zu, gleichsam fasziniert wie ängstlich. Denn das erste Mal sah er jemanden, der dem Ringgeist nahezu ebenbürtig war. Ansonsten mischte sich Bakura inzwischen nur noch bei Schlägern ein, und die fanden sich meist sehr schnell am Boden wieder, wenn sie Glück hatten, manche erwachten erst wieder im Krankenhaus. Ryou hatte inzwischen schon mitbekommen, dass der Geist, den er mit dem Ring zusammen erhalten hatte, keinerlei Mitleid oder Zurückhaltung besaß. Ein Gegner wurde von ihm niedergemacht, bis dieser sich etwa nie wieder mit ihm anlegen würde oder bis er dazu nie wieder in der Lage wäre. Doch Yugi, oder der Geist des Lotes, wie Ryou inzwischen vermutete, konnte Paroli bieten. Er wich gekonnten Schlägen aus, schlug zurück. Ja es hätte Ryou beinahe gefreut, dass der Ringgeist etwas abbekam, wenn nicht er es wäre, der mit den Konsequenzen leben musste, war es immerhin sein Körper, der da beschädigt wurde! „Ich weiß nicht, wer du bist oder was ich dir getan habe, aber du kannst nicht einfach irgendwelche Leute schlagen!“ „Und ob ich das kann! Solange es dich hervor lockt, ist mir jedes Mittel recht! 3000 Jahre warte ich jetzt darauf, dir die Fresse zu polieren, du Arschgesicht!“ Ein weiterer Schlagabtausch folgte, Bakura erwischte Yugi an den Rippen, bekam dafür selbst jedoch was an den Mund, so dass an den Lippen Blut herunter rann. Beinahe masochistisch leckte er es ab, igitt! „3000 Jahre? Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“ „Ich spreche von deinem Verbrechen, du Mistkerl! Du dachtest wohl, dass du mir mit dieser miesen Masche entkommen bist, aber da hast du dich geirrt. Ich hab es dir nämlich einfach nachgemacht!“ Wieder ein Schlagabtausch, dieses mal kugelte Yugi Bakura den Arm aus, was Ryou ziemlich mitnahm, wie sollte er denn damit im Unterricht mitkommen! Dagegen erwischte Bakura Yugi wieder im Gesicht, so dass nun dessen Lippe platzte. Zum Glück renkte Bakura seinen Arm sofort wieder ein, bevor er weiterkämpfte, phu... Doch der Kampf währte nicht mehr lange, denn Yugis Freunde kamen dazu. Ein Blondschopf packte Bakura von hinten und hob ihn hoch. „Immer mal langsam Freundchen.“ Doch Ryou wusste bereits, was geschehen würde, er schloss die Augen, um es nicht miterleben zu müssen. Wie in einem Zeichentrickfilm hörte er das Geräusch von Schlägen und Tritten, dann einen Schrei. Als er sie wieder öffnete, war der Blonde am Boden und wurde durch eine aufgeschlagene Lippe verunstaltet. Ein Mädchen aus der Klasse half ihm auf, wobei Ryou sah, dass seine Kleidung einen Fußabruck an dessen rechter Rippe hatte. Wie um alles in der Welt hatte Bakura ihn denn da hin getreten? Dann tauchte auch noch ein brünetter Typ auf, offensichtlich ebenfalls ein Freund von Yugi, und fragte drohend, was Bakura für ein Problem hatte. Ryous Yami lachte laut auf, so als ob er die Situation unglaublich witzig fand. „Wie damals, was? Auch damals hast du dich hinter deinen Leuten versteckt, Pharao!“ Dann geschah etwas Merkwürdiges, zumindest aus Ryous Sicht. Denn Yugis Freunde wussten Bescheid, er selbst hatte niemals irgendjemanden von Bakura erzählt, alleine schon weil ihm niemals jemand glauben würde, im besten Fall hätte man ihn ausgelacht. „Wie? Du kennst ihn? Kommt er dir auch bekannt vor, Yami?“ Yugi, oder besser gesagt sein Körper, schüttelte den Kopf. „Nein... ich hab keine Ahnung, wovon er spricht.“ „Verarsch mich nicht, Pharao!“ Bakura war anscheinend richtig sauer darüber, nicht erkannt zu werden! Ryou fragte sich nur, was sein Problem war, abgesehen davon, dass man ihn vergessen hatte. „Aber ich kenn dich wirklich nicht! Ich weiß ja auch nicht, wer oder was ich bin! Aber wenn du mich für unwissend hältst, dann kläre mich auf!“ Ryou beobachtete, wie sein Yami stutzte, dann breitete sich ein hinterhältiges Grinsen auf seinen Lippen aus. „Ach nein? Du hast es tatsächlich vergessen, Pharao? Hahaha... Das ist typisch! Erst fliehst du vor mir in dieses Lot, und wenn ich dich tausende von Jahren später wieder treffe, dann erinnerst du dich nicht mehr an mich.“ „Geflohen? Also weißt du, wie er in das Puzzel gekommen ist?“ fragte das Mädchen, Ryou meinte sich nun an ihren Namen zu erinnern, Thea, sie war Yugis Sitznachbarin. „Sicher weiß ich das...“ „Dann sag es mir!“ „Pha! Wieso sollte ich?“ Erhaben schaute sich Ryous Körper um, dann lachte er nochmals, bevor sein Blick zum Schulgebäude glitt. Er schnaufte herablassend. „Shit, der Ordnungsdienst. Den könnte ich zwar auch locker fertig machen, aber ich will ja nicht, dass mein Wirt schon wieder gleich am ersten Tag Ärger bekommt. Ich warne euch also, schwärzt mich ja nicht an! Sonst mach ich euch kalt, klar? Ich erlaube niemand anderem außer mir das Leben meines Wirtes schwer zu machen. Obendrein trifft es sowieso ihn und nicht mich. Überlegt euch, ob ihr so unfair sein wollt.“ Erneut lächelte Bakura in die Runde, so als ob er alles unter Kontrolle hätte. Anhand dessen, wie die anderen schauten, war das sogar der Fall. Sie würden nichts tun. Anschließend wandte er sich wieder an den Yami, der in Yugis Körper lebte, oder im Lot, das dieser trug. „Pharao, wir haben uns nicht das letzte Mal gesehen...“ Dann verabschiedete sich der Ringgeist und ließ Ryou in seinen Körper zurück, um die Sache auszubaden.   ****Ende****   „Und was ist dann passiert?“ Berechtigte Frage, Ryou atmete auf. „Tja, der Ordnungsdienst kam dazu und hat uns zusammengeschissen. Yugi und ich bekamen Strafarbeiten, gemeinsames Nachsitzen für einige Tage.“ „Und wieso hat man mich erst jetzt informiert?“ fragte Muyaki mit sichtbarer Verwunderung, „Du hast doch schon vor über einem Jahr die Schule gewechselt.“ „Ganz einfach, Yugis Freunde berichteten, dass alles ein Missverständnis war, das sich bereits aufgelöst hatte. Zwar hat der Ordnungsdienst uns nicht geglaubt, aber es war auch das einzige Mal, dass Bakura eine Schlägerei angefangen hat. Und bevor Sie was anderes sagen. Die restlichen Schlägereien habe weder ich noch er angefangen. Er hat sie lediglich beendet... wenn auch ziemlich brutal.“ Was Ryou nicht einmal allzu sehr bedauerte. Manch einer hatte es aber auch wirklich verdient, auch Kato vom Ordnungsdienst, der einzige Schüler, der alle anderen, selbst so große wie Tristan, noch um mehr als einen Kopf überragte. Wie Bakura den klein gekriegt hatte, fragte sich Ryou noch immer. Muyaki notierte sich schon wieder etwas, dann schlug er in seinen Notizen nach, was Ryou etwas verwunderte. Dann aber begriff er, der Psychater hatte schon vorher Informationen bekommen! Und so war es auch. „Ich vermute, du spielst auf die Sache mit Kato an, oder? Eingetragener Schläger, herausgekommen, nachdem er sich mit dir angelegt hat, bis dahin war er beim Ordnungsdienst. Er hatte drei gebrochene Rippen, 15 blaue Flecken, mehrere Prellungen und einen ausgeschlagenen Zahn.“ Uhh... das war Ryou wirklich unangenehm, hätte er mal besser geschwiegen. „Ja, das meine ich damit.“ „Könntest du mir sagen, wieso Bakura so brutal ist? Was vermutest du?“ Ryou fragte sich, worauf der Psychater hinaus wollte und wieso Bakura plötzlich so still war. Außer kurz bei der Erzählung, wo Ryou sich etwas schockiert über Bakuras Angriff gezeigt hatte, hatte sich der Yami nicht mehr gemeldet. Und selbst da war es bei einem „Er hat es verdient!“ geblieben. Wie stets aber war Ryous leichte Sorge unbegründet. Schon ertönte wieder Bakuras Stimme. „Was heißt hier brutal? Ich bin die friedlichste Person, die in den letzten 3000 Jahren gelebt hat! Und ich kenne mich aus! Was glaubst du, was für Dreckskerle ich schon getroffen habe! Im Vergleich zu denen bin ich ein lieber kleiner Engel vom Himmel... genau, sag, dass ich dein Schutzengel bin.“ Wie kam Bakura denn plötzlich auf den Mist! Zumal Ryou nichts darauf gab, nicht bei diesem ironischen Tonfall. Ryou dachte nach, warum könnte Bakura so aggressiv sein? Angestaute Wut? Jein... bei Yugis Yami konnte das so sein, aber nicht bei allen anderen. Dort war Bakura zwar jähzornig, doch lebte er dies sofort aus. Danach war er wieder umgänglicher. Doch was könnte es sonst sein? „Ryou?“ hakte Muyaki nach einer Weile der Stille nach. Ryou hob darauf eine flache Hand. „Einen Moment, ich muss etwas nachdenken.“ Damit gab sich der Psychater erstmal zufrieden. „Gut nimm dir Zeit.“ Woran könnte es liegen? Das hatte sich Ryou so oft gefragt, er hatte niemals eine Antwort gefunden. Und so erging es ihm auch jetzt. „Tut mir Leid, ich kann es wirklich nicht sagen.“ Muyaki schien enttäuscht, bohrte aber nicht weiter nach. Zum Glück, denn irgendwie hatte Ryou das Gefühl, dass er auf irgendwas hinaus wollte, was Ryou nicht gefallen würde. „Ich möchte einmal kurz auf die Beziehung zwischen dem anderen Ich von Yugi, wie hieß er noch gleich?“ „Er hat keinen eigenen Namen, oder zumindest kann er sich an keinen erinnern, daher nennen ihn Yugi und seine Freunde schlichtweg 'Yami', auch wenn wir inzwischen allgemein unsere dunklen Gegenstücke so nennen.“ „Ah ja, sowas in der Art hast du ja eben gesagt. Ich würde gerne wissen, was du über die Beziehung zwischen Yami und Bakura denkst.“ Und prompt meldete sich Bakura wieder zur Sache. „Ich habe keine Beziehung mit Yami! Ich hasse ihn!“ Ryou verzog das Gesicht, da Bakuras Stimme ihn in Diskolautstärke in den Ohren widerhallte. „Ist etwas, Ryou?“ fragte Muyaki besorgt, wenn er das nur hören könnte! „Bakura gefällt der Ausdruck nicht. Er sagt, er habe keine Beziehung zu Yami, dafür aber zu Malik, also Mariks Yami.“ „Miststück! Das habe ich niemals gesagt!“ beschwerte sich der Ringgeist sofort, was dem Hikari ein Lächeln entlockte. „Nein, aber das ist mein Eindruck, und jetzt sei still, bevor ich dir noch ganz andere Dinge andichte.“ Ryou sprach leise, dummerweise nicht leise genug, als dass Muyaki es nicht bemerkte, auch wenn er wohl kein Wort verstanden hatte. „Ist etwas?“ „Nein, gar nicht...“ versicherte Ryou schnell, worauf er einen bissigen Kommentar von Bakura bekam. „Du kleiner Lügner... aber na warte...“ Ryou war Bakuras Drohungen gewöhnt, entsprechend blieb er unbeeindruckt und gab sein Wissen preis. „Nun, es scheint so, dass sich Bakura und Yami mal vor 3000 Jahren in Ägypten getroffen haben müssen. Irgendwas muss damals geschehen sein, so dass Bakura Yami noch heute dafür hasst. Dumm nur, dass der 'Übeltäter' sich nicht daran erinnern kann. Tja und Bakura sagt weder mir noch jemand anderem, was sein Problem ist. Er meint, das soll dieser 'Sackarsch' gefälligst selbst herausfinden.“ „Endlich bezeichnest du ihn mal anständig! Gut so, Ryou!“ lobte Bakura ihn für die aus Bakuras Sicht korrekte Benennung des Pharaos. „Also herrscht ein nicht geregelter Konflikt zwischen den beiden?“ Ryou bestätigte dies. Wobei er sich fragte, ob Bakura auch etwas in dieser Richtung verraten hatte, während er einmal mit dem Psychater gesprochen hatte... Hmm, sehr wahrscheinlich sogar, wenn auch nicht absichtlich. „Das erschien mir auch so. Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir jedoch, dass er ihn Pharao nannte. Ryou, ich bin nicht sonderlich versiert mit Ägypten, aber der Pharao war doch der dortige König, oder?“ Erneut musste Ryou nicken, wobei er den Seitenkommentar von Bakura, nämlich den abfälligen Begriff „Möchtegernherrscher“, schlicht überging. „Ja, König ist sogar etwas untertrieben, Pharao gleicht eher unserem Verständnis vom Kaiser, ist also eher einem Gott gleichzusetzen als einem König.“ Der Kaiser war zwar offiziell kein Nachfahre Amaterasus mehr und damit nicht mehr göttlichen Ursprungs, allerdings scherte sich Ryou nicht unbedingt um die amerikanische Sicht der Dinge. Daher fand er den Vergleich zu Anschauungszwecken sehr treffend, was ihm allerdings erneut einen Zwischenruf Bakuras einbrachte. „Das ist doch nicht dein Ernst! DER und ein Gott? Dass ich nicht lache! Wenn der ein Gott ist, dann bin ich ein Titan! Oder was anderes, noch höheres halt! Und außerdem...“ Da nun eine längere Ansprache folgte, legte Ryou den Ring dezent auf den Tisch, so dass kein Direktkontakt mehr bestand und sie ihm erspart blieb. Muyaki hob daraufhin die Augenbrauen, fragte aber nicht, sondern notierte sich nur wiedermal was. Kapitel 5: Ende der ersten Sitzung ---------------------------------- Kapitel 5: Ende der ersten Sitzung. „Ich nehme an, Bakura stört dich wieder. Doch machen wir einfach weiter. Wir waren beim Verständnis des Titels Pharao. Nehmen wir einfach mal an, dass der Geist dieses anderen Gegenstands, den du erwähnt hast, tatsächlich ein Pharao war und der Geist des Ringes hat zur selben Zeit gelebt. Könnte es sein, dass Bakura schlicht ein unzufriedener Bürger war?“ Ryou schüttelte sofort den Kopf, auch wenn es theoretisch sein könnte, so saß Bakuras Zorn doch viel zu tief, als dass es solch eine Trivialität sein könnte. Muyaki war sichtbar enttäuscht, aber er gab noch nicht auf. „Hmm... dieser Geist soll vor 3000 Jahren in Ägypten gelebt haben, ja? Schon einmal daran gedacht, einfach in den Geschichtsbüchern nachzuschauen, welcher Pharao dort gerade herrschte?“ „Auf die Idee bin ich auch schon gekommen. Aber wenn man ganz genau 3000 Jahre zurück schaut trifft man auf Pharao Psusennis I. Dessen Leben ist nur wenig ausgeleuchtet, aber sein Grab ist unbeschadet erhalten geblieben. Man fand seinen kompletten Leichnahm und fast alle Grabbeigaben. Ich glaube nicht, dass der Yami meines Freundes dieser Pharao ist. Vor allem, da Yami Yugi zwar erwachsener wirkt als Yugi oder ich, aber Psusennis hat über 50 Jahre geherrscht, das heißt er war ein alter Mann, und dafür wäre Yugis Yami wiederum zu impulsiv. Tja und wenn man nicht genau 3000 Jahre zurück gehen kann, relativiert sich die Suche schnell. Schlussendlich könnte es jeder Pharao der 21. Dynastie gewesen sein. Vielleicht war es sogar einer aus der 20sten oder der 19. Dynastie.“ Ryou machte eine hilflose Bewegung mit den Armen. „Genau genommen könnten es alle Pharaonen zwischen Ramses I. Und besagtem Psusennis I. gewesen sein. Bakura war auch keine große Hilfe, das Einzige, was er mir unbeabsichtigt verraten hat, ist, dass es ein Pharao vor Psusennis gewesen sein muss, da er sich über diesen 'lächerlichen Namen' schlapp gelacht hat.“ Ryou bemerkte mit Stolz, dass Muyaki über Ryous Wissen über Pharaonen sprachlos war, aber Ryou hatte doch erwähnt, dass sein Vater Archäologe war oder? Was hatte der denn gedacht? Dass Ryou sich nicht über die Dinge informierte, die seinen Vater so beschäftigten? Als Muyaki wieder zu sich fand, gab es erstmal ein Kompliment über Ryous ausgeprägtes Wissen, dann aber fragte er etwas ganz Kritisches. „Hast du mal daran gedacht, deinen Vater zu fragen, für wie alt er den Ring einschätzt? Eventuell könnte er ihn ja einer pharaonischen Regentschaftszeit zuordnen.“ „Nein, das geht leider nicht. Mein Vater weiß es selbst nicht. Ich habe auch nur erfahren, dass er ihn nicht selbst gefunden, sondern in einem kleinen Beduinendorf auf dem Markt gekauft hat. Das Teil war wohl ziemlich teuer, es besteht aus purem Gold.“ „Darf ich fragen, woher du das weißt? Der Kern könnte auch nur aus Kupfer sein, schon einmal daran gedacht?“ hakte Muyaki nach, Ryou freute sich diebisch etwas dagegen halten zu können. Zwar war er wie gesagt kein wirklicher Klugscheißer, ab und zu tat das aber schon ganz gut. „Ganz einfach, ich habe es getestet.“ Muyaki schien dieses kleine Detail nicht ganz zu glauben, denn es war etwas Sarkasmus in seiner Stimme als er dagegen hielt: „Ach? Hast du Zuhause etwa ein kleines Testgerät? Oder warst du beim Juwelier damit?“ „Weder noch. Ich hab es mit dem Archimedischem Prinzip gemacht. Natürlich hatte ich keinen Goldbarren der so schwer war wie der Ring, aber der Verdrängungswert von Gold ist in einem Mineralienbuch angegeben.“ Das hatte Ryou schon mit 10 Jahren drauf gehabt. Und wäre er auch noch so alt, dann würde er jetzt garantiert dieses typische Peace-zeichen machen und dabei verschlagen lächeln, wie man es gerne in Animes oder Mangas zeigte. „Hast du keine Angst, dass der Ring verschwinden könnte? Ich meine, so viel Gold muss doch ganz schön wertvoll sein. Kann doch sein, dass jemand ihn stiehlt oder?“ „Anfangs ja, ich habe ihn sogar manchmal absichtlich wo liegen lassen. Aber er ist immer wieder zu mir zurück gekommen. Ich weiß selbst nicht, wie Bakura das anstellt.“ Erneut zuckte Ryou mit den Schultern. Er vermutete zwar inzwischen, dass Bakura Besitz von jemanden ergriff und sich dann zurücktragen ließ. Aber wie er es schaffte, sich gleich wieder neben Ryous Bett zu legen, das war Ryou immer noch ein Rätsel. Muyaki wirkte nun richtig nachdenklich und kritzelte eine Menge in seinen Notizblock, dann seufzte er laut auf, als irgendwo ein kleiner Wecker bimmelte. „Ach herrje, tja Ryou, unsere Zeit ist um. Ich würde mich gerne noch mehr mit dir beschäftigen, aber leider habe ich gleich einen anderen Termin.“ Schlagartig wurde Ryou jetzt kalt und heiß. Oje, die Stunde war zuende? Hoffentlich wurde er jetzt nicht trotzdem eingewiesen! Nur um sicher zu gehen griff Ryou schon einmal zum Ring und nahm ihn wieder an sich, worauf er gleich schon wieder Bakuras Stimme zu hören vermochte. „Wie? Schon zu Ende? SCHADE... ich hätte so gerne nochmal einen Auftritt gehabt!“ Phu, Bakura schien seinen Zorn schon wieder vergessen zu haben. „Denkste, ich hab nicht vergessen, dass du mich weggeworfen hast! Dafür räche ich mich noch, ich weiß zwar noch nicht, wie, aber mir fällt schon noch etwas ein!“ War ja auch nicht zu erwarten gewesen, dass Ryou mal Glück mit diesem Yami hatte. Doch damit setzte er sich später auseinander. „Nun? Was ist das Ergebnis unseres Gespräches, Herr Muyaki?“ fragte Ryou schlussendlich mit einem Lächeln, wobei er mal hoffte, dass es gerechtfertigt war und jetzt nicht etwas Fatales auf ihn zukam. „Tja... ich bin ganz schön verwirrt. Soviel kann ich zumindest sagen. Aber keine Panik, eingewiesen wirst du sicher nicht. Immerhin bist du keine Gefahr für andere.“ Das sah Ryou genauso, nur leider eine gewisse Person nicht, die fing nämlich gleich an zu wettern. Typisch! „Keine Gefahr? Keine Gefahr?! Häng mich um, Ryou! Ich zeige dem gleich mal, wer hier 'keine Gefahr' ist!“ Ryou war jetzt echt genervt! Während Ryou nur froh darüber war, diese Stunde überstanden zu haben, meckerte diese Bürde auch noch über das Ergebnis! „Bakura! Halt doch bitte einmal die Klappe! Sei froh das ich nicht eingewiesen werde!“ Ryou hätte den Ring gleich wieder ablegen sollen, Muyaki schaute auch schon wieder so komisch, kein Wunder, Ryou hatte sich ja auch nicht beherrschen können. „Darf man fragen, was los ist?“ fragte der Psychater neugierig, überschnitt sich dabei aber mit Bakuras Gemecker: „Das wärst du sowieso nicht! Wenn er es doch versucht hätte, hätte ich ihn an seinen eigenen Gedärmen erhängt!“ Ryou seufzte. „Bakura beschwert sich nur über die Formulierung. Beachten Sie ihn nicht weiter.“ Muyaki lachte darauf, was Ryou sehr freute, das bedeutete zumindest, dass er damit klar kam. „Na ja, ich muss ihn ja auch nicht hören. Aber so einfach entlasse ich dich auch nicht. Ich kann dich nicht bedenkenlos zurück in die Schule schicken und sagen, dass alles in Ordnung ist. Sonst schickt dich deine Lehrerin zu einem anderen Psychiater. Es sei denn, du bekommst es hin, dass du nicht mehr auffällst.“ Ryou brachte daraufhin ein gequältes Lächeln zustande. „Wenn es so leicht wäre, dann säße ich ganz sicher nicht hier.“ „Das glaube ich auch. Also mach bitte mit meiner Sekretärin einen neuen Termin. Einmal die Woche kommst du her und wir unterhalten uns etwas. Mal sehen, was dabei rauskommt.“ Ähh... Ryous Gesichtszüge wären für einen Moment entgleist, wenn er sich nicht so gut unter Kontrolle hätte. Wie bitte? Einmal die Woche?! Das war ganz schön hart, aber es kam noch schlimmer. Immer noch lächelnd teilte ihm sein neuer Psychater nämlich auch noch mit, dass... „Achja. Bevor ich es vergesse. Beim nächsten Termin bringst du bitte auch deinen Freund Marik mit, vorausgesetzt ich kann ihn nicht über deine Lehrerin packen. Um Yugi werde ich mich kümmern, ein kleines Telefonat und der wird auch herkommen. Ich kenne Frau Tatsuya sehr gut, das regel ich schon.“ „Was?! Aber...“ Ryou wollte widersprechen, ertrug dann aber nicht das aufgebrachte Gebrüll von Bakura. „WAS?! Ich soll zusammen mit diesem Mistkerl hier meine Zeit verbringen?! Ich verbiete es! Marik, okay, aber nicht Yugi! Nein, nein, nein, NEIN!!! Niemals im Leben!“ „Ich entnehme deinem Gesichtsausdruck, dass dein anderes Ich sich gerade ziemlich beschwert. Aber ich habe bereits entschieden. Und was deinen Einwand betrifft. Das steht bereits fest, ich hoffe du zwingst mich nicht, Frau Tatsuya auch dich nochmal hierher bitten zu lassen.“ „Nein nein! Das meinte ich nicht!“ Genau genommen wollte sich Ryou nur darüber beschweren, dass auch Yugi und Malik hierher kommen sollten. Das ganze war schon peinlich genug! Aber das wagte er nun nicht mehr zu sagen, also versuchte er es anders: „Ich wollte nur sagen, dass ich Malik kaum dazu bekommen werde hierher zu kommen. Er geht immerhin nur freiwillig zur Schule und arbeitet ständig in seiner Schrauberwerkstatt...“ „Frag ihn einfach, dann sehen wir weiter. Nun mache dich aber auf um dir einen Termin geben zu lassen. Mein nächster Termin kommt in spätestens zehn Minuten und ich muss noch die ganzen Notizen wegpacken. Wir sehen uns dann spätestens nächste Woche.“ Muyaki legte seine Unterlagen zur Seite, erhob sich und reicht ihm ganz unbefangen die Hand. Ryou konnte es immer noch nicht fassen, aber was sollte er dagegen tun? Seufzend erhob er sich ebenfalls und reichte Muyaki die Hand. „Dann bis nächste Woche. Auch wenn ich nicht glaube, dass irgendetwas dabei raus kommt außer Zeitverschwendung.“ Ryou ergab sich der Sache, während er im Hinterkopf immer noch Bakura hörte wie er sich beschwerte, aber zum Glück hielt Bakura den Lautstärkeregler unten. „Das zu entscheiden ist meine Sache. Und nun auf Wiedersehen und einen schönen Tag wünsche ich dir noch Ryou.“ „Ich Ihnen auch. Auf Wiedersehen...“ Ryou machte sich also auf zur Empfangsdame, um sich einen neuen Termin geben zu lassen. Die Frau war freundlich wie schon zuvor, Ryou behielt seinen Ring trotzdem erstmal in der Hand bzw. hatte ihn in seiner Schultasche verstaut. Ihn jetzt umzulegen wagte er nicht. Nicht dass Bakura noch etwas Unbedachtes tat. Nachdem er sich auch von ihr verabschiedet und einen neuen Termin in der Tasche hatte, machte er sich auf den Weg zum Ausgang. Kaum auf der Treppe aber ging unten die Türe auf und jemand trat ein, den Ryou nun wirklich nicht erwartet hatte! Duke erstarrte genauso wie Ryou als nur die Treppe sie noch trennte und sie sich genau in die Augen schauten. Wäre dies ein billiger Anime würde nun ein imaginärer ausgetrockneter Busch zwischen ihnen her sausen, auch wenn diese Teile in ganz Domino nicht zu finden waren. Aber was sollten sie sich sagen? Oder sollten sie sich gar nicht beachten? Weder Ryou noch Duke wussten auf diese Frage eine Antwort. Duke war der Erste, der seine Sprache wiederfand.„Ähh... hi Ryou. Du auch hier?“ Dumme Frage, aber Ryou bewunderte Dukes Mut, überhaupt als Erster wieder was zu sagen und lächelte unbeschwert. „Tja, so klein ist die Welt. Ich würde dann mal sagen, dass ich jetzt gehe, ich muss noch in den Supermarkt.“ War zwar gelogen, aber Ryou spürte doch, dass diese Situation auch für Duke unangenehm war und fand es daher besser, einfach zu verschwinden. „Das ist schlechtes Timing, es fängt gerade an zu regnen, deswegen hab ich mich extra beeilt her zu kommen. Ähh... warte mal.“ Duke nahm sogleich seine Schultasche ab und kramte darin herum, dabei wollte Ryou ihm gerade sagen, dass ihm das schon nichts ausmachte. „Hier!“ Völlig überrascht hielt Ryou kurz darauf einen schwarzen Regenschirmknirps in den Händen. Ryou schaute noch darauf, als Duke bereits an ihm vorbei nach oben verschwand. „Nimm ruhig, ich muss mich beeilen, muss noch wohin!“ Als Ryou sich umdrehte, war Duke bereits in der Praxis von Herrn Muyaki verschwunden, was war das denn? Nun ja, Ryou würde ihn morgen in der Schule zurück geben. Stattdessen war er einfach mal froh, dass er nicht nass wurde, draußen begann es nämlich wirklich sprichwörtlich zu schütten. Bevor er sich aufmachte, legte er noch schnell seinen Millenniumsring um, der ärmste Bakura wurde sonst nur noch wütender und machte mehr Unsinn als nötig. Dann spannte er den Regenschirm auf und machte sich auf den Weg nach Hause. Waren ja nur ein paar Straßenblocks. Kaum auf der Straße, die bis auf die Autos absolut leer war, sah er schon wie sich neben ihn, mitten im Regen, sein 'anderes Ich' materialisierte und ihn vorwurfsvoll ansah. „Hättest du mich nur machen lassen! Ich hätte Muyakis Gedärme rausgerissen und ihn damit erwürgt! Dann hätte sich alles geregelt.“ Ryou konnte darauf wirklich nur den Kopf schütteln. „Dann hätten sie mich wegen Mordes dran gekriegt und ich würde lebenslang im Gefängnis landen oder gehängt werden.“ „Du weißt genau, dass ich das niemals zugelassen hätte!“ beschwerte sich Bakura sofort. In der Tat, das wusste Ryou, aber zu welchem Preis? Im Gegensatz zu Bakura versuchte Ryou nicht alles mit Gewalt zu lösen. „Bakura, du hast dich genügend profiliert. Lass uns einfach nach Hause gehen, ja?“ „Ja ja ist ja gut. Aber sag mal, woher hast du den Regenschirm?“ Ach ja, Bakura hatte ja in der Tasche gelegen, daher hatte er es gar nicht mitbekommen, dass Duke da aufgetaucht war. Aber wie so oft unterschätzte Ryou seinen Yami ganz schön. Auch wenn er es nicht gesehen hatte, so doch gehört. „War doch Duke den ich da gehört habe, oder? Was hatte der denn da zu suchen?“ „Woher soll ich das wissen, Bakura? Sei nicht so neugierig, schließlich war ich wegen dir auch da!“ Bei allem Bad Boy Gehabe war Bakura doch nichts anderes als ein neugieriges Waschweib, nur würde Ryou niemals wagen, ihm das direkt zu sagen. Zumindest nicht, wenn er am nächsten Tag in die Schule musste. *Zur selben Zeit in Muyakis Praxis* Duke hatte sich so schnell wie nur irgend möglich in die Toilette verzogen, jedoch nicht, weil er dringend musste. Viel mehr hatte er seinen hochroten Kopf verbergen wollen und rieb sich inzwischen das siebte Mal sein Gesicht mit eiskaltem Wasser ab. „Von allen Mitschülern muss ich ausgerechnet Ryou hier begegnen!“ dachte er schockiert, als er sich wieder im Spiegel betrachtete. Und wenn er daran dachte, dass er Ryou auch noch einen Regenschirm gegeben hatte! Schlagartig fing Dukes Gesicht wieder an zu glühen. Wie peinlich!!! Schnell wurde noch einmal das Gesicht gekühlt. Oh Mann, das kalte Wasser tat echt gut. Normalerweise hatte Duke ja kein Problem damit, auf Ryou zu treffen, zumindest, wenn er darauf vorbereitet war. Dabei stellte er sogar fest, dass es ihn nicht einmal überraschte dass Ryou einen Psychologen aufsuchte, mit diesem Handicap eines Yamis, das war schon hart genug. Aber musste es ausgerechnet auch Dukes Psychiater sein?! Nachdem Duke sich etwas beruhigt hatte, kam er wieder in den Empfangsbereich und ließ sich anmelden. Muyaki wartete schon und bat ihn, bei einer Tasse Tee und Gebäck Platz zu nehmen. „Guten Abend Duke. Nun? Worüber wollen wir heute reden? Firmenstress bei Industrial Illusions oder dein Liebesproblem?“ Duke ließ sich einfach fallen und seufzte im Sessel auf. „Am liebsten über das Problem, was eben hier war.“ Duke sah, wie es hinter Muyakis Brille aufblitzte, er hatte bis jetzt keine Ahnung gehabt. „Oh, na dann fangen wir gleich an...“ Kapitel 6: Zusammenkunft der dunklen Seiten ------------------------------------------- Etwas mehr als eine Woche war es nun her, dass er den Gesprächstermin bei Herrn Muyaki wahrgenommen hatte. Heute war er wieder auf dem Weg zur Praxis des Psychotherapeuten. Doch anders als letztes Mal war er nicht alleine. Genau neben ihm ging Yugi, bei dem sich Ryou gerade zum tausendsten Male entschuldigte. „Es tut mir echt Leid, dass du auch mitkommen musst. Hätte ich bloß meine Klappe gehalten, dann könntest du jetzt ganz beruhigt nach Hause gehen...“ „Mach dir keine Gedanken. Soweit ich das herausgehört habe, ist dein Yami schuld, dass du nicht innehalten konntest. Du hast dir nichts vorzuwerfen.“ Ach, wenn das doch nur so einfach wäre. Ryou hatte selbstredend Yugi alles erklärt und das Gespräch geschildert. Ironischerweise war es nicht einmal Yugi, der ihn ausgeschimpft hatte. Honda und Jonouchi hatten ihm dagegen ordentlich den Kopf gewaschen. Dabei wusste er selbst, dass er den Ring nicht hätte mitnehmen sollen! Im Nachhinein war man immer schlauer. „Ach nein, bin wiedermal ich Schuld? Ja genau! Immer auf mich! Dabei habe ich nun wirklich nichts gemacht. Hättest du mich machen lassen...“ „Hätte er sowas nicht gewagt. Ja ich kenn den Text inzwischen, Bakura...“ beendete Ryou den Satz seines Yamis und seufzte tief aus. Seit einer Woche hörte er immer dasselbe. Was Ryou jedoch nicht daran hinderte, den Ring weiterhin zu tragen. Dieser Ring war für ihn wie das Rauchen bei anderen. Selbst wenn man aufhören wollte, es ging einfach nicht. Abgesehen davon hatte Bakura damit gedroht, sich mit dem Ring festzustechen, wenn Ryou ihn nicht ständig trug, und auf diese Erfahrung konnte Ryou verzichten, der Spielbrettvorfall hatte ihm diesbezüglich gereicht! Man musste dem Geist aber zugutehalten, dass er nicht mehr ständig versuchte, Ryous Freunde zu töten, genau genommen hatte er ihnen sogar ein paar Mal geholfen. Bakura, oder besser gesagt der Geist des Ringes, lief also neben ihnen her, in seiner typischen, durchscheinenden Gestalt. „Und was meint dein Yami darüber? Ist er mir böse?“ hakte Ryou vorsichtig nach. Auch Yugi trug sein Schmuckstück um den Hals und so manches Mal fragte Ryou sich, ob Yami ebenso neben Yugi herlief wie Bakura neben ihm. Und noch mehr fragte er sich ob Yugi auch Bakura würde sehen können und er selbst Yami in seiner wahren Form, so wie Yugi ihn stets sah. „Wag es nicht, auch nur daran zu denken, mich so einem Winzling zu überlassen und deinen Körper mit der Präsenz des Lotes zu beschmutzen!“ Schon wieder musste Ryou die Augen innerlich verdrehen, Bakura musste Yami wirklich hassen. Yugi zuckte auf Ryous Frage mit den Schultern, er bekam ja nicht mit, dass Bakura auch mit Ryou sprach. „Ach was, du kennst ihn doch. Er ist sogar froh, dass dein Yami sich beherrschen konnte. Er hätte eher gedacht, dass er ihn später daran hätte hindern müssen Muyaki umzubringen.“ Yugi lachte dabei, so dass es Ryou regelrecht peinlich war, wie nahe er der Wahrheit kam. Den Teil, wo Bakura Muyakis Leben bedroht hatte, hatte Ryou wohlweislich verschwiegen und mit einem Extradiskoausflug mit Malik hatte er auch spätere Rache von Bakura verhindert. „Es tut mir trotzdem Leid. Aber ich dachte echt, der nimmt mir meine Erklärungen ab.“ „Ich kann nur noch einmal betonen, wenn du mich...“ Oh Mann, diesen Satz immer und immer wieder zu hören, ging einem wirklich auf die Nerven, Ryou fragte sich, ob das Bakuras Rache war, ihm ein und dasselbe immer wieder vorzuhalten, bis er es auswendig konnte! Yugi lächelte mitleidig, er wusste durch Ryou, dass Bakura ihn nervte, um sich für die Anwesenheit des Pharaos zu rächen, wenn auch nicht, womit genau der Yami nervte. „Ist ja gut, wir sind gleich da, wir haben also keine Zeit mehr, uns zu entschuldigen.“ Ryou schaute geradeaus, und tatsächlich befand sich das altjapanische Gebäude, in dem Dr. Muyaki seine Praxis führte, direkt ein paar Meter weiter auf ihrer Straßenseite. Ryou war derweilen froh, dass es Yugi war, der ihn informierte, das störte Bakura nämlich nicht. Wäre es der Pharao gewesen... nun, sagen wir mal so: Dann wäre es wohl noch vor der Praxis zu einer Schlägerei gekommen. Direkt vor der Praxis stand bereits ein sehr auffälliges Motorrad mit tiefer gelegenem Sitz und hohem, quer geneigtem Lenker, mit vielen cromverzierten Stahlamaturen und einer stylischen Lackierung. Angelehnt an dieses Ungetüm wartete Marik bereits auf die zwei Neuankömmlinge. Im Gegensatz zu Yugi und Ryou, die beide direkt nach der Schule hierher kamen und noch ihre Schuluniformen trugen, war Marik von oben bis unten in Leder gehüllt, welches wiedermal seinen Bauchnabel frei ließ. Sehr zum Verdruss von Ishizu hielt Marik nichts davon, einen Overall zu tragen, stattdessen hatte er sich seine eigene Sicherheitskleidung für die Fahrt anfertigen lassen und fügte ihnen lediglich einige Protektoren hinzu, die sich leicht abnehmen ließen. Bakuras durchscheinende Gestalt neben Ryou leckte sich über die Lippen und gab einen anrüchigen Kommentar von sich: „Ahh, der Anblick von deinem Lover ist genauso anregend für mich wie für dich.“ Ryou ignorierte diesen Kommentar. Grüßend hob Marik eine Hand, auch wenn er nicht sonderlich begeistert aussah. Der Millenniumsstab hing wie stets an seinem Gürtel und Ryou fragte sich erneut, ob neben Marik auch sein Yami stand. „Hi, wie versprochen bin ich hier. Malik ist übrigens stinksauer, er verpasst wegen der Sache hier seine Serie...“ „Welche ist es denn?“ fragte Yugi verwundert, er kannte Malik vor allem als Brutalo und extremen Sadist, was wohl auch seine nächste Aussage erklärte: „Es ist noch zu früh für irgendeinen Psychothriller oder Horrorfilm.“ Marik aber schüttelte nur unverständig den Kopf, womit er seinen Yami meinte, während Ryou offenbarte was er wirklich verpasste. „Nein, es ist wohl eher 'Blitz, der schwarze Hengst', 'Black Beauty' oder 'Fury'“, vermutete Ryou, wobei seine letzte Vermutung sogar stimmte. „Fury, er ist total vernarrt in diese alte Serie. Black Beauty hat er sich letztens ohne mein Wissen bestellt, zweimal! Einmal als Reserve und damit die 'Genialen Schöpfer' auch was davon haben! Ist das zu fassen?“ Marik zuckte zusammen, während Ryou beobachten konnte, dass Yugi beinahe hinten rüber fiel, mit dieser Serie hatte er gewiss nicht gerechnet, und erst recht nicht mit so einer Offenbarung! Marik hingegen musste sich wohl gerade mit einer lautstarken Beschwerde Maliks auseinandersetzen. „Uhh... er besteht darauf, dass er vollkommen richtig gehandelt hat, die Serie ist genial und ich solle nicht widersprechen. Na ja, wir nehmen die aktuelle Folge für ihn auf, nur falls er sich später beschwert.“ Marik seufzte lang gezogen. „Er besteht darauf, jede Folge zu sehen, dabei glaube ich nichtmal, dass diese Serien einen so durchdachten roten Faden haben, als dass es auffallen würde, wenn man mal eine Folge überspring... Ahhh! Aua!“ Marik schüttelte sich und atmete nochmal auf. „Okay, besser ich ziehe nicht weiter über seine Serie her. Gehen wir lieber rein.“ Es mochte vielleicht seltsam klingen, aber Ryou fühlte sich plötzlich viel besser, da er wiedermal zusammen mit jemanden Zeit verbrachte, der dieselben Probleme hatte wie er selbst. Zu dritt bzw. zu sechst betraten sie also das Haus des Psychiaters und ließen sich im Wartezimmer anmelden. Anders als letztes Mal jedoch wurden sie nicht direkt hinein gebeten, was sowohl bei Marik als auch bei Ryou zu einem Aufreger des Yamis sorgte. „Das ist ja wohl eine Frechheit! Da fühlt man sich ja wie im alten Ägypten! Erst wird man zum Pharao zitiert und dann muss man stundenlang warten, bis man dran ist! Ryou! Schlag sofort mit der Faust auf den Tisch und verlange, sofort eingelassen zu werden! Immerhin sollten wir alle drei hier auftauchen, der soll seinen Arsch...“ Doch mitten in Bakuras Schimpftirade, die Ryous Ohren dröhnen ließ, öffnete sich die Tür des Psychiaters und Dr. Muyaki lächelte die drei Neuankömmlinge freundlich an. „Schön, dass ihr drei kommen konntet. Ich bitte die Umstände zu entschuldigen, dass ich euch gleich alle hierher gebeten habe. Aber bevor ich euch Einzeltermine gebe, möchte ich euch einmal alle zusammen treffen. Kommt doch bitte rein.“ Muyaki verschwand wieder im Inneren, während die drei Hikaris ihm folgten. Ryou wusste nicht, wie es den anderen ging, aber sein Yami beschwerte sich. „Na super! Wegen dieser Begrüßung mussten wir nun warten, was für eine Zeitverschwendung...“ Im Gesprächszimmer bemerkte Ryou sofort, dass Muyaki zusätzliche Sitzgelegenheiten organisiert hatte. Neben dem Sessel, auf dem er das letzte Mal Platz genommen hatte, standen nun zwei bequeme Stühle, die sehr unbenutzt aussahen. Das sollte wohl wirklich ein Gruppengespräch werden. Nachdem sie alle eingetreten waren, schloss Muyaki die Türe wieder und suchte ihre Aufmerksamkeit. „So, nachdem nun alle im Raum sind und die Sekretärin uns nicht mehr hört, bitte ich nun eure Yamis, die Kontrolle zu übernehmen. Gesittet natürlich, ich möchte hier keine Schlägereien haben.“ WAS?! Ryou war schockiert, der Kerl wollte Yami, Bakura und Malik in einem Raum haben? War der irre? Ryou brauchte sich nicht umsehen, um zu wissen, dass Marik dasselbe dachte, leider nahm Bakura diese Einladung lachend an. „Du hast es gehört, Ryou, Stellungstausch!“ Ring und Stab leuchteten im selben Moment auf und tauchten das Zimmer für einen kurzen Moment in ein helles Licht. Kurz darauf fand sich Ryou neben seinem eigenen Körper als durchscheinende Gestalt wieder, während Bakura Muyaki mit herablassendem Gesichtsausdruck musterte. Mariks Körper hatte sich am stärksten verändert, statt seiner geordnete Frisur standen seine Haare nun buchstäblich zu Berge und sein eigentlich sanftes Gesicht zierte nun ein hämisches Grinsen. Der Einzige, der nicht die Kontrolle übernommen hatte, war Yami, der Geist des Puzzels, auch wenn sich Ryou erinnerte, dass Bakura es stets als Lot bezeichnete. „Tada... da bin ich wieder, Herr Muyaki, Sie haben ganz schön Nerven, mit mir sprechen zu wollen, ich hätte Ihnen am liebsten die Gedärme...“ „Fang nicht schon wieder damit an! Versuch doch zumindest, dich mal einigermaßen zu benehmen!“ unterbrach ihn Ryou, was ihm einen ziemlich bösen Seitenblick einbrachte. „Seit wann bist du bitte so nervig, Ryou? Sei still, der Mann will mit mir sprechen und nicht mit dir!“ „Es ist mir eine Freude, Sie wieder Begrüßen zu dürfen, Herr Bakura“, begrüßte Muyaki den Yami überraschend freundlich, bevor er sich Malik, dem Yami von Marik, zuwandte. „Und sie müssen dann Herr Marik sein.“ „Malik! Mit L, nicht mit R.“ korrigierte der blonde Yami sofort, wobei er arrogant den Kopf zurück warf. „Ich bitte um Entschuldigung, die Namen Ihres anderen Ichs und Ihr eigener sind nur so ähnlich, dass es schwer ist, sie auseinander zu halten.“ „Das ist Ihr Problem. Wegen Ihnen verpass ich die neue Furyfolge und erfahre nicht, wie sich das verschenkte Pferd bei dieser Tusse macht. Entsprechend kann ich ja wohl erwarten, richtig angesprochen zu werden.“ „Selbstverständlich. Und hier haben wir...“ Er wandte sich Yugi zu, der noch immer er selbst war, worauf er kurz stutzte. „Hmm... seltsam, ich hätte eine größere Veränderung erwartet, Herr Yami.“ Bakura verdrehte sofort die Augen. „Das ist noch immer Yugi! Sieht man doch. Oder denken Sie, dass der Knirps es ernsthaft mit einem von uns aufnehmen könnte? Ryou hat Ihnen doch erzählt, wie ich mich mit ihm gekloppt habe!“ Muyaki blinzelte verwirrt, während er immer noch Yugi anstarrte. „Und wieso hast du nicht deinen Yami heraus geholt Yugi?“ „Ich halte das für keine so gute Idee, mit mir kommen die beiden hier klar, aber sobald sie auf Yami treffen...“ „Ich muss ausdrücklich darum bitten, mit Yami zu sprechen.“ „Oder hat der Pharao Angst vor mir?“ höhnte Bakura selbstgefällig. „Kann ich schon verstehen, immerhin bin ich ihm weit überlegen...“ Also das hatte Ryou anders in Erinnerung, aber er ersparte es sich, darauf etwas zu erwidern. Yugi seufzte, wusste er doch genauso gut wie Ryou, dass das auf keinen Fall gut gehen würde. Doch trotz besseren Wissens ließ Yugi das Puzzel aufleuchten... Das Licht blendete alle und verbarg so die auffallende Größenveränderung. Yugi wuchs fast einen Kopf, so dass seine Größe sich denen der anderen Yamis anpasste. Der strenge Blick, der Bakura und Malik nun entgegen schlug, hätte jeden anderen sicherlich beeindruckt und eingeschüchtert. Die natürliche Autorität, die Yugi nun ausstrahlte, wurde selbst von Ryou gespürt, und er war gerade nur eine Projektion seiner eigenen Seele. Dumm nur, dass dem Ringgeist davon das Blut zu sieden begann, dessen war sich Ryou sicher. „Das entspricht schon mehr der Beschreibung. Willkommen, Herr Yami.“ Etwa war dieser Psychiater wirklich sehr gut, weil er genau diesen kritischen Moment wählte, um die Situation zu entschärfen, oder er hatte schlicht Glück. Bakuras Hassanstauung wurde unterbrochen, und er begnügte sich damit, abfällig auszuatmen. „Yami reicht.“ „Wenn das angenehmer für Sie ist, bitte...“ Muyaki ignorierte offensichtlich den finsteren Blick, den Malik und Bakura Yami zuwarfen, weil er sich ihrer Meinung nach wiedermal von ihnen abheben musste. Beide waren, was das betraf, geradezu paranoid und sahen in jeder Kleinigkeit irgendeine Provokation, nur wie sie darauf reagierten, hing von ihrem Tagesbefinden ab. Muyaki deutete derweilen auf die Sitzgelegenheiten, was den nächsten Aufstand provozierte. Yami war nämlich der Erste, der dem Fingerzeig folgte, und er setzte sich in einem ziemlich cool aussehenden Move in den Sessel. Bakuras Bezeichnung für Yami kam Ryou sofort wieder in den Sinn, es sah wirklich ein wenig so aus, als ob ein König sich auf seinem Thron niederließ. „Das ist ja mal wieder typisch für dich, Pharao! Immer musst du dich in den Mittelpunkt drängen.“ Yami war sich seiner arroganten Art jedoch gar nicht bewusst, das wusste Ryou auch, nur Bakura unterstellte dem 'anderen Ich' von Yugi stets böswillige Absicht. Da auch Muyaki erneut das Streitpotential erkannte, bat er Yami kurzerhand, sich umzusetzen, was von Bakura akzeptiert wurde. Ryou sah ihm jedoch an, dass er am liebsten mehr dazu gesagt hätte, doch vorerst begnügte er sich damit, sich demonstrativ lässig auf dem Sessel nieder zu lassen. Nachdem sich dann auch Malik und Muyaki selbst niedergelassen hatten, begann die Sitzung. Echt lästig, dass Muyaki nicht auch für Spektralprojektionen der gerade körperlosen Seelen eine Sitzgelegenheit geschaffen hatte. Kapitel 7: Monster-World ------------------------ „Gut, fangen wir gleich mit einem anschaulichen Beispiel an, damit ich diese Feindseligkeit verstehe. Herr Bakura, wieso haben Sie sich darüber aufgeregt, dass Yami...“ „Pharao! Nicht Yami“, unterbrach Bakura mit diktatorischer Stimme den Psychologen. Yami, was war das überhaupt für ein Name! Mehr aber regte es Bakura auf, dass der Pharao für sich ein Synonym für das Wort Dunkelheit benutzte, obwohl er ja keine Ahnung hatte, was oder wer er überhaupt war. „Gut, also, was hat Sie daran aufgeregt, dass der Pharao sich auf den Sessel gesetzt hat?“ „Es ist nicht die Tatsache, dass er sich auf den Sessel gesetzt hat, sondern vor allem, wie er sich auf ihm 'niedergelassen' hat!“ Bakura verbarg nicht seinen sarkastischen Tonfall. Hatten die diese maßlose Arroganz etwa nicht bemerkt? Die war doch kaum zu übersehen! Scheinbar schon, denn diese unwürdige Möchtegernfinsternispersonifizierung meinte, dass er das „Ganz normal...“ gemacht hatte, das konnte Bakura schonmal gar nicht ab! „Sehen Sie, was ich meine? Schon wieder drängt er sich in den Vordergrund, dabei geht es hier nicht um ihn! Diese maßlose Arroganz und Selbstgefälligkeit geht mir einfach gegen den Strich!“ „Ich glaube, da verwechselst du mich sehr mit dir selbst,“ versuchte sich auch der Pharao im Sarkasmus, wofür Bakura ihm nur zu gerne die Gesichtshaut abgezogen hätte. Doch Malik fühlte sich nun doch gemüßigt, seinen Mund auf zu machen, zu Bakuras Seelenheil stand er ihm in des Pharaos Selbstverblendung bei. „Das finde ich nicht. Von uns dreien bist du bei weitem der Arroganteste, doch anders als wir zwei siehst du das nicht einmal ein.“ „Genau, du hältst dich für etwas Besseres, dabei bist du nichts anderes als wir. Eine gefangene Seele in einem mystischen Gegenstand, der vor 3000 Jahre erschaffen worden ist!“ „Irrtum, ich BIN etwas Besseres!“ regte sich dieser Prolet eines Pharaos auf, was Bakura sehr zufrieden stellte. Das funktionierte immer, der Pharao war schwer aus der Ruhe zu bringen, aber sobald man ihn als den 'Bösen' bezeichnete, geriet er aus der Fassung. „Ich habe jedenfalls weder meinem Hikari meine Persönlichkeit aufgezwungen wie du, Malik, noch habe ich alle seine Freunde in Spielzeugfiguren verwandelt wie du, Bakura!“ „Das stimmt...“ gab Ryou neben Bakura zu, was der Ringgeist erst recht nicht mochte. Seine folgenden Worte waren daher ebenso für Ryou bestimmt wie für den Pharao und den Psychoquacksalber. „Das war ein Missverständnis! Ich habe lediglich den Wunsch meines Hikaris erfüllt und habe ihn halt falsch verstanden. Dafür kann ich nichts!“ „Stop, ich komme nicht mehr mit. Wünsche? Sind diese Gegenstände, die Sie tragen, so etwas wie eine Wunderlampe?“ fragte Muyaki und störte damit den Streitfluss, schade. Die drei Yamis sahen sich nun gegenseitig an, es war schwer, die Kraft der Gegenstände zu beschreiben, oder die Regeln, die eingehalten werden mussten. „Jein“, antwortete schließlich Malik, der selbst einem dieser Wünsche entstammte. „Das ist schwer zu erklären. Aber es scheint so, dass der stärkste Wunsch eines jeden Trägers vom Gegenstand erfüllt werden muss.“ „Und Ryou hat sich gewünscht, dass seine Freunde Spielzeugfiguren wären?“ hakte Muyaki zweifelnd nach. Bakura verdrehte sofort die Augen. Dass man ihm das auch immer noch nachtrug, überschritt seinen Verstand. „Natürlich nicht! Er wollte nur immer mit ihnen spielen, und ich habe ihm diesen Wunsch so erfüllt.“ „Sie haben all seine Freunde in Spielzeuge verwandelt?“ „In Spielfiguren!“ korrigierte Bakura den Psychoheini sofort und präzisierte seine Aussage schnell.„Vom Monster World-RPG, um genau zu sein, Ryous Lieblingsspiel. Und bevor Sie fragen, ja, ich habe damit ganz schön übertrieben, aber ich hatte damals auch kaum eine andere Wahl. Der Wunsch musste erfüllt werden, und ich kann nicht wie ein Dschinni mit den Fingern schnippen und seine Freunde stehen alle plötzlich im Zimmer. Ich hab mir also was einfallen lassen müssen.“ „Das ist nicht aufgefallen? Ich habe nichts davon in Ryous Unterlagen gefunden, wenn seine Freunde alle verschwunden wären...“ „Ähm... das ist nicht korrekt, Herr Muyaki.“ Wiedermal Auftritt des Besserwissers Pharao. „Die Leute sind nicht verschwunden, sie waren nur einige Monate komatös. Bakura hat nämlich nur ihre Seelen in die Spielfiguren gebannt, mit denen sie immer mit Ryou gespielt haben...“ Ausnahmsweise bewirkte der Pharao mit dieser Erklärung einmal etwas, das von Bakura erwünscht war, Muyakis Blick, der nun zu ihm glitt, war voller Furcht, was Bakura dazu veranlasste, vielsagend zurück zu lächeln. „Aber diese Seelen sind hoffentlich wieder frei, oder?“ Bakura lehnte sich lächelnd zurück, es gefiel ihm, in der Angst von anderen zu baden. Das war fast besser als Sex. „Sicher, ich habe sie wieder freigelassen, bevor Ryou die Schule wechselte.“ „Du meinst wohl, als ich aus reinem Zufall bemerkt habe, dass die Figuren sich von alleine bewegten!“ Ryous stichelnde Stimme konnte manchmal richtig nervig sein, zum Glück hatte Bakura weit stärkere Nerven und vermochte es so, sehr erfolgreich seinen Hikari zu ignorieren. „Und was war mit den Würfeln, mit denen du betrogen hast? Oder die Tatsache, dass du meinen Hikari und seine Freunde alle auch in Figuren verbannt hast?“ „Moment“, unterbrach Muyaki wieder, leider hatte er sich wohl wieder gefasst, ängstlich hatte er Bakura besser gefallen. Es war irgendwie angemessener als seine sonstige Sachlichkeit. „Ich habe schon von Ryou von Ihrer ersten Begegnung gehört, das war aber nicht bei einem Spiel. Ryou sagte, das Bakura Ihren Hikari geschlagen hat, um Sie hervor zu locken, Yami.“ Der Pharao nickte. „Das ist auch richtig. Das Geschehen, das ich meine, geschah etwa eine Woche später.“ Konnte der Typ mal warten? Bakura hätte darauf ebenso korrekt antworten können. Das tat er auch. „Genau genommen war es fünf Tage später.“ Yami schaute ihn finster an, dieser Narr versuchte immer noch, Bakura mit demselben Blick einzuschüchtern, den er aufsetzte, wenn er diese Nullabklatsche von Möchtegernverbrechern verunsicherte. Bakura freute sich schon auf einen Wortwechsel, leider mischte sich wiedermal der Quacksalber ein. „Das würde mich sehr interessieren, könnten Sie beide mir davon einmal berichten?“ „Sicher... aber ICH erzähle es!“ Bakura warf einen drohenden Blick wieder zum Pharao, der ebenso wenig davon beeindruckt schien wie Bakura von seinen Blicken. „Aber ich korrigiere dich, wenn du lügst.“ „Meinetwegen... Also das war so: Ich hatte mich die nächsten fünf Tage zurück gehalten, damit sich Ryou mit diesen...“ Bakura suchte passende Worte, fand sie aber nicht wirklich, jedenfalls keine, die nicht einen erheblichen Beschwerdeschwall von Ryou ausgelöst hätten. „...Leuten anfreunden konnte. Sehr zu meinem Verdruss. Ryou lud sie, nachdem er festgestellt hatte, dass sie gerne Brett- und Kartenspiele spielten, zu einer Runde Monster-World ein...“ ****Monster World**** Bakura war genervt, sehr genervt, Ryou ließ diese elendigen Kreaturen in seine Wohnung und gedachte sie hier nicht nur zu bewirten, sondern geradezu zu umsorgen! Nachdem er mitbekommen hatte, dass dieser 'Yugi' sich nicht an 'ihm', also Bakura selbst, störte, blühte Ryou geradezu auf. Er hatte wieder jede Menge Freunde gefunden, und Bakura passte das gar nicht. Denn diese neuen 'Freunde' dominierten Ryous Denken, und nein, Bakura war nicht eifersüchtig, es passte ihm halt nur nicht, dass sein Wirt ihn als Dreh und Angelpunkt seiner gesamten Gedankenwelt absetzte und durch diese jämmerliche Bande ersetzte. In durchscheinender Gestalt schaute er zu, wie Ryou nun durch die Wohnung fegte, Stühle akribisch zurechtrückte, Knabberkram in Glasschalen abfüllte und überall platzierte, damit ja keiner sich auch nur im Ansatz schlecht fühlen konnte. Und als sei das nicht genug, hatte er sogar zwei große Familienpizzen in den Backofen geschoben und musste da nur noch anstellen. Mit selbst gemachtem Teig! Ryou hatte sie nicht mehr alle. Nun fragte man sich natürlich, warum Bakura das überhaupt zuließ, Ryou trug den Ring um den Hals, wie Bakura es verlangte, genau genommen konnte er ihn auch nicht abnehmen, da Bakura die fünf Spitzen des Ringes sich unter Ryous Haut hatte schieben lassen. Das schmerzte Ryou zwar, aber er war ja auch selber schuld, schließlich hatte er den Ring heute morgen in den Safe packen wollen. Aber Bakura hatte andere Pläne, er hatte sich ja nicht eine Woche für nichts zurückgehalten. Diesem elendigen Pharao verpasste er heute den Denkzettel seines Lebens! Nachdem für Knabberkram, Getränke und vieles mehr gesorgt war, kümmerte sich Ryou um das Szenario des Monster RPGs. Es war ein sehr viel komplexeres Spiel als man dachte, viel wurde mit dem PC gerechnet, weshalb auch ein Laptop neben Ryous Platz als Gamemaster stand. Hmm... mal sehen. Ah, Ryou hatte das Szenario des dunklen Herrschers gewählt, den Klassiker. Obendrein passend zum Diorama, das er aufgebaut hatte. Das finstere Schloss war wahrhaftig ganz nach Bakuras Geschmack, elegante, dunkle Türme und ein klassisches Kathedralenkonstrukt als Haupthalle, was ihn an Reims erinnerte, wo er es nach einer gefühlten Unendlichkeit geschafft hatte, den Wunsch dieser blöden Tussi zu erfüllen, den Dophin zum König zu krönen. Leider hatte er diese naive Frau nicht kontrollieren können, manche Menschen waren einfach nicht mit ihm kompatibel, warum auch immer. Jedenfalls hatte er danach versucht, ein Amulett aus Paris zu besorgen, das eine ähnliche Aura umgeben hatte wie die Milleniumsgegenstände. Na ja, war leider schief gegangen, aber im Anschluss hatte er es über Umwege doch noch geschafft, nur um festzustellen, dass dieses Amulett, trotz seiner dunklen Kraft, für ihn wertlos war. Dennoch hatte sein Aufenthalt im mittelalterlichen Europa ihn gelehrt, die finstere Schönheit von Gotteshäusern zu schätzen zu wissen. Was gab es schon Furchtbareres als einen allmächtigen Gott, der all seine Feinde dank dogmatischen Gesetzen vollkommen legitim brutal auslöschte? Nicht dass er so etwas guthieß, aber wie viele Leute ihn dank dieses närrischen Glaubens etwa für den Teufel oder einen Gesandten Gottes gehalten hatten... Nun ja, man konnte sagen, dass er es als recht nützlich empfunden hatte. Wie auch immer, es klingelte an der Wohnungstüre und Ryou stürzte voller Elan zum Türöffner, um seine Besucher zu erwarten. Schleimer! Wenn er sich wenigstens ab und zu ein paar Nutten oder Loverboys einladen würde, mit denen man feierte, sie fickte und dann einfach rausschmiss, wenn man ihrer überdrüssig war. Oder ein paar nette finstere Gesellen, die sich vielleicht mal als nützlich erwiesen... aber nein, er wollte ja 'richtige Freunde'. „Willkommen. Kommt doch rein, ich freue mich wirklich, dass ihr Zeit gefunden habt. Anzu, erlaubst du, dass ich dir deine Jacke abnehme? Danke...“ Oh man wie konnte man nur wie ein Hund um diese... diese Bande herum schlawenzeln! Und dann auch noch dieses Gesicht von Yugi, das so sehr dem Pharao ähnelte. Alleine dieser Anblick machte Bakura aggressiv. Still hörte Bakura weiter der belanglosen Unterhaltung zu, zum Glück war die Gruppe sehr begierig darauf, das Spiel zu spielen, daher ging es schnell nach nebenan in den Spielraum. Das Diorama des dunklen Landes brachte die Gruppe sofort zum Staunen, hehe, das gefiel Bakura. Ryou übergab Anzu, Yugi, Jonouchi und Honda die Unterlagen, die sie brauchten, um ihren eigenen Charaktere zu bestimmen. Bakura konnte es kaum abwarten. Nach einer weiteren gefühlten Unendlichkeit bekam Ryou die Unterlagen erst wieder, und genau jetzt schaltete sich Bakura ein. Natürlich erst ganz unbewusst. So kontrollierte er kurz Ryous Hand, während dieser die Daten eingab. Ryou wollte die Königin der Verdammnis der Stufe 10 als Gegnerin vorgeben, aber einmal den Finger kurz einen Zentimeter nach oben, und schon war stattdessen der finstere Lord Zorc der Endgegner. Stufe 40 und eigentlich ein Gegner, den man frühestens beim fünften Spiel angehen konnte, wenn man genügend Erfahrungspunkte angesammelt hatte. Hehe, er freute sich schon auf das Gesicht des Pharaos. Yugi wählte den Bestienmeister, Anzu die Bardin, Jonouchi den Schwertkämpfer und Honda den Schützen. HA! Was für Vollidioten, jeder wusste doch, dass man zumindest einen Magier in der Heldengruppe brauchte. Der Bestienmeister kam dem noch am nächsten, aber er besaß keine Heil- oder Hilfszauber, die den Gruppenmitgliedern halfen, er konnte nur Einfluss auf die Monster nehmen, die er unter seine Kontrolle brachte. Ryou hatte sogar Figuren gemacht mit dem Aussehen der vier. Och wie süß es war, wie sie sich freuten. Übrigens, wenn jemand sich wunderte, wieso Bakura nicht beachtet wurde, er machte sich nicht sichtbar für Ryou und tat so, als wäre er gar nicht da. Es sollte doch niemand Verdacht schöpfen. Selbst Ryou hatte keine Ahnung, was auf sie zu kam. Ryou setzte sich, startete das Szenario am Laptop und in dem Moment, als sich diese Gruppenmitglieder ganz auf ihre Figuren konzentrierten, übernahm Bakura die Kontrolle wie ein Dampfhammer. Er schaltete Ryou völlig aus, er wollte keine Einmischungen haben. Äußerlich aber imitierte er Ryou perfekt, dem Pharao fiel nichts auf, jedenfalls handelte er nicht. Der Anfang des Spiels war leicht, Monsterwahrscheinlichkeit von 30%, lächerlich. Das passte aber auch gut, je mehr Monster, desto stärker wären die Figuren später. Da sie bei Level 1 starteten, konnten sie es sowieso vergessen, einen Gegner der Stufe 40 holte man nicht in einer Runde ein, aber sicher war sicher. Einen Kampf gab es dennoch vor dem Dorf, einen leichten, sollten sie ruhig ihren Spaß haben für den Anfang. Yugi bekam sein erstes Monster, Anzu bezirzte ein anderes und Jonouchi und Honda töteten es dann. Einmal Levelaufstieg und sie waren glücklich. Hach, was für ein einfaches Völkchen. Im Dorf wurden sie nun darüber informiert, dass der dunkle Lord dieses Land terrorisierte und sie sehr viel Geld bekommen würden, wenn sie das änderten. Noch ein Kampf und Bakura ließ sie einen einsamen Wanderer finden. Mal sehen, wie sie reagierten, hier hatten sie die einzige Chance, Zorc wirklich zu schlagen, nämlich indem sie ihn töteten und ausraubten. Aber er kannte den Pharao und die Leute, mit denen er sich umgab. Und er behielt Recht, sein Wanderer wurde angestubst und ausgefragt. Bakura schickte sie nun in den Wald, um eine heilige Waffe zu erhalten. Und obwohl die Dorfbewohner sie gewarnt hatten, dass der Wald gefährlich war, tappten sie genau in seine Falle. Der Wanderer offenbarte sich als Zorc und dank des Überraschungswertes durfte Bakura zuerst würfeln. Durch die Stufenabstufung des Wanderers durfte er die volle 40er Stufe nicht nutzen, aber Stufe 10 reichte ihm auch. Bakura höhnte Bedauern und würfelte gekonnt. Ha! Eine 09! Das reichte für seinen Move! Schlagartig waren diese Level 2 Spezialisten am Rand der Niederlage. Nun begann das eigentliche Spiel. Sich selbst offenbarend, ließ Bakura den Ring aufleuchten, griff nach den Seelen der Spieler und schickte sie allesamt in ihre Spielfiguren. Lediglich der Pharao im Körper Yugis blieb übrig. Oh, der war sauer, Bakura amüsierte sich köstlich! „BAKURA!“ Jepp, das war ganz der Pharao wie er leibte und... nun ja... als Seele noch immer existierte. Der liebevolle Herrscher, der immer cholerisch wurde, sobald man ihm seine eigene Unzulänglichkeit vorhielt. „Ich habe dir doch gesagt, dass wir uns nicht zum letzten Mal gesehen haben, Pharao! Tu also nicht so überrascht.“ Uhh... böser Blick. Der schüchterte Bakura jedoch nicht ein, dafür amüsierte er sich zu sehr über die vier Freunde, die nun als Figuren auf dem Diorama umher schauten. „Bakura, wenn du mir nicht sofort einen verdammt guten Grund nennst, dir nicht den Hals zu brechen, dann...“ „Oh, das ist jetzt aber sehr finster von dir, Pharao. Typisch für dich. Aber mal abgesehen davon, dass ich bezweifle, dass du mir wirklich den Hals brechen könntest, bin ich auch der Einzige, der deine Freunde in ihre Körper zurückschicken kann. Oder hat dein Milleniumslot vielleicht Kräfte entwickelt, von denen ich nichts weiß?“ Bakura bemüte sich nicht, seinen sarkastischen Unterton zu verbergen, was den Pharao erst recht auf die Palme brachte. Doch während der knurrte und versuchte, ihn mit Blicken zu töten, schaute Bakura nach unten und winkte den vier gefangenen Seelen freundlich zu. „Hallo ihr vier, ich dachte mal, ich intensiviere euer Erlebnis für Monster RPG, ist doch viel cooler, selbst den bösen Monstern zu begegnen, als abstrakt mit Spielfiguren rumzuspielen. Und für den Spaß müsst ihr auch so gut wie gar nichts bezahlen, euch da unten passiert nichts, außer vielleicht ein temporärer Todeszustand. Nach dem Spiel schicke ich euch vielleicht sogar trotzdem in eure Körper zurück. Allerdings...“ Und nun schielte Bakura zum Pharao. "Was den da angeht, der wird dann zurück in sein Lot verschwinden und das Lot gehört dann mir. Aber natürlich nur falls er verliert." "Wenn du denkst, dass ich da mitspiele..." "Du hast keine andere Wahl, Pharao. Wenn du nämlich nicht mitspielst, dann bleiben dein süßer kleiner Wirt und seine Freunde so lange Spielfiguren, bis etwa ihre Verwandten die lebenserhaltenden Maschienen abschalten, oder ich von der Weltbevölkerung zum Herrscher der Welt gekrönt werde, und zwar mit Kusshand. Also, was darf es sein?" Oh es war herrlich, dieses Machtgefühl, denn der Pharao hatte keine Wahl außer zuzustimmen. Er wusste nämlich nicht, wie man das machte, Bakura hingegen schon. Er wusste genau, was sein Ring konnte, der Pharao nicht, wie auch? Das letzte Mal, vor 3000 Jahren, hatte Bakura das Lot gesehen wie es in hunderte Teile zerbrach. Nur einmal angenommen, Yugi war der Erste, der es geschafft hatte, dieses Ding zusammenzusetzen, dürfte der Pharao nur wenig Erfahrung mit den Kräften seines Gegenstandes haben. **Pause der Erzählung** "Moment mal. Du warst dabei, als das Puzzle zerbrach?" unterbrach der Pharao jäh Bakuras Erzählung, was den Weißhaarigen dazu brachte, die Augen zu verdrehen. "Ich habe doch gesagt, dass ICH es erzähle! Du darfst nur korrigieren, und ich wüsste nicht, was ich falsch erzählt habe!" "Darum geht es doch gar nicht! Du wandelst schon seit 3000 Jahren auf Erden?" Welch dumme Frage, das hatte er doch eben erst erwähnt. Aber als sei das noch nicht genug, meldete sich nun auch noch der Psychiater zu Wort. "Wenn wir nun schon unterbrochen haben, bitte ich, das kurz zu erklären, Herr Bakura. Sie sind also ein über 3000 Jahre alter Geist, könnten Sie das etwas spezifizieren? Auch um Herrn Yami zu erleuchten." Bakura schnaufte herablassend. Unwürdiges Gesindel, was war er denn schon? Aber bitte, wenn die beiden es unbedingt wissen wollten. "Okay, ich erkläre es etwas genauer. Ja, ich bin ein 3000 Jahre alter Geist, und ich wandle seit dieser Zeit in Form des Ringes über die Erde und habe alle Wünsche meiner Vorbesitzer erfüllt. Der Ring ist bereits durch viele Hände gegangen, neben vielen heute namenlosen Menschen besaßen auch einige geschichtsträchtige Menschen den Ring. Ich war im Körper des Bauern Kalrat der Schattenwolf im Hätiterreich, aber damit könnt ihr wohl kaum etwas anfangen. Wenn ich aber sage, dass ich Cassandra vor dem Trojanischen Pferd warnte und dass ich zusammen mit Alexander dem Großen die damals bekannte Welt eroberte, danach im Seleukidischen Reich landete, wieder an die Ptolemäischen Möchtegernägypter fiel und durch Antonius und Octavian nach Europa gelangte, dann staunt ihr nicht schlecht, was?" Und das taten sie, im Gesicht des Pharaos sah er deutlich dessen Zweifel, andersherum aber log Bakura keineswegs. Und er setzte sogar noch einen drauf. "Ich lernte Atilla den Hunnen kennen, allerdings von der anderen Seite, ich wurde von Flavius Ättius getragen, ein hoffnungsloser Weltverbesserer, schade, dass er danach von dieser Schlange von Kaiserinmutter umgebracht wurde, mit ihm hatte ich sehr viel erreicht. Danach war erst wieder Friedrich Barbarossa vielversprechend, leider auch dumm. Viele Besitzer später landete ich bei Johanna von Orleans, danach bei La Hire, Cesare Borgia, bei Nostradamus und bei Elisabeth von Östereich. Dann wieder Napoleon... ich glaube das sind genügend Namen. Jedem von denen habe ich ihren Herzenswunsch erfüllt, mehr oder weniger." Bakura badete im Staunen der Leute, Malik war scheinbar gelangweilt, schlicht weil diese Dinge ihn nicht interessierten. Es wäre natürlich etwas anderes gewesen, wenn Bakura einen Schauspieler aus so einem Pferdefilm gekannt hätte. Aber der Pharao und auch Ryou staunten nicht schlecht. Dieser Muyaki allerdings sah so aus, als ob er nicht wüsste, was er davon halten sollte. Bakura behielt natürlich für sich, dass er viele dieser Personen nicht hatte in Besitz nehmen können und manche ihn auch schlicht nicht um den Hals gelegt hatten. Johanna und Friedrich Barbarossa zum Beispiel waren von unglaublich starkem Charakter gewesen, ähnliches galt für Napoleon, da hatte er keine Chance gehabt, diese Seelen zu verdrängen. Cassandra, Octavian und Elizabeth von Östereich hatten seinen Ring wiederum gar nicht erst um den Hals gelegt, dafür waren die drei viel zu gerissen. Marcus Antonius war dagegen ein einfaches Opfer, ein einfacher Geist, charismatisch, aber dumm. Ganz anders als Flavius Ättius oder Cesare, die beiden hatten ihm nur sehr langsam vertraut. Die meiste Zeit hatte sich der Ring natürlich in Besitz eines einfaches Mannes befunden, aber das war wohl kaum sonderlich prestigeträchtig. "Warum hast du mir nie gesagt, dass du die alle kanntest?" beschwerte sich Ryou, der als Erster wieder Worte fand, Bakura vertröstete ihn auf später. Als nächstes fand Muyaki wieder seine Stimme und fragte voller Neugierde: "Sie haben diesen Leuten ihre Wünsche erfüllt? Dürfte ich fragen, welche das waren?" Bakura seufzte auf. Das war so typisch menschlich, man erzählte ihnen etwas von Wünschen und schon wollten sie wissen, was alles möglich war. Aber bitte... "Johanna wünschte sich, den Dophin zum König zu machen, also habe ich ihr verraten, wie sie die entsprechenden Schlachten gewinnen kann. Alexander war kniffliger, der wünschte sich nichts anderes, als ein lebender Gott zu werden. Überhaupt nicht anmaßend was? Na ja, in gewisser Weise habe ich auch das geschafft, zum Glück setzte er auch Menschen wie Achilles mit den Göttern gleich, sonst hätte ich ziemlich blöd dagestanden. Cassandra wiederum wünschte sich, die Zukunft zu kennen." "Du kannst in die Zukunft sehen?" unterbrach der Pharao hier ungehalten und voller Erstaunen. Bakura grinste mystisch und legte den Kopf wissend in eine leichte Schieflage und zuckte mit den Schultern. "Kannst du das etwa nicht? Tsetsetse..." Bakura verschwieg, dass er Cassandra lediglich mithilfe der Logik die Zukunft hatte sagen können. Der einzige Gegenstand, der wirklich die Zukunft zu zeigen vermochte, war die Milleniumskette, er hatte sich auf seine Erfahrung und seinen Instinkt verlassen müssen. Zum Glück hatte er Cassandra glaubhaft vermitteln können, dass er für eine brauchbare Voraussage ganz exakte Informationen brauchte. Ohne ihn hätte Troja nie und nimmer so lange durchhalten können, dank ihm konnten die Griechen keine noch so tolle Strategie anwenden, denn Bakura hatte sie sofort enttarnen können. Und hätte man auf Cassandra gehört, als er ihr eindringlich geraten hatte, das Pferd zu verbrennen, wäre Troja gar nicht erst gefallen! Leider erkannte Ryou aus irgendeinem Grund sehr wohl, dass er gerade log, und packte mit seinem Geist sein Ohr und verdrehte es. Zum Glück beherrschte Bakura es, seinen Geist reagieren zu lassen, so sah weder der Pharao, noch Malik oder der Quacksalber was Bakura gerade erlebte. Sein Geist löste sich von seinem Körper und ein durchscheinender Bakura zuckte zusammen, während der Körper selbst ganz normal aussah. "AU! Sag mal spinnst du Ryou? Das tat weh!" Bakura schaute böse zu seinem Hikari hoch, der war ausnahmsweise mal ziemlich unbeeindruckt. "Denk bloß nicht, dass du hier rumlügen kannst, Bakura! Cassandra wusste alles, selbst ihr eigenes Schicksal, das kannst du ihr unmöglich alles erzählt haben. Der Ring kann nicht in die Zukunft sehen, halt mich nicht für blöd." Typisch ehrlicher Trottel! Ryou war echt zu anständig für die Welt, aber er sah auch unglaublich süß aus wie er durchscheinend mit verschränkten Armen neben ihm stand und auf ihn herabschaute. Seine Hüfte übrigens in Höhe von Bakuras Kopf, nur bedauerlich, dass er ständig in dieser Geistgestalt seine Kleidung trug. Beim Duschen gefiel Bakura das viel besser. Aber was würde er wohl machen, wenn Bakura kurz zwischen seine... "Denk nichtmal dran." Mist! Der Kleine war echt gut darin geworden, seine Gedanken zu lesen. Aber gut, nur um ihn zu beruhigen, wandte er sich dem Thema Cassandra zu. "Die Legenden über ihre Allwissenheit waren etwas übertrieben. Ebenso ist Troja auch nicht komplett abgebrannt, es wurde halt nur erobert. Du solltest nicht alles glauben, was in euren Geschichtsbüchern steht. Da steht auch, dass Nostradamus unglaublich vermögend war, aber nicht, dass er das Vermögen versoffen hat." So, nun aber wieder zum realen Geschehen. Bakuras Geist verband sich wieder mit seinem immer noch grinsenden Körper und er lehnte sich erhaben zurück. "Da das nun geklärt ist, kann ich mit der Geschichte fortfahren, oder gibt es sonst noch dumme Fragen?" Damit Malik sich bloß nicht angesprochen fühlte, schielte Bakura deutlich zum Pharao, doch der schwieg, also setzte Bakura seine Geschichte fort. **Ende der Pause** Natürlich stimmte der Pharao unter diesen Bedingungen zu, und so wurde es jetzt erstmalig sehr interessant. Denn nun waren Yugi und seine Bande dran, etwas zu unternehmen. Momentan war Zorc angreifbar, da er lediglich ein Level 10 hatte. Im Prinzip konnte Bakura dennoch riskieren, Yugi und Co platt zu machen. Denn selbst bei gleichem Level waren Endgegner aller Art stets um ein vielfaches stärker als ein einzelner Held. Aber wo wäre da der Spaß? Er wollte schließlich dem Pharao einen ordentlichen Denkzettel verpassen. "Nachdem Zorc sich offenbart hat, sind die Helden an der Reihe." Höhnisch wünschte Bakura dem Pharao Glück beim Würfeln. Die hatten auch noch unverschämtes Glück. Honda erwischte Zorcs linken Arm mit einem kritischen Treffer, so dass er nutzlos wurde. Und als sei das noch nicht genug, schlug Jono den Arm auch noch ab. Was für eine Unverschämtheit! Aber Bakura war immernoch derjenige, der zuletzt lachte. Er nutzte Zorcs Spezialfähigkeit, abgeschlagene Teile seines Körpers in Monster zu verwandeln. Durch den Würfel wurde die Stärke der Monster bestimmt. Bakura nutzte hier noch nicht seinen Spezialwurf, und landete bei 47. Und schon wurden aus dem Arm zwei Drachen der Stufe 5. Bakura setzte zwei Figuren aufs Feld, die ebenso wie Zorc eben zum Leben erwachten. Und während sich die Zorcfigur abwandte, höhnte sie lautstark, so dass es auch der gute Pharao verstand. "Die beiden sollten ausreichen, um mit euch fertig zu werden. Wir sehen uns wieder, wenn ihr überlebt, hahahaha..." Anzus Rauschgesang betäubte einen der Drachen für eine Runde, dafür konnte der andere angreifen. Dank eines guten Reflexwertes konnte Jono ausweichen, hach, das war schon witzig. Ziel war es ja, dem lieben Pharao ordentlich Druck zu machen, und den hatte er. Dank guter Würfe überlebte die Bande sogar den Kampf und mit noch mehr Glück konnten sie gar einen der Drachen für sich gewinnen. Und es gab einen Levelaufstieg. Aber dumm, wie sie waren, gingen sie nicht etwa leveln, so wie es schlau wäre, sondern direkt zum Schloss der Finsternis. Bakura klappte für sie das Schmuckstück auf und begrüßte sie mit einer netten Falle. Hach, war das lustig, den Pharao schwitzen zu sehen, der musste nämlich das Rätsel lösen, sonst machte es BAMM und die Heldengruppe hatte verloren. Doch der Pharao hatte nichts von seiner Stärke eingebüßt, das wurde Bakura sehr schnell klar. Er löste nicht nur dieses kleine Rätsel, sondern auch die anderen zwei Fallen, die Bakura vorbereitet hatte. Soweit so gut, die Bande erhielt drei Levelaufstiege, damit gelangten sie auf die Stufe 6. Aber sollte er sich nur amüsieren, sein selbstgefälliges Grinsen würde ihm noch in dem Moment vergehen, wenn Bakura Zork erscheinen ließ. Der Pharao schickte auch geschwind seine Heldengruppe in den Thronsaal, wo der finstere Herrscher Zork auf sie wartete. Aus irgendeinem Grund bekam der Pharao nur kritische Treffer hin, er lachte sich schon ins Fäustchen, aber das verging ihm, nachdem sich der Miniaturrauch verzog. Zork hatte nicht einen Kratzer! Und nur um sicher zu gehen, nahm sich Bakura nun die Würfel, die er wohlweislich versteckt hatte. Sicher, er hatte alle Seelen der Spielfiguren freigelassen, aber er hatte damals auch eine Seele in ein Würfelpaar eingesperrt. Damit gelang stets ein kritischer Treffer... **Erzählung Ende** "Tja und wenn Ryou sich nicht eingemischt hätte, wäre es das Ende vom Pharao gewesen. Stattdessen aber hat Ryou das Spiel manipuliert und die Statusleisten verändert. Der Computer errechnete plötzlich allerhand Unsinn, nämlich dass die Heldengruppe überstand, die Angriffswahrscheinlichkeiten wurden höher ect. Der reinste Betrug!" beendete Bakura seinen Bericht, wobei er nicht umsonst die peinliche Niederlage ausließ, die er danach erlitten hatte. Leider aber gab es unwürdige Kreaturen, die ihren durch Betrug erschummelten Sieg natürlich noch unbedingt ins Zentrum des Geschehens rücken mussten. "Wieso hörst du ausgerechnet jetzt auf, Bakura? Du kannst Ryou kaum vorwerfen, dass er betrogen hat, immerhin hast du auch betrogen, indem du einen unmöglich schweren Gegner aufgestellt hast, oder? Und was ist damit, dass du dir deine Hand aufgespießt hast, um seine Einmischung zu unterbrechen?" „Das tat übrigens wirklich weh, Bakura! Du hättest meine Hand wirklich dauerhaft schädigen können!“ Oh Mann! Hikaris konnten wirklich nerven! "Hätte ich nicht, ich wusste ganz genau, was ich tue..." antwortete Bakura schnippig mit seinen Gedanken, er hatte es nicht nötig, laut zu sprechen, um mit Ryou zu reden. Nun aber zurück zum Pharao. "Das Ende ist nicht wichtig. Wichtig für den Quacksalber ist meine Motivation, nicht der Ausgang. Der steht sowieso noch nicht fest, irgendwann krieg ich dich, Pharao, und dann zerfetze ich deine Seele in der Luft." "Bakura! Wie kannst du..." Bakura blickte seitlich auf Ryous Geist, und sofort verschwand dessen Stimme, was Ryou sofort bemerkte und was ziemlich witzig aussah, als er wie Tinkerbell aus dem Peter Pan-Film versuchte, das, was er sagen wollte, durch seine Körpersprache auszusagen. Unterdessen widmete sich Bakura wieder ganz dem Pharao, mit dem Ergebnis, dass sie sich gegenseitig aggressiv anblickten. Es war irgendwie lustig, dass der Psychiater lange brauchte, um seine Stimme wiederzufinden. Mit Bakuras aggressiver Kampfansage hatte er wohl nicht gerechnet. Kapitel 8: Blonde Ansichten --------------------------- Bakura machte es dem Psychologen nun wirklich nicht leicht mit seiner Art, das gefiel Malik ungemein. Noch unterhaltender war es jedoch, wie Bakura diesen ach so 'liebenswürdigen' Pharao unter Druck setzte. Malik bekam immer einen Steifen, wenn er das beobachtete, schade, dass er nie beobachten durfte, dass sich die beiden mal richtig auseinandersetzten. Scheiß Hikaris, die übten seiner Meinung nach viel zu viel Macht auf sie aus. Eine regelrechte Schande, man sollte ihnen mal zeigen, wo sie eigentlich standen! „Wenn du weiterhin in diese Richtungen denkst, sperre ich dir sämtliche Möglichkeiten, Black Beauty und die Hannibal Lecter-Reihe anzuschauen.“ Malik knurrte bei dieser Drohung. Ach ja, jetzt erinnerte er sich wieder, warum zumindest sein Hikari so eine Macht besaß. Der konnte ihm nämlich sämtlichen Spaß rauben. Und leider war Malik auch nicht stark genug, seinen Hikari dauerhaft aus dem Geist zu kicken. Das war ihm lediglich einmal gelungen, als dieser einen starken emotionalen Schock abbekommen hatte. Tja... dummerweise war der Typ nun etwas stärker, das bedeutete, dass Malik sich so weit erniedrigen musste, auf dessen 'Einwilligung' angewiesen zu sein, um die Kontrolle zu übernehmen. Denn Marik konnte ihn einfach zurückdrängen, wenn er es versuchte, natürlich nicht ewig; wenn er ständig gegen seine mentale Abwehr donnerte, brach sie irgendwann zusammen. Dummerweise konnte Marik das ganze Spiel dann aber auch andersherum spielen. Deswegen hatten sie sich halt 'im gegenseitigen Einverständnis' auf einen Kompromiss geeinigt. Oh wie er es hasste, er liebte Kämpfte und Streit, aber nach einem Monat Dominanzkampf waren seine Nerven dermaßen erledigt gewesen, dass er fast allem zugestimmt hätte. Vor allem, da keine Sekunde seiner Kontrolle ruhig abgelaufen war. Marik konnte einem so richtig auf die Nerven gehen, wenn er wollte, da machte nichtmal das Quälen von Kleintieren mehr Spaß. Ob Bakura auch solche Probleme hatte? Da Marik einmal den Körper mit Bakuras Geist geteilt hatte, wusste er, dass Bakura sehr viel mehr Kontrolle über Ryou haben konnte, wenn er wollte. Was wohl Ryou tat, um diesen starken Geist zu bändigen, war Malik ein Rätsel. Marik glaubte fest daran, dass Ryou emotional stark genug war, Bakura zu trotzen. Schwachsinn, wenn man mal einen richtigen Experten fragte (wie Malik), aber Marik war eben genau diesem Schwachsinn verfallen und dafür vergötterte er Ryou, fast schon fanatisch. Wenn Malik es nicht besser wüsste, würde er sogar annehmen, dass Marik ihm einen Schrein errichtet hatte. Malik fragte sich ernsthaft, was an Ryou so toll sein sollte. Der hielt doch nicht mal den ersten Messerschnitt des Vorspiels aus, dabei wusste doch jeder, dass richtiger Sex erst anfing, überhaupt interessant zu werden, bei der dritten blutenden Wunde oder dem fünften blauen Fleck. „Kommen wir mal zu Ihnen, Herr Malik. Erzählen Sie mal etwas über sich“, lenkte Muyaki das Gespräch in die Richtung der einzigen Person, die noch nicht in ein Wortgefecht verwickelt worden war. „Na ja, ich ersteche gerne Typen, die mir nervige Fragen stellen...“ begann Malik, da er keinen Bock auf diesen Quatsch hatte, aber schon kam der Protest seines Hikaris und der erste Ansturm von dessen Geist auf seine Kontrolle, was Malik ganz schön ins Wanken brachte. „Hör sofort auf zu drohen, oder ich sperr dich zurück in den Milleniumsstab! Versuch wenigstens, dich zu benehmen!“ Autsch, der wusste doch genau, wie schmerzhaft ein solcher Ansturm war! Hatten sie nicht abgemacht, es genau deswegen sein zu lassen? „Haben Sie etwas? Sie sehen so blass aus.“ Malik funkelte diesen Muyaki sofort böse an, der Typ würde auch blass aussehen, wenn er gerade einen mentalen Angriff von der Stärke eines Rammbocks abbekommen hätte. Und er redete hier nicht von einem 08/15 Rammbock, sondern von Grond von Thomarillion aus Herr der Ringe „Nichts habe ich!“ Oh Mann, Marik war so eine Nervensäge! Aber bitte, musste er halt mitmachen bei diesem Scheiß. Also: Augen zu, durchatmen und lächeln! Was bei Malik allerdings bedrohlich aussah, was ihm übrigens sehr gefiel. Mitmenschen wurden immer so schön ängstlich, wenn er überfreundlich wurde, so auch dieses Mal. „Also... ich weiß nie, wo ich anfangen soll zu erzählen, also warum stellen Sie mir nicht einfach eine konkretere Frage?“ „Gut, dann würde ich gerne nochmal auf diese Gegenstände zurückkommen. Bakura hat berichtet, dass Sie dazu verpflichtet sind, einen Wunsch zu erfüllen. Was hat sich denn Ihr 'Wirt' gewünscht?“ Oh, das war ein wunderbares Thema! Aber da er wie gesagt keinen Bock auf diese Konversation hatte, beantwortete er die Frage kurz und bündig. „Fragen Sie ihn selbst. Aber ICH wünschte mir 'Blut und Morde'.“ Malik lächelte, wohingegen Mariks Geist sich neben dem Psychiater manifestierte und ihn ganz finster anschaute. Leider ließ sich der Psychiater nicht so leicht verunsichern... Spaßverderber! „Das heißt Spielverderber...“ Typisch Marik die Nervensäge, aber Malik beachtete sein Geblabber nicht. „Könnten Sie mir dies etwas näher erklären? Bisher haben wir ja zwei sehr konkrete Wünsche, oder erfüllen die Gegenstände auch solch allgemeine Dinge?“ Diese Frage ging auch an Bakura und Yami, wobei beide die Köpfe schüttelte, letzterer allerdings erst, nachdem er gesehen hatte, dass Bakura verneinte. Hahaha... der hatte keine Ahnung, aber so tun, war ja klar. „Ich wollte aber Blut und Morde. Ich wollte Menschen bluten sehen, bevor ich sie tötete. Keine Ahnung, ob der Wunsch schon erfüllt ist, aber kurz darauf hab ich meinen Alten an die Wand geschmettert und ihm seine Rückenhaut abgezogen, das hat unglaublich Spaß gemacht und war auch ganz blutig. Dann ist er daran gestorben, könnte also sein, dass das Teil den Wunsch damit als erfüllt betrachtete.“ „MALIK!“ Marik nun wieder! Noch etwas lauter und der Kerl verpasste sich selbst einen Tinnitus! Dieses Mal sah Malik aber nicht ein, darauf zu schweigen. „Klappe Marik! ICH habe nur getan, was DU wolltest, aber zu feige warst, es zu tun!“ „Das ist nicht wahr!“ Oh immer wieder dieser Scheiß. Dabei wusste es Malik ganz genau, schließlich war er zu diesem Zeitpunkt noch enger mit diesem Schwächling verbunden gewesen. Er war schließlich die Manifestation all seiner dunklen Gedanken, und das wusste auch Maliks Hikari. Aber vor der Wahrheit war dieser Schwächling ja schon immer geflohen! „Selbst WENN musst du das doch nicht unbedingt einem Psychiater sagen! Das ist Mord!!!“ „Als wenn den das interessiert! Abgesehen davon hat der Kerl es verdient, und nun halt die Klappe, ICH werde interviewt.“ Malik schnaufte herablassend und straffte seine Miene wieder zu einem süffisantem Lächeln. „Entschuldigen Sie, mein Hikari nervt etwas. Nur damit Sie es wissen, unser beider Vater war nicht nur ein Tyrann, sondern auch ein Sadist! Noch vor der Pubertät brannte er uns ein Tattoo auf den Rücken, und zwar den gesamten Rücken! Dafür sollten wir auch noch dankbar sein, entsprechend quälte er uns pausenlos mit Pflichten, und wehe man erfüllte seine Erwartungen nicht. Ach ja, erwähnte ich, dass er uns unter Tage in unterirdischen Katakomben festgehalten hat, die wir nicht verlassen durften? Oh und er war gerade dabei, unseren Adoptivbruder umzubringen, als wir dazu kamen. Nicht, dass ich was dagegen gehabt hätte, der Typ war sowieso ein Schwachkopf, aber...“ „Er wollte Rishid nicht umbringen!“ mischte sich wieder Marik ein, doch bevor der eine Mentalattacke losbrechen konnte, führte Malik eine aus, was die geisterhafte Manifestation seines Hikaris zum Flackern brachte. „Schnauze Marik! So wo war ich? Ach ja, bei meinem Alten. Unter Berücksichtigung der gesamten Thrillergeschichten, die ich inzwischen durchgearbeitet habe, würde es als Selbstverteidigung gelten.“ Das schien den Psychiater allerdings nicht unbedingt zu überzeugen. „Äh... Sicher? So wie Sie das beschreiben wage ich das...“ Malik wechselte einen Moment den Blick und spielte mit dem Stab herum, so dass Muyaki sich nicht traute, seine Einschätzung auszusprechen, der Typ sollte es einfach akzeptieren und fertig. „Wollen Sie mir etwa widersprechen? Wenn ja, dann sorge ich gerne dafür, dass Sie zwölf Jahre in einem unterirdischen Drecksloch leben müssen, mit einem Mann zusammen, der Sie unterdrückt und bei jeder Kleinigkeit zusammenstaucht.“ Das schien den Mann zu überzeugen. Plötzlich mischte sich jedoch seufzend Bakura ein. „Ryou wirft gerade in den Raum, dass Muyaki kein Wort von dem, was man ihm sagt, weitergeben darf, ärztliche Schweigepflicht. Sorry, aber er wollte keine Ruhe geben, bis ich das sage.“ Na also! Marik würde das sicherlich beruhigen, dabei würde dem Mann doch sowieso keiner glauben. Im Gegenteil, wenn der das weitererzählte, hielt man ihn doch selbst für verrückt! Nebenbei auch keine schlechte Idee. Mal wieder jemanden emotional in den Wahnsinn zu treiben war so witzig! „Denk nichtmal dran! Du machst den Mann nicht fertig!“ Spaßverderber, Marik musste einem auch alles vermiesen... Na ja, immerhin war Muyaki angenehm blass und rückte seine Brille nervös zurecht. Das gefiel nicht nur Malik, sondern auch Bakura. Nachdem er sich mehrmals geräuspert hatte, fand er seine Stimme wieder und begann erneut seine Fragerei. „Nun gut, lassen wir einmal das Thema und kommen auf Ihre Person zurück. Sie haben ja auch eine natürliche Abneigung gegen Yami, könnten Sie mir etwas näher erklären, was Ihre Motivation ist?“ Psychofragen... er fühlte sich schon wie in American-Psycho, nur leider nicht während der geilen Passagen, sondern den langweiligen, in denen der fantastische Horror gestört wurde. „Er ist dafür verantwortlich, dass mein Hikari und seine gesamte Familie unter der Erde leben mussten, samt sämtlicher lächerlicher Traditionen, inklusive den Schriftzeichen, die auf meinem Rücken eingeritzt sind! Wie sollte er ihn also nicht hassen? Inzwischen weiß er natürlich, dass er nichts dafür kann und hat ihm vergeben, dafür hasst er sich selbst für alles was er...“ „Okay, kein Fury mehr! Ich werde deine heutige Videoaufnahme löschen, noch bevor du sie dir ansehen kannst!“ Was? Malik brach sofort seinen Text ab und starrte entgeistert zu seinem Hikari. Das konnte der doch nicht machen! Sofort war der Psychiater vergessen. „Das kannst du nicht machen! Ich habe dem hier nur zugestimmt, weil ich es aufnehmen konnte! Das ist unfair!“ „Dann solltest du aufpassen, was du über mich verbreitest. Ich weiß selbst, dass ich Fehler gemacht habe, Fehler, die sogar einige Menschen das Leben gekostet haben, das musst du nicht auch noch vor Ryou breit treten!“ „Ryou ist gar nicht da! Sondern Bakura!“ „Scheinbar hört Ryou aber mit! Ich will auf keinen Fall, dass er einen schlechten Eindruck von mir bekommt!“ Oh Mann! Schon wieder diese Scheißverliebtheit die Marik sich wie ein Virus eingefangen hatte. Malik überlegte einen Moment, ob er diese Schwärmerei offenlegen sollte, aber er wollte nicht auch noch seine kostbare Extrem-Sex DVD-Sammlung verlieren. Das wäre gewiss nach Fury das nächste Ziel von Marik, dem gefiel die Herkunft dieser DVD-Sammlung sowieso nicht. Also biss er sich knurrend auf die Unterlippe. Noch mehr ärgerte es ihn jedoch, dass Marik sehr zufrieden über sein Schweigen war! So eine Scheiße! Dieser Hikari war wie ein Zäpfchen im Arsch, verdammt unbequem! „Ich nehme an, Sie haben eine sehr lebhafte Debatte mit ihrem 'Hikari', lassen wir also auch dies erst einmal beiseite. Sie erscheinen mir... recht unstet. Und damit meine ich nicht Ihre Wortgefechte mit ihrem Hikari. Lassen wir also einmal ihren Wirt ganz außen vor. Was an Yami stört Sie in Person? Ganz konkret und ohne Umschweife.“ Malik atmete tief ein und aus, dann versicherte er sich mit Blick auf diesen Schwächling Marik, der immer noch neben dem Psychiater stand, dass eine Antwort auch keine Repressalien nach sich zog und erst jetzt legte er sich seine Worte zurecht, die für ihn im Kurzen genau seine Motivation wiedergaben. „Er ist zu gut.“ Diese einfache Antwort schien zu verwirren, denn der Psychiater hakte nach. „Was meinen Sie mit 'zu gut '?“ Malik verdrehte sogleich die Augen, das war doch offensichtlich! „Na, wie er sich gibt. Dieses Gutherzgetue, dabei ist er genauso brutal wie Bakura und ich. Wussten Sie, dass er jemandem ein Benzinfeuerzeug auf den Handrücken gestellt hat, als dieser gerade dabei war, sich hochprozentigen Schnaps einzuschütten?“ Das war Maliks Meinung nach wirklich ausgesprochen bösartig, was Yami für Malik eigentlich interessant machte, wenn der denn dazu stehen würde. Hach was wäre das für ein geiler Sex, man könnte jemanden in eine ungemein unbequeme Pose zwingen, mit Wodka überschütten und dann ein Benzinfeuerzeug auf dessen Körper stellen. Dann hatte man Sex und kam gleichzeitig zu dem Zeitpunkt wo der Trottel sich bewegte und abfackelte... „Erspare mir deine sexuellen Fantasien!“ blaffte Marik, und Malik wurde schlagartig daran erinnert, dass er seine Neigungen mit diesem Hikari nie würde ausleben können, das würde diese Nervensäge nie im Leben zulassen, der verdammte Spießer! Er wusste einfach nicht, was wirklich an Sex geil sein konnte. Ein bisschen Brutalität hatte noch nie dem Ausübenden geschadet. Aber kaum hatte Marik seinen Senf dazu gegeben, donnerte es beleidigt vom Pharao, wie Bakura Yami nannte. „Der Typ zielte mit einem Revolver auf mich! Hätte ich es nicht getan, hätte er nicht nur mich, sondern auch Tea und ein paar andere Anwesende umgebracht. Die Polizei hat es auch als Selbstverteidigung gewertet.“ Genau diese Art von Ausrede war es, die Malik abtörnte, statt dass er einfach schwieg oder süffisant erwähnte, dass es Selbstverteidigung gewesen war, erklärte er auch noch, warum er etwas Gutes getan hatte! „Und der mysteriöse Tod des Schultyrannen eurer Schule? Der Chef des Okonomiaki Clubs? Mariks Agenten haben sehr gut recherchiert, Yugi hatte zuvor mit ihm Streit!“ „Also bitte! Ich kann rein gar nichts dafür, dass der Kerl das Fläschchen Nitro ins Gesicht bekommen hat! Er hätte ja nur vernünftig sein müssen. Abgesehen davon ist er nicht gestorben!“ „Stimmt, du hast ihm ja 'nur' das Gesicht verbrannt, so dass nicht einmal mehr der Schönheitschirurg deiner Lehrerin etwas dagegen tun kann, dass er eine Fresse aus Hackfleisch hat!“ „Es wäre ihm nichts passiert, hätte er nicht versucht, beim Schattenspiel zu betrügen!“ wehrte sich Yami verbissen, worauf Malik das nächste hervorholte, was Mariks Agenten rausgefunden hatten. „Und was ist mit der ehemaligen Gangstergruppe deines Freundes Joey? Herzversagen durch einen elektrischen Schlag und zwar in fünf Fällen, natürlich erst, nachdem sie sich mit dir angelegt haben! Oder dem Sportschuhverkäufer, der angeblich von seinem eigenen Skorpion gestochen wurde und eine schwere Blutvergiftung erhielt? Ebenfalls nachdem er in deinem Umkreis betrogen hatte. Dann noch der Dokumentarfilmer, der an deiner Schule eine böswillige Doku gefilmt hat und nun in der Klapse steckt, weil er alles verpixelt sieht? Soll ich weitermachen? Vielleicht mit dem toten Museumsbesitzer?“ Marik passte diese Stichelei gar nicht, wenn Malik mal seinen Blick deutete, aber so viel Freiheit besaß er dann doch! Hach war das herrlich, wie Yami hochrot anlief vor Zorn und dazu ansetzte, sich zu verteidigen! „Der Museumsbesitzer war ich nicht, sondern Schadee! Und was die restlichen Personen betrifft, so war das etwa Selbstverteidigung oder eigene Schuld! ICH habe niemanden umgebracht!“ „Jedenfalls nicht direkt“, gab Malik zu, aber seine Stimme gab ihm dennoch die Schuld. „Beruhigen Sie sich bitte alle wieder...“ Wieder Spaßverderber Nummer 1, der Psychiater. Es hatte sich doch gerade so schön hochgeschaukelt! „Sie haben also etwas dagegen, dass Yami gegen...“ er schaute kurz zum Pharao, wie um sich zu versichern, dass er das richtige Wort wählte, was der Pharao ihm auch netterweise vorgab. „Kriminelle.“ „Kriminelle vorgeht und das in recht rabiater Weise. Habe ich das richtig verstanden?“ „Natürlich nicht! Ich hätte die Typen auch umgebracht. Mich regt es nur auf, dass er so tut, als ob er das selbstlos getan hätte! Wenn man schon den Abschaum umnietet, dann sollte man dazu stehen und stolz darauf sein. Er aber tut so, als täte ihm das auch noch Leid, stimmt doch, oder Bakura? Und obendrein finden es auch 'alle anderen' vollkommen in Ordnung, wenn ER irgendwelche Leute umbringt. Aber wenn ICH oder Bakura es tun, dann sind wir der Abschaum der gesamten Menschheit. Das ist es, was mich aufregt!“ Malik war nebenbei beeindruckt, was der Psychiater da alles zu Papier brachte, schrieb der sich das etwa alles auf? Na ja, war auch egal. Malik hatte nichts zu verbergen, ganz im Gegensatz zu Marik, diesem Warmduscher. Der wollte ja immer noch nicht wahr haben, dass er für sämtliche Verbrechen, die er als Anführer der Rarehunter begangen hatte, selbst verantwortlich war. Malik hatte damit nichts zu tun, er war schließlich von Odion unterdrückt worden und hatte höchstens ein paar Einflüsterungen auf seiner Seite zu verbuchen! „Ich verstehe...“ murmelte der Psychiater und schon klingelte ein Wecker, der alle aufhorchen ließ. Inklusive diesen Muyaki! „Oh, die Zeit ist wohl schon wieder um.“ Na endlich! Malik erhob sich schonmal, aber leider hielt Muyaki sie sogleich auf. „Einen Moment bitte. Bevor Sie gehen, müssen wir einen neuen Termin vereinbaren. Und zwar mit Ihnen allen. Wenn Sie also bitte wieder zu Ihren Hikaris wechseln würden...“ Malik gedachte gerade zu verneinen, denn er wusste genauso gut über Mariks Termine Bescheid wie sein Hikari, aber da kam bereits ein mentaler Angriff auf ihn zu, mit dem er nicht gerechnet hatte, und sein 'Hikari' verdrängte sein ganzes Wesen aus dem Körper. Zwei Sekunden später fand sich Malik genau da wieder, wo Mariks Geist eben noch gestanden hatte. Dreckskerl! „Dafür, dass ich nicht zurückschlage, lässt du mir meine Aufnahme!“ Marik nickte ihm zu, na also, wenigstens keine Verluste. „Ist es etwa immer noch nicht genug?“ fragte Bakura, was an Muyaki jedoch abprallte. „Scheinbar nicht, sonst wären wir ja fertig geworden. Ich bräuchte also einen neuen Termin. Wann geht es?“ „Ich kann fast jederzeit“, gab Marik freundlich lächelnd zu. Ja ja, der Segen der Selbstständigkeit! Mariks Motorradwerkstatt mit drei Angestellten war fast ein Selbstläufer. Jedenfalls hatten sie genügend Kunden, dass Marik ein gutes Plus machte. Das war jedoch nicht sein einziges Standbein, genau genommen bombardierte er sich selbst mit Arbeit, sehr zu Maliks Verdruss, es gab nichts Langweiligeres als einen Wirt mit zwei Vollzeitjobs. Zum einen die Motorradwerkstatt, zum anderen die Abwicklung der Rare-Hunter. Wie konnte man nur ein so geniales Verbrechersyndikat, das man auf der ganzen Welt etabliert hatte und bei dessen Aufbau selbst die Yakuza vor Neid erblasst wären, nur auflösen wollen?! Es sprach absolut nichts dagegen, die Organisation zu behalten! Stattdessen aber wickelte Marik sie ab wie ein insolventes Unternehmen. Zelle für Zelle wurde sie stillgelegt, Mitarbeiter in ein neues Handelsunternehmen überführt, das seine riesigen Finanzreserven, die durch geschicktes Geldwaschen absolut sauber waren, größtenteils für wohltätige Zwecke einsetzte. Marik strukturierte die beste Verbrecherorganisation seit der Cosa Nostra in eine wohltätige Stiftung um, die absolut unbedenklich ihr Geld erwirtschaftete! Das musste man sich erstmal auf der Zunge zergehen lassen. Inzwischen verwandelte sich auch Ryou wieder zurück und stellte klar, dass er nächste Woche am Donnerstag auf jeden Fall zu einem Treffen des DominoPlayCon-Vereines gehen musste, er war Mitorganisator und musste unbedingt zu dem Termin erscheinen, da in zwei Monaten die Convention startete und noch viel besprochen werden musste. „Nun gut, dann schieben wir den Termin auf den Freitag, nach der Schule. Ich nehme mir dann auch etwas länger Zeit.“ Der Termin wurde allgemein angenommen. Malik verschwand schonmal und gedachte sich von Marik nach Hause tragen zu lassen, da wurde ausgerechnet der noch einmal angesprochen. „Marik, bitte warten Sie noch einen Moment, ich habe nur noch eine kleine Frage.“ Oha, na jetzt wurde es interessant. Marik verabschiedete Ryou und Yugi auf wann anders, da sein 'finsteres Ich' ja unbedingt die aufgenommene Furyfolge anschauen müsse. Darauf konnte er sowas von wetten! Malik juckte schon der Finger, er wollte endlich wissen, wie es mit dem Pferd weiterging! Doch kaum waren die anderen beiden weg, entstand eine ziemlich ernste Stimmung, die auch den Hikari verunsicherte. „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es mich nicht sehr beunruhigt, was ich so alles gehört habe. Nicht nur was Sie betrifft, sondern auch, was Ryou und Yugi angeht. Scheinbar haben alle Yamis diesen Namen nicht ohne Grund.“ Malik grinste breit, denn diese Einschätzung kam ihm sehr entgegen. Hehehe... selbstgerechter Yami, hier bekam der mal einen Blick auf sein wirkliches Ich. Ob er den Psychiater dann auch in ein Schattenspiel zwang? Malik war sehr dafür, er würde ihm sogar helfen, wenn der Kerl nur endlich einsehen würde, dass er ein genauso sadistischer Geist war wie Malik auch. Sie wären das perfekte Paar! Ihrer gemeinsamen Kreativität könnte sich nichts entgegensetzen! Leider dachte Marik gerade an ganz andere Dinge, was es Malik etwas erschwerte, seinen Schwärmereien nachzugehen. Der nur immer mit seinen ständigen Selbstvorwürfen und Sorgen! „Ich weiß, das ist schon sehr erschreckend. Bitte verzeihen Sie auch, dass mein Yami Sie so bedroht hat. Er weiß sich halt nur nicht zu beherrschen. Aber wie Sie gesehen haben, habe ich ihn ganz gut unter Kontrolle.“ „Ja, so scheint es zumindest. Andererseits identifiziert sich Ihr Yami wesentlich mehr mit Ihnen als die anderen beiden. Ich würde Sie daher darum bitten, schon am Mittwoch hier vorbei zu schauen. Ich möchte mit Ihnen unter vier Augen sprechen.“ Malik konnte es nicht fassen, und seinem Hikari ging es genauso. Ihr gemeinsamer Körper wurde regelrecht bleich, was auch Muyaki nicht entgehen konnte. „Beruhigen Sie sich, ich möchte Sie vornehmlich in Bezug auf Ryou sprechen. Da besteht ein gewisses Problem, aber das möchte ich jetzt nicht näher ausführen. Zudem hat Ryou Recht, auch wenn Sie nicht mein Patient sind, ich bin zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet.“ Das beruhigte Mariks Nerven sichtlich, Malik nicht! Der Typ führte irgendwas im Schilde, dessen war er sich sicher! „Lass mich raus, ich erledige das Problem“, bot er sogleich an, doch Marik schüttelte nur den Kopf, dieses Weichei wollte einfach niemandem mehr schaden, Trottel! „Es ist in Ordnung, ich werde hier sein. Für Ryou. Bitte respektieren Sie aber, dass ich gewisse Dinge für mich behalten möchte.“ „Sicher, ich behalte das im Kopf. Nun können Sie gehen, wenn Sie wollen.“ Muyaki lächelte freundlich, Malik meinte aber eine Aufgesetztheit zu erkennen, dieser Mistkerl kostete ihn sicherlich mindestens eine weitere Folge Fury! „Dann bis Dienstag. Auf Wiedersehen.“ Marik verneigte sich höflich, dann verließ er das Gebäude. Malik spürte sein Erstaunen nur zu deutlich, als Ryou ihn draußen erwartete. „Hi, ich dachte, es ist schöner, wenn ich auf dich warte. Ich bin ja sowieso schuld, dass du hier überhaupt auftauchen musstest.“ Ryou wirkte wiedermal sehr nervös und schuldbewusst, und das konnte er auch verdammt nochmal sein! Aber Malik hätte lieber nochmal mit Yami gesprochen. Vielleicht hätte er ihn ja endlich 'zur dunklen Seite' konvertieren können! Marik aber schien es zu freuen, dass Ryou auf ihn gewartet hatte. „Keine Panik, es war nur eine Kleinigkeit. Willst du mit mir nach Hause fahren? Ich hab einen zusätzlichen Helm dabei und nehme dich gerne mit.“ Ryou stimmte sofort zu, in seiner schüchternen Art, die Marik immer so süß fand, da sie seiner Meinung nach so überhaupt nicht zu seiner starken Seele passte. Malik verdrehte dagegen im Geiste die Augen, körperlich konnte er es ja nicht, da Marik die Kontrolle hatte. Er würde garantiert noch über eine Stunde auf die aufgenommene Folge warten müssen und genau so war es dann auch. Kapitel 9: Das Innere Kind -------------------------- Am nächsten Dienstag erschien Marik pünktlich bei der Praxis des Dr. Muyaki, und er war sehr nervös. Er gab offen zu, dass er Muyaki nicht mochte, und auch die gesamte Praxis wirkte nicht besonders einladend auf ihn. Es war ein Ort, der darauf ausgerichtet war, in sich zu gehen und sich mit seinen inneren Dämonen auseinanderzusetzen. Das Problem war nur, dass Marik sich bereits ständig mit gleich zwei inneren Dämonen auseinandersetzen musste. Zum einen war da Malik, der psychopathische Geist des Millenniumsstabes, den er auf die Welt losgelassen hatte. Zum anderen sein Gewissen. Beides sehr frustrierende Themen, wenn man sich in seiner Haut befand. "Wenn du mir freie Hand lässt, dann haben wir bald kein Problem mehr", ertönte Malik mal wieder, dem es generell nicht passte, hier bei Muyaki zu sein. Marik fragte sich, wieso, immerhin hatte sein dunkles Ich kein Gewissen, mit dem er zu kämpfen hatte. "Wieso sollte ich auch? Du übernimmst diesen Part doch schon für mich!" Marik knurrte verärgert, dann aber wandte er sich ganz der Praxis zu, deren Aura allein schon abschreckend auf ihn wirkte. Dieses traditionelle, japanische Design war zwar an sich sehr schön, aber für Mariks Geschmack viel zu ruhig. Komisch, es war angenehm hell erleuchtet, und doch erinnerte es ihn stark an den unterirdischen Tempel in Ägypten, wo er aufgewachsen war. "Guten Tag, Herr Ishtar. Dr. Muyaki erwartet Sie bereits im Gesprächsraum." Marik atmete tief durch und ging gleich hinein. Dr Muyaki saß auf seinem üblichen Platz und strahlte freundlich, Marik allerdings war ganz und gar nicht zum Strahlen. „Willkommen, Herr Ishtar. Bitte setzen Sie sich doch und machen es sich bequem. Wir haben viel zu besprechen.“ Das befürchtete Marik auch, aber es half ja nichts. Er atmete noch einmal tief durch und setzte sich auf die Liege, die Muyaki für ihn bereitgestellt hatte. Aber wenn der Typ dachte, dass Marik hier einen auf Versuchskaninchen machte, dann hatte er sich geschnitten! „Doktor Muyaki, ich möchte gleich zu beginn klar stellen, dass ich einzig wegen Ryou hier bin, nicht weil ich hier sein möchte. Ich bin eine sehr beschäftigte Person...“ Muyakis Lächeln blieb, aber schlagartig wirkte der Mann gefährlich. „Das ist mir vollauf klar“, versicherte er, schlug seine Beine übereinander und holte einen schmalen Ordner hervor, der sauber abgeschriebene Notizen beinhaltete. „Ich habe mir die Notizen, die ich mir über Sie und ihren Yami gemacht habe, genau angesehen, und mit jenen verglichen, die ich von Ryou habe. Außerdem habe ich ein paar Nachforschungen zu Ihrer Person angestellt, und nun habe ich ein paar Fragen, die mich brennend interessieren...“ Muyaki rückte seine Brille zurecht und schaute über deren Rand direkt in die Augen Mariks, was dem Ägypter einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte. „Zum Beispiel wüsste ich gerne, seit wann Sie genau unter ihrem Yami leiden.“ Marik schluckte, denn er hatte ein sehr schlechtes Gefühl bei dieser Sache. „Unter mir leiden? Der spricht so, als wenn ich eine Krankheit wäre!“ empörte sich Malik, dabei war er zumindest zu Beginn genau das gewesen. Aber das musste man ja diesem Psychoklemptner nicht auf die Nase binden. Stattdessen kooperierte er halt, wenn auch mit bewusst leicht genervter Stimme. „Sie wissen doch genau, dass Malik im Stab lebt. Allerdings leide ich erst seit dem Battle City Turnier unter ihm. Vorher schien er sich im Stab zu verstecken.“ „Jetzt tust du auch schon so!“ beschwerte sich Malik sofort lautstark. „Und wegen so etwas verzichte ich auf Lassie! Dabei hab ich das erst am Samstag bei diesem European Oldie Kanal entdeckt! Ich verlange, dass wir augenblicklich...“ Malik wetterte noch ein bisschen weiter, während sich Marik auf den Psychiater konzentrierte, dessen Gesicht gefiel ihm nämlich ganz und gar nicht, es war so... so wissend! „Das klingt wenig plausibel. Sowohl Yugi als auch Ryou besitzen ihren Geist, seitdem sie den Gegenstand anlegten oder er sich zumindest in ihrem Besitz befand. Bei Ihnen jedoch hat Ihr Geist selbst ausgesagt, dass er es war, der den Stab an sich nahm. Das bedeutet für mich, dass er schon da war, als der Stab überhaupt ins Spiel kam. Sonst hätte er sich ja nichts vom Gegenstand wünschen können.“ Mariks Miene verdüsterte sich augenblicklich. Obwohl sein Geist bis eben noch neben ihm rumgemeckert hatte, wie bedauerlich es war, dass er gerade Lassie verpasste, musste er doch auch zugehört haben, wie seine folgende und höchst unpassende Aussage bewies! „Wow, der ist ja wirklich gut. Endlich werde ich mal nicht auf diesen Stab reduziert. Wunderte mich sowieso, wieso das alle annehmen, wie hätte ich denn auch anders als über dich in den Stab...“ Malik brach ab, als Marik ihn wütend anschaute. Das wirklich Letzte was er hören wollte, war eine Lobpreisung dieses Quacksalbers! Muyaki schien über seine Reaktion fast erfreut zu sein, da er sich siegessicher lächelnd zurücklehnte. „Ich entnehme Ihrer Reaktion, dass ich mit meiner Annahme Recht habe. Bitte Entschuldigen Sie, dass ich darüber höchst erfreut bin, aber da ich an Ryou fast verzweifle, bin ich einfach froh...“ Doch weiter kam er nicht. Mit einem Satz war Marik aufgesprungen, hatte die kurze Entfernung, die sie beide trennte, überwunden und hatte den Psychiater am Kragen gepackt. Drohend presste er den Psychiater in seinen Sessel, mit der anderen Hand nahm er den Stab und drückte dem Mann dessen Seitenflügel an den Hals. „Wenn Sie auch nur daran denken, diese Information weiterzugeben, werde ich höchstpersönlich dafür sorgen, dass Sie zukünftig selbst von Ihren Kollegen behandelt werden müssen, weil Sie fortan laufend finstere Stimmen hören! Oder ich verpasse Ihren Augen durch den Stab eine kleine Schattensicht!“ Oh, wie sehr es ihn befriedigte, dass das selbstsichere Gesicht des Mannes verschwand. Allerdings ließ seine Angst immer noch zu wünschen übrig, es wirkte fast so, als habe er damit gerechnet. „Ich bin stolz auf dich!“ pries Malik ihn augenblicklich, bekam von Marik aber nur ein: „Halt die Klappe“, zugezischt. Muyaki dagegen entspannte sich etwas und hob beschwichtigend die Hände. „Ich bitte Sie, ich bin auch was Sie betrifft an mein Schweigegelübde gebunden, von mir erfährt niemand etwas, da können Sie ganz beruhigt sein.“ Das stimmte Marik etwas milder. Für einen kurzen Moment hatte er wirklich Panik gehabt, dass sein Geheimnis heraus kam. Das durfte natürlich auf keinen Fall passieren, immerhin hatte er sich nur mit Ryou, Yugi und allen anderen anfreunden können, weil sie dachten, dass alles Böse auf Malik zurückzuführen sei. Wenn herauskam, dass er selbst für diese tödlichen Spielchen während des Battle City Turniers verantwortlich gewesen war... „Weißt du Marik, was das betrifft, bist du fast wie der Pharao. Du kannst genauso wenig wie er dazu stehen, was du verbockt hast! Aber weißt du was, du weißt das wenigstens selbst. Damit bist du schon einmal deutlich weiter als er.“ Darüber war Marik allerdings keineswegs erfreut, was er seinem Yami auch deutlich zeigte. „Ach, halt endlich deinen Rand!“ zischte Marik erneut mit finsterer Miene. Maliks Geist verneigte sich daraufhin fast schon dienerhaft, schon komisch, wie schnell man ihn zum Schweigen bringen konnte, wenn man nur dominant genug auftrat! Marik ließ Muyaki los und zog sich auf seinen eigenen Platz zurück, er wagte kaum aufzuschauen und starrte lieber zu Boden. Fuck! Er hatte es schon wieder getan! Er hatte sich selbst vergessen, und das, obwohl er doch hätte wissen müssen, dass der Psychiater unter Schweigepflicht stand. Andererseits sagte ihm etwas anderes, dass ihm das auch nicht viel half, wenn der Kerl sich nicht dran hielt. Okay, er musste sich jetzt erstmal beruhigen, er war schließlich kein so übler Mensch. Nein, überhaupt nicht. Er hatte ja nur diesen komischen Punk missbraucht, um ein Duell gegen Yugi zu absolvieren, was den Puppenmann psychisch stark geschädigt hatte, den ärmsten Leonard Montano (Pandora) gegen Yugi gehetzt und beinahe dessen Beine absägen lassen, und dann waren da ja noch diverse andere Verbrechen... Zugegeben, seine Spiele unterschieden sich kaum von denen, die der Pharao auch erdacht hatte, nichts desto trotz hatte Malik keine andere Motivation als seinen Willen zur Macht aufzuweisen, während Yami die Spiele nur erdachte, um seine Freunde zu schützen. Nebenbei musste er demnächst dringend über seine Kontakte Leonard mit diesem Schönheitschirurgen bekannt machen, der dieses neue Hauttransplantationsverfahren entwickelt hatte. Dann brauchte er nur noch seine Exfrau zu finden und beide miteinander zu versöhnen. „Sie machen gerade einen klassischen Fehler. Statt sich den Kummer von der Seele zu reden, fressen Sie ihn in sich hinein. Wo Sie schonmal hier sind, warum reden Sie nicht mit mir? Vielleicht hilft es ja?“ Marik schaute erstmals auf und war überrascht, den Mann, den er noch eben bedroht hatte, hilfsbereit lächeln zu sehen. „Ihnen ist aber schon klar, dass ich Sie eben bedroht habe, und nicht mein böses Ich?“ „Sicher, denn Ihr böses Ich hätte wahrscheinlich gar nicht erst gedroht.“ „Sie sind ein ganz schön mutiger Mann. Was hätten Sie gemacht, wenn ich Ihren Geist zerschmettert hätte?“ fragte er mit bewunderndem Tonfall, worauf Muyaki jedoch nur mit den Schultern zuckte. „Das ist Berufsrisiko. Aber ich war mir sehr sicher, dass sie das nicht tun würden. Sie sind kein so übler Mensch.“ Marik stöhnte laut auf und vergrub erneut sein Gesicht in seinen Händen. „Da irren Sie sich. Ich bin ein sehr furchtbarer Mensch, wenn ich auch nur daran denke, was ich als Anführer der Ghouls alles angestellt habe, dann wird mir schlecht.“ „Das ist gut“, sagte der Psychiater, was ihm von Mariks Seite einen verwirrten Blick einbrachte. Dieser ließ den blauhaarigen Mann lächeln und reichte wohl vollkommen als Frage, da der Psychiater ihn sogleich aufklärte: „Das bedeutet nämlich, dass Sie ein funktionierendes Gewissen haben. Wie wäre es also, wenn Sie mir von Ihren Aktivitäten erzählen? Es wird Ihnen helfen, glauben Sie mir.“ Marik biss sich auf die Unterlippe, diese Thematik gefiel ihm nämlich nicht. Was, wenn Muyaki doch etwas berichtete? Andererseits, wenn er es tat, schob er halt alles Malik in die Schuhe, ihm würden sie zum Glück mehr glauben als seinem Yami, diesem neutorischen Lügner. „Also wirklich! Ich und ein Lügner, das ist doch wohl die Höhe! Ich mag sadistisch, bösartig und höchst gewalttätig sein, aber im Gegensatz zu dir habe ich noch nie gelogen!“ Dafür bekam Malik nochmal einen bösen Blick zugeworfen. „Mach so weiter und ich lasse meinen Zorn an deiner 'Rape me 'till I come' Zeitschriftensammlung aus!“ „Äh... entschuldigen Sie, wenn ich mich da einmische, aber... ist diese Zeitschrift nicht verboten?“ wagte Muyaki einzuwenden, woraufhin Marik nur die Augen verdrehen konnte. „Natürlich ist sie verboten, aber versuchen Sie mal, das diesem... diesem wandelnden Katastrophenhorror zu erklären!“ Marik wies aufgeregt auf den Geist des Stabes, der sich mal wieder mit verschränkten Armen neben ihm aufgebaut hatte. Leider konnte Muyaki das natürlich nur schlussfolgern. „Ob was verboten, indiziert, oder illegal ist, ist dem doch vollkommen egal! Hauptsache, er hat seinen Spaß. Und Sie haben ja beim letzten Termin bereits festgestellt, was dieser Geist unter Spaß versteht!“ „Beruhigen Sie sich, Sie haben ja Recht. Wenn Sie wollen, können wir ja erstmal Ihre Beziehung mit dem Geist klären. Zum Beispiel: Wieso verhindern Sie nicht, dass er etwas Illegales macht? Soweit ich weiß, sind Sie geistig so stark, dass Sie ihn verdrängen können, wenn Sie wünschen.“ Das war wiedermal typisch einseitig gedacht. Sicher konnte er Malik aus dem Körper kurzzeitig verbannen, aber für wie lange? Marik stöhnte auf und atmete aus. Dieses Thema war vergleichsweise ungefährlich, also konnte er es Muyaki ebenso gut erklären. „Mann ist der Kerl dämlich“, bemerkte Malik schnippisch, was Marik allerdings ausblendete. „Sicher kann ich das. Aber Sie vergessen, dass er es auch kann. Wir haben eine Vereinbarung miteinander geschlossen, die durchaus zu meinem Vorteil gereicht. Ich habe einen Großteil meiner Freizeit zu meiner Verfügung, dafür darf er in der restlichen Zeit ungestört tun, was er will, solange er keine Personen verletzt, tötet, vergewaltigt usw. Und solange er nicht genau so etwas versucht, lasse ich ihn in Ruhe.“ Der Psychiater lehnte sich zurück und kaute kurz an seinem Stift, bevor er die Vereinbarung weiter hinterfragte. „Das scheint eine wirklich vorteilhafte Vereinbarung für Sie zu sein. Ehrlich gesagt hätte ich Ihren Yami nicht so eingeschätzt, dass er auf so etwas eingeht.“ „Stimmt eigentlich“, merkte Malik an, der inzwischen nachdenklich durch den Raum wanderte. Dabei hatte er seinen Zeigefinger ans Kinn gelegt und schaute gen Decke. „Wieso hab ich mich darauf eingelassen? Also ich finde, zumindest Vergewaltigung müsste drin sein.“ Na super, da hatte Muyaki ihm ja was eingebrockt. Marik antwortete also für beide Fragesteller. „Während ich in meiner Freizeit am PC sitze oder auch bei meiner Arbeit, kann er sich seine TV-Sendungen ansehen. Ich setze mir dann Kopfhörer auf und schaue weg.“ „Ihr Geist kann unabhängig von Ihnen Zeitschriften durchblättern oder Fernsehen gucken?“ Muyaki war sichtbar verwirrt. Was aber wohl an dessen Vorstellung lag. „Natürlich kann er nichts durchblättern, aber ich habe Pay-TV, da gibt es keine Werbung und so kann er seine Sendungen anschauen. Wenn er umgeschaltet haben will, meldet er sich bei mir. Darauf haben wir uns geeinigt, und wir waren damit auch BEIDE einverstanden!“ Bei dieser Anmerkung schielte er zu seinem Yami, der sich wohl endlich auch an diese Vereinbarung erinnerte. „Ach ja, stimmt ja. Trotzdem...“ „Nein, wir machen keine Nachbesserungen! Wenn du unbedingt deine sexuellen Fantasien ausleben willst, dann geh in einen Puff und bezahl jemanden dafür!“ „Witzig! Das ist nicht dasselbe!“ Argh! Ab und zu wünschte er seinem Counterpart wirklich einen eigenen Körper, einfach damit er ihn physisch erwürgen konnte! „Uhh... turnt dich der Gedanke an?“ fragte Malik interessiert. „Wir sind doch nicht so unterschiedlich, wie ich dachte... Na dann weiß ich ja, was ich dir zum Geburtstag schenke...“ Marik ahnte Furchtbares, zum Glück hatte Malik keine Möglichkeit, ihn wirklich gänzlich auszuschalten, so konnte er immer intervenieren, wenn Malik dumme Ideen bekam. „Entschuldigen Sie, ich wünschte wirklich, Sie könnten ihn sehen oder zumindest hören.“ „Ich verstehe schon“, kommentierte der Mann und notierte sich irgendetwas. „Stört Ihr Yami Sie eigentlich öfter in dieser Art?“ „Nein, eigentlich nicht. Um ehrlich zu sein, sind Sie daran schuld, denn er ist neugierig wie ein Kind. Wenn ich jetzt zu Hause sitzen würde, dann würde er still und ruhig seine Sendung schauen und der Rest wäre ihm egal.“ Und natürlich hatte Malik auch gleich wieder etwas dazu zu sagen. „Woher willst du bitte wissen, dass mir das alles egal wäre?“ Tja, wieso wohl, natürlich weil Marik seinen Yami kannte! Aber auf diese Diskussion ließ er sich lieber nicht ein. Nachdem Muyaki sich erneut irgendetwas notiert hatte, wechselte er das Thema, wahrscheinlich wollte er nicht darauf herumreiten, dass er für Mariks Ungemach verantwortlich war. „Nun gut, ich schlage vor, dass wir beide ihren Yami für einen Moment vergessen und über Sie sprechen. Ganz locker von der Seele weg, sagen Sie mir einfach, was Sie belastet.“ „Wie wäre es mit Ihrer Person?“ stichelte Marik mit gehobener Augenbraue. Doch leider ließ sich der Psychiater nur wenig beeindrucken. „Nein, ich gehöre nicht dazu. Ich bin keine Belastung, sondern eine Störung Ihrer Unterdrückungsversuche. Sie ignorieren alles, was Ihr schlechtes Gewissen belastet, und genau da stochere ich herum.“ „Wenn ich es ignorieren würde, würde ich mich sicherlich nicht damit beschäftigen, möglichst allen, denen meine Ghouls Schaden zugefügt haben, zu helfen!“ „Da haben wir doch ein gutes Anfangsthema. Erzählen Sie mir von den Ghouls.“ „Was soll ich schon darüber berichten? Es ist eine Gruppe, die seltene Duell Monsterkarten und Sammlerstücke besorgte und an reiche Leute verkaufte, dabei ist die Organisation nicht unbedingt zimperlich gewesen. Sie...“ Marik brach hier kurz ab und korrigierte sich zögernd, da er ehrlich sein wollte. „Wir haben die Karten gestohlen, geraubt, gefälscht, erpresst und so weiter. Dasselbe gilt natürlich für die Sammlerstücke. Viel mehr gibt es da aber nicht zu sagen.“ Marik zuckte mit den Schultern, mehr wollte ihm nicht wirklich einfallen, dafür war Muyaki umso tiefgründiger. „Oh, da gibt es noch sehr viel zu sagen! Zum Beispiel: Was für einen tieferen Sinn hatte die Organisation für Sie? Was haben Sie gedacht, als Sie sie gründeten? Wie haben Sie sie gegründet? Was für Leute haben Sie engagiert? Sie sehen, es gibt noch viel zu berichten.“ Marik seufzte, das brachte wirklich sehr schlimme Erinnerungen hervor. „Das ist eine wirklich böse Geschichte. Glauben Sie mir, das wollen Sie nicht wissen.“ „Falsch, Sie wollen sie mir nicht erzählen. Aber es wird Ihnen helfen. Öffnen Sie sich einfach. Sagen Sie mir doch einfach, wann Sie das erste Mal die Idee für die Ghouls hatten.“ „Ja, sag es ihm ruhig“, stichelte Malik, der natürlich wusste, wann genau das gewesen war. Marik biss sich auf die Unterlippe, war das wirklich eine so gute Idee? Er erinnerte sich an die Schweigepflicht, also antwortete er ehrlich. „Etwa fünf Minuten, nachdem Malik durch Odion wieder aus meinem Geist verdrängt worden war.“ Das ließ den Mann stutzen, wahrscheinlich kam ihm das reichlich schnell vor. „Das war wirklich sehr schnell. Wie kamen Sie darauf?“ „Ganz einfach, ich dachte, dass der Pharao erschienen war, um meinen Vater zu töten. Ich wusste nicht, dass ich, oder besser gesagt Malik, die Tat begangen hatte.“ „Hauptsächlich, weil du es nicht wissen wolltest. Hättest du nachgedacht, dann wärst du sofort auf dich gekommen!“ warf Malik zwischendurch ein, Marik hatte zum Glück Übung darin, ihn zu ignorieren. „Ich wusste, dass der Pharao der König der Spiele war und wahrscheinlich immer noch ist. Das Spielen war sein Schwert, damals wurden Schattenspiele und Beschwörungen genutzt, aber auch sonst war er ein Meister. Zum Beispiel soll er stets Schattensenet mit Leuten gespielt haben, die er nicht ausstehen konnte. Also habe ich mir überlegt, dass ich in die Welt der Spiele vordringen musste, um ihn zu finden. Natürlich wusste ich nicht, 'was' für Spiele es eigentlich gab, ich habe mir auch überlegt, dass es vielleicht kein Geld bringen würde und ich lieber mit Artefakten handeln sollte, aber das spielte keine Rolle. Ich wollte Rache, dafür brauchte ich eine Organisation, die mir hilft und die ihn findet. Eine Organisation konnte man nur aufbauen mit Geld. Also war es durchweg logisch, beides zu kombinieren.“ „Moment, wie alt waren Sie zu diesem Zeitpunkt?“ Wieder zögerte Marik, vornehmlich, weil er nicht gleich als hochgefährlich gelten wollte. Aber wenn er es schonmal mit Ehrlichkeit versuchen sollte, dann musste er wohl auch ehrlich sein, und das in jedem Punkt. „Elf. Und jetzt bitte keine Vorurteile.“ Muyaki blinzelte mehrmals mit den Augen, er wollte offensichtlich kaum glauben, mit welchem Alter er die Ghouls hatte gründen können. „Das... ist wirklich verdammt jung“, sagte er nach einer längeren Pause und notierte wie wild, wahrscheinlich ausschweifend, was für ein Kriminelles... „Hey... er schreibt hier, dass du außergewöhnlich intelligent bist.... warte... fähig zu sehr abstraktem Denken... boah! Das ist jetzt fies! Hier steht: 'gestörtes Verhältnis zur Gerechtigkeit'. Also wirklich! Die paar Tote, die du verbockt hast, das waren doch alles selbst Mistkerle.“ Malik war echt nicht hilfreich! Aber irgendwie war es schön, dass der Mann nicht gleich annahm, dass er ein verdorbenes Kind gewesen war. Für diese Erkenntnis sollte er seinem Yami wohl dankbar sein. „Danke“, sagte er also, was erneut Muyaki aufschauen ließ. „Nicht Sie, mein Yami hat zur Abwechslung mal was Nettes gesagt.“ „Hab ich das?!“ Malik war sichtbar erstaunt, worüber, war Marik nicht ganz klar, aber das spielte ebenfalls keine Rolle. „Nun, wahrscheinlich spielt es für Ihre Psyche keine Rolle, aber... wie haben Sie es bitte mit nur 11 Jahren geschafft, irgendetwas zu gründen? Normalerweise nimmt man doch einen Elfjährigen nicht ernst.“ „Oh doch, insbesondere, wenn er einen Millenniumsstab besitzt, mit dem er die Gedanken von willensschwachen Menschen kontrollieren kann. Und dank der hohen Bereitschaft zur Kriminalität von vielen Pseudoägyptern war es ein leichtes, ziemlich schnell einige Leute um mich zu scharen. Fragen Sie mich aber nicht, wie genau ich das gemacht habe, wenn ich das offenbaren wollte, hätte ich ein Buch darüber geschrieben.“ Das wäre sicherlich ein Bestseller! 'Struktur perfekter krimineller Organisationen für Dummys'. Marik war sich sicher, dass kurz darauf die Hälfte der bestehenden Mafias bei ihm vorsprächen, damit er ihnen half, und die andere Hälfte erschien, um ihn umzunieten. „Das war auch nur reine Neugierde. Aber sagen Sie mir doch, was waren die Ghouls für Sie? Was haben Sie für sie empfunden?“ Muyaki notierte wieder einen Kommentar und hörte wieder gebannt zu. Wahrscheinlich erwartete er jetzt, dass er die Ghouls als Familienersatz gegründet hatte, aber da irrte sich der Mann, was Malik aber umso unangenehmer war. „Nichts.“ „Nichts?“ fragte Muyaki verwirrt. Malik grinste derweilen breit, schließlich kannte er die furchtbare Wahrheit. „Nichts. Oder besser gesagt, sie bedeuteten mir nichts. Die Ghouls waren für mich nur ein Mittel zum Zweck. Ich weiß, das klingt wirklich grausam, aber es ist die traurige Wahrheit. Bis auf Rishid, der mir half und faktisch meine rechte Hand war, hat mir niemand dort etwas bedeutet. Sie waren meine Werkzeuge, meine Spione, Versuchsobjekte und Helfer, aber wie es ihnen ging, war mir ziemlich egal. Ich versprach ihnen, was sie verlangten, und manipulierte sie so, dass sie alles für mich taten. Heute fühle ich mich natürlich beschissen und kann es kaum fassen, dass ich je so herzlos sein konnte. Damals aber hatte ich meine eigene Logik. Ich habe mich mit sehr viel Abschaum umgeben, daher war es für mich auch kein Problem, sie zu opfern.“ Eine unangenehme Pause entstand, in der sich Marik ziemlich schlecht fühlte. Ohne etwas dazu zu sagen, wurde wieder etwas notiert, Marik konnte den Stift auf dem Papier kratzen hören. „Es spricht sehr für Sie, dass Sie deswegen ein schlechtes Gewissen haben. Sie sagten, Sie versuchen es wieder gut zu machen. Können Sie mir ein Beispiel geben, wie Sie versuchen, Ihr Gewissen zu erleichtern?“ Ach herrje, was sollte er denn als Beispiel benutzen? Der gute Magier war gerade in der Bearbeitung, war also nicht ganz optimal. „Beispielsweise gab es einen Pantomime, gepierced mit Glatze, eben ein richtiger Punk. Ich habe ihn als Marionettenduellanten eingesetzt, was seinem Geist nicht zuträglich war. Ich habe letztens dafür gesorgt, dass er ein geregeltes Leben führen kann, natürlich nachdem ich für seine Heilung gesorgt habe. Das war ganz schön kompliziert, immerhin ist das Gesundheitssystem hier in Japan Staatsangelegenheit. Da jemanden rein zu bekommen der nicht gelistet ist...“ Marik zuckte mit den Schultern und ließ die Pause für sich sprechen. „Sie machen sich offensichtlich wirklich sehr viel Mühe, Ihren Fehler zu korrigieren. Das ist wesentlich mehr als andere tun. Wieso fühlen Sie sich also nicht besser?“ „Sie sind der Psychiater, ist es nicht Ihre Aufgabe, mir das zu verraten?“ Zugegeben, Marik war nun etwas schnippiger als er sollte, aber bis jetzt fühlte er sich nur minimal besser als vorher. „Na endlich benutzt du mal wieder deine scharfe Zunge! Ich dachte schon, dass die nur noch für versaute Dinge geeignet ist. Und die machst du nichtmal, weil du dich nicht traust, deinem 'Lover' derlei Dienste anzubieten!“ Malik war echt eine Nervensäge! Nicht nur, dass er störte, nein, er musste natürlich auch noch den Daumen in die letzte emotionale Wunde legen. „Malik... Zeitschriften!“ Das sollte wohl als Warnung genügen. Muyaki lachte laut auf, was Marik wieder ins Geschehen zurückwarf. „Sie haben Recht. Das ist normalerweise meine Aufgabe. Ganz ehrlich, vorausgesetzt Sie belügen mich nicht und versuchen wirklich, den Geschädigten zu helfen, dann können Sie wirklich stolz auf sich sein. Versuchen wir doch als nächstes einmal, Ihren Yami zu verstehen.“ „Ah, endlich mal ein Thema von Brisanz. Nichts gegen dich, Hikari, aber es ist nunmal ein Fakt, dass ich hundertmal interessanter bin als du und dein lächerliches Gewissen.“ Malik und seine lächerliche Selbstüberschätzung! Aber bitte, etwas über Malik zu berichten, fiel Marik sehr viel leichter als über sich selbst. „Fragen Sie nur, ich erzähle Ihnen nur allzu gerne, was ich über meinen Yami weiß.“ „Wieso fragt ihr nicht einfach mich? Ich weiß über mich sicher am besten bescheid“, mischte sich sein Yami natürlich gleich ein, aber gemäß ihrer Abmachung behielt er schön artig seinen Geiststatus. Muyaki schlug eine neue Seite auf und überlegte einen Moment. „Ihrem Yami gefällt doch die Serie Fury, was glauben Sie, wieso er diese TV Serie so sehr mag?“ Konnte der nichts Einfacheres fragen? „Was soll das denn für eine bescheuerte Frage sein? Natürlich weil es Meisterwerke sind!“ Das war natürlich Maliks ewige Antwort auf derlei Fragen. Marik jedenfalls musste auflachen bei dieser Frage. „Wenn ich das wüsste, wäre ich auch schlauer. Aber ich kann es mir ehrlich nicht erklären!“ „Sind Sie sich ganz sicher? Er ist immerhin entstanden als ein zweiter Teil Ihrer Persönlichkeit. Wenn es jemanden gibt, der ihn kennt, dann sind das Sie.“ Marik lachte erneut, dieses mal jedoch freudlos. Wenn er Malik so gut gekannt hätte, dann hätte er zusammen mit Ryous Yami nicht gegen ihn verloren. „Oh, sind wir wiedermal ein schlechter Verlierer?“ Wann nur hielt der Kerl endlich mal seine Klappe? „Herr Muyaki, wir sprechen hier von einer Person, die 'the Cube' – ich hoffe doch, Sie kennen den Film?“ Der Psychiater nickte kurz als Antwort und Marik sprach weiter: „Nun, er hält diesen Film für einen typischen Unterhaltungsfilm, er lacht und schmeißt sich Popcorn rein, vorausgesetzt, er verfügt gerade über meinen Körper, während die Protagonisten von tausenden Speeren aufgespießt oder in diesen Räumen kauterisiert werden. Gleichzeitig aber heult er, wenn er eine total lächerliche Szene in Fury sieht!“ „Fury ist nicht lächerlich!“ kam Maliks standardmäßiger Zwischenruf, während Muyaki sich konstruktiver äußerte. „Das ist interessant. Können Sie ein Beispiel bezüglich der Szene geben?“ Und ob er das konnte! Marik beugte sich vor, um besser gehört zu werden. „Letzte Woche ist in der Serie ein Pferd gestorben, ein weißes. Es hatte zuvor mit Fury gekämpft. Malik hat so stark geheult, dass selbst meinem Körper die Tränen gekommen sind, und das, obwohl ich was vollkommen anderes getan habe! Das funktioniert eigentlich nur bei dermaßen starken Emotionen, dass man sich nicht einmal mehr im Ansatz unter Kontrolle hat.“ Das sorgte für große Augen beim Psychiater und natürlich für einen peinlichen Verteidigungsversuch Maliks. „Das ist unfair! Der Moment war wirklich todtraurig! Das arme Pferd konnte doch gar nichts dafür, es hatte so ein Zeug gegessen, was es verrückt gemacht hat und...“ Maliks Erklärung wurde jetzt sehr ausgiebig, Marik hatte Mühe wegzuhören, und so musste er Muyaki mit der Hand andeuten, dass er erstmal pausieren musste, obwohl auch er etwas zu sagen versuchte. Irgendwann wurde es Marik so bunt, dass er mit der Hand die typische 'Mann der labert' Bewegung machte, was sofort einen weiteren Vortrag verursachte. „Das war nicht sehr höflich, nur weil ich einmal etwas zu sagen habe. Du versuchst einfach nicht, mich zu verstehen, aber das hast du ja noch nie...“ usw. usw. Malik konnte eine wahre Diva sein. „Bist du jetzt endlich fertig?“ fragte Marik schließlich, als sein Yami endlich geendet hatte. Dieser jedoch antwortete nicht, sondern verschränkte die Arme und wandte sich von ihm ab. „Rücksichtsloses Arsch, mit dir rede ich nicht mehr, nie mehr!“ Wenn das nur mal so wäre, aber in spätestens fünfzehn Minuten hatte er es garantiert wieder vergessen. „Nein hab ich nicht!“ „Er ist fertig, Sie können nun wieder sprechen, Herr Muyaki.“ „Ehrlich gesagt wundert mich die Einstellung ihres Yamis weniger. Sie ist nur unserem modernen Empfinden unverständlich. Psyche hat ihre eigene Logik, und für Ihren Yami ist Gewalt jeder Art ein Ausdruck von Freizeitbeschäftigung und ein sexueller Reiz. Da sollte es Sie nicht überraschen, dass The Cube für ihn die reinste Unterhaltung ist, wie es für Sie oder mich eine Komödie wäre.“ Marik war beeindruckt von Muyakis Einschätzung, er konnte damit glatt Recht haben. „Aber wieso weint er dann bei Fury?“ Darüber musste der Psychiater glatt eine Weile nachdenken, doch auch dazu hatte er eine Antwort. „Ich glaube, das liegt an seiner kindischen Art. Fury ist, wenn ich mich recht entsinne, eine ziemlich einfach gestrickte Serie, die vornehmlich die Emotionsebene von Kindern ansprechen sollte. Ihr Yami scheint mir ein Ausdruck Ihrer verlorenen Kindheit zu sein, ein ziemlich verzerrter Ausdruck, aber eben genau dieses. Daher reagiert er auch wie ein Kind.“ „Ich bin aber kein Kleinkind! Ihr seid nur alle herzlos!“ wurde wieder gemeckert. Wow, Malik hatte seinen eigenen Rekord gebrochen. Sicher war es erst zehn Minuten her, dass er nicht mehr mit ihm hatte reden wollen. Marik dagegen hatte ein ganz anderes Problem mit Muyakis Einschätzung. „Wollen Sie etwa sagen, dass er das Kind ist, das ich niemals sein durfte? Und wenn ja, wollen Sie mir doch nicht allen Ernstes sagen, dass ich solch eine Heulsuse gewesen wäre, oder?“ „Nein, in Bezug auf beides. Man kann Ihren Yami gewiss nicht nur auf sein kindliches Wesen beschränken. Es ist nur ein Teil seines Wesens. Mir scheint es eher, dass es in seiner Art nur extreme gibt. Fury ist extrem einfach und emotional, darauf reagiert er mit entsprechend starken Emotionen. The Cube ist dagegen extrem brutal, was für ihn jedoch normal ist.“ Das machte sogar Sinn, der verdammte Mistkerl war richtig gut. Fragte sich nur, ob Marik das gut oder schlecht finden sollte. Mehr um ihn etwas abzulenken, aber auch weil er sich diese Sitzung anders vorgestellt hatte, warf Marik nun eine Frage in den Raum. „Mir fällt gerade auf, dass Sie eigentlich keine Kindheitsfragen stellen. Darf ich fragen, wieso?“ „Weil Sie nicht bereit wären, mir diese zu beantworten. Würden Sie einer weiteren Sitzung zustimmen, würde ich sie dann stellen, aber fürs Erste würde ich mir lieber ein aktuelles Bild von Ihnen machen. Oder möchten Sie mir etwas berichten?“ „Nein!“ winkte Marik schnell ab, was seine Kindheit betraf, erzählte er gewiss nicht gerne davon. Bis auf die wenigen schönen Erlebnisse, die er mit Rishid und Ishizu geteilt hatte, war seine Kindheit ein Horror gewesen! „Hey, mir passt es gar nicht, dass ihr so über mich redet! Hört sofort damit auf!“ Malik funkelte ihn böse an, was Marik aber nur wenig beeindruckte. „Eben noch hast du gesagt, dass du sowieso interessanter bist als ich. Mal ganz davon abgesehen, dass du nicht mehr mit mir sprechen wolltest“, hielt Marik dagegen. „Da wusste ich auch nicht, dass ihr über mich herzieht! Wechsel gefälligst sofort das Thema!“ Okay... wie er wollte. „Malik verlangt, dass wir das Thema wechseln. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, dass ich eines vorschlage, oder?“ „Sicher nicht, bitte, was soll ich für Sie analysieren?“ „Warum hat mein Yami versucht, den Pharao umzubringen, obwohl er auf ihn steht?“ Das schlug ein wie ein Hammer! Marik hatte Mühe, sowohl Malik als auch Muyaki wahrzunehmen. Malik nämlich donnerte gleich los, was für Lügengeschichten er verbreitete, dabei wusste er genau, dass es die Wahrheit war. Marik kannte Malik so gut wie sich selbst. Muyaki hingegen fragte ruhig, was er denn genau damit meinte. „Nun... Malik halt mal kurz die Klappe. Wenn ich wirklich lüge, wird der Psychiater meinen Irrtum schon aufklären...“ Und Malik hielt mit dieser Aussicht sogar den Mund. „Also, mein Yami ist in den Pharao verliebt. Er findet ihn nicht nur geil, und glauben Sie mir, das tut er, ich will Ihnen nur ersparen, was er sich so ausmalt, während er wichst, nein, er findet auch, dass sie viel gemeinsam haben. Ich persönlich finde zwar, dass er sich irrt, aber er ist felsenfest davon überzeugt, dass der Pharao perfekt zu ihm passt.“ „Das... ist ehrlich gesagt sehr interessant. Ähm... wissen Sie eigentlich, dass ich weiß, dass jemand bestimmtes an Ihrem Yami interessiert ist?“ „Wer?“ fragte Marik zeitgleich mit seinem Yami, der es allerdings als Geist fragte und somit nicht gehört wurde. „Das darf ich Ihnen leider nicht sagen. Aber das eröffnet ganz neue Möglichkeiten. Bevor Sie mir mehr über das berichten, was er an Yami findet, mal eine Frage an Sie. Gibt es auch für Sie eine Person, die Sie begehrenswert finden?“ Okay... Marik verstummte augenblicklich, die Frage war ihm nun wirklich zu intim. „Das... geht Sie nichts an.“ „Sie müssen sich keine Sorgen machen. Ich werde Sie gewiss nicht verurteilen. Ich habe garantiert schon Schlimmeres oder Lächerlicheres gehört.“ Das bezweifelte Marik dann aber doch. „Sicher? Was ist denn das Lächerlichste?“ „Ein Patient hatte sich in seinen Goldfisch verliebt. Er wollte mit ihm nach Amerika fliegen und ihn dort heiraten. Seine Pläne für die Hochzeitsnacht verrate ich aber nicht, ebenso wenig seinen Namen.“ Okay, das war weit lächerlicher als alles, was Marik vorzuweisen hatte. „Sie behalten das aber ganz bestimmt für sich, oder?“ „Aber natürlich. Bitte, legen Sie los.“ Muyaki setzte den Stift aufs Papier, Marik atmete tief durch, schloss die Augen und offenbarte sich. „Bakura.“ Stille, eine Pause entstand. Dann hakte Muyaki nach. „Meinen Sie Ryou oder...“ „Nein, ich meine seinen Yami“, gab Marik zu. Ihm war das ungemein peinlich, wer verknallte sich schon in einen Geist? Seine Offenbarung erstaunte jedoch nicht nur Muyaki, zu Mariks größter Überraschung war auch Malik mehr als erstaunt. „Bakura?! Ich dachte, du stehst auf Ryou! Du hast dich doch sowas von an ihn ran gemacht!“ Tja, eben nicht, er hatte sich an Bakura ran gemacht, indirekt. „Aber du hast doch Ryou immer bewundert, dafür wie er seinen Yami unter Kontrolle hat!“ „Sicher hab ich das, aber bewundern und begehren ist nicht dasselbe. Das solltest du am besten wissen, Malik.“ „Moment, Sie reden gerade mit ihrem Yami? Was meinen Sie damit?“ Muyaki wirkte so, als wenn er Blut geleckt hätte, also berichtete Marik was in ihm vor sich ging. Kapitel 10: Zwischensitzung --------------------------- Yugi war irritiert, als er von seinem Großvater nach der Schule direkt zu Dr. Muyakis Praxis weitergeschickt wurde. Insbesondere, da demnächst ein Gemeinschaftstermin anstand, von dem auch Großvater wusste, machte der sich natürlich Sorgen, dass mit Yugi etwas nicht stimmte, aber das konnte er nicht von sich sagen. Im Gegensatz zu Ryou hatte er kein Problem mit seinem Yami, im Gegenteil, dank ihm war sogar Schluss mit dem Schulterror, dem er zuvor ausgesetzt gewesen war. Was also wollte der Psychiater von ihm? „Was meinst du, Yami? Könnte es darum gehen, was du mit den Verbrechern gemacht hast?“ fragte Yugi sein anderes Ich, der neben ihm her schwebte, wie so oft, wenn er seiner Wege ging. Nur selten 'lief' Yami neben ihm, aber das musste er auch nicht. Soweit Yugi das bis jetzt verstanden hatte, war Yamis durchscheinende Gestalt eine Projektion in seinem Kopf, damit erübrigte sich das Gehen für Yami. „Das glaube ich nicht, das wusste er ja schon, als er uns verabschiedet hat“, antwortete Yami mit nachdenklicher Miene. „Es muss irgend etwas anderes sein. Vielleicht ist Malik ausgerastet, Ryou war heute schließlich ganz normal in der Schule.“ Ja, das könnte tatsächlich sein, obwohl Marik seinen Yami eigentlich gut unter Kontrolle hatte. Seitdem er hierher gezogen war, war nichts passiert, und das, obwohl Yugi zuerst jeden Tag erwartet hatte, in der Zeitung von seltsamen Morden zu lesen, nachdem sich herausgestellt hatte, dass Mariks Yami noch immer im Stab existierte. Aber zu ihrer aller Überraschung war einfach nichts passiert. Keine seltsamen Komaanfälle, keine ungewöhnlich entstellen Leichen, einfach nichts. Zudem versicherte Marik, dass er seinen Yami unter Kontrolle hatte. Außerdem gab es da noch einen Umstand, den sie berücksichtigen mussten. „Aber wenn er ausgerastet ist, dann kann Muyaki uns unmöglich zu sich bestellt haben.“ Das brachte Yami erneut dazu nachzudenken. „Es kann auch sein, dass er mehr Informationen über Bakura haben will“, war Yamis nächste, weit hergeholte Vermutung. „Aber du hast ihm doch schon alles erzählt.“ „Das stimmt, aber vielleicht denkt er, dass ich etwas verschwiegen habe.“ Das klang wahrscheinlich. Aber im Endeffekt blieb es eine Vermutung. Als sie in der Praxis ankamen, konnten sie bereits ausschließen, dass etwas Schlimmes geschehen war, wofür Bakura oder Malik verantwortlich gewesen wäre. Es gab weder verschreckte Sekretärinnen, noch eine zerstörte Inneneinrichtung. Man begrüßte Yugi sogar sehr freundlich und bat ihn ins Gesprächszimmer, wo der blauhaarige Muyaki auf ihn wartete. Yugi persönlich vermutete, dass der Psychiater seine Haare gefärbt hatte, es war einfach zu unwirklich bläulich, nie im Leben echt. Aber sicher konnte er sich da nicht sein. Seine eigenen Haare besaßen ja auch eine sehr ungewöhnliche schwarze Färbung, die sich manchmal in seltsamer Farbe spiegelte. Ein Unikum bildeten auch seine blonden Strähnen, vermutlich würde ein Genetiker einen Heidenspaß daran haben, dieses Rätsel zu untersuchen. „Guten Tag Yugi und guten Tag Yami“, begrüßte Muyaki sie freundlich, wobei er bei Yami aber genau an die falsche Seite von Yugi schaute, was der Schüler doch recht witzig fand. Er ersparte es Muyaki aber darauf hinzuweisen. „Auch Ihnen einen guten Tag, Herr Muyaki. Darf ich fragen, warum Sie mich zu sich bestellt haben?“ Yugi war was das betraf zu neugierig, um sich zurückzuhalten. Außerdem wollte er Großvater möglichst schnell seine Sorgen nehmen, dass mit ihm etwas nicht stimmte. „Du gehst aber schnell zur Sache. Aber das ist mir nur recht. Ich möchte mit dir über Beziehungen sprechen.“ Hä? Yugis Gesicht zog sich sogleich in Furchen. Über Beziehungen? Wieso das denn? Mal ganz davon zu schweigen, dass es Yugi auch überhaupt nicht gefiel, über Anzu zu sprechen! „Warum will er über so etwas sprechen? Das hat doch nichts mit Bakura oder Malik zu tun?“ Yami konnte sich bei ihrem Gedankengespräch keinen Reim darauf machen, Yugi erging es da nicht anders. „Vielleicht schon, warten wir einmal ab, was Muyaki genau von uns will.“ Laut wandte er sich an Muyaki. „Ich weiß zwar nicht, wie Ihnen das helfen kann, aber bitte, fragen Sie, wenn Sie es für wichtig halten.“ Irgendwas stimmte nicht, das konnte Yugi genauso spüren wie Yami, aber wenn sie nicht mitspielten, würden sie nie herausfinden, was es war. Und im Gegensatz zu sonst stand hier auch nicht das Leben eines Freundes oder sonst einer Person auf dem Spiel. „Ich werde alles erklären, wenn es soweit ist“, versprach der Psychiater und begann sogleich, mit seinem Stift zu spielen und ihn auf das Papier aufzusetzen. „Falls es dich beruhigt, hier geht es nicht nur um dich, sondern auch um deine Einschätzung. Und natürlich um die von Yami. Beginnen wir aber ruhig bei deinem Yami, über einen anderen lässt es sich immer leichter sprechen als über sich selbst. Hat dein Yami eine Beziehung oder eine größere Zuneigung zu einer bestimmten Person?“ Ähh... Yugi sah sich einer geringfügig komplizierten Frage gegenüber, denn über so etwas hatte er noch nie nachgedacht. Er wusste zwar, dass Anzu sein anderes Ich sehr anziehend fand, ein Umstand, der in ihm durchaus ein bisschen Eifersucht erzeugte, aber wie Yami dazu stand, war ihm unbekannt. „Ich... weiß ehrlich gesagt nicht, was ich dazu sagen soll. Yami hat meines Wissens keinerlei... Beziehungen...“ Muyaki schrieb drauf los, als ob er einen ganzen Aufsatz mitschreiben musste, Yugi wüsste zu gerne, was er schrieb. Leider konnte Yami ihm da nicht helfen, er sah nur, was auch Yugi sehen konnte. „Das ist nicht überraschend, aber wie steht es mit Liebeleien? Ich meine, gibt es jemanden, von dem er hofft, dass er ihn mag?“ „Ich bin erneut überfragt, ich wüsste nichts, was in diese Richtung geht...“ Yugi fühlte sich etwas schlecht, da er Muyaki nicht weiterhelfen konnte, ein Gefühl, das er immer bekam bei solch einer Situation. Dieses Mal gab es nur eine kurze Notiz, Yugi wurde ein wenig nervös. „Gibt es jemand anderen, der an Yami interessiert ist und von dem du weißt?“ Yugi war richtig erleichtert, da er mit dieser Frage erstmals etwas anzufangen wusste. „Nun, ich glaube Anzu steht etwas auf Yami, sie ist gerne mit ihm zusammen. Ob Yami auch ihre Anwesenheit genießt, kann ich aber nicht sagen.“ „Natürlich genieße ich ihre Anwesenheit, sie ist unsere Freundin!“ teilte ihm Yami schnell mit, worauf er Yami jedoch nur einen wissenden Blick zuwarf. Das war nämlich nicht dasselbe wie das, was Muyaki meinte. Der Psychiater erschien plötzlich, als habe er Witterung aufgenommen.. „Wie hast du das bemerkt?“ Der stellte Fragen. Aber bitte, Yugi berichtete, wie er aus Anzus Verhalten diesen Rückschluss gezogen hatte. Angefangen von ihren auffälligen Versuchen, sich selbst in Gefahr zu bringen, nachdem Yami sie das erste Mal gerettet hatte, bis hin zu dem von ihm arrangierten Date der beiden. Davon allerdings hatte Yugi nicht viel mitbekommen, da er sich tief in seinen eigenen Seelenraum zurückgezogen hatte. Yami war überrascht von vielem, was Yugi offenbarte. Tja, Yami war zwar unschlagbar, wenn es darum ging, die Strategien des Gegners zu durchschauen oder die Absichten von Personen zu erkennen, wenn diese versuchen, jemandem zu schaden, aber wenn es um etwas Profanes wie Zuneigung ging, da erkannte er es sicher bei jedem, nur nicht bei sich selbst. Er hatte schon weit vor Jonouchi erkannt, dass Mai an ihm interessiert war. Aber dass Anzu an ihm Interesse zeigte, das hatte er noch nicht einmal während seines Dates bemerkt. „Wieso ist sie an mir interessiert? Ich bin doch nur ein Geist.“ Yugi könnte aufstöhnen, Yami war sowas von cool, genau genommen die Coolheit in Person, und wusste es nicht. „Ich erkläre es dir später“, antwortete Yugi also in Gedanken, ohne Muyaki mit diesem Detail zu belästigen. „Ich verstehe... Doch reden wir einmal über deine Ansichten und deine Meinungen. Wie steht es mit deiner Toleranz? „Nun... ähm... ich würde schon sagen, dass ich tolerant bin. Ich meine...“ „Wie würdest du reagieren, wenn ich dir sagen würde, dass Bakura, also der Yami von Ryou, und auch Ma... wie heißt jetzt der Yami?“ „Malik.“ „Genau, dass Malik und Bakura homosexuell sind?“ Muyaki beäugte ihn vorsichtig, wahrscheinlich hatte er irgendwie Angst, etwas Konservatives zu hören, wie es inzwischen in Japan auch üblich war. Da musste Yugi einfach lachen! „Das wäre das Normalste, was ich über die beiden erfahren würde! Da machen Sie sich mal keine Sorgen. Nachdem Duke Shizuka verlassen hat, wissen wir alle, dass er auch schwul ist. Honda hatte ein paar Schwierigkeiten, und Jonouchi zieht ihn etwas damit auf, aber worauf er steht, ist mir doch total egal.“ Solange er nicht hinter seinem Arsch her war, verstand sich. Da müsste er Duke oder sonst wem wohl eine Abfuhr erteilen. Muyaki notierte sich wieder etwas. Dann setzte er das Thema fort. „Wie steht es mit Yami? Hat er ein Problem mit Homosexualität?“ Okay, jetzt wurde es aber wirklich offensichtlich. War Bakura vielleicht ein ehemaliger Verflossener von Yami, den er in seinem früheren Leben betrogen hatte? Das könnte ja sein, so sehr wie Bakura Yami hasste, Liebe schlug schließlich schnell in Hass um. „Kann ich übernehmen, Yugi? Ich glaube, du weißt wieso...“ „Klar kannst du, ich bleibe bei dir.“ Letzteres versicherte Yugi sehr schnell, da er spürte, wie unsicher Yami sich gerade fühlte. War ja auch nur zu verständlich, sie bekamen hier schließlich den allerersten konkreten Hinweis auf Bakuras Motiv und damit auch den ersten Hinweis auf Yamis Vergangenheit, abgesehen von der doch sehr wagen Pharaosache. Als das Puzzle kurz aufleuchtete und Yami mit Yugi den Platz tauschte, war der Psychiater kurz verwirrt, sammelte sich aber schnell wieder. „Herr Yami, ich grüße Sie. Ich war eigentlich noch nicht mit Ihrem Hikari fertig.“ Yami lächelte freundlich, auch wenn sein Magen sich sehr seltsam anfühlte. Ein faszinierendes Gefühl, aber auch sehr ungewohnt. Es war fast wie sein Treffen mit Ishizu, sie hatte ihm offenbart, dass er im alten Ägypten ein großer Pharao gewesen war und dass er die Welt vor einer dunklen Macht gerettet hatte. Das war bisher sein einziger Hinweis auf seine Prepuzzleexistenz. Über Bakura wusste er immer noch nicht mehr als bei ihrem ersten Treffen. Hier die Chance zu haben, etwas zu erfahren... „Du bist nur nervös. Das ist ganz normal“, beruhigte ihn Yugi, Yami schloss kurz die Augen und genoss den Moment, wo Yugis Geist seine Schultern berührte. „Ich weiß, Herr Muyaki, aber ich möchte Fragen zu meiner Person selbst beantworten.“ Nur nichts übereilen, wenn er das Thema zu sehr forcierte, dann schaltete der Psychiater noch auf stur und er erfuhr es nie. „Um Ihre Frage zu beantworten. Ich habe keinerlei Vorbehalte gegen Homosexualität. Als das mit Duke heraus kam, war ich überhaupt nicht schockiert, im Gegenteil, ich fand es sogar ziemlich normal.“ „Verrate ihm bitte nicht, dass ich es im ersten Moment widerlich fand!“ bat Yugi, dass er so reagiert hatte war ihm peinlich, das konnte Yami tolerieren. „Keine Sorge, du hast deinen Ekel ja schnell überwunden.“ Der hatte nicht einmal die nächste Stunde überstanden. Yugi hatte sich im Internet informiert und schon war sein Vorurteil abgebaut. Anzu hatte niemals etwas dagegen gehabt, Jonouchi war eher sauer geworden, weil seine Schwester dadurch in Hondas Arme geflüchtet war (eine Horrorvorstellung für ihn) und Honda... nun ja, der hatte nicht verstanden, wie man auf jemanden wie Shizuka verzichten konnte. Ryou war der Einzige, der mit wahrer Größe reagiert hatte... was sich, sollte Bakura wirklich homosexuell sein, sehr schnell von alleine erklärte. „Danke... wo Sie schon da sind, mache ich gleich mit Ihnen weiter. Da es Ihnen nichts ausmacht und Sie bereits in Ihrem Umfeld Erfahrung mit Homosexualität gesammelt haben, was würden Sie sagen, wenn ich Ihnen verrate, dass ich erfahren habe, dass einer der anderen Personen, die letzte Woche gemeinsam hier waren, starke Gefühle für Sie entwickelt hat? Fragen Sie bitte erst gar nicht, wer, das fällt unter die Schweigepflicht.“ Das brauchte er auch gar nicht. Er würde sich das irgendwann schon selbst zusammenreimen können. Schon wieder wallte in Yami Nervösität auf, er musste sich wirklich beherrschen! Genau wie Yugi verdächtigte er Bakura. Hass und Liebe waren eng miteinander verbunden, Bakura hasste ihn abgrundtief, wohingegen er mit Yugi prinzipiell kaum Probleme zu haben schien. War Bakura gar sein Geliebter in Ägypten gewesen? Hatte er ihn verraten? Vielleicht war er ja im Rahmen seines Krieges gegen die finstere Macht einer Intrige zum Opfer gefallen. Alternativ konnte es auch sein, dass diese Intrige dieser finsteren Macht erst Tür und Tor geöffnet hatte. Ja, das würde auch erklären, warum Bakura ebenfalls in einem der Gegenstände festsaß. „Brauchen Sie etwas zu trinken? Oder eine Praline gegen den Schock?“ fragte Muyaki freundlich, wobei er eine flache Schale hinhielt, auf der eine kleine Auswahl an Schokoladenpralinen bereit standen. Yami nahm sich eine mit Nugat-Rummischung, das beruhigte ihn tatsächlich etwas. „Nun... ich weiß nicht genau, was ich sagen soll, ohne zu wissen, um wen es sich handelt. Also rein Optisch hätte ich gewiss nichts auszusetzen. Egal um wen es sich handelt, das Äußere genügt meinen Ansprüchen vollkommen.“ Was redete er da? Wieso kümmerte er sich um die Optik? „Sie könnten sich also tatsächlich eine Beziehung vorstellen?“ Zu Bakura? Nun, wenn sich offenbarte, dass er einst sein Geliebter gewesen war, bestimmt. Er sah da kaum ein Problem, außer vielleicht darin, dass er Yugis Körper dafür brauchte und Sex evtl. flach fiel. „Äh... darüber müssten wir dann diskutieren Yami. Von vorneherein verbieten möchte ich dir das aber nicht...“ warf Yugi ein, seine Stimme hörte sich in Yamis Geiste jedoch nicht sehr begeistert an. Das konnte Yami aber auch gut verstehen. In der heutigen Gesellschaft war Sexualität ohnehin ein sehr sensibles Thema. Ungewöhnlichkeiten machten die Sache sogar noch schwieriger. Da er Yugis Unwohlsein spürte, berührte nun er seinen Geist um ihn zu beruhigen. „Danke Yugi, habe keine Angst, ich würde nichts tun, ohne dein Einverständnis einzuholen.“ Es wirkte, wodurch auch Yami sich gleich besser fühlte. „Es kommt darauf an“, antwortete Yami nun. „Es kommt drauf an, um wen es sich handelt und wie er sich mir und meinen Freunden gegenüber benimmt.“ „Also hätte einer der Yamis keine Chance?“ fragte Muyaki bemüht wage. Nun war sich Yami beinahe noch sicherer. Er meinte Bakura! Es passte einfach alles zusammen. Bakuras Reaktion, als sie sich das erste Mal getroffen hatten. Sein Hinterhalt durch Ryous Monster-RPG Spiel. Ja sogar das zeitweise Bündnis auf Pegasus' Insel... er hatte oft verhindert, dass jemand anderes ihn oder Yugi besiegte. Yami war in gewisser Weise geschockt. Konnte es sein, dass er trotz allem eine Fortsetzung der Beziehung wünschte? Für Yami wäre diese Beziehung natürlich auch eine Chance, endlich mehr über seine Zeit als Pharao zu erfahren. „Das will ich so nicht sagen. Es kommt auf sein zukünftiges Verhalten an.“ Allerdings würde das bei Bakura schwierig, er war irgendwie so... er konnte es selbst kaum erfassen. Aber wenn er Ryous Yami sah, dann sträubten sich ihm von alleine die Nackenhaare. Vielleicht war das ja ein alter Instinkt, wenn er ihn damals gekannt hatte. Faszinierendes Gefühl. Um ehrlich zu sein, wollte er vom Instinkt her Bakura keine Chance geben. Aber sein Bedürfnis, mehr über sich selbst zu erfahren, war einfach größer. „Yami... dir ist schon klar, dass das Betrug ist, oder?“ gab Yugi zaghaft zu bedenken. Yami biss sich gedanklich in die Unterlippe, er hatte ja recht. Aber wie sonst sollte er etwas erfahren? „Ich weiß, aber es geht nicht anders.“ „Das wird nicht gut ausgehen...“ „Ich werde das schon regeln. Außerdem... vielleicht ist mein Instinkt ja falsch, eingefahren seit den letzten Jahrtausenden.“ Yugi überlegte kurz und verschwand dann wieder, ohne weiteren Kommentar. Yami spürte dennoch, dass ihm das nicht gefiel, aber die Zeit musste zeigen, wie es in Zukunft sein würde. Muyaki merkte ihm seine Selbstzweifel jedenfalls nicht an, dafür war er nach außen hin viel zu sicher in seinem Auftreten. „Ich danke Ihnen vielmals für diese Information. Ich würde jetzt gerne das Thema wechseln, auch wenn ich durchaus noch Einschätzungsfragen hätte, aber wir müssen in der Sitzungszeit auch fertig werden.“ Yami nickte zustimmend, wenn auch widerwillig. Er hätte gerne mehr aus Muyaki herausgekitzelt. Aber wer wusste schon, was demnächst geschah. Vielleicht tauchte ja morgen noch Bakura mit einem Strauss Rosen bei Yugi auf. Auch wenn die Vorstellung reichlich... verquer war... nein, er dachte besser nicht darüber nach. Es war einfach zu peinlich, sich solch eine Szene vorzustellen. „Gut, dann würde ich gerne auf Ihren Zwist mit den anderen Yamis zu sprechen kommen. Es ist mir nicht verborgen geblieben, dass Sie als 'Geist' einer dieser Gegenstände etwas außen vor stehen. Bakura und Ma...lik scheinen sich gut zu verstehen, hingegen ist es unmöglich zu übersehen, dass Sie mit den beiden im Zwist stehen. Woran liegt das?“ Das war wieder so eine Frage, auf die Yami gut verzichten könnte. Na ja, immerhin hatte sich Muyaki inzwischen an die Namensgebung von Mariks Yami gewöhnt. „Ich weiß es nicht. Ich meine, Malik ist halt ein dunkler Geist, der durch den Stab seine Interessen durchzusetzen versucht. Bakura kann mich nicht leiden, da verwundert es nicht, wenn ein anderer Geist es auch nicht kann. Er hat ja auch Marik dazu gebracht, all diese furchtbaren Dinge zu tun. Da hatte er es natürlich leicht, ich glaube kaum, jemand würde etwas anderes als Verachtung empfinden, wenn man so einen Vater gehabt hat, der das alles auch noch quasi in meinem Namen getan hat. Zumindest kann ich mich nicht daran erinnern, angeordnet zu haben, dass ganze Familien im Untergrund zu leben haben, und Marik glaubt mir.“ Was natürlich nicht bedeutete, dass er das komplett ausschließen würde, aber er war sich ziemlich sicher, dass diese Anordnung nicht auf sein Haupt ging. „Tja und was Bakura betrifft... da habe ich ja schon gesagt, dass ich nicht weiß, was dieser Ringgeist gegen mich hat. Ich erinnere mich nicht an ihn, im Gegensatz zu ihm. Er will mir aber auch nicht verraten, was eigentlich los ist.“ Sonst wäre er ja schlauer. „Er hat Ihnen nicht zufälligerweise verraten, warum er mich hasst?“ „Nein, leider nicht“, lachte Muyaki, wobei er sich ziemlich leidend anhörte. Yami konnte sich gut vorstellen, dass Bakura beim Psychiater genauso stur war wie bei ihm. „Bakura macht daraus ein großes Geheimnis. Er gibt nur zu, dass du einst ein Pharao warst. Er bezeichnet dich als Tyrann, aber mehr bekommt man aus ihm nicht heraus. Tyrann ist natürlich ein hartes Wort, auch eines, das benutzerabhängig ist. Für die einen ist der Herrscher einer Monarchie ein Tyrann, für die anderen hingegen ein glorreicher Monarch. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass Sie als Pharao unbequeme Entscheidungen getroffen haben, und Bakura gehörte zu den Opfern. Aber diese Gedanken helfen wohl kaum weiter, nicht wahr?“ „Sie sagen es. Spekulation, Vermutungen... nichts Genaues. Bakura deutet ab und an etwas an, so als wenn er erwartet, dass ich eine Erleuchtung bekomme und alles wieder weiß. Ich weiß auch nicht, was da los ist.“ Yami zuckte mit den Schultern, was sollte er auch mehr darüber sagen. Es war einfach... nun, es war frustrierend. Andererseits, vielleicht war Bakura auch einfach nur ein Ekel. „Lassen wir Bakura also einmal außen vor. Was wäre, wenn ich offenbare, dass Malik keinen Hass für Sie empfindet?“ Was? Yami schaute ziemlich erschlagen drein, denn damit hatte er gewiss nicht gerechnet! Und auch Yugi war erstaunt. „Er hasst dich nicht? Wieso wettert er dann immer so?“ war seine berechtigte Frage, die Yami sogleich weiterleitete. „Wie kann denn bitte so ein Typ, der nur aus Hass besteht, etwas anderes empfinden? Sie haben doch selbst gesehen wie... krank er ist!“ „Da irren Sie sich. Er ist nicht nur Hass, er ist... generell vielschichtiger, als man annehmen kann.“ Okay, irgendwas verheimlichte Muyaki. Er war sich nur nicht sicher, was, aber Yami merkte genau, wenn jemand darauf achtete, was er sagte. Und Muyaki balancierte gerade auf einer Angelschnur! „Inwiefern ist er vielschichtiger?“ Yami benutzte seinen eindringlichen Blick, der Muyaki nervös machte, so wie jeden anderen auch. „Yami... er ist nicht unser Feind!“ Yugi schaute ihn ermahnend von der Seite an. Er hatte ja recht, also beließ Yami es dabei, einfach nur ernst dreinzuschauen. „Also... er ist wirklich sehr viel komplexer, als Sie annehmen. Malik ist eher... wie sage ich das. Er ist im Grunde genauso wie du, Yugi oder ich. Vielleicht ist er etwas sadistisch, das an sich ist aber noch kein Problem. Das einzige, was an ihm anders ist, ist... nun ja, er ist in allem extremer. Statt sich damit zu begnügen, ein paar Gertenhiebe zu verteilen, wie ein normaler Sadist, will er halt Blut sehen. Aber das lässt sich auch umkehren...“ Muyaki seufzte und brach dann doch in seiner Erklärung ab. Was war denn da los? Worauf wollte der Mann hinaus? Fragen, die nicht beantwortet wurden. Ein Klingeln brach die Sitzung ab, viel zu schnell, wenn man Yami fragte. Und auch Muyaki kam es so vor. „Nanu? Schon fertig? Oh, ich dachte, wir hätten noch etwas mehr Zeit. Aber den Rest müssen wir dann später nachholen. Yami und natürlich Yugi“, Muyaki nickte sogar in die richtige Richtung für Yugi, nachdem er sich erhoben hatte. Yami stand etwas verdutzt auf und verabschiedete sich in Yugis Namen. „Ich hatte wirklich gehofft, dass die Zeit reicht, leider muss ich Sie bereits verabschieden, ich hatte Sie nur zwischengeschoben. Wir sehen uns dann morgen wieder, in der Gruppe.“ „Bis morgen, Herr Muyaki.“ Hände wurden geschüttelt, dann verließ Yami die Praxis und sah prompt einen sehr bekannten Wagen vor der Praxis stehen. Ein Cabrio... aber wer fuhr das nur? Hmm... „Weißt du, was das heute sollte?“ Yugi riss ihn direkt aus den Gedanken. Aber Yami wusste auch nicht, was dieses Treffen wohl zu bezwecken versuchte. Muyaki war ihm ein Rätsel. Andererseits... „Immerhin habe ich erstmals Hoffnung, mehr zu erfahren, als Ishizu mir je erzählen konnte. Lass uns also nach Hause gehen.“ Kapitel 11: Das Geständnis -------------------------- Marik kam überpünktlich und aufgeregt beim Psychiater an. Was unter anderem daran lag, dass sein anderes Ich Malik wild darauf war, wieder herzukommen. Spätestens seitdem herausgekommen war, dass sein Yami auf den Pharao abflog und er selbst an Bakura interessiert war, war Malik begierig auf das Treffen. Marik befürchtete Schlimmes, wann immer sein Yami nämlich gut gelaunt war, bedeutete dies in der einen oder anderen Form etwas Furchtbares. Wenigstens war er sich ziemlich sicher, dass sein Yami keinen Massenmord begangen hatte, sonst wüsste er es (Malik hätte dafür ja auch seinen Körper benutzen müssen). Sein Motorrad parkte er vor der Praxis und wartete auf Ryou, bzw. auf Bakura. Muyaki hatte ihm nahe gelegt, sich selbst seine Gefühle einzustehen, und ihm geraten, diese auch offenzulegen. Er sollte es einfach versuchen, was gar nicht so leicht war. Sicher, ab und an hatte er versucht, Bakura zu verführen, aber Bakura und Ryou zu trennen war nicht leicht. Wenn er also diesen Schritt wagte, riskierte er sowohl den Kontakt zu Ryou, den er als sehr guten Freund betrachtete, als auch zu Bakura zu verlieren. Ihm war es sehr wichtig, in Yugis Clique zu sein, auch wenn er aus arbeitstechnischen Gründen nicht immer mit ihnen abhängen konnte. Doch sie akzeptierten ihn, trotz Malik, trotz allem, was vorher abgelaufen war. Wenn er keine Kraft mehr besaß, um seine Organisation abzuwickeln und in etwas umzuwandeln was die Welt bereicherte, hatte man immer Zeit für ihn. Apropos die Ghoule... im Nachhinein fragte er sich wirklich, wer oder was ihn gestochen hatte, so ein komplexes Konstrukt zu erdenken. Die Ghoule vom Battle-City-Turnier waren ja nur die Spitze seines Syndikates. Praktisch die Elite seines ausführenden Organs, welches die ganz seltenen Karten 'besorgt' hatte. Dann gab es aber noch Karten- und Spieleshops, die von seiner Organisation weltweit betrieben wurden, Auftragsvermittler, Kontaktpersonen, Auktionsbörsen und natürlich noch die restlichen Ghoule. Das Geschäft lief immer noch, das ganze Syndikat war von ihm dermaßen aufgebaut, dass er sich faktisch gar nicht mehr darum kümmern musste. An sich ein gutes System, wenn es nicht ein mieses Geschäft wäre, mit dem Geld auf seinen Konten landete. Die waren sowieso ein weiteres Problem, er besaß Konten in allen möglichen Ländern unter verschiedensten Decknamen und Scheinfirmen. Bis vor zwei Wochen hatte er nicht einmal im Ansatz einen Überblick über das Vermögen gehabt, das er besaß. Um ehrlich zu sein, war er nicht einmal heute sicher, ob es nicht doch noch ein paar Konten gab, von denen er noch nichts wusste. Die hatte er in seinem Verfolgungswahn dermaßen gut versteckt, dass er sie nun selbst kaum wiederfand. Yugi und Co. ahnten ja nicht, dass er es bis heute nicht geschafft hatte, die Aktivitäten seines Syndikates in Europa, Amerika und Afrika zu beenden. Allein in Asien und Australien war es ihm gelungen, das illegale Geschäft zu schließen. Seine Gameshops liefen weiterhin, ebenso die Auktionshäuser, aber es wurde nur noch versteigert, was ehrlich erworben worden war. Ehrlich gesagt freute er sich selbst auch schon auf nächste Woche, wenn er wieder einen Einzeltermin hatte. Es tat wirklich gut zu sprechen, seine Probleme zu teilen. Mit der Clique ging das nicht, sie dachten, er hätte alles hinter sich gelassen, und so sollte es auch bleiben. Doch er schweifte vom Thema ab. Hier ging es um Ryou und Bakura. Ryou war Teil der Clique, während Bakura nicht so viel von ihr hielt. Wenn er also Bakura seine Gefühle gestand, riskierte er einen Bruch mit Ryou und mit der Clique! Sicher, es könnte sein, dass er sich vollkommen umsonst sorgte, aber alleine beim Gedanken, dass Yugi, Jonouchi oder Honda anfingen, ihn zu meiden... Das überlebte er nicht. „Jetzt krieg dich wieder ein, ständig am Sorgen und Grübeln! Du warst mal so schön sadistisch und skrupellos, wenn dir jemand nicht passte, hast du ihn einfach beiseite geworfen. Sei mal wieder ein bisschen wie ich!“ Ah ja... stimmte ja, er war nicht alleine hier und wartete auf Ryou bzw. Bakura. Malik war auch noch da und saß ihm im Nacken. Buchstäblich, die Geistform seines Yamis schaute ihm nämlich über die Schulter. Aber er wusste schon, wie er seinen Yami wieder auf den Boden zurück brachte. „Aha, du meinst also, ich soll auch vor Schreck kreischen wie ein Mädchen, wenn Fury sich einen Huf verstaucht?“ Oh Maliks Gesicht war einfach göttlich, hätte er gerade die Kontrolle über den Körper wäre er gewiss rot angelaufen. „Das... das war Flicka, du gefühlloses Arschloch!“ Marik kam sich gerade vor wie in einer verkehrten Welt. „Das sagt der Liebhaber von Texas Chainsaw Massacre...“ Mal ganz im Ernst, ein Film, in dem es darum ging, Jugendliche zu jagen und mit einer Kettensäge zu töten, war einfach... krank! Aber wie immer hatte Malik da seine ganz eigene Sicht. „Ach, das ist ja nur, weil du den Witz hinter dem Film nicht verstehst! Die haben das verdient... ach, vergiss es einfach!“ Marik bekam wieder Kopfschmerzen. Trotz Erklärung ging es einfach nicht in seinen Kopf, wie man so zwiegespalten sein konnte. Ach ja, für die, die es nicht wussten, Flicka war Maliks neuste Entdeckung. Eine ebenso alte TV-Serie in der Art von Fury und basierend auf einem noch älteren Buch, das Malik sich natürlich auch besorgt hatte, zweimal! Aus zwei Antiquitätengeschäften in japanischer Übersetzung und von einem Händler in Amerika in Originalsprache. Zum Glück musste er sich nicht länger alleine mit seinem Yami herumärgern, denn Ryou tauchte nach der nächsten Ecke auf in Begleitung von Yugi. Hach, Mariks Herz fühlte sich gleich etwas freier, Ryou war zwar nicht das Objekt seiner Begierde, aber er sah hinter Ryou immer auch Bakura hindurch scheinen. Ryou war sich dessen sicher nicht bewusst, aber er schritt genauso majestätisch durch die Welt wie sein Yami. Mit einem Lächeln auf den Lippen ging er den beiden Neuankömmlingen entgegen, nur um festzustellen, das seine linke Hand eine Tüte aus dem kleinen Kofferraum seiner Maschine geholt hatte und diese nun unterm Arm trug. „Das ist meins, und bevor zu meckerst, ich habe das Stilett und die Wurfsterne zu Hause gelassen!“ Soso... fragte sich natürlich nur, was es dann sein konnte. Er erforschte sicherheitshalber einmal kurz Maliks Geist, um sich zu vergewissern, dass wirklich nichts Gefährliches darin versteckt war, was allerdings einen bösen Protest seines Yamis zur Folge hatte. „Hey! Noch nie was von Privatsphäre gehört?!“ Malik verbarg zwar erfolgreich, was es war, aber Marik fand heraus, dass es wirklich nichts Gefährliches war. „Hi Marik, schön, dass du es wieder geschafft hast.“ freute sich Ryou ihn zu sehen, wobei er einmal hoffte, dass es Bakura auch so ging. „Ach, das geht schon, Malik nervt zwar schon den ganzen Tag, aber jetzt, wo wir hier sind, hat er sich beruhigt, ähm... wieso seht ihr denn so verschwörerisch aus?“ Marik hatte angefangen, locker zu sprechen, aber bei den Blicken, die sich Ryou und Yugi zuwarfen, musste man skeptisch werden. Ryou schaute inzwischen nochmal fragend zu Yugi, der daraufhin nickte. Kurz darauf fing Ryou an zu erzählen. „Du weißt es noch nicht, aber am Mittwoch hat der Psychologe Yugi zu sich bestellt und mit ihm und Yami gesprochen.“ Oh... so wie Ryou das sagte, klang das wie eine furchtbare Mitteilung. War wohl besser, er behielt seinen Termin am Dienstag für sich. Zunächst aber gab sich Marik ganz locker, auch wenn ihm gerade die Panik in die Glieder fuhr. „Das alleine ist doch nicht schlimm, oder?“ Hoffentlich sah man seinen leicht flehenden Blick nicht. „Natürlich nicht!“ bestärkte Ryou ihn, was einen Stein von Mariks Herzen herunterfallen ließ. „Es ist nur so“, nahm Yugi den Bericht wieder auf. „Er hat zum Schluss hauptsächlich mit Yami gesprochen und da wurde es richtig seltsam.“ „Seltsam?“ Mariks Herz schlug wieder ein bisschen heftiger, erst recht, da er Muyaki inzwischen ganz gut fand. Die Antwort schlug ihn aus den Latschen. „Ganz einfach, er hat ständig von Beziehungen gesprochen. An was oder wem Yami interessiert sein könnte... es kamen so einige Andeutungen...“ Marik bekam genau jetzt einen Herzinfarkt. Hatte Muyaki etwa verraten, dass sein Yami auf den Pharao stand? Das war sowas von eine Verletzung des Schweigegelübdes! Dem würde er noch was erzählen, aber wie schon zuvor kam es ganz anders. „Wir glauben, es hat was mit Bakuras Aggression zu tun. Yami findet es zwar unwahrscheinlich, aber es klang so, als wenn er und Bakura mal zusammen waren in der ein oder anderen Weise.“ Diese Information brachte natürlich Malik auf den Plan. „Was? Stimmt das? Marik! Das musst du in Erfahrung bringen!“ Marik musste schwer einatmen um den Stress, den sein Yami gerade in seinen Adrenalinspiegel pumpte, zu kompensieren. Das ging aber ganz leicht, da er selbst erleichtert darüber war, dass der Psychiater eben nichts weitergeleitet hatte. Vermutlich hatte er Malik sogar einen Gefallen tun wollen, um seine Chancen auszuloten. Abgesehen davon setzte auch gleich Ryou den Bericht mit besorgter Miene fort. „Ich habe Bakura darauf angesprochen, und er ist vollkommen ausgerastet!“ „Wundert dich das etwa? Ich meine, wir wissen ja alle, wie er auf den Pharao zu sprechen ist.“ Ryou schüttelte sofort den Kopf, was Marik ein wenig beunruhigte. „Das ist es nicht. Es ist die Art, wie er sich aufregt. Es gibt einen Unterschied, ob sich jemand aufregt, weil er sich über eine Lüge aufregt, oder über eine Wahrheit, die er nur nicht wahrhaben will.“ „Und du glaubst, dass es letzteres ist?“ fragte Marik, womit er Maliks Wunsch vorbeugte, dessen Geist drängte nämlich neugierig gegen den von Marik. Völlig unnötig, denn Marik war seinerseits auch sehr interessiert, ob es der Wahrheit entsprach. Ryou nickte ernst als Antwort. „Genau so ist es. Er regt sich schon zu sehr auf, es ist wirklich extrem schlimm. Wenn es eine Lüge wäre, dann würde er laut darüber lachen. Aber er hat stattdessen ganz anders reagiert. So richtig eingeschnappt... Er beharrt auch jetzt gerade darauf, dass diese Vermutung totaler Schwachsinn ist. Aber da er auch keinen anderen Grund angeben will... au!“ Ahja... das kannte Marik, Bakura brüllte Ryou wahrscheinlich gerade an, so dass diesem die Ohren schmerzten, da konnte man nicht mehr weiter sprechen. Da Ryou nun mit Bakura zu sprechen schien (Marik beneidete ihn wirklich für die Fähigkeit, das tun zu können ohne zu reden), widmete Yugi sich ganz ihm. „Marik, du bist von uns allen der Experte, was Yami, also den Pharao, betrifft. Was hältst du davon? Ich meine, glaubst du, da könnte wirklich etwas gewesen sein? Ist vielleicht irgendwas vom Pharao überliefert?“ Oha, Marik musste beinahe lachen. Sicher, die Ägypter hatten gut darauf acht gegeben, ihre Geschichte lückenlos zu halten, aber erstens war der Name dieses Pharaos extrem penibel ausradiert worden, so dass selbst die Grabwächter nur wussten, dass er existiert, und zweitens wurde die Anzahl und Art der Liebschaften des Pharaos meistens nicht für wichtig genug erachtet, als dass dies festgehalten werden musste. Entsprechend musste er Yugi enttäuschen. „Tut mir Leid. Ich kann ja mal Ishizu fragen, aber ich glaube nicht, dass darüber etwas festgehalten wurde. Selbst mein Clan kennt kaum den genauen Geschichtsverlauf des Pharaos, da ist es unwahrscheinlich, dass solche Details irgendwo niedergeschrieben stehen. Ich rate aber auch dazu, nicht zu viel in so etwas hinein zu interpretieren. Da wir nicht wissen, was damals geschehen ist, können wir auch nicht nachvollziehen, was in Bakura vor sich geht.“ Augenblicklich stockte Ryou, er brach seine Diskussion ab und schaute kurz irritiert zu Marik. „Okay... Bakura findet, dass du vollkommen Recht hast, leider hab ich nicht ganz mitbekommen, was du gesagt hast, aber er meint, dass wenigstens du ihn verstehst... und dass er Yami höchstens anfassen würde, um ihn... nein, das sage ich nicht, Bakura! Er wollte mich wieder austricksen, was Brutales zu sagen.“ Ryous Schmollmund brachte Marik zum Lachen. „So ist er halt, sei froh, im Vergleich zu Malik ist er noch gesittet.“ Was stimmte, manchmal fragte sich Marik, wo sein Yami nur seinen Wortschatz her hatte. Zudem empfand Marik ein unglaubliches Hochgefühl, da er Bakura den Rücken gestärkt hatte. Dummerweise suchte sich sein Yami diesen Zeitpunkt aus, um seine Freude zu dämpfen. „Bilde dir nichts ein, nur weil er dir recht gibt, heißt das noch nicht, dass er auf dich steht! Und jetzt geht endlich rein!“ So typisch! Immer dachte er nur an sich! Yugi war übrigens noch nicht überzeugt, dass nicht doch etwas an der Sache dran war, bzw. es war Yami, der an Bakura zweifelte. Vermutlich wollte er Bakura dazu provozieren, ihm doch zu erzählen, was damals geschehen war. Dabei sollte er doch wissen, dass Bakura für solche Manöver viel zu clever war. Anfangs hatte Marik Bakura für dumm gehalten, aber im Nachhinein fragte er sich, ob er Bakura wirklich hatte manipulieren können oder ob nicht er es gewesen war, der sich hat einspannen lassen. Bakura musste geahnt haben, dass er niemals vorgehabt hatte, den Stab heraus zu rücken. Jetzt schweifte er aber ab, sie sollten sich lieber dem Psychiater widmen. Das taten sie dann auch, wobei Malik sich merkwürdigerweise äußerst zurückhaltend verhielt. Normalerweise war er anders, insbesondere, da ja jetzt 'eigentlich' seine Sendung lief. Wie letzte Woche wurden sie bereits erwartet. Muyaki begrüßte sie direkt im Sitzungsraum und gab ihnen allen die Hand. „Herzlich willkommen, ihr drei, ich habe euch bereits erwartet. Heute wird ein harter Tag, daher würde ich euch gerne bitten, wieder den Yamis die Kontrolle zu überlassen. Eventuell wird es nötig, dass später wieder einzeln gewechselt werden muss, das machen wir dann nach Bedarf.“ Marik überließ erneut nur ungern seinem Yami die Kontrolle über den Körper, aber er war ja kooperativ. Sein Yami war ganz hibbelig, was wiederum sehr verdächtig war. „Na komm, lass mich raus!“ säuselte Malik ihm ins Ohr. Marik tröstete sich damit, dass er keine bösen Absichten bei seinem Yami spürte. Also leuchteten die drei Gegenstände auf und Marik sah sich selbst über die Schulter. Hach und dann stand da Bakura, in all seiner Pracht und Herrlichkeit, er war zum Anbeten! Dann aber geschah etwas vollkommen Unerwartetes. Statt sich nämlich zu setzen, fing Malik an, breit zu lächeln und öffnete die Tüte, die er mitgebracht hatte. „Bevor Sie uns jetzt zuquatschen, hätte ich noch etwas zu sagen. Da ich wegen Ihnen auch heute Fury verpasse, denke ich, dass Sie mir das schulden.“ Marik stöhnte innerlich auf und verdrehte die Augen. „Du hast ja nur die gesamte DVD-Collection!“ kommentierte er, aber Malik ließ sich nicht beirren. Muyaki war übrigens sichtlich überrascht, dass Malik etwas zu sagen hatte, kein Wunder, normalerweise hatte der ja auch keine Lust, sich zu offenbaren. Wohl gerade deshalb ließ er Mariks Yami gewähren. „Sicher, wir sind schließlich hier, um die Kommunikation zwischen Ihnen allen zu fördern.“ Uh, war das ein Seitenhieb? Marik fühlte sich leicht auf den Schlips getreten, war er es schließlich, dem erklärt worden war, dass er Bakura seine Gefühle offenbaren sollte. Malik atmete tief durch und plötzlich spürte Marik, wie nervös sein Yami gerade war. JETZT machte sich Marik wirklich Sorgen. Malik war nicht der Typ, der sich Sorgen machte, was bedeutete, dass man sich auf das Schlimmste gefasst machen musste. Nachdem sich Malik noch einmal gesammelt hatte, wandte er sich dem Pharao zu. „Vermutlich schreit mir mein nutzloser Hikari gleich die Ohren ab, aber er hatte ein interessantes Gespräch mit dem Psychoheini. Der hat ihm gesagt, er solle seine Gefühlswelt offen legen...“ Marik konnte es kaum glauben. Sein eigener Yami fing an, aus dem Nähkästchen zu plaudern und verriet als nächstes wahrscheinlich auch noch, dass er in Bakura verliebt war. Das konnte er nicht zulassen, also sammelte er schnell all seine Kraft und startete einen Frontalangriff auf Maliks Kontrolle. „Untersteh dich, auch nur ein weiteres Wort zu sagen!!!“ Malik zuckte zusammen, dennoch schaffte Marik es nicht, seinen Yami aus dem Körper zu vertreiben, der wehrte sich verbissen wie schon seit Monaten nicht mehr. „Uhh... hab wohl zu viel gesagt... Ich komm also gleich auf den Punkt. Ich habe lange darüber nachgedacht, was er gesagt hat, und ich finde, dass er Recht hat. Und anders als Marik, das Weichei, habe ich den Mut, das zu tun, wovor er Angst hat.“ Nein, nein, nein, nein, nein!!! Mariks Welt ging unter! Sein Yami ruinierte gerade erneut sein Leben! Marik griff verzweifelt noch einmal nach der Kontrolle, Malik schmetterte ihn jedoch mithilfe des Stabes ab. Er konnte nichts tun, um die Katastrophe zu verhindern. „Bitte... du darfst das auf keinen Fall weitererzählen. Wir können auch gerne deine Fernsehzeiten neu verhandeln... Nur ich flehe dich an, ruiniere....“ „Marik, halt endlich die Klappe, es geht nicht um dich, sondern um mich! Sorry, störender Hikari. Was ich eigentlich sagen wollte, Pharao...“ Malik kniete sich theatralisch vor dem Pharao hin, wie es sonst immer Odion getan hatte. Zudem nahm seine Stimme einen ganz romantischen Tonfall an, den Marik aus dem Munde seines Yamis einfach nur gruselig fand. „Ich weiß, dass ich versucht habe, deine Freunde zu töten, ihren Geist zu vernichten und ihre Seele zu quälen, während ich dich im Anschluss töten wollte, aber das ist Vergangenheit. Ich möchte, dass du weißt, dass ich dich immer bewundert habe, während Marik dich hat beschatten lassen. Ich sehnte stets die Berichte herbei und habe zugehört, als er sie las. Tief in meinem Herzen wusste ich da bereits, dass wir füreinander bestimmt sind. Insbesondere, wie du diesem Mörder das Feuerzeug auf den Handrücken gestellt hast, während er sich Hochprozentigen eingoss, so dass er hilflos festsaß und elendig abfackelte, war ein solcher Akt der Bosheit, dass ich heute noch davon träume. Ich bewundere dich aus meinem tiefsten Herzen, und daher möchte ich dir folgendes sagen: Ich liebe dich! Aus den tiefsten Untiefen meiner sadistischen Seele, verehre ich dich, Pharao. Ich weiß, es ist zu früh, dich darum zu bitten, an meiner Seite eine tyrannische Herrschaft der Willkür zu errichten, vor allem, da du mir momentan noch viel zu anständig bist. Dennoch will ich dich besser kennenlernen, und genau deswegen habe ich dir auch etwas mitgebracht.“ Malik holte aus der Tüte nun seine Gaben hervor und hielt sie Yami wie eine Opfergabe hin. „Hier, dies sind meine beiden Lieblingsfilmreihen und ein Buch, das ich sehr gerne lese. Leider kann ich dir nicht mein Tagebuch geben, da Marik mich keines schreiben lässt, aber das werde ich ändern. Wie auch immer... nimm bitte meine Gabe an!“ Marik war fassungslos, nicht nur weil Malik gerade mit schnulziger Stimme etwas vollkommen Unpassendes von sich gegeben hatte, sondern auch, weil sein Yami diesen Schritt gegangen war. Über die beiden Filme wunderte er sich indes nicht. Das Buch war wie zu erwarten die Geschichte von Flicka, die beiden DVD-Boxen indessen waren die erste Staffel von Fury und die gesamte Saw-Filmreihe. Zunächst herrschte absolute Stille, alle waren geschockt oder schlicht überrascht, bis auf einen... Marik sah mit halb blutendem Herzen, dass Bakura dermaßen finster drein schaute, dass man meinen konnte, er plante gerade einen Königsmord. Kapitel 12: Neid und Missgunst ------------------------------ Zu sagen, Yami wäre geschockt, war eine maßlose Untertreibung. Er war vollkommen überrollt, plattgemacht, erledigt! Der schlimmste Move, den man je in einem Schattenspiel gegen ihn ausgespielt hatte, war ein nichts gegen das, was Malik ihm gerade gestand. Er wusste eigentlich ja immer, was zu tun war, wenn er einem Problem gegenüber stand, aber dieses Mal fühlte er sich doch ein klein wenig überfordert, was übrigens auch der Grund war, warum er minutenlang einfach da stand und nichts sagte. Zunächst dachte er, dies sei eine Art Trick, insbesondere, weil er eine große Gefahr spürte. Es würde zu Malik passen, ein paar vergiftete Reißzwecken unter einem Geschenk anzubringen und einem dann mit einem Dolch die Kehle aufzuschneiden... andererseits hatte Marik seinen Yami inzwischen relativ gut unter Kontrolle. Obendrein bemerkte er schnell, dass die Gefahr nicht von Malik, sondern von Bakura herrührte. Das an sich war nicht verwunderlich, bei Bakura musste man stets vorsichtig sein. Doch Bakuras übliche Pläne waren undurchschaubar, selbst für Yami. Diesmal wusste er aber genau, was dieser plante... zumindest, wenn man dem Knurren und dem tödlichen Blick Glauben schenken konnte, beinhaltete Bakuras Plan einen brutalen Überfall und mehrere scharfe Gegenstände. Yami nahm sich entsprechend vor, Situationen zu vermeiden, in denen er Bakura begegnen konnte. Das half ihm in Bezug auf Malik allerdings auch nicht weiter. Was sollte er nun machen? Malik wollte etwas von ihm! Er wollte ein... eine tyrannische Herrschaft mit ihm errichten?! Okay, er hatte inzwischen erfahren, dass er einst der Pharao Ägyptens gewesen war, einem Großreich am Mittelmeer, vermutlich einem der reichsten Länder der damaligen Zeit, aber nichts lag ihm ferner, als ein Tyrann zu sein! Die Situation war einfach zu bizarr... man musste sich das einmal vorstellen. Vor nicht einmal einem halben Jahr hatte dieser Typ versucht, sie alle umzubringen! Er hatte Mai in einen Albtraum verbannt, Ryou und Bakura verschwinden lassen und Yugi während ihres Duells gefoltert! Und so jemand gestand ihm seine Liebe? Yami fand es ja schon schwer, mit Anzu umzugehen, die ja ebenfalls in ihn verliebt war, und nun das! „Yugi... ich bräuchte da mal etwas Hilfe!“ bat er schließlich seinen Hikari, von dem er sich einen Hinweis erhoffte. Der war allerdings auch nicht wirklich auf der Höhe, kein Wunder... Aber nach einer Weile antwortete er und es sprach der typische Japaner aus ihm. „Nun... zuerst musst du sein Geschenk annehmen, alles andere wäre unhöflich. Und dann... dann sehen wir weiter... Vielleicht fängt er ja gleich an zu lachen?“ Das wünschte sich Yami auch, das ganze MUSSTE einfach ein böser Scherz sein. Normalerweise hoffte man ja nicht, das Opfer einer Verarsche zu werden (um es mal direkt auszudrücken), aber das hier war die Ausnahmesituation. Kurz sammelte Yami sich, dann nahm er das Geschenk an... natürlich vorsichtig! Nur um sicher zu gehen, dass nicht doch vergiftete Reißzwecken daran angebracht waren. Kaum hatte er die 'Gabe' angenommen und überprüft, sprang Malik auf wie ein überglückliches Kleinkind. „Danke Pharao! Du wirst es nicht bereuen! Lass dir Zeit, beim ersten Date können wir uns dann immer noch austauschen. So, das war's schon. Und, sind Sie stolz auf den Mutigen von uns beiden?“ Malik strahlte über das ganze Gesicht, als er sich kurz dem sprachlosen Psychiater zu wandte, das war... gruselig, denn der Kerl lachte sonst nur bei... nun ja... inzwischen kannte man ihn ja. Aber... was meinte er mit 'von uns beiden'? Yami wurde gerade echt nicht aus ihm schlau. Einen kurzen Moment herrschte eine sehr unangenehme Stille, bis sich der Psychiater wieder gefangen hatte. „Ja... das haben Sie wirklich sehr gut gemacht. Ähm... nun, wenn wir dann einmal ins Gesprächszimmer umziehen könnten...“ kaum hatte der Psychiater das ausgesprochen, geschah das Unglaubliche. Yami konnte gerade noch rechtzeitig reagieren und den Schlag abmildern. Dennoch schleuderte ihn die Druckwelle des Millenium Ringes gegen die nächste Wand und Yami war umgeben von strahlendem Licht. Bakuras Macht war stärker als sonst, entsprechend schwierig war es, sich mit dem Puzzle dagegen zu stemmen. Und kaum hatte er es geschafft, sah er nur noch eine Faust auf sich zufliegen. Yami duckte sich gerade so rechtzeitig weg und ließ sich seitlich wegrollen, wobei er einen kleinen Beistelltisch, auf dem sich irgendeine Pflanze befand, zertrümmerte. Bakuras Faust traf auf Gipskarton und verschaffte den Anwesenden einen Einblick in das Innenleben einer Leichtbauwand. „Sag mal spinnst du? Was soll das?“ verlangte er zu erfahren, aber scheinbar war Bakura nicht geneigt, seine berechtigte Frage zu beantworten. Stattdessen flüchtete er sich wieder einmal in seine typischen Gegenantworten. „Das weißt du ganz genau, Pharao! Doch jetzt reicht's! Wissentlich oder nicht, ich erlaube nicht, dass du mir noch mehr wegnimmst, als du es ohnehin schon getan hast!“ Bei diesen Worten leuchtete erneut der Ring auf, dieses Mal aber endete es in keinem weiteren Angriff, stattdessen wurde das Leuchten schwarz, so als wenn es zu einer nebelartigen Masse wurde, ähnlich der Schattensphäre, die immer entstand, wenn man ein Schattenspiel erschuf. Es schlängelte sich um Bakuras Schulter, seinen rechten Arm hinab und manifestierte sich in einer finsteren Klinge. Yami wich sicherheitshalber zurück. Als Bakura angriff, blieb Yami erneut nur das Ausweichen als Option. Aber für einen kleinen Augenblick meinte er, dass der Nebel seiner Erinnerung sich lichtete. Er sah eine brennende Stadt bei Nacht. Der Himmel zeigte nicht einen einzigen Stern, so als herrschte absolute Finsternis. Er spürte den Sand in seinen Sandalen und die Panik, die ihn auf dem Pferderücken erfasste. Rauch erhob sich aus allen Ecken, Schreie erklangen, die Menschen flohen. Irgendetwas verfolgte sie, dann sah er es. Aus den Flammen löste sich eine Gestalt, ein Mann mit weißen Haaren und rotem Mantel trat hervor, ein blutiges Schwert in der Hand, umhüllt von finsteren Schlieren. Als sei das noch nicht schlimm genug, erkannte Yami den leuchtenden Millenniumsring, aus dem ein Monster zu erwachsen schien, das es in Größe und Gestalt ohne Probleme mit Obelisk hätte aufnehmen können. Yami entging dem Angriff wieder nur knapp, irgendetwas aber wurde von der Finsternis zerschnitten. Dabei war das physikalisch gar nicht möglich! Selbst ein Schattenspiel war und blieb ein Spiel mit den Schatten. Er hatte schon sehr oft Illusionen eingesetzt, um den Geist eines Verbrechers in den Wahnsinn zu treiben, aber dass eine Illusion einen ganzen Schrank in zwei Hälften schnitt war einfach lächerlich! Yami bekam keine Zeit, um die Situation zu analysieren, Bakura setzte ihm nach und schwang dabei immer wieder seine seltsame Waffe. Yugi dachte kurz an etwas, das sich in einem seiner Videospiele Soul Reaver nannte, eine geisterartige Klinge oder so, aber Yami konnte sich nicht darauf konzentrieren. Doch während er auswich, löste sich Bakuras Zunge. „Fliehen... ist wirklich... alles was du kannst!“ zischte er zwischen seinen Schlägen. Das ließ sich Yami nicht gefallen, er griff nach irgendetwas, um es als Waffe zu benutzen. Er stellte sich also der Schattenklinge mit einer Lampe, die er von einem anderen Tisch runter riss. Er musste wohl nicht erwähnen, das sie der Klinge nicht viel Widerstand leisten konnte. Bakura jagte ihn durch das ganze Vorzimmer und zerschnitt alles, was sich ihm in den Weg stellte. Dabei versuchte Yami alles, um sich Zeit zu verschaffen. Zum Beispiel bewarf er Bakura sowohl mit sämtlichen Zeitschriften, die er hier fand, als auch mit Vasen, Kirschblütenbildern, Stiften (mit denen er es beinahe schaffte, Bakuras Augen zu verletzen) und sah sich zum Schluss gezwungen, den Holztisch nach Bakura zu werfen. Der schaffte es dann auch, Bakura aufzuhalten, da seine Klinge zwar den Tisch zerteilen, aber nicht verhindern konnte, dass der Rest gegen seinen Körper prallte. Einen Moment hoffte Yami, dass er Bakura (zumindest für den Moment) niedergeschlagen hatte, aber wie in einem dieser beschissenen Mainstream Movies stand der Typ sofort wieder auf! Okay, Fernkampf war keine Option, aber Yami hatte erstmals ein paar Momente zum Nachdenken gewonnen. Bakura besaß eine Klinge als Verlängerung seines Armes. Die Klinge war etwa so lang, das sie den Boden berührte, wenn Bakura den Arm hängen ließ. Yami konnte Bakura nicht auf Abstand halten, also gab es nur eine Möglichkeit, um gegen Bakura anzukommen. Der Nahkampf, da nütze eine lange Klinge nämlich nichts. Yami dachte nicht lange nach, noch ehe Bakura wieder aufstehen konnte, stürzte er sich auf Bakura, packte dessen Klingenarm und hielt diesen am Boden. Oder er versuchte es zumindest, er kam sich in etwa so vor, als ob er versuchte, einen Sturm zu bändigen. Er packte sich die beiden Handgelenke und presste diese mit aller Kraft zu Boden. Gleichzeitig versuchte er mit den Knien, Bakuras Beine auf den Untergrund zu drücken. Eine gute Entscheidung, wie sich herausstellte, da der verrückte Ringgeist sofort Anstalten machte, ihn von sich runter zu treten. „Jetzt krieg dich mal wieder ein! Ich will Ryous Körper nicht unnötig verletzten!“ versuchte Yami seinen Gegenspieler zu beruhigen, was nicht viel nützte. „Ich teile ihm deine Skrupel mit, nachdem ich dich zerschnitten habe, du Bastard!“ Was war mit Bakura nur los, dass er sich so aufführte? Der Weißhaarige schaute ihn hasserfüllt an, dann geschah es erneut, die Welt wandelte sich für einen Augenblick. Der Teppich wurde zu Sandstein, Bakuras Haare wurden kürzer und wechselten ihren Blaustich zu einem fliederfarbenen. Die Haut wurde dunkel, eine Narbe am rechten Auge und auch die Kleidung wandelte sich. Bakuras Oberkörper erschien in diesem Moment deutlich muskulöser, klar zu erkennen daran, dass seine Kleidung fast vollständig verschwand und nur einen kurzen weißen Rock übrig ließ. Ketten hielten die Arme gefangen und seinen Körper zierten die Striemen von Peitschenhieben, so viel vermochte Yami noch zu erkennen, dann brach die Vision in dem Moment zusammen, in der beide Bakuras (der reale und der in der Vision) ihm ins Gesicht spukten. Yami war für einen Moment zu irritiert um zu gewinnen, ein Moment der ihn beinahe das Leben gekostet hätte. Bakura konnte seine 'Klingenhand' befreien und holte aus, um Yami einen Kopf kürzer zu machen. Plötzlich erstarrte er inmitten seiner Bewegung, eingesperrt in einem kalten, gelblichen Leuchten. „Sag mal spinnst du total?!“ ertönte Maliks Stimme, seinen leuchtenden Stab wie eine Waffe auf Bakura haltend. Er half Yami auf die Beine und versicherte sich, ob es ihm gut ging, dann begann er ein wüstes Gespräch mit Bakura, doch das interessierte Yami nicht wirklich. Sein ganzer Verstand kreiste um einen einzigen Aspekt, den er eben erlebt hatte. Yugi war es auch aufgefallen. „Das waren deine Erinnerungen, du hast dich an etwas erinnert, nicht wahr?“ „Ja“, bestätigte Yami fasziniert. So lange schon hoffte er auf eine Erinnerung, ein Echo seiner Vergangenheit, und ausgerechnet heute wurde ihm eine gewährt. Nur zwei Bilder, aber das war mehr, als er in den letzten Jahren bekommen hatte. Sicher, Ishizu hatte ihm Szenen der Vergangenheit gezeigt, aber das war nicht dasselbe wie sich zu erinnern. Er versuchte, die Bilder zu ordnen. Einmal hatte er Bakura gesehen, offensichtlich, nachdem er etwas Furchtbares getan hatte. Ein blutiges Schwert, ein Monster vom Format eines Göttermonsters und eine brennende Stadt... seine Stadt, wurde Yami schlagartig klar. Bakura musste seine Stadt, die Stadt des Pharaos, angegriffen haben. Es passte zur Vision von Ishizu, die sie ihm im Museum gezeigt hatte. Bakura hatte seine Stadt also so zugerichtet. Erst danach musste Seto zu seinem Feind geworden sein. So gesehen verdiente Bakura das, was in der zweiten Vision angedeutet wurde. Bakuras Anfall hatte etwas Licht ins Dunkel seiner Erinnerungen gehaucht, plötzlich ergab vieles einen besseren Sinn. Doch noch reichte es nicht, um all seine Erinnerungen vom finsteren Nebel zu befreien zu bringen. Dazu musste er analysieren, wie die Visionen ausgelöst wurden. Das eine Mal war es eine Bedrohung gewesen, Bakura hatte diese Schattenklinge erschaffen, was eine Assoziation erweckt hatte. Dann beim Festnageln Bakuras auf den Boden... oh, wäre in den Visionen doch nur gesprochen worden! Tausend Fragen brannten auf Yamis Zunge, er musste einfach mehr erfahren! „Malik, lass ihn los.“ Der Angesprochene schrak regelrecht aus seinem Gespräch, an dem sich inzwischen auch dieser Psychiater beteiligt hatte. Yami hatte zwar nicht zugehört, aber das war ohnehin zweitrangig. „Pharao? Bist du irre?! Ich bin froh das ich ihn am Boden halten kann!“ Yami observierte kurz die Situation, Maliks Gesicht wirkte angestrengt, ebenso Bakuras. Beide Gegenstände leuchteten... offensichtlich versuchte sich Bakura zu befreien. Sollte er ruhig. „Lass ihn dennoch frei, er will sich mit mir messen, nicht mit dir.“ „Stop, bitte halte Ihn weiter unten, Malik“, mischte sich nun auch Muyaki ein. „Yami, ich halte dies nicht für förderlich, wenn Sie beide sich nun weiterhin schlagen. Bakura versucht, Sie umzubringen! Er muss sich jetzt erst einmal beruhigen, damit diese Sache ausdiskutiert werden kann.“ „Ich will mich nicht beruhigen und am allerwenigsten will ich diese Sache ausdiskutieren! Ich will den verdammten Bastard killen! Du nimmst mir nie wieder etwas weg, Pharao!!!“ Das Licht des Ringes wurde stärker und Bakura bäumte sich auf im Kampf gegen den Bann des Stabes. Yami konnte sehen, wie Malik der Schweiß ins Gesicht trat im Bemühen, Bakura weiter auf dem Boden zu belassen. Die beiden hatten Unrecht, es hatte keinen Sinn, Bakura in diesem Zustand festzuhalten. Er hatte sich niemals gebeugt, nicht einmal, als... ja... als was eigentlich? Yami war fasziniert, er wusste einfach, dass Bakura niemals aufgeben würde, beinahe war der Vorhang des Vergessens erneut durchbrochen worden. „Ähm... Yami... bist du sicher, dass es richtig ist, Bakura aufstehen zu lassen?“ Yugi erschien kurz neben ihm. Seine Frage war berechtigt, um ehrlich zu sein wusste Yami es nicht. „Er muss sich erst etwas austoben. Vertrau mir, ich bin stärker als er“, versicherte Yami seinem Hikari, obwohl er sich nicht wirklich sicher war. Bakuras Schattenklinge war nichts, was er je mit dem Puzzel vollbracht hatte, aber er war entschlossen, weitere Visionen zu provozieren. Er musste einfach mehr erfahren! „Lass ihn frei, Malik... so kannst du ihn nicht halten.“ „Ja, lass mich frei! Und ich beweise dir, dass ich viel grausamer bin als er!!!“ Grausamer? Yami fragte sich, was das mit all dem zu tun hatte. Leider kam er nicht mehr dazu zu fragen, Malik konnte seinen Bann auf Bakura schlicht nicht mehr halten und wurde durch eine Schockwelle, die vom Ring ausging, fortgeschleudert. Bakura sprang auf die Beine, seine Schattenklinge hinterließ dabei einen tiefen Schnitt im Boden. Er wollte ihn gerade anspringen, da hatte Yami schon reagiert. Er drängte Bakura in den Nahkampf, wo ihm die Klinge nichts nützte. Yami versuchte, die Klingenhand zu greifen, Bakura wich aus und zerschnitt die Wand. Yami musste um den anderen herumtanzen, um diesem keine Gelegenheit zu bieten, seine Klinge einzusetzen. Er kam dabei in viele gefährliche Situationen, doch nicht ein einziges Mal wurde die Welt durch eine Vision unterbrochen. So kam er definitiv nicht weiter. Bakura wurde zwar erschöpfter, aber Yami hatte so sehr gehofft, dass sich der Schleier des Vergessens noch ein weiteres Mal lichtete... Während er einem weiteren Schlag auswich, kam ihm dabei eine erneute Erleuchtung. Er benutzte den falschen Ansatz! Nicht der Kampf mit Bakura hatte die Visionen ausgelöst, sondern Bakuras Hass! Der musste sich nun irgendwie erschöpft haben, Yami wagte allerdings auch nicht, ihn erneut zu wecken, wie stand er denn sonst vor Yugi da? Ganz nebenbei bemerkte Yami ein Leuchten von der Seite, als er erneut einem Angriff Bakuras auswich, nur um genau in seine Faust hinein zu tanzen, die der Weißhaarige dieses Mal mitschwang. Wie konnte er... Scheiße! Dieses Ausweichmanöver hatte er genau so bereits benutzt! „Bakura, ich liebe dich!“ ertönte es von der Seite, es war Maliks Stimme. Bakura hielt inne, erstarrt, als hätte er in die Augen der Medusa gesehen. Und bot Yami eine Lücke so groß wie ein Berg! Also schlug er seinerseits so fest zu, wie er konnte. Er hoffte, Ryous Körper nicht den Kiefer zu brechen, dennoch musste es ausreichend stark sein, um Bakura ins Land der Träume zu schicken. Bakura erhielt einen Volltreffer und flog elegant zu Boden. Seine Schattenklinge verschwand dabei wieder im Ring. Der Kampf war vorbei, vorerst... Yami wandte sich zu Malik, der seinen Angriff erst ermöglicht hatte, nur um überrascht zu werden. Denn da stand nicht Malik, sondern Marik! Yami erinnerte sich an das Licht, Marik hatte in diesem Moment wieder die Kontrolle übernommen und Bakura hatte ihn bestimmt ebenfalls für Malik gehalten! Alles bekam langsam einen Sinn, Bakuras Stimmungstiefpunkt direkt nach Maliks Liebeserklärung... seine Starre nach Maliks scheinbarer Liebeserklärung an ihn. Es machte alles Sinn, pure Eifersucht hatte seinen Hass so sehr gesteigert, dass er zu einem Angriff verleitet worden war. „Und er hat den Schleier meiner Vergangenheit gelichtet“, dachte Yami nur für sich. Yugi sperrte er ausnahmsweise aus der Überlegung aus. „Geht es dir gut, Pharao?“ Marik war an ihn heran getreten, reichlich nervös, wie Yami fand. „Ja, danke für die Ablenkung. Aber sag... das meintest du ernst, nicht wahr?“ Mariks folgende Röte sagte alles. Yami spürte nun auch eine gewisse Anspannung von Yugis Seite aus, worüber er noch mit ihm sprechen sollte. Fürs Erste aber beruhigte er Marik. „Schon gut, ich befürchte nur, dass er an deinem 'anderen Ich' interessiert ist.“ Der wiederum an ihm, dem Pharao, interessiert war, was gewisse Möglichkeiten eröffnete... „Sag Malik, dass ich ihn anrufe zwecks eines Treffens.“ Yami wusste, dass er damit Bakuras Zorn wecken würde und damit die Chance, weitere Blicke in die Vergangenheit zu erhalten. „Herr Muyaki, ich glaube, wir sollten dieses Treffen hier erst einmal abbrechen. Es macht keinen Sinn, weiter zu machen, während einer von uns KO ist. Ich schlage vor, Marik nimmt Bakura erst einmal mit zu sich, da kann er sich beruhigen. Meinen Sie nicht auch, Herr Muyaki?“ Wie selbstverständlich kontrollierte Yami das Geschehen und natürlich stimmte der Psychiater ihm nach kurzem Zögern zu. ******** Ein paar Wochen nach Bakuras aggressivem Überfall nahm sich der Psychiater Muyaki nochmals die Akte Ryou Bakura vor, in der all seine Notizen und seine fachmännische Meinung niedergeschrieben war. Auf ein weiteres Dreiertreffen hatte er wohlweislich verzichtet, aber sein Terminplan war nun um insgesamt zwei, bzw. vier Personen reicher. Einzig Yami, der Geist des Puzzles bzw. der Pharao, befand, dass es keinen Grund gab, einen Psychiater aufzusuchen, um sich behandeln zu lassen. Eine Einstellung, der Muyaki keineswegs zustimmen konnte, erst recht nicht, wenn man bedachte, welch gefährliches Spiel der Yami spielte. Zugegeben, es war eine verzwickte Situation. Ryou liebte Marik, oder zumindest begehrte er ihn. Gestanden hatte er diese Gefühle dem blonden Ägypter jedoch noch nicht, aber Muyaki war diesbezüglich guter Dinge. Tja, wenn da nicht die Sache mit Bakura wäre. Dieser war von Malik, die andere Hälfte der gespaltenen Persönlichkeit Mariks, sehr angetan. In Kombination mit der Tatsache, dass Marik Bakura liebte, hätte er ausnahmsweise eine offene Viererbeziehung mit zwei Körpern empfohlen. Ja, wenn man es genau nahm, wäre das wohl die beste Lösung des Beziehungsproblems. In Folge dessen, da war sich Muyaki sicher, würde Bakura ruhiger werden und der Konflikt mit dem Geist des Puzzels sich abschwächen. Leider aber interessierte sich Malik kein Stück für Bakura und auch nicht für Ryou (was ja immer noch lösbar gewesen wäre). Stattdessen begehrte er besagten Pharao, der wiederum von Bakura abgrundtief gehasst wurde. Und im Gegensatz zu Marik, der sich ebenfalls noch nicht getraut hatte, seine Gefühle zu offenbaren, war dieser verrückte dunkle Teil von Mariks Persönlichkeit so mutig, eine Beziehung mit dem Pharao zu versuchen. Muyaki war sich ziemlich sicher, dass Yami kein wirkliches Interesse an einer Beziehung hatte, zumal Maliks romantischste Vorstellungen irgendwelche absolut perversen Gewaltfantasien beinhalteten. Allein wenn er daran dachte, dass Malik nach seinem ersten Date mit Yami einen Mann gefesselt und mit Benzin übergossen bereit gehalten hatte, um diesen zur Feier des Tages anzuzünden, um an dessen Feuer mit Yami ein erotisches Abenteuer zu erleben, wurde Muyaki ganz anders zumute. Aber eventuell sollte er positiv vermerken, dass Malik zu diesem Zweck einen gesuchten Verbrecher gejagt und gefangen hatte. Trotzdem gruselte es Muyaki vor Maliks Begeisterung. Jedenfalls war sich Muyaki sicher, dass es einen anderen Grund gab, warum Yami dieser seltsamen Beziehung eine Chance gab. Es musste etwas mit Bakura zu tun haben, der plante immer neue Überfälle auf Yami und versuchte sich mit großen Taten vor Malik zu profilieren. Nachdem er von Maliks 'Mitbringsel' beim ersten Date erfahren hatte, hatte er vier Schwerverbrecher aufgespürt und Malik zum Geschenk gemacht. Zum Glück hatte Ryou Schlimmeres verhindert. Anscheinend war ursprünglich geplant gewesen, die vier anzuzünden, um Malik scharf zu machen. Malik fand das wiederum zwar süß, war aber nicht interessiert. Am meisten zerbrach sich Muyaki jedoch darüber seinen Kopf, dass Yami Bakura inzwischen bewusst seine Beziehung mit Malik vor die Nase hielt. Bakura jedenfalls schwor, dass Yami dafür sorgte, dass er das Pärchen sehen konnte, wenn sie miteinander herum turtelten. Anfangs hatte Ryou dies ebenso wie Muyaki für bloßen Zufall gehalten, aber inzwischen neigte er genau wie Ryou dazu, dem Ringgeist zuzustimmen. Entnervt von diesem Gedanken lehnte sich Muyaki in seinem Stuhl zurück, um aufzustöhnen. Wie sollte man ein solches Beziehungswirrwar nur entwirren? Unmöglich! Und dann war da natürlich noch die sowieso vorhandene Feindschaft zwischen Bakura und Yami, über die der eine nicht redete und wovon der andere nichts wusste. Es war zum Haareraufen, er hatte als Psychiater ja schon viel erlebt, aber so etwas... Es war wohl Zeit, wieder Abstand zu diesen Patienten zu gewinnen, er konnte nur den Vieren, die noch Termine bei ihm wahrnahmen, beistehen und hoffen, dass sich alles zum Guten wendete. Doch wenn er ehrlich war, dann wusste er, dass dies gar nicht gut enden konnte. Muyaki schüttelte den Kopf und schloss die Akte wieder. Er konnte einfach nichts mehr tun, zumindest nicht, bis irgendjemand redete... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)