Zerbrochene Freundschaft von xxNico_Robinxx (Kapitel 51) ================================================================================ Kapitel 17: Chopper: Guilt -------------------------- Mit halbem Interesse schaue ich den Männern dabei zu, wie sie schnell und sorgfältig das Lager Stück für Stück abbauen. Auf den ersten Blick hat man den Eindruck, dass sie alle wild durcheinander laufen, während sie mal hierhin, mal dorthin gehen ... da etwas zusammenpacken, dort etwas verstauen. Aber wenn man genauer hinsieht, erkennt man, dass jeder Einzelne eine ganz bestimmte Aufgabe erfüllt. Und zwischen diesem scheinbaren Chaos sehe ich immer wieder einen grünen Haarschopf aufblitzen, der sich mir langsam nähert. Aufmerksam blicke ich Zorro entgegen, da ich ihn seit dem gestrigen Abend nicht mehr gesehen habe. Er muss sich die Dunkelheit und die Schatten der Bäume zu nutze gemacht haben, um unbemerkt verschwinden zu können. Schon die ganze Zeit über frage ich mich, ob Zorro einen ruhigen Platz gesucht hat, an dem er in aller Stille nachdenken konnte, oder ob er nicht vielleicht sogar Robin gesucht hat. Ich kann mir keine Vorstellung davon machen, was er bei ihrem Anblick gefühlt haben muss. Aber ich bin mir ganz sicher, dass es Zorro nicht kalt gelassen hat. Dass er ihre Kette stets bei sich trägt, ist für mich schon allein Beweis genug, dass sie ihm noch immer viel bedeutet. "Wir brechen also bald auf." Geschmeidig wie immer und mit einem leisen, müden Seufzer setzt er sich neben mich. Dabei fallen ihm einige feuchte Strähnchen in die Stirn, die mir verraten, dass er schwimmen war. Mit einiger Besorgnis nehme ich die rotgeränderten, blutunterlaufenen Augen sowie die Blässe in seinem Gesicht zur Kenntnis. "Hast du die Nacht überhaupt geschlafen?" "Ein wenig." Seine Worte werden von einem unbekümmert wirkenden Schulterzucken begleitet, während er mit einem ungewohnten Interesse das Geschehen vor uns beobachtet. Da ich von ihm normalerweise nichts anderes erwarte, vermute ich sofort, dass er die Nacht irgendwo wachgelegen hat, um sich dann in seine selbst geschaffene Welt zurückzuziehen. Obwohl es mich freut zu sehen, dass Zorro scheinbar einen Weg gefunden hat, wie er seine Erinnerungen dazu nutzen kann, um mit dem Leben fertig zu werden, missfällt es mir trotzdem. Er hat schon einmal am Abgrund gestanden, ohne dass ich die Möglichkeit hatte ihm helfen zu können. Und ich habe die Befürchtung, dass es wieder so weit kommen wird, wenn er sich noch länger in die Vergangenheit vergräbt. "Du denkst einfach zu viel nach." Trotz des Wissens, dass ich ihm noch so oft ins Gewissen reden kann, ohne auch nur den kleinsten Erfolg zu erzielen, habe ich keine andere Wahl, als mich ständig zu wiederholen. Außer mir ist ja auch sonst niemand für ihn da, der sich um ihn sorgt. "Ich weiß, Chopper. Ich war wohl keine sehr gute Gesellschaft für dich, was?" "Na ja, irgendjemand musste ja auf dich aufpassen." Seine Bemerkung lässt mich ihn wieder besorgt mustern. Nicht nur sein überraschendes Eingeständnis wundert mich, sondern auch die Einfühlsamkeit in seinen Worten und auch in seiner Stimme. Es beunruhigt mich zutiefst, erinnert es mich an die Zeit, als der Alkohol sein ständiger Begleiter war und die angestauten Gefühle an die Oberfläche drangen. Da hat er dann auch immer diesen Ton angeschlagen. Und je mehr er geredet hat ... von seinen Erinnerungen und seinen Träumen ... desto verzweifelter wurde er. Seine Kraft ... seine Stärke ... seine Verschlossenheit ... waren wie weggeblasen und ein gebrochener Mann lag vor meinen Füßen, dessen Anblick für mich immer wieder wie ein Dolchstoß war. "Ja, da hast du wohl Recht. Aber wer hat auf dich aufgepasst?" Trotz der unübersehbaren Müdigkeit in seinen Augen ist seine ganze Aufmerksamkeit auf mich gerichtet. Einige Zeit vergeht, ohne dass einer von uns etwas sagt, während ich ihn einfach nur anstarre, unfähig ihm eine Antwort zu geben. Stattdessen suche ich in seinen Augen nach einer Erklärung für sein beunruhigendes Verhalten. Doch nichts an ihm lässt mich darauf schließen, dass er auch nur einen kleinen Schluck Alkohol zu sich genommen haben könnte. "Weißt du, wenn diese Sache hier vorbei ist, solltest du dich wieder Ruffy anschließen." Die Überraschung nimmt für mich kein Ende und in einem hinteren Teil meines Verstandes, der von den zahlreichen Eröffnungen noch nicht verwirrt ist, frage ich mich, was Zorro noch so alles für mich bereithält. Währenddessen hat er seine Augen wieder auf die Männer gerichtet, wobei sein Blick anscheinend in die vor uns liegende Zukunft ... in die Zeit nach der Rettungsaktion ... sieht. "Willst du mich etwas loswerden?" "Nein, natürlich nicht", antwortet er mir mit einem leichten Kopfschütteln. "Aber wenn du bei mir bleibst, wirst du deinen Traum nie erfüllen können. Mit Ruffy aber kommst du viel mehr rum und wirst auch viel zu sehen bekommen. Und du hast ständig jemanden um dich, mit dem du reden kannst." "Doch dafür wärst du dann allein!" "Die ganze Zeit über war ich doch eine Last für dich. Du brauchst mir nicht zu widersprechen." Mit einer erhobenen Hand und einem nachdrücklichen Kopfschütteln hält er mich von einer heftigen Erwiderung meinerseits ab, so dass ich meinen Mund, den ich bereits geöffnet habe, wieder schließe. "Ich weiß, dass es so ist! Und eigentlich hätte ich auch schon viel eher was sagen müssen. Du hast dich für mich aufgeopfert, die ganze Zeit über. Es vergeht doch kaum eine Minute, in der du dir keine Gedanken um mich machst. Aber damit ist jetzt Schluss! Mir geht es gut und ich werde auch alleine klar kommen. Du brauchst dir um mich keine Sorgen mehr machen. Denk jetzt also einfach nur an dich und deine Träume." Überwältig und gerührt, aber auch geschockt über den Wahrheitsgehalt seiner Worte bleibe ich schweigend neben ihm sitzen. Ich habe wirklich nicht ein einziges Mal an mich gedacht, seit wir die Flying Lamb und unsere Freunde verlassen haben. Stattdessen habe ich, so gut es irgend ging, versucht für Zorro eine Stütze zu sein. Um alles habe ich mich gekümmert. Habe meine Arzneien und meine Dienste als Arzt angeboten, damit wir Geld hatten. Habe mich um Schlafplätze bemüht, wo er es bequem hatte. Habe für Essen gesorgt, damit er bei Kräften blieb. Mein ganzes Bestreben war immer nur auf ihn gerichtet. Und doch habe ich ihm nicht helfen können. Tatenlos musste ich mit ansehen, wie er am Abgrund balancierte. Mit jedem Krug Bier ... mit jeder Partie Poker ... mit jeder Hure ... hat er ein Stück von sich selbst verloren. Am Ende fast sogar seinen Lebenswillen. Aber er hat es geschafft! Er hat es geschafft aus der Trostlosigkeit herauszufinden ... aus der Schwärze, die ihn umgeben hat. Doch mein Verdienst ist es nicht, musste er wegen mir einen harten Preis dafür zahlen. Ausgerechnet an diesem Abend musste es geschehen! Ich hatte es satt. Ich war wütend ... verzweifelt ... kam mir so hilflos vor. Der Mann vor mir war ein Fremder! Er war nicht länger der starke, unbeugsame Kämpfer, den ich kannte. Nicht mehr der Freund, zu dem ich aufgesehen und bewundert habe. Er unterschied sich nicht länger mehr von dem anderen Gesindel, das wir überall in den Wirtshäusern angetroffen haben. Nur sein persönliches Vergnügen war ihm noch wichtig. Ich wollte es nicht mehr länger mitmachen ... wollte nicht mehr länger zusehen. Und ich bin gegangen! Aber ich konnte ihn nicht allein lassen, denn irgendwo war er schließlich immer noch mein Freund. Doch ich kam zu spät! Dieses Mal habe ich nicht auf ihn aufgepasst. Und ich weiß genau, dass der Geruch seines verbrannten Fleisches mich bis an mein Lebensende verfolgen wird. "Und wer soll sich dann um deine Verletzungen kümmern?" "Stimmt, das ist natürlich ein Problem. Ich werde dann wohl besser aufpassen müssen." Sprachlos beobachte ich ihn dabei, wie er gespielt nachdenklich sein Gesicht verzieht und sich dabei noch zusätzlich das Kinn reibt. Ich habe das Gefühl, dass der alte Zorro neben mir sitzen würde, während zugleich eine Entspanntheit von ihm ausgeht, die ich schon seit sehr langer Zeit nicht mehr an ihm bemerkt habe. Stets ist er immer auf dem Sprung, bereit, jederzeit zu handeln. Doch jetzt, in diesem Augenblick, kommt es mir so vor, als wäre er frei von jeglichen Sorgen. Nach vielleicht einer Minute dann fange ich an zu lachen. Ich kann nicht anders! Locker und mit einem breiten Grinsen sitzt er neben mir und macht Scherze, während sich mein Herz vor unermesslicher Freude erwärmt. Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, als wenn er wirklich alleine zu Recht kommen kann ... dass er mich nicht mehr braucht. "Nein, ich werde weiterhin mit dir mitgehen. Wer weiß, in welchen Ärger du sonst noch hineinstolperst." "Bis es so weit ist, hast du noch genug Zeit darüber nachzudenken. Und vielleicht meint das Schicksal es am Ende sogar gut mit mir." Seine letzten Worte dringen nur leise an meine Ohren und sind mehr an sich selbst gerichtet, so, als hätte er laut gedacht. Doch bevor ich näher auf die Bedeutung eingehen kann, taucht zwischen uns ein langer, schwarzer Schatten auf. Mit einem kurzen Blick und einem steifen Kopfnicken begrüßt mich Sanji, als sich seine Augen im nächsten Moment auch schon auf Zorro richten. In sekundenschnelle ist die Atmosphäre zwischen uns angespannt und beinahe kommt es mir so vor, als könnte ich die Luft knistern hören. "Kann ich mit dir reden?" Sanjis kalte Stimme lässt meinen Magen vor Nervosität erzittern, während ich gleichzeitig gespannt auf Zorros Reaktion warte. Dies ist das erste Mal, dass sie miteinander reden, haben die beiden sich bislang nur abschätzende Blicke zugeworfen. Ich habe keine Ahnung, was in ihren Köpfen vor sich geht. "Sicher." Achselzuckend und noch immer völlig entspannt sitzt Zorro neben mir, während er mit einem eher gelangweilten Blick zu Sanji aufsieht. Doch im Geheimen frage ich mich, ob er wirklich so ruhig ist, oder ob er uns nur den Anschein geben will. "Aber nicht hier." Kaum, dass er die Worte ausgesprochen hat, wendet sich Sanji entschlossenen Schritts von uns ab. Mir ist überhaupt nicht wohl bei dem Gedanken, dass die beiden sich irgendwo allein unterhalten wollen. Schon früher ist es zwischen ihnen sehr schnell zu Handgreiflichkeiten gekommen, die zu einigen Blessuren geführt haben. Doch wie solch eine Konfrontation heute ausgehen würde, vermag ich nicht zu sagen, da beide ihre Gefühle besser unter Kontrolle haben als noch vor einem Jahr. Zumindest kann ich das von Zorro behaupten. Aber sollte ihr Gespräch doch in Gewalt ausarten, das ist mir bewusst, wird mehr als nur Blut fließen. Denn jetzt gibt es keine Freundschaft mehr zwischen ihnen, die die beiden davon abhalten kann, sich gegenseitig umzubringen. "Dann mal auf in die Höhle des Löwen." Kurz bevor Zorro sich erhebt, wirft er mir noch ein breites Grinsen zu, über das ich jedoch nur mit dem Kopf schütteln kann. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)