The day I die for you... von Nightprincess (...would be the day I will tell you the truth about my love for you.) ================================================================================ Kapitel 1: Der Tag, an dem ich für Dich sterbe... ------------------------------------------------- Autor: CarolPet Rating: PG-14 Pairing: findet es heraus *evilgrins* Warnings: wahrscheinlich OOCness, Death Anmerkung: Das ist meine allererste richtige Death-Fanfic und ich sag euch gleich, dass es zugleich meine Letzte sein wird, also fragt gar nicht erst, ob ich noch mal so was Deprimierendes schreibe, wird nämlich nicht passieren. Widmung: LumCheng, Dark-Unicorn, Rei17, naboru_narluin und allen Anderen, die meine FFs mögen. ~~~~~ Du darfst niemals erfahren, was ich wirklich über Dich denke, darfst nie erfahren, wie sehr ich Dich liebe. Tagein und tagaus sehe ich Dich an der Baustelle vorbeifahren, an der ich gerade arbeite. Straßenbauarbeiter war nie mein Traumberuf, aber er bringt gutes Geld ein und im Sommer wird man richtig braun, weil man hier ständig mit freiem Oberkörper arbeitet. Ich kann mich nicht beklagen, das Leben ist in Ordnung für mich, auch wenn ich mit 24 Jahren noch immer Single bin. Es ist nicht so, dass ich keine Angebote habe, von schönen Frauen, die eine Beziehung mit mir wollen, aber mehr als Sex ist nicht drin, weil mein Herz längst Dir gehört. Du weißt es nicht und sollst es auch nie erfahren, jedenfalls nicht bevor ich sterbe. Ich habe mir geschworen, dass ich Dir die Wahrheit erzähle, an dem Tag, an dem ich für Dich sterben werde und ich pflege meine Versprechen stets zu halten. Ich weiß immer wie es Dir geht, ich beobachte Dich. Du bist blass geworden in der letzten Zeit, Du siehst ziemlich gestresst aus. Bist Du krank? "Hey, mach hin, Alter, das muss heute noch fertig werden, damit morgen der Teer drauf kann!" Ich winke meinem Kollegen zu und mache mich erneut an die Arbeit die Straße wieder mit Sand zuzuschütten. Mit diesem riesigen Bagger hab ich mich schnell angefreundet, auch wenn es das erste Mal ist, dass ich auf einer Baustelle mit diesem Teil arbeiten darf. Mein Chef war so frei, mich dieses Mal als zweiten Vorarbeiter zu ernennen, ein großer Schritt für jemanden, der als einfacher Hilfsarbeiter ohne die richtige Ausbildung beim Straßenbau angefangen hat. Bei der Wahl meiner Jobs hatte ich in den letzten Jahren wirklich kein Glück und meine Ausbildung als Koch war auch für die Katz, nachdem ich plötzlich eine Kochsalzallergie bekam. Wer hätte jemals gedacht, dass ausgerechnet ich eine solche Allergie bekommen könnte? Ich lächle leicht und schaue kurz auf die Uhr. Noch zwei Stunden bis zur Mittagspause, zwei Stunden bis zu meinem Spezialessen. Hätte mir jemand vor ein paar Jahren erzählt, dass ich mal darauf achten müsste, was ich esse, hätte ich ihn sicher für irre erklärt und heute kann eine falsche Mahlzeit meinen Tod bedeuten. Welch eine Ironie. "Hey, kommst Du heute Abend wieder mit ins BlueHardHouse?" Ich schalte den Motor meines Baggers ab und starre auf meinen Kollegen hinab. "Sorry, Kumpel, kann heute nicht, hab ´ne Verabredung." Er grinst und zwinkert mir zu. "Was für eine ist es diesmal? Wieder ´ne Brünette?" Ich grinse leicht, schüttle allerdings den Kopf. "Nein, ´ne Blonde mit blauen Augen." Mein Kollege nickt. "Okay, dann wird es nächste Woche sicher eine Brünette, danach könnte man fast die Uhr stellen, Alter." Ich zucke mit den Schultern. "Kann nix dafür, ist halt ´ne blöde Angewohnheit von mir." Es erinnert mich zwar ständig an Dich, aber das ist mir egal. Wenn ich Dich nicht haben kann, muss ich mir halt das nehmen, was ich kriege. Du bist unerreichbar für mich. Ich weiß nicht einmal mehr, wann ich angefangen habe, Dich zu lieben. Ich weiß nur noch, wann ich das erste Mal einen Stich im Herzen spürte, als ich Dich mit jemand nderem sah. Nachts auf der Straße. Du gingst selten zu Fuß und doch warst Du an diesem Tag mit dieser einen Person unterwegs. An dem Tag habe ich mir geschworen, dass ich Dir verschweige, dass ich Dich liebe, damit Du glücklich werden kannst, ohne mich. Es ist egal, ob ich glücklich bin, mir genügt es, dass Du glücklich bist. Das bist Du doch, oder? Ich schüttle den Kopf und starte erneut den Motor meines Baggers. Ich hab eine Arbeit zu erledigen und keine Zeit über Dich nachzudenken. ~~~~ Fünfeinhalb Stunden später steh ich vor dem Spiegel im Schlafzimmer meiner kleinen Wohnung. Wieder ein Date mit einer hübschen Frau, wieder ein salzloses Dinner zu zweit in einem kleinen Restaurant und vielleicht wieder ein bisschen Sex zum Abschied. Reine Routine für mich und doch ständig immer etwas Besonderes, weil ich stets und ständig an Dich denken muss. Jedes Mal aufs Neue. Und jedes Mal schmerzt es mich ein wenig mehr, so dass ich mir jedes Mal schwöre, dass ich so etwas nie wieder tue und jedes Mal breche ich meinen eigenen Schwur, weil ich Angst vor dem Alleinsein habe und gleichzeitig Angst vor der Liebe. Einen Schwur habe ich allerdings noch niemals gebrochen, niemand weiß davon, dass ich Dich liebe und niemand wird je davon erfahren, nur Du, wenn ich für Dich sterbe. Ich weiß, dass es einen Haken an diesem Schwur gibt, denn Du wirst niemals erfahren, dass ich Dich liebe, wenn Du nicht da bist, wenn ich sterbe und es gibt noch etwas anderes, was mich an diesem Schwur verunsichert. Wenn ich wirklich für Dich sterbe und Dir mit meinem letzten Atemzug meine Liebe gestehe, dann werde ich nie erfahren, ob Du mich auch liebst oder mich auf ewig dafür hassen wirst. Aber vielleicht ist genau das ja der Grund für diesen Schwur. Wenn ich nicht Dein Leben retten kann, habe ich nicht das Recht, Dir die Wahrheit zu erzählen und wenn ich für Dich sterbe, sterbe ich glücklich und brauche keine Angst vor Deiner Zurückweisung haben. Ich will, dass Du glücklich wirst, selbst wenn es meinen Tod bedeuten sollte. Allerdings habe ich Angst davor, wie Du Dich fühlst, wenn ich sterbe und Dir bewusst wird, dass Du mich ebenfalls liebst. Was wird dann aus Deinem Glück, wenn ich nicht da bin, um Dich glücklich zu machen? Wirst Du auf ewig einsam bleiben und um mich trauern? Irgendwie hoffe ich, dass es niemals dazu kommt, dass ich niemals die Gelegenheit bekomme, für Dich zu sterben, so dass Du niemals erfährst, was ich Dir seit Jahren verschweige. Gleichzeitig wünsche ich mir, dass Du die Wahrheit kennst. Ich könnte Dir einfach sagen, dass ich Dich liebe, doch ist meine Angst vor Deiner Zurückweisung größer als mein Wunsch bei Dir zu sein. Wozu soll ich etwas aufs Spiel setzten, wenn ich nicht weiß, ob es sich für mich lohnt? Wozu soll ich kämpfen, wenn ich nicht weiß, ob ich gewinnen kann? Früher war es anders, früher hab ich auch aussichtslose Kämpfe bestritten, doch die Dinge ändern sich, Menschen ändern sich und so hab ich mich in den Jahren ebenfalls geändert. Ich seufze leise und werfe einen kurzen Blick in den Spiegel. Zeit für meine Verabredung, Zeit für ein bisschen Melancholie, Zeit für ein paar Träume, denn Träume sind das Einzige, was ich von Dir bekommen kann. ~~~~ Knapp zwei Stunden später weiß ich anhand der brennenden Ohrfeige, dass nicht jede Frau eine einfache Sexbeziehung oder ein One-Night-Stand sein will. Ich seufze leise und betrete eine einfache Bar in der Nähe meiner Wohnung. Wenn ich heute keinen Sex bekomme, kann ich mich ebenso gut betrinken. Das passiert zwar nicht allzu häufig, aber ab und zu halt schon. "Das Übliche?" Der Barkeeper kennt mich schon, er kennt meine Gewohnheiten, also nicke ich nur. "Mach ´nen Doppelten draus, mir ist heute danach." Er nickt und schenkt mir einen doppelten Whiskey ein. Ich greife nach dem Glas und schütte den Inhalt in einem Zug meine Kehle hinunter. Das Brennen ist wie eine Absolution, oder wie eine Strafe, weil ich zu feige bin, Dir die Wahrheit zu erzählen. Ich schüttle mich kurz und stell das Glas wieder auf den Bartresen. Mit einem Nicken gebe ich dem Barkeeper zu verstehen, dass ich noch ein Glas brauche. Heute muss ich trinken, um zu vergessen, dass ich Dich liebe. "Du solltest das nicht tun." Ich lächle leicht, gönne dem Barkeeper allerdings keinen weiteren Blick. "Ich weiß, mein Freund, ich weiß." "Geh nach Hause und schlaf Dich aus, morgen hast Du Deine Sorgen längst vergessen." Ich schüttle den Kopf, trinke das volle Glas leer, lege genügend Geld auf den Tresen und wende mich dem Ausgang zu. "Wenn ich wenigstens vergessen könnte!" Zwei doppelte Whiskey werden sicher nicht reichen, um meine Liebe zu Dir zu vergessen, aber es reicht, um zu träumen. Ich betrete die Straße, um auf die andere Straßenseite und zu meiner Wohnung zu kommen. Das Geräusch eines heranrasenden Autos lässt mich ruckartig erstarren. Wie in Zeitlupe drehe ich mich um und starre auf die Scheinwerfer, die immer näher kommen. Der Schrei einer Frau lässt mich aus der Erstarrung erwachen und ich springe mit einem beherzten Sprung auf die andere Straßenseite, bevor das Auto hinter mir vorbeirast, ohne sein Tempo zu verlangsamen. "Alles in Ordnung, junger Mann?" Ich blinzle verwirrt und starre dem schwarzen Wagen hinterher, irgendwie habe ich gerade ein ziemlich merkwürdiges Gefühl, denn das Auto habe ich gestern in der Innenstadt gesehen, obwohl dort eigentlich Parkverbot ist. Warum hat es der Wagen jetzt so verdammt eilig aus der Innenstadt wieder wegzukommen, noch dazu mitten in der Nacht? Und warum hatte der keine Nummernschilder? "Junger Mann?" Ich blinzle erneut und starre dann in zwei besorgte graublaue Augen, die einer älteren Dame aus meiner Nachbarschaft gehören. "Mir geht es gut, hab mich nur ein wenig erschrocken." Sie lächelt mich an und hilft mir auf die Füße. "Das hätte böse ins Auge gehen können." Ich nicke leicht. "Ich werd das nächste Mal etwas vorsichtiger über die Straße gehen. Danke für Ihre Hilfe, Auf Wiedersehen." "Auf Wiedersehen, junger Mann." Ich dreh mich um und marschiere in die Richtung meiner Wohnung, bleibe aber ruckartig stehen, als eine heftige Explosion die Stille der Nacht zerreißt. Das ungute Gefühl von vorhin verstärkt sich noch, denn die Explosion war in der Innenstadt und in der Innenstadt bist auch Du. Ohne darüber nachzudenken, renne ich an den stehen gebliebenen Menschen vorbei in Richtung Innenstadt und hoffe, dass ich nicht zu spät komme. ~~~~ Ungefähr eine halbe Stunde später wird meine ungute Vorahnung bestätigt. Das Gebäude, in dem Du arbeitest, ist nur noch ein Meer aus Flammen. Schreiende Menschen, Menschen, die aus den Fenstern in die Tiefe springen, Menschen die unten auf der Straße gaffen und überall nur Feuer und Rauch. Das oberste Stockwerk ist noch nicht betroffen und ich atme erleichtert aus, denn dort oben ist Dein Büro. Vielleicht schaffst Du es ja irgendwie aufs Dach und kannst von dort gerettet werden. Doch was ist, wenn nicht? Was ist, wenn Du irgendwo weiter unten warst, während der Explosion? Ich muss ganz sicher gehen, ich muss zu Dir! Ich bahne mir einen Weg durch die Menschenmassen und werde von einer eilig aufgestellten Abgrenzung aufgehalten. "Sie können hier nicht durch, junger Mann, das Gebiet wurde abgesperrt, nur Feuerwehr, Krankenwagen und Polizei haben hier Zutritt!" Ich starre den jungen Polizisten an und hinauf zum brennenden Gebäude. Ich muss da rein, verdammt! Ich dreh mich um und entdecke zwei Feuerwehren, die sich einen Weg durch die Menschen bahnen. Das ist meine Chance! Ich renne der zweiten Feuerwehr hinterher und springe zwischen die Fahrerkabine und der Feuerleiter auf. Ich entdecke an der Seite einen Schutzhelm, eine Atemmaske und eine Feuerwehrmannjacke. Sekunden später seh ich aus wie ein Feuerwehrmann, auf diese Weise komm ich zu Dir ins Gebäude und kann sicherstellen, dass Dir nichts passiert ist. Die Feuerwehr hält an, ich springe ab und renne ins Gebäude, ohne den Anderen die Chance zu geben, mich aufzuhalten. Schreiende Menschen kommen mir auf der Treppe entgegen, ich beachte sie nicht, denn Du bist nicht bei ihnen und nur wegen Dir bin ich hier. Ich renne die Treppen in eiliger Hast hinauf und werde plötzlich von pechschwarzem Rauch eingehüllt. Ich taste mich langsam vorwärts, immer weiter die Treppen hinauf. Der Schrei eines Mannes lässt mich zusammenzucken, dann ist alles plötzlich still, totenstill. Mir läuft eine Gänsehaut über den Rücken und ich gehe langsam weiter die Treppen rauf. Ich bin froh, dass ich die Atemmaske trage, denn der Rauch wäre sicher nicht so gut für meine Lungen. Es überrascht mich allerdings ein wenig, dass auf der Treppe nur Rauch ist und kein Feuer, aber es würde Sinn ergeben, wenn die Explosion mehr im Inneren des Gebäudes war und nicht in der Nähe der Treppe, die sich ziemlich weit außen befindet, während die Fahrstühle durch die Mitte des Gebäudes führen. Der Rauch wird plötzlich durchsichtiger und ich weiß, dass ich fast oben bin, in den obersten Stockwerken. Laut meinen Informationen arbeiten hier nur sehr wenige Leute, das würde erklären, warum ich niemandem mehr begegnet bin, immerhin ist es schon mitten in der Nacht, was also bedeutet, dass hier oben sicher kaum jemand war, außer Du mit Sicherheit. Ich gehe weiter die Treppen hinauf und der Rauch verschwindet. Alles ist still im obersten Stockwerk und ich marschiere zu der Tür mit der Nummer 25 drauf. Das fünfundzwanzigste Stockwerk, das Stockwerk mit Deinem Büro. Ich versuche die Tür zu öffnen, doch ohne Erfolg. Die Tür ist verschlossen und dabei handelt es sich hierbei um einen Notausgang. Warum ist dieser Notausgang verschlossen? Heißt das, Du bist immer noch dort drin gefangen? "Hallo? Ist da jemand?" Deine Stimme! Ich spüre, wie mein Herz aussetzt, das ist Deine Stimme! "Hey, es wäre ganz nett, wenn mal jemand diese verdammte Tür öffnen könnte. Ich hab keine Lust, hier drin zu sterben!" Ich schau mich im Treppenhaus um und entdecke ein Stockwerk höher, neben dem Ausgang zum Dach einen Glaskasten mit einer Axt drin. Ich schlage mit dem Ellenbogen die Scheibe ein, schnappe mir die Axt, renne wieder zu der Tür mit der Nummer 25 und versuche irgendwie das Schloss zu zerschlagen. Als langjähriger Straßenbauarbeiter hab ich mir ziemlich viel Kraft angeeignet, was mir jetzt zu Gute kommt, denn nach wenigen gezielten Schlägen öffnet sich die Tür. Du stehst im Gang und starrst mich an, ich starre sekundenlang zurück und werfe dann die Axt zur Seite. "Danke, ist die Treppe noch frei?" Erst jetzt merke ich, dass Du mich wegen der Atemmaske und dem Helm gar nicht erkennen kannst und solange ich nicht spreche, wirst Du nicht wissen, wer ich bin! Ich nicke nur kurz und deute Dir mit einem Kopfnicken an, dass Du mir folgen sollst. Du schnappst Dir Deinen Aktenkoffer und folgst mir ohne Kommentar. Der Rauch wird dichter und ich spüre die Hitze stärker als vorher. Sieht ganz so aus, als hätten wir jetzt ein Problem! Das Feuer breitet sich schneller in Richtung Treppen aus, als ich angenommen hatte. Ich höre Dich hinter mir husten und ich denke sekundenlang darüber nach, Dir meine Atemmaske zu geben, allerdings würde das bedeuten, dass ich mich Dir zu erkennen geben muss und das würde nur zu einem Streit zwischen Dir und mir führen. Ein erneutes Husten und ein Poltern lassen mich ruckartig innehalten. Ich dreh mich zu Dir um und entdecke Dich im achtzehnten Stockwerk auf dem Fußboden, ich renne die paar Stufen zu Dir hinauf und sehe sofort, dass Du nicht atmest. Ich reiße mir den Helm und die Atemmaske vom Kopf, setz mir den Helm wieder auf und streife Dir die Atemmaske über. Ich huste einmal kurz und schlage den Kragen meiner Jacke höher, damit ich nicht so viel Rauch einatme. Du ziehst scharf die Luft ein, öffnest die Augen aber nicht. Mir bleibt keine andere Wahl, als Dich zu tragen. Deine Hand klammert sich um Deinen Aktenkoffer und ich lege ihn Dir auf den Bauch, damit ich Dich und den Koffer besser auf den Armen tragen kann. Ich hoffe nur, dass ich die Hitze und den Rauch lange genug überstehe, um Dich hier rauszuschaffen. Du bist leichter, als ich dachte, oder ich bin wirklich sehr viel stärker geworden in den letzten Jahren. Der schwarze Rauch brennt mir in den Augen und in der Lunge, aber ich stolpere mit Dir auf den Armen weiter die Treppe hinunter. Die Hitze ist mörderisch und ich hab das Gefühl, als würde ich verbrennen. Im vierzehnten Stockwerk sehe ich eine Flammenwand am Notausgang, die Tür ist kaum noch als solche zu erkennen, nur noch schwarzes zum Teil glühendes Metall. Ich drücke Dich fester an mich und versuche Deinen Körper mit meinem Körper zu schützen, indem ich der Flammenwand meinen Rücken zudrehe. Es ist heiß und ich spüre die Flammen durch meine Jacke dringen. Mein Pulsschlag erhöht sich, Adrenalin schießt mit solcher Wucht durch meinen Körper, dass mir fast schwindlig wird, aber vielleicht liegt es auch am Rauch, den ich einatme. Vielleicht sterbe ich nachher an einer Rauchvergiftung, vielleicht ist heute der Tag, an dem ich sterbe, um Dir das Leben zu retten. Der Tag an dem ich für Dich sterbe und Dir mit meinem letzten Atemzug meine Liebe gestehe. Laute Stimmen lassen mich blinzeln. Ich schüttle den Kopf, weil die Sicht vor meinen Augen verschwimmt und ich stolpere ein paar Stufen hinunter, ich schaffe es noch gerade so, mich auf der Treppe zu halten. Ich schüttle erneut den Kopf und werde ganz plötzlich festgehalten. "Hey, Sie, sind Sie in Ordnung? Können wir irgendwas für Sie tun? Ist der Mann verletzt? Kennen Sie seinen Namen?" Ich starre in das Gesicht oder besser die Atemmaske eines Feuerwehrmannes und versuche den Mund zu öffnen, aber alles, was ich hervorpressen kann, ist ein leises Gekrächze. Meine Stimme hat den Geist aufgegeben. "Kommen Sie, ich bring Sie hier raus." Ich nicke kurz und folge dem Feuerwehrmann die Treppen hinunter, meine Beine geben immer öfter nach, aber ich stolpere weiter nach unten. Ich bring Dich hier raus, das verspreche ich Dir! Und wenn es das Letzte ist, was ich tue! ~~~~ Kurze Zeit später erreiche ich mit Dir auf meinen Armen den Ausgang, sofort rennt eine ganze Crew von Ärzten auf mich zu, um mir und Dir zu helfen. Ich merke erst jetzt, dass Du Dich die ganze Zeit über nicht gerührt hast und ich habe schon Angst, dass Du tot bist. Doch in diesem Moment reißt Du Dir Atemmaske vom Gesicht und starrst mich an. "Du." Keine Frage, eine Feststellung und doch ungläubig, als hättest Du nie im Leben damit gerechnet. Ich nicke leicht und breche plötzlich einfach zusammen, weil meine Knie unter Deinem Gewicht einfach zusammenbrechen und nicht mal mehr mein eigenes Gewicht tragen könnten. Ich kriege keine Luft! "Ich." Ein Krächzen und ich weiß, dass ich jetzt weiter reden muss, weil es meine letzte Chance sein wird. Ich werde sterben, sterben an einer gottverdammten Rauchvergiftung und nicht an meiner Kochsalzallergie. "Ich liebe Dich, Seto." Ein schockierter Blick von Dir und ein Kopfschütteln sind die einzige Reaktion, die ich noch sehen kann, bevor meine Augen sich schließen und ich über Dir zusammenbreche. Ich weiß nicht, ob ich träume, oder ob Du wirklich antwortest. "Ich liebe Dich auch, Joey." Es ist sowieso egal, denn heute ist der Tag, an dem ich für Dich sterbe. ~~~~ Kapitel 2: Der Tag, an dem ich Dir das Leben rette... ----------------------------------------------------- Du darfst niemals erfahren, was ich wirklich über Dich denke, darfst nie erfahren, wie sehr ich Dich liebe. Tagein und tagaus sehe ich Dich auf der Baustelle arbeiten, an der ich jeden Tag vorbeifahre. Straßenbauarbeiter war mit Sicherheit nie Dein Traumberuf, aber er bringt Dir vermutlich gutes Geld ein und im Sommer wirst Du richtig braun, weil Du anscheinend ständig mit freiem Oberkörper arbeitest. Ich kann mich nicht beklagen, das Leben ist in Ordnung für mich, auch wenn ich mit 24 Jahren noch immer Single bin. Es ist nicht so, dass ich keine Angebote habe, von schönen Frauen, die eine Beziehung mit mir wollen, aber mehr als Sex ist nicht drin, weil mein Herz längst Dir gehört. Du weißt es nicht und sollst es auch nie erfahren, jedenfalls nicht bevor ich Dein Leben retten kann. Ich habe mir geschworen, dass ich Dir die Wahrheit erzähle, an dem Tag, an dem ich Dir das Leben retten werde und ich pflege meine Versprechen stets zu halten. Ich weiß immer wie es Dir geht, ich beobachte Dich. Du bist nachdenklicher geworden in der letzten Zeit, Du siehst ziemlich besorgt aus. Was ist los? „Mr. Kaiba? Wir sind gleich da.“ Ich nicke meinem Chauffeur dankend zu und beobachte das geschäftige Treiben in der Innenstadt. Ein schwarzer Wagen ohne Kennzeichen parkt in einer Seitenstraße im Halteverbot, ich komme nicht dazu, ihn mir genauer anzusehen, die Limousine fährt zu schnell vorbei. Nachdenklich zieh ich meine Stirn in Falten. In der letzten Zeit hat es einige Drohbriefe gegeben, die an mich adressiert waren. Der Absender ist mir leider völlig unbekannt und trotz Nachforschungen konnte keine genaue Absenderadresse ausfindig gemacht werden, was mich mehr als nur beunruhigt. Ich habe Sicherheitsvorkehrungen getroffen und dennoch beschleicht mich das untrügliche Gefühl, dass es nicht genug sein wird, wenn es wirklich jemand auf meine Firma abgesehen hat, das habe ich schon viel zu oft erlebt. Es gibt einfach zu viele Mitarbeiter, zu viele Geschäftspartner, zu viele Kunden, zu viele Unsicherheitsfaktoren, um die ich mir Sorgen machen muss. Ich seufze leise und schaue nachdenklich auf meine Armbanduhr. In einer Stunde habe ich ein wichtiges Meeting, danach ein kleines Geschäftsessen in einem nahen Restaurant mit einem alten Geschäftspartner. Danach wollte ich ins virtuelle Labor der Kaiba Corporation, um eine neue visuelle Duell Monsters Brille auszutesten. Heute Abend bis vermutlich spät in die Nacht muss ich oben in meinem Büro einige Akten durchsehen. Ich habe viel zu tun. „Soll ich auf Sie warten, Mr. Kaiba?“ Die Limousine hält vor meinem Firmengebäude an und ich greife nach meinem silbernen Koffer. „Nein. Kommen Sie einfach in zwei Stunden wieder, bis dahin haben Sie frei.“ Er dreht sich zu mir um und nickt. „Wird erledigt, Mr. Kaiba. Ich werde hier sein.“ Ich öffne die Autotür selbstständig und steige aus. „Seien Sie pünktlich.“ Ich wende mich meinem Firmengebäude zu. „Das bin ich doch immer, Mr. Kaiba. So langsam sollten Sie das doch wissen.“ Ich zucke mit den Schultern. „Ich kann nichts dafür, das ist eine alte Angewohnheit von mir.“ Es erinnert mich zwar ständig an Dich, aber das ist mir egal. Wenn ich Dich nicht herumkommandieren kann, muss ich mir jemanden anderen dafür suchen. Du bist unerreichbar für mich. Ich weiß nicht einmal mehr, wann ich angefangen habe, Dich zu lieben. Ich weiß nur noch, wann ich das erste Mal einen Stich im Herzen spürte, als ich Dich mit jemand anderem sah. Nachts auf der Straße. Du gingst immer alleine zu Fuß und doch warst Du an diesem Tag mit dieser einen Person unterwegs. An dem Tag habe ich mir geschworen, dass ich Dir verschweige, dass ich Dich liebe, damit Du glücklich werden kannst, ohne mich. Es ist egal, ob ich glücklich bin, mir genügt es, dass Du glücklich bist. Das bist Du doch, oder? Ich schüttle den Kopf und schreite durch die Eingangstüren meines Firmengebäudes. Ich habe viel Arbeit zu erledigen und keine Zeit über Dich nachzudenken. ~~~~ Sieben Stunden später sitze ich an meinem Schreibtisch in meinem Büro und denke an Dich. Wieder ein anstrengender Tag, ohne Deine Nähe, wieder ein sinnloser Albtraum, dem ich nicht entkommen kann. Reine Routine für mich und doch ständig immer wieder quälend, weil ich stets und ständig Dein Gesicht vor Augen habe. Jedes Mal aufs Neue. Und jedes Mal schmerzt es mich ein wenig mehr, so dass ich mir jedes Mal schwöre, dass ich nie wieder an Dich denken werde und jedes Mal breche ich meinen eigenen Schwur, weil ich Angst vor dem Alleinsein habe und gleichzeitig Angst vor der Liebe. Einen Schwur habe ich allerdings noch niemals gebrochen, niemand weiß davon, dass ich Dich liebe und niemand wird je davon erfahren, nur Du, wenn ich Dir das Leben rette. Ich weiß, dass es einen Haken an diesem Schwur gibt, denn Du wirst niemals erfahren, dass ich Dich liebe, wenn ich nicht da bin, wenn Du in Lebensgefahr bist und es gibt noch etwas anderes, was mich an diesem Schwur verunsichert. Wenn ich wirklich Dir irgendwann das Leben rette und Dir danach meine Liebe gestehe, dann werde ich ebenso erfahren, ob Du mich auch liebst oder mich auf ewig dafür hassen wirst. Aber vielleicht ist genau das ja der Grund für diesen Schwur. Wenn ich nicht Dein Leben retten kann, habe ich nicht das Recht, Dir die Wahrheit zu erzählen und wenn sterbe ohne Dich jemals retten zu können, sterbe ich hoffend und brauche keine Angst vor Deiner Zurückweisung haben. Ich will, dass Du glücklich wirst, selbst wenn ich auf ewig alleine bleiben sollte. Allerdings habe ich Angst davor, wie Du Dich fühlst, wenn ich Dir sage, was ich fühle und Dir bewusst wird, dass Du mich ebenfalls liebst. Was wird dann aus uns, wenn ich Du meine Liebe erwiderst, aber Deine Freunde gegen unsere Beziehung sind? Wirst Du mich von Dir stoßen oder Dich dennoch auf mich einlassen? Irgendwie hoffe ich, dass es niemals dazu kommt, dass ich niemals die Gelegenheit bekomme, Dir das Leben zu retten, so dass Du niemals erfährst, was ich Dir seit Jahren verschweige. Gleichzeitig wünsche ich mir, dass Du die Wahrheit kennst. Ich könnte Dir einfach sagen, dass ich Dich liebe, doch ist meine Angst vor Deiner Zurückweisung größer als mein Wunsch bei Dir zu sein. Wozu soll ich etwas aufs Spiel setzten, wenn ich nicht weiß, ob es sich für mich lohnt? Wozu soll ich kämpfen, wenn ich nicht weiß, ob ich gewinnen kann? Früher war es anders, früher habe ich nie Angst vor Herausforderungen gehabt, doch die Dinge ändern sich, Menschen ändern sich und so hab ich mich in den Jahren ebenfalls geändert. Ich seufze leise und werfe einen kurzen Blick aus dem Fenster. Zeit für eine Pause, Zeit für ein bisschen Melancholie, Zeit für ein paar Träume, denn Träume sind das Einzige, was ich von Dir bekommen kann. ~~~~~ Knapp zwei Stunden später weiß ich, wie schmerzhaft es sein kann, mit der Erkenntnis zu leben, dass ich Dich liebe, Dich aber niemals besitzen kann. Ich trete hinaus in das Vorzimmer meines Büros, meine persönliche Sekretärin hebt ihren Kopf und schaut mich fast mitleidig an. „Ein Kaffee?“ Sie arbeitet schon viele Jahre für mich, sie kennt meine Gewohnheiten, also nicke ich nur. „Machen Sie ihn besonders stark, mir ist heute danach.“ Sie nickt, geht hinüber zum Automaten und lässt einen starken Kaffee in eine Tasse laufen. Ich nehme ihr die Tasse ab und schütte den heißen Kaffee fast in einem Zug meine Kehle hinunter. Das Brennen ist wie eine Absolution, oder wie eine Strafe, weil ich zu feige bin, Dir die Wahrheit zu erzählen. Ich schüttle mich kurz und reiche ihr die Tasse. Mit einem Nicken gebe ich ihr zu verstehen, dass ich noch einen starken Kaffee brauche. Heute brauche ich mehr, um zu vergessen, dass ich Dich liebe. „Sie sollten das nicht tun.“ Ich lächle leicht, gönne ihr allerdings keinen weiteren Blick. „Ich weiß, mein Liebe, ich weiß.“ „Gehen Sie nach Hause und schlafen Sie sich aus, morgen haben Sie Ihre Sorgen längst vergessen.“ Ich schüttle den Kopf, trinke die nächste Tasse leer, gebe sie ihr wieder zurück und wende mich wieder meinem Büro zu. „Wenn ich wenigstens vergessen könnte!“ Zwei Tassen Kaffee werden sicher nicht reichen, um meine Liebe zu Dir zu vergessen, aber es reicht, um zu verhindern, dass ich wieder einschlafe und von Dir träume. Ich schaue nach draußen auf die Straße, es ist bereits dunkel und doch kann ich unten vor meinem Firmengebäude ganz eindeutig den Schatten eines Autos erkennen und von Männern, die sich durch die Dunkelheit schleichen und das Licht der Straßenlaternen zu meiden scheinen. Das Geräusch von quietschenden Reifen lässt mich zusammenzucken, als unten auf der Straße das Auto plötzlich losfährt und in der Nacht verschwindet. „Was wollten die hier?“ Ich blinzle verwirrt und starre dem schwarzen Wagen hinterher, irgendwie habe ich gerade ein ziemlich merkwürdiges Gefühl, denn das Auto hatte ich doch gestern schon in einer Seitenstraße nahe meines Firmengebäudes gesehen, obwohl hier eigentlich Parkverbot ist. Warum hat es der Wagen jetzt so verdammt eilig von hier wieder wegzukommen, noch dazu mitten in der Nacht? Und warum hatte der keine Nummernschilder? „Mr. Kaiba?“ Ich dreh mich zu meiner Bürotür um und sehe meine Sekretärin in der Tür stehen. „Sie können Feierabend machen, wir sehen uns dann morgen in aller Frühe.“ Sie lächelt mich an und nickt mir zu. „Schönen Feierabend und machen Sie nicht mehr solange.“ Ich nicke leicht. „Ich werde mich bemühen und heute vielleicht etwas früher gehen. Danke für Ihre harte Arbeit, Auf Wiedersehen.“ „Auf Wiedersehen, Mr. Kaiba.“ Sie schließt die Tür und geht, ich bleibe noch eine ganze Weile vor dem Fenster stehen und denke an nichts, als eine heftige Explosion die Stille der Nacht zerreißt. Das ungute Gefühl von vorhin verstärkt sich noch, denn die Explosion war mitten im Inneren dieses Gebäudes, in der Nähe der Fahrstühle, ungefähr 10 Stockwerke tiefer. Ohne darüber nachzudenken, renne ich aus meinem Büro und in Richtung Notausgang und hoffe, dass ich nicht zu spät komme. ~~~~ Ungefähr eine halbe Stunde später wird meine ungute Vorahnung bestätigt. Der Fluchtweg ist mir versperrt worden, die Fahrstühle wurden durch die Explosion unbrauchbar gemacht, der Notausgang in meiner Etage ist verschlossen. Ich habe das Fenster in meinem Büro geöffnet und höre schreiende Menschen, Menschen, die aus den Fenstern in die Tiefe springen, ich sehe Menschen, die unten auf der Straße gaffen und überall nur Feuer und Rauch. Das oberste Stockwerk ist noch nicht betroffen, das verschafft mir etwas Zeit. Vielleicht finde ich noch eine Möglichkeit hier rauszukommen, bevor mich die Flammen hier erreichen. Doch was ist, wenn nicht? Was ist, wenn niemand den Notausgang für mich öffnen kann, wenn niemand kommt? Ich muss ganz sicher gehen, ich muss mir selbst helfen! Fast panisch suche ich die leeren Flure der oberen Etage nach etwas Brauchbarem ab, womit ich die Tür zu den Treppen öffnen kann. „Hier muss es doch irgendetwas geben! Eine Axt, irgendetwas was mir hilft, die verdammte Tür zu öffnen!“ Ich starre den leeren Flur entlang und zurück zur verschlossenen Tür. Ich muss da raus, verdammt! Ich dreh mich zum Fenster um und entdecke zwei Feuerwehren, die sich einen Weg durch die Menschen bahnen. Das ist meine Chance! Vielleicht können die mich hier oben befreien und von außen die Tür öffnen! Die Feuerwehr hält an, ich renne zu meinem Schreibtisch, packe alle meine wichtigen Unterlagen zusammen, schaue mich noch einmal gründlich in dieser Etage um, ob es nicht doch noch einen anderen Ausweg gibt und ob wirklich alle Angestellten zumindest die Chefetage verlassen haben. Ich spüre die Hitze, die von den unteren Etagen ausgeht, sehe den Rauch durch die verschlossenen Fahrstuhltüren dringen und frage mich, wieviel Zeit mir wohl noch bleibt. Ich postiere mich in der Nähe des Notausganges und lausche. Der Schrei eines Mannes lässt mich zusammenzucken, dann ist alles plötzlich still, totenstill. Mir läuft eine Gänsehaut über den Rücken und ich atme schnell und etwas unkontrolliert. Nur mit Mühe und Not kann ich mich wieder beruhigen. Es überrascht mich ein wenig, warum die Explosion mehr in der Mitte des Gebäudes war und nicht hier oben in der Chefetage, aber es würde Sinn ergeben, wenn sie keine Möglichkeit gefunden haben, bis hier oben vorzudringen, was sie zwang, die Bomben weiter unten anzubringen. Der Rauch, der durch die Fahrstuhltüren dringt, wird plötzlich schwärzer und ich weiß, dass ich nicht mehr viel Zeit habe. Ich bin froh, dass kaum jemand mehr in diesem Gebäude war und vor allem nicht in den oberen Etagen, immerhin ist es schon mitten in der Nacht und die Hälfte meiner Leute war bereits draußen oder auf dem Weg nach unten. Ich hoffe, es gab nicht zu viele Opfer. Ich gehe wieder zurück zum Notausgang und höre plötzlich Schritte. Ich lege mein Ohr an die Tür und lausche mit angehaltenem Atem. Ich höre die Schritte direkt vor der Tür verstummen, sehe wie jemand an der Tür rüttelt, die noch immer verschlossen ist, obwohl es sich hier um einen Notausgang handelt. „Hallo? Ist da jemand?“ Meine Stimme klingt fest und deutlich, obwohl ich innerlich gerade Todesängste ausstehe. „Hey, es wäre ganz nett, wenn mal jemand diese verdammte Tür öffnen könnte. Ich hab keine Lust, hier drin zu sterben!“ Ich warte angespannt, höre wie sich die Schritte in Richtung Dach entfernen, höre das Klirren von Glas und schnelle Schritte, die wieder auf die Tür zukommen. Hat da gerade jemand die Axt aus dem Glaskasten neben der Tür zum Dach geholt? Jemand schlägt auf die Tür ein, jemand, der verdammt viel Kraft besitzen muss, denn nach wenigen gezielten Schlägen öffnet sich die Tür. Ein Feuerwehrmann steht im Treppenhaus und ich starre ihn an, er starrt sekundenlang zurück und wirft dann die Axt zur Seite. „Danke, ist die Treppe noch frei?“ Es stört mich nicht, dass ich meinen Retter wegen der Atemmaske und dem Helm gar nicht erkennen kann und gar nicht weiß, wer er ist. Er nickt nur kurz und deutet mir mit einem Kopfnicken an, dass ich ihm folgen soll. Ich schnapp mir meinen Aktenkoffer und folge ihm ohne Kommentar. Der Rauch wird dichter und ich spüre die Hitze stärker als vorher. Sieht ganz so aus, als hätten wir jetzt ein Problem! Das Feuer breitet sich schneller in Richtung Treppen aus, als ich angenommen hatte. Ich fange an zu husten und zieh den Kragen meines Mantels etwas höher, der Rauch brennt in meinen Lungen, ich kriege keine Luft! Ein erneutes Husten presst mir auch den restlichen Sauerstoff aus den Lungen und ich gehe mit einem Poltern im achtzehnten Stockwerk zu Boden. Ich spüre nur unterbewusst, wie mir die Atemmaske über den Kopf gezogen wird. Ich höre ein Husten und ziehe scharf die Luft ein, kann meine Augen aber nicht öffnen oder mich irgendwie rühren. Dem unbekannten Feuerwehrmann bleibt keine andere Wahl, als mich zu tragen. Meine Hand klammert sich fast verzweifelt um meinen Aktenkoffer und der Mann legt ihn mir auf den Bauch, damit er mich und den Koffer besser auf den Armen tragen kann. Ich hoffe nur, dass ich die Hitze und den Rauch lange genug überstehe, um hier heil wieder rauszukommen. Anscheinend bin ich leichter, als ich dachte, oder der Mann, der mich gerade auf seinen Armen trägt, ist wirklich verdammt stark. Ich versuche meine Augen zu öffnen, doch der schwarze Rauch verschleiert mir die Sicht, aber der Feuerwehrmann stolpert mit mir auf den Armen weiter die Treppe hinunter. Die Hitze ist mörderisch und ich habe das Gefühl, als würde ich verbrennen. Im vierzehnten Stockwerk sehe ich eine Flammenwand am Notausgang, die Tür ist kaum noch als solche zu erkennen, nur noch schwarzes zum Teil glühendes Metall. Der Mann drückt mich fester an sich und versucht meinen Körper mit seinem Körper zu schützen, indem er der Flammenwand seinen Rücken zudreht. Es ist heiß und ich spüre die Hitze durch meine Kleidung dringen. Mein Pulsschlag erhöht sich, Adrenalin schießt mit solcher Wucht durch meinen Körper, dass mir fast schwindlig wird, aber vielleicht liegt es auch am Schock, den ich gerade habe. Vielleicht bin ich schon gestorben, das würde zumindest erklären, warum ich gerade Dein Gesicht über mir erkenne. Du bist Straßenbauarbeiter und kein Feuerwehrmann, warum also solltest Du gerade jetzt hier bei mir sein und mich retten? Laute Stimmen lassen mich blinzeln. Ich sehe Dich den Kopf schütteln und Du stolperst ein paar Stufen hinunter, schaffst es aber noch gerade so, Dich auf der Treppe zu halten. Du schüttelst erneut den Kopf und dann wirst Du ganz plötzlich festgehalten. „Hey, Sie, sind Sie in Ordnung? Können wir irgendwas für Sie tun? Ist der Mann verletzt? Kennen Sie seinen Namen?“ Ich beobachte, wie Du versuchst den Mund zu öffnen, aber alles was Du hervorpressen kannst, ist ein leises Gekrächze. Deine Stimme hat scheinbar den Geist aufgegeben. „Kommen Sie, ich bring Sie hier raus.“ Du nickst kurz und folgst dem Feuerwehrmann die Treppen hinunter, Deine Beine geben immer öfter nach, aber Du stolperst weiter nach unten. Scheinbar willst Du mich mit aller Gewalt hier rausbringen, selbst wenn es das Letzte ist, was Du tust. ~~~~ Kurze Zeit später erreichst Du mit mir auf Deinen Armen den Ausgang, sofort rennt eine ganze Crew von Ärzten auf Dich zu, um Dir und mir zu helfen. Ich merke erst jetzt, dass ich mich die ganze Zeit über nicht gerührt habe und ich habe schon Angst, ich wäre vor Schock erstarrt. Doch mit einem kräftigen Ruck reiße ich mir Atemmaske vom Gesicht und starre Dich an. „Du.“ Keine Frage, eine Feststellung und doch ungläubig, denn ich hätte nie im Leben mit Dir gerechnet. Du nickst leicht und brichst plötzlich einfach zusammen, weil Deine Knie unter meinem Gewicht scheinbar zusammenbrechen und vermutlich nicht mal mehr Dein eigenes Gewicht tragen könnten. „Ich.“ Ein Krächzen und Du versuchst verzweifelt weiterzureden, aus welchem Grund auch immer. „Ich liebe Dich, Seto.“ Ein schockierter Blick und ein Kopfschütteln sind die einzige Reaktion, die ich Dir geben kann, bevor Deine Augen sich schließen und Du über mir zusammenbrichst. Ich weiß nicht, ob Du mich noch hören kannst oder nicht. „Ich liebe Dich auch, Joey.“ Es ist sowieso egal, denn heute ist der Tag, an dem ich einsehen muss, dass ich bei all meiner Macht ausgerechnet Dein Leben nicht retten konnte und stattdessen von Dir gerettet werden musste. ~~~~Ende~~~~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)